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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

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Nr. 31 - 58 (1. Februar 1923 - 28. Februar 1923)
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6«. ZMgang - Ar. ZS

Heidelberger Zertung

<8° >«°d

U?""Eng»> - »n,rrvlttt»ngsdlatt iFrettagrl - Lltr

——"langte Betlräg« ohne Berantworlung. Rücklendung nur, wenn Porto bci iegt.

IConn."^^' Dokt' erscheint wöchentlich siebenmai. Dei agen: DtvaSkalla

n„„"!"2s> — Nntrrhaltnngsblatt tFreitag,» — Lltrratiirblatt <mot,atiich>.

(Gegründet 1858)

und

Handelsblatt

Zreitag, s. Februar 1S2Z

HauvtgcschS'tsstelle u. S.tristl. der.Tadifchen Post>Hoide!bera.Sauntstr. Lg. Fcrnfvr.:
Nr 182. iBerlaasort: FranIfurta.M I Berliner Vertrctang: Derltn 8V48, Zimmer-
Itraße g, Fernkvr. gentr. <IS,Münchner Ve> tr München, Bsorgenstr, lt»7, Feintpr. SI887

«Ibbe^"r-Bez«gövreis der.Bad.Post' Ml. lSW - iausschl.Zustellgcbühr>. Selbstabhol.Mr.l880.-.
^ohlen »^Erd-nur dis zum2.jeb.Mis angcnomm n. Aml u.L.noch gelief.Zeitungenstnd nach d.Ein

^-Dret» d.EInz-IniimliierMr. 75.

Auslanü Ml.aovO —

I«d eZeitung am Lrschcinenverhindcrt.b.stcht letn sinlptt-°ch au

Anzetgenvreise: dte 44 mm brettc Nonpareilleieile kostet: lolale Llc1c.>L-,.:ch. ^,,.80. ,ll. Bclcgenheitranzcigen Mk. 40.-,
Faniilicnanzeigen Mk 40.—, GeschLftsanzelgen Mk. 60.-, Finanz» »nd Jndnstrieanzeigen Mk. lOO.—, m.t Plagvorschrtft und
MoniagsMk.5.- mehr. Die 88 mm breite Rekiame ei.e kostet Mk.l50.—, 'Anzeigen «nd Reklamen von aurwärts 25"/» höher.

Die franzöWe peiische.

^chhandlung der wehrlosen Bevölkerung.

Die Blockade.

Eigene Drahtmeldung-

e,
der

^ Essen, 8. FeLruar.

8 d t p Donnerstag vormittag 8 Uhr sind die Bahnhöfe Wann
§ah^*.briick, die Blockstelien Baulau und Julia sowie d..
Dsx Herne von Len Franzossn militärisch besetzt worden.
Lej n^stchen Efsenkabner sind einfach von ihrer Dicnststelle fort -
^lse worden. Man vermutet, das; auch noch der Bahnhof
^ltei-i: sikirchen besetzt werden wird. Durch die Besetzung dieser

">n,e jst

der ganze Vcrkehr im Norden schwer beeinträchtigt,

sehrbNtlich stxhj auch die Köln-Mindener Linie fiir den Ver-
mehr zur Verfügung. Man vermutet, datz die Franzosen
^^ersuchen werden, die militarisierte Nordbahn- mit der Lüd-
- >n VerLindung zu bringen. Die Folgen diefer neuen

U!ehe"^en auf den Eiiter und Personenverkehr sind noch nicht ab-
LSssn Bei der Besetzung des Vahnhofs in Kerne sind auch die
Seis!°3iere der Personenzüge belästigt und mitzhandelt worden.
Einzelheiten sind noch nicht bekannt. Weiterhin ist auf den
Aplerbeck und Brakel durch die Franzosen eine
^Ät-c alle Ein- und Ausfuhr aus dem besetzten Ruhrgebiet ein-
Aa>"^ worden. Auf dem Vahnhof Scharnhorst werden keine
offenen Küierrvagen mehr nach dem unbefetzten Deutschland

eincr Miiteilung der Rcichsbahndirektion
!r» Jlali°?^h-r auch noch keine Kohlenziige für die Schweiz und
^^u^durchgelassen wordcn. Nur nach Holland gehen täglich

-räsident dcr Neichseisenbahndirettion Essen, zurzeit in

M L,. bmittelversorgung hinweist, und daran erinnert,
den wiederholten Besprechungen von den Franzosen mit'
M darauf hingewiesen worden ist, datz die Lebensmittelzufuhr
Auhrgebiet inkeiner Weise behindert^ sondern im

bevorzugt durchgeführt werden solle. aue iranzosl-
h-N Ä-Muahinen stünden abcr mit diesen Erklärungen im schärs-
Äe -77 > d e r sp r u ch. Durch die Vesetzung der wichtigsten Bahn-
.dm Lsbensmittelzusuhr ans Dentschland und der Lebcns-
!>>l'Iusi, Aepr mit Holland grötzlenteils unterbunden. Zum
ersucht der Präsident, um die Lebensmittelzufuhren nicht
kt.-Su hindern. sondcrn zu fördern, die Eewaltmatznahmen un-
"8lich aufzuheben.

idx,. Unerhörte Bestialitäten der sranzösische« Horden

^kken ^'eder aus allen Teilen des besetzten Eebiets gemeldet. So
Äeiu ' "w Donnersiag morgen in Essen sgchs junge Leute von

ys) i>nnirlisisfsil>n

!S

^--stig,der Zg Fahre alte Angestellte der Nordischen Holzhändels-
Hussen, durch einen Futztritt vor den llnterleiü
e-" 8rn m»wer verletzt. Einer der jungen Leute gab gegenüber
Mzojen offen zu, datz er es gewesen sei, der das Plakat ab-
^>le>, 'mbc. Nichtsdestowcniger wurden alle vcrhaftet. Ueber ihr

c--u,e -Schicksal ist bishcr noch nichts -belannt geworden. Weiter
sMpje??onnersiag oormittag gegen 11.30 Uhr in der NLHe des
.H ep^Mhofs, eine Anzahl französischer Soldaten einen deut-
Htjich u tz p o l i z e i b e a m t e n verhaften, weil er nicht ge-
Mtte. Die Festnahme mitzlang aber. Aus Wut darüber
Wzjcs °ie französischen Soldaten darauf Anstalten, auf den Schutz-
D schiehen. Darauf erhoben einige andere deutfche
cöteg ""^isten, die >ich in der Nähe befanden, ihre Nevolver und
L-Nz^ 6 I c j ch f a l l s auf die französischen Soldaien an. Nur das
l, "iien- sranzösifcher Ofsiziere verhinderte einen blutigen

, l II , .Ncamvs. lüovz östnlicsto Vni-stiss- ii-ucien lick, oncst in R e ck -

^lllNpf. Eanz ühnliche Vorfälle trugen stch auch in Re"ck-
i°Ng''-ausen zu. Dort wurde am Mi""'"^ ------ c-r-

^ Schupobeamten ein 21stündiger

roteststrcik Leschlos-
verfchiedener Zu-
alar-
durch-
Seitcns dcr
f die Schupo-

>>,!lltz^3 wurde Lann eine systeiuatische Jagd au
sö',i aul^?c. ^öffnet. Ein Osfizier, dem jeweils -

i,o a»s' 'l erossnet. w,n Uisizier, vem seweiis neun Alxenjüger
btea ^^^"uztem Bajonelt und in 20 Schritt Abstand Slutomobile
ü "lit an die Schupobeamten heran. die selbstverständlich den
s^ tz u ^d^weigertcn. Sie wurden daraufhin ohne weiterss sest-
ltzdSey ,!' ln e^ Autos fvrtgeschafft. Nach den bisher vor-

iu ' tzob Ateldungen sind acht Schupobeamte verhastet worden.
di ''<°n fcheint übcrhaupt ganz befonbers unter der Tefatzung
w^sri,p..Zu haoen. - So wurde. als am Mitlwoch adend 7 Uhr sich
^.zltzieit "we Bevölkerung Recklinghausens auf dem Marktplatz ver-
ir vatcrländifche Lieder sang, dieser von fünf auffähren-

cü " iu i i v i o e ii >i v s> e n in vie wiiiie oes wio^ii-
ii'» r e .^2en halb 9 llhr abends drcingcn französifche O j f i-
usttz'„^iwa 25, in ein in der Nähe des Marktplatzes gelegenes
!chl " b E'"-

"''E Reitpeitschen auf die Eäste und jagten sie auf die
wo ste mit Reitpeitfchen auseinandergetrieben wurdcn.

"iert-5"A^ jene Offiziere in das Stadttheater und störten
siu ^viel? "l>n Shales -eares „König Lear", indem sie während
d°/ französische Nationalhymne sangen. Nach dem Ab-
i edes schlügen die französischen Offiziere in dem vollbe-
hn, -"!e <>- Nublikum ein und jaqten es aus dem

b.l°tzsdur

°lben 1," " " ruiiiano yieruoer eine groge wrreguug. ^,u einem
I» heir.« Ortsgruppe Recklinghausen der Eifenbahnergewerk-
d wtr >."2 l ,,Die Besatzung kauftunsvollständig aus,
ttzitt" siüi 8- lend verfallen müssen." Wie schon gemeldet,
t>i-Ü7°l vlcü^ Kaufleute gezwungen, an die Franzofen keine Lebens-
tzu !ran'ä, i^^^bben. Daraufhin fvurde am Mittwoch mitiag von
" S L'V - Kommandanten die vollständige Schl > etz -
- ^ichaste angcordnet. Das führte Lazu. Latz sich die vom

Hunger bedrohte Bevölkerung aus der Stratze ansammelte und ibrer
Empörung AusLruck gab. Darauf fetzle Las oben gefchilderte Vor-
gchen der Vesatzungsbehörde durch Truppen mit aufgepflanztem
Seitengewehr und Tanks gegen die wehrlofe Menge ein.

Die feindliche Vedrückung der badifchen Vevölkerung wächst
ebenfalls stündlich.

Als der Offenburger Pastdirektor Krieg von Len Franzofen
oerhaftet wurde, i-m nach Kehl verschleppt zu werden. risfen ihm ein
Postselretär und ein ReLakteur M u t zu. Sie wurden gIeichjalls
festgenommsn, aber nach vier StunLen wieder freigelassen,
nachdem sie von dcn franMschen Ofsizieren beschimpft und miL
Fiitzen getreten wordcn waren. Die Franzosen nahmen grotze
Neguisitionen an Heu, Slroh, Betten, Leinenzeug, Wohnungen
und Am-sräumen r-or vnd richten sich häuslich cin, Die Teuerung
in der Stadt wächst immer mchr. Die Eewerrfchaften haben neue
Forderungen gestellt. Die Unruhe in Ler Stadt ist grotz. Deshalb
ist der bä d i f ch e S l a a t s p r ä s i d e n t in Begleitung dev Finanz-
ministers und mehrerer Neferenten Les MinisteriumL zu eincr Ve-
sprechung mit Lem Oberbürgcrmeister und Len Vertretern der ver-
schiedenen Bcvölkerüngsgrupven in Offenburg einge!roifcn.> Be-
sonLers eingehend wurde iiber d-!e Lcbensmittelversorgung
und iiber die Kreditgewährung für die Bcschaffung ron
Lebcnsmitteln verhandelt. Die französischen Soldaten
kaufcn die LeLensmittelgeschäfte völlig aus. Ein
ron Ler Berölkerung an die Besatzongshehörde gerichtetes Ersucben,
Lie Eoldaten auf die m i I i t 8 r i s ch e V e r s o r g u n g zu verweife-l,
Llieb ignoriert. Jnfol-ieLesien sintz die Preise fiir Lebensmittel in
unerhörlem Matze gcstiegen. Die Bro tverforgung z. B. ist
-Ladurch direkt >n F-rage aestellt. Der Finanzminister gab be'annt
datz die badische Regierung ihrerseits bsschlosien habe. -den badischen
StaatL'Leamien eine Befetzungszulage zu gewäbren, wie fol-
ch-e Las Reich Len Beamten im Ruhrgebiet gab. Das Verhaltcn dcr
Beamten und Arbeitervertreter gegenüber den Feinden wurde ^om
Staatspräsidenten als durchaus lobend anerkannt.

Die fchwere Bedrohunq des Wirtfchaftslebens durch die vo»
den Feinden crzwungene Stillcgung der Eifenbahn

hat den bcrdischen Landtagsabgeordnetcn Prof. Weber-Baden-
Vaden, Len ersten Vorsttzenden Ler Deutfchen Volksxarlei in Vaden,
veranlatzt, an Len Reichsverkehrsminister folgendes Telegramm zu
richten: „Die Eisenbahnlinre Re n ch c n - N i e d e r s ch o pf h e i m
ist stillgelegt, die BahnverbinLunq mit Oberbaden nur auf
ungeheiierlichen Umwegcn Lber Württemberg möglich. Durch dis
llnterbindiM des Versonenveriehrs und Stockung in der Zusuhr
dringend benötigter Lcbensmittel stnd wichtioe all-
gcmeine Jnteressen stark gefährdet. Die sofortige Einrichtung
amtlich-er Zufuhrlinien mit Automobilbetrieb zwifchen den
Siationen Rench-sn, E-engenbach sSchwarzwaldbahn) und Nieder-
schopfhcim autzerhalb Les besetzten Ecbietes ist Laher dringend
geboten, um die Widerstandslraft Lcr sckwergeprüften Bevölkerung
zu stärl'en. Wir cmvfehlen weiterhin die Einrichtung -einer aintlichen
Antolini« Raumün.zach-FreudenftaLt, auch wäre d'e Eiiltig-
schreibung der Fahrkarten fiir die notwendigen llmwegc
anzuordnen, -die bisher noch nicht erfolgt ist. Es find bisher noch
keine amtlichen Matznahmen erfolgt, um die Bahnsperre auszu-
gleicheu, daher wird jchleunige Aühilfe gefordert."

M Ausruf der BersarbeitrrvrrSände.

MMkti'vli llvd deutsche propaganda.

Don Dr. Nudolf Wi-Hler.

Darf man bcnn Deutschland nur bcurtcilen nach der An»
zahl d:r Kanoncn und Gemebre, wclilg: da und dort vcrsleckt
-irerden? Mcnn Deutfchland Fraukrcich beunruhigt, dann er«
solgt dieS mcbr Lurch Len G c i st leiner Negieruns und seiuer:
Bevölkcrung.

Das sind die Worte, die Oberst Fabry vor fast einem Iahre
in der sranzösischen Kammer prägte, als er den Eniwurf sllr Las
Nekrutengesetz begrünLete, llnd er war volllommen im Necht, Lenn
beim Einmarsch in das Ruhrgebiet hat man tatsächlich ^nicht mit
diesem Eeist, mit dem Erist )es entschlossenen upd elnmütigen
WiLerstanLes von Volk und Regieruug gerechnet, hat man vielmehr
geglaubt, im Ruhrgebiet Kohlcn Lurih Maschinengewehre uno Ee-
schiitze, durch Beschlagnahmungen und Verhaftungen förLern zu
köniien, Man hat die Wirtfchasiskrast selbst eines durch Krieg und
Entbehrungen gcschwächten ceutfchen Volkes geröaltig unter-
schätzt,' ünd zwar nicht nur in Fran'reich, sonLern in Ler oanzen
Melt, und — wir wollen es offen zugelu:« — selbstimeigenen
L a u d e.

Zuriickweisung franzLfischer Destechungsversuche.

FeLruar.

Esscu,

Die Bergarbeiterverbände erlietzen einen Aufruf, in Lem sie
eigens Larauf hinweisen, datz der A ü w c h r k a m p f im Nuhrgebiet
in ein neues Stadium e ngeiretcn sei. Nach den täglich zu-
nehmenken Fiillen fchwsrsr Eingrifse in Las Vsrlehrslcben und die
Arbeitsbelriebe, nach Len Verhafiungen und Mitzhaudlungen, nnch
den bruialen Eewaliakien, die bereits mehrers M nsihenlebcn kofte-
ten, nach Ler Kohlens erre üter das unbesltzie Deuifchland, nach
der Beschlagnahme von selbst den Dergarbci,ern fiir Len eigenen
Haushalt zustehenden Kohlen scheinsn es die militärischen Eemalt-
haber Frankreichs jetzt darauf abgefehen zu haben, Latz las Ruhr-
gcbiet zum Schauplatz blutigerKämpfe werüe. Zu dcm
Zweck werde versucht, durch Spitzel und ihre Helfcrshslfer auf dcn
verschieLenen Schachianlagen Unruhen zu provozieren,
Bereits sei man auch an die BelriebsratsmitglieLer h rangelr:ten,
um durch B e st e ch u n g s g e l d c r von täglrch 200 000 Marc bcson-
L-ere Auskiinste zu erhalten. Dcr Ausruf stellt fest, datz die Verfuche
mit Entrüstung abgewiefen wurren, warnt die e-nzelnen
Organisationen wie Lie Betriebsräte und Per,rauenslsute vor diefen
Treibcreicn, L-urch die der franzöjifche Imperialismus der Nuhrbevöl-
lerung seine HerrMaft a,lizwiu->en wolle und fordert unter erneutem
Appell an Las Weligew.ssen die sofortige Z u r ii ck z i e h u n g
Ler widerrechtlich im Ruhrgebiet stehenden französischen und
belgischen Truppen.

Aeuirale Veschwerden.

London, 8. Febr. Die „Morning Posr" berichtet äus Düsieldorf,
die Franzofen hüiten Proteste üer holländischen und schwei -
zerischen Regierung erhalten wegen der Wirkung Ler sran-
zösischen Spcrre auf Len Transport von Kohlen nach Hol-
land und Lsr Schweiz. 'Dies Ledeute cine sehr schw.eri-ge Frage sür
die F-ranzosen angesichts der Möglichkeit, Latz die Kohlenzüge iiber
Holland uno die Lchweiz nach dem unbesetzten Deutschland
geleilet wcrLen könnteü. Dadurch wiirLe Ler gauze Zweck der
Vlockade hinfällig wcrden. — Nach einer Meldung aus Bern erhod
auch eine Lelegation der StaLt Basel Le!m Vundesrckt der
Schweizerischen Eidgenossenschaft lebhafiesten Protest gegen die un-
ertrüglichen Folgcn Ler sranzösischen Aktion. Di« Delegation wies
nachLrücklich aui die Schüdiguug Ler wntschaftlichen InteresscnDasels
durch die Voraänge im Rheipgebiet und die damit zusammen-
hängende Lahmlegung des Bahnverkehrs hin. Durch
die Äbschnürung des Verkehrs werde Basel in eine ähnliche Lage
versetzt, wie es zurzeit des Weltcrieges der Fall war. Die Dele-
gat'on ersuchle deu Dundesrat um Zniervention. Die Ver-
treter Les BunLesrats erlannien die schwierige Lage'Bascls an und
erklärten. Latz der Bundesrat bei den keteiligten Mächten Schrit 1 e
zuüunjten Bajels unternehmen werde.

schastliche BeLeutung dieses Sechzigmillioncnrolkcs und sciner Arbsrt
noch immer wiirdigt: noch si.nd wir nicht so weit, Latz man sich im
Auslande aufüäumt gcgen jc-Len Eingriff Lrutalsr Machtgelüsle in
Las komplizierte Eesüge Les deutfchcn Wirtfchastscörpers. Wohl
sinirt man etwas wie Mitleid mit Lem besiegien deutschen Volke;
stch aber sclbst mit aller zu Eebote ftehenden diplomaiisch-xolitifchcn
Macht einzuschen fiir die Leutsche Volkswirischaft, von sich aus
Lre Bedoutung einer unverschrten nnd sricdlich arLeitenden deuischea
! Jndustrie zu betonen, Lafür erstheint das Objekt doch fast noch zu
> unL-edeutend. llnd geraLe diefe Stimmi'ng, dic-fe entnervende Pasii-
vitäk, die leider durchaus keine seltene Erfcheinung ift, bedcutet eine
Eefahr, dre immer noch viel zu wenig Leachtet wird. Denn all unstrs
Anstrengungen sind vergebens, wenn ihnen die ganze Welt tejl.
nahmslos zusieht. Wrr miisien endlich das Ausland auf-
klären über die Bedeutung der deutschen Volkswirtfchaft, mllssen
die zum Teil schon vergesiencn wirtschaftllchen Zusammenhänge. wie
sie vor dem Kriege bestanden und in Lenrn-dre-'dentfchv-Wirtsckpaft
ern nicht gering einzufchähendes Zahnrad in dem grotzen Triebwerk
der Weltwirtschast war, wieder allgemein Lekanntmachen, müsscn
es in aie Welk hinansschreien, Latz ein Bolk, das sich var Lem Kriege
trotz pafsiver HanLelsbilanz nur durch seine aktive Zahlungsbilanz,
durch unermlldlichen Fleitz ünd ,'ntenstve Arbeit ernährie. und das
selbst Lamals, bei gesundem LeLen, bei ungefchwächter Volksiraft,
bei läng-ster ArLeitszeit mit Ler Aktivseite dcr Zahlungsbilanz die
Vasiivseit.' nur um em Eeringes iiLerbieten konni«. nicht mit einc,u
Male Milliardrn fllr andere erarLeiten lann. Das stnd Lanale
Wahrheiten, die aber Lem Auslan'e vielfach laum te'annt sind und
Leren Ksnntnis Loch die Erundlage bietet siir cine Acisterung der
Stimmung, wie sie oben skizzicrt wurde. Und selbst wenn diese
EeLankengänge einigen streng objsltiven Thcor-etikern durchaus ge-
läufig sein mögen, sie tragen sie naturgemätz doch imm.er nur im
Rabmen ihres eigenen Wirtschastssystems vor und bringen selbst-
verständlich Ler Zahlungä- und Handelsbilanz ihrer ejgenen Volks-
wirtscha-t Las weitaus grötzte Inter-esse entgegen.

Es hat durchaus keinen Zweck, sich nur darauf zu verlasien, datz
sich auch im AuslanLe allmählich Lie Vernnnst^ Las objektive Urteil
und d-ie wirischastlichen NotwenLigLeiien Lurchsetzen werLen, Lcnn
all Las crfordcrt viel Zeit »nd — inzwisthen siecht unsere Vollswirt-
schaft Lahin, und an ihrem Sargs w.rd sich nur ein kleincs HLuslcin
LeidtragcnLer nnd viel teilnahmslose Ncngicrige einfinden, wiihrend
sich anLere bereits über d:c lctzien Ueberreste mit teuflischem Hohn-
geläch'er hcrmachen werLen. Wenn wir nicht enLlich selbst das
Ausland bearbeiten, wcnn wir nicht tag-üglich Las himmel-
lckreiende Unrecht, Las jetzt an eincm wehrlosen Volke rerübt w'rd,
hinausru-en in Aufrufen und Flugblättcrn, flammendcn Protesten
und Broschüren, deutl-ch sachlichcn Plalaten und graphischen Dar-
stellungen, in Film und Bild, in Mort und Schrift, Lann wird man
Lariiber im AuslanLe so gut wie garnichis erfahren, oder Loch nur
gelegentlich etwas: die grotzcn Zusammcnhänge werLen jedensalls
nicht klar und wir selbst wunLern uns nach wie vor über das
fehlcnde VerstänLnis der Welt für unsere Wirtschaftssorgen und
unsere Wirtfchaftsnöte.

Wir Lranchen also mit eincm Worte: Propaganda! Wir
brauchen eine WirtschastspropaganLa, die zweck- und zielklar Las
Ausland aufllärt iiber die wirtschaftlichen Folgen kes FrieLens-
vertrages und llber Len vcrbrecherifchcn Mahnsinn Ler PftinLer- und
Sanklionspolitik, kurznm eins Pro aganka, Lie Lem AuslanLc die
wahre Lage Ler Leutschen Volkswinschast in objektiver Form nüher»
Lringt, Der Deutsche hat auch jetzt immer noch kein VerstänLn'.s siir
die Bedeutung der ProxaganLa, oüwohl sie eine Ler wichtigsten
Wafsen des vergangenen oder noch Laucrnden Weltkrieges war; er
Lringt Las Wort „ProzaganLa" immer nock^ in VerbinLung mit
jeder Art von Schwindel und vergitzt meist ganz, Latz Propaganda
auch lediglich Ankiindigung, lediglich sachliche Aufklärung für weite
Kroisc sein kann. Es ist besonLers lei der jetz'gen Lage interessant,
datz wan gera^e in Franlrcich die Dedeutung einer dcrartigen deut-
schen Wirtschaftsproxaganda durchaus richtig erlannt hat: Jm
vorigsn Frühjahr warnte dcr „Pstit Parisien" c» rrrinisniss

cko piop>rcxronk!c: sn -jillomnxns" 17. IV. 1922) in einer Besprechung
meines gcraüe Lamals erschienenen Büchleins iiber „Deutjche ckllirt-
schastspropaganda im Weltirieg" oor den Ee'ahren e nes derartigcn
ProxaganLafeldzuges. Es liegt ja auch wirktich nicht im franzojischen
Interesie, wenn es auch der einsachste Mann aus Lem Volie — der
„Petit Parisien" fpricht von Len „uus üisher symrathischcn Arbeiter-
kreisen" (!) — erfährt, warum die Kohle nicht zum Weltmarltxre'se
gelieiert w'rd, wieso Ladurch (Lamals. Ler Verf.) ein ^ahresverlust
von 12 Milliorden Mark entsteht, imd dag letz en Endes, m,e iiberall
an unserer Not, der Versailler Vertrag die innere
Schuld trägt. Nur aus Ler Dcsorguis tzeraus, Latz eine so
begrundeie deutsche Wirtschaftsproxaganda im Jn- und Ausland«
grötztc Erfolge erzielen könnte, ist es vcrstclndlicy, wenn man selbst
die bisherigen bescheirenen Vcrsuche e,ner dcrartigen Pro a anLa
so hinslellt als ob sie Frankreich ernstlich schaden könnten, Es muh
boch um däs französische Gewissen recht schlecht destellt sein, wenn man
 
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