Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 59 - 89 (1. März 1923 - 31. März 1923)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15611#0531

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ZGrgang - M. 87

Anterhait^* °rsch°int wSchentl. fiebrnmai. B-Il-nen: DidaSkalla (Eonnt.,- 1
^>"'rlanate B-i.,- EkFrettags, - Literaturblatt — vochschulbeilage lmonatlich>. I
' rrrage ohne Verantwortung. Rücksendmig tiur, wenn Porto beiltegt- s

Heldel-erger Zeitung

(Gegründet 1868)

uud

Handelsblatt

Somtt-tag, 29. Milrz 192Z

Hauptg-IchSft-stelle u. Schriftleitg. der.Badischen Post'Heidelberg.Lamitstr. SS. Fernspr:
Mr. 182 tVerlagsort: Franlfurt a.M.) Berliner Vertretung: Berlin 8^148, Zimmer»
stratzeS, yernlpr.Zentr.41S, MünchnerBertret.: MLnchen,Beorgenstr. 1U7, Fernspr.S18S7

*°Uch,a.«o«to i Srankfnrt a. M. «441»

Voftscheck-Uontnr yranlsurt a. M. »141»

^Bad.Post' MI.4M0 - t-nrschl. Zustellgebühr,. Selbftabhol.Mr. Z9M.-. AuKland Mk.StM.-
^^»^^rerrd ^ -um3. jed.Mrs angenommcn. Am l n.S.noch gelief.Zeitungen sind nach d. EinzelverkaufspreiL zu be-

^lnzelnuWMpr Mk. 179.-. MdieZcitung am Erscheinen verhindert,bcsteht ketn Anspruch aufEntschShigung.

Anzeigenvreisc: dte44 mm bteiie Nonparetllezeile kostet:lokale Stellcngesuche Mk.8ll.-, kl. Delegenheitsanzcigen Mk Illll.-
Familienanzeigen Mk 80.—, EeschSftsanzeigen Mk.17S -,Finanz- und InduftrieanzetgenMk. 2Sll.-,mit Platzvorschrtfl unb
MontagsML 111.—mehr. Die 98 mm breite Reklamezeiie kostet Mk llllll.-, Anzeigen und Reklamen von auswärtr -LöVo höher.

^k«We Dolkspartei und Seven'ng.

unserer

Amtliche Preutzische Pressedienst, also Herr Severing


>erliner Redaktio».

»! ^^tter' ^Echkeit mitteilt, hat das preutzische Staats
seiner am Dienstag abgehaltenen Sitzung das
Jnnenministers gegen die Deutsch-
? ^ UlNx:^"^^iheitspartei gebilligt. Es handelt stch
e Billigung, die reichlich spät kommt, da man meinen
^ Kabinett zu dem Schritt des Herrn Severing HLtte

^t,

-v^u.ueii

!d b°r müssen.

uh

hev 0 r er unternommen wurde. Trotzdem
geeignet, einiges Aufsehen zu erregen und allerlei

, Kommentierungen hervorzurufen. Die „Vossische

wie eine Desavouierung der Haltung der Reichsiags-
^^chen, - ^utschen Volkspartei und auch sonst fehlt es nicht an
N Frgx..° darzustellen, a'? ob zwischen der Haltung der preutzi-
^^igkeit-"^ der Partei UNÜ der Reichstagsfraktion gewiste Un-
^eständen.

ist darauf hinzuweisen, datz die volksparteilichen

^ Herzxy°, ^lchischen Kabinetts, auch wenn ste keineswegs mit
?.^kt Herrn ^ Vorgehen des Herrn Severing waren, unmöglich

, Kllllx,. b^ering brüskieren konnte"' "-"" ""

^EHaita^'Eüt mitgesprochen haben,

>^>8Net iri ?' Es


'SUet

konnten; es mag dabei eine ge-
vor allem .aber politische
ist bi 8'lt heute vor allem, alles zu vermeiden, uas
. ' .f vhnehin so scharf hervorgetretenen politischen Gegen-

^°°rer sx^^ig zu perschärfen. Es ist schlietzlich kein Zeiche^ be-
korts-i..^E, wenn man die Politik des Ekefanten im Porzellan-
^tei -

zu ^ ^lu der grundsätzlichen Haltung der Deutschen Volks
am Verbot der Freiheitspartei Lndert das nichts; dar
auf h >u einem Artikel der „Zeit" zum Ausdruck, die mit
^ UaL° ^Mtlm des preutzischen Kabinetts schreibt: Wogegpn
Veschlutz des preutzischen Staatsmrnistercums un-

» OXs»»,»«» ^»4»« ^44*« ^>»4^

^"'lyvZix-r, uicht fallen lasten können, das ist das Derbit der
A^bullg '^°u Freiheitspartet. Wir können uns mit einer Ge-

°°u befreunden, die ganze Parteien verbietet
^^uLikj!^"HEischen Betätigung ausschlietzt. Wir haben für die
>»ir * stch ^reiheitspartei nicht die geringsten Sympathien. Es
»e-i^uhill, uber um eine grundsätzliche Frage. Kommen
>»ll sonh-° uicht nur Zeitungen und Versammlungen verboten
doch ?u das ganze Parteien ausgelöst werden, dann kann
>»,)?* k ch l nicht mehr von einem freien

°° wix l," ° Iprechen. Hier wird der Staatsbegriff überspannt
Siss ^ir ^eispiel gegeben, desten Folgen gar nicht abzusehen
^^u uns nicht wundern, wenn die sächstsche und thürin-
^mnächst die Deutsche Volkspartei in Sachsen und
'»»ll'k. »islleiKi weil nach Auffastung der dort herrsche.rden
st»ll,'^uherrs^ Dolksparter gefährliche Pläne gegem die Kom-
baki ^ >n Sachsen hegt. Das Vlatt betont dann noch
. r.i- » em- «1..-,.alistischen Hun-

mit einer solchen der
r L DeiitiL yunoerlscyairen, und datz die Auf-
rhell^°U>Urullir/i °°lkischen Partei logischerweise auch die Auflösung
itz^^egell '^en Partei zur Folge haben müste. Es verstötzt
>itll^"^e> D<g-°E> Eerechtigkeitsgefühl, wenn man sieht, wis hier mit
°inseii-°^°^^u wird, und darin liegt dke politische Bedeu-
Sen Auflösungsdekretes des Herrn Severing.

tz>

v/.'uarell ^ ^ärz. Di« deutschvölkischen Parteifüh-
^°rh ^' u>°gen zufolge, beim Reichsminister des Inncrn,

oes »om preutzischen Minister des Jnnern erlastenen
* °Hlärt- ^tschvölkischen Freiheitsprrtei vorstellig gewarden.

^lin.

Einspruch der Aeulschvöllifchen.

°sch^^"U bereii, für mögliche Beschleunignng
^ t>«r N^,"*r>erfahren» beim Staatsgerichtshofe zum

heute früh erscheint in

^ Ü ulz ^ ^>k einzutreten. — Seit heute früh erscheint
>>lz uls ri»E"°^lsch°s Parteiorgan die „Neue Freiheit", di«
^tbses °^rgangsorgan gedacht ift. Vom 1. April ab soll
n»„ »-wgan der Partei das ^Deutsche Tageblatt" wieder

>Nell.

^ürz. Der Minister d-s Jnner« hat auf
»«rZ ch° F, ^um Schutze der Republik die Deutsch-
^»dig°t«N llnd ttspart« i im Freistaat Baden
»rschtg b«findij, ^bestehenden Ortsgruppen aufgelöst. Das in
°»uh>llt V«rmög«n der aufgelüsten Vereinigung wurde

tz Z?-» Ausfchreitmsm.

HrN-«L,K«'m

s?,Hanntk,s»ii^iten bestehende Dlenschenmenge sammslte
PolMt-^ an und versuchte. Firmenschilder zu ent-
>r> 5«en n? MeiL i»r-^rden tätlich angegrisfen. Die Polizei
°>N ^!s«n^t>«n va,!,^^^'ch "k'i blanker Wafse. Einige Ver-
°r,.e^ st» I°ll es"°^,tU>mmen - Auch in Gelsenk 1 rchen
lNij^Ne D re § d -«tommunistischen Ausschreitungen gekommen
">Nür«a ^ertzz^e wurd« eine von den Eewerkschaften ein-
^kweri^ - ^sammlung von dem sogenannten revo-
- chenrat gesprengt. Es bildete stch darauf «in

Demonstrationszug. der zuerst vor das Rathaus und später vor das
Polizeipräfidium zog, wo. die Menge von der Polizei zerstreut wurde.

MarativnskVmmWon und Dollaranleihe.

Das GuLachte» des jnristischeu Ausschuste«.

Don unserem H-Korrespondentew

Pärjs, 28. Marz.

Der Iustizau-rschvtz der Reparatiouskommissio» hat Lber die
sranzöfischen Einweudungen gegen die deutsche Dollarunleihe beraten
und ist zu solgeudem Beschlntz gekommen:

Auf die erste Frage, ob das Reich das Recht habe, ohue Ee-
nehmigung der Reparationskommisston eine Anleihe ausz««ehmen,
hat der Ausschutz einftimmig mtt uein geautwortet.

Aus die zweite Frage, oL die Reparationskommisfion das Recht
habe, auf Erund des Artikels 248 den Ertrag der deutschen Anleihc
als eine hqpothekarische Einnahme zugunsteu der
Reparationskommission a«zusehen uud ihre völlige oder
teilweise Uebermittelung zu »erlangen, hatte« der französische und
italienische Delegierte mit ja, ihrc drei Kollcgen, darunter der
belgische Delegierte, mit nei« geantwortet.

Aus die dritte Frage, ob dke von dem Reich geleistete» ESran»
tie« giiltig seien, habe die Reparationskommisfio» mit Ans,
nahme des französischen Delegierten geantwortet, datz die
Reichsbank eine private Banl sei, «nd da sie somit dem Prioi-
leginm der Alliierten entgehe, HLtte fie die Earantien anbieten
könne». Sir John Bradburq «ud Delaeroix sind beuustragt
worden, eiue Note i» diesem Siuue an die Kriegslastenlommisstou
abzusende».

»

Zu der Frage der Einmischung der Reparationskommission in
di« von Deutschland zur Zeichnung aufgelegte Dollaranleihe wird von
unterrichteter Verliner Stelle versichert, datz die deutsche Re-
gierung nach wie vor auf dem Standpunkte steht, datz die
Reparationskommission kein Recht habe, sie an
der Ausgabe von Anleihen zu verhindern. Erneut
wird betont, datz di« durch die Anleihe eingehenden Devisen nicht zur
Deckung von Ausgaben des Reiches dienen sallen, datz sie vielmehr
in das Eigentum der Rcichsbank Lbergehen, um dort als Pfand
zu dienen, bis die Rückzahlung der Schatzanweisungen erfolgen wird.

Sie deiiksche Segiermlg bleibt fefi.

Eine Unterredung Dr. Beckers Lber di« deutsche Politik.

London, 28. März.

Reichswirtschaftsminister Dr. Becker erklärte in einer Unter-
redung mit dem Berliner Berichterstatter des „Daily Telegraph"
über oie Ruhrlage sprechend, Verhandlungen könnten
nicht eingeleitet werden, solanae Frankreich nicht bereit
sei, zu verhandeln, solange es auf dem Wunsche bestehe, Deutschland
seine Bedingungen zu diktieren und solange es die Absicht ver-
künde, das, was es besetzt habe, zu behalten. Er meine natürlich
nicht, datz Deutschland seitens Frankreichs die Eröffnung von Ver-
handlungen erwarte. Aber wenn man bereit sei, zu verbandeln,
so beständen immer Mittel und Wege, diese Vereitschaft bekannt-
zugeben. Augenblicklich könne daher Deutschland nur das tun, was
es bereits getan habe. Diedeutsche Regierungmüsseund
werde die Politik fortsetzen, die sie nach dem Ein-
bruch in das Ruhrgebiet beschlossenhabe. Die Fort-
setzung der deutschen P'olitik werde ermöglicht durch die Tatsache,
dätz die durch die Ruhrbesetzung in Deutschland verursachten Wirk-
ungen keineswegs so ernst seien, wie man anfänglich Lefürchtet habe.

»

Ueber das Ergebnis der Beratungen des Auswärtigen Aus-
schustes wird folgende Mitteilung ausgegeben: „Der Ausschutz war
einmütig in der Ablehnung der von der französischen Regierung
geforderten Kapitulation und in der Ueberzeugung von der
Notwendigkeit derFortführungdes passiven Wider-
standes mit dem Ziel, hierdurch und durch internationale Ab-
machungen die Bsfreiung des Ruhrzcbiets von der heutigen nnrecht-
mätzigen Jnvaston herbeizuführen."

Ein Aufruf der Vergarbeitergewerkschasten.

Esten, 28. März. Nach einer Estener Meldung erlassen dre
Vergarbeitergewerkschaften aller Rickitungen einschlietz-
lich der polnischen Berussvereinigung einen Au sruf an die
RuhrLergleute, worin vor den sranzösischen Dersprechnngen
und Lockungen geroarnt wird. Der sranzösisch« Zmperialismns und
Militavismus seien und Llieben arbeiterjeindlich. Der Berg-
arbeiterstreik im Saarzebiet sei der schlagendste Veweis
dcvfür. Der Dersuch der Franzosen, die Vestände von den Halden
abzufahren, werde ein Mitzerfolg bleiben. Die Kundgebung schlicht:
Kameraden! Wir bleiben fest im Abwehrkamps für unser Recht und
unsere Freiheit. Der Widerstand wird wi« bisher mit Ruhe und
Entschlossenheit fortgesetzt, vis Frankreich von der Eewaltpolitik
Abstand nimmt.

Sie geplante Seradsetzung des Kohlenpreises.

Berlin, 28. März. (Privarmeldg.) Zu dem Beschlutz des Reichs-
kohlenverbandes und Les Grotzen Ausschufles des Reichskohlenrats
über die Herabsetzung der Kohlenpreise wird noch ge-
mekdet, datz in den nächsten Tagen im Reichsflnanzministerium die
Verhandlungen üL-er die HeraLsetzung der Kohlensteuer aufgenommen
werden, da nunmehr die vom Rüichsfinanzminister für eincn Abbau
der Kohlensteuer gestellte Bedingung erfüllt ist. Die Gesamtermätzi-
gunz des Kohlenpreises für Steinkohle würde zwischen 18 und
11 Prozent liegen, während die Eesamtermähigung für Vrlketts
16 Prozent Letrageu würd«.

Sie Vereim'gien Staaten von Amerika.

Dte naLfolsenden Ausfützrungen verbanken wir einer ber-
vorragenb unterrtchteten Pcrsönlichkeit, bie bie Bertzältniike i«
Amerika bci ISnaercm Ausenthalt dort vor kurzem eingeheub
ftudiert hat. Jn Anbetracht der entscheibenben Rolle Amerika»
im Weltkrieg «nd tn Ler Zukunft halten wir btese AuSMbrnuoe»
sür auberordenttich beachtenswert.

I.

> Die Erundrage».

Wir Deutschen haben vor dem Kriege den Amerikaner in seinsiy
Denken und Fühlen nur wenig gekannt. Wir hatten kaum damir
gerechnet, datz er in kurzer Zeit ein ungeheures Heer wevde aufstelle«
können, das den Krieg entschied, das dem aus tausend Wunden blu-
tenden, aber seinen anderen Eegnern doch überlegenen deutsche«
Kämpser den Todesstotz gab. Auch heut« noch ist dem Europäer, auch
dem Engländer, Amerika fremd. Jnsbesondere fehlt dem Deutscheir
eine klare Erkenntnis der in diesem Volke nach dem Kriege wirkcnde»
Kräifte, der Erundlagen, auf denen Las amerikanische Leben, di«
a.nerikanische Politik sich aufbauen. Der eine bewunbrrt an den
Amerikanern ihren Reichtuw, ihre Eeschäftstiichtigkeit, ihr technisches
Können. Der andere blickt mit einer gewisten Eeringschätzung auf
das angMich goschichts- und kulturlose Amerikanertum herab. Wieder
ein anderer erklärt, datz man Amerika als ein Kolonialland mit
angelsächsischer Denkungsart begreifen müsse, das im allgemeinen die
Dinge nur nach ihrem Eeldwert beurteile. Und dem oft gehörten
Schlagworten vom „Lande der Zukunft", vom „Lande oer un«
begrenzten Möglichikeiten", vom ,Lande des Dollars" steht in Amerika
das Wort Emersons gegenüber, der sein Land voll Stolz als „Eottes
letztes nnd grötztes Eeschenk an die Menschheit" gepriesen hat.

Wenn man versuchen will, aus allen diesen Widersprüchen zu
klaren Erkenntnisten zu gelangen, Lann mutz man an Amerika un»
voreingenommen herantreten in dem Eedanken, dieses Land gsistia
neu zu entdecken. Eerade der gebildete Amerikaner empfindet auf
das Stärkste, wie unrichtig die Vorstellungen sind, die man im
allgemeinen in Europa von den Vereinigten Staaten hat. Nur
zuoiele Europäer Legnügen sich damit, New Pork, Washington, die
Niagara Fälle und vielleicht auch Ehicago zu sehen und nach einigen
Bestchtiaungen industrieller Anlaaen, amüsanten Theaterbesuch.'n und
angenehmen persönlichen Eindrücken mit einem sertigen Urteil nach
Europa zurückzukehren. Wer das Amerika, wie es heut e mit den
Erfahrungen des Weltkrieges vor uns steht, wie es heute mächtiz
au's die ganze Welt wirkt, kennen lernen will, der mutz das Land
durchwandern vopt Atlantischen bis zum Stillen Ozean und vcr-
suchen, aus der Fülle der Eindrücke einer Reise durch ein Land. das
16mal so groh ist, wie Deutschland, das herauszuschälen, was
charakteristisch für Amerika und Li« Beurteilung dieser gewaltigen
MensHheitserscheinung ist.

Die Entste'hung der Vereinigten Staaten Lat einst unsere Dor-
fahren auf das Stärkste bewegt. 1778—83 haben die 13 englisch-n
Kolonien an der Ostküste Nordamerikas den Freiheitskrieg
gegenEngland geführt. JnEeorgeWashington erstand
dort damals «in Führer, zu dem sich Friedrich der Trotze hingezogen
fühltc, dem er stärkste Hilfe brachte, und Eoethe schrieb über diese
Zeit in Dichbung und Wahrheit: „Man wünschte den Amerikanern
alles Elück, und die Namen Franklins und Wafhingtons fingsn an,
am politischen Himmel zu glänzen und zu funkeln." Es ist überaus
reizvoll, sich das Bild Eeorge Mashingtons wieder ins Leüen zu rufen,
jener grotzen Persönlichkeit, die in ihrem weiten Vlick, ihrer Unbeug-
samkeit gezenüber Schicksalsschlägen, ihrer innerlichen Unabhängig-
keit und nicht zuletzt ihrer Kunst, die Menschen zu behandeln, immer
wieder zum Dergleich mit dem grohen Preutzenkönig herausfordert.
Ueberraschend stark wirkt diese Persönlichkeit noch heute: Man findet
ihr Bild nicht blotz auf den feinen Stahlstichen der Dollarnote. nicht
blotz in zahllosen Denkmälern und Bildern, vor allem lebt es in dem
amerikanlschen Mannesideal unserer Tage, das nach Lharakier,
Lebensrythmus und Ruhe gegenüber den Wechselfällen des Tages
und des Lebens strebt.

Noch heute wirkt der Einflutz dieser Persönlichkeit in dem Werk,
Las die Erundlagen des staatlichen Löbens der Amerikaner bildet,
in der amerikanischen Verfassung, «inem durchaus eigen-
artigen Gebilde, durch eine Welt geschieden von dem aus oer fran-
zöstschen Revolution geborenen demokratischen Jdeäl. Der Prästdent
ist ein auf vier Iahre gewählter Monarch, Oberbesehlshaber der
Land- und Streitkräft« der llnion, Leiter der auswärtigen Politik.
Seine Minister wählt er nach freiem Ermessen. Sie sind seine Ee-
hilfen, nicht gehören sie dem Parlament an, nicht kann das Parla.
ment sie durch eine Abstimmung stürzen. So ist die Exekutiv« schars
von der Legislative getrennt, die vom Senat und Repräsentanren-
haus vertreten wird. Beide Häuser gemeinsam bilden den Kongretz,
desten Nechte so Leschränkt stnd, datz der Präsident jedes im Kongretz
angenommene Eesetz mit seinem Veto belegen kann; Lann erlangt
er nur Eesetzeskraft, wenn es nochmals mit Menigstens zweidrtttel
Mehrheit angenommen wird. Die Krast, die den Prästdenten hemmt
oder fördert, ist also weniger das Parlament, als die Rückstcht auf
die kommende Mahlen, die ia wesentlich von dem Urteil ü'ber di«
Leistungen der Exekutive bestimmt werden.

Jn diesem Staatswefen nun ringen üekanntlich zwei groh«
Parteien. Republikansr und Demokraten, um die Herr.
schaft. Man darf aber nicht glauben, datz ste durch Weltanschauungs-
fragen über Republik und Demokrati« getrennt seien. Si« sind ent-
standen im Ringen um die Macht, als sich die Gegensätze zwischen
Süden und Norden erhoben, die im Bürzerkriege von 1861—1865
ibren schweren und blutigen Austrag sanden. Damals wahlten
diejenigen Leute den Namen ,D>«m 0kra t« n". die die Sache des
Südens vertraten, also di« vornehmenErohgrundbesitzer.
die für ihre Unabhängigkeit, einen losen Föderalismus und die
Aufrechterhaltung der Negersklaverei eintretend, ganz andere
Jdealeverfochten, alsetwaTrägerdemokratijcher
Jdeal« in Europa. Die „Nepubllkaner" aber setzten sich für
straffe Zentralisierung, die Untcrwerfung der einzelnen Staaten
unter di« Bundesgewalt ein. Die Demokraten suchten ihren Anyang
unter den Landwirten des Südens und allen denen, die ihrcn
Jnteresten entsprechend das Jdeal des Freihandels vertraten. Die
Republikater stützten sich aus die Jndustrie und traten für den Schutz-
zoll ein. Heute verwischen sich auch diese llnterschiede. Je nach der
Lage und der Eestaltung der Dinge bilden sich die Parteien ihr
Programm. Wilson war Demokrat. Nach seinem Mitzerfolz cn
Lersailles siegte die Republikanischs Partei mit ihrem alsbald anf-
 
Annotationen