ÄSrgans - Lr. 12«
Heidelberger Zeitung
Sonniag, den 6. M! 1S2Z
—
>»»P 0 st" erlckeint wöchentl- siebenmal. Beilaaen : DiVaSkalia <Sonnt->— !
^Nvek,an. °!AbbIatt<Montag«> - Literaturblatt—vochschuibeilage imonatlichi.
^^7.» Derantwortung. Rücksendung nur, wenn Porto beUiegt. !
IGegrunoet 1858)
rrrrd
-
Hauvtgeschäftsstelle u. Schristleitg. der.Badtschen Post" Aeidelbera, tzaavtstr. S3,Fernspr.
Nr. 182. Berllner Vertretung: Berlin 8V 48, Zimmerstratze 8, Fernspr Zentr. 41S
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Woftsar«.«o»>l0! SravMirt a. M.
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»UkSvrrls der .Bad. Post' Mk.4M0.- laurschl. Zustellaebühr,. S-lbstabhol. Mk. 8M0.-. «usland Mk. 8000.-
^chlkn m-, ^uur bir ,nm2. jed.Mtr angenommn,. Am l U.2. noch gelief Zeltunaen sind nach d. Einzelverkaufspreis z«de>
^^^5"^^Ein,eln„mmerMl.170.-. DstdieZettung amErscheinenverhindert,befteht keinAnsprnch aufEntschSdigung
Anrrigenvreif«: die 44 mm breite Nonpareillezsil« losiet: lokale Ztellsngesuche MI.8Y.-. kl. Nelegenheitsanzeigen Mk. Iklll
Familienanzetgen Mk 8l>.—. GeschSftsanzetgcn Mk.17S-,yinanz- und IndustrieanzetgcnMk. SSN—.mit Platzvorschrift unb
Montags Mk. 1N.—mehr. Die 88 mm breite Reklamezeile koftet Mk.gga.-, Anzeigen und Reklamen von aurwlirtr LS"l, höher
Die Derständigungsschlacht.
Pon unserer Berliner Redaktion.
^ Berli«, 5. Mai.
ALsendung der deutschen Note sahen wir uns elner
^«k. Meklärten Situation in der internationalen Politik gegen-
^ wir mit tiefem Bedauern feststellen müsien, ist die Ee-
an der Ruhr im Ausland völlig spurlos vorüber-
I. »lül rdas sogenannte Eewissen der Welt hat wieder
sr lchmählich versagt. Wir standen allein und die
M I UI a y t l ty verIak! I. A»ir sianorn uuein uno
war die. ob die Welt überhaupt verhandlungs-
--.'.»e >,..!?»» oder nicht. Bestand diese Bereitschaft nicht, so hätte
i.?k«. ^'sche Note. qleich in welcher Form sie gehalten gewesen
L" ghllb Ausland aus der Stimmung ausgesprochener Feindselig-
-'eti - k vollkommener Gleichgültigkeit auszurütteln vermocht.
ir s^ >hrem Ton und Jnhalt nach im Ausland n
liL--?!St: die zahlreichen vorliegenden Pressestimmen l
Die
i ch t
, ! s t: die zahlreichen vorliegenden Presiestimmen lasien
l'er ; Zweisel. Dah trotzdem eine merkliche Besserung
!v Levi.^lernationalen Situation eingetreten ist, datz die Kritik
« l>en Vorschläge jetzt nicht mehr ganz so schroff ist wie
§!»>eiz <^/en Tagen nach Bekanntwerden unserer Note, darf als
angesehen werden, daß die Welt tatsächlich den
hat, aus dem Jrrgarten der Schwierigkeiten her-
° Nk m e n, die das Problem Deutschland aufgetürmt bat.
nuch noch ein tiefer, fast unüberbrückbar scheinender Wall
f!°SliK. was in Deutschland und was im Ausland als Lösungs-
i.» »o!,"ngesehen wird, besteht, so zeigt doch das ganze Echo,
z.! !t e b. °raußen zu uns dringt, dah Verhandlungswille
u>,: Zeit ist reif für eine Derständigung. aber nicht
zul^. Note. Es wäre verkehrt, uns da auhenpolitische Er-
NtäMlleiben zu wollen. die in Mrklichkeit nicht bestehen: ver
"Nngswille war schon früher da. Lord Eurzon hat stch
E'kh,/, nicht als Deutschensreund, sondern in der Einficht, dah die
N'. Situation nachgerad« unerträglich zu werden an-
s?»Nds lDortsührer einer Stimmung gemacht, die auch auherhalb
. Nestand, zu einem gewisien Grad vtelleicht sogar in
d.N>sttk >/. l ch. Es tst selksitverständlich. bah der englische Auhen-
^j.Ne^Red« nicht ^ehalten haben würde. wenn er stch nicht
^kkvlung besteht, so muh an di« Leitung unserer aüs-
lttik die Forderung gestellt werden, dah sie auf der
B-ksis mit besserem Verständnis fur die Aus-
Ä Au-^üen verhandelt. als in der Note und der Kanzlerrede
kK.di.^Uck gekommen ist. „D!e Wilhelmstrahe". schrieb dicser
"Aall Mall Gazotte". ..ist seit langem bekannt für ihren
>Ntisi°!! Mangel an gutem Geschick und vsychologischer Einsicht."
i»,?'Nzel» !> leider bekennen, dah solche Auslandsstimmen nicht
l,7»k wi^lehen. Jn wetten Kreisen in Deutschland selbst wird
^iv'.l e iu «vusgesprochen, dah unsere Auhenpolitik an ver»
l>«v ,'ler r 0 krattsmus krankt, ganz gleichgültig, welcher
>»u, l>iel-, Mig än der Svitze steht. Ts scheint, alg ob die Traii-
'^sie n-- ls jeden persönlichen Willen tötet und der Schematis-
erdrückt.
ltku l^lion ist sür uns ntcht ungünstig. oder doch ;um
»h,vei, Mcht so völlig ausstchtslos, wte dies. noch vor kurzem
r,jl k«lh -sivte. Die neue Rede Lurzons löst allerle? kioffnungen
vhs ». menn auch noch so geringes Etnwirkcn von enqlischer
liuMe w^?ris versucht wird. Die Reutermeldung, wonach die
sti,!^e Aai- ?rung in Parts hat mitteilen lasien, dah sie die
?«u§le. >n threr gegenwärtigen Form zwar als unannehmbar
ey>vr^ aber der französischen Regieruna drin-
. dgg hle. an einer allgemeinen Aussprache
!l e»» -u. r>»»arat!onsproblem t e t l z u n e h m e n. läht diesen
Mtz, - ver^- "en wir daneben die Verhandlungsbcreltscbaft Ita-
sckr^nwärtigen wir uns, dah man in Brüssel nicht
Aervl "blehnend urteilt wte in Paris, so gewinnj die
M, l>li^.ft>cherung Lord Eurzons, dah die Londoncr Regterung
sifq-irhz-? >n regem EedankenaustaM mit' Trüsiel und Paris
1! lggh- Bedeutung. Dte belgijch-französtsche Antwort, derön
°kr,;?riz »vmfttelbar Levorsteht, w!rd ja zeigcn, wie weit man
,, cü wgr ° -orüsiel den Eedankengängen Lord Curzons zu solgen
,°ch '
die deutsche Auhenpl.kitik eine so grshe Ecschcck-
iestehen gehabt, wte heute. Deshalb ist der
N--^>nglicher, dah 'wtr aus der Veriode des auhen-
v?l^ eivll^cns endlich herauskommen, die für uns schon
verhängnisvoll geworden ist. Eerade weil für
°.l K.^ein? auf dem Spiel steht, Ist ss vielleicht angebracht,
W«h77>lhein!n?'»c Kleinlichkeit und Kleingeistigkeit. der im Krieg
? a>ird^^e immer wieder hindernd im Wcge stand, auf-
°»rf st s.Jeht gilt es, eine neue Schlacht zu schlagen.
>si t wieder verl 0 ren gehcn.
Die AnleihemögWeiten.
»8«« Balsours »or ben amerkkanischen Kaufleuten.
London. 5. Mai.
d ° lir„A.a 1 s -,»t des Verbandes des britischen Erohhandels,
k«", tz?'!ch«r erklärte in einer Rede auf einem Fruhstuck
Voii;:?ll!leute in London zur Frage der Reparatto-
.llebro^lk HStten stch in dicsen gesamten Fragen in M > h-
e i ihre Prophezeiungen und Vorschläge seien alle
db
»^^1^ ?°utschland gemachten' D,
^tz. >st ? » l°»ae gewunden und
'«l K^lllau.bt. Das erst«.
r'»b,i. 7» MöviiL' '*" uno oer Lve» zeigen wuroen, was un
«u?lch deq - Klich und was unmöglich sei. Balfour fuhr fort:
> !« ^7>euts^>. » Deutschland gemachten Vorschlaa gesehen- Leider
gedreht, dah man ihm
s'»1 auvi. T>as erst«, was Deutschland tun
blelen. g>^len a„f Tisch lcgen und eln ehrlich
-veutjchland hat gewisse Vorschläge gemacht, und
schltehltch sind die Erundfragen die: Wer wird das Eeld zahlen
und wie wollen wir eine internationale Anleihe auf«
bringen? Jch glaube nicht an die Zweckmähigkeit irgend einer Ein.
mischung der Äegierungen. Die Anleihe muh vom Publikum
abgeschlosien werden, und die Vedingungen müsien derartig seln.
dah das Publikum sie annimmt. Nur ein Ding ist notwendig: man
muß die deutschen Zölle kontrollieren, und wenn man
dies tut und einen Ausfuhrzoll In Eold zahlbar macht, hat man
am Ende jeden Monats eine gewisie Summe in Händen. und mit
dlesem Gelde kann man die deutschen Scheine garantieren und diese
Scheine verkaufen.
Sngland für Anbahnnng vonverhandlnngen
Mihstkmmung in Londo« über Frankreich» Haltimg.
Eigene Drahtmeldung.
DAZ. Londo«, ö. Mai.
Der franzöfische Botschafter hat am Freitag auch dem Foreign
Office denInhalt der französischen An 1 w 0 rt mitgeteilt. jedoch
lediglich zur Jnformation und nicht zum Zweck eines Mei-
nungsaustausches. Die Mihstimmung über das selbständige
Vhrgehen Frankreichs ist in englischen politischen Kreisen sehr
gr 0 h und kommt auch deutlich in der Rede Lord Eurzons zum Aus-
druck, der mit bemerkenswerter Unterschetdung von Frankreich,
Velgien und den Alliierten sprach. In einsr offiziösen Notiz des
„Daily Telegraph" wird heute gefragt, was unter diesen Umständen
aus der Solidarität der Alliierten und aus dem Versailler Vörtrag
werden soll. Pie Absicht Frankreichs, durch eine sofortige Ab-
lehnung der deutschen Vorschlage England vor eine v 0 llendete
Tatsache zu stellen. scheint stch also nicht ohne Widerstand
durchführen zu lasien, vielmehr ist auf englischer Seite die Tendenz
im Wachsen begriffen, bei aller Ablehnung der Form der deutschen
Note sie doch
znm AnsgSngspunkt für we'tere Berhandkungvversnche
zu machen. Der „Daily Telegraph" erklärt, dah diese Auffasiung
innerhalb der Regierung, des Parlaments und> der
Finanzkrekse immer mehr an B 0 den gewinne und bestätigt,
dah es viellelcht möglich sein werde, erganzende LrklSrungen von
der deutschen Regierung 'zu erhalten, oder ste zu vsrankasien, > ihr
Angebot nochmals mit genauen Angaben, Lesonders hinsichtlich der
Pfänder und Earantien, zu wiederholen, wobei vielleicht auch dte
Eesamtsumme noch rrhöht werden könne.
Der Pariser Dertreter der „Times" glaubt, dah stch die franzö-
sische Regierung durch Rückflchten auf ihre ANüerten kaum von
ihren separaten Entschlüsien werde abhalten lasien Immerhin
mache sich in Pariser Regierungskreisen doch cin gewisses
Schwanken geltend, das in einem Teil der sranzösischen Blätter
unangenehm cmpfunden werde. . Der Standpunkt Poin-
carLs Mt sich wie folgt zusammensasien: Nick>ts zu tun,
mas Deutschland verhiitdern oder entmutigen könne,
weitere Angebote zu machen, obgleich cs klar sei, dah die
gegenwärtlgen deutschcn Vorschläge fehlgegangen seien". Kier scheint
sich bereits also elne Annäherung an die englis-Len Be-
mühungen um Fortsetzung d->r Diskusl'-. n ^em> reöar
zu machen. Dkes geht auch aüs einer Meldunq des „O euvr e" aus
Brüsiel hervor, nach der die französisch-belgisckie Antwort nuher dem
negativen Eharakter auch positive Ausführunoen enthalte. Im
Falle neuer deutscher Vorschläge und unter der Varbedingung, dah
man zu einer Annullierung der interalliierten Schulden gslange,
würde Frankreich scine Reparationsforderunaen auf 26 Mil-
liarden, Belgien die seinen auf fiinf Milliarden Eold-
mark reduzieren.
Deutschland hätte demnäch eine Eesamtsumme vo» 81 Milliarden
z« zahlen,
die es unter Zinsenentrichtung in Raien innerhalb ciner gewisscil
Zeitdauer zahlen könnte. Die an die übrigen ANilcrten zu leisten-
den Summen mühten anderweitig festgesetzt werden.
Die Rede Lord Eurzons wurde, wie unser kl.-Knrrespondenk
aus Paris drahiet. von den französtschen Morgenbln'ttern im allge-
meinen mit der Bemerkung abgetan, dah Enqland, wenn es auch
eine Einheitsfront dcr Alliierten wünsche, nach wie vor nicht aus
seiner Neutralitätspolitik herauszutreten pedenke. und dah seine Be-
strebungen, von Deuischland ergänzende Varantien und etne Neu-
formulierung seiner Vorschläge erreichen, deshalb we ni g vrak -
tischen Erfola zeitigen dürften. — Die französischs und belgische
Antwortnote ist Eamstag abend gegen 7 llhr den deuischen Ee-
schäftsträgern in Pari's und Brüsiel überreicht worden, nachdem
die Regierunaen Ämerikas und Japans in den frühen Nachmittags-
stunden den Wortlaut der Note zur Kenntnis erhalten haben. Der
französtsche Text ist Samstag vormittag zum letztonmal dem belai-
schen Ministerrat, der übrigens die deutschen Vorschläge ebenfalls für
«nannehmbar erklärt hat. und dem König unterbreltet worden.
FranzSflM'belgische Veralungen.
DAZ. Pari», 8. Mai. lEig. Drahtm.) Der „Petit Parisien"
bestätigt, ^ah Framkreich und Belgien In allernäck'ster Zeit
zunäheren Verhandlungenüberdas Neparations-
problem schreiten werden. Die Besprechungen. die gelegentlich
'oer Antwortnote an Deutschland zwischen beiden Ländern notwendig
gcworden sind, bildcten dcn Ausgangspunkt zu ciner cingehenden
Beratung über das Problem der Reparation und der Sicherhett.
Das am 11. April eingesetzte französisch-belgische Sachverständigen-
komitee, das einen französtsch-belqischon Ne>-a!:at!onsnlan auszu-
arbeiten beauftragt worden sei, habe tatsächlich noch nie gemelnsam
beraten, es wird aber anfangs kommender Woche zu gemeinsamcn
Sitzungen zusammentreten. Der belgische Vertreter bei der Repa-
lationskommisston, Delacroix, ist gestern zu einer Belprechung
über diese Angelegenheit nach Brüssel gefahren »nd wird Diens-
tag zurllckerwartet. Demnach würden also zum mindesten zwischen
Frankreich und Belgien energtsche Reparationsverhandlungen
wiederaufgenommen werden,
Die „Glei'chdenkenden".
PoincarS hat nun also — wie nicht anders zu erwarten
war — den deutschen Vorschlag als „unannehmbar" zurückgewiesr«
und dadurch mit einer zynischen Gebärde ohnegleichen seine Karnn
aufgcdeckt. Freilich. das muh ihm zugute gehalten werden, cr
konnte nicht mehr anders. Dieser Meister der Unwahrhaftigkeit
hat sich schliehlich in sein eigenes Lügengewebe derartig verstrickt.
daß er nolevs volsns Farbe bekennen muh und es zeugt in der
Tat schon von einer wahrhaft komijchen Hilflostgkeit den Tatsachen
aegenübet, wenn er stch in der „Vegründung" seiner Ablehnung
dazu gezwungen sieht zu Lehaupten, man könne nicht verhandeln,
solange Deutschland gegen Frankreich Krieg
führe, (!) „da es nicht üblich ssi, dah die Feindseligkeiten an-
dauern, während man über den Frieden verhandelt." Wir be-
kennen ofsen, dah unsere geistige Versassung zu einfach und zu
gradlinig ist, um für eine solche Schamlosigkeit auch nur da»
geringste Verständnis aufzubringcn. Äber die Sache ist ebsn
gorade die, dah es :n der hentigen Politik nicht auf unsere
Eeistesverfasiung ankommt, sondern wirklich entscheidend in der
Tat nur diejen'>" der anderen ist. Und die scheint allerdings
in diesen fanstdicken Lügenmanövern niäits Merkwürdiges zu
finden. Jndesien das ist nicht unsere Sache mehr.
Wir haben an der ..Politik" des Kerrn Poincaro etwas zu
beachten, was uns viel näher angeht und auherdem — bei Licht
vesshen — viel gefährllcher ist, als die nachgerade dummen Be«
hauptungen, die der französtsche Ministorprästdent seinen
„Freunden" vorsetzen darf. Kerr Poincarö spielt viel zu
geschickt auf dem vielstimmigen Instrument der Propaqanda,
um nur einen einzigin Ton anzuschlagen. Er weih ebensogut wie
wir, dah die groben Register bei uns nicht verfangen und oah er,
um hier zum Ziele zu kommen, schon andere Saiten zum Klingen
Lringen muh. Aber er weih auch, sekbst zu unserem Unheil,
welche Saiten das stnd, und er beherrscht das System der Drähte
so vollkommen. daß er auch gefühlsmähtgere. sobald es seinen
Zwecken tunlich ist, ertönen läht.
Es ist ntcht das erste Mal, daß in unserer unglücklichen poli-
tischen Geschichte wir „Änregungen" von auhen aufgegriffen haben,
die sich nachher zu einer Waffe formten, die unsere Gegner gegen
uns mit Geschick zu handhaben wuhten. Wir haben schon oft etwa»
getan — unsere 1918 erfolgte „Bekehrung zur demokratischen
Weltansckauuna" ist nur ein Belspiel davon — was uns mit
gönnerhafter Miene von der „Welt" nahcgelegt murde. als nur
zü nnserem Heile dienlich. Und cs will.iii der Tat scheinen, als
ob auch diesmal gewisie Leute bei uns nicht alle werden wollen,
als ob man auch dissmal bei uns auf den Leim kriechen würde.
Man sollte eigentlich meinen, dah nicht aerade übermähig viel
politischcr Instinkt dazu gehört, um ?,u wisien, woher der Wind
weht, wcnn verschiedene englische Morgenblättcr der „Ueber-
neuaung" Ausdruck aeben. dah der Reichskaniler Tun 0 infolge des
Ansturms der Linksparteien zur Demission gezwungen sein
werde. Der Verliner Korrespondent der „Dailv News" behauptet
sogar, dah die Aufnahme. welche die deutsche Note in Frankrelch
fand, in Berlin tiefe Bestürzung hervorgerusen
babe (?) und dah, wenn das gegcnwörtiqe Kabinett nickt in
kürzester iZeit ein Leiriedigendes Angebot machen «erde mit einem
Kabinettswechsel gerechnet werden müsie- Wir können
vollauf versteben, wcnn Herrn PoincarS das Kabmett Luno,
als der Repräsentant des höcbst unbequemen passiven Widerstando«,
nicht mehr genehm ist. Wir können auch noch verstehen, dah er. um
uns diese seine Meinung schmackhafter zu machen. dazu den Umweg
über die enqlische Presie benutzt. Wir können aber nicht vcrstehen,
dah es in Deutschland noch Menschen gibt. die auf so etwas bincin-
fallen imd wirklich glauben. e!n anderes Regime würde fiir Frank-
reicki annehmbarere Vorfcklläge macken können. Und doch. so
unglaublich das scheint. es ist so. Die Franksurter „Volkssiimme"
kündigt in Nummer 103 vom 4. Mai eine „Aenderung der.Stelliing-
nahme der Sozialdemokraiie zur Regierung" an, die trotz des
Fraaezeickens an Deutlichkeit nichts zu wünscken übrig läht. Danach
erklSrt das offizielle Bureau der Sozialdemokratischen Pariei:
„Erst vor wenlacn Tasen dat -er franzvstickie Mtnlstervrästdent
bekanntcn dcntschcn Parlamentarlcrn mlttellcn lasten. bast er zn Ner-
havdlunaen bcrcit ist, wenn ilim -aS Anaebot angestckts der Inner-
volitilcken Lage FrankrcichS elnlaermasten Slcrzu bte Müallckkeit giSt
unü cr nickt mehr daran denkt. alS Voraussevung für aeacnscttia«
Aue-einanderscbungen am grünen Tllck DentscklandS Berzlckt ans den
m-sstven Widcrstand ,u fordern. Wenn er iebt dennoch die Parole
deS „Unannckunbar" an die arohe Pariker Preste ausgab, so müstcn
wir sckvn annclimcn, bab er In der Tat ftark enttüuscht wordcn
ist. Wärcn PoincarS und scine Negicruns dte einziaen Enttäusckten,
denn würde man üch, volitisch aeseken, damit vicllcicht noch av-
finbcn kvnnen. Leider aber bcftnden Ne stch In eincm strctsc Glctch-
denkender.' Di« Mchrheit deS dcntschen BolkcS wünsckt eine Ber-
ständiauna mtt Frankrcick. Wor allem die deutsche ArVettersckast
wird alleS tun. um diel« Berstänbigung ohne ncue Demütigunacn
möalich ,u machen. Eine alatte Ablchnuna dcr deutschen VorschlSa«
aver könnte ste nur >ur weiteren entschiebenen Fortiebuna der vaistvcu
Sllwchr on der Nuhr bcstärken, wäbrend ste andcrnfalls bet Nück-
sraaen. alS Kampstruvve on ber Nuhr, bafür Sorae traaen wird, dah
Aweidcutlakettcn und Unklarbetten in dcr Beantwortnna «crmteden
wcrben. Kollte stch di« aeacnwärtiae Rcateruna ,u dtelen sackilichen
Borousiebunaen etncr Verständtgunasvolitik nicht bereit erklärcn,
dann mtrd eS noch andere Mittel unb Weae geben, die
schltebllch, wa» Deutschlanb anbelangt, rine Ber-
ständigung erleichtern."
Das kann nur bedeuten, so fühlt sich die „Volksstimme" be-
müßigt, zu kommcntieren. dah der Eedanke der „kleinen
Koalition" mit Zentrum und Demokraten wieder in Er-
wägung gezogen werden soll.
lleberflüssig zu sageN, dah man eine besiere Berbeuaung vor
Herrn Poincars nicht machen kann. Die Herren von der Linken
scheincn sich über die Ungeheuerlichkeit der angebotenen Summe, die
auch von ihnen unsägliche Opfer fordert, nicht ganz klar zu sein.
wenn sie die „Enttäuschung" des Herrn Poincare, als Gleich.
denkende (!) teilen. Die Drohung gegen die Reaierung,
,.andere Mittel und Wege" zu finden. ist in Wirklich-
keii nicht eiwa, wie es auf den ersten Blick scheinen könnte. aus dem
Eefühl innerer Stärke und eigcner Initiative entsvrungen. Die
Kampfer an der Ruhr, auf die sich die Partei hier ungerecht«
fertigterweise beruft, würden sich bedanken. wollte man Frankreich
n 0 ch mchr entgegenkommen und ste und iyren Widerstand preis -
aeben- Nein, die Sache ltegt denn doch etwas anders, als w!e
ste hier harmlosen Gemüter» dargestellt werden soll, Es ist stcher.
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^^7.» Derantwortung. Rücksendung nur, wenn Porto beUiegt. !
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^ Berli«, 5. Mai.
ALsendung der deutschen Note sahen wir uns elner
^«k. Meklärten Situation in der internationalen Politik gegen-
^ wir mit tiefem Bedauern feststellen müsien, ist die Ee-
an der Ruhr im Ausland völlig spurlos vorüber-
I. »lül rdas sogenannte Eewissen der Welt hat wieder
sr lchmählich versagt. Wir standen allein und die
M I UI a y t l ty verIak! I. A»ir sianorn uuein uno
war die. ob die Welt überhaupt verhandlungs-
--.'.»e >,..!?»» oder nicht. Bestand diese Bereitschaft nicht, so hätte
i.?k«. ^'sche Note. qleich in welcher Form sie gehalten gewesen
L" ghllb Ausland aus der Stimmung ausgesprochener Feindselig-
-'eti - k vollkommener Gleichgültigkeit auszurütteln vermocht.
ir s^ >hrem Ton und Jnhalt nach im Ausland n
liL--?!St: die zahlreichen vorliegenden Pressestimmen l
Die
i ch t
, ! s t: die zahlreichen vorliegenden Presiestimmen lasien
l'er ; Zweisel. Dah trotzdem eine merkliche Besserung
!v Levi.^lernationalen Situation eingetreten ist, datz die Kritik
« l>en Vorschläge jetzt nicht mehr ganz so schroff ist wie
§!»>eiz <^/en Tagen nach Bekanntwerden unserer Note, darf als
angesehen werden, daß die Welt tatsächlich den
hat, aus dem Jrrgarten der Schwierigkeiten her-
° Nk m e n, die das Problem Deutschland aufgetürmt bat.
nuch noch ein tiefer, fast unüberbrückbar scheinender Wall
f!°SliK. was in Deutschland und was im Ausland als Lösungs-
i.» »o!,"ngesehen wird, besteht, so zeigt doch das ganze Echo,
z.! !t e b. °raußen zu uns dringt, dah Verhandlungswille
u>,: Zeit ist reif für eine Derständigung. aber nicht
zul^. Note. Es wäre verkehrt, uns da auhenpolitische Er-
NtäMlleiben zu wollen. die in Mrklichkeit nicht bestehen: ver
"Nngswille war schon früher da. Lord Eurzon hat stch
E'kh,/, nicht als Deutschensreund, sondern in der Einficht, dah die
N'. Situation nachgerad« unerträglich zu werden an-
s?»Nds lDortsührer einer Stimmung gemacht, die auch auherhalb
. Nestand, zu einem gewisien Grad vtelleicht sogar in
d.N>sttk >/. l ch. Es tst selksitverständlich. bah der englische Auhen-
^j.Ne^Red« nicht ^ehalten haben würde. wenn er stch nicht
^kkvlung besteht, so muh an di« Leitung unserer aüs-
lttik die Forderung gestellt werden, dah sie auf der
B-ksis mit besserem Verständnis fur die Aus-
Ä Au-^üen verhandelt. als in der Note und der Kanzlerrede
kK.di.^Uck gekommen ist. „D!e Wilhelmstrahe". schrieb dicser
"Aall Mall Gazotte". ..ist seit langem bekannt für ihren
>Ntisi°!! Mangel an gutem Geschick und vsychologischer Einsicht."
i»,?'Nzel» !> leider bekennen, dah solche Auslandsstimmen nicht
l,7»k wi^lehen. Jn wetten Kreisen in Deutschland selbst wird
^iv'.l e iu «vusgesprochen, dah unsere Auhenpolitik an ver»
l>«v ,'ler r 0 krattsmus krankt, ganz gleichgültig, welcher
>»u, l>iel-, Mig än der Svitze steht. Ts scheint, alg ob die Traii-
'^sie n-- ls jeden persönlichen Willen tötet und der Schematis-
erdrückt.
ltku l^lion ist sür uns ntcht ungünstig. oder doch ;um
»h,vei, Mcht so völlig ausstchtslos, wte dies. noch vor kurzem
r,jl k«lh -sivte. Die neue Rede Lurzons löst allerle? kioffnungen
vhs ». menn auch noch so geringes Etnwirkcn von enqlischer
liuMe w^?ris versucht wird. Die Reutermeldung, wonach die
sti,!^e Aai- ?rung in Parts hat mitteilen lasien, dah sie die
?«u§le. >n threr gegenwärtigen Form zwar als unannehmbar
ey>vr^ aber der französischen Regieruna drin-
. dgg hle. an einer allgemeinen Aussprache
!l e»» -u. r>»»arat!onsproblem t e t l z u n e h m e n. läht diesen
Mtz, - ver^- "en wir daneben die Verhandlungsbcreltscbaft Ita-
sckr^nwärtigen wir uns, dah man in Brüssel nicht
Aervl "blehnend urteilt wte in Paris, so gewinnj die
M, l>li^.ft>cherung Lord Eurzons, dah die Londoncr Regterung
sifq-irhz-? >n regem EedankenaustaM mit' Trüsiel und Paris
1! lggh- Bedeutung. Dte belgijch-französtsche Antwort, derön
°kr,;?riz »vmfttelbar Levorsteht, w!rd ja zeigcn, wie weit man
,, cü wgr ° -orüsiel den Eedankengängen Lord Curzons zu solgen
,°ch '
die deutsche Auhenpl.kitik eine so grshe Ecschcck-
iestehen gehabt, wte heute. Deshalb ist der
N--^>nglicher, dah 'wtr aus der Veriode des auhen-
v?l^ eivll^cns endlich herauskommen, die für uns schon
verhängnisvoll geworden ist. Eerade weil für
°.l K.^ein? auf dem Spiel steht, Ist ss vielleicht angebracht,
W«h77>lhein!n?'»c Kleinlichkeit und Kleingeistigkeit. der im Krieg
? a>ird^^e immer wieder hindernd im Wcge stand, auf-
°»rf st s.Jeht gilt es, eine neue Schlacht zu schlagen.
>si t wieder verl 0 ren gehcn.
Die AnleihemögWeiten.
»8«« Balsours »or ben amerkkanischen Kaufleuten.
London. 5. Mai.
d ° lir„A.a 1 s -,»t des Verbandes des britischen Erohhandels,
k«", tz?'!ch«r erklärte in einer Rede auf einem Fruhstuck
Voii;:?ll!leute in London zur Frage der Reparatto-
.llebro^lk HStten stch in dicsen gesamten Fragen in M > h-
e i ihre Prophezeiungen und Vorschläge seien alle
db
»^^1^ ?°utschland gemachten' D,
^tz. >st ? » l°»ae gewunden und
'«l K^lllau.bt. Das erst«.
r'»b,i. 7» MöviiL' '*" uno oer Lve» zeigen wuroen, was un
«u?lch deq - Klich und was unmöglich sei. Balfour fuhr fort:
> !« ^7>euts^>. » Deutschland gemachten Vorschlaa gesehen- Leider
gedreht, dah man ihm
s'»1 auvi. T>as erst«, was Deutschland tun
blelen. g>^len a„f Tisch lcgen und eln ehrlich
-veutjchland hat gewisse Vorschläge gemacht, und
schltehltch sind die Erundfragen die: Wer wird das Eeld zahlen
und wie wollen wir eine internationale Anleihe auf«
bringen? Jch glaube nicht an die Zweckmähigkeit irgend einer Ein.
mischung der Äegierungen. Die Anleihe muh vom Publikum
abgeschlosien werden, und die Vedingungen müsien derartig seln.
dah das Publikum sie annimmt. Nur ein Ding ist notwendig: man
muß die deutschen Zölle kontrollieren, und wenn man
dies tut und einen Ausfuhrzoll In Eold zahlbar macht, hat man
am Ende jeden Monats eine gewisie Summe in Händen. und mit
dlesem Gelde kann man die deutschen Scheine garantieren und diese
Scheine verkaufen.
Sngland für Anbahnnng vonverhandlnngen
Mihstkmmung in Londo« über Frankreich» Haltimg.
Eigene Drahtmeldung.
DAZ. Londo«, ö. Mai.
Der franzöfische Botschafter hat am Freitag auch dem Foreign
Office denInhalt der französischen An 1 w 0 rt mitgeteilt. jedoch
lediglich zur Jnformation und nicht zum Zweck eines Mei-
nungsaustausches. Die Mihstimmung über das selbständige
Vhrgehen Frankreichs ist in englischen politischen Kreisen sehr
gr 0 h und kommt auch deutlich in der Rede Lord Eurzons zum Aus-
druck, der mit bemerkenswerter Unterschetdung von Frankreich,
Velgien und den Alliierten sprach. In einsr offiziösen Notiz des
„Daily Telegraph" wird heute gefragt, was unter diesen Umständen
aus der Solidarität der Alliierten und aus dem Versailler Vörtrag
werden soll. Pie Absicht Frankreichs, durch eine sofortige Ab-
lehnung der deutschen Vorschlage England vor eine v 0 llendete
Tatsache zu stellen. scheint stch also nicht ohne Widerstand
durchführen zu lasien, vielmehr ist auf englischer Seite die Tendenz
im Wachsen begriffen, bei aller Ablehnung der Form der deutschen
Note sie doch
znm AnsgSngspunkt für we'tere Berhandkungvversnche
zu machen. Der „Daily Telegraph" erklärt, dah diese Auffasiung
innerhalb der Regierung, des Parlaments und> der
Finanzkrekse immer mehr an B 0 den gewinne und bestätigt,
dah es viellelcht möglich sein werde, erganzende LrklSrungen von
der deutschen Regierung 'zu erhalten, oder ste zu vsrankasien, > ihr
Angebot nochmals mit genauen Angaben, Lesonders hinsichtlich der
Pfänder und Earantien, zu wiederholen, wobei vielleicht auch dte
Eesamtsumme noch rrhöht werden könne.
Der Pariser Dertreter der „Times" glaubt, dah stch die franzö-
sische Regierung durch Rückflchten auf ihre ANüerten kaum von
ihren separaten Entschlüsien werde abhalten lasien Immerhin
mache sich in Pariser Regierungskreisen doch cin gewisses
Schwanken geltend, das in einem Teil der sranzösischen Blätter
unangenehm cmpfunden werde. . Der Standpunkt Poin-
carLs Mt sich wie folgt zusammensasien: Nick>ts zu tun,
mas Deutschland verhiitdern oder entmutigen könne,
weitere Angebote zu machen, obgleich cs klar sei, dah die
gegenwärtlgen deutschcn Vorschläge fehlgegangen seien". Kier scheint
sich bereits also elne Annäherung an die englis-Len Be-
mühungen um Fortsetzung d->r Diskusl'-. n ^em> reöar
zu machen. Dkes geht auch aüs einer Meldunq des „O euvr e" aus
Brüsiel hervor, nach der die französisch-belgisckie Antwort nuher dem
negativen Eharakter auch positive Ausführunoen enthalte. Im
Falle neuer deutscher Vorschläge und unter der Varbedingung, dah
man zu einer Annullierung der interalliierten Schulden gslange,
würde Frankreich scine Reparationsforderunaen auf 26 Mil-
liarden, Belgien die seinen auf fiinf Milliarden Eold-
mark reduzieren.
Deutschland hätte demnäch eine Eesamtsumme vo» 81 Milliarden
z« zahlen,
die es unter Zinsenentrichtung in Raien innerhalb ciner gewisscil
Zeitdauer zahlen könnte. Die an die übrigen ANilcrten zu leisten-
den Summen mühten anderweitig festgesetzt werden.
Die Rede Lord Eurzons wurde, wie unser kl.-Knrrespondenk
aus Paris drahiet. von den französtschen Morgenbln'ttern im allge-
meinen mit der Bemerkung abgetan, dah Enqland, wenn es auch
eine Einheitsfront dcr Alliierten wünsche, nach wie vor nicht aus
seiner Neutralitätspolitik herauszutreten pedenke. und dah seine Be-
strebungen, von Deuischland ergänzende Varantien und etne Neu-
formulierung seiner Vorschläge erreichen, deshalb we ni g vrak -
tischen Erfola zeitigen dürften. — Die französischs und belgische
Antwortnote ist Eamstag abend gegen 7 llhr den deuischen Ee-
schäftsträgern in Pari's und Brüsiel überreicht worden, nachdem
die Regierunaen Ämerikas und Japans in den frühen Nachmittags-
stunden den Wortlaut der Note zur Kenntnis erhalten haben. Der
französtsche Text ist Samstag vormittag zum letztonmal dem belai-
schen Ministerrat, der übrigens die deutschen Vorschläge ebenfalls für
«nannehmbar erklärt hat. und dem König unterbreltet worden.
FranzSflM'belgische Veralungen.
DAZ. Pari», 8. Mai. lEig. Drahtm.) Der „Petit Parisien"
bestätigt, ^ah Framkreich und Belgien In allernäck'ster Zeit
zunäheren Verhandlungenüberdas Neparations-
problem schreiten werden. Die Besprechungen. die gelegentlich
'oer Antwortnote an Deutschland zwischen beiden Ländern notwendig
gcworden sind, bildcten dcn Ausgangspunkt zu ciner cingehenden
Beratung über das Problem der Reparation und der Sicherhett.
Das am 11. April eingesetzte französisch-belgische Sachverständigen-
komitee, das einen französtsch-belqischon Ne>-a!:at!onsnlan auszu-
arbeiten beauftragt worden sei, habe tatsächlich noch nie gemelnsam
beraten, es wird aber anfangs kommender Woche zu gemeinsamcn
Sitzungen zusammentreten. Der belgische Vertreter bei der Repa-
lationskommisston, Delacroix, ist gestern zu einer Belprechung
über diese Angelegenheit nach Brüssel gefahren »nd wird Diens-
tag zurllckerwartet. Demnach würden also zum mindesten zwischen
Frankreich und Belgien energtsche Reparationsverhandlungen
wiederaufgenommen werden,
Die „Glei'chdenkenden".
PoincarS hat nun also — wie nicht anders zu erwarten
war — den deutschen Vorschlag als „unannehmbar" zurückgewiesr«
und dadurch mit einer zynischen Gebärde ohnegleichen seine Karnn
aufgcdeckt. Freilich. das muh ihm zugute gehalten werden, cr
konnte nicht mehr anders. Dieser Meister der Unwahrhaftigkeit
hat sich schliehlich in sein eigenes Lügengewebe derartig verstrickt.
daß er nolevs volsns Farbe bekennen muh und es zeugt in der
Tat schon von einer wahrhaft komijchen Hilflostgkeit den Tatsachen
aegenübet, wenn er stch in der „Vegründung" seiner Ablehnung
dazu gezwungen sieht zu Lehaupten, man könne nicht verhandeln,
solange Deutschland gegen Frankreich Krieg
führe, (!) „da es nicht üblich ssi, dah die Feindseligkeiten an-
dauern, während man über den Frieden verhandelt." Wir be-
kennen ofsen, dah unsere geistige Versassung zu einfach und zu
gradlinig ist, um für eine solche Schamlosigkeit auch nur da»
geringste Verständnis aufzubringcn. Äber die Sache ist ebsn
gorade die, dah es :n der hentigen Politik nicht auf unsere
Eeistesverfasiung ankommt, sondern wirklich entscheidend in der
Tat nur diejen'>" der anderen ist. Und die scheint allerdings
in diesen fanstdicken Lügenmanövern niäits Merkwürdiges zu
finden. Jndesien das ist nicht unsere Sache mehr.
Wir haben an der ..Politik" des Kerrn Poincaro etwas zu
beachten, was uns viel näher angeht und auherdem — bei Licht
vesshen — viel gefährllcher ist, als die nachgerade dummen Be«
hauptungen, die der französtsche Ministorprästdent seinen
„Freunden" vorsetzen darf. Kerr Poincarö spielt viel zu
geschickt auf dem vielstimmigen Instrument der Propaqanda,
um nur einen einzigin Ton anzuschlagen. Er weih ebensogut wie
wir, dah die groben Register bei uns nicht verfangen und oah er,
um hier zum Ziele zu kommen, schon andere Saiten zum Klingen
Lringen muh. Aber er weih auch, sekbst zu unserem Unheil,
welche Saiten das stnd, und er beherrscht das System der Drähte
so vollkommen. daß er auch gefühlsmähtgere. sobald es seinen
Zwecken tunlich ist, ertönen läht.
Es ist ntcht das erste Mal, daß in unserer unglücklichen poli-
tischen Geschichte wir „Änregungen" von auhen aufgegriffen haben,
die sich nachher zu einer Waffe formten, die unsere Gegner gegen
uns mit Geschick zu handhaben wuhten. Wir haben schon oft etwa»
getan — unsere 1918 erfolgte „Bekehrung zur demokratischen
Weltansckauuna" ist nur ein Belspiel davon — was uns mit
gönnerhafter Miene von der „Welt" nahcgelegt murde. als nur
zü nnserem Heile dienlich. Und cs will.iii der Tat scheinen, als
ob auch diesmal gewisie Leute bei uns nicht alle werden wollen,
als ob man auch dissmal bei uns auf den Leim kriechen würde.
Man sollte eigentlich meinen, dah nicht aerade übermähig viel
politischcr Instinkt dazu gehört, um ?,u wisien, woher der Wind
weht, wcnn verschiedene englische Morgenblättcr der „Ueber-
neuaung" Ausdruck aeben. dah der Reichskaniler Tun 0 infolge des
Ansturms der Linksparteien zur Demission gezwungen sein
werde. Der Verliner Korrespondent der „Dailv News" behauptet
sogar, dah die Aufnahme. welche die deutsche Note in Frankrelch
fand, in Berlin tiefe Bestürzung hervorgerusen
babe (?) und dah, wenn das gegcnwörtiqe Kabinett nickt in
kürzester iZeit ein Leiriedigendes Angebot machen «erde mit einem
Kabinettswechsel gerechnet werden müsie- Wir können
vollauf versteben, wcnn Herrn PoincarS das Kabmett Luno,
als der Repräsentant des höcbst unbequemen passiven Widerstando«,
nicht mehr genehm ist. Wir können auch noch verstehen, dah er. um
uns diese seine Meinung schmackhafter zu machen. dazu den Umweg
über die enqlische Presie benutzt. Wir können aber nicht vcrstehen,
dah es in Deutschland noch Menschen gibt. die auf so etwas bincin-
fallen imd wirklich glauben. e!n anderes Regime würde fiir Frank-
reicki annehmbarere Vorfcklläge macken können. Und doch. so
unglaublich das scheint. es ist so. Die Franksurter „Volkssiimme"
kündigt in Nummer 103 vom 4. Mai eine „Aenderung der.Stelliing-
nahme der Sozialdemokraiie zur Regierung" an, die trotz des
Fraaezeickens an Deutlichkeit nichts zu wünscken übrig läht. Danach
erklSrt das offizielle Bureau der Sozialdemokratischen Pariei:
„Erst vor wenlacn Tasen dat -er franzvstickie Mtnlstervrästdent
bekanntcn dcntschcn Parlamentarlcrn mlttellcn lasten. bast er zn Ner-
havdlunaen bcrcit ist, wenn ilim -aS Anaebot angestckts der Inner-
volitilcken Lage FrankrcichS elnlaermasten Slcrzu bte Müallckkeit giSt
unü cr nickt mehr daran denkt. alS Voraussevung für aeacnscttia«
Aue-einanderscbungen am grünen Tllck DentscklandS Berzlckt ans den
m-sstven Widcrstand ,u fordern. Wenn er iebt dennoch die Parole
deS „Unannckunbar" an die arohe Pariker Preste ausgab, so müstcn
wir sckvn annclimcn, bab er In der Tat ftark enttüuscht wordcn
ist. Wärcn PoincarS und scine Negicruns dte einziaen Enttäusckten,
denn würde man üch, volitisch aeseken, damit vicllcicht noch av-
finbcn kvnnen. Leider aber bcftnden Ne stch In eincm strctsc Glctch-
denkender.' Di« Mchrheit deS dcntschen BolkcS wünsckt eine Ber-
ständiauna mtt Frankrcick. Wor allem die deutsche ArVettersckast
wird alleS tun. um diel« Berstänbigung ohne ncue Demütigunacn
möalich ,u machen. Eine alatte Ablchnuna dcr deutschen VorschlSa«
aver könnte ste nur >ur weiteren entschiebenen Fortiebuna der vaistvcu
Sllwchr on der Nuhr bcstärken, wäbrend ste andcrnfalls bet Nück-
sraaen. alS Kampstruvve on ber Nuhr, bafür Sorae traaen wird, dah
Aweidcutlakettcn und Unklarbetten in dcr Beantwortnna «crmteden
wcrben. Kollte stch di« aeacnwärtiae Rcateruna ,u dtelen sackilichen
Borousiebunaen etncr Verständtgunasvolitik nicht bereit erklärcn,
dann mtrd eS noch andere Mittel unb Weae geben, die
schltebllch, wa» Deutschlanb anbelangt, rine Ber-
ständigung erleichtern."
Das kann nur bedeuten, so fühlt sich die „Volksstimme" be-
müßigt, zu kommcntieren. dah der Eedanke der „kleinen
Koalition" mit Zentrum und Demokraten wieder in Er-
wägung gezogen werden soll.
lleberflüssig zu sageN, dah man eine besiere Berbeuaung vor
Herrn Poincars nicht machen kann. Die Herren von der Linken
scheincn sich über die Ungeheuerlichkeit der angebotenen Summe, die
auch von ihnen unsägliche Opfer fordert, nicht ganz klar zu sein.
wenn sie die „Enttäuschung" des Herrn Poincare, als Gleich.
denkende (!) teilen. Die Drohung gegen die Reaierung,
,.andere Mittel und Wege" zu finden. ist in Wirklich-
keii nicht eiwa, wie es auf den ersten Blick scheinen könnte. aus dem
Eefühl innerer Stärke und eigcner Initiative entsvrungen. Die
Kampfer an der Ruhr, auf die sich die Partei hier ungerecht«
fertigterweise beruft, würden sich bedanken. wollte man Frankreich
n 0 ch mchr entgegenkommen und ste und iyren Widerstand preis -
aeben- Nein, die Sache ltegt denn doch etwas anders, als w!e
ste hier harmlosen Gemüter» dargestellt werden soll, Es ist stcher.