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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

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Nr. 31 - 58 (1. Februar 1923 - 28. Februar 1923)
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66. Mrgang - Ar. 56

Heidelberger Zeitung

26. Iebruar 1S2Z

crscheint wöchrntl liebrnmal. Bei'aqen: Dibaskalla iSonntl —
^Unverianats llvreitagr, - Lltcraturblatt - SochlÄulbeilage iinonat>ich>.

— -c>cltrage ohne Vcrantwortnng. RHcklcndling nur, wcnn Porto bei.iegt.

(Gegründet 1858)

und

HandelsblaLt

H-uptacschäit-st-lle «. Schriftleitg. tcr.Badischen Post- Zeidclberg, tzauvtstr. 23, Fernfpr. -
IVerlagsort: Franrfurt a.M > Bcrliner Vcrtrctnng: Berlin 8lV48. Zimmcr.
strastcS, Fern or Zentr.418, MllnchnerVertret.: München,S>eorgenftr.ltt7, Fernfpr.8lkö7

Lsche Post

^bde^n^°^btUg2vreiS dcr„Bad.Post"Mk. lSttl) - iausfchl.Zustellgcbiihrt. Eelbstabhol.Alk.!l«öil— AuSIand Mk.ävtti).
tchien "b.nur bis zum L.jcd.Mi» anzcnomm.n. Am 1 u.Lnoch gclicf.Zcitunge» stnd nach d.Einzelvcrkaufsprei-zube-
" v.EinzclnummcrMr. 75.-. SstbicZeitnng amErsch-incn o°rl,inLcrt. b.fteh. kcin Nnfpruch auf Entfchädlgung.

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FamMeimnzePen'Mk EcfchLftsanzcigcn Mk.5-1.-,Finanz- undJndustricanzeigcnMk. l00-, m.t PlaiivorMift und
Mö7tag» Mk°S - mchr. Dic »8 mm brcitc Rcklamc cile kostet Mk.lSS.-. Anzeigen und R-klamen von ai.»wart» 2o°/o höh-r


Die falsche Rechnuag.

völlige Mitzersolg der Lisherigen Ruhraltion.
^ un unserem H - "

orrespondenten
Den ^ Paris, 25. Februar.

scheint nicht nur die Verkehrsfrage im
die ^ 8 e nh e i t e n zu bereiten, sondern man Leginnt
^r, " Aussallmählich Larauf vorzubereiten, datz es

Eeji, chten, aus Ler Ruhrbefetzung grotze materielle
»lifb-^^chtersiatt "ätelen, ziemlich fchlimm bestellt ist. Der Son-
Slst; loinmr »Journal", der sich wochenlang im Ruhrgebiet
t öu der Erkenntnis, datz man, um das Nuhr-
^l'?^ugen nn lange Lehrzeit durchmachen und ganze

ih ^ °" ^ngenieuren, Werlmeistern und eine Unmenge von
^»f?r^Ugen »t^^ügung haben müsse, um zu greisbarcn Resultaten
hg? '»'che u>er die Ruhr wirklich kennd, diirfe n'cht wähnen,

>iv rell^ ^ verwirklichcn wären. Mit grötzter Anstrcngung
">»„ ^ ^ ° > ch e^ ichi^cht die Eisonbahn reorganisiert, was aber
Üch-^utdajen ^i- Um auch Kohlen zu transportieren, mützte

^°>"aic» :» aucy l-r o y r e n zu lransporneren, mugie

v^.ührlics '""d Jnnere der Bergwerle senden, was eine ziem-
^inin-n» ^>peration wäre, da sich hierdurch die sried-


chinderc'^"S der ArbeiteVändern lön'nte. ^ Der K
^ndusirie m^noch schörsirem

oksmangel
noch schärserem Matze ais der
möglich, mit Eewalt einige

rvj->d würe vielleicht iiivgiiii,, iim irieiouii enüge
^vfch' hch au> ^ ^ Tätigkeit zu brlngen, am richtigsten wöro es
f» t Ausbeutung der Staatsbergwerke und der
^edur7„i;? EI i n g ha u s e n zu beschrünken, die für Frank-
>>>isp dkanntlicu ° genügen würden.

t>>»! d unier Ä..?nrde zu Beginn der Ruhrbesetzung eine Ingenieur-
dort iroin^t^ng non Eoste in Las Ruhrgebiet entsandt. Was
>>rh'^t de§ 'childcrt heute Pkilipp Millet in einem Essener
l>ig^> wie ^^"s.Parisien", der besagt, datz man jetzt Pläne aus-
jr>ch7?>Ne a»,.die Kohlensteuer eintreiben und die Äusfuhrerlaub-
^che» könnte. Bekanntlich hat es bisher immcr in der

6»?' Diag ek^'n g^h^ihen, datz all diese Dinge bereits erledigt
Üh^dienr^ » V .i"t also heute zur Lesonderen Besriedigung, datz die
^stii ^a ^„7^ »niner mit der Ausarbeitung dieser Pläne beschäftigt
die Bläit grötzeren Erfolgen nichts berichten lann, füllt
^iir,"^Eu n weiterhin mit Schilderungen über Komplott-
Ltganisn?-^"' ü>ie angeblich durch die Orgesch und andere Ee-
iky/atz i °nen vorbereitet wurden.

hat, best"; Hibher keinerlei praktlsche Ergebnisse gs-

>> e!, tsbl'ad" ^ 'gt auch der Berliner Korrespondent des „Algemeen
'S estg '.h^r aus Elberfeld berichtet: „Das Ruhrgebiet liegt
^d°^.!n>a ms"'t Kohlenvorräten. Frankreich wäre jetzt,
nsten e- k^achen, tatsächlich imstande, in ganz kurzer Zeit alle
^vhl 'übep ahleninengen nach Lem eigenen Lande zu transportie

u wn p. naa) Lem elgenen r:anüe rruasporlt^-

f. ^ die vielen Zehniausenden von Arbeitern, die diese

Wenn Franlreich nicht alle Ruhrarbeiter
ih Ärbeii sranzösische und polnische, eventuell auch durch
^ !m ^ad uni^-?^^bhen will — was natürlich volllommen unmög-
^is^ ^s ^utelbar zum Bolschewismus fllhren würde — wird
Frank. - ^biet nicht finden: sicher auch jetzt nicht mehr,
Ühl/„ich e u»^^ ^>ns Politik geändert hat und mit Reit-
. "ll »,„» wewehrkolbcn seine Wnt an der Bevölkerung
hsttz die q, ^"^bt. Es mutz ausdrllcklich sestgestellt werden,
^ uhraktlon bis heute eiuen vollkommenen Mitzcrsolg

be>n" 2war durch Frankreichs Schuld."

!»» ^ 8ra>>N)st.^" Korrespondent: „Die grötzte Dummheit,
0 >n n" S des

>,"»»^' ArbeL

g den letzten Tagen begingen, war die Ver -

- Arstm Regierungspräsidenten Dr. Erützner,

!»si .g wargewaltige Sympathien genieht. «Die Ver-
°i» ' ° en M - ,^'guui für eine sehr kräftige Fortsetzung des
Uyf, »rstandes durch Hunderttausende von Arbei-

> i„""g ayf " Der Korrespondent glaubt, Latz Irankreichs

^veit. '

^ "cöbtakeit Deutschlvnds.

s ^rb".'"" bakdige Erschöpsung der «ttäu jch «n S

?^e»^^losen zu uuterstützen, ebensa is ?, Frankrelch sich 1

istl^werde, Weiter saat er: ..2-h gl^' Arbeitern die Liebe

wenn es glaubt dah bei den Leutschen Anschauungen stch

<>»> den Mag'en geht und .hre ^ »erschlechlerü

b»t,e !>*°enn b>e Löhne stnken und d>e Lrna , woUen. dan

^ite ^uMreich aus dies'e MdgUchke't Mu ^ tatsaä>i>ch

" ^ne P-ri°d-^^d--


' »r Ä°>u»

Poincarss Expose'.

"L'. dir'5iIion

„.„n^k-- ^oincars hat am Samstaq in der
nutzc», .. 'ur auswärtige Angejegcnheiten Erklörungcn
st»? höV. iolaen-.-^ Lage abgcgeben. Das amtliche Commu-
^ die Anter dem Vorsitz von Senator de Sel-

s'«

sl>,^li„°^u voVli7»'N'M wlvmete Po.ncar« vem
E i > r a » e . Ergebnisten dcr Ruhraktio n. Jn

i^ia»»'einc»^ » bmchrankte cr sich auf die AnkünLigung cincs
»d,"och „rUs bj°E e I bbuch e s übcr die Konferenz von
^'Ü'ENn'^ niöalirb ^ ^ebruar einsthlietzlich gehcn soll. Es
"kl "er q»"on Slnnnv^ -!°gen, welche Beschlüsse die Nationalver-
öll,-"Ut ure l-F/" "ber dcn FrieLensvertrag fassen werd«.

8SM i"

. deren augenblickliche grotze Bedeutung
-vltnlsterpräsidcnt die Kommission auf dem
Ticht »>cn^°'^^° Eelbbuch ist fertig und wäre
,'>(!d,^'0lle jt^ 28. ">urch Verständigung unter den

i°k^, a»»,kUber die letzte^n Nleichzeitige Erscheinen der

iN p^ worden Tg" .Ko.N'erenzen in Paris. London und
sü?°^''Nl U,»fn,,n^°',.bwses Eelbbuch wird sümtliche Pro-

ldi,.. 'ur .e d!°"°-.'E'al>en und so die Möglichkeit geben,

z„ ,^«!.!°bhaften, aber stets in höflichem Tone

DeLatt

en r„ aeer ,reiv Iil I,„!iia,e,„ ^.vne

a vcrsolgen. die jich Lei dcn Zusammenkünften

in London und Paris entwickclten. Poincars machte dann noch
Mitteilungen über die Organisation der Eisenkahnen, des Zoll-
wcsens, der Ausfuhrkewilligungen usw. in Len besetzten Eebieten
und gab die Ergebnisse der ersten Matznahmen, namentlich des
Ausfuhrverbots für Kohle, Koks, mctallurgische Erzeuqnisse und
Fertigwaren beknnnt. Nach dreistündigen Ausführungen Poincarss
dankte der VorsitzenLe de Selves dem Ministerpräsidenten lebhaft
für die Fülle und die Bestimmtheit seiner Mitteilungen.

Airsörhvuug drr Zkschuugszone.

Vesetzung weiterer rheinischer Ortschasten.

Eigene Drahtmeldung.

^ KoLkenz, 25. Februar.

Aus der Richtung vo« Köln kommend, tras Sonntag nachmit-
tag in Köuigswinter ein Rhciuschiss ein, das grötzcre Abtei-
lungcn einLs sranMschen Kolonialregiments absetzte. Die
Kolonigltruppen besetztcn die Stadt. Das Schiss dampste dann weiter
in der Richtung aus Linz zn, das den Rest der Srhisssbemannnng
erhalten hat. Ferner wurde die Stadt Montabaur, die bisher
zur amerikanischen Zone gehörte, aber schon seit zwei Zahren
ohne sremdrs Militär war, hcute mittag oon 280 Marokkanern be-
sctzt. Ebrnso wurden die Ortschastcn Dicrdors und Guterbach
in der Nähe von Neuwied neu bcsetzt. Aus Limburg wird ge-
mckdet, datz gegcn Mittag unmittelbar an der Crenze des unbejetzten
Gebiets an der Lahntalstrccke auf einer den Lunburger Bahnhos be-
hcrrschenden Anhöhe eine französische Maschinengewehr-
abteilung ein Lager bezog und yier vier Maschinengewehre mit
der Richtung aus den Limbnrger Bahnhos eingrub.

Die im Zusammenhanq mit der Anszahlung rückständiger Löhne,
Eehälter und Pensionen verhasteten Eisrnvahnbeamten der verschio-
Lenen Wiesbadener Dienststellen hatten sich am Samstag vor
dem Mainzer Kriegsgericht zu reraniworien. Es wurden
vernrteilt zu drei Monaten Eefängn!s die Oderinspektoren Lucke
und Hamol und die Eisenbahningenieure Diehl, Verleger,
Dopp und Esch, zu je 26 Tage» Cesüngnis die Oberinspekioron
Hoffmann und Berndt und der Schreibgehilfe Kilian. Bank-
Lireltor Wolfert von Ler WiesbaLener Dis>ontogessllschast erhielt
aus dem gleichcn Erunde zwei Monate Gefängnis. Wegen Äuf'i.orde-
rung zur Arbeitsniederlegung wurde Eisenbähningenieur Stieler
aus Ecnsingen vom Kriegsgericht zu fünf Mönaten Eefängnis
verurteilt.

FrankreW KMische Zsolierung.

Das Werben nm Rutzland. — Vergebliche Vemiihungen um Ztalien.

Von unserem H-Korrespondenteii.

Paris, 25. Februar.

Frankreichs Bestrebungen, aus seiner politischen Iso-
lierung herauszukommen, bewegen sich belanntlich in zwei
Richtungen: nach Rutzland und nach Jialien werden von Zeit zu
Zeit Fühler au.sgestreckt, ob man sich nicht änbiedern könnte. Jn
dezug auf Rutzland hat der Kloo r>u.tloiiir1s starle Bedenken,
weil er hauptjächlich mit Lem Programm der Bekämpsung des Bol-
schewismus soinen Wahlerfolg von 1919 erxungen hatte. Aber
Poincare scheint seine alte Rutzlandliebe noch nicht aufge-
geben zu haben und er möchte, La er weit und breit keinen Alli-
ierten sieht, Franlreich wieder Rutzland annähern, zumal er glaubt,
Ladurch LerEefahr clner r u s s i j ch - d e u t s ch e n A l l i a n z vor-
zubeugen und dem Larniederliegenden sranzösischen HanLel ein bedeu-
tendes Absatzgebiet zu schassen. Geplant war schon für die nächste
Zeit ein Verluch, Besprechungen einzuleiten, und nur die Furcht, den
Anwillen der Kammer zu erregen, zwang vorläufig dazu, von dem
Projekt abzusehen. Es soll also, wie heute das Organ Poincarss,
der „Matin", ausführt, zunächst die Klürung der politischen Lage
abgewariet werden, insbesondere will man die Haltung der russischen
Rcgierung lennsn lernen, oüer richtiger gesagt, man möchte zunächst
ersahren, wie Rutzland sichzu den französischen Anbiederungsver-
jnchen stellt. Der zwsite Versuch, an Jtalien heranzukommen,
mutz als endgllltig gescheitert angesehen werden. Der „Mal
tin , dessen Chefredakteur bekanntlich am nachdrücklichsten für ein Zu-
sammcngeycn Franlreichs und Jtaliens Stimmung gemacht hat, mutz
jetzt fesistellen, datz die osfizielle Rote der italienischen Negierung
und die zweideutige Haltung der italienischen Presse in den letzien
Tagen abkühlend wirkten und einen Stilistand in der Annähe-
rungsbewegung herbeiführten. Das Publikum mutz glauben, datz der
Eedänle einer engen Entente zwischen den beiden Landern, kaum ge-
boren, bereits wieder aufgegeben ist. Uebrigens lätzt sich nicht ver-
kennen, datz Jtalien» wenn es Frankreich energisch abwinkt, in ge-
wisser Hinsicht unter englischem Einfl » tz stand. Das englische
Kabinett gab Rom zweisellos belannt, datz ihm dcr Augcnblick nichi
günstig erjcheine. irgendwelche Annäherung an Frankreich mitzu-
machen.

VersKärfung des polnisK-lttauifchen KsnsiikLs. '

Von unserem Il-Korrespondenten.

Paris, 25. Februar.

Jn Paris liegen zahlreiche Meldungen aus Warschau und
Kowno vor, wonach der p o l n i s ch - l i t a u i s ch e Konslikt sich
verschärfc. Der Prästdcnt der alliierten Äommission, Clin-
chant, der oon der Botschasterlonserenz nach Memel entsandt wurde,
ist nach Paris zurückgekehrt und hat die Lage als durchaus un -
befriedigend crklärt. Man glaubt zwar nicht an den Äusbruch
des Klieges, wcil Polen dreitzig und Litaucn nur drei Divisionen
zur Versügung habe, doch besürchtet man, datzRutzland eingreifen
könne. Vesondcrs erregt man sich in Paris dariider, datz der polnische
Vcrtretcr in Memel von den Litauern gezwungen wurde, die Stadt
zu verlässen. Dic Polen protestiertcn zwar bci der Botschasterkonfe-
renz, jedoch schcinen sich die Litauer um die polnischcn Drohungcn
und Protcste nicht zu lümmern, zumal sie wirtschastliche Zwangsmatz-
nahmen in den Wind schlagen können. Litauen treibt hcute haupt-
sächlich mit Nutzland und Dcutschland Handel, weshalb cs flch an die
Entscheidung der Botschasterkonserenz und inobcsondere de, Völker-
bundes nicht weiter lehrt>

Sowjekrußland und die Rnhr.

Von unserem ^-Korrespondenten.

Helsingsors, Mitte Februar.

- In der Lolschewistischen Presse wird nach wie vor dem Tinfall
der Franzosen ins Ruhrgebiet viel Raum gewidmet. Aus Moskau
und Petersburg sowie aus zahlreichen Provinzstädten liegen ständig
Nachrichten über ProtestversammlUnqen der Arbeiter,
'der städtischen Sowjets und sogar der Rotarmisten gegen den völker-
rechtswidrigen Einbrnch der Franzosen und die von ihnen began-
genen Bestialitäten vor. Alle diese Protestversammlungen enden
mit den üblichen, offenbar vom Zentralkomitee der Kommuni-
stischen Partci Rutzlands voraeschriebenen Losungsworten, die darauf
binauslausen, datz nur S o w j e t r u tz l a n d, der angsblichs
„Arbeiter- und Bauern-Staat", >n der Lage sei, die Welt vor
einem neuen Eemetzsl zu bewahren und datz älles Heil von der
Zugchörigkeit zur Kammunistischen Partei abhänqe! Jn
Saraiow fand kürzlich eine feierliche Vcrsammlunq der städtischen
Sowjets statt, die sich mit den Schandtaten der Franzosen im Ruhr-
gebiet befatzte. Auch zahlreiche Arbeiter und Vertreter der> in
Saratow in Earnison liegendcn Roten Reqimenter nahmen an
dieser Sitzuuq teil. Die Dersammelten nahmen eine Protestresolu«
tion gegen die Besetzung des Ruhrgebiets an und crklärten sich
bercit, jegliches Opfer „zur Befreiung des Proletariats
Europas" zu bringen! Nach der Versammlung fand eine Demon«
stration statt, die mit Hochrufen anf Sowjetrutzland nnd Schmäh«
rufen auf die „Jmperialisten und Kapitalisten" abschlotz. Aehn-
Uch6 Versammlunqen haben, wie Lemerkt, auch in nielen anderen
Städten stattgesunden, so jn Pleskau, Zarizyn, Wologda usw. In
den zur Annahme gelanaten Resolntionen wnrden „die Würqer
der Arbeiterklasss" verflucht, als deren Avantgarde der französische
Imxerialismus Lezeichnet wurde.

Auch der allbekannte Nadek hat neuerdinqs in Moskau zn
dem Ruhrionslikt Stellung genommen. Er erklärte, datz, wenn
Deutschland in diesem Konflikt Sieger bleibc, das Versailler
Friedensdiktat vollkommcn aufgehoben nnd eine Stärkunq Deutsch-
Icnds erreicht wevde. Ein Sieg Frankreichs daqegen werde zu der
Schaffung c-ines gewaltigey Eisen- und Kohlensyndikats sühren,
dos von Frankreich Leherrscht tverde. Radek sprach sich äuch für
die Notwendigkeit einer Verstörknng der Roten Armee aus, da im
Falle eines Krieges zwischen Frankreich nnd Deutschland Polen
genötigt sein werde, an diescm Kriege teilzunehmen und aller
Mahrscheinlichkeit nach versuchen werde, Sowjetrutzland zu über«
falIen, um sich die erforderliche Rückendeckung zu verschafsen.

Ueberhanvt scheint cs Tatsache zu sein, datz man in führenden
Kreisen Sowjetrutzlands mit dem baldigen Ausbruch
neuer Kriege rechnet. Das offizielle wirtschaftliche Organ
drs Sowjets für Arbeit und Landesverteidigung „Ekonomitsches-
kaja Shisn" hat in letzter Zcit sehr interessante und ungemcin sach«
lich geschriebene Aufsätzs über die wirtschaftlichen Folgen der Ruhr-
besetzung veröffentlicht. Kürzlich gab das genannte Blatt ans-
führlich einen Vortrag wieder, den M. Pawlowitsch im Mos-
kauer „Eeschäftsklub" Lber die Ruhrbesetzung gehalten hatte. Auch
Pawlowitsch ist davon überzeugt, datz es zum Kriege kommen
werde, wenn sich auch eben der genaue Termin des Kriegsaus»
Lruches nicht voraussagen lasse. Dis gegenwärtige Weltlage ist
nach seiner Ansicht genau dieselbe wie vor Ausbruch des Welt-
krieges im Jabre 1914, und wie jener Krieg, so werde auch der
kommende umStahlund Kohle geführt werden. Es sei klcr,
datz England sich auf die Dauer nicmals mit einer französischen
Besetzung des Ruhrgebictes aussöhnen werde. — Ungemein charak-
tcristisch sllr dse llnwahrhaftigkcit der bolschewistischen Politik ist
übrigcns der Ümstand, datz, während im ganzen russischen Lande
Protestversammlungcn gegen den französischen Raub des Ruhr-
gebiets veranstaltet wcrden, ein führendes bolschewistisches Blatt,
nämlich die osfizielle Moskauer „Iswestija". aus Essen Korre-
spondenzen ihres Spezialberichterstatters veröffentlicht, in denen
gegcn die festc Haltung der deutschen Rcgicrung gegenllber Frank-
rcich protestiert wird und mit grotzer Sympathie die Forderung
der deutschen Kommunisten, das Ministerium Euno mllsse zurllck-
treten — beqrützt wird. Wie der Spezialberichterstatter dcs gc-
nannten Dlattcs den rusjischen Lesexn aufbinden will, hätten nur
die deutschen Kommunisten sm Ruhrqebiet die einzig rich-
tigc Taktik eingeschlagcn. Eine parteiischere Darstellung der wirk-
lichen Sachlage ist mohl schwer denkbar — Erwähnt werden mutz
endlich, datz die bolschcwistischen Blätter die Nachrichten aus dem
Ruhrgebiet als militärische Nachrichten vom Kriegsschau-
platz verofsentlichen. Offcnbar haben nach bolschewistischcr An-
schauung die kriegerischen Ereignisse bereits begonnen. So unrecht
dürften die Volschewisten mit dieser Darstellung nicht haüen!

Die Rückgahe des deutsKenGigentums inAmerika.

Paris, 25. Febr. (Eig. Drahtm.) Das amerikanische Nepräsen-
tantenhauö nahm mit 200 gegen 11 Stimmen ein E-setz an wonaH
der Sequester des beschlagnahmtcn seindlichen Eigentums den Aus-
trag erhält, Eigentum im Werte bis zu 10099 ^ollar zuruck,
zucrstatten. Im ganzen durftcn Werte bis zu 109 Millionen
Dillor zurückcrstattet werden. In der Debatte wurde darauf hin-
gewiejen. datz die meisten Deutsthen, die durch die Vejchlagnahme be-
 
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