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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

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Nr. 1 - 30 (2. Januar 1923 - 31. Januar 1923)
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https://doi.org/10.11588/diglit.15611#0149

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6S. WrzW - Ar. 26

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, .BLdikche Past' iischemt tLgllch lauch Eonirtags) vannittaga, also siebenmal
wochcntlich und kostet srei ins Ha»« »ugestellt monattich 1MV Mk, durch die Post
' -tiich IAi0 Mk. zuzöglich Ist.Sg Mk. D-stell<,e!d. Elnzelnummer kll M!.

Heidelvergsr Zektung

(Gegründet 1858)

rrnd

Handelsblatt

Ssmstag, 27. Zanuar lS2Z

Anzeigenprei,: di« 2S mm breite NonvareMeieili M Mk, b^ "°n. Vcre n»

und Klcine Anzetgen nach besonderem Tarif. Rellamen: ?8">m breite Nonparellle.

eile 2U0 MI- Bei Wiederholungen nni» tleilenanschlussen tariflicher Nachlatz.

Ba-Zsche Pop

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?"antwortiich für den gesamten textlichenTeil Adols Kimmig i»Heide.berg. Fernrutd:rNedaktion: Ketdrliierg82. I ffür Anzcigen, NeHame.r und geschästlich« Betlagen verantwortlich Aifre» Schmttz in Hridetberg. Feriruf 82
vrechstunde der Schrtsllcitnng vorm. 1t->2 lkhr. Berliner Bertretung: Berlin 8^ 48. Ztmmerstrahl! Nr. g. i Verlag: Aeidelberger BerlagSanftalt und Druilerei T. b. m. A Hetdelberg, Hauptftraste 28.—
"Mus Amt Zentrum Nr. 4lö. Müncheuer Bertretung: München, G.-orgenstraüe Nr. 107. Fernruf Nr. 818S7. Poftsch-cklonto Karlsruhe Nr-ISMS. - Druck von I. G. Holtzwarl,Nachf, <S. m.b. H. FranlfurtamMakn

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Sarbaren.

große, das ungeheure Verbrechen, tms an der Ruhr und
auch jn den Rheinlanden begangen worden ist und weiter be-
wird, wlilt sich immer mehr aus. Die Zahl der himmel-
Mj^'^uden Eewalttaten gegen einzelne Beamts, die getreu ihrem
^7* !lch weigern, Landcsverrat zu Lsgehon, wird immer größer, und
Lu n noch etwas gäbs, das imstande wäre, die Entrüstung darüber
.'^lg«rn, so wäre es die teuflische Lust, mit dcr jede einzelne
t>ur» Dergewaltigungen gegen die Betrossenen noch besonders da-
istvi ^'Nerzhaft gemacht wird, daß man die Ausgewiesenen z. B.

mgt, ghne Absthied mit dem nächsten Zuge abzureisen —, wenn
m ", !ie nicht in ein Auto bringt und sie auf der Grenze des besetzien
h^?le!«s aussetzt, ihnen ihren Koffer auf die ^tratze nachwersend —
.8 die Familien der Beireffcnden aber nur ganz wenige Tage Zeit
°^inen, um den Abtransxort ihres Hausrates zu Lewerlstelligen!
ü» « einmal eine Zeit gegeben, in der man von dem „rrtter-
ssst,^" 8"onlreich redete, weil Jranlreich tatfächlich die Wiege der
^ neren ritlerlichen Kultur war, jener Vergeistigung also des
h/'sgertums, die den Kamnf selber bestimmten Regeln unlerwarf,
ied»^^ Psiicht machte, des esiegten zu schonen, die vor allem aber
Ritter den Eid auferlegte, fiir die Schwachen und insbeson-
die Frauen schützend einzutreien.

0v» d" Franlreich von heute ist nicht nur auch die leiseste Spur
stg. ^esem Eeiste verichwunden, fondern das gerade Eegenteil hat
Einns^ M äuherster Schärfe herausgebildet: eine Eiliartung des
die der Ecwalt alles erlaubt scheinen lätzt, die diefe
in den Dienst der brutalsten Triebe stellt, für die es ein
.^underer nur insoweit gibt, als dieser andere auch die Dlacht
^e» n ^ieses Recht Anerkennung zu erzwingen. Diese völlige
ieil 'r ^ des Eefühlslebens <:nes gamen Bolkes in Las Gegen-
4ufon unzweifelhast eine Folge des Ehauvinismus. Es ist kein
iraß diefe Uebersteigerung der an stch Lerechtigten vater-
°'!chen Eestnnung gerade von Frankreich her ihre Bezeichnung
Tatfächlich find in leinem Lande der Welt im Namen
Ka»a "'ikverstandenen Patriotismus so viele Scheutzlichkeiten be-
worden als in Frankreich — man dsnke an die Schreckens-
jstdes Iakobinertums —: diefe Art des Ueberpatriotismus
dj« spezifiscye frauzöstsch« Herporbringung, ste ist allerdings für
ge^T^chbarwelt erst zu einer so ungeheuerlichen Eefahr empor-
!inns, ^itdem die stegreichen Mächte des Weltkrieges die Wahn-
^ber iiegangen haben, Deutschland zu entwaffnen, fie bedeutet
ist. . ^ute, nachdem der französische Eewaltgeist feffellos geworden
Uffachlich eincn Nücksall in das Zeitalter der Barbarei.

Rücksall in BarLarei, den wir heute erlcben, wird weiter
i» ^ SekennzLichnet, datz auch alle Schutzvorrichtungen, die früher
sei^ ? ^.taatenwelt vorhanden waren, jetzt in Fortsall gelommen zu
'"EN. Diese Schutzoorrichtungen waren ja freilich schwach
einig, waren doch vorhanden, und ste konnten immerhin

^^nimungen hervorrufen. Wenn alfo z. B. die türkifche
rrtrz.rA nicht 'ertig Lrachte, unter ihren Balkanchristen ein
- Regime aufzurichten und dafür zu forgen, datz unparteiisch
christ-,I°>prochen wurde, da erfchienen doch sofort die Vertreter der
dlerri^EN Erotzmächte in der „Hohen Pforte" und lenkten die Auf-
NZchst der türkischen Regierung auf diefe Zustände — ein zu-
doch nicht immc-r erfolgreicher Schritt, der aber mehrmals

N>env d ^"^'tung zu kriegerischen Demonstrationen wurde —, oder


""8«n > 3nr die verbrieften Rechte der Finnländer mit

lo tzg-, "NL, La «rhoüen stch, wenn nicht von feiten der Regierungen,
de» "°n stiten der bc-rufenen Kulturintereffen der Menfchheit in
h»rx Sp^nen Ländern lebhafte Einfprüche, die wohl nicht unmittel-
Einfx^^ungen lurtten, aber doch immerhin auch nicht ganz ohne
heit^"^,°sielen, lenn de: Gsdanke der Zivilisation und der Mensch-
"ostj. ^Nr war immerhin etwas, dem gegenüber man sich nicht gern
Sewin, "E.nrpfindlich zeigte, der Eedanke Lbte alfo immerhin eine
Nbgxf^^rndung aus, das ist heute vorbei. Von Sowjetruhland
heute die ganze übrige sogenannte Kulturmenschheit
v4rbix,,?2 dem Schanfpiele zu, das sich in Ruhr- und Rheinland
baz wo ein wo.ffenlofes. friedliches, arbeitsames Volk wohnt,
in dsn^sb anderes begehrt, als in Ruh« arbeiten zu wollen, und
stnd. Eebiet mitten im Frieden feindliche Völker eingebrochen

^olk der ALsicht. sich dieses Volk zu Willen zu zwingsn, diefem

^chtlose m?. ^ p.aben und entschloffen, jeden WiLerstand gegen diese
^nd j/i^Eür mit brutaler Eewalt niederzuschlagen.

^genüber Leschieht nicht etwa im Jnnern von Afrika, Völkern
bcren Eurooäerhochmut geneigt ist, als zur Sklaverei ge-

^nge es sondcrn einem Volke gegeniiber, Las man^ fo

^?ch Wasfen hatte, gerne bereit war, als Mitglied der
Was mit dem notigen Respekt zu behandeln.

^uchleriscb ^ üeschieht. hat nicht nur der französifchen Politik die
^iogene m ^bke vom Eestcht geriffen, sondern hat auch all das
^ulturst„„, non Pazifismus, Weltgewissen, Solidarität der
5>uchen Sründlichst widerlegt. Denn die anderen Staaten

'«gen alia « "'"nl die Eeste, als ob si« etwas tun wollten,' sie
bolidoriix," ^u^nr gar nicht mehr Wert daraüf, diese angebliche
hnnden Schau zu stellen, Zntereffen der Zivilisation als vor-

Nutzsg, ^ ^uerkennen — es herrfcht Lberall der Eötze Les Eigen-
christi ^ ? niem.als hat die Welt als Ganzes so sehr einen wider -
Deutf^-E u Eindruck gewährt als heute.

N>orden, d? und aber ist durch sein Geschick in die Lage gebracht
2?ch für Beifpiel zu gelen, daß es Recht und Treue

?*cht u»d als materiellen Vortsil. Der Kampf um

'n en!schigg.,^ue wird ihm fürchterliche Opfer auferlegen, aber es
Wähieud durchzuhaltcn.

'Un, uns auk s Kr'eges konnten stch unsere Gegner nicht genug
»Hunnen" Erund ihrer Lügenpropaganda „Barbaren' und
„ Wo siux uennen:

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„paWrr Merstan!» bis znm AOersten."

DLe Befichtigu?rgsreise Le Droeguers. - Erfolgreiche deutsche Abwehr.

die wahren Hunnen^ wo die

wahren
rs.

Von unserem H-Korrefpondenteir.

Paris, 26. Iannär.

Wie der „Petit Paristen" aus Düffeldors meldet, hatte Donners«
tag «achmittag der franzöfische Minister der Lsscntlichen Arbriten,
Le Troquer, im Stahlhos eine auherordentlich bedsutsaMe Kon-
ferenz mit Eeneral Weygaud, General Degontte nud dem
Oberkommiffar der Rheinlande Tirard. Das Ergebnis wird
streng geheim gehalten. Trotzdem glanbt die „Daily MaU" zn
wiffen, daff «an die Errrchtung einer Zollinie um das Ruhigsbiet,
die Answeisung aller preuffifchen Beamte», die AusgaLe eincr neuen
Währung anf ErnnLlage des franzrifischen Frankeu, sowie die so-
sortige Einstellnng siimtlicher Kohlentransporte sür Deutschland br-
schloffen habe. Die Einsührung eines rheinischen Franken
scheint sestzustrhrn; die Banknsten sollen bereits in Druck gegeben
wordeu sein. Der Minister Le Troquer wird bercits im Lause
dcs Freitag Las Ruhrgebrct verlaffen, währcnd General Weygand
noch acht Lage dort bleibt. Erst nach dcffcn Rückkehr soll dcr Obe r-
kommissarfür Las Nnhrgrbiet ernannt werden, wofür man keine
Mrlrtär-, ssnvc-rn eine ZrvUperson ansersehcn wrll. Man gibt es
rn Paris osfen zu, daff mit mUitärifchen Operationen alleiu gegen
Dentschland nichts anszurichten ist» drnn „Dentschland bekämpse,"
nach einem Wort von Pertinax, „die Allrierten dnrch industrielle
Organisatronen, dnrch sozial« Bewegungen und diplomatrsche Manö-
ver". Pertrnax illustriert diescn Satz mit der Erzählung, wie im
Ruhrgebirt die von den Franzosen nmgeleiteten Kohlenzüge in de«
beide« letzten Wochen nie i» Frankreich anlangten. Alle HStten das
nicht besetzte Dentschland erreicht. In einigen FSlle« seien die
cigenen Kohlen zum Heizeu der Lokomotiven verwandt wordeu, um
zwei- bis dreimal ums ganze Ruhrgebiet herumznsahre«. Eiu an-
deres Manöver sei, die anf dem Rhein sahrenden, sür belgische oder
frqnzöfische Häfeu bestimmten Schisfe im holländischen Eebiet
anhalte» zn laffen, wo nun holländische Eerichte darüber entscheiden
wnrden, wem die Kohlen gehören.

Eine Verliner Korrespondenz meldei, datz Marschall Foch von
Metz kommend in Koblenz eingetroffen sei, wo er eine
längere Unterredung mit dem amerikanischcn OberLefehlshaber
Eeneral Allan hatte. die stch auf die Uebergabe des Brückenkopfes
Koblenz an die Franzostn Lezieht. Foch fei dann über Bonn nach
Köln weitergereist.

*

Der Regierungsprästdent von DLffeldorf, Dr. Erützner, er-
klärte Pressevertretern in einer eingehenden Darstellung oer augen-
blicklichen Lage im besetzten Eebiet. die Stimmung im ganzen Ruhr-
revier sei ausgezeichnet. Beamte und Arbeiter seien fest entfchloffen,

des paffiven Widerfiand bis zum Aentzerste»

durchzuführen. Die Erbitierung übsr die Entsenduna von französt-
schem Eisenbahnperfonal fei aufs höchste gestiegcn. Jn einer Äus-
wrache des Präsidenten der Eisenbahndirektion Elberfeld mit den
Dezernenten, Vahnhofsvorstehern und den Vertretern der Arbeiter
und Beamten kam der feste Wille zum Ausdruck, bei der Abwehr
dieser französischen Pläne einmütig und enischlossen zusammenzuar-
beiten. Die Stockungen im Eisenvahnverkehr nehmen immer mehr
überhand, da die Franzosen immer stäriere systematische Eingrisje
in den Eisenbahnbetrieb vornehmen. Aus zahlreichen Orten des
Ruhrreviers wird dieAnkunft grotzer Abteilungen
sranzösischer Eisenbahntruppen und Eisenbahnxersonal.
namentlich Heizer und Lokomotivfllhrer, gemeldet. Auf den meisten
Bahnhöfen, auf denen das Perfonal in den AusstanL getreten ist,
stnd französische Eise.rbahner angekommen. Im Lauf« des Freitag
vormittag entstaaden grotze Schwierigkeiten im Dahnverkehr: die
Züge verkehrten nur äutzerst unregelmätzig. Auf dem Düssel-
dorfer Bahnh-if, elenso auf dem Bahnhof von Kettwig ruh!
der Verkehr vollständig. Die ganze Köln—Mindener Linie ist in
französischer HanL. Mit der WieLeraufnahme des Privatoer-
kehrs ist vorläufig nicht zu rechnen, da die Franzosen erklürten,
sie brruchten dte Bahnhcfe fllr ihre Transporte. Viclfach besteht ter
Eindruck, datz die Fcanzosen, entgegen ihrem bisherigen Verhalten,
jeht direkt einsn Verkehrsstreik provozieren mollen.
Anf dem Düffeldorfer Hauptbahnhof haben die Franzosen 'ämt-
liches Eifenbahnmaterial aus dem Bahnhof entfernt und versucht,
Len Verkehr selbst in Cang zu bringen. Sie haben aber bishcr
lediglich eine Lokomotive aus der Werkstatt herausgeholt.
Fsrner haben sie einen Zug nach Neutz abgelaffen, der alsbald
entgleiste und den Bahnverkehr sperrte. Ein anderer Zug, der
nach Mülheim gehen sollte, foll auch entqleist sein.

Aus Düffeldorf, Koblenz und aus c. . - wird das E-nirclien
zahlreicher französischer und Lelgifcher Zollbeamten gein-ldn-
Es verlautet, datz die um das besetzie Gebiet zu zieh- ude Zoll-
linie hauptsächlich der Ueberwachung des E i f e n b a h n s r a ch r.
verkehrs dienen ,vll. Auf jeder Effenbahnstation an der Erenze
des Ruhrgebiets soll eine Zollwache mit militärischer Besetzung ein-
gerichtet werden. A-:ch in kas N a ch r i ch t e n w e i e n greifen di,'
Franzosen ein; in Esien wurdsn von 11 Leitungen »er Ei-enbahn-
direktion 7 Leitrngen von den Franzosen abgeschnitrsn und
für ihre Zwecke umqelegt Jn Trier wurde als Antwort auf dcn
Proteststreik der Vcrwaltungsbcamten der Belagerungs-
zustand vechängt. Von g bis 7 Uhr nachts dürf iriemand tie
Stratze betreten. Lie Verkehrsanstalten haben den B-.ineÄ voll-
kommen eingeitellt. Post und Telegraphenamt sind m.ii-
tärisch befetzt. Die Beamten werden hier zur Dienstlefftrng ge-
zwungen.

Die Haltung des Anslandes

Lefchränkt sich wei'ter, soweit amtlich überhaupt etwas verlaut-
lart, auf die eines intereffiertcn Zufchauers. Wenn auch Amerika
heute noch von einem aktiven Eingreifen in die europäifchen Dinge
weit entferut ist. jo jcheiiit uuur m Wajhingto» doch entjchtoffeu

zu sein. humanitäre Ailfe für die durch den französischen Raubzug
schwer beürängtc Ruhrbevölkerung zu leisten. Nach einer Kavel-
meldung aus Washington wurde Pressevertretern im Weitzen Hause
Nitgeteilt, die Regierung erwarte einen Parlamentsantrag, in den
nächsten Wochcn bis 1. September etwa 2000 Tonnen amerikaiusche
Lebensmittel monatlich nach Deutschland zu senden, um dcn
schlimmsten Folgen der Nuhrbesetzung zu begegnen. Einen solchen
Parlamentsbcschluh würde die Regierung ohne Verzug ausführen.
Die Ackerbaukommiffion des Senats schlug vor, einsn Krebit von
250 Millionen Dollar für die europäischen Staaien zu bewill-gen,
die lanLwirtschaftliche Produkie in Amerika erwerben wollen.

Die Londoner Presfe befchöltigt sich naturgematz vor
allem eingehend mit dem französischen Plan dcr Lostrennung
des Ruhrgebiets vom Lbrigen Deutschland. Es wirü darauf
hingewiesen, datz sich Paris endlich den Ernst der Aufgabe vcr-
gegenwärtigt, die es Lbernommen hat, und datz in Frankreich zu-
gegeben wird, datz die bisher versuchten Methoden fehlgeschla-
gen sind- Bonar Law hat eine Sitzung des Kabinetts einbernfen,
um die gefamtcn Ruhrsragen zu erörtern Wie verlautet, wird dir
von mancher Scite geäutzerte Ansicht, die br i t i sch e n T r:i p p en
aus dem von rhnen besctzten deutschcn Eebiet zurllckzuziehen,
zur Erbrterung kommcn. Ein hoher britischer Veamter erklärte,
wie gemeldet wird, es würde von der öffentlichen Meinung aü-
hängen, ob die englischen Truppen zurückgezogen werden oder nicht.
Man glaubt, datz die Ansickiten der britischen Ministsr geteilt ünd
Bonar Law ist anqcblich für die Zurllckzi'ehuno. seinr Ansicht
wird von dcn meisten Ministern g--teilt, die im Unterhauie iitzen.
Arrdererseiis wollen die Minister, die dcm Unterhaufe anoehören.
flir das Vcrbleiben dcr britischen Truppen in Köln sein. Iv
britifchen Kreisen herrfcht die tiefe Ueberzeugung, datz die Bedrohung
Ler britifchen Jntereffcn nicht viel länger mehr mit
Elerchmut angesehen werden könne. Die französische Regie-
runq sei bererts weit darüber hinausaLgan.gen, was urspriinalich
angegsben wor^ 'n sei, Ecwisse Mitgliedcr der briiischen Regierung
seien derartig nverzeugt von dem Mitzerfolg der Aktwn
Pomccräs, datz dieser neue Schritt eine zunehmende Vesorq-
nis verursache. Man i'ft sich in Lcndon darüber klar, datz üch di«
Laqe m dem von den Franzostn besektcn Eebiet dauernd ver-
^?rft. Daily News" schreibt: „Die Schwierigkeiten F-rank-
reicys wachscn rasch". „Daily Lhronicle" meldet aus Köln, eine
neue Phase des Kampfes im Nuhrgebiet beginne. Die Franzofen

die Politik, die sie während der letzten
zw-n Wocheir verfolgt haben. fehlgeschlagen sei. Die ersten Schritte
der Franzosen, eme nene Pvlitik der Lostrennung des Nuhrqebietes
von DeutMond durchzusühren, hätten Lereits das qefamts Ruhr-
revier m Verwirrung gestürzt, ein allqsmeines Chaos werüe rasch
folgen. Der Berliner Verichtcrstattcr der „Daily Ncws" schreibt.
die Lage rm Nuhrgebiet und in qanz DeutschlanL v-erL- als
autzerst eriisi angesehen. Man sei der Ansicht, datz dic Er-
plosron unvermeidlich sci. wenn nicht eine Vermittlung crfolge.

Die feindlichen Repreffalie»

nehmen überaN ihren Fortgang. In Mainz sind nun äuch der
T^'Ä^ktor Vohmann. sowie der Polizeikommiffar Enders
tatsachlich ausgewiesen worden. Dagsgen befinoct sich Ober-
biirgermelstei: Dr. Kulb noch in Mainz. Er ist ertrankt und lieqt
augenblicklich im stadtischen Krankenhaus. Ausgewiesen ist ferner
auch der Vorkteher der Oberforsterei Mainz, Eeheimer Forstrat
Kutsch. — Der Landrat v. Daun ist nach einer Meldunq aus
Tller von der Besatzungsbehörde verhaftet worden. — Jn
santtliche Zeitungen wegen der Veröffentlichung
von Entschlietzungen hicslger Behörden. Beamten und Verbände auf
erdoten. Dem Äachener Regierungspräsidenten Dr.
^iombach und seinem ^tändigen Vertreter. Öberregierungsrat
v. Eoertschen wurde mündlich ihre Ausweisung mitgeteilt. Den
bciden Veamten, geborene Rheinländer, wurden 21 Stun-
den Frist gelaffen: ihre Familien müffen nach acht Tagen folgen. —
die interalliierte Rheinlandtommission Schillers
„W t lhe l m TeI l", deffen Aufsührung das Stadttheater vorge-
sehen hatte, verboten. Wenn man schon zu solchcn Mitteln qreijt,
um den deutschen Widerstand zu brcchcn, müssen sich die Herren
Franzosen am Rhein doch sehr unsichcr fühlen. — Jn Kreuznach
wurden Umzüge durch die Stadt veranstaltet, bei denen patriotische
Lieder gesungen wurden. Jn der Kurhausstrahe sielen einige
Schujse. Ob dabei jemand verletzt worden ist, jst nicht bekannt.
Ueber Stadt und Bezirk Kreuznach wurde der Ausnahmezu-
st a n d verhüngt. — Jn Wiesbadcn wurde mehreren höheren
Beamten Les Negierungspräsidiums, dem Verwaltungsqerichts-
direktor Baurmeister. dem Regierungsrat Böttiche'r, dem
Regierungsrat Reich und dem Regierungskaffenobcrbuchhalter
Zepke vom stellvertretenden Bezirksdeleyierten der Rheinland-
kommissiou einzeln die Frage vorgeteat, o'ü sie bereit seien, die
Eeschäfte des oerwaisten Wiesbadener Regie.
rungspräsidiums zu übernehmen auf Anordnung der R'hein-
landkommission.

Sämtliche vier Herren haben Lreses Ansiunea
roeit vo» sich gewiese»

und die Frage auss entjchiedenste verneint. Dorher war
Ler derzeitiqe stellvertretende NegierungspräsiLent, Oberregierungs-
rat Waldschmidt. vom Stellverlrcter des Bezirksdelegierten der
Rheinlandkommiffion gesragt worden, wer nach ihm als stellvcrtreten-

sident Momm, Herr v. Redern, OLerregierungsrat Spietz und Herr
v. Wedel ausgewiefsn, wurde der Leiter des Wiesbadener Haupt-
zollamts, Herr Zolldirektor Hornickel, am Donnerstag ebenfalls
mit sofortiger Wirkung ausgewiesen: seine Familie hat binnen vier
Tagen dem Vesehl Folge zu leisten. Herr Hornickcl ist 67 Jahre alt.
Der Beamtenausschutz der Zollbeamten im Hauptzoll-
amtsbezirk Wicsbaden satzte daraufhin folgende Entschlietzung: ,.Der
Beamtenausjchutz im Hauptzollamtsbezirk Wiesbaden, als berufene
 
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