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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

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Nr. 119 - 148 (1. Mai 1923 - 31. Mai 1923)
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66- Zchrgang - Nr. 122

P o st" erschein« wöchcntl. kiebennial. Beilanen: Didaskalia (Sonnt.) —

"^"itungsblattsMonta«,» - Literatnrblatt—Sochschulbeilage imonatl ich).
^ ^"0ng»e BeitrNne ohne Verantworiung. RScksendun« nur, wenn Porto betlieat.

Heidelberger Zeitung

(Gegründet 1858)

«nd

Aandelsblatt

Zreltag, öen 1. Mai 1S2Z

Hauptaeschäftrstelle u. Schriftlettg. der.Badischen Post'Heidelberg.tzauvtftr. 23, Fernspr.
Nr. 18L Berliner Dertretung: Berlin svr 48. Zimmerstrake 9, Fernspr. Zentr. 418
Münchner Bertretung: München, Georgenstr. 107, Fernspr. 816S7.

ost

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Boftschech.aonto: Sranksnrt a.«. »i«i»

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iauoschl- Zustellgemihri. S-lbftabhol. ivtk. 3900.-. Musland Mk. 8900—

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Familienanzeigen Mk 80.—, Seschäftsanzetgen Mk. 17S —, Finanz- und Jndustrieanzeigen Mk. 2S0.—, mit Platzvorschrift und
Montag» Mk. 10.— mehr. Die 98 mm breite Neklamezeile kostet Mk. 800.—, Anzeigen und Reklamen von aurwärtr 2S°/„ höher

Die staazSMe Aniwori.

Deutschland führt Krieg gegen Frankreich!

Bon unferem N-Korrefpondenten.

Paris, S. Mai.

, Urber den heutige« Minifterrat wird folgendes «ssizielle
"«nMliquK ausgegeben:

» „»Die Minister stnd heute vormittag uuter dem Vorfitz des
k-fidestr» Millerand zufammengetreten. Der Minifieryrästdeut
tz, *>as Schreiben zur Kcnntnis gebracht, das er vom deutfche«
.°Mftst,Sger erhalten hat. Der Ministcrrat war einmlltig
^»stcht, datz die Dorschl 8 ge als « n an n e h m b a r z« be-
°chten und zwar fowohl wegen der geftellten Bedingungen
° des Mängels an Earantien. als wegen der Unzulänglich?rit der
°°ten„ Zjffern, Der Ministerpräsident wird sich mit der bclgifchen
^Tiernng iiber die Abfendung der Antwort an die dcutfche
^'»,ng nnd deren Mitt-llnng cm fämtliche ANiierte verstiindigen.

*

lend.^ch einer Mitteilung des „Intranfigeant" mutz man die Ab-
belo^5 dei französischen Antwort für heute abend erwarten. Der
tigMe Dotscbafter in Paris hat schon heute vormittag die ^nstruk-

rd lakonifche
und hat ste in den

uem ..lNg bekanntgegeLan.

vf,«,. wittag Lberbrachte der belgische Botfchafter in Paris dem
tür politifche Angelegenheiten im Quai d Orscu, d«e Zu-
ii, „,.^ngserklärung der belgifchen Regierung. Poincare wird
rei^'^n Ausdrücken erklären, dah die deutfchen Vorfchläge unzu-
°er» .stien, und der „Jntranfigeant" fügt hinzu, dah das E,n°
»is^^Ümen zwifchen Paris und Brüfsel vollkom-

den Inhalt der französtfchen Antwort auf die deutfchen
ih ^»qe xrfährt man einiges aus dem Leitartilel des „Temps ,
l«in,° h-iht, dast Deutfchland die Bedingung einer Fortfuhrung
Uos„.dasstven Widerstandes. die RSumung des Ruhrgebletes vor
Dep.rA Zahlung stellte, und dast es keine Garantien anbot. Wenn
Sri-Mand dies tat, so Lewies es damit. daf? es den Verfailler
bir« , svertrgg verkennt und von der Befchlagnahme von Pfän-
!»ill "Zd von Zwanasmastnahmen auch heute noch nichts wisten
fti/ Dgh hie von Deutfchland angebotene Summe unzureichend
^>ed°. allem auch daraus hervor, dast Frankreich fiir den

^egtz.^Usbau der zerstörten Eebiete Lereits 42 Milliarden aufge-
b»be, , 7^^ und nocb weitere 44 Milliarden wird bezahlen mllsten,
»eqz' leien die Penstonen noch nicht einmal eingerechnet. Uebri-
bekl, Frankreich ni^' nur an feine eigenen Bediiriniste. lon-
Perh ^Uch on die schweren Lasten. die England zu tragen habe. Von
ANd /-Pungen mit Deutfcbland könne keine Rede fein, denn Deutsch-
?eblm?ure bei diesen Verhandlunqen an kein genügendes Angebot
"Ug°,,^> es bestreite fogar feine friiher eingegangenen Vervflich-
°b eg : .<ille Rechte seiner Eläubiger wären in Fraqe gestellt. als
^"iun, Sieg. keinen Friedensvertraa und kein Londoner Ulti-
8,-kden?-?!s°den hätte. Verhandlnngen hätien nur dann eingeleitet
Aan "..'unnen, wenn das deutfche Programm gut f?) gewesen wäre.
, »uk^- Deutschland auch keine Zeit lasten, um seine Politik,
°k>r, tz.'°>e Einleitung von Verhandlungen hinauslaufe, fortzusüh-
k'stonnc Deutschland habe die Abstcht, gegen Frankreich eine inter-

Koalition zusammenzubringen, an deren Spitze Lord
^Utl», .b>e Rolle eincs Vermittlers spiele. Die Antwort an
?i, d^"ud werd« ausführlich sein, da man in Brüstel der Anflcht
^ bas deutsckie Angebot nicbt nur ablehnen, sondern auch

">erde LUde !>>r die Ablehnung angeben müste. Diefem Wunsche
^igstx^uukreich fsch fügcn. aber Frankreick» werde auf keinen Fall
U>d ,' ?Un fein eigenes Revarationsproaramm in der an Dentfch-
»bleh»I>chteten Note angeführt werde, denn man habe nur eine
Mu«z zu begründen und nicht Anregungen fvr ein
Crn» "'°ut zu geben, denn dies wäre Lberflüffig, wenn es
?ieb^-'urungen, die im sranzöstfchen Eelbbuche entbalten stnd,
v?" "Ub es wäre sogar nachteilig, wenn die Erklärungen

v,.^uck>es damlt widerlegt würdcn. In der sranzösifchen Ant-
,,»>>"1."" """ "H""' "uch darauf hinweisen, dast zwischen den
«sed b-s.u? den Taten der deutschen Regierung ein groster Unter-
^'rkijch u?ye. Deutfchland biete mit Worten Zahlungen an, in
- >, Deu«? "ie es aber alles, um die Finanzen und den Kredit
r?.be,„ „.u Neichcs zu ruinieren. indcm Deutschland seit
ch sL?Monaten e i n e Ar t K r r e g g e g e n Frank-
nstge, (!) Deutschlands finanzielle Eebarung sei eine der-

d,.^>t -üuhere oder auch nur innere Anleihe znr Unmög-

d-> Solange die deutsche Politik des Widerstandes und

^ ivrtdauere. könnten auch keine Verhandlunnen in
Äl? !ei ln,!.'"uvsrage geführt werden und ein vraktifches Abkom-
tgvv- ?n "umöolich. Der . Temps" ist überzeugt, dah die

8 > »u ber Rcichskanzler Euno gewandt habe. Dentsch-

"Uk. /f'mhen gebcn werde, dast zunöchft der Krieq gegen
ß ^e>ch s!) eingcstellt werden müste.

k>l,s?stei

vrozeß gegen die Krupp-Sirettoren.

3- Mai ' '

4.


sj»? und 5. Mai
cd von

Der^Krupp-Prozetz ist nunmehr
it worden. Unter

anberaumt -

-Bohlen und Halbach, ..

Direktor Hartwia, Direktor Oester'

I»d?'ior cp^ubr ^,>>r>>»> -/»> >.„.„, --- >

stetzc "ud 5: Direktor Schäffer Betriebsdirektor Schri
E^Uannten Lehrlingswerkstatt Eroh- Eegen die

)(!>d.i wi-.^? ?>»d ,n Abwesenheit verhandelt. Autzer Verfol
tricbsdirektc '

Autzer Verfal
, weil er als b

.> „ __ — der Eüef der F

die 8°^7^^-i'''iii stch in erster Linie auf die Verord
stez. 'cheg G.-?i schweren Verbrechen die Todesstrafe oder b
Olo>. Es handI"^' urindestens absr zehn Jahre Eefängni-
und"„^bii stch dabei angeblich um die Bildung cines
di, l.?I,.7?7UA>"ationen zur Begehung eines Atten
«ranzostschen Truppen. (!) Jm ganzen stnd

geladen und zwar 20 vom Anklägcr und 20 von der Berteidigung.
Mit dem vorliegenden Prozetz verbunden ist das Verfahren gegen
Eerlitz, Smuda und Soraenicht, di- a-.,o»'.-so->- -- bci

den Vorgängen am Karsamstag einem belgischen Soldaten «in
Motorrad wsggcnommen und es verheimlicht zu haben-

Das eliglische Gcho.

Die LonLoner Prestestimmen zur deutfchen Note.

London, 3. Mai.

Die „Trmes" schreibt zu der deutschen Note: Es sei kaum
praktisch für Deutschland, Frankreich zu erfuchen, das Ruhrgebiet in
kürz-estcr Zeit zu verlasten, was alles oder nichts bedeuten könne.
Das Vorteilhafteste, was Deutfchland tun könue im eigenen Jnter-
csse und in dem Eurspas, würde sein, seine „sinnlose Politik vor-
sätzlicher Obstruktion" (!) aufzugeben und stch zu ergeben. Dafür
könne Deutschland mit Vorteil das Verfprechen (!) bekommen, datz
eine Konferenz daranfhin abgehalten wcrde, auf der Deutschland
„wenigstens" vertreten sein werds. Eine folche Konserenz könne
natürlich nur aus den allüerten Hauptmächten bestehen, di« den
Versailler Vertrag unterzeichneten und selbst unmittelbar an «iner
Befriedigung ihrer rechtmätzigen Forderungen intcresstert seien.
Diese Mächte seien endgültige Schiedsrichter, ebenso wie ste die
ersten Schiedsrichter waren. Das Blatt schlietzt: Wenn Frankreich.
einer wirtschaftlichen Löfung des wirtfchaktlichen PLoLIems zustimme,
so werde es ganz Europa verpflichten, da die deutsche Note
die Möglichkeit «ines gemeinfamen Versuches aller in Betracht
kommendcn Mächte biete, das verfallende Eebäudeder
europäifchen Stabilität wiederaufzurichten.

„Daily Telegraph" fchreibt, man habe gehofft, datz die dsutsche
Note wenigstens eiuen Sckiritt in der Richtung einer Regelung dar-
stellen werde. Man sei bereit gewesen, stc fair und aufmerkfam zu
prüfen, wie man es auch jetzt tun werde,- aber was könne man
anders von diesem Erzeugnis sagen, als datz es überhaupt keinen
Fortfchritt in der Richtung des erwünschten Zieles darstelle, das
Lazu gecrgnet ser, die moralische Lag«, die bereits verzweifelt genug
sei, noch schlimmer zu machen? Die Unterbreitung dee Angebots
an sich habe bereits unter den gegebenen Umständen «inen Akt der
Uebergabc bedeutet. (!) Wenn es schon elnmal einc Uebergabe sein
sollte, so hätte die Note mindcstens dcrart fein müsten, datz ste einige
Aussicht auf Erreichung des Zweckes schaffte. Das Blatt kommt zu
dem Schlutz, es fei keinerlei Hoffnung auf eine Erneuerung der Ver-
handlungen auf der in deL deutschen Note niedergelegten Erundlage
zu erblicken.

„Daily Herald" überschreibt seinen Leitartikel mit den Worien:
Dem Frieden nicht näher! und führt aus, leider zeigten die
Franzosen. dah sie eineRegelung der Reparations-
frage gar nicht wollten. Es fei daher naturlich genug.
obgleich zu gleichcr Zeit hedauerlich, datz auch die Deutschen stch
etwas aufs hohe Roh (!) sehten. Das Arbeiterblatt fährt fort:
Wir wollen, datz Frankieich eine angemestene Summe für die
Miederhcrstellnng der verwiisteten Eebiete erhälti aber unfer« Sym-
pathie gilt hauptsächlich den deutschen Arbeitern und ihren Frauen
und Kindern. die eine so glänzende Cntschlostcnheit zeigten, dem
Militarismus nicht nachzugeben, die nicht allein Wllrde zeizten,
sondern auch Adel, und deren Opfer dauernd höher wer-den. Zn
ihrem Intereste, ebenfo wie im Intereste der britifchen Arbeiter, die
erwerbslos stnd wegen des ungeordneten Zustandes Europas. fordsrn
wir die Regierung dringend auf, eine Anstrengung zu machen, um
die Parteien zufammenzubringen und einen Ausweg vorzuschlagen.

„Daily Chronicle" schroibt: Der Wortlaut der deutschen Ange-
bote miitzte von allen alliierten Ländern sorafältiq unterfuckit werden,
Vevor eine Regelung erzielt werde und Deutschlands Mitwirkunz
gestchert sei, könnten die Alliierten nicht darauf rechnen, Ihr Geld
zu bekommsn. Das Vlatt erklärt stch keinesfalls zu der Ansicht. dah
die Dentfchen ein verstecktes Angebot pemacht hätten. Es hält die
vorgeschlagenen andcrthalb Milliarden Pfund für zu wenig, obaleich
ste anscheinsnd die Wiederaufnahme der vor der Besehung des Ruhr-
gebiets erfolaten Sachleistungen nicht ausfchlösten: aber man sehe
aus den Erklärungen Poincarös und seiner Preste, datz es weniq
Unterschied gemacht hätte, wie hoch di« Summe ist, wenn nicht
Deutschland bedingungslos den passiven Widerstand
aufgebe. Es werde von Deutschland verlanzt. sich selbst feiaer
letztsn Maffen zu entledigen, bevor Frankreich mit ihm sprechen
molle. ^

Sas englische Könlgspaar in Rom.

'Paris, 2. Mai. Der Besuch der englischen Königs.
paares in Rom verursachte einige leichte diplomatische Schwie-
rigkeiten. Der englische Gesandte beim Vatikan, Hsnry Russel,
mutz wegen der in Rom herrschenden Wohnungsnot im Hotel wohnen.
Da das englische Königspaar Lem Papst eincn Besuck, abstatten will,
mutz «s den Anschein erwecken. als ob es das italienische Eeb-et
verkätzt, und da'ein Hotel, auch wcnn es von einem Eesandten be-
wohnt wird, nicht als erterritorial angesehen werden kann, hat stch
ein Ausweg aus der Situation durch den Umstand ergeÄsn, datz
der Marquis Patrici dem englischen Eesandten beim Vatikan
sein Pglais für acht Tage zur VerMgung stcllt. Nunmehr kann das
Kön'gspaar dem Vatikan seinen Besnch abstatten.

Der ungariMe Sanierungsplan.

Wien, 3. Mai. (Eig. Drahtm.) Wio verlautet, wird stch der
ungarische S a n i e r u n g s p l a n eng an den österreichischen
Sanierungsplan anschlietzen. Vor allen Dingen sei eine kurzfristige
kleinere Anleihe zur Deckung der dringendsten Bedürfniste vorge-
sehen, später soll dieser eine langfristige grötzere Anleihe folgen, die
zur Stabilisierung der ungarischen Krone und zur Organisterung der
Wirtschast dienen soll.

Das Erwachen.

Der deutsche Vorschlag ist gestern der Welt vorgclegt warde»
Der Welt — denn es ist diesmal nicht nach dem Wunsche des
Herrn Poincarä gegangen. der bis zum letzten Augcnblick scheinbar
immer noch gehofft hatte. die Deutschen wiirden zu Kreuze kriechen
und flch ihm allein auf Enade oder bester gesagt auf Ungnad«
ergebcn. Es ist nicht so gekommen. Die unerhörten Anstnnen, die
dieser Mann gegen sedes nationale Ehraefühl an uns zu stellen
wagte sind mit Ruhe und bestimmter Sachlichkeit zurückgewiesen
worden. Keine Klage ist diesmal über unfere Lippen qekommen:
kein sowreso recht nberflüfstger Appell an das imaginäre „Gewisten"
der Welt. Jn schlrchten knavpen Wortcn hat die Reichsregieruna
die orriedensbereitschaft und den Miedcraufbanwillen des deutschen
Volkes zum Ausdruck gebracht, und gerade damit eine lleberlegenhsit
der seelischen Berfastung bekundet. d-ie in ibrer klaren Gemestenheit
wohltuend absticht von dey hysterischen Matzlostgkeiten, mit denen
die westlichen Machthaber gegen unser wehrloses Bolk wuten Wir
bezrutzen die knavpe, unscntimentale Form dieser Schicksalsnote als
den lebendigen Ausdruck dofiir, datz durch all dic unerhörten Dcmüt'.
gungen bindurch, deneft bis hcute unfer Volk hilflos preisqegeben
E'. Eleichgewicht unserer Seele wieder herzustellen be.

ginn«. Wir begrützen in den schlichten Worten, bie wahrlich beredt
genug die Not und die Friedenssebnsucht unseres Volkes bekunden.
d-e ersten Anz,eichen einer politischen Erundstimmuna, die aller
lleberspanniheiten ledig ohne Schönfärberei und ohne Pessimismus
die Lage steht. wie sie i st. und aus dieser ruhiaen nüchternen De-
urtellung heraus Selbstsicherheit und Kraft schöpft. das Schickfal
mit festem Eriff wieder einmal in die eigene Hand zu.nehmen. In
guter Form wird die vom Eegner verlangte Kapitulation zurück-
gewiestn und ohne bombastifche Redensarten. allein den Tatsackien
der Wirklichkeit Rechnung traaend, werden die Msge qezcigt, di«
fur einen möglichen Wiederaufbau noch ganqbar stnd, Noch gang.

^ !>"d bereits manche mutwillig vou unseren Feinden
verschlittet worden. und je wciter die heute beliebten Methoden fort-
gesetzt werden, desto undurchdringlicher wird die politische und wirt-
ichaftliche Wirrnis Eurovas und der Welt werdeu, Was noch iraend
zum W-ederaufbau nutzbar gemacht wedden kann ist von der Reichs«
regierung eindringlich und sachgemäh gevrüft und bereitwillig in
Borschlaa aebracht worden und auch das Klelnste, was an wirtschast-
Ilchen Kraften den seweilioen Verhältnisten entrungen werden
konnte wird restlos zur Verfügung gestellt. Schon wegen der Ee-

wlstenhastigkeit. mit der die a ug e n b l i ckl i ch e S i t u a t i o n !m
H.nblick auf ihre okonomifche Erschöpsbarkeit zu diesem Zwecke ge»
nruft werden mutzte wird sedc Kritik hiirlällig. die den deutschcn
Borfchlag mcht schnell genug untevhreitet seheu konnte Die Reichs.
regierung brauchte die Zeit. die von der Rede Enrzons bis zur
Vekanntgabe der deutschen Note verstrichen ist schon allein, um den
schwankenden Verbältnisten möglichst genau Rechnung traaen zu
lonnen, ganz abgeseben von dem trübcn psycholoaischen Essekt. den
wir — dies möqen stch die Herren Demokraten gesagt sein lasten —
durch allzu bedientsnhafte Eilfertigkcit unweigerlich hervorgerufen
hatten. Defonders datz das letztere diesmal wenigstens vermieden
worden ist, kann vom pol-itischen Ecsichtspunkt aus nicht hoch genuz
emgeschatzt werden. Denn wir hätten bei all unserer guten ÄLstchi
Ofrave durch dieses psychologisch« Imvonderabile nnsere gute Sache
machen konnen. Wie leicht und gern 'hätte man
autzerhalb der deutschen Grenzpfähle in solcher Haltung ein Ein-
gsstandnis der Schw 8 che gesehen, und es ist bei der bekann»
ten Eeschicklichkeit, dre Herr Poincarö in der agitatorischen Aus.
nutzuna taktischer Fehler besttzt, nicht abzusehen, von welch wert»
tragcnden Folgen ein solch kleiner kaux va« für die deutschenfeind-
liche Stimmuna der Welt HStt« werden können Man liebt uns nun
emmal nicht und würde uns in unserer Eilfertigkeit nur noch un-
sympathischer finden.

Und warum denn auch sollten wir so schnell bei dcr Hand sein
m,t einer Erklärung desten. woran außer Herrn Poincar 6 und
den Förster. Quessel und Konsorten kein Mensch in der ganzen
Welt jc Veranlastung gehäbt hat. zu zweifeln, llnser Wiederaufbau.
willen unsere Wiederautmachungsbereitschast hat schon vor dem
Ruhrembruch festaestanden, un-d nur verloqene Vö-williajkeit kann
aus dem Nicht-Können ein Nicht-Wollen konstruicren, Es
kann daber auch in keiner Weise überraschen, datz dcr jetziae Vorschlag
Cunos nichts wescntlich „Neues" bietct- Wir haben in der Tat
nichts andercs und nkchts besteres. als das, was wir nicht schon
immer wie saures Bier angeboten haben. nämlich unseren chrlichen
guten Willen. am Aufbau dcs zertrümmerten — nicht durch
unsere Schuld zertrümmerten — Europa m-t'uwirken.
mit allen, aber auch allen M'ttcln, die wir dasür nur irgendwie
verstigbar machen kd'nnen. ,,W:r wollten den Frieden nnd wir
mollen ihn noch. aber der Preis dafür mutz zahlbar sein!" Dieses
Wott des Kanzlers ist der klare und prägnantc Ausdruck stir die
FriedensLcreitschast. die joden einzelnen beseelt, der zur Ecmeinschast
des deutschcn Dolkes stch rechnen darf. Es ilt wahrhaft llngcheuer-
liches. was wir an Opfern dafür zu geben Lereit sind. Die Ängst
und Sorge des einzelnen. dic unsäglichen MLHen und Entbehrungen
eines jeken Dcutschen, die sich hinter der kalteu Zahl von 30 Mil-
liarden verbergen, ste allein könnten unseren Eegnern eine Dor-
stellung non der ungeheuerlichsten Kraftanstrengung geben, die je
ein Volk der Eeschicht« gemacht hat, um Schäden, die es nicht allein
vsrursacht hat wieder gutzumachen. Und dah wir stir vnser Teil
ohne Einschränkung alles zur Verfügunq stellen. dafür biirqt unsere
Bereitwilligkeit. die Prüfung unserer wirtschaftlichen Mittel und
Kräfte einem internationalen Saibverständigengremium zu über-
lasten, desten Urteil für uns matzgebend fein soll. Es ist also durch
nichts gerechtsertigt. datz anch nur del geringste Zweifel erhoben
wird an der Ehrl'chkeit unssrer Absirbt. e>nen Zustand in Europa
wiederherzustellen. der einen wirtschaftlichen und politischen Frie-
den gewährleistet und unter der gerechten Forderuna der Gleich »
berechtigungjedem Volke eine ungestörtc, orgä-
nische Entfaltung seiner politischen und kul-
turellen Möglichkeiten gestattet. Auf dcr Bastz dieser
Erwägungen hat der deutsch« Vorschlag von neuem ausdrücklich ein
enges wirtschaftliches Zusammenarbeiten zwischen Frankreich und
Deutschland in dem Sinne angeregt, daß der „Austausch lebens-
wichtiger Waren und der Abschlutz langsiistiger vrivaiwirtschastlicher
Vertrage über die Lieferunq von Kohle und Koks" etn frledliches
auf Gegenjeitigkeit beruhcndes Nebeneinanderhergehen
 
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