06. Zahrgang - Ar. 61
doft' rrlcheinl wöchcntl. ItrdcnmL!. P,i a cn: Didnskalla <Son,l«.> —
^nvcrlan . l?srtltagr> - Llteratnrblatt - -ochsch« beilage lmonatllch).
— ngle Beiträac ohnc Vcrantworinng. Rück dnna nnr, wenn Porto btlilcal.
Heidelberger Zeitung
(Gegründel 1858)
«nd
Handelsblatt
Frellag, 9. Mrz 192Z
Hauvlgclcha'tsstelle u. Sstrislltltg. der»Padischen Past"Heidtlberg,Hauvtstr. W, Fernspr.:
Nr 182 (Derlaasort: I?ran>sutt a.M.> Berliner Vertretung: Bcrlln 8VI48, Zimmer-
straSeg, FernIpr.Zentr.4I5, MünchncrVertret.' München, Aeorgenstr.I>,7. Fern pr.üINII?
WoFschatk.Monto: Sranrfni't a. M.
Abdest'^E-ugSprcis der .Bad.Post' Ml.S2"l> - tau-lchl. LustestgcUihr,. Celhstadhol.Ml.SlUl,.-. RuSland Mt.kSt«.-
^dhlcn bir zum2. led.Mir angenommkn. Am l u.L.noch gelief.Zeitungeu stnd nach d. Einzelverlaussprets zu be»
>»,, "In ji iuummt i AII 140.-. Lstd eZeitung amEllchcincnverhindert,b.steht letnAnspruchaufEntlchSdigung.
Boftscheck.Konto: Franksurt a. M. »141»
Vinreigettprrise: dic 44 mm brcite Nonparelllezcile kostet: lokale Ctcllcngcsuche Mk.80.-. ll.Eelcxcnheitranzeigen MI 100.-,
FamIIienanzelgen Mk 80.—. GeschSstranzcigen Mk.175 -,Finanz> »nd Jndustrieanzeigen Mk. 250.-, mit Plagvorlchrilt unii
MontagrMk-10.- mchr. Die 08 mm breitc Ncltamc ei e kostet Mk.800.—, Anzeigen und Reklame» oon aurwärtr 25°/« höher.
M«e llebersrW der Franzvsen.
^bsetzung der Mannheimer Zollbeamte«. - Die Dortm«..der Sch«P° verjagt.
Eigene Drahtmeldung.
Man « h «im, 8. Miirz.
bl, haüen um D4 Uhr nachmittazs in Stärle von
/hrjtt.^o Mann von Altripp aus deu Rhein Uber»
Mt vo» besetzten den Haien von Rheinau, einar Lor-
7'heii,^ ^"nnheim, und sind jetzt im Begrifs, gegen den Ort
^Ohzvk!^"" ntarfchicren. — Hcute morgen um 8 Uhr erschiencn zmei
bc> H im Hauptzollamt Mannheim, das
, ^ worden mar, und erklärten dem Vorsiand der Dicnst«
r. t z» s, deutschen Veamten abgesetzt seien und ihnen der Zu-
^ies d/o^^"!trüumen untersagt sei. Aus die Frage des Vor-
?"bde . "..^^nstifelle, aif welche Ansrdnung das Zollamt üesetzt
ein Ofsizier: aus Befehl dcr Jnteralliisrten Nhein-
^»raus erklärte der Vorstand, dast er lediglich den
^"de. ^ >emer Behörde Folge leisie und nur der Eeivalt ivcichen
MNs btn ^ ^°bi>ude wurd'e hieraus mit Befchlag belegt. Am
^>n 3u,ob Franzoscn eincn enisprcchendcn Anschlag an mii
trete»0' °a'z die Bcamten, die bereit seien, in sranzösische Dkenste
'"lltep. ' beim Borstand deg französtschen Zollamts mclden
ir «
I^.dschen"„^^be der Bahnhof von Langendreer im West-
M dog Franzosen Lesetzt. Hierzu melden Bsrliner Blätter,
.^»l>«s b^iämte Eifenbcihnpersonal mit Kolkienstößen vom
stetri°u-» Autl ' ^ '
ZetrVeben
N^Nierbrochen. Der Bahnhos Lanx
'"erichiedxb^^fe im Ruhrgebiet, m>i
bie Besctzung der Bahnhöse
.... - — das Telegraphenamt
worden. Die telephonlschcn Verbindungen mit der
^ ' ' Langendreer ist einer der
, ... t, mit 25 bis 30 Schiensn-
-- Besstzung der Bahnhöse von Langendrecr und
vöül'" ,'st die Linie Dortmun d—V ochu m—E ssen nun-
b,-^us n??i°ckiert.
V- ,».u u d selbst wird gemeldet, dah siarke Truppen-
^ Richtung Dorstfeld und Herten in die Staidt
H-^'?.rürack,i '''c- °wstellten si- die Lchule, in der die Schutzi olizci
'^..un-d entwaffneien die Beamten. Dann wurden
Ctadtb- Dsfiziere mit unbesanntcm Ziel abtrans'orticrl
-^Frav'ost "b "nd die Poli^eiwache in der Steinstratze sind ron
»Ä!chers-^^ Pvlizei sihon aufge°öst wor'den ist, greift man sran>
k°!?8en "uch das biolanst noch unbesctzte Eebiet mit der-
über. Die Lchnvo soll stönzlich auch aus
b-,^cn. s-nltionsbereich der fransösischcn Truppen entiernt
§>.5s a. v ^ Ü- B. 240 S ch u tz p o l i z e t b e am t e aus Msil-
üik'Lnes^gU? °"'Er starler militärischer Bedecknng auf der Stratze
^ abgesetzt worden. D!e Veamten Üefinden
in Elierfeld.
Aeue sranzKfische Schand'tteüe.
Vesängnisstrafen und Ausweisungen.
^n ^>r dom
Voi'
kÄ."
-Lv°
Eigene Drahtmeldung,
- . Osfenüurg, 8. März.
a»d ^'egsper'cht jp Ma'nz begann der Prozesi gegen
>,»^°" Ossenburger Beiriebsinstektion. Reaiernngsrat
llegxn den Leiter des Offenburster Posiamteo, Post-
'Uterl.,» » nen <8 eiänstnis, astf die asievdmsts vie .srnn-n«
.fist oMV'^chast anocrechnet wirv. Postvireltor Krieg erstielt ai -
vir ^Ne??? »^'Ude cine Eesänstnisstrase von
l°N Revision einstelestt werdcn. — Die F-"" Ue d.s a -
uu2st.emi::I,nen Oberamtmanns ,,S ch w o r e r und dn
M°» ° Nleichfstl-o ausacwiesenen Burstcrmeisters B u h r e r
V°n Ä"-worken —
innehatten, sind von den Fran osen Üc-
Jn den letztcn Taaen haben die Fran-
t«t''.auch
ri>,°?ird, es k„ure anstcschlagen, in denen wahrheitswidrig behaup-
ritz nur ein Teil der Dcamten und Anstestellten auf
»b^^vstr ib-^blehl in Lcn „Streik. stelreien", dle übristen se!en
cn. Wcitcr zieht das Plakat
. Ruhrspende her nnd be-
llnterstützungen viel zu gertng ssien.
»-l!-.^«ier ib^°>l 'N oen „c-rrei
D Verführung gemord
dasi di k?°pf°r nnd die
die Unterstützunge
'«i ^°rn die Lage im attbefttzten GeViet.
in-
Rt, sx°N- auer'„> o. Das neue E e r i ch t s g e f ä ng n i s ist
?°Nost7°rich,§ "e." Verhaftnngen dermasien überfiillt, Las, das
L>t ^nen H'lse gezogen werden mutzte, um die Fest-
„ "v>"?sircn fn^m-°r>nsten. Das alte Eerichtsstefänstnis war schon
KNcr mnn». -° ? n u n go z w e ck e verwendet warden. Dir
° iRW eLr'M --nderweit uni
lergebracht werden, dä schon
P.K'-
!s> L'!»
Ust- .. .- Doche ibre Nüumlichkeiten nach Umarbeitcn,
^ah'ny2^^nr, poli.tische Eeiangcne benutzt werden sollen.
S'^^bcst
«iili
.-rt 'vi^siur Eonsenheim — Alzey ist seit gestcrn
° """ Vcr^n 'm'^ b'« letzic noch von deutschem Pcrsonal
ocit!i„>„, " Lf'l dem Hinterland l a h m g e l e g t. Dle
Äleistnst!^ ^Enüicn wurden bislang vielsach über dle
fnnN^pn knrt nsis
-°.°rbot'e
^?!cn n?l.rdcnV"'st-.W? n^sinlenheim geleitet und konnten dort aii
gewner »tzU 'vo'nen -°r- °°
Dicse Abholunst ist ictzt eben alls °°" ^e-eiun
gstn>" s n worden. Ebcnso haben dic Fran.osen wic^erum
>a V? Vnbe von Eiscnbahn- und Posbbeamten aus Mamz
»>°° dem l°k,und a u sg e w i e s e n. - Ebcnso wurde aus Ma-.nz
"°"!illrnde t' - P- Eeblcte ausstewiescn der Schnlrat sii' B n i
^noe des Lehrervereins- Er wurde ohne Angabe
der
von
Gründen in der Schul« iestgenommen und mit noch drei ausge-
wiesenen Postbeamten mit dem Auto unter militäiischer Beglei-
tung nach Nled gcbracht und dort auf der Landstratze ausgesetzt.
Ferner sinv aus Wiesbaden von den Franzosen ausge-
wiesen worden: Landesrat und Stadtverordneter Otto Witte.
Gcschäfisführer und Siadtverordneter Linde un,d Parteisekretär
Paul Kabelitz. Alle drei Ausgewiesenen gehören Ler Sozial-
demokratischen Partei an. ^
Auch der pfälzische Nebenbahnverkehr ruht jetzt
gänzlich, nachdem di« Eiscnl ahner auch auf diesen Slrecken von
den Franzosen verdrängt worden sind. Da Lie verdrängten Eisen-
bahner nicht restlos in Ludwigshasen untergebracht werden können,
crklärte sich die Siadt Mannheim Lereit, sine Anzahl Lieser Olidach-
lvsen trotz Ler auch in Mannheim herrschenden Wohnungsnot dort
nnterzubringen.
Nie sranzöflsche Iront.
Bo« der Schwciz Üis Holland elne Lini«,
Eigene Drahtmeldung.
Ssien. 8. MLrz.
Wie der „New York Herald" aus Düsseldorf meldet, erwarten
die deutschen Behörden im Ruhrgebiet das Eintressen eines ener«
gischen Protestes derenglischen Rcgierung als Folge
der offiziellcn Ankündigung Franlreichs, datz die französische Front
von der Schweiz bis Hol 1 and nunmehr vollkommen geschlossen
sei, mit andern Worten: dah die e n g l i s ch e n T r u p p e n in Köln
nunmehr hinter einer Linie von Vajonetten stehen, die
den Brückenlopf von Köln vom Jnnern Deutschlands ablrennt. Die
englischen Truppen betrachten sich als geradezu in 1 erniert. Die
neue Vorwärtsbewegung der Franzosen umfatzt Remscheid,
Tronenberg, Wippersürth und Lüttringhausen.
Eogen die Besetzung Remscheids, das zum grötzten Teile zur eng-
lischen Zone gehört, hat der Oberbürgermeister feierlich Einspruch
erhoben. Es wurde ihm erwidert, Latz eine Besetzung der Stadt selbst
nicht geplant sei, man wolle nur die Verkehrswege nach dem Wupper-
tal und nach Elberfeld unter sranzösische Konirolle bringen. Zu die-
scm Zweck sind an der Peripherie der Stadt zwei Wachen
eingerichtet worden. — Wie schwierig die Stellung der Engländer am
Rhoin geworden ist, erhellt auch eine Aüslassüng der „Times". in
der es U- a. heitzt: Die Stellung der Engländer in Köln, die in
gewissem Sinne ein Symbol der britischen Jnteresien an den europä-
ischen Angelegenheiten geworden sei, sei ein sehr ernstes Pro-
blem geworhen. Durch dte letzien, Bewegungen der sranzöstschen
Truppen scheine Köln jetzt vollkommen vom nichtbesetzten
Doutschland abgeschnitten worden zu sein. Die zunehmenüsn
Schwierigleiten der Engländer in Köln und die Noiwendigkeit immer
weitercr Komj romisie in jeder Richtung führten dazu, datz die bri-
tischs Polltik den Eindruck Ler U n e n t sch l o s s e n h e i t mache.
Dies sei eine ernste Sache für die Negierung. Keine Ler unzähligen
Fragen, die die Regierung jetzt zu behandsln hahe. lönne an Bedeu«
tnng mit dcr Lösung der augenülicklichcn ernsten europäischen Krisc
vcrglichen werden. Das Eefühl, datz mitten im Laufe der latastro-
phalcn Ereignisse Erotzbriiannien zur Siabilität und zu dcr Haltung
des Abwarj e n s reruricilt sei, sei t i e f b e u n r u h i g e n d. Das
Blait frägt, wie lange Erotzbritannien auf Enade oder U n -
gnade den Ereignisicn im Nuhrgebiet ausgcliefert sein wolle.
Eegenüber dcn sranzösischen Lerichten, datz bereits übcr die Be-
nutznng der Eisenbahnlinien in der englischen Vesatzungszone dnrch
die Franzossn ein Aülommen erzielt sci, erklärt die englische Regie-
rung, datz diese Meldungen versrüht seien, Eencral Eodley traf
in London ein und übermittclte zunächst dem Förcign Ofsice die
Borschl 8 ge der sranzösischen Negierung. Die englische Regierung
scheint nicht geneigt zu sein, dfese Dorschläge vorläufig anzu-
nehmen und zwar haupijächlich deshalb nicht, weil ste dcn Klagcn
Ler englischen Kaufleute übcr Schwierigkeiten des
Handels mit Deutschland Rechnung tragen mutz. Autzer-
dem wird auf englischer Se-ts erklärt, datz die Erlaubnis, zehn Ziige
täglich in den Kölner Tahnhof einsahren zu lassen, zu grotzen Ver-
kehrsschwierigkeiten sühren mutz. Die Engländer selbst hütten nicht
genügend Eisenbahnpersonal und es müsie besürchtet werden, datz die
dcutschcn Eiftniahncr sosort die Arbeit einstellcn würden und sich
auch Sabotageakte ereignen köunten, wcnn den Franzosen Truppen-
transporte gesiattet würden.
Die lahurgelkgte Nhoinlattdkommission.
Bcrlin, 8. März. Zu derKohkensteuerverordnung
der Nheinlandkommission, die unier anderem cine Nachzahlung »on
Kohlensteuer rotr 1. Oktobcr 1922 ab sor, srt, wirü uns auf An-
srage von anitlicher Seile mitgeteilt, datz die bis 28. Februar 1923
fälligcn Kohlensieuern des Bc^gbaus Im besetztcu Gebiet bcreits
restlos an die zuständigen deutschen Stellen abgesührt
wuvdcn.
Die deutsche Forstverwaltung verweigert den mit der
Forstkon-rolle leirauten alliierten Beamtcn planmätzig jode Mit-
wirkung und jede Auokunft Lber forstliche Angclegenheiten. Infolgc-
dessen, gibt Lie Jnteralli'erte Skheinlandlommission bckannt, Latz
diesä Haltung derdeutschen Forstbchörden es dcr
Jntdralltierten Rheinlandkommission nun un-
möglich macht, dte Staatsforsten regelrccht u. nd
rationellauszubeuteu.
4 » 1 > > » »> »
Das Msel des Schweigens.
Der Reichslanzler hat von markanter, weithin sichibarer Stell«
gesprochen. Er hat mit einem uberwältigenden Tatsachenmarrrial,
mit zahlenmähigen Bekegen di« Ungeheuerlichleiten sestgenagelt.
deneu unser« Volksgenosicn an Nhein und Ruhr täglich ausgesctzt
sind. Er hat auf die unauslöschliche Schmach hingewiesen. die damit
dem ganzen deutschen Volk« als solchem angetan wird, »nd — wohl»
bemerkt nicht weinerlich klagend, sondern in schlichter Festsiellung —
di« Taisache hervorgehoben, datz endlich das wcibische Verhs.ndlungs-
geschwätz aushören mutz, weil Lem Dcutschen, Ler sich nicht selb-r
hilst, niemand in der ganzcn Welt beistohen wird- Mit Sieser
Kanzlerrede ist zum ersten Male wieder se!t den glücklichercn Tagen
deutscher Politik an offizieller Stelle das Wort ergrifsen
worden jn Ler Lewutzten Absicht, es der weitesten autzerdeu'tschen
Oeffentlichlcit zu Echör zu bringen. Hier ist zum ersten Male wieder
seit langem ohne Wehleidigkeit zum Ausdruck gebracht
worden, Latz ein Nolk Lurch eine matzlose Kette ungeheurer Dcmü-
tigungen seinen Stolz — wenn anders es je eincn solchen besesien
hat — nicht aufgeben darf »nd kann, sondern nur noch bestürkt
werden mutz in Geschlosienheit der Haltung und Festigkeit des
nationalen Selbstbewutztseins. Und damit ist zum crsten Male von
deutscher Seite ein Schvitt getan, Ler von sich aus wirklich ge-
«ignet wäre, Propaganda zu machen.
Und trotzdem — Las Ausland schweigt. Man denkt jenseitr
der deutschen Erenzpsähle nicht im entfcrntesten daran — auch nicht
nach den sehr nachdrücklichen Worten Les Reichskanzlers —, Len ein«,
mal eingeschlagenen Kurs umzustellen, oder auch nur leicht zu moüi»
sszieren. Das Ausland ist heute noch genau so Lcutschfeindlich, wi«
ehedem, und es wär« reichlich optimistisch ;u glauben. datz Leutsche
Worte von heuie ab einen günstigeren Resonanzboden drautzen in
der Welt finden würden. Man glaubt nach wie vor den doch wirk-
lich saustdicken Liigen der französischLN Agitation, man leiht willig
sein Ohr solchen groteÄen Vehauptungen, wis Ler^ datz die eigent-
lichen Schurken der Wolt di« Deutschen seien, die Frankreich und
mit ihm den ganzen Erdball sreventlich aus dem Jdealzustand cines
paradiesischen Friedens aufgestört hätten. So unbegreiflich Las sür
uns Deutsche sein mag — aber man glaubt alles das, ohne auch
nur einen Augenblick stutzig zu werden!
Und warum? Mas ist das Nätsel dieses Schweigens, das auch
eine Anlwort, eine grausige Antwort ist aus den Ausschrei eincs bis
auss Dlut gequälten Volkes? Was verurteilt dicsen'crsten wirk»
lichen Austakt zur Propaganda zu absoluter Wirkungslosigkeit?
Es mutz endlich einmal darauf hingewlesen wcrden, datz der Deutsch«
immer noch nicht Legriffen hat, was eigentlich das A und O einer
jeden Propaganda ist. Das ist das einzige, was wir von Frankreich
wirklich lernen kännen: datz man nämlich nie propagandistisch
wirken kann, wennnicht aus jedem Wort und jeder
Eestediefasziniercnde Macht einer zielbewutzien
Politik spricht. Eewitz, der Re'ichstag hat diesmal cin ein,
heiEchcres Bilü abgegeben, aber eben der Umfland, Latz er es erst
diesmal getan hat, macht ihn für das Aurland nochnichtglaub»
würdig, lätzt immer noch den durch bittere Erfahrungen Lerech-
tigten Zweisel bestehen, dah cr doch wieder von neuem umfalten
könnte. Und diescr Zweisel raubt auch dem Wort des Kanzlcrs den
Akzent unnachgiebiger Ueberzcugtheit, Ler fiir jode
Propaganda im In- und Ausland« die erst« und unsrlätzliche Vor-
Lcdingung ist.
Wir Deutschen glauben immer — rührselig, wie wir nun einmal
sind — „die Wahrhcit wcrde sich schon von sclber Dahn brechen".
Sicherlich — aber wir üergcsien dabei, datz sie das von sich aus imme«
noch zu langsam tut in einer Welt, in der einzig und allcin das
Handeln entscheidend ist. Wir können — wenn wir überhaupt,
noch politisch eine Rolle spielen wollen — nicht aus die Ueberzeuzt»,
heit der anderen hofsen und warten, bis wir an dieser sala-
1'stischsn Elaubensseligleit selbst zngr inde gegangen sind. W'.r
r,üsscn vielmehr alles daran setz > e in der Wahrheit
s ch l u m m e r n d e n K r ä s t e p o. jchwirksam zuniachcn
und praktisch auszuwertcn Proxaganda braucht nicht
Lüge zu sein, sondern im Gegenteil. da, wo ste sich auf die Tat-
sächlichkeit des Eeschshens. auf die wahre Wirklichkeit stützt, wirü
sic, richtig ausgenutzt, immer über die Nerlogcnhcit triumphieren.
Al-er gerade da liegt eben der Haken. Aut die richtig« Aus-
nutzung allein kommt es an, ob die Wahrheit wirksam wird,
brauchkar als Machtmittel, das in der Hand des Politikers
zv einer krastvollercn Wasse wird, als Stahl unlü Eisen.
Diese praltische Auswertung alles desien, was für ihn
spricht — und das ist heute mehr als je die Wahrheit — hat der
Drutsche n!e versianden. Er hat sich immsr nur mit dem blutzen
„Elauken" begnügt, mit dem plalonischen Fiirwahr-Halten. Da»
ist seine vielberiichtigte Träumcrha'tigkeit, aus dcr heraus es ihm
bis hcute noch nicht elngesallen ist, seinen Elauben in die Tat
umzusetzcn die Wirklichkeit nach scincm Eeiste und in
seincm Sinne „taisüchlich" umzuformen und zu dirigiercn. Diesc»
höchst politische Eebot — und so verstanden ist jeder Mcnsch
politisch — dieser allen gleicherwcise innewohnendk Drang, sich
auszuw rlen, ist bei dxm Teutschen nur in sehr abgeschwächtcm Matz«
vorhanden, uns das ist sein Fluch und dcr eigentliche Erund seine»
Unglücks. Denn es ist die Wurzel semeo Unlcliebtseins. Mr
habcn es noch nicht gelernt, was bei den an eren schon bis zur
Routin: ausgebildet isb: dcn Eindruck einer siir das Gesazte sich
restlos einsetzenden Persönlichkeit zu machen: wii verstehen es nicht
durch Tatkrast zu paclen: wir können nicht faszinierenl'
„Seid klug wie die Schlangcn und ohne Falsch wie die Tauben."
Ohne Falsch sind wir sicherlich, — aber klug wie die Echlangen?
Es gibt heute woh! laum ein zweiles Kulluroolk. das so wcuig
doft' rrlcheinl wöchcntl. ItrdcnmL!. P,i a cn: Didnskalla <Son,l«.> —
^nvcrlan . l?srtltagr> - Llteratnrblatt - -ochsch« beilage lmonatllch).
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(Gegründel 1858)
«nd
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Nr 182 (Derlaasort: I?ran>sutt a.M.> Berliner Vertretung: Bcrlln 8VI48, Zimmer-
straSeg, FernIpr.Zentr.4I5, MünchncrVertret.' München, Aeorgenstr.I>,7. Fern pr.üINII?
WoFschatk.Monto: Sranrfni't a. M.
Abdest'^E-ugSprcis der .Bad.Post' Ml.S2"l> - tau-lchl. LustestgcUihr,. Celhstadhol.Ml.SlUl,.-. RuSland Mt.kSt«.-
^dhlcn bir zum2. led.Mir angenommkn. Am l u.L.noch gelief.Zeitungeu stnd nach d. Einzelverlaussprets zu be»
>»,, "In ji iuummt i AII 140.-. Lstd eZeitung amEllchcincnverhindert,b.steht letnAnspruchaufEntlchSdigung.
Boftscheck.Konto: Franksurt a. M. »141»
Vinreigettprrise: dic 44 mm brcite Nonparelllezcile kostet: lokale Ctcllcngcsuche Mk.80.-. ll.Eelcxcnheitranzeigen MI 100.-,
FamIIienanzelgen Mk 80.—. GeschSstranzcigen Mk.175 -,Finanz> »nd Jndustrieanzeigen Mk. 250.-, mit Plagvorlchrilt unii
MontagrMk-10.- mchr. Die 08 mm breitc Ncltamc ei e kostet Mk.800.—, Anzeigen und Reklame» oon aurwärtr 25°/« höher.
M«e llebersrW der Franzvsen.
^bsetzung der Mannheimer Zollbeamte«. - Die Dortm«..der Sch«P° verjagt.
Eigene Drahtmeldung.
Man « h «im, 8. Miirz.
bl, haüen um D4 Uhr nachmittazs in Stärle von
/hrjtt.^o Mann von Altripp aus deu Rhein Uber»
Mt vo» besetzten den Haien von Rheinau, einar Lor-
7'heii,^ ^"nnheim, und sind jetzt im Begrifs, gegen den Ort
^Ohzvk!^"" ntarfchicren. — Hcute morgen um 8 Uhr erschiencn zmei
bc> H im Hauptzollamt Mannheim, das
, ^ worden mar, und erklärten dem Vorsiand der Dicnst«
r. t z» s, deutschen Veamten abgesetzt seien und ihnen der Zu-
^ies d/o^^"!trüumen untersagt sei. Aus die Frage des Vor-
?"bde . "..^^nstifelle, aif welche Ansrdnung das Zollamt üesetzt
ein Ofsizier: aus Befehl dcr Jnteralliisrten Nhein-
^»raus erklärte der Vorstand, dast er lediglich den
^"de. ^ >emer Behörde Folge leisie und nur der Eeivalt ivcichen
MNs btn ^ ^°bi>ude wurd'e hieraus mit Befchlag belegt. Am
^>n 3u,ob Franzoscn eincn enisprcchendcn Anschlag an mii
trete»0' °a'z die Bcamten, die bereit seien, in sranzösische Dkenste
'"lltep. ' beim Borstand deg französtschen Zollamts mclden
ir «
I^.dschen"„^^be der Bahnhof von Langendreer im West-
M dog Franzosen Lesetzt. Hierzu melden Bsrliner Blätter,
.^»l>«s b^iämte Eifenbcihnpersonal mit Kolkienstößen vom
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N^Nierbrochen. Der Bahnhos Lanx
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^ ' ' Langendreer ist einer der
, ... t, mit 25 bis 30 Schiensn-
-- Besstzung der Bahnhöse von Langendrecr und
vöül'" ,'st die Linie Dortmun d—V ochu m—E ssen nun-
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'^..un-d entwaffneien die Beamten. Dann wurden
Ctadtb- Dsfiziere mit unbesanntcm Ziel abtrans'orticrl
-^Frav'ost "b "nd die Poli^eiwache in der Steinstratze sind ron
»Ä!chers-^^ Pvlizei sihon aufge°öst wor'den ist, greift man sran>
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über. Die Lchnvo soll stönzlich auch aus
b-,^cn. s-nltionsbereich der fransösischcn Truppen entiernt
§>.5s a. v ^ Ü- B. 240 S ch u tz p o l i z e t b e am t e aus Msil-
üik'Lnes^gU? °"'Er starler militärischer Bedecknng auf der Stratze
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Vesängnisstrafen und Ausweisungen.
^n ^>r dom
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Eigene Drahtmeldung,
- . Osfenüurg, 8. März.
a»d ^'egsper'cht jp Ma'nz begann der Prozesi gegen
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'Uterl.,» » nen <8 eiänstnis, astf die asievdmsts vie .srnn-n«
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vir ^Ne??? »^'Ude cine Eesänstnisstrase von
l°N Revision einstelestt werdcn. — Die F-"" Ue d.s a -
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M°» ° Nleichfstl-o ausacwiesenen Burstcrmeisters B u h r e r
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innehatten, sind von den Fran osen Üc-
Jn den letztcn Taaen haben die Fran-
t«t''.auch
ri>,°?ird, es k„ure anstcschlagen, in denen wahrheitswidrig behaup-
ritz nur ein Teil der Dcamten und Anstestellten auf
»b^^vstr ib-^blehl in Lcn „Streik. stelreien", dle übristen se!en
cn. Wcitcr zieht das Plakat
. Ruhrspende her nnd be-
llnterstützungen viel zu gertng ssien.
»-l!-.^«ier ib^°>l 'N oen „c-rrei
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dasi di k?°pf°r nnd die
die Unterstützunge
'«i ^°rn die Lage im attbefttzten GeViet.
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?°Nost7°rich,§ "e." Verhaftnngen dermasien überfiillt, Las, das
L>t ^nen H'lse gezogen werden mutzte, um die Fest-
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KNcr mnn». -° ? n u n go z w e ck e verwendet warden. Dir
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^ah'ny2^^nr, poli.tische Eeiangcne benutzt werden sollen.
S'^^bcst
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° """ Vcr^n 'm'^ b'« letzic noch von deutschem Pcrsonal
ocit!i„>„, " Lf'l dem Hinterland l a h m g e l e g t. Dle
Äleistnst!^ ^Enüicn wurden bislang vielsach über dle
fnnN^pn knrt nsis
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^?!cn n?l.rdcnV"'st-.W? n^sinlenheim geleitet und konnten dort aii
gewner »tzU 'vo'nen -°r- °°
Dicse Abholunst ist ictzt eben alls °°" ^e-eiun
gstn>" s n worden. Ebcnso haben dic Fran.osen wic^erum
>a V? Vnbe von Eiscnbahn- und Posbbeamten aus Mamz
»>°° dem l°k,und a u sg e w i e s e n. - Ebcnso wurde aus Ma-.nz
"°"!illrnde t' - P- Eeblcte ausstewiescn der Schnlrat sii' B n i
^noe des Lehrervereins- Er wurde ohne Angabe
der
von
Gründen in der Schul« iestgenommen und mit noch drei ausge-
wiesenen Postbeamten mit dem Auto unter militäiischer Beglei-
tung nach Nled gcbracht und dort auf der Landstratze ausgesetzt.
Ferner sinv aus Wiesbaden von den Franzosen ausge-
wiesen worden: Landesrat und Stadtverordneter Otto Witte.
Gcschäfisführer und Siadtverordneter Linde un,d Parteisekretär
Paul Kabelitz. Alle drei Ausgewiesenen gehören Ler Sozial-
demokratischen Partei an. ^
Auch der pfälzische Nebenbahnverkehr ruht jetzt
gänzlich, nachdem di« Eiscnl ahner auch auf diesen Slrecken von
den Franzosen verdrängt worden sind. Da Lie verdrängten Eisen-
bahner nicht restlos in Ludwigshasen untergebracht werden können,
crklärte sich die Siadt Mannheim Lereit, sine Anzahl Lieser Olidach-
lvsen trotz Ler auch in Mannheim herrschenden Wohnungsnot dort
nnterzubringen.
Nie sranzöflsche Iront.
Bo« der Schwciz Üis Holland elne Lini«,
Eigene Drahtmeldung.
Ssien. 8. MLrz.
Wie der „New York Herald" aus Düsseldorf meldet, erwarten
die deutschen Behörden im Ruhrgebiet das Eintressen eines ener«
gischen Protestes derenglischen Rcgierung als Folge
der offiziellcn Ankündigung Franlreichs, datz die französische Front
von der Schweiz bis Hol 1 and nunmehr vollkommen geschlossen
sei, mit andern Worten: dah die e n g l i s ch e n T r u p p e n in Köln
nunmehr hinter einer Linie von Vajonetten stehen, die
den Brückenlopf von Köln vom Jnnern Deutschlands ablrennt. Die
englischen Truppen betrachten sich als geradezu in 1 erniert. Die
neue Vorwärtsbewegung der Franzosen umfatzt Remscheid,
Tronenberg, Wippersürth und Lüttringhausen.
Eogen die Besetzung Remscheids, das zum grötzten Teile zur eng-
lischen Zone gehört, hat der Oberbürgermeister feierlich Einspruch
erhoben. Es wurde ihm erwidert, Latz eine Besetzung der Stadt selbst
nicht geplant sei, man wolle nur die Verkehrswege nach dem Wupper-
tal und nach Elberfeld unter sranzösische Konirolle bringen. Zu die-
scm Zweck sind an der Peripherie der Stadt zwei Wachen
eingerichtet worden. — Wie schwierig die Stellung der Engländer am
Rhoin geworden ist, erhellt auch eine Aüslassüng der „Times". in
der es U- a. heitzt: Die Stellung der Engländer in Köln, die in
gewissem Sinne ein Symbol der britischen Jnteresien an den europä-
ischen Angelegenheiten geworden sei, sei ein sehr ernstes Pro-
blem geworhen. Durch dte letzien, Bewegungen der sranzöstschen
Truppen scheine Köln jetzt vollkommen vom nichtbesetzten
Doutschland abgeschnitten worden zu sein. Die zunehmenüsn
Schwierigleiten der Engländer in Köln und die Noiwendigkeit immer
weitercr Komj romisie in jeder Richtung führten dazu, datz die bri-
tischs Polltik den Eindruck Ler U n e n t sch l o s s e n h e i t mache.
Dies sei eine ernste Sache für die Negierung. Keine Ler unzähligen
Fragen, die die Regierung jetzt zu behandsln hahe. lönne an Bedeu«
tnng mit dcr Lösung der augenülicklichcn ernsten europäischen Krisc
vcrglichen werden. Das Eefühl, datz mitten im Laufe der latastro-
phalcn Ereignisse Erotzbriiannien zur Siabilität und zu dcr Haltung
des Abwarj e n s reruricilt sei, sei t i e f b e u n r u h i g e n d. Das
Blait frägt, wie lange Erotzbritannien auf Enade oder U n -
gnade den Ereignisicn im Nuhrgebiet ausgcliefert sein wolle.
Eegenüber dcn sranzösischen Lerichten, datz bereits übcr die Be-
nutznng der Eisenbahnlinien in der englischen Vesatzungszone dnrch
die Franzossn ein Aülommen erzielt sci, erklärt die englische Regie-
rung, datz diese Meldungen versrüht seien, Eencral Eodley traf
in London ein und übermittclte zunächst dem Förcign Ofsice die
Borschl 8 ge der sranzösischen Negierung. Die englische Regierung
scheint nicht geneigt zu sein, dfese Dorschläge vorläufig anzu-
nehmen und zwar haupijächlich deshalb nicht, weil ste dcn Klagcn
Ler englischen Kaufleute übcr Schwierigkeiten des
Handels mit Deutschland Rechnung tragen mutz. Autzer-
dem wird auf englischer Se-ts erklärt, datz die Erlaubnis, zehn Ziige
täglich in den Kölner Tahnhof einsahren zu lassen, zu grotzen Ver-
kehrsschwierigkeiten sühren mutz. Die Engländer selbst hütten nicht
genügend Eisenbahnpersonal und es müsie besürchtet werden, datz die
dcutschcn Eiftniahncr sosort die Arbeit einstellcn würden und sich
auch Sabotageakte ereignen köunten, wcnn den Franzosen Truppen-
transporte gesiattet würden.
Die lahurgelkgte Nhoinlattdkommission.
Bcrlin, 8. März. Zu derKohkensteuerverordnung
der Nheinlandkommission, die unier anderem cine Nachzahlung »on
Kohlensteuer rotr 1. Oktobcr 1922 ab sor, srt, wirü uns auf An-
srage von anitlicher Seile mitgeteilt, datz die bis 28. Februar 1923
fälligcn Kohlensieuern des Bc^gbaus Im besetztcu Gebiet bcreits
restlos an die zuständigen deutschen Stellen abgesührt
wuvdcn.
Die deutsche Forstverwaltung verweigert den mit der
Forstkon-rolle leirauten alliierten Beamtcn planmätzig jode Mit-
wirkung und jede Auokunft Lber forstliche Angclegenheiten. Infolgc-
dessen, gibt Lie Jnteralli'erte Skheinlandlommission bckannt, Latz
diesä Haltung derdeutschen Forstbchörden es dcr
Jntdralltierten Rheinlandkommission nun un-
möglich macht, dte Staatsforsten regelrccht u. nd
rationellauszubeuteu.
4 » 1 > > » »> »
Das Msel des Schweigens.
Der Reichslanzler hat von markanter, weithin sichibarer Stell«
gesprochen. Er hat mit einem uberwältigenden Tatsachenmarrrial,
mit zahlenmähigen Bekegen di« Ungeheuerlichleiten sestgenagelt.
deneu unser« Volksgenosicn an Nhein und Ruhr täglich ausgesctzt
sind. Er hat auf die unauslöschliche Schmach hingewiesen. die damit
dem ganzen deutschen Volk« als solchem angetan wird, »nd — wohl»
bemerkt nicht weinerlich klagend, sondern in schlichter Festsiellung —
di« Taisache hervorgehoben, datz endlich das wcibische Verhs.ndlungs-
geschwätz aushören mutz, weil Lem Dcutschen, Ler sich nicht selb-r
hilst, niemand in der ganzcn Welt beistohen wird- Mit Sieser
Kanzlerrede ist zum ersten Male wieder se!t den glücklichercn Tagen
deutscher Politik an offizieller Stelle das Wort ergrifsen
worden jn Ler Lewutzten Absicht, es der weitesten autzerdeu'tschen
Oeffentlichlcit zu Echör zu bringen. Hier ist zum ersten Male wieder
seit langem ohne Wehleidigkeit zum Ausdruck gebracht
worden, Latz ein Nolk Lurch eine matzlose Kette ungeheurer Dcmü-
tigungen seinen Stolz — wenn anders es je eincn solchen besesien
hat — nicht aufgeben darf »nd kann, sondern nur noch bestürkt
werden mutz in Geschlosienheit der Haltung und Festigkeit des
nationalen Selbstbewutztseins. Und damit ist zum crsten Male von
deutscher Seite ein Schvitt getan, Ler von sich aus wirklich ge-
«ignet wäre, Propaganda zu machen.
Und trotzdem — Las Ausland schweigt. Man denkt jenseitr
der deutschen Erenzpsähle nicht im entfcrntesten daran — auch nicht
nach den sehr nachdrücklichen Worten Les Reichskanzlers —, Len ein«,
mal eingeschlagenen Kurs umzustellen, oder auch nur leicht zu moüi»
sszieren. Das Ausland ist heute noch genau so Lcutschfeindlich, wi«
ehedem, und es wär« reichlich optimistisch ;u glauben. datz Leutsche
Worte von heuie ab einen günstigeren Resonanzboden drautzen in
der Welt finden würden. Man glaubt nach wie vor den doch wirk-
lich saustdicken Liigen der französischLN Agitation, man leiht willig
sein Ohr solchen groteÄen Vehauptungen, wis Ler^ datz die eigent-
lichen Schurken der Wolt di« Deutschen seien, die Frankreich und
mit ihm den ganzen Erdball sreventlich aus dem Jdealzustand cines
paradiesischen Friedens aufgestört hätten. So unbegreiflich Las sür
uns Deutsche sein mag — aber man glaubt alles das, ohne auch
nur einen Augenblick stutzig zu werden!
Und warum? Mas ist das Nätsel dieses Schweigens, das auch
eine Anlwort, eine grausige Antwort ist aus den Ausschrei eincs bis
auss Dlut gequälten Volkes? Was verurteilt dicsen'crsten wirk»
lichen Austakt zur Propaganda zu absoluter Wirkungslosigkeit?
Es mutz endlich einmal darauf hingewlesen wcrden, datz der Deutsch«
immer noch nicht Legriffen hat, was eigentlich das A und O einer
jeden Propaganda ist. Das ist das einzige, was wir von Frankreich
wirklich lernen kännen: datz man nämlich nie propagandistisch
wirken kann, wennnicht aus jedem Wort und jeder
Eestediefasziniercnde Macht einer zielbewutzien
Politik spricht. Eewitz, der Re'ichstag hat diesmal cin ein,
heiEchcres Bilü abgegeben, aber eben der Umfland, Latz er es erst
diesmal getan hat, macht ihn für das Aurland nochnichtglaub»
würdig, lätzt immer noch den durch bittere Erfahrungen Lerech-
tigten Zweisel bestehen, dah cr doch wieder von neuem umfalten
könnte. Und diescr Zweisel raubt auch dem Wort des Kanzlcrs den
Akzent unnachgiebiger Ueberzcugtheit, Ler fiir jode
Propaganda im In- und Ausland« die erst« und unsrlätzliche Vor-
Lcdingung ist.
Wir Deutschen glauben immer — rührselig, wie wir nun einmal
sind — „die Wahrhcit wcrde sich schon von sclber Dahn brechen".
Sicherlich — aber wir üergcsien dabei, datz sie das von sich aus imme«
noch zu langsam tut in einer Welt, in der einzig und allcin das
Handeln entscheidend ist. Wir können — wenn wir überhaupt,
noch politisch eine Rolle spielen wollen — nicht aus die Ueberzeuzt»,
heit der anderen hofsen und warten, bis wir an dieser sala-
1'stischsn Elaubensseligleit selbst zngr inde gegangen sind. W'.r
r,üsscn vielmehr alles daran setz > e in der Wahrheit
s ch l u m m e r n d e n K r ä s t e p o. jchwirksam zuniachcn
und praktisch auszuwertcn Proxaganda braucht nicht
Lüge zu sein, sondern im Gegenteil. da, wo ste sich auf die Tat-
sächlichkeit des Eeschshens. auf die wahre Wirklichkeit stützt, wirü
sic, richtig ausgenutzt, immer über die Nerlogcnhcit triumphieren.
Al-er gerade da liegt eben der Haken. Aut die richtig« Aus-
nutzung allein kommt es an, ob die Wahrheit wirksam wird,
brauchkar als Machtmittel, das in der Hand des Politikers
zv einer krastvollercn Wasse wird, als Stahl unlü Eisen.
Diese praltische Auswertung alles desien, was für ihn
spricht — und das ist heute mehr als je die Wahrheit — hat der
Drutsche n!e versianden. Er hat sich immsr nur mit dem blutzen
„Elauken" begnügt, mit dem plalonischen Fiirwahr-Halten. Da»
ist seine vielberiichtigte Träumcrha'tigkeit, aus dcr heraus es ihm
bis hcute noch nicht elngesallen ist, seinen Elauben in die Tat
umzusetzcn die Wirklichkeit nach scincm Eeiste und in
seincm Sinne „taisüchlich" umzuformen und zu dirigiercn. Diesc»
höchst politische Eebot — und so verstanden ist jeder Mcnsch
politisch — dieser allen gleicherwcise innewohnendk Drang, sich
auszuw rlen, ist bei dxm Teutschen nur in sehr abgeschwächtcm Matz«
vorhanden, uns das ist sein Fluch und dcr eigentliche Erund seine»
Unglücks. Denn es ist die Wurzel semeo Unlcliebtseins. Mr
habcn es noch nicht gelernt, was bei den an eren schon bis zur
Routin: ausgebildet isb: dcn Eindruck einer siir das Gesazte sich
restlos einsetzenden Persönlichkeit zu machen: wii verstehen es nicht
durch Tatkrast zu paclen: wir können nicht faszinierenl'
„Seid klug wie die Schlangcn und ohne Falsch wie die Tauben."
Ohne Falsch sind wir sicherlich, — aber klug wie die Echlangen?
Es gibt heute woh! laum ein zweiles Kulluroolk. das so wcuig