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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

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Nr. 90 - 118 (1. April 1923 - 30. April 1923)
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https://doi.org/10.11588/diglit.15611#0573

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6«. Zchrganz - Nr. S4

Nnirr,

iIS, ePyft» crlchemt wöchentl IIebenmc> i. Tei a'en: DidaSkalla (Fonntl —

Unn^, " Llteratnrbla»» — -ochsAuldellage imonatll»,.

— rianate Velträge obne Derantozortuna. NL>^ ndnna nur. wenn Dorto belilegt.

Heidelberger Zeitung

(Gegründet 1858)


Arettag, den 6. Apri! 1923

«nd

AandelsblatL

San»t,eIchä'trI1cNe u. Echrtftlelt-i. rer.Padischen P-ft' Seidelberg, Sauvtstr. L8. ffernlpr.:

Nr 18?. (Berlaarort: ffranrfurt a.M.1 Berliner Dertretung: Derlin 8tv,8. Zimmer-
ftrakeg. FernIpr.Sentr.4lb. MünchnerDertret ' München,Seoraenstr.l'>7, Fern'pr.ftlM?

Bostscheck.Nouto: Frankfurt a. M. »141»

Woftstbe-k-Mouto: Frankfurt a. M. »141»

tii-kN-'^EIugsrrcis der .Bad.Post' M!.4il»0 - (au»schl. ZusteUnedühri. E-lbftabhol.Mk.«»»».—. AuSland Mt.LvilO.—
tahien »ur bi, -um L. led.M:, angenomm n. Am I u.L.nach gclief. Zcilunaen sind nach d. lrinzelverlanl-prci, ,u be-

.^'i-n ..Mk. 17«.-. 2»d eZeitung amErschetnen-erhindert.b.steh»kttnAnspruchaufEntlchädigung.

Anzeigenvreifer die44 mm lueite Nonparcillszeile lostet: lokal« Ztcllengesuche Mk.3t>-, kl.8>elcgcnheilsa»zcigen Mt llXI.
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WtoniagrMl. li>.- mehr. Die 93 mm brette Rcklame .ei.e kostet Mk.SM.—, Anzeigen una Neklamen vo» auowärtr LÜ«/» höhee

Dir betrogenen Saarländer.

^ie Frankreich die „Prchesreiheit" im Saargebiet versteht.

ist Verhand d
b«n Einaabe

Saarbrücken, 4. April.

... -- er Saarpresse hat an den Bölkerbund

s--mgabe gcnchtet, in der er den Völkerbundsrat und

um dcn Schutz der Pressefreiheit in dem
e ^°"bunde unterstellten Laargebiet anruft, die durch sort-
befgh ^udnahmen Regicrungstommission aufs schwerste
^ssion ist. Es wird ausgesührt, dah die Regicrungslom-

M Vrcsfp,/b^etzt durch eine Ausnahmebehandlung von Vertretern
Ueist "'.esen die Ausübung ihres Verufes in einer ungesetzlichen

^Usy^ ^schweren unternommen hat, indem sie das Mittel der
» utznzx,'iung gegcn sie anwandte. Jn allen Fällen wurde die
g-?^!ene» Ausweisung lediglich damit begründet, dah die Aus-
m°iet ->„" Seeignet erscheinen, die Ruhe und Ordnung im Saar-
«^Udunll ö°iahlden, ohne datz ein Nachweis für diese sormelle Be-
M dara„s ^aupt versucht worden wäre. Die Eingabe bcschränkt
Tleffc zu li VerorLnung als eine weitere Unterdrückung der
Nn^ Ljn-°^ichnen, denn in ihrer Auswirkung richtet sie sich in
^eAen d'e Freiheit der ösfentlichen Meinungsäuheruns

O* Äeqj-^"« Fortsetzung der in den Äusweisungen besolgten Politik
»- SeNd?biommission dar. Unter den drakonischen Strasandro-
L^beri ^rVeroronung und der jeder AuslegungL'.nöglichkeit preis-
^ulierung der Strasdelikte ist es fur die Presse über-
«lld ^ssen ' "löglich, ihre Pflicht zur Wahrung der öffentlichen
a- üu erfüllen. Eine Sicherung der sinngemäßen Hand-

b?Eöen »„ Verordnung ist hier im Saargebiet überhaupt nichl

'.v'.''...

gesetzmäkigen Vertretung der Saar-
feoe Mrtwirkung oder Kontrolle
nter den Schutz Ler Verordnung sind sämtliche
Völkerbundes oder die Signalarmächte des Vev

i>lln^?ün^Ä°? gestellt worden. Jede sachliche Kritik'der Zeitereig-

Uiss7°Vert

""g dlxj»"uch der Verordnung alsHine'Beschimpfung oder Vcrleum-
« Die i . ^taatcn ausgelegt werden.

.Mi

Handhabung dieser Bestimmung beweist die presse-
sj^l ,>endenz dieser Verordnung. Vier saarländische Zertun-
dledin, schon auf Erund der Notverordnung verboten wor-

der Ruhr»
ion hat da-
ichen Jnhalt

wkederholte Be-
resse die Er-
das der Fall
Anlah gefunden,
zu bringen. Die

llin^ Uach"v'u. kann an zwei Fällen (Hector und Seminardirektor
d « „'.v"8 die Kritik dcr Presse vielmehr sehr segensreiche Wir-

8- "rdi?. habe und erllärt es für auffällig, dah die Not-
,^ng unmittelbar im Anschluh an den Fall
nj», " ssen wurde. Es wird schliehlich erklärt, dah die
ke« Dejjtl/>anach strebe, stch der Vcrantwortung für etma began-
«ftst vvllfg^u entziehen, dah aber die bestehenden Strafbestimmun-

Ei°n^traj!,",^5tte die Regierunaslommission längst Anlas
<6egen die Preffe zur Anwendung zu bri
stin t Naib rann an zwei Fällen (Hector und Semi

«ie ^skom^in? ausgeschlossen wird, dah er daher die
^n» rffe in veranlassen werde, die Zwangsmahnahmen gegen
^ Nufzfth"^kuyft zu unterlaffen und Lcsonders die Notverord-

^ Pomcare- AbenleumpoM.

^ Tchiide» für F.ankreich. — Ein sozialistisches Urtell.

Paris, 5. Aprkl.
schreibt im „Populaire",

'"-'-rvinök,-'Abgeordnete Lebas , . -

,?°n W'S« Saltung, die die franzöffsche Soziallstenpartei gegen
v.?ir ^'öierung Poincars eingeschlagene Abenteuer-
dv»/leinen'»ö°Nommen hat, trage ihr täglich Angrisse der grohen
^>!t°„'"ein sn?^erlichen und reaktionärcn Preffe ein. Diese schreckt
">«>?,n>erd/„^l Surück. um die Sozialisten zu tressen. Den Sozia-
d", !>e >ni. ^nchsesagt. si« seien Anwälte und Agenten Deutschlands.
!»»>.' o Iiei°»» " tsachen. die jedermann ftststellen könne, den V e-
t».? njch "en, dah die Besetzung des Ruhrgebiets Deutsch-
^->es * Su rL'" « ezahlen zwing«. Frankreich aber s e h r
Re»,?Unn ffvn kommen werde. Lebas zitiert, um die mit der

""iet z:

'ei«",.Nlit eenillUt

tftd l. 'lefertT-" t s a ch e n, die jederma
«U e"' ch t d'e Be, etzung >

stL^^°hlen zwmge.

>uber dc» 'Leogrös du

s"en °°r dj^en M angel a.. ------

?vhl- ?ieisg„?I?8ten Metallsabriken der Liller Eegend, obwohl
§°>°n' dje ^„^.^esitzen, gezwungen habe, 80 bis 40 Ton
>e Uviiai braiickien kiei r>°n Kähnen der §»<fn>>l»» nl

Nord" veröffentlicht wurde und worin
an Eisenbahn m a terial g>

zeführt
ohl sie
Tonncn
Hündler abzu<

»tÄvl'i^ Mer.

M'-

setzung des Ruhrgebiets eingestellt hat, vor stch. Die erste Beschlag-
nahme hab« eine Menge von 70 000 Kilo Letrofsen.

Aeue Aechlswi-rigkeilen.

versuche »Ur Erlangung von Reparationssachleistungen.

Berlin, 5. April.

Die französtsche und belgische Desatzung im Rheinlande und im
Ruhrgebiet ist dazu Lbergegangen, die Durchsetzung von Repa-
rationssachleistungen und Restitutionen selbst in
die Handzu nehmen. Zu diesem Zwecke wurdcn von der
Rheinlandkommission und dem militcirischen Oberüefehlshaber be-
sondere Verordnungen erlasscn. Darin werden beschlagnahmi!

1. Waren und Erzeugnisse aller Art, die den Eegenstand
von Destellungen der alllierten Regiervngen oder allüerter
Staatsangehöriger bei der deutschcn Regierung oder deutschcn
Staatsangehörigen auf Erund der Reparationsvorschristen bil-
den. Es bandelt sich kabei sowohl um Bestellungen. die von den
deutschen Vehörden für Reparationszwccke gemacht wcrdcn. als
auch um sran-ösische und belgische Bestellungen von Rcparations-
lieferungen im freien Verkehr.

2. Die der deutschen Regierung gehörigen Dorräte an Ma«
schinen, Vieh und sonstigen Eeoenstände, die sür Restitu-
tionv'zwecke bestimmt sind. Dabei ist offenLar an die Negierungs-
läger gedacht, woraus Lieferungen zur Ablösung der Restitu-
tionen bewirkt werden.

8. Alle Eegenstände, die den alliierten Nealerungen oder Staats-
angehörigen gehören, glejchgültig. in weffen Gewaürsam ste sich
befinden. Damit wird die Fortführuna der Restitution bezweckt.
Aufferdem ist vorgesehen, daff Gegenstände aller Art, die dcr
deutschen Regicrung oder einem deutschen Lande gehören, sür
Reparationszwecke beschlagnahmt werden können.

Das Vorgehen der Bcsatznng ist rechts- und vertrags-
widri g. Die deutsche Regierung hat dagegen bei der Gegenseite
V e r w ahrung eingelegt und durch eine am 29. März erlaffene
Verordnunq verboten, derartige Lieferungen und Leistungen zu
Lewirlen oder Handlungen vorzunelnnen, die solche Lieferunqcn und
Leistungen vor,zuLereiten oder zu sördern aeeionet sind. Nerbotcn
ist insbesondere auch die Erstattung von Anzeiqen an die Dienst-
stellen der Besatzunq. Auf diese im „Reichsanzeiffer" vom 31. März
veröffentlichte Verordnunq wird bcsonders aufmerksam qemacht.

Ser nenkrale Sandel im besetzten Gediet.

Alle Schäden eine Ursache ver franzöfischcn Haltung.

Lsndon, S. Aprit.

Die „Times" veröffentlicht eine Zulschrift des Sekretärs dcr
englischen Handelskammer in Köln, in der dieser mitteilt. daff die
sogenannten Zugeständnisse, die die Rheinlandkommission dem cnq-
lischen Handel machte, inder Praxis völlig wertlos
sind. Dis „Times" knüpft an diese Feststellung die Anregung. katz
vielleicht die deutsche Reqierung veranlaßt werden lönnte, daß sie
Len englischen Handelsverkehr völlig freigibt, falls die Fran-
zosen und Belgier ihn ebensalls freigeben.

Hierzu wird von zuständiqer Stelle mitgeteilt, datz die
deutsche Regierung schon seit Wochen der englischen Regiernng und
den übrigen Leteiligten Regierungen vorgeschlazen hat, den Handels-
verkehr mit den besetzten Eebieten von jcder Kontrolle
deutscherseits frei zu tassen, unter der Voraussetzung, datz die Be-
satzungstrupren sich jeder Kontrolle enthalten, also genau das, was
die „Times" der deutschen Regierung nahelegt. Die Bemühungen
der betsiligtcn Regierungen. von französisch er Seite las glciche
Zugeständnis zu «rhalten, blieben aber bisher ergebnislos.
Daraus ergibt sich ganz zweiselssrei, datz alle Schädigungcn,
d:e dem neutralen Handel mit den Lesetztcn Eebieten erwächsen,
allein auf das sranzäsische Konto zu schreiben stnd.

Aus dem KampsMet.

Bahnhof Herne brsetzt. — Neue Nepreffalien.

Essen,-5. April.

Nm Mittwochnachmittag wurd« der Bahnhos Herne von den
Franzosen besetzt, die eine K o n t r o I lst e l l e fllr alle durch-
fahrenden Züge Sinrichteien. Als sie die Absicht äußerten, sämtliche
Wagcn mit Kohle, Ko's und Nebenprodukten zu beschlagnahmen, um
sie aus der militarisierten Strecke nach Recklinghausen aLgurollen,
wurd« von den Eisenbahncrn daraus hingewiesen, datz in diesem

Tag« des Monats März umfatzt, worin der täg>
600 Maggons für eine dcr grötzten Fabrlken
en 161 nnd 370 Waqgons gegeniiberstehen.

wurde. geniige nicht
die öffentlichen Ve-
Lebas kommt zu den
.„p - >l a ° ^ '-"O ----- >>a des Ruhrgebieis die

"ütcn ° r r i N' dercn die französische Industrie bcdürfe, aufs
^ebiei» ?" ° "nd datz sie oie be'reitcn und wiedcrauf-
^ ^ t m r.. .orotztcn Teils der sür sie unentbehrlichen
"'ttel beraube.

«chi^nris, ^^nahme von NübsamenborrLLen.

auf^m- btach einer Havasmeldung aus Koblenz
'"en'Uion Verordnung ter Nheinland-

^^träten ^e sch l a g n a h m e vor attem von N ii b«
« Lcren Liejerung Deutschland injolge Ler Be-

.... .... Truppen

belegt. — Der seit einiger Zeit von Len Belgiern besctzt« Hafcn der
„Eutehossnungshütte" in Walsum ist srit Sonntag wieder irei.
Die im Hafen ankommenden und abgehenden Frachten könn.n künjtig
wicder ohne Descheinigung Ler DesatzungsvehörLe entladen und
beladen werden. Ausgenommen sind nach wie-oor Kohlen.

Aus Düsseldorf wird Lerichtet, datz der Rheinischen
Metallwarensabrik auserlegt wurde, innertzalb von drei
Werktagen, ab 8. Äpril, «ls neue auf dem Werk fertiggestellte Lolo-
motioen zur Verstigung der Besatzungsbehörden zu stcllen. Falls die
Fabrik mit der Lieierung im Verzug Lleibt, wird ihr eine tägliche
Geldstrafe mit einer Million Mark aujerlegt; autzerocm
sollen die bereits rerhasteten Werkmeister gcrichtlich rersolzt
werden. — Die vor «iniger Zeit verhastcten orei Eesch.stsleiter der
nordwestlichen Eruppe des Vereins Deutscher Eisen- und Stahl-
industrieller sind wieder aus freien Futz gesetzt worden. Jn einigen
Wochen soll cin Kriegsgericht gegen sie verhandeln. Auch Kapitän-
leutnant Brinckmann lst wieder aus der Untersuchuugshast
entlassen worden.

Vor dem sranzösischen Milttörpolizeigericht Mainz hatten stch
di« Mitglieder des Äetrteüsrats dcr Lederwerke Cornelius Heyl in
Worms, Johannes Becker, Philipp Vengert und Bartara Fittig,
zU verantworten unter der Änklage, an die Belegschaft der Fabrrk
nationatsozialistische Flugblätier aufrührerischen Jnhalts verteilt zu
b>aben. Das Ilrteil lautcte fiir Bangert auf vier Monate Ee-
fängnis und 50000 Mk. Eeldstrase, und für Becker und Fittig
aus j« eine» Monat Eesän'gnis und 25 000 Mk. Eeldstrase.

Die Vereinigieil Staaten von Amerika.

IV.

Deutschland «nd die Vereinigten Staaten.

Der Deulsche, der heute Amcrika durchreist- wird nur selten auf
llnfreundlichkeiten stotzen. Der Amcrilaner wird ihm sagen, datz
er den Krieg als beendigt betrachke, datz man Deutschland ohns
jedcn Hatz gegcnüoerstehe und ihm seine Schuld vergebe. Wenn
Man dann sragt, worin denn eigenrlich Deutjchlands Schuld bestehe,
so hört man ost genug die Antwort, alle Behauptungen
gegen Deutschland mütztcn doch im allgemeinen
richtig scin, weil man nie etwas Gegenteiliges
geleien habe. Wir haben'zu wählen, oü man uns als ein
Volk beirachtet, dem man schwere Schuld arotzmiitig verzeiht, mit
dcm man Mitleid hat, oder als ein Volk> vas sein Recht oeriritt»
dem man Achtung entgegenbringt.

Es ist sür den Deutschen oft erhcbend, die Urteile zu hören,
die tn Ametika über deutsche Heldcnkämpse, über die Leistungcn dcr
deutschcn Armee und über das deutsche Volk im ganzen ausge«
svrochen werden. Manchem Deutschen, dem die Not der Zeit Selbst-
bewutztsein und stolz auf das eigene Volk geraubt hat, möchte man
wllnschen, datz er solches höre. Viel ist insüesondsre von seiten der
deutschen Propaganda in den Jahrcn vor dem Kriege versäumt
worden.

Man mutz doch offenbar die Provaganda so einstcllen, datz fie
dem Eeiiihl des Volkes entjpricht, aus das man wirken will.
Jmmer wieder mutz man aus die Bedeut^ung der Srau in
der amerikanischen Politik hinweisen. Auf diese durch
ihre Ereuelgeschichten zu wirlen, hat die Propaganda unsercr
Feinde meisterhast rerstanden. Und weiter hat derjenige, der inz
Amerika dem Deuischtum Achtung verschassey will. mit dem starkcn^
Nationalgesühl der Amerikaner und der staatlichen Aujsaffung zu
rechnen. b

Während Frankreich uns der gemeinsten Verbrechen bezichiigte,
nahmen wir Rückstcht und dachten lange sZeit nicht daran, die matz«
losen Uebergriffe und Schandtaten im Nyeinland der Welt zu ver«
künden. Wir sprachen von Versöhnungswillen mit einem Volk, dasi
unser staatliches Dasein seit Jahrhunderten bedroht und heuts uns
in Sklavenketten schmieden möchte. Wir lietzen die Welt vielfach
in Unkenntnis darüber, was der Vertrag von Versailles sür uns
bedeute und ahnten garnicht, datz in den Vereinigten Staatcn nur^
wenige Menschen eine Vorstellung von den im Versaillcr Vcrirag
wirlenden gcgen alles Deutsche gerichteten Krästen hatten. Wiih-
rend Franlreich der Welt verkündete, datz in Elsatz-LorhriNgen ein
altes öeutsches Unrecht wieder gutgemacht sei, unterlietzen «ip es,.
klarzustellen, datz es sich hier um altes deutsches Land
handeite, datz Stratzburg eins alte deutsche Reichsstadt sei, mitten
im Frieden uns tückisch entrissen: wcite Kreise uyseres Votkes ver-
kllndeten sogar. dah die Rückgabe dieses Landes an Frankreich ganz
in der Ordnung sei. Sollte das nicht ebenso wie in Deutschland
auch in Amerika die Eeister gänzlich vrrwirren?

Manche Deutsche gaben ffch dazu her, unser Heer brrabzusetzen,
unser ruhmvolles Heer, und glaubten Sympathien in oer Welt zu
erwerben, indem sie siq gegen den sogenannten deutschen Militaris-
mus wandten, statt den wahnsinnigen sranzöstschen Militarismus
zu brandmarken, Das hat uns bei dem mannhaften Amerikaner
kaum Achtung verschaffti :

Von den entsetzlichen Bedrängnissen unserer
Volksgenossen in den uns von Polen entrissenen
Eebieten ahnt in Amerika kein Menjch etwas,
während Polen und Franlreich mit den geschicktesten Angriffen der
Welt darzulegen suchen, datz Deutschland polnisches Volkstum unter-
fldrllcke und ertöte. Nicht einmal die Tatsache, datz Frankreich im
Nheinland sarbige Truppen in grotzer Zahl unterhätt, wurde von
uns dem Auslande grgenüber ausreichend qekennzeichnet. Dasür
tratcn für den Ausländer lange Zeit hindurch die inneren Kämpfe
in Deutschland in den Vordergrund. Sie alle setzten Deutschland
in der Achtung Amerikas herab. Wie man den Feind im Jnneren
suchen, eigene Bolksgenossen vor dem Auslande blotzstellen konnte»
während dcr Feind ,m deutschen Lande stand- das war dem Natio«
nalstolz der Amerikaner nicht verständlich. Auch die fortwährende
Betonung unsere: demokratischen Eesinnung kann nur dann wirisam
sein, wrnn wir erkennen laffen, datz auch für uns Republika«
nismus und glühendes Nationalqesühl eins stnd«
Jn einer Zeit, da unsere Nation an allen Erenzcn verstümmelj
wurde, ist »nsere Propaganda Jahre hindurch vornshmlich aus wlrt«
schastliche Erwägungen abgestellt gewesen. Wir gaben sogar den
Amerikanern den guten Rat, sie sollten die Schuldcn ihrer früheren
Alliierten erlaffen und damit das Revarat onsproblem lösent i
Unsere Erfüllungspolitik Ist von keinem Menschen in Amcrika ver-
standen worden, da ste autzenpolitisch nicht ausgewertet wuroe.
Frankreich aber benutzte diele Zeit, um in einer höchst geschickten
Propaganda zu verkündcn, catz wir planmätzia die Mark entwer»
teten, und unsere Erfüllunqspolitik als doloses Handeln hinzustellen»
Die Tatsache also, datz w,r nicht den natürlichen Weg beschritten,
datz wir nicht einfach brandmarkten. was an entsetzlichen, uncr»
hörten Derbrechen an unscrem Volletum geschah, datz wir uns dazn
hergaben, eigene Volksgenoffen vor dem Auslande hereüzusctzen,
hat dazu geführt, datz man an der Zukunft Deutschlands mitunier
zweifett, jenes Deutschland, für tas man im Erunde doch ein«
unbegrenzte Hochachtung hat.

Man kann sich die allgemeine Stellurm des Amerikaners z»
Deutschland etwa so vorstellen, wie die Stellung Preutzcns zu
Oesterreich nach der Entschsidung von 1566. Einzelnen Ze chen der
Abneigung steht doch wieder aus der andercn Seite ein warm-
hsrziges, sehr entschiedenes Eintreten sür
Deutschland gegenüber. Äber man blickt in Amcrika doch nicht
allein auk Deutschland, sondern auf ganz Eur pa, das wan besr'eden
möchte. Man war vor allem bestrebt. das Reparationsproblem'
einer wirtschastlichen Lösung näher zu fiihren. und damit der Mög-
lichkeit einer politischen und militärischen Ausnutzung vorzubeugen,
wie w'r diese heute im Ruhrgebiet erleben. Jm Dezember 1922
entwickelte der Sekrstär des Äeutzeren, Hughes, in Erand ßaven
!n einer grotzziigigen Rede cin Propramm für die endgültige Be-
rei'nigung der Re'-arationssragen auf dcm Mrge einer -ststzen Kon-
fercnz. Wenige Taqe später hat Frankreich zum Säbel qegrisfen
und seinen militärischen Apxarat in Eang gesetzt. Jetzt' hat
 
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