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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

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Nr. 119 - 148 (1. Mai 1923 - 31. Mai 1923)
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Frellag, den 25. Mi 1923

Zahrgcmg Ar. 142

Doft. erschcint wöchcntl. sisbenmal. Deiiaiien: DidaSkali a Sonnt> —
^nver,?E"»gsbIattiMontag»> " Literaturvlatt—Sochkchulbeilage <m onatlich).
-—ongte Beiträae ohne Verantwortnng. Nüchfcndnng nur, wenn Porto betiiegt.

Heidelberger Zettuug

(Gegründet 1858)

U»d

LandelsblaLt

—.. ..... > . > «

HauPtgeschüftsstelle n. Schrtftleitg. der.Badischen Poft" Heidelberg, tzauvtstr. S3, Fernspr.
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Hrrrll Seven'ngs Qoittnng.

Von unjcrer Berliner Redaktion.

Dortmund in so bedenklicher Weise einsetzte, was
lliit, CeIsenkirchen zu so blutigen Zusammenstößen führte
, flammenartia von einem Ort zum andern im stanzen

st e b i e t überzusprinsten droht, bat kaum noch den Ccharakter
Ichxft ^.Unruhsn und ist nicht mehr mit den einzelnen kommunisti-
^kzeffen zu verstleichen, die in all den Iahren unserer nsu
PilliMnen republikanischen srreiheit das sühe Gewohnheitsrecht dsr
>»l NRten von der äustersten Linken gebildet haben. Was sich ieht
Af^Uhrgebiet entwtckelt, ist eine planmästig anstelegte
qrotzen Stils mit ausgesprochen revolutio-
Charakter. Es ist stut, stch das klar zu mach:n und
die Auaen vor dieser Eefahr zu öffnen, gut für die
?.">chkeit und put für die Nestierung. Die scheint wieder ein-
K j^u>e Dlnge nicht so zu sehen oder ste nicht sehen zu wollen, wie
litzx .^irklichkeit lieaen. Die Veruhiaunstspillen, die ste der Oesfent-
austellt in s«orm von osfiziösen Auslassungen, wonach die
iWuld an den Dorqäncien den Franzojen zuzuschreiben ist. sind
bi? gtfir b e q u e m e s V e r l e st e n h e i t s m i t t e l und vers hieüen
i . n>'"Ze bcnn Loch in ciar zu einseitiqer Weise.

?>>le , H die kommunistische Bewestunc, in Len bedrohten Gsbietsn
strofje Ausdehnunst annehmen künnte, weil die Franzosen
nhh-^"lr kej stehen, weil ste im Geheimen mii den Unruhestiftern.
ic>e„K"llsteren und weil durch die Entfernuna der Schutjpolizei den
^ht,Mrn Vxhörden Machtmittel zur Bekämpfuna des Aufr.ihrs
?'Nd, 'Ü eine Tatsache, die ohne weiteres zuste-leben wecd-n
Mne andere Frage aber ist es, ob die Unruhen erne so qroste
^rr^lNunst HLtten cnnehmen, ob ste so planmästia porbereitet hätten
ch e r n können, wenndie qanze politischeEinstellunc
;8e»p.reustischen Regierun.q den Kommunisten
. über nicht die qewesen wäre, die wir seit den
?ejVn desVerbots der Deutschvökkischen Frei-
'»bts^partei und seii der el«enartisten Becm'indunst dieses -Ler-
^Nrch den preustischen Innenminister mit Befremden wabr-
^ülen E n mustten. Man brauckt fich nur ins Gedüchtnis zurückzn-
/«is ^ n>ij wefch qeradezu protesker Einseitigkeit Herr Severing
^i^'Nbr rechts und nur rechts sah, wie er in seinem srommen
Nehj^rglauben" den Kommunisten das Harml-ststkeitsgeugnis .rus-
N>eip? w,e er über ihre Hundertschaften die AKseln zuckte und
I-^liln^. d'k Sache mit den Hundertschaften wöre durchaus nicht so
"nre nur Renommisterei von den Kommunisten, die fa
NG Mvt die Gewohnheit hätten. »u Uebertreibungen zu nsigsn und
dihj?"..der Oeffentlichkeit mit Machtmitteln brüsteten, die sts gar
»/Msten.

Kommunisten hätten nicht Kommunisten, hätten nicht auf-
lejst Üobige Schüler dcr bewährten Agitationsmethode von Moskau
l»ini-?ussest. n>enn sie nach diesen Worten des preustischen Innen-
UiünUdrs nicht jhr Handeln eingestellt hätten. stsrevndkicher kann
s!ks».?>cht aufgemuntert werden als es bier durch Herrn Severing
ist, und es ist wahrlich kein Wunder, wenn eine Vartsi.
Harmlostgkeit öfsentlich von Regierungsstelle her attestisrt
Aktjk günstige Eeleaenheit ausnutzt, um den Boden für eine neue
M>ii7U vorzubereiten. Die Lanamut der Negierung war sa cr-
her"ch und mustte zu erhöhter Krastanstrengung geraoezu
r» »»sUofordern. Man braucht nur daran zu denken, wie lange
pryi», uuert hat, bis Herr Severing stch endlich zum Verbot der
r>>-; ,, ri.?chxn Hundertschaften ansrafste, Lrauch' sich nur ins Eedächt-

u g. » n I jl e n zu einer uonipv>eii , I u » -

w!x.»°sprochenvolitlfchewCharakter ausgenutzt wurde,
AerA* Leichenzug der kommunistischen Hsrrschasten stundenlang den
Lsjjr ür lahmkegte und wie die Berliner Bevölkerung, die vor dsm
wcigsn und den Sowictsternen nicht demütig das Haupt ent-
N' uen gemeinsten Anyöbelungen avsgesetzt war.

M z, " warnenden Beisprelen hat es nicht gefehlt. hat es auch nicht
?I>thtv uhrgebiet selbft gefehlt. Anzeichen einer vlanmästigen Agitation,
dgtz "Ie Stichproben der unterirdischen Wühlarbeit hat es bald
Nuhrbesetzung gegeben. Wer sehsn wollt«, mustte sehrn,
Aribt stch nicht mehr vm Harmlostgkeiten handelte. Die Irage
sr-?.Nen, ob alles geschcben ist, um den geheimen Treibere^en



ien rrcbtzsitia und energisch entgeo.enzutreten, ob -rllss
phrf^"'. M die Derbindungslinien. die vom Hintsrland narh der

Ll'.

Uüt führen, abzvschneiden. Was im Dortmvnder Rev?er, vor-

ML"

>i Men. im'Berlin des Herrn Severina. des fozialdemakrati-
-^plizeiministers. fa fo sicher, »m mit aller Eemütsruhe folche

5deg

fo

können.

sicher, vm

Herr Severing

wollte die Gefahr

».^t ^p'PNeN zu ivnnei,. r-cri
?eis°^üen. Ietzj haben ihm die vroletarischen 5»indsrtscha,ten von
^ i S> ° Ä^en die blutige Quittung sür seine verderb-
" lindheit iiberreicht.

Englische Reden.

28. Mai. sEig. Drahtm.) Einer der Mhrer in der eng-
,?'"anzwelt. General MaxweIl. beschäftigte stch in einer
MRottinaham mit der wirtschaftlichen Lage Enolands
^bei auch auf die Neparationsfrage zu sprechen.
betonte. dast es notmendig sei. diesss Vroblem so schnell als
i ^le Ä üu lösen, was fedoch nur dann möglich sein werde, wenn
^üsii^ppelegenheit den Händen der Politiker und Divlomaten ent-
>.^eili°>L b möglichst umaehend den führenden Gefchästsleuten der
Staaten zur Negelung iiberwiefen würds. Auf den Ein-
Masse» anderen Rsdncrs. dast Frankreich uNd Belgien es nicht
Ukd°a «ürden. dast die Verhandlungen der Diplomatie entzooen
^'iltsnk brwiderte Maxwell, dast jedensalls kein patriotischsr Ec-
^Ufq^unn in England oder anderswo sich weiaern würde. diese
^ rn Lbernehmen, wenn er dazu berufen würde.

^ Beraiungen in Verün.

Mai. sEig. Drahtm.) Die Beratungen der Reichs-
e" der V pber den in Ausstcht genommenen diplomatifchen i-chrctt
t ^B^u^ationsfrage sind noch nicht abgeschlosscn. Die Nachricht
Mall". wonach zwischen Verlin und London Ve,prechun-

gen aufgenommen seien, wirs uns von mastgebender Stelle als unzu-
treffend bezeichnet. — Am Dienstag. den 89. Mai. Leginnen im
ReiKstag die Verhandlungsn des Ausschusses zur Untersuchung
der Aktion gegen die Markstütznng. Die Verhandlungen
finden im Neiihstag öffentlich statt. soweit der Ausschust nicht aus
Erünüen des Neichsinteresses den Ausschlutz der Oeffentlichkeit an-
ordnet.

Ser lomnmmMche Ausficmt im AÄrgeNet.

Die Schreckensherrfchast der „politischen Kinder" im Nuhrgebiet.

Eigene Drahtmeldung-

Eelsenkirche», 24. Mai.

Die aufrührerischenArbeiterelemente haben auch-
während Ler letzten Nacht ihr Treiben fortgsistzt. Währen-d
der Nachtstunden schlich vor allem lichtscheues Gesiwdel dmch die
Stratzen und nahm an vielen Lebensmittelgeschäften und Tabaks-
läden Plünderungen vor. Das Volizeipräsidium, aus
dem die Kommunisten sämtliche Akten auf die Straste geworien und
das sie im Innern vollständig demoliert hatten. finq in der Nacht zu
brennen an. da die Menge Wm Teil die Akten auch in den
Zimmern in Brand gesteckt hatte. Der Brawd dauerte bis in vie
frühe Morgenstunde. Dsr Dachstuhl ist vollständig aus-
gebrannt. In den untern Räumen des Prästdi-ums hätten die
Kommunisten ihr Hauptquartier eingerichtet. Dast ste d:e P o l i z e i-
hauptkasse mit 4 Millionen Mark gestohlen habsn,
ist nicht weiter vermun.derlich, da an der Spitze der Vewegunq die
radikalsten Element« stehen. Während der Nach-t stnd -n den
Krankenhciusern von dsn Verwundeten noch zrvei Personen
gestorben. sodast sich die Gesamt-ahl der Toten a-nf steben erhöht
hat. Auch wurden noch enige Verwundete eingelie-sert. deren Ee-
samtzahl sich fetzt auf 65 erhöht hat. Severings verbotene
Hundertschäftenziehen mit rotenArmbinden ver-
sehendie Straßen und sindHerren derSituation.

Aus Gelsewkrrchen kommen dringen-de Hilferuse. gegen die kom-
munistischen Uebergvisfe. iu Bochum sind verschieden« Trupps
einmarschiert, offenücrr aus GelsenNrchen. Sie tragen grün«
Abzeichen znm Terl auch grüne Schl-ipse umd g-rüne Krägeu oder
grün« Schleffen.

Di« Streiklage hat eine neue Verschärfung ersahren.
Auster aus -den großen Eisenwerten Union und Hösch. di« voll-
ständig still liegen, haüen d>ie kommunistischen Drahtzieher auch die
Arbeiterschaft der mittleron und tlsineren Ei-seninduistriellen-B«-
triebe Dortmunds veranlaßt, stch dem Strsik« anzuschliesten, In
Dortmnnd haben stch auch die Bauarbeiter der StreMeweg-ung an-
geschloffen.

In einer Velegschaftsversammlung der Zeche Pr-euhen rn
Bochum wurd« beschloffen, die Desetzung der Schachtanlaaen du-rch
die kommunistischen Hundertschaften eriolgen z» laffen, und in den
Streik M treten. Polizeilicher Schutz für die Sckiachtanlagen kount«
wicht gewährt werden, da Bochnm über kein« Pol-izei mehr verfügt.

4-

Die blutigcn Ereignisse, die sich anc Mittwoch im Ruhr-
gebiet abgespielt haben, stnd die Folgen dcr Vernichtung
derdsutschen Schutzpolizei durch die fffranzosen. Wie er-
innerlich, hatte gerade die Eelsenkirchener Schutzpolizei, die mit dcr
Bevölkerung im besten Einvernehmen stand, den besonderen Zorn der
französischen Vesatzunqstruppen hervorgerufen, die seiner Zeit mit
grotzem Aufgebot eine militärische Expedition nach Eelsen-
kirchen unternabmen, die Schutzpolizei entwaffneien, mißhrndelten
und verhafteten. Der von Eelsenkirchener Bürgern gebildete Selbst-
schuh konnte auch im Verein mit der stödtischen Feuerwehr im Ernst-
sall einen wirksamen Ersatz für die Schutzpolizei nichi aügeben. Dis
Miststimmung über die Preissteigerung der letzten Tage, die sich im
Ruhraebiet in verstärktem Maste bemerkbar machte, wnrde von kom-
munistischen Hetzern Lenutzt, um die Erregunq in Eelsenkirchen zu
steigern. Die Dildung wilder Kontrollkommissionen veranlastte den
Selbstschutz zum Eingreifen. Nunmehr traten die vroletarischen
Hundertschasten aus Gelsenkirchen und Umqebung in Aktion.
Dresen Hundertschaften der Kommunisten schlost stch verbrecherisches
Eesindel in qroster Zahl an.

Jn der Stadt herrscht nach wie vor große Erreaimg. da bsi dem
Fehlen jeglichcr staatlichen Machtmittel die Entwicklung der Dinge
unübersehbar ist. Die in Eelsenkirchen seit wenigen Tagen ein-
quartierten französischcn Truppen haben, wie aus einwändfreien
Zeuqnisssn Eelsenkirchcner Bürasr und Arbeiter heroarqeht, die
HsrLeiführung der jetzigen anarchischen Zustände Legünstigt. Die
proletarischen Hundertschaften wurden bei ihrem An-
rücken von den französischen Soldaton mit lebhaften
Zurufen begrüht. Die französischsn Saldaten ermunter-
t e n die aufrührerische Msnge geradezu zur Plünderunq des Polizei-
präsidiums und wicsen im bcsonderen auf die Zerstörunq der Akten
hin. Wie verlautet, stnd Mitglieder des Selbstschutzes
von den französtschen Besatzunqsruppen verhaftet worden. Der
stellvertretende Oberbnrgermeister von Eelsenkirchen n. Wendel-
städt erhob bei den sranzösifchen Besatzunqsorganen Beschwerde,
weil von den Franzossn die Ordnungsmannschaften der Stadt tätlich
angegrisfen wurden. So stnd unter anderem zwei Feuerwehr-
leute durch Dafonettstiche und Kolbenschläge ron srcmzöstschen Sol-
daten schwer mißhandelt und verletzt worden. — Zur
Stunde sinden in Gelsenkirchen zwischen den Vertretern der Stadt,
den Vertrstern der Eewsrkschasten und Ler politischen Parteien De-
sprechungen statt, worin besonders die Bildung eines Ordnungs-
dienstes beraten werden soll.

Me „rechNche" Veßründung der AuhraMon.

Z.. Londs«. 33- Mai. lEig. Drahtm.) Der „Dailp Telegrapl,"
macht heute auf ein Dokument aufmerksam, das eine schlaqende
Widerlegung der sranzösischen Rechtsauffassunq
hinsichtlich der Nuhrbesetzung enthält. Soweit die fran-
zösische Regierung LLerhaupt noch eine rechtliche Begründunq ihres
Vor-shens für notwcndig erachtet, stützt ste stch bekanntlich auf 8 18
des Versailler Vertrags, wobei ste aus der Vezeichnung „respektive
Regierungen" die Berechtigunq für eine alleinige Aktion ableitet.
Diese Ausfaffung war von England bisher zwar nicht qeteilt, aoer
auch nicht ausdrücklich bestritten worden und die englische Rsgierung
bat auch keinc Schritte unternommen. um eins authentische Inter-
pretation des 8 18 durch de« Völkerbund vornehmen zu lasson.

Sämfihe pro-ag<mda.

Allzu leicht wrrd in Binnendeutschland Lber der N o t rm
Westen die Bedrohung deutschen Vodens auch in üeu andcren
Erenzgebieten vergeffcn, bis plötzlich auch hier wieder der Fcind
mitten im Lande steht! Jm Osten ballen sich die Wolke» cines
Ueberfalls auf Ostpreutzen und insbssonders aufDanzig
zusammen, während auch in der sonst verhältnismätzig ruhigen
Nordmark die Flammen drohender Dänisterrmg weiterer Erenz-
striche wirbelnd emporflackern. Die Tagung des D e'u t sch c n Sch utz- i
bundes für Erenz- und Auslandsdentschtum auf Splt und >»
Flensburg gab daher willkommene Gelegenheit, den Blick für die "
von allen Seiten Deutschland einkreisenden Eesahren nachdrncklich
zu schärfen. Mittel und Methoden der sogenanutsn -änischen Pro- :
paganda traten so scharf vor Augen, datz ste geradezn als klassisches -
Beispiel „friedlicher Durchdringungsversuche" zu werten und anzu-
sprechen sind!

Das Wichtigste ist eben auch hier die Nusnutzrmg 'oer materielle« ?
Not und zugleich der ma te ri al i st i s ch e n E i n st e l l u n g weiter
Kreise des deutschen Volkes zur Einführung und Empfehlnng oiner '
land- und volksftemden Kultur, die ihrerseits nur die langsame Er- '
weichung des nationalen Staatsgedankens und
neue Annexionen vorbereiten soll. Auch in Nordschleswig war fs >
bis zum Herbst 1918 gar keine Rcde von einem Ausgsben keibst 1
dänisch sprechender Landschaften in den dänischen Staat. und «uch in >
Kopenhagen Ledurste es eines recht ernsthaften Anstotzes von fcitcn '
der Entente, um das sogen. Eiderdänentum wteder crus der Stim-
mung des Verzichts aufzurütteln. Erst der Ilmsturz und das drohcnbe >'
Chaos einer Berliner Bolschewistenherrschaft lietz hüben wie drüben -
alte, längst verklungene Hoffnungen und ehrgeizige Pläne wieder >
aufleben. Noch kurz zuvor hatte ja der dänische Autzenmtnister den i
Schmeicheleien aus Paris gegeniiber rundweg erklärt: „Was sollen !
wir Dänen mit Nordschleswig?" Den gemeinsamen Ansteengungen
der Alliierten erst gelang es, Parteien und Regierung in Dänemark z
umzustimmen, wenngleich Frankreich wie Tngland zunächst i
wohl ganz verschiedene Zwecke verfolgten. InParis wollte'
man die enge Einkreisung M i tt e l e n ropa s auch im,
Norden lückenlos fortsetzen und volicnden. In>
London spielte man mit dem Eedanken e>nc? ', >ta rt s",

der den „Schutz" der grotzen Wafferstratze dss Kaisir-Wilhelm-
Kanals übernehmen sollte. Wi« Rhein, Elbe, Ooer und WeMel
nach dem Vorbild der unteren Donau „balkanifiert" und dvmit der
Zuständiqkeit des Deutschen Reiches entzogen wurden, gelanq ^en
neuen Freunden der Eiderdänen nur dke „Internaiianalisterrmg" 1
dieser wichtigsten Verbindung zwischsn den bridsu deutschen Meeren. i
Zugleich wurde dem „Selbstbestimmunqsrecht ber Völker" weniqstens ,
so weit Rechnung getragen, datz man im Dersalller Vertrag theo- >
retisch eine Volksabstimmung zusagte, die dann nnter dem SKutz j
schottischer Regimenter und unter der Aufsicht ftanzöstscher Alprn-
jäger vor sich ging. Jhr Verlauf und das Ergebnis jind beiannt
und unvergehlich ist mit ehernen Zügen das grotze Erlebnis dieser
Frühfahrstage von 1920 wenigstens der stegreichen deutschen Bevöl- j
kerung ins Herz geschrieben! Trotz aller „Speckpakete", die seitdrm
sprichwörtlich fllr jeden Eigennutz und Vaterlandsverrat geworden >
sind, gelang es doch, die sogen. zweite Zone für Deutschland zu retten,
wenngleich unschätzlmre Derluste auch hier zu beklaaen sind. Eine
Fahrt durch die Flensburger Förde wie die Fahrt zur nord- i
lichsten Spitze des heutigen Reiches auf der Insel Sylt zeig-n cllzu >
deutlich, was wir verloren. Weit schwerer aber noch wiegt, i
datz seitdem die dänische Propaganda in der Tat immer ,
stärker an Boden gewinnt und Landbrocken auf Landbrocken an den i
Erenzen unseres Vaterlandes zernagt! ' f

Jhr Träger ist wie anderenorts ein Verein, der angebNch nur >
aus privater Jnitiative vorgeht, in Wahrheit aber seine Weijui gen ,
wie seine überaus reichen Mittel vom heimischen auswartigen j
A m t erhält. Jn der neuen Erenzstadt FI« nsburg, die nach wie s
vor eincn rein deutschen Lharakter trägt, zählt der „dänische" i
Vercin bei etwa 65 000 Einwohnern bereits volle fünfta.isend Mit- j
glieder, während das Landvolk in ganz anderm Matze Widerstand zu j
lersten vermag. Der schleswigsche Hofbesitzer, der in diesen Tags« j
für Millioncn und aber Millioncn Mark Butter ins Ruhrgebict als,
Liebesgaben senden konnte, ist ja naturgemätz gcgcn den „Speck" d« !
dänischcn Werbcr gefeit. Jn laugscrmer, vorsichtiger Kleinarbsit >
wird diese Werbung in der Stadt selbst, wie der tatkräftize Ober- i
bürgermeister Todsen erzählte, von Haus zu Haus getragen. Flug- '
blätter mit Versprechungen und Verheitzung einer goldenen Zcit und j
mit Verhöhnung des „Preutzen"- und Dsutschtums lereitcn dcn >
Boden zur Aufnahme der eigentlichen sachkundigcn Werbung vor.
Währsnd sich bis 1918 eine dänische Zeitung nur mit groher
Unterstützung seitens der Kopenhagener Regierung halten konnte, >
erscheinen heute schon dreideutsch geschriebene Blättsr, die
ganz ofsen dem Dänentum diencn und allen „Eutgesinnten" so billig
ins Haus geworfen wcrden können, datz der Verkanf als Altpapier
zeitwcise den Kaufpreis bereits überstieg!

Selbstverständlich wird nicht der llebergang nach Dän'inark in
den Vordergrund gestellt, sondern die „nördliche Orientierung" Cchles-
wig-Holsteins hervorgehoben. Jm ganzen Lande vertnlt, werdcn
ständig neue Lesehallen und Büchereien gesch.rffen, die
deutschfeindliche Bücher und Zeitschriften als Lesestoff vermitteln.
während in der grohen Stadt Flensburg bislang noch keine einzige
deutsche Eründung gelingen konnteü Dänischen Volksschulen
ist eine dänische Mittelschule am schönsten Punkt der Stadt ge-
folgt, die nicht nur die geistige Ausbildung der ihr anvertrauten
deutschen Schüler, sondern auch ihre Einkleidung und dauernde Unter-
stützung, ja sogar die Unterstützung der Eltern übernimmt!
Der stetig wachsende Besuch dänischer V o l k s h o ch s ch u I e n, die ja
auch bei uns mit Recht als vorbildliche Anftalten gelten, durch schles-
wigsche Bauernsöhne und -töchter rundet dieg Bild der Schul-
propaganda ab. Aus „reiner Teilnahmc" schlietzlich mit der armen
beutjchen Bevölkerung stnd in den letzten Jahren nccht wemger de»n
 
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