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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

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Nr. 90 - 118 (1. April 1923 - 30. April 1923)
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https://doi.org/10.11588/diglit.15611#0549

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Sonnlag, den i. A»rll 1S2Z

se. Zah-gang - Ar. so

Ai- .BadlschePost- trschcint wöchentl stebenmat. Bei'a-'cn: D'daskalIa«Sonnt.>-
Unterhaltungsblattl^reitagrs - LiteraturbIott-So»s«»>beIIa.aelmon-t>lch>.
-""berlanate Beiträge ohne Derantworlung. Rülliendnna nur, wenn Porto beMegt.

Heidelberger Zsitung

(Gegründet 1858)

und

Handelsblatt

Hauptgeschäitsstelle u. Schriftleitg. Ler.Badischen Po»-Heidelberg,Sauvtstr. L3, Fernspr. I
Nr 182 lVerlaasort: Franlfurt a.M.i Berliner Vertretnng: Berlin 8tV 48, Zimmer-
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Araschinrngewehrr gegen bevlsche Achriier.

Vluttaten der Franzosen in Effen. — Sieben Tote und 20 Verwundete.

Von unserem O-Konespondenten.

Essen, S1. März.

Tssen versuchten heute morgen dte Franzssen, sich in den
Ith x Autohallcn zu setzen und die Automobile zu be.
üllt ° k, a h m e n. Sie fainen zu der Kruppschen Earage in der
Tircn ^°*Krahe. um dort die Wagen zu beschlaqnahmen. Durch
Hbsei, °?rufe wurde Lie Arbeitcrschast von diesem Eingrisf der Fran-
de, A" Kcnnlnis gcsetzt. Sie verlietz sofort die Werkstätten. Bor
kd^i^tcgarage wurden vier Maschinengewehre ausgestcllt. Nach
schl^rr Minutdn waren die Soldaten von der Arbeiterschast um-
»ikstt ^ie Soldaten versuchten auszubrschcn, was ihnen jedoch
Darauf feuerten sie blindlings in die
^ c. 7 x g t e u n d 2 8 V e r p u n d e t e s i n d z n b e k l a g e n.
SejtW.°°'ncn der Eetötcten und Vcrwundeten kcnnten noch nicht sest-
nras^k »"!rLsu. Daraus zogen die Franzosen ab. Ein von dcn
bcsetzt-r Luxuskraftwagen wmdc oon der errcgtcn
>»!ich° "»schaltcn und vollständig zerstört. Dic Jnsassen
" v-rprüg-lt.

b>° i „ ben Voisall erhalten wir noch fokgcnde Eiilzelheitcn: Nls
Ossiziere und Zngenicurs, somie die ste begleitende
Ärdeit "^teilung die Autcgaragen besetzt und die dort besindlichen
^e»d °°"rieben hattcn, ertönten die Alarmrusc der FaSriksirenen.
b°r - " von Arbeitern ftrömte» zusammen uyd stattten stch zwischen
brir. ^ptseuerwache und den Kruppschen Hauptuerwaltungsgebän-
bir denen die Autogaragen liegen. Als nach einer Stnnde

brr tz., ^lischen Ossiziere und Jngenieure sich entsrrnt hattcn, trat
-r "-dsent mit der Truppenabteilung in Fiihlung und erllärte,
»»Illir ° bie Näumung der von den Arbeitern belagerten Tore ver-
°r>Ii>rt ',°n:nit die Truppen abzichen lönnten. Es wurde ihm aber
p>«rtc»' nran die Ruckkchr ihrer Ofsiziere und Ingenieure ab-
^»ifz Unter dem unnnterbrochenen Heulen der Sirenen

.>»>>schen die Menge immer mehr an; selbst die Maucrn und
^°Sen.^»nge der Eebäude aus der Strahe waren dicht besetzt.
°!- Uhr schienen sich die Franzosen doch entschlossen zn haben,
s U »SnihaNe zu räumcn. Ein Mitglied des Betriebsrates
n u->n- Ansprache an die Mengc und ersnchte diese, die
u!^-n w » ben Fabrikausoang sreizugcbcn, da die Franzosen ab-
a be, o?Uten. Als dieser Aussorderung nicht glcich nachgekommen
dia^ bre Truppenabteilung mit M.a schincngcwehren
ichtgedrängtr Menge vor und fcucrte in sic
di^ Masfe stob panilartig a«scinander, wllbei vtels Arbei-

,!° Äiix^ kanien und dadurch Vcrletzungen erlitten. Nachdem so

be„ sreigeworden waren, zogen die französischcn Truppcn
vern ab. Die Nachricht von de« blutigen Zusammen-
^ ^ie n sich in dcr Stadt wie cin Laufseuer »nd rief übcr-

ahte Ausregung heroor.

^UNa"^!lenugr Mit diesen Worten schrie in .der letzten

tzf:!?earzg Iranzösischen Kammer die nalionalistische Meute
L°»srästi,°" soz'alistischen Redner nieder, der es wagte, dem
örivi^ahrb^t t-n unangenehme Wahrheiten zu sagcn. Die Sonne
-s >n Franlreich durchaus nicht an den Tag
die vn "" P»hr ""k> Rhein e'n Boik gemeucheIt wird,
Pfenniae, die es noch sein Eiaen nennt, nicht ber-
ö>e den Räubern gcrade gefällt, das nehmcn sie sich.

»k>e-^-Nge 'Nk Weg ist. wird in die Kerker qewor'en, die

»>assl°2 wjrd ' Dvier schon nicht mehr zu fassen vermöaen, oder
^»Nd u»d° blindlings hinein in die Masse der Unbe-

öna°k, b-r bas Land der roten Erde wird imwer mehr ein
Lvs^-Nr- i 'Utjgen Erde! Und das kann aeschrhen, diesss
i>ei>k^?°»her !-7-".^ vollziehen, weil die feigen Verbrecher ihrem
L-k M-it listtg die Waffen abaelockt hatten, und weil die

Ehrx V!chlus! ->n Eanzes ist, daß sich nirgends in der Welt

L°">eu^ -nipZ-^Nbiubilden vermag, den Schändern ihrer eigenen
^!ak?-lt »Eenug" zuzurufen. Es wird weiter gcraubt und

» ch „i"- nud wenn es nach Poincars geht, bis in alle

H-!tsis!'->»ais wjsien: es geht nicht nach Poincars! Es hat

k°»üe>, Eeschichte ein Svstem. das nur auf Eewalt

in 7Ü)'.bebaupten vermocht. Der Widerstand einis
Cchnn' ....'-stlich unbeiw iigbar. Es musi eine W'Ndung
Eck-Nub de--b!."t»°°° Eewalttäter als Poincarg haben ihr Enk?
ftch nu-^sar ^'Utb vertrauen wir und glauben wir weiter, dasi
- da--. Sache führen wird und dasi es das Schickjal

-Mch im Sinne der Eerechtigkeit und des

tiges „Ecnug" sprechen wird.

!^?°n.3l M Schmachurier'le.

i ^°teil geyen die Zechendircltorcn wm

>» d 0 ni» belaj' "L r"teil gcyen d,c Zechendircltorcn wm
e> w !,!,§"> u« n gefällt. Es erhtelten Dir

^ir°, "»o »7-'Ne Mjn°"ber Zeche „Nordstern" zwei Monate 6
^>"n b r echt°^^°L Eeldsirafe. dte Direktoren Tren
!l>tt 7^°Nat^ ° i b und K n" Eschwetler B-rawcrksvercin und r
. E-fün„ni°5 5° ° ^"„der Z^che.Karl Friedrich

^efcrnanic; ^^cye z<ari ^rleoriN)

""" —^ -

und des Wetchenstellers Lechner zu 20 bezw. 10 Iahren Zwangs-
arbeit ist Reviston eingeleat worden.

Sie Veschung Mnnheim- aurgedehnt.

Das alte Venzwerk stillgelegt.

Eigene Drahtmeldung.

Mannheim, 31. März.

Auf die Nachricht, datz dic Verlehrshindcrnisse im Rhein-Herne-
Kanal wieder bcseitigt seien, wurde von deutscher Seitc bctont, dah
nun der von den Franzoscn an den Haare» herbeigezogene „Erund"
zur Vesctzvng der Mannhcimer und Ka lsruher Hafcnanlagen und
des Bahuhoss von Darmstadt in Wcgfall gekommen sei. Als Ant-
wort darauf haben die Franzosen Samstag srüh die Umklam-
merung Mannheims ausgedehnt. Jn einer Stärle von
etwa drei Kompagnien zog Samstag srüh S Uhr sranze-
sische Jnsantcric mit Maschlnengewehren Lber die Neckar-
brücke in die Waldhosftratze zum alten Benzwerk,
dessen Eingänge mit einem Zuge Futztruppen besetzt wurden.
Ein anderer Tcil marschierte bis zur Humboldtstrahe, wo
cr Halt machte. Von dort aus rückte ein Zug um Uhr nach
dem Hesfischen Vahnhos vor, dcn er bcsetzte.

Die Franzosen haben dann in dcn rrstrn Bormittagsftunden in
dcr Humboldtschule Quartier für xtwa 208 Mann requiricrt und
das Evangclische Maiscnhaus mit ctwa Kü Mann belegt. Es dars
wohl vermutet werden, datz dcr neue Anschlag der Fran-
zoscn den Maschinen dcs Benzwerkes gilt. Jn dem
vom alten etwa 28 Minuten entserntcn neuen Benzwerk sind noch
keine Truppen crschiencn. ^

Ueber die Besetzung des alten Venzwerkes werden von dessen
Direktion solgendo Einzelheiten mitgetcilt: Samstag srüh
um K Uhr crschien eine Abteilung sranzösischer Znsanterie und zwar
die 7. Kompagnic eines marolkanischen Rcgiments vor dcr Fabril
und verlangte Einlatz. Die Truppen vesctzten das Werk um 6.13 Uhr
und zwar znnächst den Erotzmotorenbau. Jn den Verhandlungen
mit dcn Franzosen ergab sich, datz sie mutmatzen, cs würdcn in
dem Werk D i e s e l m 0 t 0 r en sür eine neue bcsonders sormidable
Art von Tauchbooten gebaut, wcshalb der Vetricb übcrwacht wer-
dcn müsse. Die Direktion machte dcn Eindringlingcn llar, datz solche
Maschinen längst nicht mehr gcbaut wcrden. Der Kommisfion. dic
die Wcrle ftets kontrolliert habe, sei wohl bekannt, datz die Motsren
nur während dcs Krieges angefcrtigt worden scicn. Die Franzosen
bcsahen sich nun eine grotze Schiffsmaschine sür Handelszwecke, die
die Fabrik fertig montiert hatte und lietzen dcn Ranm besonders
schars bcwachen. Die Direktion verständigte dcn Vetriebsrat, und
da der Erotzmotorenbau bcsetzt war und dic Leute aus dem Be-
triebe herausgewicscn wurden, verliehen die Arbeiter nm
8UhrdieFabrik. Zm Klcinmotorenbau, der dnrch die Licbig-
ftrahc vom Crotzmotorenbau getrennt ist, wurde schliehlich cin gröhe-
rcr Raum gegen Requisitionsschcin untcr Protcst der Wcrkslcitung
in Anspruch genommen. Darauf verlieh auch die Velcg-
schaft des Kleinmotorenbaus den Vetrieb. Die
Besatzung befteht aus eiacr Sektion von 38 bis 18 Mann. Nm Mon-
tag cdcr Dienstag soll eine Sondcrkommission zur Untcrsuchung der
Fabrik eintrcssen. Die Direktion dcr Vcnzwerke hat an die badische
Regierung eine Drahtung gerichtet, in dcr sie gcgen die erzwun -
gene Stillcgung des Werkes schärsstc« Cinspruch
crhcbt.

Deut-schlands Leidenszeit dauert nun fast acht Jahre. Den
schweren vierjährigen Krieg. in dem es nahezu allein fast der ganzen
Welt gegenüberstand, hat ein unglücklicher Fr ede Leendet, der es
politisch und wirtschaftlich in gleicher Wsise zu Poden schlug. War
auf das Ende folgte, hat uns auch seelisch noch'mehr zermllrbt, als
die schlimmsten Opser des Weltkrieges es getan hatlen. D:e letzten
10 Wochen aier haben dem deutschen Volk doch wohl das Schlimmste
zugemutet. Selbst wehrlos wurde es von einem waffenstarren-Len
Ecgner grundlos ükerfallen und seit dem ersten Tage des Einbruchs
werden die besetzten Eebiete in einer Weise bedrückt und ihre Be-
wohner m!t einer Vrutalität verfolgt, die ihresgleichen nicht in der
ganzen Weltgeschichte hat. E!n Wunder aber ist in diesen
W 0 chen geschehen: Das deutsche V 0 lk i st in dem i'h m
aufgezwungenen Kampfe einig geworden. Nach
außen hin gibt's heute fast keine Parieien mehr. Alles steht an
Ruhr und Rhein und Saar und auch im unbesetzten Deutschland
Schulter an Schulter, um die Heimaterde gegen Len Einbrecher zu
rerteidigen. Der Eeist der Auferstehung gehtwahr-
haftig durch die deutschen Lande. Aus dem, was Las
deutsche Nolk in diesen Wochen in zäher Abwehr erLubdet und
geleistet hat, schöpsen w:-r die feste Zuverstcht, datz auf die Zeit
schweren Leibens auch fllr uns die Morgenröcke froher
OstLrtage bald aufsteigen wird.

Verlin, Ostern 1023. Dr. Becker,

Reichswirtschaftsminister.

Sstern 1923!

Ostern 1023 kommt zu unserem dcutschen Volke mit der Frage
der Ungcwitzheit: wer wälzt uns den Stei'n von des Grabes Tür?
Ein Volksorganismus ist etwas anderes als der Organismus der
Natur. Wenn wir uns in diesen Frühlingstagen staunend und chr-
fürchtig erfreuen an der unerschöpflichen Lebenskraft der Natur,
wenn sprossendes Erün und blühende Blumen zeugen von einer natur-
haften Auferstehungskraft, so dars uns das nicht darüber hinweg-
täuschen, dasi solch naturhaftes, unvergängliches Eesamtleben den
Völkern nicht beschieden ist. Auch Völker können sterben ohne Auf-
erstehn; die Eeschichte weitz vom Untergang manches Volkes zp be-
richten. Nirgendwo ist verheitzen, dah dem deutschen Volke eine
naturhafte Ewigkeit zugänglich sei. Ewigkeit im Leben des Einzel-
nen wie dem der Völkcr bedeutet immer eine Aufgabs. Das sich fort-
setzende Leben musi von jedem Eeschlecht neu errungen werden. Tod
ist Schuld und nicht Schicksal allein,

Nun ist es kein Zweifel, datz das deutsche Volk in vielem ein
st e r b e n d e s Volk ist. Schicksal und Schuld! Eewih, des Feindes
Uebermacht ist es. die uns zwingt. am Rande des Erabes zu waw-
deln: lebendige, äutzerlich wie innsrlich ganz mit unz verbundene
Teile unsercs Volksorganismus hat man mit Zwang von uns abge-
trcnnt,- unsere Weltwirtschaft, die Seele unseres äutzeren Lebens hat
man zerstört, unsere Jnnenwirtschaft arbeitet nur mühsam unter det
alles zerflörenden Faust des Siegers an Nhein und Nuhr. Was je
einem Volk an Knechtschaft zugemutet wurde, mutet man uns zu.
Die Folgen liegen klar vor Augen: schneller und härter cüt der
Sicger Tod durch unser Volk hindurch; bang fragen w!r, nb das her-
anwachsende Eeschlecht Lberhäupt noch soviel Lebenslraft haben mird,
um den immer HLrter werdenden Kampf ums Dasein lämpfen zu
können. Ebenso erschütternd ist das Sterben auf geistigem Eebiete.
Wie lange noch und wir können auch die selbstverständlichsten Kultur-
aufgaben nicht mehr erfüllen,' wie grotz wird dann die Gefahr, oatz
unser Volk von innen her zerfällt, wenn das Band einir lebendigen
Geistesgemeinschaft nicht mehr geknüpft kann werden. W:r wollcn
unsere Augen vor der Wirklichkeit nicht verschlietzen: auf dem zer-
marterten Leibe unseres Volkslörpers steht für den tiefir sehenden
Blick, hundertfach geschricben dasMZort „Tod".

Jst der Weg zum Todefür uns unentrinnva'-es
Eeschick? W!r wollen nicht zu denen gehören, die von einer Aen-
derung der Weltgesinnung und Weltmeinunq eine plötzliche Auf-
erweckung erwarien. llnscr nahes Stcrben ist nicht nur Schicksal,
sondern auch unsere Schuld. Ein Ostern fllr unser Volk ist nur möa-
lich, wenn es wieder lernt, ernst, genau, achtsam auf die göttl'chen
Lebensgesstze eines Dolkes zu achten und danach zu handcln. Datz
weite Teile unseres Volkes vor diescn unumstötzlichen Eesetzen der
Wirklichkeit eines Volkslebcns ihre Augen verschlosssn haben und
ftatt dessen unwirklichen Jdealen nachstrebten, das war, das ist nnsere
tragische Schuld, die zu unserem völligen Niederoang führte. Welckies
ist dieses göttliche Eesetz für das Leben einds Volkes? Eines Volkes
Leben, das wie jedes Leben seine notwcndige, eigenartige Form hat,
kann nur Lestehen, wenn ein Volk alles tut und alles auf sich uin.mt
zur Erhaltung seines gesamten Lebens. Haben wir das g: an?
Waren wir uns dessen immer bewutzt, datz gewollte Wehrlostfksit
Verzicht auf Leben für ein Volk Ledeutet, datz Wehrlosigkeit (so schr
man sie auch jetzt als Stärke zu preisen versucht), auf die Dauer ein
völliges Aufgeben des Lebsns bedeutet? Dachten wir daran, datz
Verzicht auf Macht Unrecht sein kann —, nicht nur gegen das eine
Volk, sondern auch gegen die anderen? Jst es uns allsn jetzt be-
wutzt geworden, datz wir die Kräfte hes Satanischen, Hatz und Ver-
nichtungswille, dadurch vermehrt haben, datz wir anderen Völkcrn die
Möglichkeit gaben, über uns herzufallen? Das Eesetz des Lebens
fordert von einem Volke, datz es seinen Organismus (wie alles
Leben es tun mutz) auch nach auhen hin stark und kräftig erhält. Erst
wenn dieses Lebensgesetz, das noch mehr als ein Naturgeietz ist, allen
Deutschcn wieder sittliche Notwendigkeit wird, kann es ein Ostcrn für
unser Volk geben. Man versucht in unseren Tagen hier und da,
Eedankcn und Kräfte des Ehristentums für die Botschaft in An-
spruch zu nehmen, Patz unser Volk dazü berufen sei, die Macht der
Ohnmacht und die Kraft der Cchwachheit zu zeigcn und auf diessm
Wege eine ganz neue, bessere Weltordnung aufzubauen; ja, man
stellt es als Eottes Wille hin, datz unser Volk äutzerer Ohnmacht aus-
geliefert sei, Ein Blick auf die Folgen dieser Ohnmacht und Wehr-
losigkeit sollte vor untedachtem Urteil bewahren: ist durch sie der
Friede auf Erden gewachsen, ist durch sie das Reich Eottes aus Erd-n
seinem Ziel auf Erden nühergekommen? oder haben nicht alle Kräfte
des Satanischen, die in anderen Völkern ruhen, freien Spielraum
erhalten und können sich jetzt an uns austoben, ohne datz Macht ste
bändigt und unterdrückt? Eewitz ist es eine grohe Aufgabe sür unser
Volk, jetzt an Rhein und Ruhr zu zeigen, datz"auch d!e grötzte Hceres-
macht Len sittlichen Willen eines Volkes nicht beugen kann; abcr
crfolgreich wird dieser Kampf in seincm letzten Endziel nur dann,
wenn er uns eine solche Stärkung unserer Machtposition und solch
eine Freiheit in ihr bringt, datz wir dem llebel nnd dem Bösen
wehren können durch den Zwang einer sittlich bestimmten und nvt-
wendigen Macht. Es kann Sünde sein, ein Volk zur Schmachheit auf-
zurufen, es ist Eottes Wille, daß dcr Lebensorganismus eines Volkes
machtvoll und stark dastehe als Gefätz mit kostbarem Eehalt.

Aber ist das eine tröstcnde O st e r b 0 t s ch a f t für unfcr
Volk? Wir sind doch nun eimnal wehrlos der Willkür unscrer
Feinde anheimgegeben. Niemand wird zu den Waffen rnfen, wo
die Wehrlosigkeit der Waffenlosigkeit zu deutlich ist. Sollen wir viel«
leicht auf ein Wunder warten, das un'er Eeschick ündert'? Gott mirlt
durch unferen Willen und unsere Werke. Als deutfchcs Lolk
können wir Ostern 1923 nur dadurch feiern, datz wir allc Kräfte
des Lebens, die uns bleiben, aufrufen und mit lebendigem Jnhalt
erfüllen. Jch glaube an folche Lebenskräfte unferes Volkes: es icheint
wieder etwas zu werden wie eine Bolksgemeinschaftl es beginnt wie-
 
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