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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

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Nr. 59 - 89 (1. März 1923 - 31. März 1923)
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Meang - m. KS

I Iche Posl" l rkcheint wöchentl. siebeiimal. Ee> aien: Didttskalla lSount ! —

I Nnn? , """ngsblatt l^eltarirl -- Lltcratnrblatt - Sochfchn.bcilagr «mone. t > i »I.
t^^reriangte Beiträae ohne Veranlworinng. Rüchi -d»ng nur, wenn Porto bei icgt.

Heidelberger Zeitung

(Gegründet 1858)

und

HandelsblatL

Ssnntag, 11. Marz 1923

Hauptgcschältoltelle u. Scl.riftleitg. ker.Vadilchen Post'H-td-Ibern.Hanvtstr. L3. ssernspr.:

Nr. 182. (Verlagrort: ssranlfurt a.Pl > Berliner Bcrtretung: Berlin 81V 48, Limmer-
strahek, Fcrn'pr.Zentr.4lb. MtinchnerVcrtret. Mün^en,Georgenstr.1i>7. Fern pr.ülkk?

Woktkchetk-Konto r Franksurt a. M. S141S

^"^^»ingsVrciÄ d-r .Bad.Post' Mt.8Lu»- «ausschl. Zusleltgcdühri. Selbs,abhol.Mk.8ll>».-. Slusland Mk. 68»».-

-iahien M bis rum L. ied.MlS angcnomm:». Am l U.L. noch gelief. ZeitllNgen sind nach d. Einzclverkailfspreis zu bc-

^^irinnnlmrrM" 14».-. Jstd eZeltung am Erschctnenverhindcrt,b:stchl leinAnspruch aufEntlchSdigung.

Woftkchcik-Ikonto: Srankfnrt a. M. V144O

Anzelgenirreife: die 44 mm bicite Nonpareillezciie kosiet: lokale Ctcllengesnchc Mk.8» kl. Eelcgenheilsanzcigen Ml 1»».-,
Familienanzeigen ->>!k 8».-. Geschäftsanzeigen Mk.17S.-,Finanz- »nd Jndustrieanzeigen Mk. S5».-.mit Platzvorschrift und
MontagrMk. Itt.-mehr. Die i!8 mm breitc Reklame ei.e kostet Mk.SU».—, Anzeigcn und Rellamen vou auswärt» L5"/» höher.

Gegen die Nahrnngsmittelnot.

Beratungen im Haushaltsausschutz.

Don unjerer Berliner Redaktion.

^ Berlin, 10. März.

daushaltungsausschutz des Reichstags erklärte heute bei der
i^hr, ^sEtats desReichsministeriums fürEr-
! h;. " 6 u n d L a n d w i r t s ch a f t Reichsminister Dr. Luthe r.

H .^ruährungsl asis unseres Volles im Verglelch zur Zeit vor
I ^^Ssln^ herabgefetzt sei. Das liege aber nlcht nur an elner
^ De .Produktion, sondern auch an mangelndem Einlommen»
Uischen Relch würden insgesamt neun Millionen Menschen
ron denen sechs Millionen ohne nennenswerte Neben-
vöZg !e-en. Die Not zeige sich nicht so sshr in der worktätigen
^krrr^ug 'u den Kreisen der Renlner. Dazu kommen die
w 2 bes? - " Familien. So lomme man zu dem traurigen Ergebnis,

I ^vch^^'^tsweise selbst die stark herabg.esetzte Milchmenge von der
! ^Noy. * vg der Erotzstädte wegen des Preises nicht vollständig auf-
en werken lönne. Deshalb seien von der Reichsregierung

dsx ^ ^ Ve.billigungsinasrnahmen sür die Milch,

^°nso Familien zukommen soll, in Angriff genommen.

dr ^

I-

die Reichsregicrung bestrebt, höhers Einsuhr von Fett an-
^ -^esgleichcn sei die Relchsregicrung auf Verbilligung
"Uoemittelten Bevöl erung zugute kommenden Marken-
ng ^ i "^acht. Der Minister besprach dann die Ernährungs-
Hd Dkzn,, desetzten Gebiet. Dort seien noch reichlich Vorriive
I E vo^ ?"d Eeireide vorhandecn, die auf lange Wochen ausreichten.
t Reichsregierung getroffenen Vorlehrungen für die Ver-

üch besetzten Eebiete mit Fett, Speck und Schmalz bewähr-
, nllgemeinen sehr gut; desgleichen die holländische Mlch-
d^^"d die Einfuhr von Milchpulver. Notfälle, die immer wie-
^ Lewaltsame Eingriffe der Franzosen und Belgier entstehen
h * * Le stets nach Möglichkeit sofort behoben. Autzerhalb
i?s Noi Eedieto habe die Reichsregierung

'wendige Brotgetrcide bis in den Sommer
»» - ' est j ^ der Hand. Autzerdem sei die Kartoffelernte


^hr

8n und ausgiebige gewesen
Nachmitiagssitzung beantrc

beantragte Abg. MLller-Fran«

i^Ä'!'.datz das MinisterUim fllr Ernährung und Landwirischaft
1823 ab ausgelöst werdcn soll, und datz die Aufgaben

dil

iib

°!es



"'ster-ums vom Reichswirtschaftsministerinm
^ n wcrden sollen. Der Anirag wurde zur wsiteren Ve-
e . Äbg ^parlommission Lberwiejen.

Cni - ^ ^ ^ (Dnat.) legte eine Entschlietzung vor, die betont,
dez^ickelung der Kosten der Lebenshaltung für einen grotzen
Abe. ^ , lschen Volkes zu unerträglichen Verhältnisten geführt
b»^ Äevijr^blen Matznahmen getroffen werden, die darauf abzielen,
li^'chen niedrigem Einkommen den Bezug der uncnt-

ld^ev. iahrungsmittel, dcs Brotes und der Milch, zu ermög-
Evöisg^'e Kosten dieser Matznahme sollen allen leistungsfähigen
' 8sschichjx„ auferlegt werden. Ferner beantragte Redncr,

Sicherung der Versorgung der Bevölkerung mit
»etreide im Ernährunossahr 1923/24 eine Brot-
^ getrcidereserve beschasst werde» soll.

«in "" ?'NNV beschloh auch der Ausschutz. Abg. Penne-

t». 8cb„n>.') die Sicherung des Vedarss an Vrotgetreide durch


Eet/"? Wirlschaft nicht mehr für nötig. Von
u^entln..., ^'deumlaae müsse daher abgesehen wei

einer wer-
Eine
m

l^dNtsp^^ 'deumlage müsse daher abgesehen werden. Ei
?dr. ?"be Entschlietzung wurde angenommen. Abg. H e i
i>n^!tel des >,^"^ bie Reichsregierung, den Preis für das letzte
bjp !etzen. . "'iagegetreides sosort belannt zu geben und so hoch
!h begonucn" die HersteNungskosten und die gestiegensn Kosten fiir
I.bk A„^i,^"e Frübinsii-osislioslnno no>oekk nioi-den knnven.

VUn

"Nitt'-ln

°bens^?."8 der Bevölkerung mit Eemüse

^dft^'.Sen.

und

die Eisenbahnfrachtsätze entsprechend
Niun Rei»"'ikme Entschlietzung der Sozialdemolratsn er-
fto» verin bgierung, der Preiserhöhung für Zucker die Zustim-

rti»/, Colin/>"' ^lbg. Thomsen (Dnat.) widersprach dem An-

v>jsn ""d Lan8 - dah das Reichöministerium für Ernäh-

tvuÄ^"!ismiu!r?'"^aft ausgelöst uNd dessen Aufgaben dem Reichs-
i>Nb ^ ber n°in übertragen werden. — Nach weiterer Debatte





^andwirii^^ Haushaltsplan des Ministeriums fllr Ernährung
lHaft verabschiedet, worauf sich der Ausschutz vertagte.

^ilnklhörte Mehrsorderung?«.

^illkürwirtschast der Reparationskommission.

Di


d

,'°R-p. Paris, 10. März.

b»-iint(ge,un^,« N-.bkom m i ss i on verölfentlicht über ih
o^ ft-si °'N bitz'-mz solgcn^es Kon muniquö: Es ist m

o" Frnnr^nngsm^''(!'N''Ni allung be ch oss n w:rde», atz u äh e>
?>?" ig nMch 200»^' b'o am 30. April z« Ende ge-ft, Te tsch ai
TnTo. Stickstqff auf Erund S nhang 2 in For

D°-ls^n iZtchoss i«^° ^l at zu liefem h°-. Fern r an Jtaii.
m'es- Wg To 0000 To. Ammcn aisu fa , i nd c

i-bvt„vfero "l^ Form von 5000 To. An moniakju fo
^!e^°lls r>uus°n g-h-n llber die auf Erund de
2 . Aftt ?^n AkU'!!.^- oebruar 1(22 an Frankreich z
Heft nl' brei nen.n 9 en h , „ ^ us.

hu bot, in 1. Mol n? Stimme wurde ferner besck'lossen, für d

^1^3 b>b

Nbüeieh-n^eon 30. April 1023 60 000 '-"o.'S i st-
>on der M.nge, die die srauzö..jche Reg.erui

auf direktem Wege von der deutschen Regierung angefordert hat.
Die neue Bestsllung sür den gesamien Ze traum sotl der deUtschen
Regierung erst notis z ert wcr en, nachdem über a'e Einz lheit.n
von den interessierlen Lürftern die ersor'ocrlichen , ngaben gemacht
und von der Reparations.omm.ssion gutg heitz n worcen sind.

Neue Slultaten -er Sol-aleska.

Drei Deutsche tot, einer schwer oerwundet.

EigeneDrahtmeldung. '

. Essen, 10. März.-

Die französischsn Truppen haben wieder eine Anöahl neuer
Derbrechen veriibt und ihr Schandkonto um ein'ge weitere Noheitcn
und Morde bereichert. So wurde in der Nacht vom Freiiag zum
S-amstag ein junger Mann an der Schwanheimer Brncke
direkt an der Fakrik Eriesheim-Elektron, von Franzosen
erschossen, als er die Briicke betreten wollte. D.ie Le'.che liegt im
Schauhause Eriesheim. — Jn der Nacht vom 7. züm 8. Marz 'wurde
in Pirmasens der Kaufmann Oldenrung mitten in der
Stadt mit mehreren M e s s e r st i ch e n i m E e si ch t und am Kopf
und seiner Uhrkette und, Briestasche beraubt, tot aufgesun-
den. Die angestellten Ermittelungen ergaLen, dah zwei Marok-
kaner als Täter in Frage komme.nj boi einem ron ihnen wurds
die Uhrkette des Ermordeten gefunden. Die beiden Soldaten wurdan
festgenommen und ins Amtsgerichtsgesängnis gebracht. — E:n
writerer Mord wird aus Altenessen cemeldet. Dort wurdcn
sriedlichs Bürger, die zum Schutze ihrer Häuser in den Stratzen
patrouillierten von vier französischen Soldaien mit ausgepftanzte'm
Seitengewehr bedroht. Da die Einwohner xlündernde Soldaten
vermuteten, alarmiertcn sie die Mache der freiwillioen F e u e r-
wehr- Diese wurde von sranzösischen Soldaten angehalten. AIs
die Feuerwehrleute absprangen, um mit den Soldaten zu verhandeln,
schotz einer aus den ihm naheflehenden Feuerwehrmann Bocck-
mann und tötete ihn durch einenSchutz in die Brust. Der Schiitze ver.
schwand llber die Brückenböschung in der Richtung auf Borbeck,- das-
selbe machten auch die übrigen Kaiycraden, nachdem sie die Eewehce
abgeschosien hatten. Der Vetötete wurde in das Marinehospital
verbracht. — Aus Essen wird gemeldet. datz dort Freitagaben» der
französische Poflen am Polizeivrästdium ohne erkcnnbare Deranlassung
auf einen Herrn schotz, der an einer -in der Nähe befindlichen Halte-
stelle auf die Stratzenbahn wartete. Der Deutsche wurde durch einen
Schutz in di« Lunge schwer verletzt.

Nach einer Meldung aus Buer sind die Cchutzpolizisten in
Duer, Morat-Emscher und Westerholt eniwaffnet
und abgeführt worden. Währcnd dieser Altion wurden die
Eingönge der nahen Zechen mit Maschincngcwehren- bewacht
und Las Eebäude der Bcrgwerksinspekt-'on in Buer umstellt. Polizei-
kommissar Richmann, der sich weigerte, ein Verzerchnis cer
Volizeibeamten und derjenigen Personen anzulegen, die Waisen be-
sitzen, wurde verhastet, ebenso der steMertreieude Polizei-
präsident von Buer, der Zentrums-Landtagcabgeordnete Jsen-
rath. Die Röckschule wurde nach Ma/fen durchsucht, wobe-i grotze
Verwüstungen a.ngsrichtet wurden. Auch in der Fortbildungs-
schule von Horst-Emscher haben die Fran/osen w'e die Näuber
gehaust. Die Türcn wurden mit Eewehr.olben eingeschlagen,
Schränke und Pulte wurden aufgerissen und erbrochen, Bücher nnd
Hefte tzerausgeworfen und zerfetzt. Das gesamte Lehrmaierial ist
vcrnschtet worden. Die Franzosen scheuten sich sogar nicht, e:n
Kruzifix von der Wand herunierzureißen und zu zertriimmern,
was bei Lsr dortigen latholischen Bevölkernng Lesondere Emnörunz
auslöst. Auch in Eladbeck und Witten sind die franzöflschen
Horden gegen die Schutzrolizisten vorgegangen. — Der Delegierie
der Reichsbahndirektion Elberfeld Lei der Jnteralliierien Fel-d-
eisenbahnkommisston in Düsseldorf, RsgierungsLaumeister Hin, ist
von der französischen Eendarmerie schriftlich gebete^ worcen, zur
Auskunftserteilung zum Eendarmerie-kommando zu kom-
men. Dort wurde er 2ft Stunden festgehalten und alsdann 'ns
Gefängnis gebracht- Der Erund -der Verhastung ist unbekannt.

Landrat Schwebel von Meisenheim wurde durch das
französtsche Kriegsger-cht in Mainz wegen NichtLesolgung der neuen
Ruhrordonnanzen und Beteiligüng an einem Veamtenproiest zu
5 Jahren Eefängnis und 15 Millionen Mark Gcld-
strafe verurteilt. Der Eattin des Landrats wurde, als sie tcn
Verhandlungsraum betreten wollte, von einem fran-ösischen Gen-
Larmen der Ausweisungsbefehl wegen Gefähroung der
Sicherheit der Besatzungstruppen (!) überreicht. Es wurde Frau
Schwebel nicht mehr gestattet, der Verhandlung Leizuwohnen
uno von ihrem Eatten A b s ch i e d zu nehmen, sie wurde so'ort im
Auto an die Grenze geschasft. Jhre Bitte, sie erst noch nach Meisen-
heim zurückzubringen, damit sie wen'gstcns ihre Kinder im Alter
von 2, 4 un-d 6 Iahren abholen tönnte, fand kein Gehör. Eine
besondere politische Vedeutung erhält diejer Fall kadurch, datz Land-
rat Schwebel Mitglied der Interalliierten Kommission sür die Fest-
setzung der Saargrenze ist und deshalb das Recht der Exterrito-
rialität in Anspruch nehmen kann.



Mainz, 10. März. Der langjährige Hauptschristleiter
des „Mainzer Anzeigers" ist am Donnerstag mittag dutch
sranzösische Eendarmerie in Hast genommen worden. Ueber die
Eründe ist zunüchst Nchts belannt. Der kiirzlich vom Mainzer Kricgs-
gericht zu längerer Freiheitsstraje verurteilte Redakteur der sozial-
demokratischen Mainzer Volkszeitung und Stadtverordnete G. Ibing
hat stch inzwischen von der Siadt Frankenhausen am Kysshäuser zum
Bürgermeister wählen laflen und hat kurz vor seiner Verurteilun-z
Lem Gericht mitgeteilt, datz er im unbesetzten Gebiet eine Stellung
llbernommen habe und deshalb nicht zum Termin erscheinen könne.

Sie bleiben fest.

Paris, 1s>, März. (Eig. Drahtm.) Aus Essen wird dem „Da'ly
Expretz" gemeldet, datz dieBergwerksbesitzerund Jndu-
striellen im Ruhrgebiet entschlossen seien, die
K o h l en st e u e r nicht zu bez.ahlen. Die Deutschen haben
die Absicht, soweit dies möglich sein werde, die Kohlen den Fabriken
nnd den Haushaltungen im besetzten Eebiet zu l.efern, sind .edoch
entschlosien, keine Tonne Kohlen auszusühren und
dieje lieber im bejetzien Eebiet auLzutzäuje«,

Äeichsbahn und Ruhrbeseßnng.

Die Entwicklung der Neichsbahn stand in d-en letzten Iahren an-
dauernd unter dem harten Druck der xolitischen uno wirtschastlichen
Verhältnisse Deutschlands, die ihre deutlichste Ausprägung in der
bis vor kurzsm sast ununterbrochen fortgeschrittencn Geldcntwertung
gesunden haben- Trotz dcr wachsenoen sinanziellen Schw'erigkeitsn.
mit denen die Neichsbahnverwaltung zu kämpfen k-atte, ist es ihr
aber gclungen, die ihr als Verwalterin Les grotzen deutschcn Eisen-
bahnnctzes obliegendcn schweren Ausgaben zu erfiisten. Diess be-
sianden zunächst darin, dis durch den Kriegsbetrlrb und die autzer-
gewöhnliche Forderung der Siegcrflaatcn entstanddnen Schäden und
Verluste an.den Bahnanlagen und Vetriebsmilrcln immcr mehr
auszugleichen. Die deutschcn Eisenlahnen befinden sich hente wie.der
in einem den An'ovderungen dss Vcrkehrs in weitsstem Matzs ent-
sprechenden ZustanLe. Ueberall spürt man schon wiedcr den alten
Eeist, der einst unsere Staatsbahnen zu den musterhastesten >n Ler
ganzen Welt gcmacht haite. Pünktlich-keit, Ordnung und Zuver-
lässigkeit beherrschcn wie einst den Personenzngverkehr. Der Eüter-
verkehr wies vor dem widerrechtlichcn Einbruch der Franzossn
nnd Telgier in das Ruhrgebiet enbsprechend den wachsendep An-
sxrüchen des Handels und der Industr'ie immcr grötzere Leistungen
auf. Jn den neun Monaten Axril bis Dczember 1922 betrug die
?ahl der Lesörderten Tonncnkilomcter — soweit die Ziffern bis
jetzt fesistehen — etwa 53 Milliarden gegen rund 47 Milliarden im
gleichen Zsitraum des Vorjahrcs. Ein Beweis dafür, w!c der
Güterrerkehr trotz der notibendig gewordenen häufigen Tarif-
erböhungen ständig zug-enommcn hat. E!n Beweis aber vor
allem dafür. wie sich trotz aller äutzeren Hemmnisse und Störunqen
die Zeichen der innsren Kraft des deutschen Volkes mehrten ünd
wie diese von Tag ,zu Tag im Kampfe mit dem Miderstandc wuchs.
Zum Schluffe d-es Kalendersahres- 1922 konnte die Neichsbahnvsr-
waltunq mitteilen, datz es ihr auch gelungen war, das iahrelnng
gestörte Eleichgewicht zwischen Einnahmcn und Ausgaben aus eigs-
ner Kraft ohne Zuhilfcnahme allgemeiner Mittel des Reiches wisder
herzustellen und sogar einen Einnahme-Ueberschutz von annähernd
3 Milliarden Mark zu erzislen.

In diese stetig aufstrebende Entwickelung der Reichsbahn hat
nunmehr die W i l l k ü rh c rr s ch a f t d e r Franzosen und Bel-
gier von neuem störend eingegriffen. Die Vesetzung des Ruhrgebiets
und die daran anschlietzenden weiteren Matznahmen und Vesetzungen
stellcn einen schweren Bruch des Vcrsailler V-rtrages dar. Auch
das der Dnrchführung dieses Vcrtrages diencnde Nheinlandabkom-
men ist gebrochen, da diescs nur solche Veroi?nungen und Befehle
der Rheinlandkommisffon im altbcsetzten Esbtete zulätzt, die zur
Eewährleistung des Unterhalts, der Sicherheit und der Dedürfniffe
der allüerten Streitkräfte nöti'q ffnd. Als solche können aber die
Anordnungcn und Matznahmen dcr Franzosen und Belgier, die zur
Beschlaqnahme von Zöllen, Steuern. Kohlen und Forsten geschritten
sind, nicht gelten. Es kann baher keinem Zweifel unterlieoen, datz
das stand-liafte und bewnnderilngswürdige Verhalten der Eisenbah-
fti-er, die ffch in trcuer Ersüllung ihrer Pflicht qegenüber den ver-
tragLwidrigen Forderungen der Franzosen und Belgier nur an die
Weisungcn der deiftschen Vehörden halten, dem grotzen nationale»
Eedanken berechtigker Abwehr frcmder Ecwnlt dient.

Die gewaltsamen Eingriffe in den kunstvollen Organismns des
Ruhrbahnnetzes haben den Beirieb und V-rkchr im besetzten Gebiet
und aus den mit ihm in Verkehrc'bsziehungen stehsnden Bahnen er-
heblich beeinträchtigt- Dies gilt in erster Linie für den Eüter»
verkehr aus dem Ruhrgebiet in das unbesetzte
DeutschIand, der durch die Errichtung von Ueberwachüngostellen
und Erhebung einer Zollabgabe bei der Ausfuhr bestimmter Waren
stark gehemmt wird. Jnzwischen ist die Errichtung von Zollerhebungs»
stellcn von seiten der Franzossn und Belgier immer weiter ausgr«
dehnt wordcn, so datz sich heute eine ununterbrochene Zollinie von
Emmerich Lis an die Schweizer Erenze am Rande des alt- und neu-
besetztcn Eebiets entlang zieht. Hicrzu lommt die weitere Aus-
dehnung der rechtswidrigen Besctzungcn, die sich auf die Bahnhöfe
Appenweier und Ossenburg in Taden, auf die Rheinllbergänge nach
der Pfalz und auf die Bahnlinien in den sogen. Flaschcnhälsen zwi-
schen den Vrückenköpfen von Köln, Koblenz und Mainz erstreckten.
Die verkehrshsmmenden Wirkungen dieser Matznah-men, insoweit ste
den grotzen Verkehr von Novden nach Süden betreffen, wevden zum
grotzen Teil durch Umleitungen über Nachbarstrecken

— deren Mehrkosten die Eisenbahn selbst trägt — ausgeglichen. So
wivd z. B. der bedeutcnde Vcrkehr nach Holland »nd England um
den östlichen Rand des Ruhrgebietes herum oder übet Hannover
und derienige nach dem südlichcn Baden und der Schweiz üver
P^orzheim und die württembergischcn Strecken umgeleitet. Dank
der fürsorglichen und umsichtigen Matznahmen der Neichsbahnver-
waltung un-d sonstigen Neichsbehörden ist bishcr die Versor-
gung des Ruhrgebiets mit Lebensmitteln für die
Bevölkerung und mit Rohstoffen fiir die Jndustrie geffchert geblicben.
Die Ruhrlohlenförderung war, im ganz-en genommen. wenig ge-
hin-dert,- die geförderten Mengcn mutztcn jedoch, soweir sis nicht dem
eigenen Bedarf der dortigen Jndustrie dienten, grötztenteils auf die

— heute bereits überfiillten — Halden geworfen werrcn. Die Aus-
beute Ler Franzosen und Belgier an Kohlen ist bis auf den heu-
tigen Tag so gering geblieben, datz sie in keinem irgcndwie nen-: ns-
werten Verhältnis ,zu dem Auswand an Kräfte« u«d Kosten, ins-
hesondere aber auch zu der Erötze der Schuld steht, die die über-
mütigcn Friedensbrecher fiir alle Zeiten auf sich geladen habsn.
Bis Ende Ianrar wurden so gut wie gar leine Kohlen, in den
crsten Lrei Mochen des Februar — nach den sorgfältigsten Beobach-
tungen — insgesamt nicht mehr als 1700 Wagcn nach Frankreich
abüejahren. Auch der Kohlenverkehr nach Hoüand, Italien und der
 
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