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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

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Nr. 90 - 118 (1. April 1923 - 30. April 1923)
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https://doi.org/10.11588/diglit.15611#0697

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Msmg - M. iiz

—--

«>>terbai«„ ^ doft- crlcheint wSchentl Itrbenmal. Bei a'cn: DidaSkalia lSonnb! —

-2^'riano»?'« IMontagri - LlteraturSlatt —Hochschulbeilage «monatlich>.
^ nhnk Verantworiung. RÜSIendun» nur, wenn Porto beilieat.

Hekdelberger Zektung

(Gegründet 1853)

und

Kandelsblatt

Mltwoch, den 25. A»r!> 1S2Z

MünchnerVertretung München. »eoraenstr. t»7. FerMv^Sls«?

r-v

»ii.

'»idch.^Mgstzreis der.Bad.Post' Mk 4M0 - lausschl- Zustell«ebül>rl. Selüstabhol.Mk. Zgo».-. AuSland Mk. MM.-
«».'^ nur bi, ,umS..ied.Ml- angenommrn. Am 1 «.S. noch gelief.Zeitunaen sind nach d. Einz-loerranf-prei, ,ube-
">^b.Ein,ein„n,merMI. 170.-. Jsid>eZeitung -m Erscheinen verhtndert.brsteht ketn Anspruch aufEntlchädignna


Frankfvrt a. M. S1«1«

Voktscheck.»a«t0! Sranksurt a. M. »141»

Anzelgenvreise: diellmm breite Nonpareillsietle kostet:lokaleStelleugesucheMk.8st.-, kl.<SelegenhcitsanzeigenMk lvü
Familienanzelgen Mk 8».—. GeschLstranzeigen MI.17S.—.Finanz- und Jnduftrieanzetgen Mk. SSst.-.mit Platzvorschrtft und
Montag-ML l».- mehr. Die k>8 mm breite Reklamc'.ei'e kostet Mk.Slill.—, Nnzetren «nd Reklam'en von aus värtr SS"/« HSHer

Das Wige Demenü.

^Eesse sucht tze» Eiudruck der Bereitschast abzuschwLchen.

> Lsx London, 21. April.

srÄryph5^E Lnierrichtete diplomaiische MitarLeiter des ,Daily
vonkeine Rolle sei im gegenwärtigen Angenhlick -nt-
!e>n Eedanlen Lord Lurzons a!s die eines Vermitt-

^iede Maklers, wie dies fälschlichcrweise in Berlin aus
»,?»> ei» .^^nusgelesen werde. Curzon haLe Deutschland einge-
tzjj.pleu ^^i.^ichtiges AngeLoi an die Alli^ert^n
> ^>e -. .

ji,'^Unttz. . "lcht nn oder durch Grotzbritannien. Lord Lurzon
!chKhen. !. °en augenblicklicheü llmständen nicht Lereit sein. weiter
'er Ouiiq " haLs in seiner Rsde keine Summe für die Eesamtent-
R^teilu^eregt, und es verlaute, Latz dis Lritiscbs Regierung Lei

Ratschlägen an Berlin üLer die Ratsamkeit eines
Di° ^?>»k>ebotes niemals irgcndeins feste Summe genannt
<g.,7^uischen könnten ehrlich der Anstcht sein, datz ',0 Mil-
- Si° über die Zahli'nnsfähi-'keit dss Rsiches hinaus-

>>!Lt ^tche ^'">bnn sich jedoch durch bomLastische Erklärungen, dasi sie
Ä"Me nicht zahlen könnten oder nicht zahlen wllrden,
>L!°Uni, ^>» hätten von ihrer Bereitschaft gesprochcn, die Ent-
">tu? diner befugten Autorität in diefer Hin-
Men. Da dem so sei, sollten sie sich damit be-
^»p,K?kchen N ^">tschaft Ausdruck zu geben, anch der Entsiheidung

-e-'abe des
„Daily Tccle-

»»isiüe übost Autorität zu fügen, sslbst wenn diese Entscheidung ihre
^»e soil?^ Unfähigkeit Deutschlands, 80 Milliärd.en zu uhleu,
» rzöger Wovor sich Deutschland vor allsm bütsn müsse, sei
t»r>s>'»en s ^""8 >u der Unterbreitung des Angebotss.

Sr^Heg ^teresianten Kommentar zu der vh'.' -n
kTje. bilh«?»bpunktes durch den Berichtcrstatter des

>>»ri>! Sew.ss.E ^^hulten habe, wiedergibt. Der Bsrichterstc.tter

' De,,L5Ngesehen

in der Rede Cürzons würden in Paris als
"no DeHr^nngeseben und könnten zn unglücklichen Ergebnisien
> hj »Us di» költne daraus den Schluß ziehen, datz es jetzt
»otm-^.nknbung Lurzons hin ein Angebot abjenden könne
b>e ^"o'äcrweise ein präzises Angebot, denn nur ein Ver-
Mft -si»>ume zu zahlen, die von irgendeiner internationrlen
?»ffe ^Ngebn? >uöglich erachtet werd«, scherne angeregt zu werven.

wsirde, wie man aus der'Rede Curzons entnehmen
NvWeht >>*« ^brikannien unterstützt werden müsien,
^»v^ÜUft'in bie britische Regserüng, die dazu geraten habe, es
tz^iee »»s b»kte. Man komme daher zu einer Einsetzung Grosi-

!.>r»e'«>as jt,geve yervor, vag, wenn ^eulimiano eiwas vor-
!«»eh den englischen Augen nicht als vsrächtlich angefehen

M »>^>Nflue"?pN!en gezwungen würde, Pariei zu ergreifen und
de ' den Franzosen geltend zu machen. um Len deut-

>,.»> i »s Lsd-..-^ Verbandlunasgrundlage zur Annahme zu bringen.
»»ttz't e n baßDeutschlandnurBonarLaws'Plan
h>f°lst,8en^ ^anuar anzunehmen Lrauche, deneszu
Rir »i ^.»»sten abändern und Frankreich unterbreitcn könne.
ay» diesen Plan im Ianuar verworfen und
dez -tzbdute verwerfsn. Es würde absurd 'ein, nach der
^ebiets auf diefen Plan zurLSzugreifrn.

M ^eo?,»vs>e m^^atter der „Times" misit obiger franwüscber Er-
Wikipst ^iterg ^ - "tung bei und folgert daraus, dast dis Rolle cines
V» s-, Ratl,s,?'^t leichter sei, denn sogar der einfachste und ver-
ti?» tz> ,k>e>n « ^.könne schief angesehen werden. Von frcinzüstfcher
>4eu>»b sr^t'chterstatter zum Ausdruck gebracht wörden, daß
» tz tzl^'tandon eine weitere Darlegung der bri«

?»I^s

^ v ^koniMo» ^anöver. Man kündigt mit groher Emphass sekn
^h»d° »ie um dann im gegebenen Moment zurückznzielien

»l!?»t E ist . bringend erwünschte Initiative zuzuschieben. Die
»ketz ^rei^Usterade zu bekannt als dah wir diesmal w'eaer
' "en sollten. Für das, was wir im einzelnen darübcr
wir auf unseren heutigen Leitartikel verwosien.

öchrechungen der Reichsreglttung.

^hsti^it d-'.^?»>1- Die angekündigie Sitzung des Neichskablnetts,
!»s> D^folli- bie Rede Lord Lurzons geschaffenen Lage
Red« A hat den Blättern zufolge noch nicht stattgefun-
»>!»>-», ?2.en a« >m Laufe des gestrigen Tages nur in Resiort-
di- äi.uhrlich behandelt. Die Blätter wallen
' d«r ^'khsregierung die Rede des englischen Ausien-
M g ö-*"> beantworten werde, dah sie an säm t l i che
, l^^k e deg Versailler Vertrags eine Note
o»r ste ihren Standpunkt präzisieren werde.


k i 'w E Funktionären der Sozialdemokraten

s»d?»» > sch-^^'chstaasabgeordnejer Hermann Müller über

ÄW»Lo ?? Zabs,,?.5 »- Er sagte, es gebe keinen Erund. die Auf-
I °!r^°N !v>» Psc^.^splanes hinauszuzögern. Die deutsche Regie-
5 Plan aufzustellen. In der sozialdemo-

K»>,^t, d, t>oa tz„H?ktion sei volle Einmütigkeit varhandcn, dah
istzigen Reaieruna ausaeben müiie. Es wäre

ge-
o zu

zu ri-n-"^"">uorge tue. Sie sei aber auch bcrelt, die
» yen, wenn sie sich weigere, das Noiwendige

»^'.°d°g^


»^ devisenverordiiung.

^Ä^'^is^.en"im'--^er Meldung Berliner Blätter si
übsr die yr'^l-nanzm'nisterium mit Sachverständig

"»en ' die Anzeigepflicht für Devlsenve,
" soll-?'^ "on seiten der Bankvertreter segeb-nen A
>m Re,chswirt!chastsminister!»m gepruft wero>

Die Veröffentlichung der angekündigten Devisenverotdnung soll noch
im Laufe dieser Moche zu erwarten sein. Die Verordnung werde
durch Ausführungsbestimmungen ergänzt werden.

Ein deuischer Aeparationsplan?

Bermutunge» Lber eiu etwaigcs Augebot der deutschen Rcgierung.

Von unferem U - K o r r e s p o n d e n t en.

Paris, 21. Aprkl.

Die „Ceniral News" läßt stch aus Verlin melden, daß mit
der Vorlage cines deutschen Reparationsangebots
bereits für die nächste Zeit gerechnet werden müsse. Der Berliner
Karrespondent des „Matin" sieht drci verschiedene Aktionen voraus:
1. eins Erklärung des Konzlers und des Außenministers vor dem
Reichstaa, 2. die Veröffentllchung eines offiziellen Lommuniquäs
durch Wolff, 3. eine Kcllektivnole an alle Ententemächte.
Man fehe in Berliner politischen Kreisen aber auch die Moglichkeit
voraus, daß Deutschland nur auf die Obertzausrede Lord Curzons
eine Antwort erteile und Laß es keinen neuen Reparationsplan vor-
legen werde, sondern nur das Bergmannsche Angebot
erneuere. Deutschland werde fordern, daß dies als Erundlage für
die Erörterung diensn solle. Was die Sicherheitsfrage anbelangt,
so halte die Reichsregierung den Standpunkt aufrecht, daß das
Reichsgebiet und dte, Souveränität des Reiches völlig
unangetastet bleibcn müßten. Ein Earantievertrag würde
aber vorgeschlagen werden, wie ihn Reichskanzler Luno bereits vor
einiger Zeit angeregt haoe, bezüglich deffen Dauer über die Lamalige
Zeit hinausgegangen werden könne. Die Höhe der damaligen deut-
schen Reparationssumme könnte einer Erörterung unterzogen werden.
Die von Vergmann beantragten 30 Milliarden könnten eine Steige-
rung erfahren, doch wolle man es im Augenblick vermeiden, eine
höhere Ziffer zu nennen. Die Anregung Lord Curzons, anstelle
einer iniernationalen Vankenkonferenz, die die Leistungsfähigkeit
Deutschlands festsetzen solle, eine andere Kommisston aus Alliierten
treten zu laffen, werde in Deutschland nicht unbedingt Lekämpft. (?)
Man sei sich nicht recht klar darüber, was Lord Curzon mit den
Autoritäten der Entente meinte, die die Leistungsfähigkeit Deutsch-
lands feststellen sollten; man suche in diesem Ausdruck entweder
eine Anspielung aus die Reparationskommission oder eine Wieder-
holung der Bonar Lawschen Vorschläge zur Pariser Konferenz,
wonach eine Sachverstündigenkonferenz unter dem Vorfltz des deut-
schen Neichsfinanzministers Lie Frage der Leistungsfähigleit Deutsch-
lands prllfen solle. — Der Jnhalt dieser Meldung wird durch ein
Havastelegramm bestätigt, worin es heißt, daß das Reparations-
angebot Deutschlands innerhalb 48 Stunden zu erwarten fei.

Ser enWeidungSschwere Ssten.

Vedeutungsvolle Umstellung Frankreichs iu der Orientpolitik.

London, 23. April.

Die „Pall Mall and Elobe" veröffentlicht in fensationeller Form
unter der Ueberschrift „Geht Franlreich auf Krieg aus?" einen Auf-
satz ihres diplomatischen Miiarbeiters, in 2em es zu der heutigen
Wiedereröfsnung der Lausanner Konferenz heitzt: Durch die Aende-
runc, der Haltünq Frankreichs sei politisch eine neue Lane ge-
schaffcn. Wenn Angora mit Bezug auf das iranzösische Mandat
in Syrien und in den französischen Konzessionen nichtnachgeben
sollte, so wäre es nicht überraschend. wenn die Eriechen Ost -
thrazien unter der Aegide Frankreichs nach einem von franzö-
stschen Strategen entworfenen Feldzugsplan wieder besetzen
würden. Der Berichterstatter fragt, ob stch Frankrsich aus einen
Krieg mit der Türkei vorbereite und ob die französtsche
Diplomatie dabei sei, sich die Allianz gewiffer anderer Mächte zu
sichern. Er weist darauf hin, daß der zum französischen Ober-
kommiffar und Oberbefehlshaber in Syrien ernannte Eeneral
Weygand die rechtc Hand des Marfchalls Foch ist. Wenn in
einem so kritifchen Augenblick in derRuhrfrage die französische
Negiernng es für ratsam, sogar für nötig gehalten habe, Weygand
in Westeuropa zu entbehren, sei das ein klares Zeichen von
militärischen Schwierigkeiten und Eefahren, denen stch Frankreich
an der syrischen Erenz'e gsgenübergestellt sehe. Die sranzösische Lage
an der syrischen Grenzs sei, wie zugegeben werde, ernst und tat-
tächlich verzweifelt. Bedeutende türkische Truppenzusammen-
^tehungen wllrden gemeldet. die eine Bedrohuna an den Tore«
Alerandrettes bedeuteten. Mustafa Kemal habe selbst eine
Andeutung wegen der baldioen Rückerstattung dieser Stadt an die
Türkei gemacht. Die französischsn Trupven seien schwach und be-
ständen zu einem sehr Leiröchtlichen Teil aus Farbigen.

Der Berichtersiatter weist Larauf hin, »aß während sich Eeneral
Weygand nach Syrien begebe, Marschall Foch im Begriff sei, nach
Prag und Warfchan zu reifen nnd werde istzt darauf hin-
gedeutet, daß Fochs Neise sich weiter erstrecken weroe, nämlich nach
Bukarest und Belgrad, wo die Lestehendcn mil>>8' en Ban^e mit
Frankrefch gesiäickt werdcn sollcn g°een irc-en»e''" der aemein-
samen Eefabren, ss» es von Deutschland oder RSterußland
oder der lemalistischsn Türkei.

Der Berichterstatter weist autzcrdem darauf hin, datz vor
mehreren Monaten Rumänien und Serbien dieErneue-
rung ihres Kriegsmatsrials beantraaten und dag ihnen
erklärt wurde, datz ihr-n Anforderungsn nur unter der strengen
Vedingung von Varzahlungen ' stattgeaeben werden könnte.
Frankreich habe seither ihre Wiederausstattung über-
nommen und eine Kred'tqrundlage. dieso edelmütig sei,
wie die vorher dem Heere Musta^a Kema^s gewährten. Außerdem
seien die Serben durch dis Franzofrn ermächtigt ward-n, dsn wach-
fenden Streitkräften der Eriecken in Ostthrazien Waffen abzu-
treten, die sie aeaen neuere fran'ösishe Maffen ausiauschen
könnten. Eins voMändi'gers und bedeutfamere Frontänderung
kaffe stch nicht vorstellen als die Frantreichs gegenüber der Türkei,
Bulaarien und selbst Eriechenlands. Vor 14 Taqen ssi der Außen-
minister des augenblialichen griechischen revolutfonären Kabinetts,
deffsn Anerkennung LordCurzon ablehnte, sehr hsrzlich von
Poincarö begrüßt worden. Die nenen Organ'sationm des
gricchischen Heeres würdcn durch die offiziösen Publizisten des
'Quai d'Orsay gelobt und ermutigt.

Vor kommenden Dingen.

Die politische Situation ist in ein bedeutungsvolleg Etadium
getreten. Den äutzeren Anstoß gab die Rede, die Lord Curzoa
am vergangenen Freitag im englischen Okerhaus hielt und in der

»nz ... .

Englands bisher.„» —..., ... ....

Martens gewesen war auf den Zeitpunkt. der die Völker sür Verein«
karungen schließlich doch einmal reif machen müffe. Er wies darauf
hin, wie brüsk von Frankreich bisher jede Dermittlungsaktion al»
ein franzosenfe'ndlicher Akt zurückgewiesen worden sei und suchte di«
bisherige Zurückhaltung der englischen Politik durch den Himveis
auf die notwendig« Aufrechterhaltung der Entente schmackhaft zn
machen. Allerdings hätten ja die freundschaftlickien Eefühlx, dte
man jenseits des Kanals für Frankreich hege, die Meinungsverschie-
denheit bezüglich Les Ruhrabenteuers nicht hindern könnsn, und da»
anfängliche Zusammengehen mit den französischen Waffengefährten
sei dieserhalb schließlich zu einer „Haltung wachsamer Neutralität"
herabgedämpft worden. indeffen habe das ja im Erunde keine Ab-
trünnigkeit Ledeutet, um so weniger, da „man Deutschland niemals
di« geringste Ermutigung gegeben habe, seinen VerLindlichkeiten
auszuweichen und es auch 'jetzt nicht tun werde". Aber die Zeit
sei doch nunmehr herangekommen, wo die Tcndenz zu einer ..Eini-
gung" zwischen Deutschland und Frankreich sich zu zeigen schiene.
„Jch glaube," sagte Eurzon, „ich habe auf beiden Seiten Symvtom«,
wenn auch nicht fiir ein Zusammenkommen, so doch fiir ein« Bereit-
schaft die Dedingungen einer zukünftigen Regelung in Erwägung
zu ziehen, oder zu Besprechungen, wahrgenommen. Wir werden
weiterhin unser Bestes tun. um die Entwickelung dieser Symptome
zu crmutigen. Jch bin voll der Hoffnung, daß die Zeit kommen
wird, wo unser Einfluß und unsere Autorität, die ganz intakt
bleiben, mit Nutzen in der Richtung oingesetzt werden können, daß
ste Leide Hauptparteien zusammenbringen zu einer Vesprechung und
zur Entwickelung eines Planes. der nicht auf «ine gegenwärtige
Löfung abzielt, aber auf die Behandlung eines Problems. das ein
Weltvroblem und ein Friedensproblem ist." Als Erundlage dieses
menschenfreundlichen Blanes und als für England einzig mögliche
Verhandlunzsbaüs stellte Lurzon den Vorschlag hin, den Bonar
Law auf der Parifer Ianuarkonferenz gemacht hat, ein Dorschlag,
der infofern unzweifelhaft — das muß offen zefagt werden — be-
grüßenswert war, als er an Reparationen nur „die Höchstfumm«
deffen verlangte. was die deutschen Fknanzen wirkllch ertraqen
könnten", eine Summe. deren Feststellung man der böheren Einstcht
eines internationalen Sachverständigengremiums zu Merlaffen hätte.

So weit die Ansfübrungen des enolischen Außenministers. Si«
sind in mancherlei Hinsicht sehr Lemerkenswert. Objektiv betrachtet
ist zunachst einmal d!e Linsicht zu begrüßen, mit der hier auf die
fragwürdiae Mittlerfchait des Völkerbundes Verzicht geleistet wird.
Dioses Institut bat durch seine durchans einseitioe Tät'gkeit. die es
Lis jetzt lediglich im Intereffe Frankreiibs bandeln ließ, bei uns
zum mindesten jeden, aber auch jeden Kredit eingebüßt, und wer
wi« wir den fchmerzvollen.Stachel fühlt, den man u'ns mit der Ent-
reißung Oberschkestens ins Fleisch aetrieben hat, der kann nicht
mehr an e-ne ebrl'ch gebandbabt« Objektivitat von dieser Seit«
alauben. In diesem Punkte also können wir Eurzon nur be'stimmen.
Aber in allem übrigen dürfen wir doch, so erfreulkch uns Anzeichen
wachsender Einstcht von der Eegenfeite her erfcheinen, und so gern
wir pamt sind, unsere Vereitfchaft, die ganz im Eegensatz zu den
anderen- — immer bestanden hat, von neuem vor aller Welt zn
dokumentieren, nicht ohne Kritik den Ausführungen des cng-
lischen Vußenministeis tegegnen. Ilnsere kritiklose Haltung, unsek
simpler Glauk«. unser unpolitisches Denken, das uns di« Ding«
immer s o hinnehmen ließ. wie ste gesagt wurden. bat uns schon
so ost gründl'ch hinein^allen laffen. daß e« nun endlich einmal an
der Zeit ist, etwas vorsichtiger zu sein. Man muß — das kst eine
Binsenwabrheit, die allein uns Dsutschen etwas Neues ist — in der
Volitik scharf unterscheiden. w:e d!e D'nge nach außen hin er«
sche ! nen und «:e sie in Wirkl'chkeit stvd. Und im Hinblick äuf
^a--. ketziere hat auch die Red« Lurzons unzweifelhaft ein anderes
Eesicht.

Nichts ist 'N der Oderhausred« bezeichnender als der ausdrück-
lich« und zunächst unmlLiviert erfcheinend« Hinweis darauf, daß .,die
Ziffern der E>n- und Ausfubr in England nach dem Einmarsch in
»as Nubrc>eb:et beträchtl'ch höber als in dem betreffenden Zeitraum
des Vorjahres" seien. Das soll oewiß nicht angeMeifelt werden
und ist vom rein wirtschaftlichen Eestchtspnnkt aus nur zu lei'cht ein-
rusehen. ALer an diefer Stelle gefagt, hat das Eanze emen be-
ionderen Akzent >,nd mill ,'m Erunde oenommev nur saqen: England,
das vornebm und rechtl'ch denkende. hat es nicht nötig zu handeln,
aber als „Freund der Unterdri'-ckten" oleicherweise w>« als „Wabrer
des Rechkes" fiihlt es die maralische Vervfl'chtung, bier cinzugreifen.
H-rr C"rzon müßte kein Enaländer sein wenn es nicht so
wäre. Aber wer das kennt. weiß. was das in Wahrheit zu bedeuten
hat. Das moralischs Patbos wird vorgeschoben. um di« treibenden
rolit'schen Motive zu bemäntein. die den eigentlichen Grund der
so philanthropisch scheinenden Attitüde bilden. Wer die Eeschicht«
kennt. weiß. daß Enaland nur dann handelt, wenn es selbst politisch
interesstert ist. Und das ist «s in Ler Tat auqenblicklich in zusehend
wachsendem Mab«. Eanz aboeseben von der kmmer dringlicher
werdenden Eesundung des internationalen Verkehrs. auf den es wie
kein anderes Laad der Erd« so anoewiessn ist. macht ihm die neu«
OreenUon'erenz und die damit verknüvfte Mimkichk«-t neuer Konllikte
begreifliche Sor"e. um fo mehr, als die Kanstellation im Osten
'mmer bedrohüchsre Formen ann'mmt. England muß stch hier
Freunde aus dem engeren Kontinent halten und die kann es sich
bei der auoenbl'ck>i'chen Lage der Diuge oüenbar nicht beffer er-
werben und verpflichten als dnrch e>ne Dermittll'ngsaktion. d!e
allen Teiken zugute kommt. Die britischen Eefuhle sind nicht
freundfchaktlich, nie frevndschaftlich gewesen. Wer d!s Derschieden-
heit der Dölker kennt, wer das Maffenverhältnis zwischen englischen
und sran-ösifchen Truppen einmal m!t eigenen Augen gcfehen hat.
der wird den wahren Wert dieser Phrafe richtig einzuschätzen
wiffen. England will nicht „aus Symrathie" für Frankreich die
Entente aufgeben. nein, es kann sie nicht aufgeben. weil es rein
militärisch Frankreich zu fürchten bat. Es ist nicht zuviel
gefagt. daß die Uebermacht der franMschcn Luftflotte heute im
Kricgsfalle den Untergang Londons Lesiegeln würde. Di« Sprache
der Pariser Blätter hat darüber ni« einen Zweifel gelaflen. Uber
 
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