«0 Za-rga-g - Är. vo Hewelberger Zettung
di!»- Post" crschkint wöchentl. st«»»nm-l. Deilaqen: Dida«katt<»kSonntt- t (Gegründet 1853)
Un»,« "Et««s»blattlMontags»-Llteraturblatt —«achschalbeilage(monatllLl. I «»d
-"'anqte BeitrSae ohne Vrrantworiung, Rücklenduna nur, wenn Dorto bellleat. I
Landelsblatt
Samslag, dea 12. Mai 1S2Z
HaovtqelqSttsftell, «. Schriftlettg. der.Badikchen Poft"Heidelderg, tzanvtftr. zg, Fernfpr.
Nr. 182 Berliner Dertretung: Berlin SV 48, Zimnierltratze «, Fernlve. gentr. 4lS
Münchner Dertretung: München, «eorgenftr. l07. Fernlpr. Slüg7
«astta»ck.«»»t»« «ra»w»tt a.«. »141»
' ' . ""- ' , ^ ..""..... . - --. u ^>.-»-7
n^^ugsvrelS der .Bad. Poft' Mk.4000 - lauslchl. Zustellgebührl. Selbftabhol. Mk. 8900.-. AuSIaud MI. 8000 -
»etzl "7?-w«d nur bis zum2. ted.Mts angcnommcn. Am l U-S.noch gellef. Zeitungen find nach d. Einzelverkaiifsprsir zn be-
^^!^Oreisd. Eluzeluummer Mk. 170.-. Ift die Zeitung am Erschelnen verhindert, besteht kein Anspruch auf EntfchSdigung
«vktfcheck»«out0! Fraukfurt a. M. »141»
Aurelgeuvreise: die44mm breite Nonpareillezeile kosteti lokal« Itelleng-luch-Mk.80.-. kl. Gelegenheitsanzeigen Mk. 100
Familienanzeigen Mk 80.-. lSefchäftsanzeigen Mk.17S —.Finanz- und Industrieanzeigen Mk. 280.—,mit Platzvorschrift und
MontagrMk. 10.—mehr. Dis 98 mm ireite Reklamezetle kostet Mk.g00.—, Anzeigen und Reklamen von auswärts 25°/» hiiher
^mmer frechere Herausfordemng!
Von unserer Berliner Redaktion.
Berli«. 11. Mai.
denr Schreckensurteil oon Werden das Bluturteil
2sseld0rf. Jmmer rücksichtsloser, frecher, heraus-
^t»I?^iider enthiillen sich uns die Ziele der französischen G e-
!chtzhdo l i t i k. Fast fehlen die Worte, um die ganze Unver-
hgf dteses Dorgehens zu kennzeichnen. Wie im Krupp-Prozeh
ihjj französtsche Militärjustiz auch in dem Düsseldorfer Prozetz
verlogensten Mitteln gearbeitet- Das Material, das der
^ugrund« lag, ist so brüchig roic nur denkbar. So sollten
^k^^^Anklag« die Verurteilten von einer reckitsnationalistlschen
durch Vermiltlung eines Grafen Beyssel auf der
^ie^^rwaltung von Krupp Geld «rhalten haben. Weder an
!st ^ " amtlichen Stellen noch bei der Firma Krupp selber
v °dlser "" von der Tatsache etwas bekannt, datz ein solcher Eraf
iftr r. "n Haus« Krupp beschäftigt ist. (U) Autzerdem sollen nach
°kk,^"Wschen Anklage die Angeklagten Veziehungen zu Sabotage-
Kstx^^'onen der Abgeordneten Wulle und non Gräfe unter-
!«Ige>.^ben. Die genannten Abgeordneten erlaffen demgegenüber
Erklärung:
ff^'Die Behauptungen d«r fränzösischen An-
tzh. ° ° s i n d von iz. bis 2fr«i «rfunden. Den völkischen
fow>?*bneten sind die in diesem Prozeh genannten Personen voll-
^ubekannt, die Abgeordneten haben weder mittelbar noch
hg^.^ibar zu irgend «iner Sabotagestelle Beziehungen unter-
<l> ^^und ebensowenig suchen fie eine solche Beziehung jetzt oder
^.^ndelt stch auch hier nm einen Akt r e i nst « r W i l l k ii r,
u»,,'M>che formal« furisttsche Grundlage fehlt, und anf Grund
» d». ^bsolut unzureichenden und gesälschten Materials wird ein
Urteil gefällt. Selbstverständlich mutz von der Reichs-
!» getan werden, um eine Dollstreckung diesss Urteils
tst, wi« wir hören, wieder ein Protest in
m v« it un,z, aber mtt Protesten allein ist «s ntcht getan,
^esse^ften rettet man kein bedrshtes 2«ben. In der Berliner
das Bluturteil von Diiffeldorf die tiefsteEmpörung
H tL.Die ,D>eutsche Tageszeitung" schreibt: Gegen das Urtetl
^?"^r Protest eingelegt werden, aber ntcht nur ein Protest
Nlts^ort«. Wir wtederholen di« dringend« Forderung. datz die
."«gierung «ndlich zu Repressalien greist, «m dem
^fiMi^uzösischer Krieasgericht« Etnhalt zn gebieten, Wenn die
^NKgi^vzösischer Kriegsgericht« Einhalt zn gebieten.
^.">>>»»< ">« Politik sich jetzt in verstarktem Mah« auf eine Gewalt-
um den rechtmätzigen deutschen
°bne Erenzen einstellt.
^'^«rn br«ch«n, so kann nur verstärkter deutscher
».stand ohne Grenzen dte Antwort setn.
»n^stägiich Wjrd bekannt, dah sämtlich« beteiligten Deutschen,
N«st.. ...^ ,
>»- »rii « fffhrt und mit Peitschenhieben (!) bedacht wor-
^ionrttsttchen 'und Kolbenstötzen zu Doden geschlagen
* n« ra l Iacquemont selbst hat sich nicht
»,.!«n v^Et. hem blutenden und halb bestnnungs-
>.'t >>.„a n n Ptstole vor das Gesicht zu halten.
dl, Aorten: „Ich erschieh« Sie" (!). Aucb das zeigt von neuem,
^ «1»^"Sos«n am End « ihres Lateins sind, datz fie thr« letzte
^ it« Zuflucht in rmksichtslosester^ Brutalität erblicken.
Sieselben phrasen..
Dt, «eu« Red« PoincarL« i» Bichq.
unserem 8-Korrespondenten.
Pari«. 11 Mat.
Ar» a r z auf einem Bankett, das der Kongretz der
Äz ^st h.^fisteilnehmer in Dichy veranstaltete, eine Rede über
vy^polttik. tn der vor allem Lemerkenswert ist, datz cr
>"c»n, "wmene Einvernehmen zwischen. seinem
p jst^ Millerand hervorhob. Im etnzelnen sagte er:
?Vland
°i-'st. Crs?"v!l'chtete sich, die
''ki> °r »achdcm fesigestellt
>, ' -I se,«e» m-evkli»liinq
. Entschädigungen. worin weder terri-
Ersatz von Auslagen enthalten sind, die
Derteidigung gemacht worden waren.
Schäden zu reparieren und abzu-
„ _ __ worden war, datz Drutschland
r -1 seiner Dervflichtungen nachkam, beschloffen die Mit-
'^onzösisEen Regierung, Pfänder zu besckilagnahmen und
>,?! "8stiliL ?'ch sonst besonders dsr Reichtum Deutschlands be-
M ^Nkr-i» "" Ruhrgebiet. Deutschland setzte alles daran,
t,"ivpv>is» Eeduld zu ermüden, um auswärtige Interventioncn
«s vee-°?^ herbeizuführen, die geeignet wären, Frankreichs
ik, Ü«, ''ch in^Eln, Es setzte sich dadurch einer Katasirovhe aus und
br'!-s,verig ver «igenen Falle gefang-n (!) hatte, fühlte
Arii?^und suchte durch trügcrische Vorschlaqe ein ver-
Usts, um dem llnglück zu entgehen. Der Veweis wurde
->? ,s«jjU- sej»? L"rd dazu dienen, um Frastkreick, in seinem M'llen zu
>d?'!eir °lstia-»'»??verungen einzutreiben. Eewitz haben wir Franzs-
'fi??ustaten viele Sckiwierlakeiten zu lösen und wir sind
" !>i» ^uib am Ende unserer Ansirenaunaen. aber nur ein
° der gerechte und lovale Frieden (!),
» reiinehmer anstreben, wird bald kommen.
L!r?>°se
" »st^^siied-.^^e PoincarSs. die «igentlich «ichts wekter ist als
^ ^«rtran-seiner Lekanntei, Phr 0 sen von Eeduld,
»ucn, mird von der Regierungspreffe uberhaupt nicht
kommentiert, dafür aber von den linksstehenden Vlättern ziemlich
scharskritisiert. So schreibt z. D. die „Ere Nouvelle":
Man mutz bedauern, datz PoincarS eine so heiausfordernde
und unzweideutige Sprache führt, denn diese Rede Lekräftiat noch-
mals die Pfänderpolitik und bestätigt, datz die Reaierung entschloffen
ist, durchzuhalten, bis Deutschland all seinen srühern Vervflichtungen
nachgekommen ist. PoincarS sollte lieber diplomatischer sein
und seinen Hockimut mähigen, wenn es sich darum handelt,
mit unsern Verbündeten die Fraaen der Revaration und der inter-
» alliierten Schulden und de» wirtschaftlichen Wiederaufbaus Europas
zu reaeln. Das „Oeuvre" fchreibt: PoincarK, der stch am Dienstag
weigerte, m d«r Kammer Erklärunaen über seine Autzenpolitik ab-
zugeben, ist am Donnerstaa bis nach Vichy gefahren. um dies dort
nachzuholen. Zwei Dinge stnd es, di« PoincarK besonders verab-
scheut: man darf ihn nicht fragen und vor allem auch nicht antworten.
Auch In Srankrelch Sedenlen.
Krittk der franzöftschen Preffe an PoincarSs Haltnng.
Parts, 11. Mai.
Der „Quottdien" glaubt bereits dle Folgen der in den letzten
Tagen mtt Lesonderer Schärfe hervorgi-tretenen Ifolierungs-
voltttk Potncarös zu erkennen. England babe sich daraus-
hin sebr rafch umqestellt. Einerfeits übe es auf Deutschland
einen Druck aus, damtt Deutschland ernstere Angebote macke, ande-
rerfeits arbeite es kür den Fall, datz Deutschland seinem Ratschlag
folgen werde, mrt Italien an dem Plane einer internatio-
nalen Konferenz. Welche Hstltuna — sraqt das Dlatt —
werden wir in diesem Falle einnebmen? Auf biese Frage erteilten
die von PoincarK inspirierten Blätier eine kateoorische Antwort:
ein derartiqes Versahren sei unangänqig! Frankreich werde keinerlei
Fntervention gestatten. (!) Was hingegen die Antwort der von
Millerand ins"!rierten Blätter anlange, so set sie zwar tm Grunde
genommen nicht viel ver"""den von der ersteren, entbalie iedoch
eine Lemerkenswerte Reserve, z. B. tadelten dtese Vlätter
tn aller Form dte llnnachgiebigkeit Poincartzs
gegenuber Lord Turzon. — Gustave Hervtz, der Federführer
des Prästdenten der Republtk, schreibt, datz Doincaro zu Lbereilt
aehandelt habe, datz man stch vlelleicht mit dem enalischen
Kabinett hätte verständiaen und sin« gemeinsame Note aufstellen
könne«. — Diese von einem Offiziösus unterieichnete Meinungs-
äutzerung verdiene Beachtung. Wenn Eustave Hervtz crkläre, datz
die Situation schon fast unentwirrbar aeworden sei, sv babe er recht,
Segen die sranzöffsche WiMrhmschafi.
Mne Entschlietzung des Gewerkverekns chriftlicher Bergarbeiter.
Effen, 11. Mai.
Eine Konferenz der Vertrauensleute des Gewerkvereins christ -
licher Verqarbeiter fatzte eine Entschlietzuna nachstehenden
Wortlauts: Die am 10. Ma! in Effen versammelten Vertrauenslente
des Gewerkvereins christlicher Beraarbsiter erheben schärssten
Vrotest qegen dte W i l l k ü rh e r r s ch a f t des sranzöstschen
Imperialismus im Rhein- nnd Ruhrgebiet. Jnsbesondere
protesttert ste:
1. gegen das Werdener Eerichtsurleil, das allem Ge-
rechtiakeitsemvfinden Hohn sprichi und eine Herausforderung
des Weltgewiffens ist:
2. oeaen die Deschlagnahme der Lohngelder auf den
Zechen:
3. gegen dengewalisamen Etngrtfs in das freie Be -
zugsrecht von Deputatkohle:
4. gegen die Deschränkuna der verfonlichen Freihett,
wie ste durch dte Einfübrunq des Patzzwanaes im Lesetzten Ee-
biet durch die Rhetnlandkommisston anqedroht wird.
Dke christlich organisierten Vergarbeiter halten nach wte vsr
am passiven Miderstand fpsi. bis der fran-äsische Imperialis-
mus von dem wahnsinni'aen Vernichtunqsplane Abstand nimmt und,
znr friedlichen Versiändiouna bereit, die widerrechtlich beietzten Ee-
btete räumt und dte Verhafteten in Fretheit setzt, damit Deutschland
als aleichberechtiate Nation am Miederaufbau mitwirken kann.
Eine weitere Enflchlietzunq der Konferenz wendet sicki mit Ent-
rüstunq geaen das Verbot des Streikpostenstehens im
Saargebtet durib dle sranzosenfreundliche Saar-Reqieruna. Das
Verbot sei ein scharker Anarifl aui das freie Koalitionsrecht der
Bergleute, den der französische Arbetter und das gewerflchaftsfeind-
liche Kapital unterstützten. um den Saarsireik abzuwürgen. Die
Vertrauensleute seien bereit. di« Kameradev an der Saar in threm
berechtiqten Kamvke zu unterstützen, damit der Streik zugunsten der
Bergarbeiter Leendet wird,
Gine internationale WirtWaffsfonferenz?
Parts, 11. Mai. (Eig, Drahtm.) Der „New york Herald"
meldet aus New york: Man ermarte, datz die Handelskämmern
der Vereinigten Staaten iv unzweidentigen Ausdriicken die E i n-
berufung einer tnternationalen Wirtschafts-
konferenz von 88 Nationen fordern werden, die dtrekt an der
Frage der Reparationen und der tnteralliierten
Schulden interesstert stnd. Es wird aefordert werden, datz diese
Konserenz anssckilietzlsch von Gelchästsleuten beschickt werde. Politiker
sollen ausoeschloffen sein, weil ste mit der Frooe der Neparationen
»nd der interallüerten Schul>en nur Fntzball snielen. (?) Die
Resoliition wird jn denselben Ausdrücken oehalten sein, wie die auf
der letzten Konferenz der internationalen Handelskammern in Rom.
Rufflsche proieflnoie an die Schweiz.
Berltn, 11. Mai- (Eiq. Drabtm.) Die russische Botschaft
in Berlin hat als Zeickien der Traner Lber den Mord in Lau-
sann« dke rote Staatsflaage auf Halbmast gehitzt. Die Auffaffung
in den Kreiien der russtschen Botschaft neht dahin. datz die russtsche
Regierunq eine autzerordentlichscharfe Protestnote an
die schwetzerisch« Neqieruna richten werde, ntan betrach-
tet in den Kreifen der russischen Divlomatie In Berlin das Attentrt
,'n Lausanne als eine unmittelbare Folge der seit kurzem vollzogenen
Wendung der englischen Politik gegenüber Rutzland.
Zetzt Aaiional-Zeiertage?
1.
Dcr Rechtsausschutz des Reichstages hat beschloffen, dah der
11. August, der Tag der Annahme der Weimarer Verfaffung, in Zu-
kunft dauernd als National-Feicrtag Legangen werden soll. Dek
Beschlutz ist gefatzt worden gegen di« Stimmen der deutschnatio-
nalen und volksparteilichen Mitglieder des Ausschuffes; die Frage
ist damit aber wohl entschieden, denn der Ausschutz ist nur das ver-
kleinerte Abbild des Reichstages selber.
Wir Lilligen durchaus die Haltung der Deutschen Volkspartei i«
dieser Angelegenheit und sreuen uns ihrer, denn wir halten den Be-
schlutz nicht nur fiir ein Unrecht, wir halten ihn, was in politischen
Dingen das Schlimmere ist, auch für einen schweren Fehler. Der
Bsschlutz ist ein weiterer Schritt auf der verhängnisvollen Bahn, dk«
in der Revolution beschritten worden ist, ein weiterer Akt der Ver»
gewaltigung der politischen Eefühle «ines grotzen Teiles unseres
Volkes: die Folge dieser Vergewaltigung wird nur eine stets neue
Reizung, ein beständig wiederholtes Aufreitzen der Wunden sein; der
Schmerz über das Verlorene wird dadurch nur peinigender, die
Seelenverfaffung unseres Volkes nur unglücklicher, die innere Zer»
riffenheit grötzer, verderblicher werden, es wird also das gerade
Gegenteil von dem bewirkt werden, was unsere Gegner mit geschäf-
tigem Lippendienst beständig als ihr Ziel verkiinden, die VollendunK
und Befestigung der deutschen Einheit: nicht das, sondern die
deutsche Zwietracht wird durch diesen Lehördlich erzwungenen
und behördlich Lberwachten (und wahrscheinlich auch bespionierten)
Gedenktag, wenn er wirklich zur Tatsache werden sollte, verstärkt und
verewigt werden, denn die Vielen, die die neue Ordnung der Dinge
nicht wollen, werden sich am wenigsten durch republik-offizielles Ge-
pränge ihre alte deutsche Treue aus dem Herzen reitzen laffen: di«
Eestnnungsopposition wird aus d«m Anlatz dieses Festes, das prak-
tisch doch nur den Sinn eines Siegesfestes LLer die Monarchie habe»
kann, immer neue Nahrung ziehen, — was dann wieder den radikalen
und ultramontanen Zionswächtern der Republik immer neue Anläffe
zu polttischen Ketzerprozessen geben wird.
Auch wir gehören zu denen, die dcr neuen Ordnung der DingS
mtt fchweren Bedenken gegenüberstehen, genau wie die Deutsche
Dolkspartet als solche: und wir stnd weiter davon entfernt als je, aus
diesen Bedenken ein Hehl zu machen. In der polittschen Arbeit deS
Tages treten Fälle genug ein, bet denen trotz des grundsStzlichen
Widerspruches eine Mitarbeit geboten sein mag, denn das Leben
geht nun einmal weiter: Entschlietzungen müffen gefatzt werden, und
es darf keine Möglichkeit unbenutzt bleiben, diese Entschlietzungen
wenigstens so zu gestalten, dah die Dingc erträglich bleiben, das HIn--
dert aber nicht, bei seinen Grundmeinungen zu verharren und ste auch,
wenn nötig, deutlich zum Ausdruck zu Lringen.
Ein« dieser unserer Erundmeinungen ist nun die, dah das W.ik
vom 11. August 1819, das dem deutschen Volke jetzt als eine feierns-
wert« Tat aufgeredet werden soll, eine verhängnisvolle und ttef be-
klagenswerte Vergewaltigung dcs Geistes unserer geschichtlichen
Entwicklung, einen schweren Bruch mit der Vergangenheit, eine Ver-
sündigung also am deutschen Volke selber bedeutet. Das deutsche
Dolk hat ntemals so etwas wie Revublik oder gar unitarische Repu«
blik gewollt. Es hat im Jahre 1848 Querköpfe gegeben — der höf«
lichere Ausdruck da,ur ist „Jdealisten" —, die in Deutschland fur die
in Paris im Februar ausgegebene neueste politische Mode der Repu-
bltk Anhanger warben und dte auch bei der Lekannten Vorliebe der
Deutschen, alles vom Nuslande Kommende mit unbegrenzter Hoch-
achtung aufzunehmen, im deutschen Siidwesten Erfolge gewannen>
allein eine allgemeine Vewegung ist die republikanische niemal»
geworden. Das, was dke deutsche Allgemetnhett wollte, war nichk
eine Freiheit, dte, wie das französtsch« Beispiel sehr rasch zeigte,
zur Anarchie und zum organisierten Raube ausartete, sondern es war
eine Einheit, die es endlich ermögllchte, einen deutfche«
Staat zu begründen, der Deutschland tn den Stand setzte, tn der
Eesellschaft der staatlich geeinten anderen europäischen Völker als
gleichberechtigt aufzutreten. Der Drang nach dteser Einhetk
hatte innerhalb des deutschen Bundes ntcht zur Auswtrkung kommen
können, da er mtt dem Zwecke dieses Bundes — der Erhaltung der
souveränen Rechte seiner Glieder — im Widerspruche stand, er konnte
aber auch nicht durch dke vsrfaffunggebend« Nationalversammlung zur
Verwtrklichung gebracht werden, da es dieser Versammlung an Macht
fehlte, und da sie in ihrer Mehrhett weit davon entfernt war, auch
nur den Versuch zu machen, diese Macht auf dem Wege des Um-
sturzes an sich zu rettzen. Der Drang nach Einhett konnte auch des-
halb nicht verwirklrcht werden, da die Vertreter der stärksten tn
Deutschland vorhandenen Macht, die grotzen FLrsten, stch gegenseitig
am Handeln bin^rten. da vor allem das Nebeneinander von
Preutzen und Oesterreich i m Bunde ejnen Dersuch, doch zu handeln,
und im Bunde selber die vom Volke ersehnte Einheit herbeizuführen,
notwendig zum Scheitern verurteilte, — wie es stch in der prsutzischen
Unionspolitik sehr bald offenbarte.
Einheitsstreben des Dolkes und stäatenbundlich gesicherte D i el-
heit der vorhandenen politischen Gestaltnngen, wie sie auf dem
Boden der Verschiedenheit der deutschen Stämme erwachsen waren,
bildeten eben wirklich einen vom Derhängnis geschürzten Knoten,
der rettungslos jedes Wekterkommen ausschlotz, so lang« der Bann
des Bundesrechtes seden bedrohte, der ernsthaft versuchte, ihn zu
lösen, und so mutzte denn durchaus erst dieses Dundesrecht, das zu
einem Unrecht am deutschen Dolke geworden war, beseitigt werden,
ehe aus diesem Zustande der Lähmung herauszugelangen war, und es
ist das Derdienst Bismarck » — das ihm auch Hcrr Friedrtch
Wilhelm Foerster nicht wird nehmen können datz er diefe
di!»- Post" crschkint wöchentl. st«»»nm-l. Deilaqen: Dida«katt<»kSonntt- t (Gegründet 1853)
Un»,« "Et««s»blattlMontags»-Llteraturblatt —«achschalbeilage(monatllLl. I «»d
-"'anqte BeitrSae ohne Vrrantworiung, Rücklenduna nur, wenn Dorto bellleat. I
Landelsblatt
Samslag, dea 12. Mai 1S2Z
HaovtqelqSttsftell, «. Schriftlettg. der.Badikchen Poft"Heidelderg, tzanvtftr. zg, Fernfpr.
Nr. 182 Berliner Dertretung: Berlin SV 48, Zimnierltratze «, Fernlve. gentr. 4lS
Münchner Dertretung: München, «eorgenftr. l07. Fernlpr. Slüg7
«astta»ck.«»»t»« «ra»w»tt a.«. »141»
' ' . ""- ' , ^ ..""..... . - --. u ^>.-»-7
n^^ugsvrelS der .Bad. Poft' Mk.4000 - lauslchl. Zustellgebührl. Selbftabhol. Mk. 8900.-. AuSIaud MI. 8000 -
»etzl "7?-w«d nur bis zum2. ted.Mts angcnommcn. Am l U-S.noch gellef. Zeitungen find nach d. Einzelverkaiifsprsir zn be-
^^!^Oreisd. Eluzeluummer Mk. 170.-. Ift die Zeitung am Erschelnen verhindert, besteht kein Anspruch auf EntfchSdigung
«vktfcheck»«out0! Fraukfurt a. M. »141»
Aurelgeuvreise: die44mm breite Nonpareillezeile kosteti lokal« Itelleng-luch-Mk.80.-. kl. Gelegenheitsanzeigen Mk. 100
Familienanzeigen Mk 80.-. lSefchäftsanzeigen Mk.17S —.Finanz- und Industrieanzeigen Mk. 280.—,mit Platzvorschrift und
MontagrMk. 10.—mehr. Dis 98 mm ireite Reklamezetle kostet Mk.g00.—, Anzeigen und Reklamen von auswärts 25°/» hiiher
^mmer frechere Herausfordemng!
Von unserer Berliner Redaktion.
Berli«. 11. Mai.
denr Schreckensurteil oon Werden das Bluturteil
2sseld0rf. Jmmer rücksichtsloser, frecher, heraus-
^t»I?^iider enthiillen sich uns die Ziele der französischen G e-
!chtzhdo l i t i k. Fast fehlen die Worte, um die ganze Unver-
hgf dteses Dorgehens zu kennzeichnen. Wie im Krupp-Prozeh
ihjj französtsche Militärjustiz auch in dem Düsseldorfer Prozetz
verlogensten Mitteln gearbeitet- Das Material, das der
^ugrund« lag, ist so brüchig roic nur denkbar. So sollten
^k^^^Anklag« die Verurteilten von einer reckitsnationalistlschen
durch Vermiltlung eines Grafen Beyssel auf der
^ie^^rwaltung von Krupp Geld «rhalten haben. Weder an
!st ^ " amtlichen Stellen noch bei der Firma Krupp selber
v °dlser "" von der Tatsache etwas bekannt, datz ein solcher Eraf
iftr r. "n Haus« Krupp beschäftigt ist. (U) Autzerdem sollen nach
°kk,^"Wschen Anklage die Angeklagten Veziehungen zu Sabotage-
Kstx^^'onen der Abgeordneten Wulle und non Gräfe unter-
!«Ige>.^ben. Die genannten Abgeordneten erlaffen demgegenüber
Erklärung:
ff^'Die Behauptungen d«r fränzösischen An-
tzh. ° ° s i n d von iz. bis 2fr«i «rfunden. Den völkischen
fow>?*bneten sind die in diesem Prozeh genannten Personen voll-
^ubekannt, die Abgeordneten haben weder mittelbar noch
hg^.^ibar zu irgend «iner Sabotagestelle Beziehungen unter-
<l> ^^und ebensowenig suchen fie eine solche Beziehung jetzt oder
^.^ndelt stch auch hier nm einen Akt r e i nst « r W i l l k ii r,
u»,,'M>che formal« furisttsche Grundlage fehlt, und anf Grund
» d». ^bsolut unzureichenden und gesälschten Materials wird ein
Urteil gefällt. Selbstverständlich mutz von der Reichs-
!» getan werden, um eine Dollstreckung diesss Urteils
tst, wi« wir hören, wieder ein Protest in
m v« it un,z, aber mtt Protesten allein ist «s ntcht getan,
^esse^ften rettet man kein bedrshtes 2«ben. In der Berliner
das Bluturteil von Diiffeldorf die tiefsteEmpörung
H tL.Die ,D>eutsche Tageszeitung" schreibt: Gegen das Urtetl
^?"^r Protest eingelegt werden, aber ntcht nur ein Protest
Nlts^ort«. Wir wtederholen di« dringend« Forderung. datz die
."«gierung «ndlich zu Repressalien greist, «m dem
^fiMi^uzösischer Krieasgericht« Etnhalt zn gebieten, Wenn die
^NKgi^vzösischer Kriegsgericht« Einhalt zn gebieten.
^.">>>»»< ">« Politik sich jetzt in verstarktem Mah« auf eine Gewalt-
um den rechtmätzigen deutschen
°bne Erenzen einstellt.
^'^«rn br«ch«n, so kann nur verstärkter deutscher
».stand ohne Grenzen dte Antwort setn.
»n^stägiich Wjrd bekannt, dah sämtlich« beteiligten Deutschen,
N«st.. ...^ ,
>»- »rii « fffhrt und mit Peitschenhieben (!) bedacht wor-
^ionrttsttchen 'und Kolbenstötzen zu Doden geschlagen
* n« ra l Iacquemont selbst hat sich nicht
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>.'t >>.„a n n Ptstole vor das Gesicht zu halten.
dl, Aorten: „Ich erschieh« Sie" (!). Aucb das zeigt von neuem,
^ «1»^"Sos«n am End « ihres Lateins sind, datz fie thr« letzte
^ it« Zuflucht in rmksichtslosester^ Brutalität erblicken.
Sieselben phrasen..
Dt, «eu« Red« PoincarL« i» Bichq.
unserem 8-Korrespondenten.
Pari«. 11 Mat.
Ar» a r z auf einem Bankett, das der Kongretz der
Äz ^st h.^fisteilnehmer in Dichy veranstaltete, eine Rede über
vy^polttik. tn der vor allem Lemerkenswert ist, datz cr
>"c»n, "wmene Einvernehmen zwischen. seinem
p jst^ Millerand hervorhob. Im etnzelnen sagte er:
?Vland
°i-'st. Crs?"v!l'chtete sich, die
''ki> °r »achdcm fesigestellt
>, ' -I se,«e» m-evkli»liinq
. Entschädigungen. worin weder terri-
Ersatz von Auslagen enthalten sind, die
Derteidigung gemacht worden waren.
Schäden zu reparieren und abzu-
„ _ __ worden war, datz Drutschland
r -1 seiner Dervflichtungen nachkam, beschloffen die Mit-
'^onzösisEen Regierung, Pfänder zu besckilagnahmen und
>,?! "8stiliL ?'ch sonst besonders dsr Reichtum Deutschlands be-
M ^Nkr-i» "" Ruhrgebiet. Deutschland setzte alles daran,
t,"ivpv>is» Eeduld zu ermüden, um auswärtige Interventioncn
«s vee-°?^ herbeizuführen, die geeignet wären, Frankreichs
ik, Ü«, ''ch in^Eln, Es setzte sich dadurch einer Katasirovhe aus und
br'!-s,verig ver «igenen Falle gefang-n (!) hatte, fühlte
Arii?^und suchte durch trügcrische Vorschlaqe ein ver-
Usts, um dem llnglück zu entgehen. Der Veweis wurde
->? ,s«jjU- sej»? L"rd dazu dienen, um Frastkreick, in seinem M'llen zu
>d?'!eir °lstia-»'»??verungen einzutreiben. Eewitz haben wir Franzs-
'fi??ustaten viele Sckiwierlakeiten zu lösen und wir sind
" !>i» ^uib am Ende unserer Ansirenaunaen. aber nur ein
° der gerechte und lovale Frieden (!),
» reiinehmer anstreben, wird bald kommen.
L!r?>°se
" »st^^siied-.^^e PoincarSs. die «igentlich «ichts wekter ist als
^ ^«rtran-seiner Lekanntei, Phr 0 sen von Eeduld,
»ucn, mird von der Regierungspreffe uberhaupt nicht
kommentiert, dafür aber von den linksstehenden Vlättern ziemlich
scharskritisiert. So schreibt z. D. die „Ere Nouvelle":
Man mutz bedauern, datz PoincarS eine so heiausfordernde
und unzweideutige Sprache führt, denn diese Rede Lekräftiat noch-
mals die Pfänderpolitik und bestätigt, datz die Reaierung entschloffen
ist, durchzuhalten, bis Deutschland all seinen srühern Vervflichtungen
nachgekommen ist. PoincarS sollte lieber diplomatischer sein
und seinen Hockimut mähigen, wenn es sich darum handelt,
mit unsern Verbündeten die Fraaen der Revaration und der inter-
» alliierten Schulden und de» wirtschaftlichen Wiederaufbaus Europas
zu reaeln. Das „Oeuvre" fchreibt: PoincarK, der stch am Dienstag
weigerte, m d«r Kammer Erklärunaen über seine Autzenpolitik ab-
zugeben, ist am Donnerstaa bis nach Vichy gefahren. um dies dort
nachzuholen. Zwei Dinge stnd es, di« PoincarK besonders verab-
scheut: man darf ihn nicht fragen und vor allem auch nicht antworten.
Auch In Srankrelch Sedenlen.
Krittk der franzöftschen Preffe an PoincarSs Haltnng.
Parts, 11. Mai.
Der „Quottdien" glaubt bereits dle Folgen der in den letzten
Tagen mtt Lesonderer Schärfe hervorgi-tretenen Ifolierungs-
voltttk Potncarös zu erkennen. England babe sich daraus-
hin sebr rafch umqestellt. Einerfeits übe es auf Deutschland
einen Druck aus, damtt Deutschland ernstere Angebote macke, ande-
rerfeits arbeite es kür den Fall, datz Deutschland seinem Ratschlag
folgen werde, mrt Italien an dem Plane einer internatio-
nalen Konferenz. Welche Hstltuna — sraqt das Dlatt —
werden wir in diesem Falle einnebmen? Auf biese Frage erteilten
die von PoincarK inspirierten Blätier eine kateoorische Antwort:
ein derartiqes Versahren sei unangänqig! Frankreich werde keinerlei
Fntervention gestatten. (!) Was hingegen die Antwort der von
Millerand ins"!rierten Blätter anlange, so set sie zwar tm Grunde
genommen nicht viel ver"""den von der ersteren, entbalie iedoch
eine Lemerkenswerte Reserve, z. B. tadelten dtese Vlätter
tn aller Form dte llnnachgiebigkeit Poincartzs
gegenuber Lord Turzon. — Gustave Hervtz, der Federführer
des Prästdenten der Republtk, schreibt, datz Doincaro zu Lbereilt
aehandelt habe, datz man stch vlelleicht mit dem enalischen
Kabinett hätte verständiaen und sin« gemeinsame Note aufstellen
könne«. — Diese von einem Offiziösus unterieichnete Meinungs-
äutzerung verdiene Beachtung. Wenn Eustave Hervtz crkläre, datz
die Situation schon fast unentwirrbar aeworden sei, sv babe er recht,
Segen die sranzöffsche WiMrhmschafi.
Mne Entschlietzung des Gewerkverekns chriftlicher Bergarbeiter.
Effen, 11. Mai.
Eine Konferenz der Vertrauensleute des Gewerkvereins christ -
licher Verqarbeiter fatzte eine Entschlietzuna nachstehenden
Wortlauts: Die am 10. Ma! in Effen versammelten Vertrauenslente
des Gewerkvereins christlicher Beraarbsiter erheben schärssten
Vrotest qegen dte W i l l k ü rh e r r s ch a f t des sranzöstschen
Imperialismus im Rhein- nnd Ruhrgebiet. Jnsbesondere
protesttert ste:
1. gegen das Werdener Eerichtsurleil, das allem Ge-
rechtiakeitsemvfinden Hohn sprichi und eine Herausforderung
des Weltgewiffens ist:
2. oeaen die Deschlagnahme der Lohngelder auf den
Zechen:
3. gegen dengewalisamen Etngrtfs in das freie Be -
zugsrecht von Deputatkohle:
4. gegen die Deschränkuna der verfonlichen Freihett,
wie ste durch dte Einfübrunq des Patzzwanaes im Lesetzten Ee-
biet durch die Rhetnlandkommisston anqedroht wird.
Dke christlich organisierten Vergarbeiter halten nach wte vsr
am passiven Miderstand fpsi. bis der fran-äsische Imperialis-
mus von dem wahnsinni'aen Vernichtunqsplane Abstand nimmt und,
znr friedlichen Versiändiouna bereit, die widerrechtlich beietzten Ee-
btete räumt und dte Verhafteten in Fretheit setzt, damit Deutschland
als aleichberechtiate Nation am Miederaufbau mitwirken kann.
Eine weitere Enflchlietzunq der Konferenz wendet sicki mit Ent-
rüstunq geaen das Verbot des Streikpostenstehens im
Saargebtet durib dle sranzosenfreundliche Saar-Reqieruna. Das
Verbot sei ein scharker Anarifl aui das freie Koalitionsrecht der
Bergleute, den der französische Arbetter und das gewerflchaftsfeind-
liche Kapital unterstützten. um den Saarsireik abzuwürgen. Die
Vertrauensleute seien bereit. di« Kameradev an der Saar in threm
berechtiqten Kamvke zu unterstützen, damit der Streik zugunsten der
Bergarbeiter Leendet wird,
Gine internationale WirtWaffsfonferenz?
Parts, 11. Mai. (Eig, Drahtm.) Der „New york Herald"
meldet aus New york: Man ermarte, datz die Handelskämmern
der Vereinigten Staaten iv unzweidentigen Ausdriicken die E i n-
berufung einer tnternationalen Wirtschafts-
konferenz von 88 Nationen fordern werden, die dtrekt an der
Frage der Reparationen und der tnteralliierten
Schulden interesstert stnd. Es wird aefordert werden, datz diese
Konserenz anssckilietzlsch von Gelchästsleuten beschickt werde. Politiker
sollen ausoeschloffen sein, weil ste mit der Frooe der Neparationen
»nd der interallüerten Schul>en nur Fntzball snielen. (?) Die
Resoliition wird jn denselben Ausdrücken oehalten sein, wie die auf
der letzten Konferenz der internationalen Handelskammern in Rom.
Rufflsche proieflnoie an die Schweiz.
Berltn, 11. Mai- (Eiq. Drabtm.) Die russische Botschaft
in Berlin hat als Zeickien der Traner Lber den Mord in Lau-
sann« dke rote Staatsflaage auf Halbmast gehitzt. Die Auffaffung
in den Kreiien der russtschen Botschaft neht dahin. datz die russtsche
Regierunq eine autzerordentlichscharfe Protestnote an
die schwetzerisch« Neqieruna richten werde, ntan betrach-
tet in den Kreifen der russischen Divlomatie In Berlin das Attentrt
,'n Lausanne als eine unmittelbare Folge der seit kurzem vollzogenen
Wendung der englischen Politik gegenüber Rutzland.
Zetzt Aaiional-Zeiertage?
1.
Dcr Rechtsausschutz des Reichstages hat beschloffen, dah der
11. August, der Tag der Annahme der Weimarer Verfaffung, in Zu-
kunft dauernd als National-Feicrtag Legangen werden soll. Dek
Beschlutz ist gefatzt worden gegen di« Stimmen der deutschnatio-
nalen und volksparteilichen Mitglieder des Ausschuffes; die Frage
ist damit aber wohl entschieden, denn der Ausschutz ist nur das ver-
kleinerte Abbild des Reichstages selber.
Wir Lilligen durchaus die Haltung der Deutschen Volkspartei i«
dieser Angelegenheit und sreuen uns ihrer, denn wir halten den Be-
schlutz nicht nur fiir ein Unrecht, wir halten ihn, was in politischen
Dingen das Schlimmere ist, auch für einen schweren Fehler. Der
Bsschlutz ist ein weiterer Schritt auf der verhängnisvollen Bahn, dk«
in der Revolution beschritten worden ist, ein weiterer Akt der Ver»
gewaltigung der politischen Eefühle «ines grotzen Teiles unseres
Volkes: die Folge dieser Vergewaltigung wird nur eine stets neue
Reizung, ein beständig wiederholtes Aufreitzen der Wunden sein; der
Schmerz über das Verlorene wird dadurch nur peinigender, die
Seelenverfaffung unseres Volkes nur unglücklicher, die innere Zer»
riffenheit grötzer, verderblicher werden, es wird also das gerade
Gegenteil von dem bewirkt werden, was unsere Gegner mit geschäf-
tigem Lippendienst beständig als ihr Ziel verkiinden, die VollendunK
und Befestigung der deutschen Einheit: nicht das, sondern die
deutsche Zwietracht wird durch diesen Lehördlich erzwungenen
und behördlich Lberwachten (und wahrscheinlich auch bespionierten)
Gedenktag, wenn er wirklich zur Tatsache werden sollte, verstärkt und
verewigt werden, denn die Vielen, die die neue Ordnung der Dinge
nicht wollen, werden sich am wenigsten durch republik-offizielles Ge-
pränge ihre alte deutsche Treue aus dem Herzen reitzen laffen: di«
Eestnnungsopposition wird aus d«m Anlatz dieses Festes, das prak-
tisch doch nur den Sinn eines Siegesfestes LLer die Monarchie habe»
kann, immer neue Nahrung ziehen, — was dann wieder den radikalen
und ultramontanen Zionswächtern der Republik immer neue Anläffe
zu polttischen Ketzerprozessen geben wird.
Auch wir gehören zu denen, die dcr neuen Ordnung der DingS
mtt fchweren Bedenken gegenüberstehen, genau wie die Deutsche
Dolkspartet als solche: und wir stnd weiter davon entfernt als je, aus
diesen Bedenken ein Hehl zu machen. In der polittschen Arbeit deS
Tages treten Fälle genug ein, bet denen trotz des grundsStzlichen
Widerspruches eine Mitarbeit geboten sein mag, denn das Leben
geht nun einmal weiter: Entschlietzungen müffen gefatzt werden, und
es darf keine Möglichkeit unbenutzt bleiben, diese Entschlietzungen
wenigstens so zu gestalten, dah die Dingc erträglich bleiben, das HIn--
dert aber nicht, bei seinen Grundmeinungen zu verharren und ste auch,
wenn nötig, deutlich zum Ausdruck zu Lringen.
Ein« dieser unserer Erundmeinungen ist nun die, dah das W.ik
vom 11. August 1819, das dem deutschen Volke jetzt als eine feierns-
wert« Tat aufgeredet werden soll, eine verhängnisvolle und ttef be-
klagenswerte Vergewaltigung dcs Geistes unserer geschichtlichen
Entwicklung, einen schweren Bruch mit der Vergangenheit, eine Ver-
sündigung also am deutschen Volke selber bedeutet. Das deutsche
Dolk hat ntemals so etwas wie Revublik oder gar unitarische Repu«
blik gewollt. Es hat im Jahre 1848 Querköpfe gegeben — der höf«
lichere Ausdruck da,ur ist „Jdealisten" —, die in Deutschland fur die
in Paris im Februar ausgegebene neueste politische Mode der Repu-
bltk Anhanger warben und dte auch bei der Lekannten Vorliebe der
Deutschen, alles vom Nuslande Kommende mit unbegrenzter Hoch-
achtung aufzunehmen, im deutschen Siidwesten Erfolge gewannen>
allein eine allgemeine Vewegung ist die republikanische niemal»
geworden. Das, was dke deutsche Allgemetnhett wollte, war nichk
eine Freiheit, dte, wie das französtsch« Beispiel sehr rasch zeigte,
zur Anarchie und zum organisierten Raube ausartete, sondern es war
eine Einheit, die es endlich ermögllchte, einen deutfche«
Staat zu begründen, der Deutschland tn den Stand setzte, tn der
Eesellschaft der staatlich geeinten anderen europäischen Völker als
gleichberechtigt aufzutreten. Der Drang nach dteser Einhetk
hatte innerhalb des deutschen Bundes ntcht zur Auswtrkung kommen
können, da er mtt dem Zwecke dieses Bundes — der Erhaltung der
souveränen Rechte seiner Glieder — im Widerspruche stand, er konnte
aber auch nicht durch dke vsrfaffunggebend« Nationalversammlung zur
Verwtrklichung gebracht werden, da es dieser Versammlung an Macht
fehlte, und da sie in ihrer Mehrhett weit davon entfernt war, auch
nur den Versuch zu machen, diese Macht auf dem Wege des Um-
sturzes an sich zu rettzen. Der Drang nach Einhett konnte auch des-
halb nicht verwirklrcht werden, da die Vertreter der stärksten tn
Deutschland vorhandenen Macht, die grotzen FLrsten, stch gegenseitig
am Handeln bin^rten. da vor allem das Nebeneinander von
Preutzen und Oesterreich i m Bunde ejnen Dersuch, doch zu handeln,
und im Bunde selber die vom Volke ersehnte Einheit herbeizuführen,
notwendig zum Scheitern verurteilte, — wie es stch in der prsutzischen
Unionspolitik sehr bald offenbarte.
Einheitsstreben des Dolkes und stäatenbundlich gesicherte D i el-
heit der vorhandenen politischen Gestaltnngen, wie sie auf dem
Boden der Verschiedenheit der deutschen Stämme erwachsen waren,
bildeten eben wirklich einen vom Derhängnis geschürzten Knoten,
der rettungslos jedes Wekterkommen ausschlotz, so lang« der Bann
des Bundesrechtes seden bedrohte, der ernsthaft versuchte, ihn zu
lösen, und so mutzte denn durchaus erst dieses Dundesrecht, das zu
einem Unrecht am deutschen Dolke geworden war, beseitigt werden,
ehe aus diesem Zustande der Lähmung herauszugelangen war, und es
ist das Derdienst Bismarck » — das ihm auch Hcrr Friedrtch
Wilhelm Foerster nicht wird nehmen können datz er diefe