Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 149 - 178 (1. Juni 1923 - 30. Juni 1923)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15611#1101

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
<><i. Mrgang Lr. 177

! Dtk.vadi sch« Poft' crlchetnl wSchen«. st«b»««alHenä仫/Ädäslanäll^i^) —

I VstrrbaltnnsSblattlMontagr» — Literatnrblatt—Vvchfchnlbeilagelmonatlich). f
^Unverlangt« BettrSg» ohne Derantwortung. Rücklendnng nur, wenn Porto beiltegt, s

Heidelberger Zeitung

(Gegründet 1868)

«Nd

LandelsblaLt

Vvftfcheck-Noato! i^rankfnrt «. «r. V141S

Doftsche-k»«out0! Srankfnrt a. M. vltilv

5reitag, ben 29. Zunl 192Z

I HattptaefchLftsstelleHchrlftlettg. der.Badifchen Post" Aeidelberg, Hanvtltr. SZ, Fernfpr."

I Nr. 182. Berliner Bertretnng: Berlin 8V 48. Ztnrmsrftraäe s, Fernspr. Zeutr. 4Ni
I _Münchner Vertretung: München, Seorgenstr. 107, Fernspr. 81SS7.

Juni-Bezugsvrei» der.Bad. Post' MI. bSlio — lausschl. Znstcllgcbühr». Eelbstabhol. Llk. 5500.—. Ausland Mk. ILllUO —
Abbestell.werd.nnr bis znm L jed.Mis.angenoinnlkN. Am l n.L.noch gelief.Zeitungen sind nach d. Elnzewerkanfspreis zu be-
zahlen Preisd Einzel«ummerMk.80Ü -. JstdieZeitung amErschcinenverhindert,besteht keinAnspruch aufEntschädigung

^ .. . -

Anjeigenvreise:die44mm breite Nonpareillezeile kostet: lokale Ltellengesuche Mk.254 -, kl-lSelegenheitsanzeigenMk 250.-,
Famllienanzeigen Äik. 40U.—, Geschästsanzeigcn Mk.50U.—.Finanz- und Industrieanzeigen Mk. 600.—,mit Platzvorschrist und
AlontagsMk.50.— mehr. Die98 mm brette Reklamezeiiekostet Mk.2000—, Anzetgen uns Reklamen von auswärts 25°/»höher

Zmmer noch keme Eimgung.

Poincar« nicht zu den geringjte» Zugejtiindnijjen berei
Von unjerem ^.-Korrejpondenlcn

Londou, 28. Junr.

Am vergangenen Samstag hat, wie man sich erinnern wird,
das ofiiziöje Vieuter-Vüro versichert, dag die f r a nzö j i j ch e An t-
wort ausdie englischenFragen nunmeyr bejtimmt snr
Ansang nächster Woche in London zn erwarten jei. Herr Poin -
kars hat auch diejen engltjchen Wink wie alle srnheren nnveachtet
Selassen und so bemüht ftch denn die gejamte Lonooner Regiernngs-
Prefte heute avermals, aus die N o tw end i g k e i t einer rajchen
Verftändigung zwijchen den Alliierten hinzuweijen, da jönst
Deutjchtand in der Zwijchenzeit volltommen zujam»
Wenbrechen werde. lllian jtellt ftch aus englijcher Leite aijo auch
ietzt noch immer jo, als ob man nicht erlannl habe, datz es gerade
die Abjicht Pomcarss ist, den voryer.gen Znjammenvrnch
Deutjchianrs herbeiznsuhren. Auch im übrigen ist dte Lage osfen-
bar- nnverändert, jodasj Poincars auf der ganzen Lirne jeinen
Ctanüpuntt sefthält und anch nicht die gerrngstenZuge-
ftändnijje gegenüber Lngland macht. Lr wtrv in diejer Hal-
tung, wie hente die „Weftminster Gazette" seftstellt, von
Beigien vollkommen unterftützt. Theunis verlange
womöglich noch schärsere Masjnaymen gegen Denljchiano ais Poin-
cais. Auch für eine selbjlänoige Slellnngnayme Ztaliens
Uegt nicht das geringste Anzeichen vor. ,Ker franzöjljche Ltanü-
Pnnkt", jchreivt oas genannre Vtatt, „und der sranzöjijche Stand-
Pnntt allern hat heute aus üem Kontinent Eewicht."

Dennoch hält man aus engtijcher Leite weiterhin an der Hoff-
kung seft, einen Ausweg zu sinoen. Das einzrge Ziel der gegen-
wärtigeu engltjchen PoUtit befteht, wie immer wieder betont wer-
den mug, ganz ossenvar vor allem darin, eine Verständigung mit
Paris zn erzielen, unü zwar nicht nur in vezug aus Deutjchiand, jon-
dern in Lezng aus die gesam 1 e Politik beider Länder. Es besteht
Ernnd sür dre Annayme, dag üiese Verständtgnng disher an Schwte-
rigkeiten gejcheitert ift, üie mit der Rnhrsrage und mit den Repara-
tionen gar nichts zn rnn haben, jondern ans ganz andern Gebieten
Sejncht werden mnsjen. Man mug es in diejem Znjammenhang
betrachten, wenn im „Datlh Telegraph" hente angedeutet
Wtrd. Lag eine direkte Verständigung zwljchen Frankreich und
Dentjchlanü den englijchen Wünjchen nicht entjprechen würde, da die
Vemnhnngen Englanüs im töegenteil aus üie W i e de r h erft e l -
lung der gemeinjamen alliierten Diplomatie
gerichret jeten. Lngtand will also auch weiterhin nicht Laranf ver-
Sichten, stch bei diesen Verhandlnngen mit Frankretch Deutschlands
als eines Kompenjationsobjetts bevienen zn können, eine
Politik, dte ihm von oeutjcher Sette bisher mit jo dtenjtsertigem
Eiser erleichlert worüen ist. Jm übrigen kann bas Lrgebnis der
Perhandknngen zwijchen Paris nnd Lonvon nach dem „Daily Tete-
Sraph" nur ats ungewitz bezeichnet werden. Aber jede weitere Äer-
iögernng lönnre jchwere Folgen haben, da nicht nur die kommu -
Nisttjche Eesahr, jondern auch die na ti o n a li ft i j ch e Eesahr
in Deut>chlanü brennend jei. Solange ans Paris keine Antwort
«ingetanfen jei, müsje sich notwendigerweise auch eine ofsizielle
Ctellungnahme der engiijchen Regierung znr Lage verzögern. Die
»Nterallnerle Dlpioniaiie lönne nicht mehr lange in lyrem gegen-
Wartigen Znstand bieiden.

Jn ähniicher Weije verjucht auch die „Time s" ani Frankreich
sinen Drnä anszuüben. Wenn eine gemeinjame Aktion unmöglich
fti, müsse Lngiand die Verantwortnng ühernehmen, auf eigene
Aechnung den Verjuch zu machen, den Zersetzüngsprozetz aufzuhatten.
Die „Times" betont im übrigen abermals unü gibt damit üie Auf-
mssung der ganzen Lity wieder, datz die künstlichen Finanz-
wagnahmen der dentjchen Regierung vollkommen wert-
»os jeien. Sie könnten im besten Falle dazn sühren, den Tag der
Srotzen Abrechnnng sür ein paar Tage nnd ein paar Wochen
hinauszujchieben. Tatjüchiich jei dnrch dieje Bemühungen
sör wtartjlützung die Konfujion in Dentschland nur grötzer geworden.

jei jeden Augenblick mit der Mögiichkeit joziaier llnrnhen von
*echts oüer links zu rechnen.

Lnglands Zmückhaltung In Ruhrsragkn.

Frage- und Antwortjpiel im Unterhaus.

Vou unjerem K.-Korrespondenien.

London, 28. Junü

, Die Regierung erNärte am Mittwoch aus eine Anfrage im
Mterqans, datz Lngland von der sranzchijchen Regierung visher
Nnen Vorjchiag erhaiien hätte, wonach die dl n t e r h a l t u n g der
§uhrarmee zu üen gemeinjamen Kosten der interallnerten
I^jatzungsheere hinzugerechnet werden jolle. Aus eine weitere
^Nsrage. die sich anf die von den franzöftschen Truppen an der Ruhr
^rüblen Eewaltakte bezog, erwiderte ein Regierungsver-
fttter, die engiische Regierung jei keineswegs berelt, in
^Ner Angelegenheit Schritte zu unternehmen. fnr die sie keine Ver-
U"woriung trage. Schlieglich lag noch eine Anfrage vor, ob die
?egierung in Lrwägung ziehen wolle, bei den Vejatzungsmächten
"N Nuhrgebiet dahin zn wirken, datz, jolange die deutjche Note noch
?<cht beantwortet sei, von oen Besatzungsmächten ieine Matz-
^nhmen getroffen werden jollen, durch die der finanzieile
^Njammenbruch Deutjchlands bejchleunigt werden
N>itzte. Im Ätamen der Regierung erwiderte der Staatssekretär
5 rjdgeman, dah die Regierung nicht in derartige Erwäg-
^gen eintreten könne.

Ueber den Besuch des deutschen Voischafters in London, Dr.
amer bei Lord Curzon. will der Londoner Mitarbeiter
„Echo de Paris" ersahren haben, datz dieser eine Protest-
^t e der deutjchen Regierung gegen die Eewaltakte der franzä
Men und belgijchen Truppen im Ruhrgebiet vorlegte. Der Korre'
»?ädent behauptet, datz die engiische Regierung stch jn diese Dinge
tcht einmijchen wolle.

Wachsende Teilnahrne i» Amerika.

> Rew Pork, 28. Juni. (Eig. Drahtm.) Die wohlwollen
rlnahme für Deutjchlands S ch w i e r i gke i te n ist


Wachsen. Die Carnegie-Stiftung für den Weltsrieden veröffent-
licht einen vernünstigen Vericht über die franzöjijch-dentschen Be-
ziehnngen von dem Rettor der Lolnmbia-Unioerjiiät Dr. Morray
Vntler nno üem Prosejsor an Ler Sorbonne, Henry Lichten-
berger. Die „New Porc-World" bringt eine Reihe teilna-ms-
voller Berichte aus dem Rnhrgeüiet von Pierpont Royes, dem
jrüheren amerilanijchen Kommisjar fnr Las Ryeinland.

Mederausdall siatt Ruhkbesehung.

Jouhaux Lber die Wicderherstelluug der verwüjteten Eebiete.

Paris, 28. Juni.

Auf dem gestern in Paris tagenden Kongretz der Be-
wohner der verwüsteten Eeviete jpraa) muer anderem
der Leiter der sranzösijcyen Eewerijchaften Zouhaux. Lr hob
hervor, dag die Eewerrjchaften der Reparanonsjrage grotze Ve-
deutung beimessen, weil fte wützten, dag der Vöuerlrieoe jolange
ein georechUches EUed bleiben würöe, ais üie Ruinen öes Krieges
noch tzchtdar jeien. Die Verwirkiichung des im Iahre 1822 zwijchen
dem sranzüftjchen Aktionskomitee sur die zerstörten Eeüiete uno üen
deutjchen AroeiterorganijaUonen gejchiossenen Avrommens jei allein
iinstande, den Eejchäoigten Eenugiuung zu verjchanen- An diejer
Stelle wurde Ionyanx von mehreren Delegierren, oie jich gegen die
Vejcyäftigung deuljcher Arbeiter in den zer>törten Ledieten nngerten,
nmerdrochen. Der Redner antwortete cynen, er würe degier>g, die
Eründe lennen zn lernen, nm deretwillen denljche Aroeiter in
Friedenszeiten in Frantreich keine Verwendnng finden tömiten,
nachdem man während des Krieges deutjche Eesangene mit den
härlejten Arbeiten auf den Schiachiseldern dejchäsUgl yave- In der
von dem Kongretz angenommenen L nt j ch l i e g u n g, die ftch im
wejentiichen gegen gewijje, den Eang des Wiederaujvaues nacy Ans-
satznng der Eejchädigtcn verzög-cnoe Bestimmnngen üer jranzöftschen
Aegierung richten, wcrd nnter anderem erwähnr, datz die von dem
Aktionslomitee für die zersiörten Eebiete vertangte Mitarveit der
Deutjchen durch das Wiesbadener Protokoll von 1921 und die Ber-
iiner Aomachungen zwijchen dem Attionskomitee uno dem dentjchen
Bauarbeiterverüanü 1922 vorgejehen stnd. Die Rejolution ertlärt
noch etnmal die Lieserung ron deutjchen Llaterialien
in grotzemUmsange nnö die Geftellung deutjcher
Arbeiter als mehr und mehr unerläglich sür Lie
Fortjetzung desWiederaufbanwerkes. Dementjprechend
erteilt üer Kongretz in der Rejolution dem Aktionskomitee oen Ans-
trag, oei Äujnayme der Veryanoiungen über die Liciuidatiou
der Rnhrbejetzung die Regierung darauf seftzuiegen, datz ste
von Demjchland in grotzem Umsange Sachliesernngen veriangt. Die
Arbeitergestellung wird in der Rejointion nicht ausdrücklich erwähnt.

Starte Oppojitiou ser engtijche» Arbeiterpartee.

Von unjerem li..-Korreiponocuten.

London, 28. Juni.

Die englijche Regierung wird bei der von ihr vorgejchtagenen
Verdoppeiung der Luftjtreitkräste mit üer ftarken
Opposition der Arbeiterpartei zu rechnen haben. Zn
üer Rkiltwochfttzung der Jahresverjammiung der Parrei, die, wie
gemeivet, am Dienstag eröfsnet wnroe, vrachte der Aogeordnete
Lansbury unter allgemeiner Znftimmnng Les Kongreges emen
Antrag ein, in dem der Rüstungswettbewerb mit Francreich ars
Limeilung zn einer neuen Kriegsperiode bezeichnet wirü.
Dre Rejotution erriärt weiter, es jei ern V e rb r e ch e n gegen die
Menjafheit, jüns Zahre nach Veenolgung ües Krieges diejes neue
Wettrennen der Rüjlungen in Lang zn bringen unü sordert die
pariameniarijche Veriretnng der Parte, aus, dem Regierungspro-
gramm jeden Widerstand entgegenzujetzen und daraus zu
oringen, datz die Regierung eine mrernationale Konferenz ein-
berufe, die auf dem Wege gegenjeitiger Verembarungen üie all-
mähiiche Abjchasjung Ler Luftrujtnngen hsrbeisuhren jolle.
Lie gieiche Foroernng wurde auch im llnterhaus in Form
einer Ansrage eines Arbeitervertteters vorgelegt. Im Namen der
Regierung erwiderte Staatsjetretär Lridgeman, datz eine Kom-
mijfton des Vöikerbundes die Frage der Linschräninng der Rüst-
ungen behandele. Der Minijterpritsident werde das Lrgebnis üer
Aroeiten diejer Konserenz abwarten, bevor er irgendwelche Schritte
nnternimmt.

Havas berichtet aus Washington, das Kriegsdepartement
denle nicht daran, oie Luftstreitkräfte wesenttich zu ver-
stärlen. Der Staatssekretär jei der Anjicht, es jei klug, nicht einen
Verjuch zu unternehmen, eine ähnlich starks Lustfiotte zn haben,
wie die irgendemer anderen Nation. — Der „New-Pork
Herakd" will wisjen, datz Franireich seinen derzeitigen Vorsprung
vor England, was den Ansbau jeiner Luftstreitkräfte anlange, nicht
zu behatten wünjche. Lin Wettrnjten in Ler Lnft zwischen ben beiden
Mächten würde in der Tat von jo einjchneidender Wir-
kung anf die franzöjijchen Finanzen sem, üatz es praktijch antzer
Frage stehe. Deshaid jchlage die sranzöfische Regierung einen
Dezenjivpakt hinjichrUch der Luft vor, der einer Rüstung s-
pause gleichiäme. Die Vorbedingung für einen derartigen Pakt
würde darin bestehen, datz die Luftftotten Frankreichs und Erotzbri-
tanniens znjammen jederzeit stark genug sem mützten, um Dcutjch-
lands Herr zu werden, wenn stch dies ctts nötig erweisen werde nnd
datz Erotzbritannien mit Frankreich zujammen die strenge Erfüllung
der den Ban von Militärfiugzeugcn verbietenden Bestimmungen
des Verja'ller Vertrages durch Deutjchland Lberwache.

Vor neuen Todesurteilen?

Nach einer Meldnng der „Daily Mail" ist nicht nnr der frühere
U-Booiskommandant Rojen, jondern auch noch die beiden U-Boots-
kommandanten Paul Adler und Otto Horden von den Fran-
zojen verhaftet. Adler wird bejchuldigt, an der Zerstörnng des
Rhein-Hernekanals teilgenommen zu haben, während Horden am
14. Juni in Vochum wegen angeblicher Teilnahme an Sabotage-
alten festgenommen wurde. Die „Daiiy Mail" glanbt, datz beide
von den Franzojen zum Tode vekuiteilt werden.

Sas enMch-sranzösische WetlMen.

Di« Erklärnng des engliifchen Minijterpräjkdenten üder die Not-
wendigkeit einer Verftärkunz der englischen Luft»
streitkräfte bedentet zweisellos emen einjchneidenden Wende«
pnnkt in Ler internationaien Politik. Es ift oies der erste weit-
hin sichtbare Hieb, der von London nach Paris hin geführt
wird, unü wohl auch der jchärfste Hieb jeit dem Beftehen der Entente
Cordiale überhanpt. Die wütenoe Kritit, die darauf in Paris
einjetzte, beweist das. Von dem blöden Verjnch, es jo Larzustellen,
als ob Engiands Vorgehen dnrch di« .cheutjch« Eesahr". veranlatzt
jei, ist man jchnell wieoer abgekommen, die Version war zu üumm,
um sie auch nur einen Tag anfrecht zn erhalten. Man gesteht jetzt
offen ein, datz es stch in der Tctt nm ein englijch-franzöjijches Wett-
rüften handelt, nachdem Lie englische Presse mit der Kühle und
Offenheit, die ste ftets nnabänderiichen Dingen in d«r Poliiit gegen-
über zu beweisen pjlegt, jelbst diejen Schlntz gezogen hat. Jn Eng.
land erkennt man allmählich. Latz es für das englijche LeLens-
interesse unznttägiich ist, tacenlos znznsehen, wie jich der impsria-
listijche Machtdnnlel der franzüstjchen Politit immer nngenierter und
drohender ansbreitet, nnd datz es vielleicht ei« Fehler gewesen ist,
jelbst Lie Hand Lazn geboten zn haccn, datz Frankreich in der
i.nternationalen Politik die grotze VormachtsteUnng erringen konnt«,
di« es hente unbestritten einnimmt-

EnglanL sichert sich für alle Eoenrualitäien, aber äutzerlich
bleibt das Veihältnis zwijchen Paris und London unveründert.
Offiziell jind die Eefühie der beiden Länder die sreundjchaftlichsten,
und es wird anch sür die nächste Zeit an den enigegenrom-mendsten
Versichernngen anf beiden Seiten nicht schlen. 'Dte Folgen der
poiitijchen Ilinstellnng, die sich jetzt in London anbahnen, werden ,ich
vtelleicht erjt nach Iahren zeigen. Es mutz das bejönders nnier-
strichen werden angejichts der Jllusionspolitik, Lie auch jetzt
wteder in Dentschland einjetzt. Der brave Leutjche Spietzdiirger, Ler
sich ftets in Hoffnungen wiegt nnü Ler immer, wo er d:e Kraft ans
sich jelbst heraus nicht anszubringen weiß, anf das grotze Wunder
von antzen her wartet, spitzc anch jetzt wiöder Lie Ohren, werin e-r
von L«n franzüsijch-englischen WLtirüstungen lieft, unü ist geneigi,
üaraus Schlüsse zu ziehen, die ebenjo faljch wie verderblich sind.

Wir müssen nns darüoer klar sein, datz wir jür mis, für Lie
Reparationen, fnr das Rhernland, jür alle die Fragcn, die sür uns
Lebensnotwendigleiten sind, von dem jetzt ojfiziell zuiage tre.cn. en
englifch-ftanzösijchen Eegenjatz gar nichts, aber «nch rein gar nichis
zu erwarien haben. Es liegt jogar im Inieresse Ler englischen Poli-
til, nicht die Meinnng anfkommen zu lasjen, als öb England uns
gegenüber nnnmehr eine anüere Haltung einnehmen wolle, wett es
das englifch« Jnteress« erheijcht, alles zu ver-meicen, was den Gegcn-
satz zu Frankreich politisch stchiLarer in L«n Vordergrund treten lietz.
llnseretwegen stürzt sich England nichi in Unlosten, um jö weniger,
als man in Englanü nur allzn gnt weitz, datz Deutjchland in seincr
heutigen Ohnmachtftellung nicht der Faktor ist, den man F-rankreich
gegenüber ausjpielen könnte.

Die völlige Uninterejjiercheit der englischcn Politik den demjchen
Nöten geAenüder geht Leuitich, ja mit fast Lru-ialer Deutlichbeii aus
Ler Antwort hervor, die die englijche Regicrnng gerade jetzt in der
Frage der de-uischen Ereuelnote im englijchen Unterhau-je erieilt hat.
Deutfchland hat gcgen die unerhörten Vcrgewaltignngen im Rnhr-
gebiet Cinspruch erhoben,' nach Necht und Eerecht-igleit soW« man
annehmen, datz England zn diejen offenen Verletzungen des Friedens-
vertrages Stellnng nehmen mützte. Im Unterh-auj« aber erilürt dte
Lritiljch-e Regicrung, Latz sie die deutsche Note nicht beant-
worten werde, da sie nicht gewillt sci, irgcnü eine Aktion in
diefer Angelegenheit vorzunehmen, da sie dafür keine Veraniwortung
habe und datz sie nicht einmal die deuij-He Note dem Parlament
vorzulegen gedenke.

Jn Paris wird man von dieser Antwort mit ebenso großer
Eenugtuung Kenntnis nehmen, wie sie bei uns Entrüstung hervor-
zurufen geeignet ist, aber gerade die-se Antwort beweist, datz mau
in England nichts anderes macht als ein« rein englisch«
Politik, und datz Deutschland in der Einjchätzung Ler englischen
Politi-t eine durchaus nebensüchliche Rolle spielt. Datz wir an diejer
Elnjchützung nicht ganz jch-nvdlos sind, datz un-jers autzenpolitijchen
Method-en nicht immer Liejenigen waren, die ste troh Verjailles
hätten je-in können, jei nur nebenher bemerkt, wie in diejem Zn-
sammenhang« vielleicht auch die Frage ausgeworjen werden kann,
weshalb ü-i« üeutjche Not« über bi« Ereuel an der Ruchr nicht jo
abg-esatzt rvar, datz si« hätte beant-wortct werden miisscn, und wcs-
halb ste nicht der laute Aufschrei eines gsquälten Volkss geworden
-ist, -der in der Welt dte Beachtung hätte fin-den müssen, die der
Trockenheit und der bureankratifchen Sachlich-keit deutfchcr Noten ia
der Regel versagt ist.

Gleichwohl wie die Ding« liegen, Lleibt uns kanm etwas andere»
ü'brig, als der w-eiteren Entwicklung d«s engli.sch-jranzösischen Eegsn-
sahes mit derselben Nuhe und Uninteressiertheit zuznsehen, mit der
di« Welt üem üeutfch-franzüsijchen Eegenfatze znsieht. Vielleicht er-
gtbt sich ans diefem Gegenjatze für nns in einer fernen Znkunft sine
Konstell-ation, die günstige.r ist als die gegonwärtig« Lage. Wenn
wir auf dem Eebiete der auswärtigen Politil nichj nach w:e oor
noch recht ungejchickt wären, könnten wir di« Entwicklnng melleicht
beeinslussen, zu nnjeren Gunsten bejchlcunigen. Jn der Phalanx L-er
Alltierten nimmt Frankreich immer mehr ein« ijolierte Etellung
ein,' in dem Matze, wie sich sein« Machtpoliti-k verstärkt hat, ist jeine
autzenpolitijch« Siluation schwächer geworLen. Es ist hrute Jta-
liens, ja nicht einmal mchr Belgtens so sicher wie noch vor
einem halben Jahre. us-jolini hat in seiner Politik sich immer
mehr dem engl-ijchen StandpunEte angenähert, und di« Kund-
gebnng des Papstes, jo znrückhaltend im Tone sie auch ist,
mutz gleichfalls als ein weiterer Beweis dafür angejehen werden,
datz stch im llrteil der Welt üb«r die EewaltpolM ein Um-
 
Annotationen