vs. Zchrgang - Ar. 4
Die .BaduSe Post" lrschcuit läglich <auch Eonntagrs vsrmittag», also siebenmal
wöchcntUch nnd koftet srei ins tzaur zugestellt monatitch I2>>0 Mk, durch d!e Post
monatlich 1200 Mk. zuzügltch IN.5U Mk. Bestell-e d. Einzelnummer S0 Mk.
HeiÄelberger Zeltung
(Gegründet 1858)
und
Handelsblatt
AKag, Z. Zannar isrz
Anzeiaenprels: die 22 mu> brcite Nonpareillezeile 4!> Mk. Fomilien-, V reinr-
und Klcine Anzeigen nach besonderem Tarif. ReNamei: die 88 mm brelte N-npareille-
»U, 2>'s> Mk. Bei Wirdrrholunge« n»d Zeilcnanschlüssen tariflicher Nachlak.
Verantwort.ich für den «esamten textlichen Teil Adolf Kimmig in Aeide berg. Uer.,ru> dor Redakiion: K-id-l.erg 82.
Eprechftnnde dcr Schriiiliitung vorm. N-12 Uhr. BerUner Bertretung: Berltn 8VV «8. Zimmerstratz.- Nr. 8.
Fcrnrus Amt Zentrum Nc. 4lS. Münchener Bertretung: München, T.-orgcnstraäe Nr. 107. Fernruf Nr. 81687.
F.ir Änz Ig.-n, ukellan«, und geschästliche Beiiagen v:ra.itwoitlich A-fr«) Schmil, in Aiide.beri. Fernruf 82
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Potschcckkonto Karlsruhe Nr. IW0g. - Druck von I. G. H o ltz w a r > s N - ch f, G. m b. H, F r a nIf'ur t am M ai n
Sie Knsis in -aris.
Ein «ener englischer Plan. — Znterventionsbitte an Amerika-
Bon uusrrer Berltner Nedaktion.
Berli», 4. Januar.
Eine Privatmeldung aus Paris will wissen, datz die Beratun-
8en der Ententestaatsmänner zu keinerlei V e rst ä::d i g un g
keführt haLen und deshalb ergebnislos abgebrochen
wordcn seien; die KonferenzverhanLlungen seien dadurch auf vor-
iäufig unLestimmbare Zeit verlagt worden. An amtlicher VerliNer
Ctelle lagen Nachrichten, die dies bestätigen könnten, nicht vor.
Es wird im Eegenteil darauf hingewiesen, daf; andere am Nach-
Wittag aus Paris eingegangene Meldungen die Situation schildern,
»hne ron einem Abbruch der Konferenz zu sxrechen. Trotzdem ist
Natiirlich nach dem gan-en Verlauf der Verhandlungen ein er-
klebnisloses Auseinandergehen der Ententeminister
las Wah rsch e i n l i ch e. Man kann aber wohl mit Sicherheit
vnnehmen, dah die einen mehr formellcn Charakter tragende Nach-
dUttagssitzung noch stattgefunden hat. da bei dieser Eelegenheit der
italiemsche Delegierte seinen Vermittlungsrorschlag vorlcgen wollte
Nnd da auch Lloyd Ereame beabstchtigte, die groste Rode Poin-
carös offiziell zu beantworien.
Donar Law ist anscheinend bis -um lestten Augenblick be-
Müht gewesen, eine Einigung zu ermöglichen. Die englische Dels-
gation hat in der Nacht zum Donnrrstag eine neue Dcnk»
schrift ausgearbeitet, die während der heutigen Nachmittagssitzung
der Kon'erenzteilnehmer übergeLen werden sollte. Wie es heitzt, hat
Vonar Law stch Mittwoch abend persönlich nach Washington
gewandt, um für den Fall, dast sich eine Einigung mit Frankreich
nicht crmöglichen lästt, die amcrikanische Regierung zu ersiichcn,
vor dem 15. Januar einen Schritt zur Lösung der Re-
varalionsfrage zu unternehmen. Poincarb soll scinerseits in seinem
Widerstand bcstärkt worden sein durch eine Erklärung, die der zur-
iieit in Paris anwesende König der Belgier dem PrästLenten
Millerand algegebcn tzat, in der es tzeiht, datz Belgien alle
Derpflichtungen des sranMsch-betzgischen Bündnisvertrags erjüllen
werde. selbst wcnn Frankreich auch militärische Zwangsmatz-
nähmen anwenden müsse, um selne Forderungen durchzusetzen.
»
Die krisentzafte Stimmung, di« im Pariser Konferenzsaatz vor-
herrschte. kommt auch in der gesamten
. Pariser Press».
Sum Ausdruck. Der „Matin" meint, die Konfi-renz set zwar nich
v'-cht abg brochen. aber cs sei zweisellos, datz dies Donnerstag' rberll»
wahr sein werde. Die gestrige Sitzung tzabe noch keine A n-
"äherung der Anstckiten gebracht. Die Pjychrlogis Bonar Laws
habe sooar eiwas Mcr.würdiges, Lenn es scheine. datz,er kaltb'.ü ig
einen Bruch ins Auge sasse. Jv den w-nigen Demeriungen, die
er auf die lichtvolle Anklagerede Poincaros voigebracht habe, tzabe
" sich an Einzelbeiten geilammert und nicht die geringsten Au.
strengungcn gemacht. um Lie berechtigten französischen Befürchtunzen
öu verfcheuchen. Er habe selbst in privaten Unterrcdungen mehrma'.s
vrn Bruch als unoermeidtich bezelchnet. Er w.ste, batz
w.'Nige Tage nachher Frankreich sich mor-rlifch gezwungen iühl«.
wenn es nicht auf immer jede Hojfnung, seine Ruinen wieder auf-
richten zu könLkn. verlieren wolle, auf de i'schem Eebiet produk'.ive
Psänder zu nehmen, nicht um sie zu Lehalien, sondern nm durch sie
°ie notwendige Einleitung zu ein m direkten Verhandeln zu schusfcr.
Der .Petit Paristen" schreibt: Bei dem augenblicklichen Stand der
Dinge kann man jedoch besiirchten. datz kein Ablommen gesch'.oss -n
wird und die Konserenz sich trennen mutz. ohne etwas geian >u
haben. Die Fo'.ge diests negativen Ergcbnisses würde jeben-allr
die sein, Latz Frankreich und Belgien nicht umhin können, zu m li-
tärischen Besetzungen zu schreiten, die de: englische Plan gcradczu
zu verhindern Lestimmt war. Damit diese Aussick.^ beseitigt werre.
kei es notwendig, datz die Vertre.er Englanüs stch zu der ruhigm
Und nicht zu wiederlegenden Argumeniatisn Poincarss bekehrien
Und Len Mut hättcn den verwickellen. falsch ansgebauten, unze-
kchick'en und im ganzen ungerechten Plan zu v.rleugnen, den c.rs
britisch; Schahamt ihnen in die Hanü zu gebr.i für gut gehalte-1
habe. Das „Echo de Paris" schrcibt: Auf rlle Föve hat der br nsche
Premier, das ist heute überzeugend. einen erstcn Schritt unier-
Uommen.
vönar Law will stch vor allem mki Amerila oerstSndkgen, er
will seine Aktivcn fo eng wie -nöglich mil derjenigea der Ber-
einigten Staaten vcrbinden.
Dag ist die tiefe Vedeutung des britischen P'.anes der der Regieruvg
von Washington Las Maximum von BPriedigrng bringt. Da,;
Viatt stellt die Frage, ob Bonar Law Fiankreich in den beutsch-:>i
Angelegenheiten ooranschrkiten lajsen werde, ino.m er sich bemühc,
SU retten. was von der Entenie Eordiale noch dadurch ger-.'et
werden könne, katz er gegenüüer Frankreich eine so srenndschast.
lich wie möglich« Haltung einnehmcn werde, l-ker werde >r :m
<Äsg ntcil Frankreich zu kontrskar.eren ver>ucher? Das ,Tcho de
Daris" will hoffen. datz der englischr Piemieiminister stch zur
«rsteren Form entscheiden werde. Wäre dem so, dann müsi« cr
Wit Po'ncare elne Anzahl delikater I r a < e n lösen. Was
Werde aus Ler Reparationskommif icn, sobald Po ncars
burch eine allgemeine Erllärung seine Ai'ilcht tundgegeben habe,
istliert in Deutschlanü zu handeln.' Das sei nunmeyr das -richtigite
Problcm. Es handele sich jetzt darum, sich übec üic Uneinigkeit zu
verständigen.
die Auffastnng in Amcrila
berichtet das gleiche Blati: Wafhington bcschäftige sich eing-hend
wit der Pariser Konferenz. Die öfsentlich- Meinung wende sich mit
ihrer überwiegcnden Mehrheit gegen d,e Dolitik Poin-
kar^s. Die Washingtoner Korrespondentcn der New Porker Zei.
tungen erklären, datz die Regierung in der nachsten Zukunft keinc
Tchritt« unternehmen wolle, um ?ur Lojung des Repacattons-
problems Lerzutragen. Die englijchen Pläne yätten Lbrigens d'e
Aufgabe der englischen Schulden.onsolidier> '..gsloinmijsion. die Ni:t-
woch unter Führung des Schatzkanzlcrs. Baldwin eintraf, tzs-
trächtlich erleichtert. Die erste Zujammenkunft --c Englänüer nnd
Amerilaner wird Montag stattfinden. Dcr ,,N-:w Pork Herrld"
meldet: Man verstchere. datz Prästdent Harding der festen Anjicht
sei, datz die Rcparationsflage gelöst werden lan.i und mutz. Lr
sei a ".ch durchaus gene.gt, all« Hilfsmittel des Landes mitarbe:tcn
zu lassen, um ein Uebereinkommen zu eru»öglicku n. Er halie stch
Lereit. je nach der Entwicklung in Paris einiugrnfen und mit seinen
offiziellen Vorschlägen hervorzutreten. — Se> a:or Robertson
hat eine Entschlietzung eingebracht, die wieder e-ne vollber-ich.
tigte amcrikanische Vertretung rv der Repnr.
tionskommission vorsieht. Der Deschlug ist dem Kom-.rse
für auswärtige AngeleHenheilen mitgetellt wordcn.
Sie Aiiffaffung in Serlin.
Die Folgen eines etwaigen Kompromistes.
Von unjerer Verliner Redaktion.
Bes»in, 4. Zanuar.
An Verliner amtlicher Stelle liegt auch hem- noch kcine Nach-
richt aug Paris dariiber vor, ob Staatssetrelär Bergmann oon der
Konfcrenz grhb'rt wird. Ucber die Auoflchtea, di-. die Konserenz noch
bietet, liitzt sich nach den hier vorlicgend n Nachrichten keinerlsi
bestimmte Vorausjag« machen. Man mutz >owoy! mit der Möglich.
keit «iner Bertagung als auch eines Kompromi>,cs
rechnen. Es verjteht sich von selbjt, dah, wcnn ein folches Kom-
promih den französischen Vorschlägen ähn.ich fcin sollte, fär die
deutsche Negierung La:m diejenigen Erenzen gezoaen wären, die b.'r
Reichskanzler fchon in seiner Hamburger Reüe Uar vorgezeichnet hat.
ZrankreW entlarvie Annekions-oM.
Dern, ck. Zanuar. Der „Verner Vund" betont mit
allem Nachdruck, Latz in den Sanktionsplänen die grohe
Gesahr dcs franzöjischen Reparui onsplanes l.egt. Das Bla.t
schreibt: Wie leicht es ist, eine schulihafte Verfshlung Deutschlanös
sestzustellen, hat man erst kürzlich bei der Frage Ler dcutschen Holz-
lieferungen erlebt. Jederzett wird sich der Vorwand f.noen
und durchsetzen lassen, dcr len sranzö>,schen Eewaltpolitikern
eine Handhabe zu militärischem Vorgehen bielen wllrde. Dag der
Widerjprnch Englands nichts nüht, wird durch las Beispiet der
Holzlieferung bewiesen. Frankreich setzt stch über die berccht.gten
EinwänLe hinweg und nimmt sür >ich jogar das Recht des alle.mgen
Vorgehrns in Ansxruch. Die Eanktioncn stellen deshalb eine grotze
Brunruhigung Lar; sie bilden aber auch die grotze Ueberraschung auj
der Parijer Konfercnz. Wie oft tzat Poincars nicht aller Wslt ver-
stchert, Latz sein Plan keine militürischen Sanktionen nötig mache!
Wie ost hat er die Fried.nsllibe dec franwstichen Regierung ver-
kllndet und gesagt, datz ihre Voliiik nur auf Ergreifung produltiver
Pfänder gerichtet sei, die ohne Ecwaltanwendung in Bestg genom-
men wcrden sollen. Jetzt sieht aber sein Programm autzek Psündern
noch Santtionen vor. und zwar Sanl't.onsn, ü>e gegen das
wirtschaftliche Herz Deutschlands gerichtet stnd und se.ne
völlige Erdrosseluna nach sich zieyen wiirden. Die franzö-
sische Annexionspolitik, deren Vorhandenfein immer wieder
von Poincars bestritten wurde, hat ihre Maske abgeworfen:
sie steht vor aller Welt in unverhüllter Erötze da!
Sie SparpISnr ber poff.
Mechanisierung dcs Vetriebcs. — Abbau des PcrsonakVestandes.
Von unserer Berliner Redaktion.
Vcrlin, 4. Januar.
Der Reichspostminister tzat dcn Ministerialrat Sautcr im
Neichspostministerium zum besonderen Kommissar er-
nannt, um die von der Rcichspostverwaltvng beabsichtigten Spar-
m a tz na h m e n einheitlich in samtlichen Oberpostdirektionen durch-
zusützrcn. Ueber die Sparvläne der Post verlautet, datz im inne-
ren Derkek, r diejeniqen Vereinfachungen angestrcbt wer-
ten sollen, die ein Lesseres Hand-in-HanL-Arbeitcn Lcr ein-elnen
Stellen gewährleisten sollen. Es soll weiter eine Mechanisie-
rung Les Detriebes durchgeführt werden, durch die der Zeit-
verlust, den die Einjührung des Achtstundenlages gebracht hat, aus-
geglichen werden soll. Der Abba » des Personalbestandes
soll fortgesctzt und bis März 1023 sollen I2 00l1 Postnngestellt« ent-
lassen werden, die zum Tetl in andere Nerwaltungsstellon unter-
gebracht werden sollcn. Zur Hcrstellung eines kaujmännischen Haus-
halls soll schlietztich eine Umordnung der Postausgaben
im Hauptetat vorgenommen werden.
Die nellenLohnsorderiuigen derVergarS!?er
Di« Eründe für die ablchnend« Haltung der Unternchmer.
Von unserem L.-Korrefp ond ent en.
Essen, 4. Ianuar.
Die neuen Lohnfordernngen der Bergarbeiter,
über die ietzt, nachdem die Verhandlungen ergebnislos geblieben sind,
ein S ch i e d s g e r i ch t befindet, betragen fünszig Prozent
des bisberigen Lohnes oder 1500 Mark pro Schicht. Die Arbeitgeber
sind nicht so jehr gegen eine Lohnerhöhung an sich, als dagegen, datz
oie Lohncrhöhung vom 1. Januar gelten joll. Man hält hier
überhaupt den ietzigen Zeitpunkt für die Lohnregelung für ganz un-
geeignet, da sich mit Riickjicht aus die Pariser Konjerenz die wirt-
nhaftliche Entwicklung der nächsten Wochen gar nicht llbersehen lützt.
Auch innerhalb der Reichsregierung teilt man diescn Standpunkt.
Der Hanptgrund für die ablehncnde Haltung sowoht der Regierung
wie der Unternshmer ist wohl darin zu suchen, datz ein Ausgleich
ftir die erhöhtcn Veroarbeiterlöhne njcht ohne weiteres in einer
Erhöhungder Kohlenpreise geirosfen werden könne. Bei
dem gegenwärtigen Marlkurs reichen die Preise sür deutsche Kohle
an die der enqlischen heran. Jedenjalls sind in den letzten Wochen
bereits verschiedene Sorten englischer Kohle in Hamburg
billiger verkauft worden als die entsvrechenden Veutschen.
Der Srdrn- nnd Melskaodst in Sngland.
Von Zeit zu Zeit wird in Grotzbritannicn darüber geklagt, datz
Auszeichnungen. insbesondere Adelstitel, ,llr <jahlungen an die
Kasse der geradr am Ruder befindlichen Pariei zu haben seien. Das
ist nicht nur nichts neues, sondcrn es hür.gt ci.g mit dem gLii',cn
System der Titelverleihungen in Englano zusammen, um nich: -u
sagen, Latz es eine natürliche Folge dieser Liniichtungen ist. Aus.
zeichnungen werden zwar im Namcn der Kion- rerlishsn, die vcr-
,assungsm8tzig über den Parteien jteht. !n Wirll chkeit aber hc
Spielball ist. Der Monarch hat nicht da° Recht, selbst oic
Leute auszusuchen, die er auszeichnen will, nicht einmal. wenn cs stch
um Beamte seiner eigcnen Hojhaltung hand-lt, >vvdern der jew-i'.ige
Premierminister stellt die Liste der auszuzeichnendcn aus und
legt st« dem König vor. Nur gewisse Orien wc.'ien auf Vorsyiaz
der Restortminister verliehen: z. B. die militär schen. Der Kon'.g
kann nur den Hausorden, das ist der Viltor'av-Orden, vergenn.
Es ist also e.nmal natiirlich und üblich, oatz bei dem herrschcndcn
Parteisvstem jeder Premierminister nur Lcule seinei Partei für
Auszeichnungen vorschlägt. und zum andern höch,r wahrscheinlich, dutz
er beide Augen zudrllckt, wenn L«r Elücklichc aus Freude über iei.ie
Auszcichnung cine schöne Summe in die Paricitasse flietzen :ätzt.
Denn ohne cine aefüllte Kriegskasfe lann keiae Partei bei den Wah-
len elwai ausrichten, und woher soll jonst das Parteigeld lomme'r?
Es ist also, wie gesagt, schon lmmer jo gewcsen. Nur hat cs
Lloyd George lstzlhin etwas zu bunt damit getriebcn, so b i.n,
datz er bei seinem Niicktritt zwar nur eine gan- kleine Partei, iicr
cine desto schwerere Kriegslasse tzaite. Mon fraet wo all das Seld
hergekommcn ssi. um so mehr als die eigen:liche"liLerale Parteikast.
äch ^r Asquithjraktion bes'ndel Es steht sest. dutz
d,e Nauonal iberalen m.t mehr als zwei Millioacn Pfund Ster.'na
m den Wahlkampf zogen: viele kehaupten >p,,ar zu w'sten daü cs
uber dre. M.llionen gew-j-n j-ien. Kurz °or dem Rücktritt dcr
vor,gen R.gierung erhob sich e,n so gewa-.tiger Sturm, datz etwas
geschehen mugte. Wenn nun in Erotzbr tannien irgendwo -'twas
L" ernennt die Regierung einc jogevannte Köniqliche
Kommisjion. um die Sache zu „unterjuchcn" Der Volksmund nennt
diese Fnstrumente „Whitewash Commissions", w.il jedcr wcitz, dah
>ie e ngesetzt werdcn, um einen schmutzigen F-leck zu ülcrtiinchen,
dnmit wenigstens auswärts das Aaus wiedcr fein jäuberl'ch ai's'cye.
Die Kommisston verösfentlicht nach einiger Zeit einen schöncn B'.>r:yt,
evcntuell m-t Vorschlägcn zur Besserung, wcnn sich nicht alies weg-
lengnen lätzt, und die Regierunq nimmt dann dicjo Vorschläg« :anz
oder teilweise an. Auf alle Fälle ist die E-jchichte offiziell dainit
erledigt, und die Minister können stch immer bequem auf die Ronal
Tommisjion berujen.
So setzte Lloyd Eearge Ende Septembcr auch eine Kotnmijfion
cen u.ite!s.andal untcrsuchcn sollte, unü zwar mit dcr mcrk»
wurdigen Zusatzbestimmung, datz die Herrcn Kommissare ihr Auzsn.
merl mehr aus die Zukunst als auf die Vergangcnhcit richtcn möch-
« ^,er Zusatz sagt e-gentlich schon gcnug. E- follte offenbar der
Kommis>ion. die aus drei Mitgliedern Les Oberhauses und vicr des
Unterhauses bestand, die peinliche Aufganc etwas erleichiern :nd
verhmdcrn, datz allzuvicl an das Tageslicht käme. Die Herrcn lind
denn auch mit gebührender Vorsicht vorqcgangen sie habcn, w-s
man m London zu sagen pflcgt. mlt der Naje zwischen Daumen ->nd
Zeigefinger gcalbeitet. so dah man es ihnen nichi allein zur Laft
legen dar>, wenn der Vericht, den sie soeben ociöffentlicht und scc
Neu,ahrsg«schenk aufgetischt haben, elwqs
wunderlich aussteht. Er unterstrncht zunächst d-e Bestimmung. dntz
man stch nichj zu viel mit der Vergangenheit abgeben sollte fü->t
acer h nzu, datz man nicht gut Vesterungsv.iischlage für Lie ZÜk'inst
machsn tonne. wenn man ias Uebel selbst nicht un.erfuchen dücie.
Die Kommij^are haben sich zunächst die noch lcbenden srühercn
Premierm.nister kommcn lasten. Das ist nsrcn dem Erzstinder Lloud
Eeorge Lord Balfour. Lord Ro > et> crv j-llte auch auigc or-
dert werden zu koMmen, aber man sah daoon ab, weil sein Eeiuid.
hcitszufland kein.- Neissn gestattet. Bonar Lam ist natürlich nicht
gefragt worden, denn er ist noch unjchuld.g wie ein Neugeborcuer.
Valsour und Lloyd Gcorge machten cs der Kommijston lcicht.
indem sie erklarten. niemals etwas daron gctzört zu habcn dotz
Titel gegcn Zahlungcn an die Parteilasse ocrscyach.rt wordcn icicii.
Dassclbe sagtea die Vorsttzenden der Paric orgonisationen uno ?ie
Sekreiars aus. Dann wurden der H-lzog von N o r ' h u m b e r l a n d
und Lord Selborne vernommen, auf Leren A".t>a en hin in e.">r
Linie die Kommission eingesetzt wurde. Was sie ausgesagt haocn.
verrat der Dericht nicht, aber die Kommissäre gesnhen, sie seisn ,u
der llcbcrzeugung gekommen, datz seit einig-l Zeii. und besond.-cs in
der letzien, Agenten im Land h-rumgczogcu u.rc Lehauvtet häii n,
dag ,,e in der Lage s:ien. Titel und Auszeichnuimcn gegcn Zahluuqcn
an die Parleikassc zu verschafsen. Sozar d:e Nimen dieser Herrcn
mur en der Kommission mitgeteilt. was dcn Arbeitersührcr H c u-
derson, der Mitglied der Kommijsion war. veranlatzie, >e,ns
Unterschrift zu verweigern und in einem bcjoiidercn V-richt d.-.n
Vorwurf zu erheben, datz diese Leute häueu vernommen werdcn
mutzen, worauf die Kommission antworteic, man habe Laoon ab«
gesehen. weil aus dcn Leuten Loch n.chts hcraus zu Lekommen ge.
wesen wäre. Der wirkliche Erund ist natiirlich datz ihre Anzib>n
die Prcmieiminister und Partciselretäre zu Lügr.crn gestempelt hät.
tcn, denn es ist doch ganz ausgeschlossen, datz solche Ding« ohne dcren
Kenntnis hätten geschehen können. Die „Lkorning Post" nimmt iich
Lenn heute auch kein Blatt vor den Mund und nennt Lloyd Eeorqs
und den Vorsttzsnden der nationalliüeralen Parieimaschine Liigurr.
Die Sache ist surchtbar einfach, sagt das Blait,-entweder stand dcr
Premicrminister hinter diesen Angeboten, oder diese Leute suchten
Geld untcr Vorspiegelung falscher Tatsachcn zu erlangen, und taun
miiffen sie verfolgt werden. Das verlangt jetzt auch cin grotzcr Teil
der Preffe. und es mutz abgcwartet werden, ob man die Sache auf
sich beruhcn lätzt oder nicht.
D!e Vorschläge der Kommission stnd ebenfowenig stichhaltig w>e
ihre Vetrachtungen. Sie laufen darauf hinaus. datz eine siändig«
Kommission aus drei Mitgliedern dcs Eohsimen Rates ernaant
werden soll. um jedesmal die von dem Prcmierminister aufgcstcllt«
Liste von Auszeichnungsn zu untcrsuchen, :he diefe dem König >or»
gelegt wird. Ferner soll sie sich oon den Auszezcichneten, ebenso wie
von dem Parteisekretär cine Bescheinigung ausstellcn lasftn, datz sür
die Vcrleihung kein Eeld gezahlt oder vers rochen wurds. Der Bor-
schlag ist mit Riickstcht auf die tlmstün'.e einjach kindisch, ader sr ist
nichtsdestoweniger von Bonar Law .prompt argenommen woröe»,
Die .BaduSe Post" lrschcuit läglich <auch Eonntagrs vsrmittag», also siebenmal
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monatlich 1200 Mk. zuzügltch IN.5U Mk. Bestell-e d. Einzelnummer S0 Mk.
HeiÄelberger Zeltung
(Gegründet 1858)
und
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Anzeiaenprels: die 22 mu> brcite Nonpareillezeile 4!> Mk. Fomilien-, V reinr-
und Klcine Anzeigen nach besonderem Tarif. ReNamei: die 88 mm brelte N-npareille-
»U, 2>'s> Mk. Bei Wirdrrholunge« n»d Zeilcnanschlüssen tariflicher Nachlak.
Verantwort.ich für den «esamten textlichen Teil Adolf Kimmig in Aeide berg. Uer.,ru> dor Redakiion: K-id-l.erg 82.
Eprechftnnde dcr Schriiiliitung vorm. N-12 Uhr. BerUner Bertretung: Berltn 8VV «8. Zimmerstratz.- Nr. 8.
Fcrnrus Amt Zentrum Nc. 4lS. Münchener Bertretung: München, T.-orgcnstraäe Nr. 107. Fernruf Nr. 81687.
F.ir Änz Ig.-n, ukellan«, und geschästliche Beiiagen v:ra.itwoitlich A-fr«) Schmil, in Aiide.beri. Fernruf 82
Vcrlag: Hdidelberger VerlagSanstalt und Druikeret <Sb. m. H Hetdelberg, Hauptstrabe2Z. —
Potschcckkonto Karlsruhe Nr. IW0g. - Druck von I. G. H o ltz w a r > s N - ch f, G. m b. H, F r a nIf'ur t am M ai n
Sie Knsis in -aris.
Ein «ener englischer Plan. — Znterventionsbitte an Amerika-
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Berli», 4. Januar.
Eine Privatmeldung aus Paris will wissen, datz die Beratun-
8en der Ententestaatsmänner zu keinerlei V e rst ä::d i g un g
keführt haLen und deshalb ergebnislos abgebrochen
wordcn seien; die KonferenzverhanLlungen seien dadurch auf vor-
iäufig unLestimmbare Zeit verlagt worden. An amtlicher VerliNer
Ctelle lagen Nachrichten, die dies bestätigen könnten, nicht vor.
Es wird im Eegenteil darauf hingewiesen, daf; andere am Nach-
Wittag aus Paris eingegangene Meldungen die Situation schildern,
»hne ron einem Abbruch der Konferenz zu sxrechen. Trotzdem ist
Natiirlich nach dem gan-en Verlauf der Verhandlungen ein er-
klebnisloses Auseinandergehen der Ententeminister
las Wah rsch e i n l i ch e. Man kann aber wohl mit Sicherheit
vnnehmen, dah die einen mehr formellcn Charakter tragende Nach-
dUttagssitzung noch stattgefunden hat. da bei dieser Eelegenheit der
italiemsche Delegierte seinen Vermittlungsrorschlag vorlcgen wollte
Nnd da auch Lloyd Ereame beabstchtigte, die groste Rode Poin-
carös offiziell zu beantworien.
Donar Law ist anscheinend bis -um lestten Augenblick be-
Müht gewesen, eine Einigung zu ermöglichen. Die englische Dels-
gation hat in der Nacht zum Donnrrstag eine neue Dcnk»
schrift ausgearbeitet, die während der heutigen Nachmittagssitzung
der Kon'erenzteilnehmer übergeLen werden sollte. Wie es heitzt, hat
Vonar Law stch Mittwoch abend persönlich nach Washington
gewandt, um für den Fall, dast sich eine Einigung mit Frankreich
nicht crmöglichen lästt, die amcrikanische Regierung zu ersiichcn,
vor dem 15. Januar einen Schritt zur Lösung der Re-
varalionsfrage zu unternehmen. Poincarb soll scinerseits in seinem
Widerstand bcstärkt worden sein durch eine Erklärung, die der zur-
iieit in Paris anwesende König der Belgier dem PrästLenten
Millerand algegebcn tzat, in der es tzeiht, datz Belgien alle
Derpflichtungen des sranMsch-betzgischen Bündnisvertrags erjüllen
werde. selbst wcnn Frankreich auch militärische Zwangsmatz-
nähmen anwenden müsse, um selne Forderungen durchzusetzen.
»
Die krisentzafte Stimmung, di« im Pariser Konferenzsaatz vor-
herrschte. kommt auch in der gesamten
. Pariser Press».
Sum Ausdruck. Der „Matin" meint, die Konfi-renz set zwar nich
v'-cht abg brochen. aber cs sei zweisellos, datz dies Donnerstag' rberll»
wahr sein werde. Die gestrige Sitzung tzabe noch keine A n-
"äherung der Anstckiten gebracht. Die Pjychrlogis Bonar Laws
habe sooar eiwas Mcr.würdiges, Lenn es scheine. datz,er kaltb'.ü ig
einen Bruch ins Auge sasse. Jv den w-nigen Demeriungen, die
er auf die lichtvolle Anklagerede Poincaros voigebracht habe, tzabe
" sich an Einzelbeiten geilammert und nicht die geringsten Au.
strengungcn gemacht. um Lie berechtigten französischen Befürchtunzen
öu verfcheuchen. Er habe selbst in privaten Unterrcdungen mehrma'.s
vrn Bruch als unoermeidtich bezelchnet. Er w.ste, batz
w.'Nige Tage nachher Frankreich sich mor-rlifch gezwungen iühl«.
wenn es nicht auf immer jede Hojfnung, seine Ruinen wieder auf-
richten zu könLkn. verlieren wolle, auf de i'schem Eebiet produk'.ive
Psänder zu nehmen, nicht um sie zu Lehalien, sondern nm durch sie
°ie notwendige Einleitung zu ein m direkten Verhandeln zu schusfcr.
Der .Petit Paristen" schreibt: Bei dem augenblicklichen Stand der
Dinge kann man jedoch besiirchten. datz kein Ablommen gesch'.oss -n
wird und die Konserenz sich trennen mutz. ohne etwas geian >u
haben. Die Fo'.ge diests negativen Ergcbnisses würde jeben-allr
die sein, Latz Frankreich und Belgien nicht umhin können, zu m li-
tärischen Besetzungen zu schreiten, die de: englische Plan gcradczu
zu verhindern Lestimmt war. Damit diese Aussick.^ beseitigt werre.
kei es notwendig, datz die Vertre.er Englanüs stch zu der ruhigm
Und nicht zu wiederlegenden Argumeniatisn Poincarss bekehrien
Und Len Mut hättcn den verwickellen. falsch ansgebauten, unze-
kchick'en und im ganzen ungerechten Plan zu v.rleugnen, den c.rs
britisch; Schahamt ihnen in die Hanü zu gebr.i für gut gehalte-1
habe. Das „Echo de Paris" schrcibt: Auf rlle Föve hat der br nsche
Premier, das ist heute überzeugend. einen erstcn Schritt unier-
Uommen.
vönar Law will stch vor allem mki Amerila oerstSndkgen, er
will seine Aktivcn fo eng wie -nöglich mil derjenigea der Ber-
einigten Staaten vcrbinden.
Dag ist die tiefe Vedeutung des britischen P'.anes der der Regieruvg
von Washington Las Maximum von BPriedigrng bringt. Da,;
Viatt stellt die Frage, ob Bonar Law Fiankreich in den beutsch-:>i
Angelegenheiten ooranschrkiten lajsen werde, ino.m er sich bemühc,
SU retten. was von der Entenie Eordiale noch dadurch ger-.'et
werden könne, katz er gegenüüer Frankreich eine so srenndschast.
lich wie möglich« Haltung einnehmcn werde, l-ker werde >r :m
<Äsg ntcil Frankreich zu kontrskar.eren ver>ucher? Das ,Tcho de
Daris" will hoffen. datz der englischr Piemieiminister stch zur
«rsteren Form entscheiden werde. Wäre dem so, dann müsi« cr
Wit Po'ncare elne Anzahl delikater I r a < e n lösen. Was
Werde aus Ler Reparationskommif icn, sobald Po ncars
burch eine allgemeine Erllärung seine Ai'ilcht tundgegeben habe,
istliert in Deutschlanü zu handeln.' Das sei nunmeyr das -richtigite
Problcm. Es handele sich jetzt darum, sich übec üic Uneinigkeit zu
verständigen.
die Auffastnng in Amcrila
berichtet das gleiche Blati: Wafhington bcschäftige sich eing-hend
wit der Pariser Konferenz. Die öfsentlich- Meinung wende sich mit
ihrer überwiegcnden Mehrheit gegen d,e Dolitik Poin-
kar^s. Die Washingtoner Korrespondentcn der New Porker Zei.
tungen erklären, datz die Regierung in der nachsten Zukunft keinc
Tchritt« unternehmen wolle, um ?ur Lojung des Repacattons-
problems Lerzutragen. Die englijchen Pläne yätten Lbrigens d'e
Aufgabe der englischen Schulden.onsolidier> '..gsloinmijsion. die Ni:t-
woch unter Führung des Schatzkanzlcrs. Baldwin eintraf, tzs-
trächtlich erleichtert. Die erste Zujammenkunft --c Englänüer nnd
Amerilaner wird Montag stattfinden. Dcr ,,N-:w Pork Herrld"
meldet: Man verstchere. datz Prästdent Harding der festen Anjicht
sei, datz die Rcparationsflage gelöst werden lan.i und mutz. Lr
sei a ".ch durchaus gene.gt, all« Hilfsmittel des Landes mitarbe:tcn
zu lassen, um ein Uebereinkommen zu eru»öglicku n. Er halie stch
Lereit. je nach der Entwicklung in Paris einiugrnfen und mit seinen
offiziellen Vorschlägen hervorzutreten. — Se> a:or Robertson
hat eine Entschlietzung eingebracht, die wieder e-ne vollber-ich.
tigte amcrikanische Vertretung rv der Repnr.
tionskommission vorsieht. Der Deschlug ist dem Kom-.rse
für auswärtige AngeleHenheilen mitgetellt wordcn.
Sie Aiiffaffung in Serlin.
Die Folgen eines etwaigen Kompromistes.
Von unjerer Verliner Redaktion.
Bes»in, 4. Zanuar.
An Verliner amtlicher Stelle liegt auch hem- noch kcine Nach-
richt aug Paris dariiber vor, ob Staatssetrelär Bergmann oon der
Konfcrenz grhb'rt wird. Ucber die Auoflchtea, di-. die Konserenz noch
bietet, liitzt sich nach den hier vorlicgend n Nachrichten keinerlsi
bestimmte Vorausjag« machen. Man mutz >owoy! mit der Möglich.
keit «iner Bertagung als auch eines Kompromi>,cs
rechnen. Es verjteht sich von selbjt, dah, wcnn ein folches Kom-
promih den französischen Vorschlägen ähn.ich fcin sollte, fär die
deutsche Negierung La:m diejenigen Erenzen gezoaen wären, die b.'r
Reichskanzler fchon in seiner Hamburger Reüe Uar vorgezeichnet hat.
ZrankreW entlarvie Annekions-oM.
Dern, ck. Zanuar. Der „Verner Vund" betont mit
allem Nachdruck, Latz in den Sanktionsplänen die grohe
Gesahr dcs franzöjischen Reparui onsplanes l.egt. Das Bla.t
schreibt: Wie leicht es ist, eine schulihafte Verfshlung Deutschlanös
sestzustellen, hat man erst kürzlich bei der Frage Ler dcutschen Holz-
lieferungen erlebt. Jederzett wird sich der Vorwand f.noen
und durchsetzen lassen, dcr len sranzö>,schen Eewaltpolitikern
eine Handhabe zu militärischem Vorgehen bielen wllrde. Dag der
Widerjprnch Englands nichts nüht, wird durch las Beispiet der
Holzlieferung bewiesen. Frankreich setzt stch über die berccht.gten
EinwänLe hinweg und nimmt sür >ich jogar das Recht des alle.mgen
Vorgehrns in Ansxruch. Die Eanktioncn stellen deshalb eine grotze
Brunruhigung Lar; sie bilden aber auch die grotze Ueberraschung auj
der Parijer Konfercnz. Wie oft tzat Poincars nicht aller Wslt ver-
stchert, Latz sein Plan keine militürischen Sanktionen nötig mache!
Wie ost hat er die Fried.nsllibe dec franwstichen Regierung ver-
kllndet und gesagt, datz ihre Voliiik nur auf Ergreifung produltiver
Pfänder gerichtet sei, die ohne Ecwaltanwendung in Bestg genom-
men wcrden sollen. Jetzt sieht aber sein Programm autzek Psündern
noch Santtionen vor. und zwar Sanl't.onsn, ü>e gegen das
wirtschaftliche Herz Deutschlands gerichtet stnd und se.ne
völlige Erdrosseluna nach sich zieyen wiirden. Die franzö-
sische Annexionspolitik, deren Vorhandenfein immer wieder
von Poincars bestritten wurde, hat ihre Maske abgeworfen:
sie steht vor aller Welt in unverhüllter Erötze da!
Sie SparpISnr ber poff.
Mechanisierung dcs Vetriebcs. — Abbau des PcrsonakVestandes.
Von unserer Berliner Redaktion.
Vcrlin, 4. Januar.
Der Reichspostminister tzat dcn Ministerialrat Sautcr im
Neichspostministerium zum besonderen Kommissar er-
nannt, um die von der Rcichspostverwaltvng beabsichtigten Spar-
m a tz na h m e n einheitlich in samtlichen Oberpostdirektionen durch-
zusützrcn. Ueber die Sparvläne der Post verlautet, datz im inne-
ren Derkek, r diejeniqen Vereinfachungen angestrcbt wer-
ten sollen, die ein Lesseres Hand-in-HanL-Arbeitcn Lcr ein-elnen
Stellen gewährleisten sollen. Es soll weiter eine Mechanisie-
rung Les Detriebes durchgeführt werden, durch die der Zeit-
verlust, den die Einjührung des Achtstundenlages gebracht hat, aus-
geglichen werden soll. Der Abba » des Personalbestandes
soll fortgesctzt und bis März 1023 sollen I2 00l1 Postnngestellt« ent-
lassen werden, die zum Tetl in andere Nerwaltungsstellon unter-
gebracht werden sollcn. Zur Hcrstellung eines kaujmännischen Haus-
halls soll schlietztich eine Umordnung der Postausgaben
im Hauptetat vorgenommen werden.
Die nellenLohnsorderiuigen derVergarS!?er
Di« Eründe für die ablchnend« Haltung der Unternchmer.
Von unserem L.-Korrefp ond ent en.
Essen, 4. Ianuar.
Die neuen Lohnfordernngen der Bergarbeiter,
über die ietzt, nachdem die Verhandlungen ergebnislos geblieben sind,
ein S ch i e d s g e r i ch t befindet, betragen fünszig Prozent
des bisberigen Lohnes oder 1500 Mark pro Schicht. Die Arbeitgeber
sind nicht so jehr gegen eine Lohnerhöhung an sich, als dagegen, datz
oie Lohncrhöhung vom 1. Januar gelten joll. Man hält hier
überhaupt den ietzigen Zeitpunkt für die Lohnregelung für ganz un-
geeignet, da sich mit Riickjicht aus die Pariser Konjerenz die wirt-
nhaftliche Entwicklung der nächsten Wochen gar nicht llbersehen lützt.
Auch innerhalb der Reichsregierung teilt man diescn Standpunkt.
Der Hanptgrund für die ablehncnde Haltung sowoht der Regierung
wie der Unternshmer ist wohl darin zu suchen, datz ein Ausgleich
ftir die erhöhtcn Veroarbeiterlöhne njcht ohne weiteres in einer
Erhöhungder Kohlenpreise geirosfen werden könne. Bei
dem gegenwärtigen Marlkurs reichen die Preise sür deutsche Kohle
an die der enqlischen heran. Jedenjalls sind in den letzten Wochen
bereits verschiedene Sorten englischer Kohle in Hamburg
billiger verkauft worden als die entsvrechenden Veutschen.
Der Srdrn- nnd Melskaodst in Sngland.
Von Zeit zu Zeit wird in Grotzbritannicn darüber geklagt, datz
Auszeichnungen. insbesondere Adelstitel, ,llr <jahlungen an die
Kasse der geradr am Ruder befindlichen Pariei zu haben seien. Das
ist nicht nur nichts neues, sondcrn es hür.gt ci.g mit dem gLii',cn
System der Titelverleihungen in Englano zusammen, um nich: -u
sagen, Latz es eine natürliche Folge dieser Liniichtungen ist. Aus.
zeichnungen werden zwar im Namcn der Kion- rerlishsn, die vcr-
,assungsm8tzig über den Parteien jteht. !n Wirll chkeit aber hc
Spielball ist. Der Monarch hat nicht da° Recht, selbst oic
Leute auszusuchen, die er auszeichnen will, nicht einmal. wenn cs stch
um Beamte seiner eigcnen Hojhaltung hand-lt, >vvdern der jew-i'.ige
Premierminister stellt die Liste der auszuzeichnendcn aus und
legt st« dem König vor. Nur gewisse Orien wc.'ien auf Vorsyiaz
der Restortminister verliehen: z. B. die militär schen. Der Kon'.g
kann nur den Hausorden, das ist der Viltor'av-Orden, vergenn.
Es ist also e.nmal natiirlich und üblich, oatz bei dem herrschcndcn
Parteisvstem jeder Premierminister nur Lcule seinei Partei für
Auszeichnungen vorschlägt. und zum andern höch,r wahrscheinlich, dutz
er beide Augen zudrllckt, wenn L«r Elücklichc aus Freude über iei.ie
Auszcichnung cine schöne Summe in die Paricitasse flietzen :ätzt.
Denn ohne cine aefüllte Kriegskasfe lann keiae Partei bei den Wah-
len elwai ausrichten, und woher soll jonst das Parteigeld lomme'r?
Es ist also, wie gesagt, schon lmmer jo gewcsen. Nur hat cs
Lloyd George lstzlhin etwas zu bunt damit getriebcn, so b i.n,
datz er bei seinem Niicktritt zwar nur eine gan- kleine Partei, iicr
cine desto schwerere Kriegslasse tzaite. Mon fraet wo all das Seld
hergekommcn ssi. um so mehr als die eigen:liche"liLerale Parteikast.
äch ^r Asquithjraktion bes'ndel Es steht sest. dutz
d,e Nauonal iberalen m.t mehr als zwei Millioacn Pfund Ster.'na
m den Wahlkampf zogen: viele kehaupten >p,,ar zu w'sten daü cs
uber dre. M.llionen gew-j-n j-ien. Kurz °or dem Rücktritt dcr
vor,gen R.gierung erhob sich e,n so gewa-.tiger Sturm, datz etwas
geschehen mugte. Wenn nun in Erotzbr tannien irgendwo -'twas
L" ernennt die Regierung einc jogevannte Köniqliche
Kommisjion. um die Sache zu „unterjuchcn" Der Volksmund nennt
diese Fnstrumente „Whitewash Commissions", w.il jedcr wcitz, dah
>ie e ngesetzt werdcn, um einen schmutzigen F-leck zu ülcrtiinchen,
dnmit wenigstens auswärts das Aaus wiedcr fein jäuberl'ch ai's'cye.
Die Kommisston verösfentlicht nach einiger Zeit einen schöncn B'.>r:yt,
evcntuell m-t Vorschlägcn zur Besserung, wcnn sich nicht alies weg-
lengnen lätzt, und die Regierunq nimmt dann dicjo Vorschläg« :anz
oder teilweise an. Auf alle Fälle ist die E-jchichte offiziell dainit
erledigt, und die Minister können stch immer bequem auf die Ronal
Tommisjion berujen.
So setzte Lloyd Eearge Ende Septembcr auch eine Kotnmijfion
cen u.ite!s.andal untcrsuchcn sollte, unü zwar mit dcr mcrk»
wurdigen Zusatzbestimmung, datz die Herrcn Kommissare ihr Auzsn.
merl mehr aus die Zukunst als auf die Vergangcnhcit richtcn möch-
« ^,er Zusatz sagt e-gentlich schon gcnug. E- follte offenbar der
Kommis>ion. die aus drei Mitgliedern Les Oberhauses und vicr des
Unterhauses bestand, die peinliche Aufganc etwas erleichiern :nd
verhmdcrn, datz allzuvicl an das Tageslicht käme. Die Herrcn lind
denn auch mit gebührender Vorsicht vorqcgangen sie habcn, w-s
man m London zu sagen pflcgt. mlt der Naje zwischen Daumen ->nd
Zeigefinger gcalbeitet. so dah man es ihnen nichi allein zur Laft
legen dar>, wenn der Vericht, den sie soeben ociöffentlicht und scc
Neu,ahrsg«schenk aufgetischt haben, elwqs
wunderlich aussteht. Er unterstrncht zunächst d-e Bestimmung. dntz
man stch nichj zu viel mit der Vergangenheit abgeben sollte fü->t
acer h nzu, datz man nicht gut Vesterungsv.iischlage für Lie ZÜk'inst
machsn tonne. wenn man ias Uebel selbst nicht un.erfuchen dücie.
Die Kommij^are haben sich zunächst die noch lcbenden srühercn
Premierm.nister kommcn lasten. Das ist nsrcn dem Erzstinder Lloud
Eeorge Lord Balfour. Lord Ro > et> crv j-llte auch auigc or-
dert werden zu koMmen, aber man sah daoon ab, weil sein Eeiuid.
hcitszufland kein.- Neissn gestattet. Bonar Lam ist natürlich nicht
gefragt worden, denn er ist noch unjchuld.g wie ein Neugeborcuer.
Valsour und Lloyd Gcorge machten cs der Kommijston lcicht.
indem sie erklarten. niemals etwas daron gctzört zu habcn dotz
Titel gegcn Zahlungcn an die Parteilasse ocrscyach.rt wordcn icicii.
Dassclbe sagtea die Vorsttzenden der Paric orgonisationen uno ?ie
Sekreiars aus. Dann wurden der H-lzog von N o r ' h u m b e r l a n d
und Lord Selborne vernommen, auf Leren A".t>a en hin in e.">r
Linie die Kommission eingesetzt wurde. Was sie ausgesagt haocn.
verrat der Dericht nicht, aber die Kommissäre gesnhen, sie seisn ,u
der llcbcrzeugung gekommen, datz seit einig-l Zeii. und besond.-cs in
der letzien, Agenten im Land h-rumgczogcu u.rc Lehauvtet häii n,
dag ,,e in der Lage s:ien. Titel und Auszeichnuimcn gegcn Zahluuqcn
an die Parleikassc zu verschafsen. Sozar d:e Nimen dieser Herrcn
mur en der Kommission mitgeteilt. was dcn Arbeitersührcr H c u-
derson, der Mitglied der Kommijsion war. veranlatzie, >e,ns
Unterschrift zu verweigern und in einem bcjoiidercn V-richt d.-.n
Vorwurf zu erheben, datz diese Leute häueu vernommen werdcn
mutzen, worauf die Kommission antworteic, man habe Laoon ab«
gesehen. weil aus dcn Leuten Loch n.chts hcraus zu Lekommen ge.
wesen wäre. Der wirkliche Erund ist natiirlich datz ihre Anzib>n
die Prcmieiminister und Partciselretäre zu Lügr.crn gestempelt hät.
tcn, denn es ist doch ganz ausgeschlossen, datz solche Ding« ohne dcren
Kenntnis hätten geschehen können. Die „Lkorning Post" nimmt iich
Lenn heute auch kein Blatt vor den Mund und nennt Lloyd Eeorqs
und den Vorsttzsnden der nationalliüeralen Parieimaschine Liigurr.
Die Sache ist surchtbar einfach, sagt das Blait,-entweder stand dcr
Premicrminister hinter diesen Angeboten, oder diese Leute suchten
Geld untcr Vorspiegelung falscher Tatsachcn zu erlangen, und taun
miiffen sie verfolgt werden. Das verlangt jetzt auch cin grotzcr Teil
der Preffe. und es mutz abgcwartet werden, ob man die Sache auf
sich beruhcn lätzt oder nicht.
D!e Vorschläge der Kommission stnd ebenfowenig stichhaltig w>e
ihre Vetrachtungen. Sie laufen darauf hinaus. datz eine siändig«
Kommission aus drei Mitgliedern dcs Eohsimen Rates ernaant
werden soll. um jedesmal die von dem Prcmierminister aufgcstcllt«
Liste von Auszeichnungsn zu untcrsuchen, :he diefe dem König >or»
gelegt wird. Ferner soll sie sich oon den Auszezcichneten, ebenso wie
von dem Parteisekretär cine Bescheinigung ausstellcn lasftn, datz sür
die Vcrleihung kein Eeld gezahlt oder vers rochen wurds. Der Bor-
schlag ist mit Riickstcht auf die tlmstün'.e einjach kindisch, ader sr ist
nichtsdestoweniger von Bonar Law .prompt argenommen woröe»,