^ Mzang - Ar. ss
Post" krscheint wöchentl' siebenmal. Deilaaen: TidaskaliaiEonnt) —
"^ungsblatt sFreitagss - Literaturblatt — KoKschrUbLttak«! ltttonatlichs,
^^ianate Beiträge ohne Verantwortunx. Rückkenduna nur. wenn Porto beilicat.
Heidelberger Aeitung
(Gegründet 1858)
UNd
HandelsblatL
SamsLag, den 31. M'rz 1923
HauptaeschäktssteLe u. Schriftletta. Ler,'Ladischen Post".Heidclberg,Hauvtstr. 2Z, Fernspr.:
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Auzeigeuvreise: die44wm breite Nonpareillezeile kostet:IokaleSteIlengesuche Mr.80.-, kl.Eelegenheitsanzeigen Mk 100.-
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Montags Mk. 10.— mehr. Die S8 mm breite Reklamezeile kostet Mk. 600.—, Anzeigen und Reklamen von auswärts 25°/o höher.
Achabe der psänder nm gegen ReaMen.
Erklarungen Poinearßs vor der Kammer. — Anveränderter
Standpunkt. — Sozialistische Angriffe gegen die Nuhrpolitik.
. , Paris, 30. März.
V'rrt'l. KanzLstsche Kammer faßte Donnerstag nachmittac, uner-
veri^" Beschlug, zu einer Itachtiitzun« Msammenzutreten,
<aax„ luUedene Vorlagen zn erledikien, die der Senat im Laufe des
Zlrerst ^llenommen hatte. Um 9.10 Uhr adends begann die Sitznng.
^ives s?urde ein Eefetzentwurf angenommen, wodurch die Schaffung
»terstaatssekretariats im F i n a n zm i n i st e -
ntz g,:?"uöglicht wird. Nach einer Reihe weitsrer Vorlagen, die
Ateu HaushaltsLudget nnd Steuerangelegenheiten bcfchaf-
keh-^Uangte der Finanzminister die sofortige Diskufsion der
'tvorlagen fnr zwci V ud g e t z w ö l f t e l für die
Li.
ebas
das
«Natesr . >"Sen f
. Fn b "ril und Mai. „ . . ^
Us Eeneraldebatte ergreift der sozialiftifchc Abg. L<
und erklärte. seine Frennde wollten nicht aus
hmeinfallen, das nach der Abstimmung über das Dudget-
Seki > »evlant fei; deshalb hielten sie daran fest, datz vor den
" "ie R uh r f r a g e diskutiert werde.
Die ^^"'"lionsfrage trage den Keim eincs neue« Krieges in sich.
LebaZ ^tarier Frankreichs, Englands und Deuifchlands, fo erklärte
oi,„>^unten die französifchen Ansprüche auf die Reparationen
was die Methode anbetrifft, unterscheiden wir uns von
!che« Meit der Franzofen, die an die Wirknng der m il i t är i -
^ige ^ waIt glaubt. (Lebhafter Widerspruch rechts.) AIs der
war, .LMnzminister Bcrichterstatter über das Wiederaufbaubudget
. * de. er, die sranzöstschen Jndustriellen hätten zu oft Furcht
^olls - ^onkurrenz der deutschen Lieferungen gehabt: er, Lebas,
V>Nd^«v.bewLifen, datz die Ruhrbesetznng noch viel weniger
o»... ^nchte. als die Politik der letzten Iahre, die indessen unzu-
r
liiii
^rjot-"^en der Welt gestört; der Preis allcr Roh-
8-» einschliestlich der Kohleu uud Koks. fowie der notwendi-
st„„,»s'NlitteI, erfuhr eiue starke Hausse, auch das Baumaterial
"»bhrail im Preis; der Wiederausbau der verwllsteten EsLiete fei
? > > slsl,
war. Eeit der Ruhrbefetzung
wurde das Wirt-
Preis »ller Roh-
» °Urz, ä Preis; der Wiederausbau der verwustelen msviele >ei
»?Eer^.^droht. Der Abgeordnete, der wiederholt vou der Rcchten
u?cht jr°5>sn wird. wirft deshalb feinen Widerfachern vvr. daf; ste
te« ^edanken ausdrücken, die nach seiner Ansicht darin
wiederum zu lärmenden Unterbrechungen, als Lebas er-
>sine Freunde immer noch auf internatiouale Abkommen
.... ....
vis nach Berli« zn marfchieren.
Seine politischen Eegner feien
alles durch militärifche Eewalt
N> die Konflikte zu lösen.
Koischewisten, die qlaubtcn,
5»scht und die fchltetzlich di , . . . . , .
! il n „ i^tten. Es fei zu befürchten. datz eine zu lange Be-
!ea ^ °utschlands das N a t i o n a l g e fLh l des deut-
Üv k°rkenne^
dlii^ch-taa
ünd 'die fchlietzlich doch eiuseheü mützten, datz fie^sich
_
!?>Ue p^roletariats verfchärfen werde, derartige Symp
nian ein wenig überall; felbst
Klara Zetkin habe
Frankreich, das
tei den M?. -vegen die Ruhrbesetzunq vrotestiert. Frankreich, da<
Ti' 'bin //."'erten Oesterreich zerstückelt habe. fei jetzt verpflich
' r d-°- M Hilfe ^ kommen, damit es existieren könne, Befürchien
.--e Ntäij" -
v»? wexi,' su ruft der Redner aus, datz Sie eines Tages gezwungen
ei? .i»r Deutschland das qleiche zu tun? sWiderspruch rechts
msiit„, ^itte.) Er nnd scine Freunde wollten Frankreich und der
1k>> ^an des Friedens dienen.
>d» ,^tini,»^"^ugt Schlutz der Esneraldebatte, der mit 382 gegen
>den En angenommen wird. Alle Artikel der Kreditoorlage
, Äierch!p^wigt.
^oreift Abg. Herriot das Wort. um über die Ge-
üll» ^unde- sprechen und um Poincare, wie er fagt, im Jnteresfe
NZeli ^ Fragen vorzulegen: Erstens, man Lehauptet in dcr
z>i Ziele butz. wir aufgehört hätten, im Ruhrgebiet wirtschaft-
>tzd>E.rreich»„"" perfolgen, datz wtr nunmehr politische Zwecke
b>i?^»s ford >r>. datz wir sslbst auf Annexion abzielen.
die Regierung auf, zu erklären. datz Frankreich
»la^ den D^,!>Lkeit jeden ernsten Vorschlag prüfen
wird ^""d Frankreich oder der Eefamtheit der Alliierten
, ^°"-hebtsich
M erkliirt- - - PoincarS
sie i^oI^ube wirklich, datz meine Aniwort überflüsstg rst.
I° ..'wutz der ü!., uud wiederholte sic auch vor dem Finanz-
rsn-chIch erklärte in erster Linie, datz wirkeiner-
n a yj, ^ ^ °> 6 > ö se n "^r indirekten Verhand-
^ u n n p o lj" " > I > ä > v > ^ v ooer inoiieiivn ^zeiiinnv-
dstü ^?Ug zui- b n wcrden. An .dem Tag, au dcm dic deutfche
Mdi^e Ve-ixiT^^^ikeit zurückgekehrt ist und anerkennen wird,
»lso Ä fein des Widerstandes Deutschland selbst nur
)>s/>*ankreich ,?>. dem Tag, an dem die deutsche Regierung uns,
> ^ iw u sth n?! * . oder der Ecsamtheit der Alliierten, prä-
' ^°>ste Vu.rschläge überbringen wird, werden wir
uh „'"Mte dee m ^ r I w > a g e uoervringen wrro, werven rvn
^Usteri ^sährlito "^tigkeii und Loyaliiät prüfcn. Ich fügä hinzu,
uuistisch^ und verabscheuungswürdig wnre, Frankreich
^lrtijri 'Ulvier "der Hintergedanken zuzuschreiben. Wir er-
^^ablU)k>chc 'üiüi» das Rubrqebiet qegangen sind. um dort
?.dznM'ge» keivo-"' verfolgen. (Welcher Hohu! Die Red.) Wir
^usch^en; ag°,. »ns einc einzige Parzelle deutschcu Vodens
Si° ° ^ussen wollen uns nicht mehr durch neues Manöver
die Psänder nur gegcn Realitäten aufgeben.
koi^.eu un-r dem
sse?-tn-o
uns
der
Rührgebiet nur im Matze und im
p'ch deV Zahlungen zurückziehen,
-chtet I?? autzere i^-de>t der Schaden anpaffen. Deutschland
iNuer/xE^rankreiäb.^' Dsutschland ist im Augcnblick weniger be-
w' daK^UId. De-b-,?? wegen des Marksturzes kaum- noch eine
Der sozialdemokratische ALg. Blum verlangt hierauf von dem
Ministerpräsidenten, datz er seine Gedanksn ekwas präzifer aus-
drücke! Es genüge nicht, zu erklären, datz Frankreich keinerlei
Anncxionsgedanken habe: das wissen wir. Was man Frankreich vor-
wirft, ist, datz esaufdieZerstllckelung derdeutschen Ein-
heit abzielt. Man mutz die Artikel einer gewissen Preffe des-
avouieren, die einmal von der Neutralisierung des linken
Rheinufers, dann wieder von der Schaffung eiues Pufser-
ftaates sprechen. Man mutz erklären, datz wir nur im Ruhrgebiet
stehcn, um die S'e p a r a t i o n s z ah l u n g e n dort zu erlangen.
Blum wird in der heftigsten Weife von den ALgeordneten der
Rechten und der Mitte unterbrochen, so datz seine Wortc unverständ-
lich werden. Da er stch nicht Eshör verfchasfen kann und deshalb zur
Rednertriüüne «mporsteigt, verdoppclt sich der Lärm. AIs er weiter-
sprechen will, ruft ihm der Abg. Magne zu: „Eenug, genug!"
Blum schlägt mit der Faust auf den Pult und schreit seinerseits:
„I ch habe genug davon," mas wiederum eine grotze Lärmszene her-
vorruft. Nur mit Mühe kann der Kammerpräsidsnt Pcret die
Ruhe wiederherstellen. Bei der Fortsetzung seiner Rede führte Blum
aus: „Angestchts der Verluste, die Frankreich während des Krieges
erlitt, bestehe die einzige Garantie, die Frankreich gegen einen
deutschen Angriff finden könne, darin, datz man in Deütschland den
Eindruck hervorrufe, dah, wenn es einen Krieg provoziere, es auf
eigenem Eebiet zusammenbreche.
Aierauf wird der Eesetzentwurf LLer die Leiden Budgetzwölftel
angenommen, und aüschließend daran auch das prooisorische
Budgetzwölftel Lber den Wiederaufbau. Unter grotzem Widerspruch
wird hierauf üer 8. Mai als Tag des Wiederzüsammentritts der
Kammer bestimmt. Die Sitzung war 2 llhr nachs Leendet. Auch
der Senat tritt wisder am 8. Mai zufammen.
Sir vermißten NaülrallSeservngen.
Ecplanter Ankaus von deutsche« Materialieu als Ersatz.
Von unserem K-Korrespondenten.
Paris, 30. März.
Der Abg. Tardieu veröffenilicht im „Echo National" eine
Jnformation Les Ministers für die Lefreiten Eebiete, durch die den
Eeschädigten mitgeteilt wird, datz infolge der Einstellung
derdeutfchenNaturallieferungen und der dringendsn
Bedürfniffe der zerstörten Eebiete das genannte Ministerium fich ent-
schlosfeu habe, in den besetzten Eebicten grotze Ankäufe von
Materia! ien für die zerstörteu Gebiete vorzunehmen. Für diese
Lieferungen müssen jedoch die GeschLdigten 4 0^ bezahlen, 40^
würde das Ministsrium auf sich nehmen und die restlichen 20^
mützte das Deutsche Reich aufbringen. Wenn jedoch binnen sinss
Jahres das Deutsche Reich diefe 20^ nicht aufgebracht habe, fo
werde das Ministerium für die befreiten Eebiete aüch noch diese 20?L
auf sich nehmen und bezahlen. Die Geschädigten werden jedoch ge-
mahnt, solange keine Zahlungen zu leisten, als die Waren noch nicht
abgeschickt worden sind.
Der Abgeordnete Tarbieu zieht aus dieser Veröffentlichuna
den wohl ganz richtigen Schlutz, datz im Jahre 1923 die deutfchsn
Naturallieferungen glsich null sein werden. Datz Frankreich aber
grotze Bedürfnisse in deutschen Waren hat, ift ganz klar, und da man
diese nicht mehr im Wege der Reparationszahlungen erhalten kann,
fo sucht man ste sich durch Kauf gegen Bezahlung zu beschaffen.
Glerchzeitig will man stcher auch auf die deutschcn Fabriken durch
die in Aussicht stehende Bezahlung grohen Emdruck machen, aber
es ist nicht anzunehmen, datz die deutfchen Jndustriellen der Lesstzten
Eebiete vorderAufhebungder Nuhrbesetzung irgend-
welche Lieferungen an Frankrcich leisten werden.
Das „Echo national" teilt mit, datz von den 219 Hochöfen
m Frankreich heuie nurnoch77im Betriebe sind: alle anderen
mugten nach und nach aus'geblasen werden, da nicht ae-
nugend Koks einging. Jm Februar habe man aus dem Rühr-
Mbiet nur taglich 9000 Tonnen Koks nach Frankreich eingeführt, im
Marz sei dies allerdings etwas besser geworden: man erhalte
ietzt pro Tag rund 15 000 Tonnen.
Die Aniwori auf die türkischen GegenvorWäge.
Paris, 30. März. Die Antwortnote der Alliierten
auf die türkischen Gegenvorschläge, wird von jeder der alliierten
Regierungen getrennt ihrem Oberkommiffar in Konstantmopel zu-
gestellt,und dann durch einen gemeinsamen Schrittder Ober-
kommissare dem Bertreter deb Regierung von Angora in Konstanti-
nopel, Adnan Bey übergeben, d«r sie anIsmedPascha weiter-
leitet. Die Antwort der Alliierten ist nach Havas in ziemlich
allgemeinen Wendungen gehalten. Sie geht nicht auf Vie Einzel-
heiten der Londoner Sachverständigenverhandlunoen ein; ste gibt
wur im allgemeinen die Richtung an. worin sich diese Verhandlung
entwickelt uud legt aus diese Weise die Regierung nicht unbcdingt
lest. Am Schlutz wivd die Türkei aufgefordert, zur Wiederau'f-
nahme der F r i ed e n s v e r h a n d l u n ze n Delegierte nach
Lausanne zu entsenden. Die AntworL lehnt die Zurückstellung der
Wiitschaftsbestimmungen des Lausanner Entwurfes ab.
Die RLÄgabe beschlagnahmter VermVgen in Amcrika
Washington, 30. März. (Funkspruch.) Di« erste Rückgabe
von Vermögenswerten, die Deutschen und Oesterreichern gehören und
die von den Treuhünder fiir das Eigentum d>er Staatsangehörigen
ehemals feindlicher Länder verwaltet werden, Leginnt in der
nächsten Woche.
Sie sranzSsische RheinlanSpoM und das
„Oomils ciss ^oi-Zss".
Von unserem Pariser L-Korrespondenten. 1
Paris, 25. März.
Das „Comits des Forges", oder, wie es nach seinem Pariser
Sitze anch genannt wird, „die Rue Madrid", gilt als die einflu tz-
reichstewirtschaftliche Vereinigung i n F rankreich>
Alle französtscheu Hüttenwerksbesitzer zählen zu den Miigliedern des
Comitös, und der mehr geheimnisvolle als offene Eiufluh, den es
auszuüben scheint, soll sich bis in die höchsten Kreise der Republik
erstrccken. Es gibt niemand in Frankreich, der die entscheidende Rolle
bestritte, die das „Comits des Forges" spielte, als der Beschlutz
gesatzt wurde, das Ruhrgebiet zu besetzen. Deun indem M den fran-
zösischen Erzgruben in Longwy und Briey nach dem Versailler Dertrag
auch das Lothrinqer Erzbecken in sranzöstschen Besitz zelangte, könnte
die französische Erzindustrie zu einer entscheidenden Macht
werden, wenn sie auch die notwendigen Kohlenmengen zur
Verfügung hätte, Lie ihr der Versailler Vertrag nur bis zum Iahre
1927 sichert. Das „Comits d-es Forges" ist sich bewutzt, datz es nach
1927 in starke wirtschastliche Abhängigkeit von Deutschland geriete,
wenn nicht vorher durch freie Vereinbarungen oder durch Anwendung
von Gewaltmatznahmen Deutschland verpflichtet würde, Frankreich
weitcr in grotzem llnifange Kohlen zur Verfiigllüg zu stellen. Es
dars mit voller Sicherheit Lehauptst werden, datz ohnedieRepa-
rationnskohle, die Deutfchland seit 1919 lieferte, und die von
der sranzösischen Regierung der Jndustrie zu Vorzuzspreisen abgege-
Len wurde, die schwere wirtschaftliche Krise, die 'seit
1920 in Frankreich wütete, nicht überwunden wor-
denwäre, während durch die Leutsche Kohle die Krise immer mchr
abflaute und im Dezember 1922 als überwundcn gelten konntc.
Heute steht es Lei einsichtigen französischen Wirtschaftspolitikern
bereits fest, datz ohne Äie Ruhrbesetzung eine ruhige gleichmätzigc
Fortentwickelüng der französischen Jndustrie zu erwarten war, und
datz gerade Äie Ruhrbesetzung, auf die man so grotze Hoffnungen ge-
setzt hatte, die Krise, wenn auch noch nicht in voller Stärke, zum
Ausbruch brachte, sie aber in unmittelbare Nähe rllckte.
Das „Comits des Forges", in dem sicherlich sehr achtungsmerte,
wirtschaftliche Kräfts zur Detätigung gelangen, diirftc sich heute
Lereits sagen, datz Äie Ruhrpolitik, zu der es geraten und gedrängt
hatte, nicht den erwünschten Ausgang nehmen werde. Eine vorletzte
Hoffnung setzt man noch darauf, datz an Stelle des Jngsnieurs L o st e,
der als eine der grötzten wirtschaftlichen Leute Frankreichs galt,
aber in der Ruhr vollkommen versagte, der Jnqenieur Frautzen.
nunm-ehr unter dem Schutze von Bajonetten, Kohle und Koks aus-
lesen und nach Frankreich schaffen laffen wird. llnd eine allerletzte
Hoffnung Lesteht noch darin, datz dis Vevwaltung des Ruhrqebietcs
bem Eeneral Degoutte entzogen und dem allmächtigen General-
tekretar des „Lomits des Forges". Robert Pino't übertragen
werden würde. Für diese Ernennunq wir-d vielsach Stimmung 'ge-
macht. Vorläufig aber scheinen die M-ilitärs ihre Macht nicht auf-
geben zu wollen, und ste scheinen Versprechungen gemacht zu haben,
datz die materiell-en Erg-ebnisse der Richrbesetzung sich baldigst -'bess-ern
würden. Nur wenn sich dieses Versprechen nicht erfüllte. k'önnte mit
der Ernennung Pinots zum Eenerälgouverneur des Ruhrzebietes
gerechnet werden.
Das „Comits des Forcces" bemüht sich, seinen Mitgliedern in
oblektivster Weise — was anerk-annt werden soll — Berichte über die
wirtschaftlich-e Lage in allen Ländern der Welt zu erstatten. Es
stellt ihnen täglich einen unqeschminkten Bericht üb-er die Vorgänge
auf dem franzosischen Wirtschafts- und dem Finanzmarkte zu. und
veröffentlicht amch in vielen Beil-ageu Mitteilunqen über die Börsen-
lage in Deutschl-and, England und Amerika. Es breitet vor seinen
Mitgliedern Berichte LLer die Täiigkeit grotzer Aktiengesellschaften
im Ausland aus. (Sehr bemerkenswert ist zum Beispiel eine vor
einizeu Tageu erschienene Darstellung über die Tätigkeit des Deut-
schen Klöckner-Konzerns.) Es unterrichtet über finanzielle Vor-
lagen, die den verschiedenen Parlamenten zugehen usw. Die Leitung
dieser täglich erscheinenden Derichte besorgt FrancoisPoncet.
der geqenwärtig der Pressereferent des Eeneralquartiers in Düffel-
dorf ist, was schon ein Hinweis dara-uf gestattet, wie sehr das
„Lomits des Forges" an der Ruhrbesetzung interessiert ist. Von den
zahllosen Bsrichten, die den Mitglied-ern des „Comits des Forges"
in der letzten Woche zugingen, soll einer hervorgehoben werden,
worin Lber eine lange Studienreise in den Rheiiilanden berichtet
wird. Der annonyme Verfasser bemüht sich zu zeigen, was die gegen-
wärtige französische Rheinlandpolitik ist und was ste sein sollte. Er
ist von dem Eesehenen und Gehörten wenig befriedigt und er deckt
mit ziemlich rllcksichtsloser Schärfe die Ursachen auf, warum die
biÄherige Rheinlandpolitik Frankreichs nich-t den Hauptzweck erreichen
konnte, nämlrch -die Abfallbewegung vom Reiche zu stärken. Die
Ursache des Vers-agens der mit grotzen Mitteln betriebenen französi-
schen Propaganda wird keinesfalls in der Haltung des franzosischen
Oberkommissars Tirard gesehen, dem sogar das Lob gezollt wird,
datz er alles tat, was in seinen Kräft-en stand, um -die Annäherungs-
bcwegung der Rheinlande an Frankreich zu fördern. Wenn -dies nicht
^ gelanz, so liege eine der Ursachen darin, datz Fr-ankreich zu sehr den
Anschein zu erwecken wuhte, datz es den rheinischen Separatismus
und den Fö-deralism-us befördert-e, denn dadurch habe man nur be-
wirkt, datz man den Widerst-and verstärkte und trotz aller napoleoni-
schen Erinn-erungen für di-e Rheinländer der Fremde, wenn nichi gar
-der Feind geblieben war. Viel an dem Fehlschl-agen der französischen
Rhe-inlandpolitik sei Lie angeblich Lewiesene Schwäche fchuld, indem
man immer Matznahm-en beschlotz, ohne sie durchzuführen, oder die
man sogar in vielen Fällen wieder aufheben mutzte. Man spreche
zuviel von der Rheinlandspolitik, ohne si-e wirklich'zu bctreiben.
und z-um Beispi-el das „Eomits für das linke Rheinufer" verursachte
m-ehr Schad-en als Nutzen. Viel trage zur Derminderung des fran-
zösischen Ansehens der Milit-arismus Lei, -den man — selbstverständlich
zu Unrecht — Frankreich zum Vorwurf mache. Allerdings habe
Frankreich schwere militärische Lasten im Rheinland zu ertragen.
Aber wenn es deren Notwendigkeit begründete. könnte dies bei den
Rheinländern Eindruck hervorrufen. Notwendig wäre aber eine
gewiffe Disziplin. Unglückselige un-d meist nutzlose Kundgebungen
mützten vermieden werden, und insbes.ondere die Veröffent-
lichung des Berichtes von Dariac habe grotzen Schaden
gestiftet. Sozialisten und Zentrumsleut-e, auf die man am meistcn
gerechnet habe, hätten sich als unbr-auMare Kilfstruppen erwiesen.
Post" krscheint wöchentl' siebenmal. Deilaaen: TidaskaliaiEonnt) —
"^ungsblatt sFreitagss - Literaturblatt — KoKschrUbLttak«! ltttonatlichs,
^^ianate Beiträge ohne Verantwortunx. Rückkenduna nur. wenn Porto beilicat.
Heidelberger Aeitung
(Gegründet 1858)
UNd
HandelsblatL
SamsLag, den 31. M'rz 1923
HauptaeschäktssteLe u. Schriftletta. Ler,'Ladischen Post".Heidclberg,Hauvtstr. 2Z, Fernspr.:
Nr. 1.82- lVerlaasort: s?rankfurt a. M.s Berliner Bertretung: Berlin 8iV 48, Zimmer-
strakeg, Fernlpr. Zentr. 41.5, MünchnerVertret.' Munchen, Georgonstr. I l>7, Fernkpr. 31667
Vostscheck-Konto: Fraukfurt a. M. »141»
^bbesj.n^äUgsvreis Ler „Bäd.Post" Mr.tzOW.- iausschl. Zusteügebührl. Selbftabhol. Mk. 8900.-. Auslaud Mk. 8000.—
taki°- ^>rerd.nur bis zum2. jed.Mis angcnommcn. Am 1 u.2. noch gelief. Zeitungen stnd nach d. Einzelverraufspreis zu be-
^retsd.Einzelnummer Mk. 170.-. Jst dieZcitung am Erscheinen verhindert, besteht lein Anspruch auf Entkchadigung.
BoftfcheS-Konto: Krankfurt a. M. »141»
Auzeigeuvreise: die44wm breite Nonpareillezeile kostet:IokaleSteIlengesuche Mr.80.-, kl.Eelegenheitsanzeigen Mk 100.-
Familienanzeigen Mk 80.—. Geschäftsanzeigen Mk.175.—.Finanz- und Jndustrieanzeigcn Mk. 250.—, mit Platzvorschrikt und
Montags Mk. 10.— mehr. Die S8 mm breite Reklamezeile kostet Mk. 600.—, Anzeigen und Reklamen von auswärts 25°/o höher.
Achabe der psänder nm gegen ReaMen.
Erklarungen Poinearßs vor der Kammer. — Anveränderter
Standpunkt. — Sozialistische Angriffe gegen die Nuhrpolitik.
. , Paris, 30. März.
V'rrt'l. KanzLstsche Kammer faßte Donnerstag nachmittac, uner-
veri^" Beschlug, zu einer Itachtiitzun« Msammenzutreten,
<aax„ luUedene Vorlagen zn erledikien, die der Senat im Laufe des
Zlrerst ^llenommen hatte. Um 9.10 Uhr adends begann die Sitznng.
^ives s?urde ein Eefetzentwurf angenommen, wodurch die Schaffung
»terstaatssekretariats im F i n a n zm i n i st e -
ntz g,:?"uöglicht wird. Nach einer Reihe weitsrer Vorlagen, die
Ateu HaushaltsLudget nnd Steuerangelegenheiten bcfchaf-
keh-^Uangte der Finanzminister die sofortige Diskufsion der
'tvorlagen fnr zwci V ud g e t z w ö l f t e l für die
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das
«Natesr . >"Sen f
. Fn b "ril und Mai. „ . . ^
Us Eeneraldebatte ergreift der sozialiftifchc Abg. L<
und erklärte. seine Frennde wollten nicht aus
hmeinfallen, das nach der Abstimmung über das Dudget-
Seki > »evlant fei; deshalb hielten sie daran fest, datz vor den
" "ie R uh r f r a g e diskutiert werde.
Die ^^"'"lionsfrage trage den Keim eincs neue« Krieges in sich.
LebaZ ^tarier Frankreichs, Englands und Deuifchlands, fo erklärte
oi,„>^unten die französifchen Ansprüche auf die Reparationen
was die Methode anbetrifft, unterscheiden wir uns von
!che« Meit der Franzofen, die an die Wirknng der m il i t är i -
^ige ^ waIt glaubt. (Lebhafter Widerspruch rechts.) AIs der
war, .LMnzminister Bcrichterstatter über das Wiederaufbaubudget
. * de. er, die sranzöstschen Jndustriellen hätten zu oft Furcht
^olls - ^onkurrenz der deutschen Lieferungen gehabt: er, Lebas,
V>Nd^«v.bewLifen, datz die Ruhrbesetznng noch viel weniger
o»... ^nchte. als die Politik der letzten Iahre, die indessen unzu-
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^rjot-"^en der Welt gestört; der Preis allcr Roh-
8-» einschliestlich der Kohleu uud Koks. fowie der notwendi-
st„„,»s'NlitteI, erfuhr eiue starke Hausse, auch das Baumaterial
"»bhrail im Preis; der Wiederausbau der verwllsteten EsLiete fei
? > > slsl,
war. Eeit der Ruhrbefetzung
wurde das Wirt-
Preis »ller Roh-
» °Urz, ä Preis; der Wiederausbau der verwustelen msviele >ei
»?Eer^.^droht. Der Abgeordnete, der wiederholt vou der Rcchten
u?cht jr°5>sn wird. wirft deshalb feinen Widerfachern vvr. daf; ste
te« ^edanken ausdrücken, die nach seiner Ansicht darin
wiederum zu lärmenden Unterbrechungen, als Lebas er-
>sine Freunde immer noch auf internatiouale Abkommen
.... ....
vis nach Berli« zn marfchieren.
Seine politischen Eegner feien
alles durch militärifche Eewalt
N> die Konflikte zu lösen.
Koischewisten, die qlaubtcn,
5»scht und die fchltetzlich di , . . . . , .
! il n „ i^tten. Es fei zu befürchten. datz eine zu lange Be-
!ea ^ °utschlands das N a t i o n a l g e fLh l des deut-
Üv k°rkenne^
dlii^ch-taa
ünd 'die fchlietzlich doch eiuseheü mützten, datz fie^sich
_
!?>Ue p^roletariats verfchärfen werde, derartige Symp
nian ein wenig überall; felbst
Klara Zetkin habe
Frankreich, das
tei den M?. -vegen die Ruhrbesetzunq vrotestiert. Frankreich, da<
Ti' 'bin //."'erten Oesterreich zerstückelt habe. fei jetzt verpflich
' r d-°- M Hilfe ^ kommen, damit es existieren könne, Befürchien
.--e Ntäij" -
v»? wexi,' su ruft der Redner aus, datz Sie eines Tages gezwungen
ei? .i»r Deutschland das qleiche zu tun? sWiderspruch rechts
msiit„, ^itte.) Er nnd scine Freunde wollten Frankreich und der
1k>> ^an des Friedens dienen.
>d» ,^tini,»^"^ugt Schlutz der Esneraldebatte, der mit 382 gegen
>den En angenommen wird. Alle Artikel der Kreditoorlage
, Äierch!p^wigt.
^oreift Abg. Herriot das Wort. um über die Ge-
üll» ^unde- sprechen und um Poincare, wie er fagt, im Jnteresfe
NZeli ^ Fragen vorzulegen: Erstens, man Lehauptet in dcr
z>i Ziele butz. wir aufgehört hätten, im Ruhrgebiet wirtschaft-
>tzd>E.rreich»„"" perfolgen, datz wtr nunmehr politische Zwecke
b>i?^»s ford >r>. datz wir sslbst auf Annexion abzielen.
die Regierung auf, zu erklären. datz Frankreich
»la^ den D^,!>Lkeit jeden ernsten Vorschlag prüfen
wird ^""d Frankreich oder der Eefamtheit der Alliierten
, ^°"-hebtsich
M erkliirt- - - PoincarS
sie i^oI^ube wirklich, datz meine Aniwort überflüsstg rst.
I° ..'wutz der ü!., uud wiederholte sic auch vor dem Finanz-
rsn-chIch erklärte in erster Linie, datz wirkeiner-
n a yj, ^ ^ °> 6 > ö se n "^r indirekten Verhand-
^ u n n p o lj" " > I > ä > v > ^ v ooer inoiieiivn ^zeiiinnv-
dstü ^?Ug zui- b n wcrden. An .dem Tag, au dcm dic deutfche
Mdi^e Ve-ixiT^^^ikeit zurückgekehrt ist und anerkennen wird,
»lso Ä fein des Widerstandes Deutschland selbst nur
)>s/>*ankreich ,?>. dem Tag, an dem die deutsche Regierung uns,
> ^ iw u sth n?! * . oder der Ecsamtheit der Alliierten, prä-
' ^°>ste Vu.rschläge überbringen wird, werden wir
uh „'"Mte dee m ^ r I w > a g e uoervringen wrro, werven rvn
^Usteri ^sährlito "^tigkeii und Loyaliiät prüfcn. Ich fügä hinzu,
uuistisch^ und verabscheuungswürdig wnre, Frankreich
^lrtijri 'Ulvier "der Hintergedanken zuzuschreiben. Wir er-
^^ablU)k>chc 'üiüi» das Rubrqebiet qegangen sind. um dort
?.dznM'ge» keivo-"' verfolgen. (Welcher Hohu! Die Red.) Wir
^usch^en; ag°,. »ns einc einzige Parzelle deutschcu Vodens
Si° ° ^ussen wollen uns nicht mehr durch neues Manöver
die Psänder nur gegcn Realitäten aufgeben.
koi^.eu un-r dem
sse?-tn-o
uns
der
Rührgebiet nur im Matze und im
p'ch deV Zahlungen zurückziehen,
-chtet I?? autzere i^-de>t der Schaden anpaffen. Deutschland
iNuer/xE^rankreiäb.^' Dsutschland ist im Augcnblick weniger be-
w' daK^UId. De-b-,?? wegen des Marksturzes kaum- noch eine
Der sozialdemokratische ALg. Blum verlangt hierauf von dem
Ministerpräsidenten, datz er seine Gedanksn ekwas präzifer aus-
drücke! Es genüge nicht, zu erklären, datz Frankreich keinerlei
Anncxionsgedanken habe: das wissen wir. Was man Frankreich vor-
wirft, ist, datz esaufdieZerstllckelung derdeutschen Ein-
heit abzielt. Man mutz die Artikel einer gewissen Preffe des-
avouieren, die einmal von der Neutralisierung des linken
Rheinufers, dann wieder von der Schaffung eiues Pufser-
ftaates sprechen. Man mutz erklären, datz wir nur im Ruhrgebiet
stehcn, um die S'e p a r a t i o n s z ah l u n g e n dort zu erlangen.
Blum wird in der heftigsten Weife von den ALgeordneten der
Rechten und der Mitte unterbrochen, so datz seine Wortc unverständ-
lich werden. Da er stch nicht Eshör verfchasfen kann und deshalb zur
Rednertriüüne «mporsteigt, verdoppclt sich der Lärm. AIs er weiter-
sprechen will, ruft ihm der Abg. Magne zu: „Eenug, genug!"
Blum schlägt mit der Faust auf den Pult und schreit seinerseits:
„I ch habe genug davon," mas wiederum eine grotze Lärmszene her-
vorruft. Nur mit Mühe kann der Kammerpräsidsnt Pcret die
Ruhe wiederherstellen. Bei der Fortsetzung seiner Rede führte Blum
aus: „Angestchts der Verluste, die Frankreich während des Krieges
erlitt, bestehe die einzige Garantie, die Frankreich gegen einen
deutschen Angriff finden könne, darin, datz man in Deütschland den
Eindruck hervorrufe, dah, wenn es einen Krieg provoziere, es auf
eigenem Eebiet zusammenbreche.
Aierauf wird der Eesetzentwurf LLer die Leiden Budgetzwölftel
angenommen, und aüschließend daran auch das prooisorische
Budgetzwölftel Lber den Wiederaufbau. Unter grotzem Widerspruch
wird hierauf üer 8. Mai als Tag des Wiederzüsammentritts der
Kammer bestimmt. Die Sitzung war 2 llhr nachs Leendet. Auch
der Senat tritt wisder am 8. Mai zufammen.
Sir vermißten NaülrallSeservngen.
Ecplanter Ankaus von deutsche« Materialieu als Ersatz.
Von unserem K-Korrespondenten.
Paris, 30. März.
Der Abg. Tardieu veröffenilicht im „Echo National" eine
Jnformation Les Ministers für die Lefreiten Eebiete, durch die den
Eeschädigten mitgeteilt wird, datz infolge der Einstellung
derdeutfchenNaturallieferungen und der dringendsn
Bedürfniffe der zerstörten Eebiete das genannte Ministerium fich ent-
schlosfeu habe, in den besetzten Eebicten grotze Ankäufe von
Materia! ien für die zerstörteu Gebiete vorzunehmen. Für diese
Lieferungen müssen jedoch die GeschLdigten 4 0^ bezahlen, 40^
würde das Ministsrium auf sich nehmen und die restlichen 20^
mützte das Deutsche Reich aufbringen. Wenn jedoch binnen sinss
Jahres das Deutsche Reich diefe 20^ nicht aufgebracht habe, fo
werde das Ministerium für die befreiten Eebiete aüch noch diese 20?L
auf sich nehmen und bezahlen. Die Geschädigten werden jedoch ge-
mahnt, solange keine Zahlungen zu leisten, als die Waren noch nicht
abgeschickt worden sind.
Der Abgeordnete Tarbieu zieht aus dieser Veröffentlichuna
den wohl ganz richtigen Schlutz, datz im Jahre 1923 die deutfchsn
Naturallieferungen glsich null sein werden. Datz Frankreich aber
grotze Bedürfnisse in deutschen Waren hat, ift ganz klar, und da man
diese nicht mehr im Wege der Reparationszahlungen erhalten kann,
fo sucht man ste sich durch Kauf gegen Bezahlung zu beschaffen.
Glerchzeitig will man stcher auch auf die deutschcn Fabriken durch
die in Aussicht stehende Bezahlung grohen Emdruck machen, aber
es ist nicht anzunehmen, datz die deutfchen Jndustriellen der Lesstzten
Eebiete vorderAufhebungder Nuhrbesetzung irgend-
welche Lieferungen an Frankrcich leisten werden.
Das „Echo national" teilt mit, datz von den 219 Hochöfen
m Frankreich heuie nurnoch77im Betriebe sind: alle anderen
mugten nach und nach aus'geblasen werden, da nicht ae-
nugend Koks einging. Jm Februar habe man aus dem Rühr-
Mbiet nur taglich 9000 Tonnen Koks nach Frankreich eingeführt, im
Marz sei dies allerdings etwas besser geworden: man erhalte
ietzt pro Tag rund 15 000 Tonnen.
Die Aniwori auf die türkischen GegenvorWäge.
Paris, 30. März. Die Antwortnote der Alliierten
auf die türkischen Gegenvorschläge, wird von jeder der alliierten
Regierungen getrennt ihrem Oberkommiffar in Konstantmopel zu-
gestellt,und dann durch einen gemeinsamen Schrittder Ober-
kommissare dem Bertreter deb Regierung von Angora in Konstanti-
nopel, Adnan Bey übergeben, d«r sie anIsmedPascha weiter-
leitet. Die Antwort der Alliierten ist nach Havas in ziemlich
allgemeinen Wendungen gehalten. Sie geht nicht auf Vie Einzel-
heiten der Londoner Sachverständigenverhandlunoen ein; ste gibt
wur im allgemeinen die Richtung an. worin sich diese Verhandlung
entwickelt uud legt aus diese Weise die Regierung nicht unbcdingt
lest. Am Schlutz wivd die Türkei aufgefordert, zur Wiederau'f-
nahme der F r i ed e n s v e r h a n d l u n ze n Delegierte nach
Lausanne zu entsenden. Die AntworL lehnt die Zurückstellung der
Wiitschaftsbestimmungen des Lausanner Entwurfes ab.
Die RLÄgabe beschlagnahmter VermVgen in Amcrika
Washington, 30. März. (Funkspruch.) Di« erste Rückgabe
von Vermögenswerten, die Deutschen und Oesterreichern gehören und
die von den Treuhünder fiir das Eigentum d>er Staatsangehörigen
ehemals feindlicher Länder verwaltet werden, Leginnt in der
nächsten Woche.
Sie sranzSsische RheinlanSpoM und das
„Oomils ciss ^oi-Zss".
Von unserem Pariser L-Korrespondenten. 1
Paris, 25. März.
Das „Comits des Forges", oder, wie es nach seinem Pariser
Sitze anch genannt wird, „die Rue Madrid", gilt als die einflu tz-
reichstewirtschaftliche Vereinigung i n F rankreich>
Alle französtscheu Hüttenwerksbesitzer zählen zu den Miigliedern des
Comitös, und der mehr geheimnisvolle als offene Eiufluh, den es
auszuüben scheint, soll sich bis in die höchsten Kreise der Republik
erstrccken. Es gibt niemand in Frankreich, der die entscheidende Rolle
bestritte, die das „Comits des Forges" spielte, als der Beschlutz
gesatzt wurde, das Ruhrgebiet zu besetzen. Deun indem M den fran-
zösischen Erzgruben in Longwy und Briey nach dem Versailler Dertrag
auch das Lothrinqer Erzbecken in sranzöstschen Besitz zelangte, könnte
die französische Erzindustrie zu einer entscheidenden Macht
werden, wenn sie auch die notwendigen Kohlenmengen zur
Verfügung hätte, Lie ihr der Versailler Vertrag nur bis zum Iahre
1927 sichert. Das „Comits d-es Forges" ist sich bewutzt, datz es nach
1927 in starke wirtschastliche Abhängigkeit von Deutschland geriete,
wenn nicht vorher durch freie Vereinbarungen oder durch Anwendung
von Gewaltmatznahmen Deutschland verpflichtet würde, Frankreich
weitcr in grotzem llnifange Kohlen zur Verfiigllüg zu stellen. Es
dars mit voller Sicherheit Lehauptst werden, datz ohnedieRepa-
rationnskohle, die Deutfchland seit 1919 lieferte, und die von
der sranzösischen Regierung der Jndustrie zu Vorzuzspreisen abgege-
Len wurde, die schwere wirtschaftliche Krise, die 'seit
1920 in Frankreich wütete, nicht überwunden wor-
denwäre, während durch die Leutsche Kohle die Krise immer mchr
abflaute und im Dezember 1922 als überwundcn gelten konntc.
Heute steht es Lei einsichtigen französischen Wirtschaftspolitikern
bereits fest, datz ohne Äie Ruhrbesetzung eine ruhige gleichmätzigc
Fortentwickelüng der französischen Jndustrie zu erwarten war, und
datz gerade Äie Ruhrbesetzung, auf die man so grotze Hoffnungen ge-
setzt hatte, die Krise, wenn auch noch nicht in voller Stärke, zum
Ausbruch brachte, sie aber in unmittelbare Nähe rllckte.
Das „Comits des Forges", in dem sicherlich sehr achtungsmerte,
wirtschaftliche Kräfts zur Detätigung gelangen, diirftc sich heute
Lereits sagen, datz Äie Ruhrpolitik, zu der es geraten und gedrängt
hatte, nicht den erwünschten Ausgang nehmen werde. Eine vorletzte
Hoffnung setzt man noch darauf, datz an Stelle des Jngsnieurs L o st e,
der als eine der grötzten wirtschaftlichen Leute Frankreichs galt,
aber in der Ruhr vollkommen versagte, der Jnqenieur Frautzen.
nunm-ehr unter dem Schutze von Bajonetten, Kohle und Koks aus-
lesen und nach Frankreich schaffen laffen wird. llnd eine allerletzte
Hoffnung Lesteht noch darin, datz dis Vevwaltung des Ruhrqebietcs
bem Eeneral Degoutte entzogen und dem allmächtigen General-
tekretar des „Lomits des Forges". Robert Pino't übertragen
werden würde. Für diese Ernennunq wir-d vielsach Stimmung 'ge-
macht. Vorläufig aber scheinen die M-ilitärs ihre Macht nicht auf-
geben zu wollen, und ste scheinen Versprechungen gemacht zu haben,
datz die materiell-en Erg-ebnisse der Richrbesetzung sich baldigst -'bess-ern
würden. Nur wenn sich dieses Versprechen nicht erfüllte. k'önnte mit
der Ernennung Pinots zum Eenerälgouverneur des Ruhrzebietes
gerechnet werden.
Das „Comits des Forcces" bemüht sich, seinen Mitgliedern in
oblektivster Weise — was anerk-annt werden soll — Berichte über die
wirtschaftlich-e Lage in allen Ländern der Welt zu erstatten. Es
stellt ihnen täglich einen unqeschminkten Bericht üb-er die Vorgänge
auf dem franzosischen Wirtschafts- und dem Finanzmarkte zu. und
veröffentlicht amch in vielen Beil-ageu Mitteilunqen über die Börsen-
lage in Deutschl-and, England und Amerika. Es breitet vor seinen
Mitgliedern Berichte LLer die Täiigkeit grotzer Aktiengesellschaften
im Ausland aus. (Sehr bemerkenswert ist zum Beispiel eine vor
einizeu Tageu erschienene Darstellung über die Tätigkeit des Deut-
schen Klöckner-Konzerns.) Es unterrichtet über finanzielle Vor-
lagen, die den verschiedenen Parlamenten zugehen usw. Die Leitung
dieser täglich erscheinenden Derichte besorgt FrancoisPoncet.
der geqenwärtig der Pressereferent des Eeneralquartiers in Düffel-
dorf ist, was schon ein Hinweis dara-uf gestattet, wie sehr das
„Lomits des Forges" an der Ruhrbesetzung interessiert ist. Von den
zahllosen Bsrichten, die den Mitglied-ern des „Comits des Forges"
in der letzten Woche zugingen, soll einer hervorgehoben werden,
worin Lber eine lange Studienreise in den Rheiiilanden berichtet
wird. Der annonyme Verfasser bemüht sich zu zeigen, was die gegen-
wärtige französische Rheinlandpolitik ist und was ste sein sollte. Er
ist von dem Eesehenen und Gehörten wenig befriedigt und er deckt
mit ziemlich rllcksichtsloser Schärfe die Ursachen auf, warum die
biÄherige Rheinlandpolitik Frankreichs nich-t den Hauptzweck erreichen
konnte, nämlrch -die Abfallbewegung vom Reiche zu stärken. Die
Ursache des Vers-agens der mit grotzen Mitteln betriebenen französi-
schen Propaganda wird keinesfalls in der Haltung des franzosischen
Oberkommissars Tirard gesehen, dem sogar das Lob gezollt wird,
datz er alles tat, was in seinen Kräft-en stand, um -die Annäherungs-
bcwegung der Rheinlande an Frankreich zu fördern. Wenn -dies nicht
^ gelanz, so liege eine der Ursachen darin, datz Fr-ankreich zu sehr den
Anschein zu erwecken wuhte, datz es den rheinischen Separatismus
und den Fö-deralism-us befördert-e, denn dadurch habe man nur be-
wirkt, datz man den Widerst-and verstärkte und trotz aller napoleoni-
schen Erinn-erungen für di-e Rheinländer der Fremde, wenn nichi gar
-der Feind geblieben war. Viel an dem Fehlschl-agen der französischen
Rhe-inlandpolitik sei Lie angeblich Lewiesene Schwäche fchuld, indem
man immer Matznahm-en beschlotz, ohne sie durchzuführen, oder die
man sogar in vielen Fällen wieder aufheben mutzte. Man spreche
zuviel von der Rheinlandspolitik, ohne si-e wirklich'zu bctreiben.
und z-um Beispi-el das „Eomits für das linke Rheinufer" verursachte
m-ehr Schad-en als Nutzen. Viel trage zur Derminderung des fran-
zösischen Ansehens der Milit-arismus Lei, -den man — selbstverständlich
zu Unrecht — Frankreich zum Vorwurf mache. Allerdings habe
Frankreich schwere militärische Lasten im Rheinland zu ertragen.
Aber wenn es deren Notwendigkeit begründete. könnte dies bei den
Rheinländern Eindruck hervorrufen. Notwendig wäre aber eine
gewiffe Disziplin. Unglückselige un-d meist nutzlose Kundgebungen
mützten vermieden werden, und insbes.ondere die Veröffent-
lichung des Berichtes von Dariac habe grotzen Schaden
gestiftet. Sozialisten und Zentrumsleut-e, auf die man am meistcn
gerechnet habe, hätten sich als unbr-auMare Kilfstruppen erwiesen.