Zahrgang Ar. 164
> ia>e P ol>" crlcheinl wöchentl Itekcnmal Bc> a en> D!!>aS!»N a 'Sonnt.1 ^
y"'ErhaltungsbIattlM>>ntagsl - Litrratnrblatt-Vvchschutbcjlage ononatli»!.
^."erlgnate Beiträge ohne Verantwortnng. Rückirnduna nur. wenn Porto bciiieg».
Heidelberger Zeitung
(Gegründet 1858)
und
Sandelsblatt
Eamstag, deii lü. Zun! 1923.
Hauptgeschäitsltelle u. Schristleitg. ver.Badischen PoIt"Hsidelbsrg,Hauotstr. 2N,Fernspr.
Nr. 18L Berliner Vertretung: Berltn SV 48. 8imnier»raSe g, Fernlpr. Zentr. 418
Münchner Vertrctung München, Seoraenstr. 1»7, Fernlpr. 81887,
Bostschetk-amrtrt t kkrauksurt «. M. V141»
L-Ni»N,zugsvreis der -Bav. Posi' Mk..
-«ibe'
tn. Preir s. Cinzellilimmcr Mk 8M.-
6»V-
sausschl. Zustellgebührl. Selbstabhol. Mt. SSV».—. Ausland Mk. I20l>8 —
izelverkanfrpreir,» bc-
Jft vre Zettung am Erlcheincn verhIndcrt.besteh« kein Ansprnch ausEntschädiguna
,^^kell.werd. nur bir zum I. sed^Mis angenommcn. Am 1 n.2. noch gelies.Zeitungen slnd nach d. Einzelverkaufrpreis ,u bc
Voktschcck-Loutoi Srauksurt a. M. »1418
Anieigenvreiserdicll mm biette Nonparcillezeile koitet: tokalc Ltcllengesuchs Mk.SS > kllGelegenheitsanzetgsnMk 2SV.-,
Familienanzeigsn Mk 4VV.—. Gcschäktranzcigen Mk.Svtt.—,Finanz> und Jndustrieanzetge» Mk. 8VO.-,mit Platzoorlchrifi nnü
Montagr Mk. Sv.— mehr. Die V8 mm breitc sreklamezcile kostet Mk.2V0V.—, Anzeigen uno Reklamen von answärts LS°/o höhcr
Zrankreich Wsich nichi beirren.
^ngeheuerliche Pläne für eine völlige Versklavung Deutschlands.
Von unserem 8-Korrespondenten.
Pario, 14. Juni.
s^.Die Demission des belgischcn Kabinctts trttt
^^iierweise heute sast völlig in den Hinlerzrund. Es sind nur
^^nige Blätter, die >n eigenen Artikeln Va.zu Stellung nehmen,
^^Esten beschränlen sich auf die Wiedergabe ser ofsiziösen
^^urmeldungen. Durchweg kommt aber in ven Zeitungen zum
ikg ^uck, dag die Demijsion Les belgischen Kadinelts gerade im
,^Uwänigen Augenblick siir Belgien und iür die Entente lcicht
^bd "achteiligeFolgen haden könnte, wenn man nicht hoffen
s."ie, dag die Krise doch nur eine sehr vorübergehende ist, und
^°unis
?8t
etne jehr vorübergehende ist,
doch wieder mit der Neubildung des Kaüinetts beauf-
wird. So schrcibt das „Icurnal": Man wcchselt nicht während
ir-. Schlacht den Führer, unü besonders nicht dann, wenn der Sieg
sicher ist. Die nationalistischen Blütter, wie das „Echo de
das „Echo Naticnal", der „Gaulois" ufw.. weisen mit
ii^rn Nachdruck auf den Ernst der Lage in Vrüssel hin,
_ - ....
Eher hätte erwarten können, ein paar Worte
- ° Eefolgschaft Theunis'' namentlich seit
einziges Blatt, und zwar der „Petit Pariflen", findit, was
des Danlss für die
Bcginn der Ruhr-
Was die wsiteren Folgen diescr Dcmts'ion anüetrifft,
l^Est man darüber z. B. im ..Oeuvre", inan hoise, dah Theunis
^ Jaspar auch Mitglieder des neuon KaLineits s-in werden,
auch der Premier sich bereits geäichert hab«, dah er end-
i>k,!E>g zurücktreten wolle. Die Neubildung des Krbinctts
ijx ° wegcn der Eenter Frage sehr schwierig sein. Gelinze es nicht,
^intgkeit zwischen dcn Liberalen und den Klerikalen wieder
^Wellen, so bliebe nur die Auflösung des Parlaments
jst nun ganz sichsr kein Zufall, dag dies« Demissiin heute
^ 8en in Paris als ein Ereignis von scheinbar geringsr Be-
»Mg hingestellt wird; ste wird ganz zweifellos eine Entscheidung
Reparationssrage crheblich verzögern, denn
>»^»kreich wird, wie auch immer das neue Kaüinett hetßen möge,
» gland keine Antwort erteilcn, Levor es sich nicht mit Brüssel
i»> u darüber verständigt hat. Frankreichs Auimerlsamkeit aber,
"as jst das wichtigste, wendet fich heute mehr d-nn je eigenen
i zu, und zwar dem Ausgang der heutigen Kammer-
über die innere Politik. Sie steht heute im Vordergrunde
Änteresses, und zwar sowohl aller politischen Kreise, wic auch
!>,!, ^resie, die diesem Ereignis heute lange Vorbesprcchungen in
«i^r Aufmachung widmel. Poincar 6 musi sich heuts über seine
^heit schlüssig werden, daher ist auch setne heutige Rede von
^ridender Bedeutung, wie an dieser Stelle wicderholt betcni
Die einzelnen parlamentarischen Eruppen traten gestern zu-
^ ^n, um sich dariiber schlüssig zu werden, welche Stellung sie heuts
-wen wollen, doch lätzt sich über die Sitzung garnichts im voraus
^ ba alles von Len Erklärungen abhängen wird, die Poincarö
^?°r Kammer heute gcben wird. Auch die meistcn parlamen-
!»^rn Eruppen wcrden ihre Resolutionen erst von diefen Erklä-
abhängig machen. Nur das eine mutz noch bet.mt werden.
Klarheit überdic innere PoliltkPoincares
itz ° er seine äutzere Politik wie bisher nicht fort-
tz künnen, und darin liegt auch die Bedeutung der Demission
?dlgischen Kabinetts sür Frankreich.
^l^ag tzie Derhandlungen mit England anbetrisft, so
-df» rjnerseits im Quai d'Orsay erklärt, von einer bevorstehenden
dukunft zwischen Poincars und Baldwin sei dort
.. belannt, andererseits aüer hat nach dem „Echo de Paris" der
V^sische Votschastcr in London bcreits inflruilionswsise die er-
!v"Hen Auskünfte für die englischen Fragcn erhalten. Das
A- E Vlatt verbreitet'über den Standpunkt oer französifchen Negic-
V> 8u den englischen Fragen folgende ungeheuerlichen
,'lungen: ,
>'»", Passtver Wkderstand. Frankrrich verlangt: Die
^ixöiehung allcr Verordnnngen der dcutschen Regierung seit
j„g Ruhrgebiet am 11. Januar; Amnestie sLr alle
>» die »ou deutschen Eerichten verurteilt .ourdcn. weil sie
^s^sehlcn der alliierten Rheinlandkommisston und andcrer sran-
Bchörden gehorcht habcn; schristliches Bersprechen der deut.
>^j,^°Sierung, keinerlei Repressalieu gegen Deutsche zu
weil sie den Besehlen dep Besatzungsbehörden Folge ge-
»z haben; Wiederaufnahme der Arbeit der Eisen.
E' Befehle der deutschen Regirrnng znr Befolgung der
^tzj^Unge» der Rheinlandkommisston (!!!). Vcachtung der Ürteile
^ >!"itiirg«richte Vufhebung deg Handelsoerbota
sjn^ische Firmeu mit alliierten Häusern, Anweisung an alle
jj^'n ivehörüen, i» jeder Art nnd Wcise den alliierten Behvrden
> - "kchrn
Die
(!!-').
Ausnutzung des Rnhrpsandes nach der Aus.
brs passiven Widerstande» denkt fich Frankreich solgender.
Berzicht aus dic O-Bonds, unter gleichzeitiger Aufhebung
^H'^nlliiertcn Schulden, die und IZ-Gonds-Ford:rungen
^ Ün Frankreich und Belgien in einem nomincllen Betrage
<>, ^Earden Eoldmark voll ausrecht erhaltrn, die Natural»
Liejerungen in Kohle usw„ 2kproz. Zollabgabe. sofortige
i ""2 gewisser Psänder, deren Erträgnis auch währ-tnd des
"'iums nutzbar gcmacht werden soll, wie z. B. Ausdchnung
^nzösisch-belgischen Eiseubahnverwaltung
isj^ nlliicrtc Eisenbahngesellschast. glcichzeitige Organisation
^ bluhrzcchen usw.
Wort erübrigt stch zur Kennzelchnung dieses franzökischen
das einer völligen Versklavuug Deutsch-
lands gleichkommt. Frankreich ist gnädigst bersrt, als einziges
Entgelt dafür zu bieien, datz es seine Besctzung ändern würde. Jm
Lbrigcn reagierte die gestrige Vörse ziemlich s.ark auf die augen-
blickliche Lage; das Pfund sticg auf 72,83 Franlen und der Döllar
auf 15,8 Franken.
Erneuerung -er EinkreisungspoM?
Die Londoner Presse iiber die Haltung Englands Europa gegenüber.
Von unserem K.-Korrespondenten.
Loudon, 15. Juni.
Die inieresianteste Aeutzerung, die heute non cnglischer Seite zur
Reparationssrage vorliegt, ist ein Leiiartilel der „Morning
Post", in welchem Minsiterpräsident BaIdwin in Lringcndem Tone
ermahnt wird, auf dcr einzigcn Lösung der Schwierigkeiten. aus
einem Bündnis zwischen England uns Frankreich
zu bestehen. England könne nicht seine gegenwäctige Politik fort-
setzcn, durch die es sich in Europa überlaste, sondern es müsie jeinc
Interessen einfach dahin wahren, dasi es sich mit der stärkst>n Kon-
tincnialmacht verüünde. Es miisse ein ähnlicher Bertrag zwischen
Frankreich und England geschlossen werden, wie seinerzeit
zwischen Delcasss und Künig Eduard. Nur aus diesem Wege
lasfe sich Europa und das britische Weltreich rerten. Aehnliche Ee-
Lankengünge sind in der „Morning Post" nicht neu, sie sind abcr
deshalv Leachienswert, weil os allmätzlich aufgefallen war, das; das
Vlatt der Hochtories unmittelbar nach dem Empfang des deutschcn
Memorandums sich vollkommen in der Richtung der Regierungs-
politik bewegt hatte. Die Tatsache, dag es heuie uon diesem Wege
entschieden wieder abschwcnkt, und zu seiner alten Verteidigung
Frankreichs zurückkehrt, lätzt deutlich genug dsn Druck erkeunen,
der vom rechten Flügel des Kabinctts ausgeht, und der sich dereits
seit cinigen Tagen bemerkbar macht.
Nach einer Jnformation des „Daily Telegraich" umfatzt der
englische Fraaebogen, der voracstern der franzosischen Reyierung
übersandt wuroe, 8 Punkte, nämlich: Einstellung des passiven
Widerstandes, unstchtbare Besetzung, scyrittweise
Räumung, wirtschaftliche Ausbeutung der Pfänder, Morato-
rium, Elsenüahnregie im Rheinlande, Zollgrcnze
zwischen dem besetzten und dem unbesetzren Eebtet. Der letzte Punkt
der im englischen Schriftstück erwähnt wird, stellt jedoch keine Frage
dar, sondern läuft im wesentlichen auf eine Ablehnung des
französischen Januarplanes hinaus. Es !ei nicht aus-
geschlossen, datz die englische Rcgierung in ähnlicher Weise auch in
Verlin Auskünfte einholen werde, um Ergänzunaen zum d> utschen
Memorandum zu erlangen. Es würde sich in diesem Falle darum
handcln, sestzustellen, wie weit die deutsche Regierung den Wünschen
nach Einstellung des Widerstandes entgegenkämc, und welche Zu-
aeständnisse sie oafür verlangen würde. Jm Eegensatz zu den Aus-
führungen der „Morning Post" erinnert der .Ilaily Telegraph" in
warnendem Tone daran, oatz die englischc Politik jederzeit, wenn dies
notwendig werden sollte, sich von den kontinentalen Verpflichtungen
zurückziehen könnte; Europa sei mehr auf Lngland angewiesen als
England auf Europa. Man erkennt-in diesen Anschau»nren die
Ansichten der ntehr wirtschaftlich eingestellten Teile des Kabinetts,
gegenüber dem Standpunkt der Derbygruppe.
AuS dem EinSruchrgebiet.
Neue schikanöse Anordnungen der Rhcinischen Oberkommisston.
Paris, 15. Juni.
Die Rheinische Oberkommission hat. wie die Havas-
Agentur berichtet, gestern wieder eine ganze Serie von neuen
Verordnungen erlasien. Jn keinem der Berichte wird aber
angegeben, ob die Entscheidungen mit Stimmenmehrheit oder mit
Stimmcngleichheit getrossen wurden. Der verstärkte Stratzcn-
bahnvcrkehr soll von nun ab nicht mehr geduldet wer-
dcn. Es wurde beschlosien, datz die Stratzenbahngesellschasten ihren
Vetrieb auf die normale Ausdehnung, die im Jahre 1822 festgestellt
wurde, zurllckzuführen haben. Des ferneren soll von nun ab den
Kommuncn und Lcm Deutschen Reiche Wicdergutmachung
eines jeden Schadens auferlegt werden, der durch Sabotage ooer
aus einem anderen Erunde, den der Widerstand des Deutschcn
Nciches gegen dic Verordnungen der OLerkommisston geschaffsn habe,
entstanden ist. Autzerdem soll angeordnet werden, datz von nun ab
der in Ordonnanz 167 vorgesehene Verkehr zwischen den
Beamten im bejetzten Gebiet und ihren vorgesetz-
ten Behörden im unbejetztcn Eebiet auf ein möglichst
geringcs Matz beschrünlt werde. Neiscerlaubnis soll nur ganz
ausnahmsweise und zwar nur in Fällen, in denen es sich um un-
erlätzlichc Besprechungen im Interesie dcr Beuölkerung handelt, ge-
tattet wcrden. Die Bezirksüelegierten allein sollen diese Ausweise
ausstellen, die nur für eine Reise Eültigkeit haüen sollen. Schlietz-
lich hat die Oberkommission beschlosssn, datz. wenn in Zukunft an
Anlagen, die militärifches Interesie haben, wie z. B- an Eisenbahn-
linien, Telepohn- und Telegraphenleitnugen Zerstörungen festgestellt
werdcn, ein oder mehrere deutsch« Beamte der Justiz oder der Poli-
zei sestzunehmen sind.
Elbcrfeld, 15. Juni. (Eig. Drahtm ) Für dke Einreise in
das besetzte französische Eebiet fordern die Franzosen
unter allen Umständcn den französischen Stempel; das
englische Disum ist für ste nicht matzgebend.
Münfter, 15. Iuni. (Eig. Drahtm.) Sämtliche Bahnhö'fe
Dortmunds sind von dcn Franzosen besetzt worden.
Wieder ein Zugunfall.
Eriesheim, 15. Juni. Am Freitag stietz auf dem Vahnhof Eriss-
heim ein von Len Franzosen gefiihrtcr Eüterzug auf einen auf
demselben Gleis befindlichen leeren Personenzug. Der
MaterialschLdcn scheint bcdeutcnd zu sein Da die Franzosen das
Unglücksgebiet im weiten Umsang abgesperrt haben, lann Näheres
nicht sestgestellt werden.
Wir wamen!
Vor einer Woche ist der Leichnam Schlageters der deutschen
Hcimaterde Lbcrgeben worden- Tausende haben dem Hclden auf
seiner Totenfahrt di« letzte Ehre gegeben. Tausende haben an seinem
Erabe gestanden mtt einem stillen Eelöbnis auf den Lippen, das
Haupt entblötzt vor der Erötze dieses Mannes, der sein junges Lebe»
für das Vaterland geopfert hat, mit der schlichten Selbstverstandlich-
keit eines Menschen, der alles bis aufs letzte hingibt, um setnen
Dienst an der Eemeinfchast seines Volkes und seines Staates zu er»
fllllen. Er hat keine politischen Phrasen gemacht, er hat nicht voa
„hohcn Jdcalen" gefaselt, er hat keine „leeren Menschheitsideen"
verfochtcn und mit Schlagworten von „Freiheit und Gleichheit" di«
Lüge im Herzen getragen; wie so viele von denen, die heute nur
noch dem Siamen nach sich Deutsche nennen dürsen. Für ihn gab e»
nur eine Frciheit. Das war nicht die Losgerisienheit des Einzel«
nsn aus angestammtem Boden un>S Eeschlecht, nicht das Entwurzelt»
setn des Jndividuums, das Freisein von allen Bindungen des Blutes,
die Zügellosigkeit zn. a. W. Für ihn gab es nur die Freiheit in der
Gemeinschaft, die Freiheit seines Volkes. für dessen unge«
heinmte Existenzmöglichkeit, für dessen Leben er das seinige hin-
gegebcn hat. Für ihn war die Freiheit keine Redensart, kein leerer
Begriff, dcn man nur, wenn es opportun war, im Munde führte,
für ihn war die Freiheit die erste Lebensbedingung einer Eemein»
schaft, dic mit dem Sein des Einzelnen, mit der Tat der Hingab«
erkämpft werden mutzte. Und dieser absolute Ernst des Selbst«
einsatzcs, diese Weihe des Opsers, diese letzte Krönung alles wahren
politischen Handelns hat alle diejenigen ergrifsen, die die Hülle
des Helden zu Erabe geleitet haben. Aus allcn Eegcnden des deut»
schen Vaterlandes klang das Bekenntnis zu ihm und seiner Haltung,
selbst England und die Türkei haben ein, wenn auch noch so schllch-
ternes Zeugnie inneren Beteiligtseins verraten — nur di«
deutsche und die badische Regierung haben den Be«
kennermut nicht aufzubringen vermocht, der sie auch
nach autzen hin, auch offiziell an die Seite dieses echten Sohnes deut-
scher Erü« hätte zwingen müssenl „Die deutsche und die badische Re«
gierung hatten weder einen Vertreter gesandt, noch einen Äranz
niederlegen lassen."
Es ist eine sehr, sehr Littere Pille, di« man uns mit dieser Tat»
sache zu schlucken gibt und es hält nicht leicht, den Motioen nachzu»
gehen, die die Regierung bei diesem ihrem Verhalten geleitet hdben
mögen. Hat man in Schlageters Vorgehen etwas Ungesetzlichcs er-
blickt und deshalb geglaubt von der offiziellen Entsendung eines Re»
gierungsvertreters absehen zu müsscn? Wenn dem so ist — wie
dllrfte man das eigentlrch sür möglich halten — dann müsien wir
dem entgegnen, datz auf deutschem Bodcn deutsche Ecsctze
gelten und nicht französtsche und datz es eine politische Unge«
heuerlichkeit ohne gleichcn ist, wenn deutsche Behör-
dcn durch Lie Erlassung eines Steckbriefs einen) Deutschen, der nur
Lemüht gewesen tst, sranzösische Ungesetzlichkeit zuschanden zu machen,
den feindlichen Häschern in die Hände spielen. So weit geht der
Fluch des „internationalen", alle Erenzen verwischendcn Denkensk
So weit, dah dcr eigene Staat uiüi seine organischen Eesetze nichts,
das Recht Ler anderen, der Stärkeren aber alles gelten! Zst es
möglich, so weit sich an abstrakte Eedanlengänge zu verlieren, so weit
zum Sklaven eines leeren formalistischen Rechtsbegrisfs zu werden,
datz man die raumzeitliche Bedingtheit alles organisch Eesetzmätzigen
überhaupt nicht mehr sieht, und sich auf diese Weise zum Handlanger
aller dcrer erniedrigt, die noch ein unverbilüetes Eefühl für Eigcn»
sein und selbstisches Handeln Lesitzen? Es gibt angeblich auch
Deutsche unter den Sozialdemokraten. Sollte nichr diesen doch
ein Licht aufgcgangen sein, als sie Hsrrn Severing und Herrn
Degoutte bei der gleichen Nachgiebigkeit gegen die Kommunisten
auf der Jagd nach genau dcn gleichen Deutschen und d e n g l e i ch e n
vaterländischen Organisationen sehcn mutzten? Hätten nicht auch
diese Leute endlich einsehen müssen, datz hier doch etwas nicht
stimmen kann, wenn so diametral entgegengesetzte Beweggründe
so identische Handlungcn auslösen? Menn zwei so verschiedene Men-
schen aus entgegengesetzten Eründen sich auf ein und dasselbe Rccht
berufen wllrdcn, dann ist eben der gesunde natürliche Sinn dcs Ee-
setzes überhaupt abhanden gekommen, dann triumphiert dte abstrakte
Form, dann klammert man sich an einen leeren Begrtff, der dis
organische Beweglichkeit jedes Rechts e m p f i n d e n s in sinnlose
Starre verwandelt. Und dann gibt man eben jeüe Bewegungs«
srciheit, jede geistige Eeschmeidigkeit preis und wikd zum Narren
eines totcn, fixen Begriffs, der des o^anischen Lebens spottet. M i t
solchem Rechtsfanatismus wllrde die Regierung nur ihre
eigene Politik zu Erabe rragen. denn wenn sie dre
Saboiagc dcs Einzelnen als ungesetzlich verurteilt, dann wird ste
auch die Sabotage aller. den passtven Widcrstand schlietzlich Les-
avouieren müsien. Freilich, es ist heute schon soweit mit der deut-
schcn Eeistesverfasiung gckommen. datz ste auch vor dieser letzten
Selbstverleugnung ihres Wesens nicht zurllckscheuen würde, selbst um
den Preis nicht, datz England hier noch deutscher empsinden
sollte, dasselbe England. das uns doch so wenig hold ist und trotz-
dem hat erklären müsien, datz es auf keinen Fall den passiven Widcr«
stand als verbrecherisch verurteilen könne. Soweit ist es mit uns
gekommen, datz uns heute von jenseits des Kanals hochmutig genug
bedeutet werden mutz, was deutsches Recht und deutsche
Billigkeit ist und wir müsien uns, so beschämend das an sich
sein mag, so etwas sogar vom Eegncr sagen lasien, solange nichi
über alle entwurzelnde Internationalisierungstendenz hinweg stch
auch bei uns das natürliche Rechtsempfinden wieder im
lebendigcn Volkstum sest verankcrt hat. Das Rccht, das nu»
aus dem Boden und aus dcm Volke organisch herauswächst, ist mitz,
achtet im heutigen Deutschland, ja mit Fühen getretcn »ugunsten
eincs rein imaginären „internationalen" Ncchts. llber das die ande«
ren nur hohnlackiend dre Achseln zucken. Die dcutsche Mcntalität, di«
an Selbstbezichtigung schon in der Schuldfragc «in Aeutzerstcs ge-
> ia>e P ol>" crlcheinl wöchentl Itekcnmal Bc> a en> D!!>aS!»N a 'Sonnt.1 ^
y"'ErhaltungsbIattlM>>ntagsl - Litrratnrblatt-Vvchschutbcjlage ononatli»!.
^."erlgnate Beiträge ohne Verantwortnng. Rückirnduna nur. wenn Porto bciiieg».
Heidelberger Zeitung
(Gegründet 1858)
und
Sandelsblatt
Eamstag, deii lü. Zun! 1923.
Hauptgeschäitsltelle u. Schristleitg. ver.Badischen PoIt"Hsidelbsrg,Hauotstr. 2N,Fernspr.
Nr. 18L Berliner Vertretung: Berltn SV 48. 8imnier»raSe g, Fernlpr. Zentr. 418
Münchner Vertrctung München, Seoraenstr. 1»7, Fernlpr. 81887,
Bostschetk-amrtrt t kkrauksurt «. M. V141»
L-Ni»N,zugsvreis der -Bav. Posi' Mk..
-«ibe'
tn. Preir s. Cinzellilimmcr Mk 8M.-
6»V-
sausschl. Zustellgebührl. Selbstabhol. Mt. SSV».—. Ausland Mk. I20l>8 —
izelverkanfrpreir,» bc-
Jft vre Zettung am Erlcheincn verhIndcrt.besteh« kein Ansprnch ausEntschädiguna
,^^kell.werd. nur bir zum I. sed^Mis angenommcn. Am 1 n.2. noch gelies.Zeitungen slnd nach d. Einzelverkaufrpreis ,u bc
Voktschcck-Loutoi Srauksurt a. M. »1418
Anieigenvreiserdicll mm biette Nonparcillezeile koitet: tokalc Ltcllengesuchs Mk.SS > kllGelegenheitsanzetgsnMk 2SV.-,
Familienanzeigsn Mk 4VV.—. Gcschäktranzcigen Mk.Svtt.—,Finanz> und Jndustrieanzetge» Mk. 8VO.-,mit Platzoorlchrifi nnü
Montagr Mk. Sv.— mehr. Die V8 mm breitc sreklamezcile kostet Mk.2V0V.—, Anzeigen uno Reklamen von answärts LS°/o höhcr
Zrankreich Wsich nichi beirren.
^ngeheuerliche Pläne für eine völlige Versklavung Deutschlands.
Von unserem 8-Korrespondenten.
Pario, 14. Juni.
s^.Die Demission des belgischcn Kabinctts trttt
^^iierweise heute sast völlig in den Hinlerzrund. Es sind nur
^^nige Blätter, die >n eigenen Artikeln Va.zu Stellung nehmen,
^^Esten beschränlen sich auf die Wiedergabe ser ofsiziösen
^^urmeldungen. Durchweg kommt aber in ven Zeitungen zum
ikg ^uck, dag die Demijsion Les belgischen Kadinelts gerade im
,^Uwänigen Augenblick siir Belgien und iür die Entente lcicht
^bd "achteiligeFolgen haden könnte, wenn man nicht hoffen
s."ie, dag die Krise doch nur eine sehr vorübergehende ist, und
^°unis
?8t
etne jehr vorübergehende ist,
doch wieder mit der Neubildung des Kaüinetts beauf-
wird. So schrcibt das „Icurnal": Man wcchselt nicht während
ir-. Schlacht den Führer, unü besonders nicht dann, wenn der Sieg
sicher ist. Die nationalistischen Blütter, wie das „Echo de
das „Echo Naticnal", der „Gaulois" ufw.. weisen mit
ii^rn Nachdruck auf den Ernst der Lage in Vrüssel hin,
_ - ....
Eher hätte erwarten können, ein paar Worte
- ° Eefolgschaft Theunis'' namentlich seit
einziges Blatt, und zwar der „Petit Pariflen", findit, was
des Danlss für die
Bcginn der Ruhr-
Was die wsiteren Folgen diescr Dcmts'ion anüetrifft,
l^Est man darüber z. B. im ..Oeuvre", inan hoise, dah Theunis
^ Jaspar auch Mitglieder des neuon KaLineits s-in werden,
auch der Premier sich bereits geäichert hab«, dah er end-
i>k,!E>g zurücktreten wolle. Die Neubildung des Krbinctts
ijx ° wegcn der Eenter Frage sehr schwierig sein. Gelinze es nicht,
^intgkeit zwischen dcn Liberalen und den Klerikalen wieder
^Wellen, so bliebe nur die Auflösung des Parlaments
jst nun ganz sichsr kein Zufall, dag dies« Demissiin heute
^ 8en in Paris als ein Ereignis von scheinbar geringsr Be-
»Mg hingestellt wird; ste wird ganz zweifellos eine Entscheidung
Reparationssrage crheblich verzögern, denn
>»^»kreich wird, wie auch immer das neue Kaüinett hetßen möge,
» gland keine Antwort erteilcn, Levor es sich nicht mit Brüssel
i»> u darüber verständigt hat. Frankreichs Auimerlsamkeit aber,
"as jst das wichtigste, wendet fich heute mehr d-nn je eigenen
i zu, und zwar dem Ausgang der heutigen Kammer-
über die innere Politik. Sie steht heute im Vordergrunde
Änteresses, und zwar sowohl aller politischen Kreise, wic auch
!>,!, ^resie, die diesem Ereignis heute lange Vorbesprcchungen in
«i^r Aufmachung widmel. Poincar 6 musi sich heuts über seine
^heit schlüssig werden, daher ist auch setne heutige Rede von
^ridender Bedeutung, wie an dieser Stelle wicderholt betcni
Die einzelnen parlamentarischen Eruppen traten gestern zu-
^ ^n, um sich dariiber schlüssig zu werden, welche Stellung sie heuts
-wen wollen, doch lätzt sich über die Sitzung garnichts im voraus
^ ba alles von Len Erklärungen abhängen wird, die Poincarö
^?°r Kammer heute gcben wird. Auch die meistcn parlamen-
!»^rn Eruppen wcrden ihre Resolutionen erst von diefen Erklä-
abhängig machen. Nur das eine mutz noch bet.mt werden.
Klarheit überdic innere PoliltkPoincares
itz ° er seine äutzere Politik wie bisher nicht fort-
tz künnen, und darin liegt auch die Bedeutung der Demission
?dlgischen Kabinetts sür Frankreich.
^l^ag tzie Derhandlungen mit England anbetrisft, so
-df» rjnerseits im Quai d'Orsay erklärt, von einer bevorstehenden
dukunft zwischen Poincars und Baldwin sei dort
.. belannt, andererseits aüer hat nach dem „Echo de Paris" der
V^sische Votschastcr in London bcreits inflruilionswsise die er-
!v"Hen Auskünfte für die englischen Fragcn erhalten. Das
A- E Vlatt verbreitet'über den Standpunkt oer französifchen Negic-
V> 8u den englischen Fragen folgende ungeheuerlichen
,'lungen: ,
>'»", Passtver Wkderstand. Frankrrich verlangt: Die
^ixöiehung allcr Verordnnngen der dcutschen Regierung seit
j„g Ruhrgebiet am 11. Januar; Amnestie sLr alle
>» die »ou deutschen Eerichten verurteilt .ourdcn. weil sie
^s^sehlcn der alliierten Rheinlandkommisston und andcrer sran-
Bchörden gehorcht habcn; schristliches Bersprechen der deut.
>^j,^°Sierung, keinerlei Repressalieu gegen Deutsche zu
weil sie den Besehlen dep Besatzungsbehörden Folge ge-
»z haben; Wiederaufnahme der Arbeit der Eisen.
E' Befehle der deutschen Regirrnng znr Befolgung der
^tzj^Unge» der Rheinlandkommisston (!!!). Vcachtung der Ürteile
^ >!"itiirg«richte Vufhebung deg Handelsoerbota
sjn^ische Firmeu mit alliierten Häusern, Anweisung an alle
jj^'n ivehörüen, i» jeder Art nnd Wcise den alliierten Behvrden
> - "kchrn
Die
(!!-').
Ausnutzung des Rnhrpsandes nach der Aus.
brs passiven Widerstande» denkt fich Frankreich solgender.
Berzicht aus dic O-Bonds, unter gleichzeitiger Aufhebung
^H'^nlliiertcn Schulden, die und IZ-Gonds-Ford:rungen
^ Ün Frankreich und Belgien in einem nomincllen Betrage
<>, ^Earden Eoldmark voll ausrecht erhaltrn, die Natural»
Liejerungen in Kohle usw„ 2kproz. Zollabgabe. sofortige
i ""2 gewisser Psänder, deren Erträgnis auch währ-tnd des
"'iums nutzbar gcmacht werden soll, wie z. B. Ausdchnung
^nzösisch-belgischen Eiseubahnverwaltung
isj^ nlliicrtc Eisenbahngesellschast. glcichzeitige Organisation
^ bluhrzcchen usw.
Wort erübrigt stch zur Kennzelchnung dieses franzökischen
das einer völligen Versklavuug Deutsch-
lands gleichkommt. Frankreich ist gnädigst bersrt, als einziges
Entgelt dafür zu bieien, datz es seine Besctzung ändern würde. Jm
Lbrigcn reagierte die gestrige Vörse ziemlich s.ark auf die augen-
blickliche Lage; das Pfund sticg auf 72,83 Franlen und der Döllar
auf 15,8 Franken.
Erneuerung -er EinkreisungspoM?
Die Londoner Presse iiber die Haltung Englands Europa gegenüber.
Von unserem K.-Korrespondenten.
Loudon, 15. Juni.
Die inieresianteste Aeutzerung, die heute non cnglischer Seite zur
Reparationssrage vorliegt, ist ein Leiiartilel der „Morning
Post", in welchem Minsiterpräsident BaIdwin in Lringcndem Tone
ermahnt wird, auf dcr einzigcn Lösung der Schwierigkeiten. aus
einem Bündnis zwischen England uns Frankreich
zu bestehen. England könne nicht seine gegenwäctige Politik fort-
setzcn, durch die es sich in Europa überlaste, sondern es müsie jeinc
Interessen einfach dahin wahren, dasi es sich mit der stärkst>n Kon-
tincnialmacht verüünde. Es miisse ein ähnlicher Bertrag zwischen
Frankreich und England geschlossen werden, wie seinerzeit
zwischen Delcasss und Künig Eduard. Nur aus diesem Wege
lasfe sich Europa und das britische Weltreich rerten. Aehnliche Ee-
Lankengünge sind in der „Morning Post" nicht neu, sie sind abcr
deshalv Leachienswert, weil os allmätzlich aufgefallen war, das; das
Vlatt der Hochtories unmittelbar nach dem Empfang des deutschcn
Memorandums sich vollkommen in der Richtung der Regierungs-
politik bewegt hatte. Die Tatsache, dag es heuie uon diesem Wege
entschieden wieder abschwcnkt, und zu seiner alten Verteidigung
Frankreichs zurückkehrt, lätzt deutlich genug dsn Druck erkeunen,
der vom rechten Flügel des Kabinctts ausgeht, und der sich dereits
seit cinigen Tagen bemerkbar macht.
Nach einer Jnformation des „Daily Telegraich" umfatzt der
englische Fraaebogen, der voracstern der franzosischen Reyierung
übersandt wuroe, 8 Punkte, nämlich: Einstellung des passiven
Widerstandes, unstchtbare Besetzung, scyrittweise
Räumung, wirtschaftliche Ausbeutung der Pfänder, Morato-
rium, Elsenüahnregie im Rheinlande, Zollgrcnze
zwischen dem besetzten und dem unbesetzren Eebtet. Der letzte Punkt
der im englischen Schriftstück erwähnt wird, stellt jedoch keine Frage
dar, sondern läuft im wesentlichen auf eine Ablehnung des
französischen Januarplanes hinaus. Es !ei nicht aus-
geschlossen, datz die englische Rcgierung in ähnlicher Weise auch in
Verlin Auskünfte einholen werde, um Ergänzunaen zum d> utschen
Memorandum zu erlangen. Es würde sich in diesem Falle darum
handcln, sestzustellen, wie weit die deutsche Regierung den Wünschen
nach Einstellung des Widerstandes entgegenkämc, und welche Zu-
aeständnisse sie oafür verlangen würde. Jm Eegensatz zu den Aus-
führungen der „Morning Post" erinnert der .Ilaily Telegraph" in
warnendem Tone daran, oatz die englischc Politik jederzeit, wenn dies
notwendig werden sollte, sich von den kontinentalen Verpflichtungen
zurückziehen könnte; Europa sei mehr auf Lngland angewiesen als
England auf Europa. Man erkennt-in diesen Anschau»nren die
Ansichten der ntehr wirtschaftlich eingestellten Teile des Kabinetts,
gegenüber dem Standpunkt der Derbygruppe.
AuS dem EinSruchrgebiet.
Neue schikanöse Anordnungen der Rhcinischen Oberkommisston.
Paris, 15. Juni.
Die Rheinische Oberkommission hat. wie die Havas-
Agentur berichtet, gestern wieder eine ganze Serie von neuen
Verordnungen erlasien. Jn keinem der Berichte wird aber
angegeben, ob die Entscheidungen mit Stimmenmehrheit oder mit
Stimmcngleichheit getrossen wurden. Der verstärkte Stratzcn-
bahnvcrkehr soll von nun ab nicht mehr geduldet wer-
dcn. Es wurde beschlosien, datz die Stratzenbahngesellschasten ihren
Vetrieb auf die normale Ausdehnung, die im Jahre 1822 festgestellt
wurde, zurllckzuführen haben. Des ferneren soll von nun ab den
Kommuncn und Lcm Deutschen Reiche Wicdergutmachung
eines jeden Schadens auferlegt werden, der durch Sabotage ooer
aus einem anderen Erunde, den der Widerstand des Deutschcn
Nciches gegen dic Verordnungen der OLerkommisston geschaffsn habe,
entstanden ist. Autzerdem soll angeordnet werden, datz von nun ab
der in Ordonnanz 167 vorgesehene Verkehr zwischen den
Beamten im bejetzten Gebiet und ihren vorgesetz-
ten Behörden im unbejetztcn Eebiet auf ein möglichst
geringcs Matz beschrünlt werde. Neiscerlaubnis soll nur ganz
ausnahmsweise und zwar nur in Fällen, in denen es sich um un-
erlätzlichc Besprechungen im Interesie dcr Beuölkerung handelt, ge-
tattet wcrden. Die Bezirksüelegierten allein sollen diese Ausweise
ausstellen, die nur für eine Reise Eültigkeit haüen sollen. Schlietz-
lich hat die Oberkommission beschlosssn, datz. wenn in Zukunft an
Anlagen, die militärifches Interesie haben, wie z. B- an Eisenbahn-
linien, Telepohn- und Telegraphenleitnugen Zerstörungen festgestellt
werdcn, ein oder mehrere deutsch« Beamte der Justiz oder der Poli-
zei sestzunehmen sind.
Elbcrfeld, 15. Juni. (Eig. Drahtm ) Für dke Einreise in
das besetzte französische Eebiet fordern die Franzosen
unter allen Umständcn den französischen Stempel; das
englische Disum ist für ste nicht matzgebend.
Münfter, 15. Iuni. (Eig. Drahtm.) Sämtliche Bahnhö'fe
Dortmunds sind von dcn Franzosen besetzt worden.
Wieder ein Zugunfall.
Eriesheim, 15. Juni. Am Freitag stietz auf dem Vahnhof Eriss-
heim ein von Len Franzosen gefiihrtcr Eüterzug auf einen auf
demselben Gleis befindlichen leeren Personenzug. Der
MaterialschLdcn scheint bcdeutcnd zu sein Da die Franzosen das
Unglücksgebiet im weiten Umsang abgesperrt haben, lann Näheres
nicht sestgestellt werden.
Wir wamen!
Vor einer Woche ist der Leichnam Schlageters der deutschen
Hcimaterde Lbcrgeben worden- Tausende haben dem Hclden auf
seiner Totenfahrt di« letzte Ehre gegeben. Tausende haben an seinem
Erabe gestanden mtt einem stillen Eelöbnis auf den Lippen, das
Haupt entblötzt vor der Erötze dieses Mannes, der sein junges Lebe»
für das Vaterland geopfert hat, mit der schlichten Selbstverstandlich-
keit eines Menschen, der alles bis aufs letzte hingibt, um setnen
Dienst an der Eemeinfchast seines Volkes und seines Staates zu er»
fllllen. Er hat keine politischen Phrasen gemacht, er hat nicht voa
„hohcn Jdcalen" gefaselt, er hat keine „leeren Menschheitsideen"
verfochtcn und mit Schlagworten von „Freiheit und Gleichheit" di«
Lüge im Herzen getragen; wie so viele von denen, die heute nur
noch dem Siamen nach sich Deutsche nennen dürsen. Für ihn gab e»
nur eine Frciheit. Das war nicht die Losgerisienheit des Einzel«
nsn aus angestammtem Boden un>S Eeschlecht, nicht das Entwurzelt»
setn des Jndividuums, das Freisein von allen Bindungen des Blutes,
die Zügellosigkeit zn. a. W. Für ihn gab es nur die Freiheit in der
Gemeinschaft, die Freiheit seines Volkes. für dessen unge«
heinmte Existenzmöglichkeit, für dessen Leben er das seinige hin-
gegebcn hat. Für ihn war die Freiheit keine Redensart, kein leerer
Begriff, dcn man nur, wenn es opportun war, im Munde führte,
für ihn war die Freiheit die erste Lebensbedingung einer Eemein»
schaft, dic mit dem Sein des Einzelnen, mit der Tat der Hingab«
erkämpft werden mutzte. Und dieser absolute Ernst des Selbst«
einsatzcs, diese Weihe des Opsers, diese letzte Krönung alles wahren
politischen Handelns hat alle diejenigen ergrifsen, die die Hülle
des Helden zu Erabe geleitet haben. Aus allcn Eegcnden des deut»
schen Vaterlandes klang das Bekenntnis zu ihm und seiner Haltung,
selbst England und die Türkei haben ein, wenn auch noch so schllch-
ternes Zeugnie inneren Beteiligtseins verraten — nur di«
deutsche und die badische Regierung haben den Be«
kennermut nicht aufzubringen vermocht, der sie auch
nach autzen hin, auch offiziell an die Seite dieses echten Sohnes deut-
scher Erü« hätte zwingen müssenl „Die deutsche und die badische Re«
gierung hatten weder einen Vertreter gesandt, noch einen Äranz
niederlegen lassen."
Es ist eine sehr, sehr Littere Pille, di« man uns mit dieser Tat»
sache zu schlucken gibt und es hält nicht leicht, den Motioen nachzu»
gehen, die die Regierung bei diesem ihrem Verhalten geleitet hdben
mögen. Hat man in Schlageters Vorgehen etwas Ungesetzlichcs er-
blickt und deshalb geglaubt von der offiziellen Entsendung eines Re»
gierungsvertreters absehen zu müsscn? Wenn dem so ist — wie
dllrfte man das eigentlrch sür möglich halten — dann müsien wir
dem entgegnen, datz auf deutschem Bodcn deutsche Ecsctze
gelten und nicht französtsche und datz es eine politische Unge«
heuerlichkeit ohne gleichcn ist, wenn deutsche Behör-
dcn durch Lie Erlassung eines Steckbriefs einen) Deutschen, der nur
Lemüht gewesen tst, sranzösische Ungesetzlichkeit zuschanden zu machen,
den feindlichen Häschern in die Hände spielen. So weit geht der
Fluch des „internationalen", alle Erenzen verwischendcn Denkensk
So weit, dah dcr eigene Staat uiüi seine organischen Eesetze nichts,
das Recht Ler anderen, der Stärkeren aber alles gelten! Zst es
möglich, so weit sich an abstrakte Eedanlengänge zu verlieren, so weit
zum Sklaven eines leeren formalistischen Rechtsbegrisfs zu werden,
datz man die raumzeitliche Bedingtheit alles organisch Eesetzmätzigen
überhaupt nicht mehr sieht, und sich auf diese Weise zum Handlanger
aller dcrer erniedrigt, die noch ein unverbilüetes Eefühl für Eigcn»
sein und selbstisches Handeln Lesitzen? Es gibt angeblich auch
Deutsche unter den Sozialdemokraten. Sollte nichr diesen doch
ein Licht aufgcgangen sein, als sie Hsrrn Severing und Herrn
Degoutte bei der gleichen Nachgiebigkeit gegen die Kommunisten
auf der Jagd nach genau dcn gleichen Deutschen und d e n g l e i ch e n
vaterländischen Organisationen sehcn mutzten? Hätten nicht auch
diese Leute endlich einsehen müssen, datz hier doch etwas nicht
stimmen kann, wenn so diametral entgegengesetzte Beweggründe
so identische Handlungcn auslösen? Menn zwei so verschiedene Men-
schen aus entgegengesetzten Eründen sich auf ein und dasselbe Rccht
berufen wllrdcn, dann ist eben der gesunde natürliche Sinn dcs Ee-
setzes überhaupt abhanden gekommen, dann triumphiert dte abstrakte
Form, dann klammert man sich an einen leeren Begrtff, der dis
organische Beweglichkeit jedes Rechts e m p f i n d e n s in sinnlose
Starre verwandelt. Und dann gibt man eben jeüe Bewegungs«
srciheit, jede geistige Eeschmeidigkeit preis und wikd zum Narren
eines totcn, fixen Begriffs, der des o^anischen Lebens spottet. M i t
solchem Rechtsfanatismus wllrde die Regierung nur ihre
eigene Politik zu Erabe rragen. denn wenn sie dre
Saboiagc dcs Einzelnen als ungesetzlich verurteilt, dann wird ste
auch die Sabotage aller. den passtven Widcrstand schlietzlich Les-
avouieren müsien. Freilich, es ist heute schon soweit mit der deut-
schcn Eeistesverfasiung gckommen. datz ste auch vor dieser letzten
Selbstverleugnung ihres Wesens nicht zurllckscheuen würde, selbst um
den Preis nicht, datz England hier noch deutscher empsinden
sollte, dasselbe England. das uns doch so wenig hold ist und trotz-
dem hat erklären müsien, datz es auf keinen Fall den passiven Widcr«
stand als verbrecherisch verurteilen könne. Soweit ist es mit uns
gekommen, datz uns heute von jenseits des Kanals hochmutig genug
bedeutet werden mutz, was deutsches Recht und deutsche
Billigkeit ist und wir müsien uns, so beschämend das an sich
sein mag, so etwas sogar vom Eegncr sagen lasien, solange nichi
über alle entwurzelnde Internationalisierungstendenz hinweg stch
auch bei uns das natürliche Rechtsempfinden wieder im
lebendigcn Volkstum sest verankcrt hat. Das Rccht, das nu»
aus dem Boden und aus dcm Volke organisch herauswächst, ist mitz,
achtet im heutigen Deutschland, ja mit Fühen getretcn »ugunsten
eincs rein imaginären „internationalen" Ncchts. llber das die ande«
ren nur hohnlackiend dre Achseln zucken. Die dcutsche Mcntalität, di«
an Selbstbezichtigung schon in der Schuldfragc «in Aeutzerstcs ge-