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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 31 - 58 (1. Februar 1923 - 28. Februar 1923)
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https://doi.org/10.11588/diglit.15611#0329

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66- ZaKrgang - Ar. 55

Heidelberger Zsitung

Eonntag, 25. AeSruar 1S2Z

(Gegründet 1868)

und

Handelsblatt

L»upta«I».ii„stelle u- Sli.Nstleltg. rer.Badilchen Post'Hctdelberg.Sauvtstr. rS.FernIvr.:
Nr 182 lVerlaarort: ssranlfurta.M > Berliner Vertretnng: Berlln 8>V18. Llmmcr-
straS-g, FelnIpr.Zentr.4lS, MilnchnerVertret. München.Georgenftr.I»?. Fern'pi.SIv»?


Keh

der ..B .d. Post" Mk. ISvv - ,ausschl.Zustcl!gedühr,. Eelbstabhol. Mt.l8SU.—. «uslanv Mk.4Vt«.-
tchixn n,' ."0'»ur biz znnr 2. leo.Mi» angcnomm n. Am l U.L.noch gclles.Zeitungcn slnd nach d.Einzcloerlausrpreir zube-

78.-. Jst d eZcltnng am Ersch.inen verhindert, b steht kein Anspruch auf Entichädigung.

«lnj-inciivrcisc: die 44 mm bieite Nonpareillezcile tostcl: lokale «tcll-ngeluche Mk.8v.- rl. We cge'chcitLanzc.gen M 4v.n,
^amttienanzeigen Mk 4t'.-, lgelchäkl.anzcigen Mk. Sll.-.Flnanz- und Industricanzetgen Ml. lvv.-. m.t Plabvorlchrift und
Mm, agsMk S - mehr. Dle »8 mm brcitc Rck.an.e ei ° kosle, Mk.lSV.-. Anzeigen und Reklamen von auswart, 2S°/» höhe.

^ivettWasten md RchrbeseßMg.


Wreibt

^lens der

uns:
yrotzen

."" stroZen WjrlWastlichen Vcrbande Deutschlands
^ Äni?und Arbeitnehmer) ist beianntlich vor einigen Wochen
, "bet ^ ergangen. der sich eingangs gegen die Ruhreindringlinge
Rs ein» °us der Besetzung des Ruhrgebiets sich ergebende Not
7? di° .k!°>rie,nsame bezeichnet und sich zur Linderung dieser Not

«tlh^ deutschx -

..... Mrtschäst 'wendet m>t wei^ren wurde

lg 'siRiu össnen und zu geben, was wogUW ' Arbeitgebern er-
ld> Ausrus ausgesprochen. es w-^ /^Lse geben. w°s dw
^atz sie tas Vicrsache dessen sur r: e - gegenüber den letz-
ter^^Uten und Arbeiter LusammenbrlNg > ^ ihrerseits zu-

Arbeiter. Angestellte und DEt hieg es.

«s ',den Verdienst einer Arbeitsstunde opsern ^ ^ zur Ver-

>hg Ute von Len unterzeichneten D-rbanden enr AU0,

der eingehenden Eelder e,ngesez , vom „Allge-

der weseniliche Teil des Ausruss.^ ^

!lei^ beutschen Eewerlschattsbund , oN -

er^rn

hier »."!°'"iarn enAdwehr und Hilfe gestellt hätten.
eb ^emnl^^r. sich wieder, wie wenig Verständnis in weiten
il, - S Kreisen gegenüber unserer, durch die nege Ve-

hiiv Notlage, in wie geringem Mahe die Bereitschaft

"tsvoll üemein'amer Abwchr vorhanden ist und wie ver-

llk, ^UvItai; i-her auf dieser Seite gepredigte Kampf gegen

lil,'. den verschiedenen sozialdemolratischen Parte.blattern von
,1>Nor.' der Frankfurter „Volksstimme". die in jedem Nichtsozial-
Miim» einen Reaktionär und Arbeiterseind erblicken. und be-

Kr°ib? '

in Stunden der Eefahr Wirken kann. Wir sehen
sozialdemokratischen Parteiblättern

uns

auf

und

einige sreigewerkschastliche Auslassungen. So

^iltionen ^^Erbeiter-Zeitung", Organ des gleichnamigen über

»v. --Eq 5-^" Sählenden Verbandes:

7i>hlr? durfte der Vundcsleitung nicht unbekannt seln. datz das
I,"d vegen eine Hilssaktion, wo das Unteinehmertum seme

Spiele hat, ' .


«'beit

vom gesamten Arbeitervolk (lies: sozialdemo-
ervolk) höchst mitztrauisch aufgenommen wird.

»Dj>

-„> „-^^^rauen der Arbeiter verdiensn." Zu diesen Eriinden
"lh° ^ian ^bichcn Organ, noch solche g ru n d sä tz l i ch e r

^oik ' llum überhaupt mit den llnternehmern nichts gemen,

°"'i°b- di° wo die eigensten Jnteressen des deutschen

ooch auü, diejenigen der deutschcn Arbeiter sind, dies

Abwehrkampf an der
ist. Auch für eine Neihe anderer Organe
z. V. dis „Lederarüeiter-Zeitung", gibt
vkv»llen " a i e Einheitsfront mitder Kapi-

^»hÜ^Ien ..„"'1.°"- Dasselbe Blatt fpricht ganz im Sinne der

LaZ c»",brnehmer haben erst noch den Beweis zu erbringen,
'ils^^ll. ''"'w" ber Arbeiter verdiensn." lr„

dort

boch auch
., -erlar

-'fellos der Fall

irvejs ^rlangen, wie Loch dics bei dem

«s °r ^ -

>»e

I'i .

7°rischllstH^r '
ev°.?°tion°le'

eu«7"° >° dem ^aäMsch^ Widerstand zur Zertrummerung
d» Wir^chaft neue Kräste geben. ^»^pvfsck-astsleilun-

»a! ^Sengrundsätzlichen Bedenkcn ^ U^ernehm^rn, mutzte
H,i"r8ew".-°ul° Einheitsabwehrsront m>t Len ^ wirtschast-

°''ä, das sin ° nzielle S' »ims Stunden-

, >»le^°rbnnde erheblich leiden und lst d,e Ocle S Frage

>°weit die sreien E e w er ks ch ° f t e n o

nur sehrmangelhaft befolgt worden. Zum
die dieserseits ausgebrachten Eelder nicht an d'e R°,chs-
V?tew^°' iond^n an den A.D.E.-V. in Derlm abgefuhrt. m
2"°u^rg sollcn die sreien Metallarbeiter eine e'gene Smnmel
^siih^en^wonach die emgehenden Eelder an die Detriebsrate

u?d enischieden aus dem Boden des ,n
ib^ uncrlählichen E °°° ° 5 °' >t e s

^"Ut?°ben dem Eewerkschaftsring lediglkch der

^«I^lche Eewerkschaftsbund untcr Leitung Steger-
»»'"ers^ ^elchem bekanntlich die Eesamtverbände Ler chr'stl"hen
,>ho§°kien, der Angestellten und der Staatsbeamten und Aibelter
SliL' Von jeher dllrauf eingestellt und nach dem Kriege noch
Kllt. °^r betont. hat er sich auf den Boden der Do -sg-me.n chast
U> 1"vss^°nn der so schwere Kamps im Ruhrgebiet b,s letzt die
d,'i°n Front atter Kreise und Vevölkerungssch.chten ouszU'
K d°w -f.- "icht Kuleht durch den starlen Linflutz

^ D. E. B. angeichlossencn Verbände
ii-v. der ^.richenden Eeistes im
iin df-r „Deweis geliesert. dah
S"t°r

und des m
genannten Bezirk. Dadurch
man auch, ohne Klassen-
Eewerkschastler sein kann, und Latz

^ u»ier wewerkschastter sein lann, und ratz

"'i: «egensätze hinwez nur der Eesichtspunkt matzgebend sem

uüd «'rd unsere deutschc Wirts-chaft w'eder
i-der gesund, und wie können Deutschlaud und sem Volk
Zeiten cntgegensehen? Eera.e h>or>n os,enbart stch

i>ie?"ri^°ü^r!chi«d zwischn dcm christlich-nationalen Deutschsn

^,.Kl°nÄbu"d "

^ »«.» » c 4-4-4 » ,44/»

L"d d«r soz-alistischen GewerkschaftsLew-gung:
E,tlli-^".iamps' Jnternajionalismus, schürsster Kamp, gegen den
'keü 'hiand ? b°rt das ernstlichste Wolien in der Abwchr der
!>»!?° kvn,m,.M°lachten Vernichtung in Keme'.nschaft aller m Be-
Unl'/''d°" Faltoren und bestn'öglichste Mithilfe beim Wiedcr-
^er ü^ros polit.fchen und ' '

ir-genart und Sitte.

wirtfchiaftlichen Lebens im Rahmen

MnMHer Tmsr nnd SehpoM.

Berlin, 24. Februar.

Den feindlichen Raubzügen kann man eine gewisse Erotzzützigkeit
nicht absprechen. Ob Privateigentum oder fiskalischer Besttz ist den
Dkeben einerlei, wenn dre Beute nur die Gewalttat lohnend erscheinen
lätzt. 'So beschlagnahmten die Franzosen am Samstag morgen in
dem Schnellzug Berlin—Köln Nr. 38 ^

einen grohen Eeldtransport der Reichsbank i» Höhe vo«
dreizehn Milliarden Papiermark

und die dazu gchörigen Druckplatten auf dem Bahnhof Hengstei. Jn
Bochum yaocn die feinülichen Eewalthaber mit dem unerhörten
Blutbad vom Doünerstag noch nicht genug gehabt. Sie muhten auch
noch an den Behölden ihr Miltchen kühlen. Dazu wurde am Freitag
abend unter AuswenLung von 10 Tanks und 2 Lastkraftwagen die
Stadtverordneten - Versammlung aufgehoben.
Festgenommen wurden Ler Oberbürgermeister, vier besoldete Stadt-
räte und 18 Stadtverordnete. Bei den Stadtverordnsten handelt es
sich nur um solche, die nicht Vertreter der Arbeitnehmer sind. Ein
Offizier trat an jeden der anwesenden Herren mit der An-rage hsr-
an, ob sie fich verpflichteten, alles das zu liefern, was die Franzosen
durch Nequisitionsn nicht erreichen könnten. Dis Eewerlschasten be-
raten augenblicklich über einen etwaigen Eeneralstreik. der am
24. Februar mittags beginnen soll.

Zn den Stratzen wurden noch weiiere 000 Perfonen verhaftet.
Die beiden noch erfcheinenden Zeitungen, das sozialdemokratifcye
Organ und Las Zentrumsblatt, wurden unter schärfste Kon-
troIle gestellt. 15 Fortbildungsschüler, die verhaftet worden waren,
wurden stündlichmit der Reitpeitsche geschlagen. —
Ter ausgewiesene Bürgermeister von Recklinghausen sprach in
Berlin über die unerhörte

Schreckensherrschaft des Eenerals Laignelot

in Recklinghausen. Der Eeneral habe in der sranzösischen Preffe von
einem angeblichen Attentat auf ihn berichtet. Er selbst habe
einen Maun verhaftet, der einen Revotver bei sich geführt habe und
bei dessen Verhör sich herausgestellt habe, datz er in Verbindung mit
der Orgesch stand. Auch seien Verwundungen französischer Soldaten
durch die Bevötkerung entstanden. Wenn man diese Lügen einer
Untersuchung unterzieht, stellen sich folgende Tatsachen heraus: Die
Verwunounaen feindlicher Soldaten sind infolqe des konzentrierten
Vorgehens oer Franzosen auf Recklinghausen entstanden, wobei jie
sich insolge der geringen Entsernung selbst geaenseitig be-
schossen. llnter dem Vorwurf, ein Ättentat auf Laignelot verübt
zu haben, wurde ein Eemüsehändler verhastet, der sich beim
Einrücken det: Franzosen aus einem Nestaurant nach Hause drücken
wollte. Er lies aber zusällig dem Eeneral selbst in die Quere, del:
ihn von seinen Soldaten verhasten und mitzhandeln lietz. Es
ist ein älterer Herr, Vater von acht Kindern. Weiter lieh man ohne
jcden Erund einen 17jährigen Lehrling sestnehmen, bei dem man
Auswe.se des Wandervogels, des Deutschnationalen
Handlungsgehilfenverbandes und der Technischen
NothiIfe sand, die man natürlich als reaktionüre Organisationen
auslegte. Er wurde vor ein Eericht gesteut und mit schweren Strafen
bedroht, wenn er nicht die Leiter dieser Organisationen angäbe. Er
wurde mitzhandelt und in Haft Lelmlten.

Jn dem Banlhaus Natban L Co. in Effen wurde e'n frecher
Naub ausgeführt. Zwei Zivilisien, ron denen dcr e n: französijch,
der andere französisch und dcu.sch sprach, erk.ärtcn dcn 77jiihrigen
Inhaber für verhaftet, weil er angel-lich der Schupo Vorsch sse gr-
geben havs und zwangen ihn> die Bücher rorzulegen und den
Schrank zu Lffnen. Die Banditen raubten dis gesamtcn
Valuten und mehrere Millionen deutsches Eeld.

Geradezu schamlos ist die Behan'/lung, die s'ch die deutschen Ne-
gierungsbeamtcn im eigenen Lande von den Eewaitia ern bieten
lassen müssen. Ueber die V e r h a f t u n g Les Regierungs räiidemen
von Münster, Dr. Hatzlinde. berichtet der „Bcrl. Lokalanz.", datz
dcr Neglcrungspräsident auf einer Neiss durch da; Einbrichsgebiet
auf der Patzkontrolle in Sinsen fsstgehalten und nach eincr Ver-
nehmung für verhaftet erklärt wurde. Der Reg erungspräsidcnt wurde
mehrere Stunden in einer abgelepenen bel--ischen Bahuhosswrche
trotz seinss Protests festgehallen. Erst ,'n den Nachmittazsst.:nd.n ge-
lang es, seine Freilassung zu erwirken. Vorher wurde ihni erkliirt,
datz er leim WisderketreteN des E nbruchsgebietes sosort kricgs-
gcrichtlich abgeurteilt werden w'rde.

W-e Raub und Plünderung systemaüsch von den Franzosen ke-
trieben werden, zsigt iolgendcr Vor'all: Jn - as Gebände dcr Han-
delskammer in Bochum drang e n französisches Militüra ifgebot.
Alle Schrönke wurd-cn aufgebrocken, die Akten keransnerffscii :-nd
Wertsachen mitgenoinmen. Die Räume w irdcn vollst 'nd'g
demoliert, Vorhänpe und Eard'nm hera g-ri>sen. Tepp che zsr-
schnitten und gestohlen, Oslgemäl^e zerf.tzt, Le^ersessel aus dcn
Privatwohnung'en des Syndikus Dr. Jakobshagen und des
Rechtsamvalts Schüler eniwendet. Der Kcller des Syndilu-- wurde
vollständig geplündert. Tas geraubte Mater al an M betn,
Teppichen, Sesseln, Lebsnsmitteln usw. wurds auf zahlreiche Wagen
verpackt und fortgeführt. Die städtischen Veiriebe hielten heute ganz
geschlosscn. Die Eewertschaften haben von 12 bis 5 llhr einen Protest-
streik angesagt.

Die Terroriiierung dcr Devölkerung nimmt setzt auch im alt-
besetzten Eebiet immer schärsere Formen an. Im Znsammenhanqe
mit dem Widerstand der Eisenkahner gegen die französische Desetzung
der Stellwcrke in den Bahnhäfen-und mit der von den Franzosen
besolgten Aushungsrungspokitik den Eisenkahnern gcgenllber iind

bei einer Lohnzahlung, die in einem öfsentlichen Lokal statt-

sand, von dcr Vesatznngsbehörde 3 Mikionen Mark bares Eeld

sowie cin Bankkonto von 81 Millioncn bcschlagnahmt

worden unter der Begründung, datz es sich um „Streikgelder" handle
Der Direktor der Discontogesellschait wurde, da er die Auszghlung
dcs Eeldes verweigerte, zu 25 Tagen G e f ä n g n i s'verurteilt.
Eelegentlich der bereits gemeldeten Verhaftung des Postdirekiors
Küngelhöfer wurde das Postamt versghlossen und oon
Militär besetzt. Ein Anschlag besagt, datz die Postsperr'e

aufgehoben werde, wenn die Führer sich Lereit erklar«
ten, den Vefehlen des französischen Eenerals zu
gekorchen: nuch das Telcgraphenamt ist gesxerrt. Es ruht also
jcdcr Verkehr und in ihrer Vcrlogenheit erklären die Franzosen, datz
an den Fernsprcchleitungen nach auswärts Sabotageakte verübt
worden seien. Demzufolge hat Herr Degoutte den Belago«
rungszustand oerhängt. Eleichzeitig^ verkünden, lange Besehle
und „Dekannimachungcn" den Schutz der französischen
Republik iür Deutschlands Verräter. Jst Herr
Degoutte und sein Stab so töricht oder so schlecht unterrichtet, datz
er die Stimmung der Bevölkerung und der von ihm geknebelten
Beamten nicht kennen sollte? Es wird unter gar keinen Umstän-
den nachgegeben werden, c-s wird abcr auch verlangt, Latz vom
Ncich und von Ldr Regierung in Darmstadt nicht nur für die aus»
gewiescnen Beamten, jondern auch siir dw freien Vcruse Sorge
gciragen werde. Die Presse i st mundtot gemacht. Es
regnct Zeitungsverboie, so datz es natürlich nicht möglich ist, einen
Einblick in die gegenwärtige politische Lage zu tun. Die Lebens-
mittelversorgung erscheint gesichert. Die R o h st off v e r s o r -
gung der Fabriken lätzt natürlich etwas zu wünsihen übrig. doch
sink ÄrLeiter wie Unternohmer entschloffen. alle nötigen Opser zu
bringen. Andererseits steht fest, datz die Lebensmittelver»
sorgnng der sranzöjischen BevöIkerung, sowsit sie aus.
cigenen Vorräten geteckt werdcn soli, mangclhaft ist, datz die fra n-'
zösischen Eisenbahncr nnzusrieden sind, da sie nach
ihrer WeigeruNg. in Kasernen zu wohnen, sich jetzt selbst verpslegen
müffen und zu diesem Zweck einen Monatsgehalt von nur 2000 Fr.
ausbezahlt bekommen haden, datz die sranzösischen Trup-
pen seit zwei Dekaden auf halben Sold gesetzt sind,
sreilich nur die Truppen, nicht die Herrcn Offiziere, die nach wie
vor ihre vollen Löhne beziehen.

Der Sinn der Iranzösischen Politik ist. die Beoölkcruiig dcr alt»

Vesetzten Eebiete mit Eewalt in einen AusrNhr zu treibcn,

um idann den Entente-Freunden sagen zu können. „Seht ihr, wir
müssen Ordnung schaffen." Die Bevölkerung wird jich aber nicht
zum Aufruhr treiben lassen. und in diescr Hlnsicht ist es interessant
zu sehen, mit welchen unbeweglichen Mienen die Bevölkerung die
krampfhasten Veröffentlichungen des Herrn Degoutte auf der
Stratze zur Kenntnis nimmt.

Berechtigte Empörung herrscht zurzeit in der Stadt O'fenbarg
Lber folgenden unerhörten Eewaliakt e nes französisken O fizi;rs.
Der Ädjutant Vergeade, der in einem Privatqvar ier cinquar-
tiert ist, vermitzte dieser Tage seinen Kompatz. Er eriuhr zu ällig,
datz während seiner Abwesenheit ein Arbeiter in seinem Zimmer ge-
arbeitet hatte. Er begab sich Larauf alskald auf die Arbeitsstelle
dcs Monnes. Er erklärte ihn fllr verhaftet und führte ihn >n
sein Zimmer. Dort stellte er ihn in eine Ecke, hielt
ihm den Revolver vor die Brust und beschuloigte
ihn des Diebstahls. Er verlangte oie sofortige Herau-gabe
des Kompaffes. Äls dcr Mann erklärte, er habe den Kompatz n.cht
gestohlen, lieh er ihn fast eine Stunde in der Ecke stehen.
Darauf schickte cr ihn fort mit der Weisung, er habe in einer halbsn
Stunde den Komxatz zu bringen, widr qensalls er durH französtsche
Eendarmerie abgeholt und vor ein Kriegsper cht gesiellt mer en
wiirde. Am anderen Tage stellte tzch aber heraus durch dic Lrmitt-
lungen der städtischen Polizei, dah ein 12 Fahre ait:r Jvn e cen
Diebsiahl begangen hat, der zufällig in das Zunmsr gekommen war.
Der Oberbürgermeister hat wegen des Vorfalls schärfsten Pro-
test beim Truppenkommando emgeiezt, d'e Vestraf mg des Tüters
und cine cntsprechcnde Eenugtuung für den vergewa.tigten Arbeiter
verlangt.

Zn welch widerwärtig verhetzender Manier dis sranzösische»

Etndringlinge versuchen, die Beoölkcrung gegcneinander auszu«
spielcn, geht aus solgendem Flugblatt hervor,

das uns soelen aus den Redaktionstisch flatteri:

' Eisentahner, Schieber, Schwerindustrie!

A-uf Wunsch der Schieber und der Schwerindustrie hat die Ver-
liner Regierung den Eisentahnern einen Streikbefehl er-
teilt. Dieser Streik legt den Arbeitern und allen arbeitenden
Klassen die schwersten Entbehrungen aus. Die Lobensmittel wer-
den lnapper. Die Preisc stcigen. Die Sireikenden sind auf Liess
Weise unbewutzt die Lchrittmacher der Schiebcr. deren
schdndliche Spekulationen stc begllnsti'gen. Die Franzosen
lassen Militärzüge vcrkehren und die verbreche»
rischen Sabotageakte könncn sie nicht hindern,
sich nach Wunsch mit Lcbensmitteln zu versehen.
sDas scheint nach allem, was man hört, doch anders zu sein!
D. Re-d.) Dagegen sind die in Raserei verübten Sabo-
tageakte, die planmätzige Zerstörung des wunderbaren rheini-
schcn EisenLahnnetzes, wobei während des Streiks das ganze reiibr
Mater al unbrauchbar gcmacht wird, alles Tatsachen, welche den
Wünschen der Schwerindustrie enisprcchen. Die Schwer-
industrie wird grotze Eewinns einstecken, wenn sie das Mate»
rial wiederherzustellen haben wird, dessen Zsrstörung sie billig zu
stebcn kam- Wohcr wird dafür all das Eeld geholt werdcn? Aus
Lcn Ta'chen der Arbeiter. Wohin wird dieses Eeld wandern? Ins
Ausland, wo die Ruhrbarone dcn Erirag der ArLeit ihrer Arbeiier
hinterlegcn. Nehmt Euch in acht! Die Dunkelmänner des Jahres
1914 sind wieder am Werk.

Man Lraucht wohl kaum hinzuzufügen, datz unsere Arbsiter
politisch gcnug geschult sind, um aus solchen Leim nicht
h e re i n z u fa l l e n.

All diese Ausgeburten einer verzweifelten Wut stehen zu der
dadurch gen achten Beute allerdings in einem lächerl chcn Verhält-
n s. Laut Blättermeldungen haben die Franzosen gestern Lei cinem
Vorstotz von Oberhausen aus 54 Wagen Kohlen, vier Wagen
Koks, einen Wagen Brikeits, einen Wagen Tors. mehrere Wagen
Holz, Breiter, Ründeisen und Cchiencn sowie zwei Keffelwagen er-
beutet. Französische Jnsanteri« und Kavallerieabteilungcn» die Lie
 
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