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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

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Nr. 1 - 30 (2. Januar 1923 - 31. Januar 1923)
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SoziaWfthe rlebttileSungm.

^lngebüch schwere Mitzhandlongen von Ausländern in München.

Von unserer Münchener Redaktion.

München, S. Januar.

Die sozraldsmokratischs „M ünchner P o si" hatte am Mitiwoch
Rohsiten gesprochen, daß fremde Staatsangehörige auf
chssnsr Straße wiederholt belästigt und bedroht worden seien. Sie
t?upst daran die Bemerlung. München sei die einzige deutsche
^iadt, in der Jtaliener und andere Ausländer aus offener Strcße
"No.nnehmlichkeiten und Anfechtungen immer wieder ausgesetzt seien.
T^Amtlich-verlautet dazu: EegeniiLer den Meldungen iiber angeb--
''che schwere Mißhandlungen von Jtalienern in Miinchen wird felt-
pE'iellt, Laß allerdings in zwei Fällen vier in München ansässigs
'salienische Früchtegroßhändler mit Betrunkenen in Tätlichkeiten ge-
ieten. Einem ähnlichen Zusammenstoß waren zwei andere Jtaliener
?Usgssetzt. Jn keinem Fall handelte es sich jedoch um M i ß-
^Zndlungen irgendwelcher Art; :n eincm Fall-- wurde zur Tat
Zä leichter S p o. z i e r st o ck, im andern ein kleiner Hans-
schlüssel gebraucht. Nsnncnrwcrte Vcrletzungcn sind nicht
ENolgt.

Vollständig erfunden dürfte die Nachricht sein, daß in Mün-
^ä'ein Amerikaner von Nationalsozialisten auf seine Zu-
Wörigreit zum Judentum gewaltsam untersucht wordcn sei. Bei
!5:Uer Polizeistelle ist etwäs davon bekannt geworden. Es ist voll-
äandig undenlbar, raß ein Stoatsangchöriger der Vereinizten
^aaten einen solchen lleberfall über sich hütte ergebcn lassen. shnc
^ZeiM darüber zu erstatten.

Die heUche ALßssnmgsltifs.

„. Darmstadt, 4. Jan. (Eig. Meldg) Zur Negierungskrise erfahren
daß auf Einladung des Staatsvräsidenten Ulrich die sozial-
2??wkratische Fraktion morgen Freitag vormittag zusammcnlrsten
von eingeweihter parlamentarischer Seite,. Laß die Gcgner-
innsrhalb der Vereinigten Sozialdemokratic gegen die Er-
^-terung der Regierung nach der rechten Ssite stärker ist. als
fs ? . "tlstemein glaubt. Der Landesvorstand und die Landtags-
Mtion der hesiischcn Zentrumspartei haben sich gestern in
Mlieren Beratungen ebenfalls mit der Regierungskrise in Hessen
i^ias-t. Die Erweiterung der Koalition durch Zuziehung der
T^utschen Volkspartei wurde allgemein als notwendig
uud den Jnteressen des Landcs dienlich bezeichnet. Dem Minister
Innern wurde namentlich im HinLlick aus die unerträglichen
ZUgriffe Ler sozialdemolratischsn Presse erneut und rückhaltlos das
^Araüen ausocsprochen. Die in der EntWießung des Landes-
.usschusses der Demokratischen Partei aufgestellte Behauptung, daß
r" Rücktritt des° Finanzministers Henrich auch auf das Ver-
uuiten des Zsntrums zurückzuWren sei, wird als dcn Tatsachen
ucqt entsprechend zurückgewiesan. Die Stcllungnahme der Zen-
'unispartei trägt wesentlich zur Klärung der Lage bei.

SoZiatt'smus uud ÄeWonsunterrW.

.. Der Reichsminister Les Innern hat jetzt eine Entscheidung über
Ae Beschränkung der Religionsausübung durch die sozialistischen
Diinisterien von Vraunschweig, Thüringen und Sachsen getrofsen,
me eine volle Niederlage für die Sozialdemokratie
«arstellt. Jn Sachsen handelt es sich urn zwci Erlasse des Kultus-
Mnisiers Fleißner, durch die den Schülern das Fernüleiben vom
Lnterricht an staatlich nicht anerkannten Feicrtagen untersagt wurde.
^urch diesen Erlatz wurden namentlich die katholischen und jüdischen
^uler an der Ausübung ihrer Religion gehindert. Der sozialdemo-
^ Ministcr mutz sich nun vom Reichsinnenminister sagen

ktek ' seine Erlasse mit der Rsichsversassung nicht im Einklang
rvn die Braunschweiger Regierung ist darauf hingewiesen

verschiedene ihrer Versüaungen dem Artikel 138 der

g. bichsverfassung keine Rechnung tragen. Jn dem Braunschweiger
s-°ue liegt übiigens eine so krasse Versasiungsverletzung vor, datz

der Dorgänger des jetzigen Reichsministers des Jnnern,
!vd R§^ialdemo!rat Dr. Köster, zum Einspruch hiergegen gezwungen
dew ^ zeig't sich eben immer wieder, datz die Achtung der Sozial-

h, l"Ukratie vor der Versassung in dem Augenblick -ihr Ende sindet,
»> veren Vestimmungen im Widerspruch zur sozialdomokratijchen

urteidoktrin und dem Parteiinteresse stehen.

ZvfammsnWuß der DeutsOen in Bailand.

«in >,Rat der deutschen Kolonie in Mailand" ist auf
^ Anregung des deutscken Eeneralkonsuls von den drei grötzten
I^iichen Vereinigungen Mailands, Hilfsverein, Club und Hand-

^-chtung eines Lesesaals mit Bibliothek, sowie zur Deranstaltung
tz^urischer, künstlerischer und wissenschaftlicher Darbietunoen treffen.
tz^gnete Räume stehen in der Via Eoilo 7 bereits zur Verfiigung,
sind schon namhaste Zuwcndungen von vrivatxr Seite erfolgt,
» eine sehr wertvolle Büchersammlung. Der Nat der deutschen
>^ionie wird die Jnteressen aller Kolonieangehörigen auch in den
g^8en der Eigentumsbeschlagnahme und im Entschädi-
LoÄbVersahren vcrtreten. Der Anschlutz an einen noch zu bildenden
^ädesverband der Deutschen in Jtalien ist vorgesehen.

FranzMOe LZgen.

vj Aui bsr Tazung üer D u v l e i x - Gcsellschaft in Paris, bie vo»
iüHrcnben Pcrsönlichleitcn der politischen unü inbiistriellen itrcise
wax, zjxjj AndrS Michelin einen Bortrag, in dem er auf
tz^Utschlands neuc Anstrenanngcn biiiwies, dem kommenden Kricge durch
s,uiendung nen ersuwdencr, fürchtcrlicher Gistgase cin besondcres
z,i geben. Nach Berichten des Polengencrals Nacheivcsky. ver-
h, stlch der frühere vreuhischc Major, im Kriegc Kommandeur des
i^.chren-Negimcnts 16, der jctzt das volnische ArmeekorvS in Poscn führt
D-ss.Svezialift auf dem Gcbiete chemischer Kriegsführung ist, habcn bie
E, »irhen „ erstickcnde Gase erfunden, gegcn die die ietzigen
tz^ken keinen Schutz gewähren. Dieses Gas wird für etwa eintreicnde
taiL A)on bcrcit gehalten. Daf, bie F-eststcllungen des volnischen Gene-
aus Tatfachen bcruhen, wird nach Michclins Ansicht dadurch erwicsen,
I,,^"!achewesky, seitdcm er den Alliierten von scincr Entdcckung Mittet

machtc und dies wiedcr von- deutschen Spioiien hcrauZgebracht
dx'soe. täglich aus Deutschland Briesc bekommt, die thm dcn Lot an-
hi„?E». Jn weia entlegenen Kabriken Rutzlands, so sügt dcr Gcneral
Ni isü- sj„d zjx Deutschen emüg mit der maffenwcisen Herstellung von
y^toren und Flugzcugey beschäftigk, dic dcm äutzeren Schein
Tch? Transvortzwecken dienen sollen. in Wirklichkeit abcr Bombcn und
mit dem neucn Gas tragen sollcn. Michclin suhr dann sort:
kjj^kreichs Abwchreiirrichtunsen gegen F-liegerangriffe Nnd so
rixpsVisrlich, Latz, wenn icindliche Flugzeugführer nur mutig genug ffnd.
v j » von zehn threr Maschincn thr Ziel erreichen. Das neue Gas ist
t schrecklicher als alle bisher bekannten, nnd im Falle eines
ist durchaus mit der Möglichkeit zu rechncn. daß die Lberraschte
Ang siirung, aller SchutzmaSken bar, in grotzen Maffen vcrnichtet wird.
fts-üzieht stch wirkltch einmal solche Mobilisation, wie kann die sranzö-
di^^Armee dann dem neuen Gas begegnen. angeffchts der Taisache, datz
tz,--Teutschen öiescs Gas in ungehe„ren Mcngen bcrstellen könncn,
»ci,,^vd Lie Franzosen beute kcine Ahnnng von Ler Herstellung dieses
tz, ?» ProLuktes haben? Niichelin betonte dann nachdrücklich, es sei sür
se„,vkreich unerlätzlich notwendig, sofort die Ende dcs Krieges geschlos-
» Giftgasfabrikcn w i e d e r z u ersff „ ^ „ Dicö s^j s„ „tzjjgor,
c,-, »ller Wahrscheinltchkeit nach w!e isi6 und 1917 mehrere Mvnatc
"lich wäreu, bevor ein wirkiamcs Gcgenmittel gegen dic deutsche
chFde erfundcn wärc. Es liegt kcin Grund vor. üie sranzösische Armec
»>ser gut als üie des FeinLes auszurustcn. Bcsonbers notwendtg sei
zch öie Volksstimmung über die ungcheuerc BeLeutnng des Problems
>z»rütteln. — Die L ü m m st e n M a r ch e n müffen herhalten, um
>m,akrcich Berechtigung zu neuen Rüstupgeu zu gehen — Lic wir Lann
btzatzleK

Aus dem Parteileben.

ALg. Schwarzhaupt über politische Tagesfragen.

Jn einer autzcrordentlich gut besuchten Monatsvcrsammlung dcr
Bezirk-sgruvvc Sachsenhausen dcr Dentschc» Volksvartei
im Nestaurant Krietz sprach am Mittwoch abend Landtagsabgcordneter,
Schulrat Schwarzhanvt. übcr innere und änßere voli-
t i s ch e T a g e s s r a g e n. Er schüdertc zunächst anschaulich unfere
heutigen wirtschaftlichen Zustünde, die auf der einen Scite in wciteu
Kreiscu deS Bolkcs Glcichgültigkeit und Leichtsinn und auf ber andern
Seite Lethargic und Bcrzwciflung zeigcii, sodah kanm der Mut zu ciner
starkcn Hoffnung für cine Beffcrnng zu finden ist. Wie es bei dem
Einzclnen aussteht, so stcht es im Reiche aus, Ende 1621 betrug unsere
schwcbcnde Schuld 246 NNlliarden Mark, 1922 schon 998 Milliardcn: der
Siotenumlauf Endc 1921 bctrng 64 Milliarden, hcute cine Billion glcich
1099 Milliarden Mark. Schuid daran ift dcr „Fluch ver BersailleS", dcr
aber nicht auf uns allein, sondern auch anf Len Siegerstaaten lastct.
England spürt Lres mit scinen zwci Millioncn Arbcitslosen, auch ist cs
seinen Abnehmer, DeutschlanL, los geworden. Auch Amerika wird
zur Einsicht kommen, nur Frankrerchs Machtgedanken und sein Endzicl,
Zertrümmerung und völlige Erniedrigung Deutschlands, söll dprchgesetzt
werden. Frankreich verhindert Len Wiederausbau, nur, damit der Nache-
gedanke crhalten bleibt.— Abg. Schwarzhanvt besprach dann Teile
der letzten Reds des stieichskanzlcrs Tr. Cuno, Polilik nnd die Lrohcn-
den Sanltrone». Trotz allem hoffen wir, datz das Rbeinlanduns
dieTrenehält. Wir sollen zunächst sordern, eine klarc Begrenzung
unsercr Schulü und unscrer Leistuiigeu, ein Moratorium und Abbai! der
Besetzuna, dre etn volttischer uwd wirtschafllichsr Unstnu isi. Datz wir
Ovfer bringen müffen, ift selbstverständlrch, ntelleicht ist Bezahluug in
erner Reichshyvoibek möglich, autzsrdem nicht schematisch am -Achtstundcn-
tig festhalten. und ferner'ist oon jedem Deutschsn erne Staatsgesin-
nu » g zu verlangen. — Die AuSführuugen, üie mit einer Schilderung
riufcrer inncrvolitifchen Arbcit fchlosscn, fanden den lebhaftesten Betfall.—
Staatsrat Justizrat Dr. Rumps besprach alsdann die Wahl des neucn
Regierungspräsidenten Hänisch in Wiesbaden, die als keine alücklrche
zu bczeichnen sei, ferner Lie neue StWte- und Lanözemeindeorümrng, zu
Ler die Wahlen in Bälde zu erwarten sind. — Der Leiter der Bersamm-
lung, Herr LcLn. bankte öen Reüncrn iür ihre belehrenüen Äus-
jthrungen, an üie sich eins Aussprache schlotz.

Deritschnationalc nnb DeutschvMische Freicheitspartei.

Jm Anschlub an die Beschlüffe ües Görlitzcr Parteita,ges der Deutsch-
nationalen Bnlksvartei warcn die Aügg. v. Graefe und Wullc ans
ber Reichstag-skraktio» Lsr D. N, B P. a«s s,c s chseden, aber
ebenso wie der srirher ausgeschieöene Mg. Henninc-, Mitglisder d«r
Partei gebsi.eben. Anzwiichen ffnd die drci cenannten Herren der neu-
gegründeten Deutschoölkischen Freiheitspartci üsigetrcten.
Nach Zisssir 14 der Satzung der D. N. B. P. ist ihre MUgliedichaft bei ber
Drutfchuatwnasrn Bolksvartes daüürch erlösch.«n.

Aus aller Welt.

Zlomeo »rrd Julia r» Siam. Der König von 'Siam ist ein grvtzer
Verehrer von Shakesvcäre unü hät deffen Drama Romco und Julia ins
Siamesisch« übersetzt. Er hat auch Las Buch selbst mit Anmerkungen ver-
sehen nnd seine Herausgabe besorgt. Die Aninerkungen beziehen ffch auf
bie für die ffarriesische Bevölkeruna schwer verständHcheii, bekonderS schwere»
Ansdrückc und Berhältnssse. Stcllenweise siud in bem Buch aus anderen
Svrache» entlehnte ünd geletzrte AuSbrNcke vrrwendet, im grotzen und
ganzcn aber ist dre Uebersetzung rcin stameffsch, so datz das Buch els
Ganzes auch dem gemeinen Mannc verständlich ift. Dcr König von Siam
hattc im Mai ds. Js. für bie ErHaltuiig des Shakesveare-Haufes in Strict-
sord, somic sör andcrc mlt Ler Stz-.kesveare-Fsrschung zufammcnhünxendc
Zweckc beträchtliche Suinmcn gestiftet.

Ein bolschewiftischer Feldzus gegen daH Weihmtchtsseft. Die russtfche
Regierung hat den Journaliste» Stevanvff beaustragt, eine Reihc von
Artikeln gegen Lie „abergläubigen" christlichen Festc PnL den Berkaus von
Heslig-enbildcrn und Writzuachtsengeln zu schrerbe», wie «i» so'ch-r sur
Weihnachtszcit in Rutzkand üblich war. Nach Aiisicht der Sowjetregieruag
tzatzew diesr UeSerblekbsel atzxewirtschasteter Relisrouen eine» untzeilvolte»
Einkluh aus das Aindergemütr nrau müffc sic durch zeitgemStzcve Bil-der
ersctzen! Stevanoff schlägt als Vorentwurf für Bilder, wic man sic dcn
Kindern schenken solle, vor: „Dre Koriferenz von Lausakne, das bürger-
liche Rcgiment, bie Laster Les russtschcn Abels uswi"

Selbstmord dcs Sowjet-Hcnkcrs. Nach ciner Meldung des „Matin"
hat sich dcr offisicllc Hcnker dcr Sowjetregierilng. oukoff, in Moskau
erhängt. Jn zweijähriLer amtlicher Tätigkett im Dienste der gchcimen
Polizei hat Noukosf mehr als 2999 Personen burch den Strick hingerichtet.
Aetzt hah er — vielleicht im Graucn vor ffch sclbst — seincm Leben mit
eigen-er Hand cin Ende bereitct. -

LchteNachrichtm

RsturaMeserANgeii, dle DeuMlantz M vovzsetzen tzabe. Diese Kras« ^
scr von der der produktiven Pfänder vollkommen verschisden.

Liierauf setzte Bonar Law seine am Mittwich begsnneue^
Rede' fort und kritisierte den Standpunkt dcr französischen R^zie-
rung. Er wandte sich dapeffen, daß die aNiierten Refficrunffeu dar-
über Klage ffeführt hätten, daß ste durch den enfflischcn Plan nicht
genÜAend Zahlungen von Dentschland erhallen würden. doch musse
cr ffleichfalls bemerken, daß dem englilchcn Plane zufolge Enffland
von Deutschland noch weniger erhalten würde, als es selbst an
Amerika zu zahlen hätte. Poincarh wandte sich ffcgen cinc solchc
Feststcllunff, erklärte aber, daß er allerdings zugebcn müssc, daß
En.qland taisächlich von Deutschland weniqer erhalten wurde, al-
es an Amerika schuldct, aber man müsse hier auch die finan.zielle
Lage Frankreichs und Enqlands verqleichen und namentlich auch
einmal feststellen, wcr von den beiden Mächten die qrößeren Opser
Lrinqe. England würde nach dem Plane von Bonar Law von
Deutschland 10 Milliarden Eoldmark erhalten, d. h. mehr als dre
Hälfle dessen, was es an Amerika zu bezahlen hat. Wenn jedoch dsr
Fall eintreten sollte. daß Enqland von Amerrka bessere Zahlunqs-
bedinqunqen eingerüumt erhielte, als die seinerzeit vom Konqreß
beschlossenen, insbelondere wenn die Zahlunqsfrist von seiten
Amerikas eine Berlänqerunq erfahren würdc, sö erhielte Enqland
von Deutschland immer noch mehr. als es selbst an Amerika zu
bezahlen habe. Frankreich würde aber von Deutschland 10,4 Milli-
arden Eoldmark erhalten. daqeqen hätte es an Amerika 14 Milli-
arden zu bezahlcn, 70 -Milliarden betrüqen immer noch dre von
ihm zu deckcntzen Krieqsschäden, was znsammen also eine Summe
von 84 Milliarden Eoldmark ausmache. Enqland habe neun Milli-
arden an Amerika zu bczahlen, und seine Pensioncn usw., sie es
noch bezahlen müsse. stcllten die Summe von 30 Milliarden dar. so
daß also Enqland alles in allem nur noch 39 Milliarden zn hezahlen
haben würde. Frankreich würde also durch den enqlis^n Plan
mehr qesckiädiqt werden, als England selbst. Der sramosischs
Premiermmister erklärte weiter. daß es ihm genüge, festzustellcn,
daß England dcn Erundsaß der Pfänderbeschlagnahme, den die sran-
zösische Regierung für unerläßlich erachte, ablehne und daß es
ihm deshalb unmöglich erscheine, in die von Bonar Law ver-
langten Erörterungen einzutreten. Jndcssen wurde auf Drängen
der italienijchen Delegation und der belgischen Vertreter vereinbart,
daß jcde der Delegationen fiir sich den englischen Entwurf mid die ^
italienischcn Pläne einer Prllfung unterziehcn sollten und dic Kon- !
serenzverhandlungen e'me Stunde später wieder ausqenommen wür- '
den. Die belgische, die iialienische und Äie sranzösische Delegation
zogen sich darauf jede in einen Lrsonderen Raum zurllck, um die gr-
wünschte raschc llcberprüfung vorzunehnicn, währcnd die englijchs
Delegation sich in ihr Hotel Legab.

<Der Schlußakt.

Nach WisdereröffnllNg der Sitzung verlas dann Vonar Law
solgende Erklärung:

Nachdrm die Reqierrmg Seiner Majesiät mit qrSßter Aufmerk-
samleit die sranzöfischen Vorschläge gepriist hatt«, ift sie der An»
schauung, daß diese Vorschläge, wcnu fie durchgesührt würden, nicht
nur nicht die bcabsrchtigteu Resultate xrgeben könuten,
sondern auch wahrschernlich schwere und unglücklichc Folgen
sür das Wirtschastsleben Eurovas haben nrüßtcn. Unter
diesen Bedingungcn kann sich die englische Regierung diesen Bor-
schliigcn nicht anschlicßen und auch hisrfür keine Verant-
w o rtung übernshmen. Gleickzeitig wünscht die Negierung Seiner
Marcstüt der Regiernng dee Rspublrk zu versichern. daß sie zwar
ausdrucklrch vedauert, daß eine unversöhnliche Meinungsver-
schredenhert in erncr so ernstcn Frage bctteht, daß aber die G e.
f u h l e der Freundsch a f t. die zwischen den beiL-eseitiqell
Volkern und Regr;rur.gcn bcstehen. ohnc Nenderunu breiÄen
werdrn.

Poincartz erwidcrte durch folgende Erklärung:

Die Regierung der Nepublik prüstc ihrerseits sehr aufmerksam
und sehr einqehend die englischen Vorschliige. Ze mehr sie ste abcr
studicrte, desto mehr mußte sie erkennen, daß sie eme betriichtliche
Verminderung dsr frauzösischen Forderunqen enthielten, und qleim-
zeitig cine vollkommene Umstürzung des Versailler Fricdensvcrirags
darstellten, wcshalb ^ es der französischen Rcgicrung uumög-
lich war, eine derartkge Lösung anzunehmen. Die Regierung der
Republik bedaucrt lebhaft, daß sie sich mit der englischen Regicrung
in dicscr Frage nicht ins Linvernehmen sctzen komrte. Sie dauit
aber der cnglischen Regierung sür ihre frcundschaftlichen Eesühle.
die fie ihr mit der Vcrficherung Lezeugte, daß trotz der Mcinungs.
verschredenheiten dic Eesühlc der beiderseitigen Völter und Rc.-iie.
rungen herzliche bleiben sollen.

Die LohKverhandlungen im Nergbau.

Essen, 5. Jan. (Eig. Drahtm.) Wie wir erfahren, ist in der
Frage der Erhöhung der Bergarbeiterlöhne Donnerstag abend aar
kein Schiedsspruch zustande gckommen. Das Schicdsgericht hat sich
fiir unzuständig erklärt und den Auftrag in die Hände des
Reichsarbeitsministers zurückgegeben. Freitag vormiitag haben
wieder verschiedene Verhandlungen stattgesunden. So finden zur-
zeit Besprechungen beim Reichsarbeitsminister in dessen Berlmer
Wohnung statt, der bekanntlich erkrankt ist und das Bett hüten muß.
Was dabei herauskommt, lätzt sich zur Stunde noch nicht sagen.

(Wsedcrholt, da nur i» emem Teil der geftrige« Auflage euthalten.)

Srr Mruch der yariser Konserenz.

Der Verlauf der Schlußsitzung.

Don unferem 8-Korrespondenten.

Paris, 5. Januar.

Wie bereits kurz gemeldet, rst die interalliierte Konfersnz in
Paris am Donnersiag abend 7.20 Uhr ergebnislos abgebrochen
worden. Ueber den Verlauf der letzten Sitzung ist folgendes zu
bcrichten:

Die Konferenz begann um 3 Uhr nachmittags. Zu Veginn der
Sitzung verlas Marquis dellaTorretta die neusn
italienischen Vorschläge, die nach der Havas-Agentur
dem französischen Plan merklich nahekommen und sich vor allem der
Veschlagnahms der Pfänder als Gegenleistung für das Mora-
torium anschliehen- Eodann beantwortete Poincarö in
zwei Noten die am Mittwoch von Bonar Law vorgebrächten Ein-
wendungen. Die erste Note bezieht sich auf die Einwände, die Eng-
land gegen die Fortsetzung der N a t u r a l l i e-fe r u n g e n erhob.
Die französische Regierung erwidert auf die englischen Vorbehalte,
datz die Verpflichtung der deutschen Regierung, in Papiermark
Naturallieferungcn während der Dauer des Moratoriums zu zahlen,
zwar eine Last sllr Deutschland bedeute, aber datz kein Anlatz be-
stehe, zU glauben, datz diese Last unerträglich sei. Sicher habe Deutsch-
land eine schwere Aufgabe zu erfüllen, aber die Schwierigkeiten
liegen vor allem daran, datz in Deutschland der gute Wille
fehle oder Latz es sich systematisch dem Gedanken der Nepa-
rationen widersetze. (!) Wenn der Wille zur Reparation in
Deutschland bestünde, so könnte Deutschland sicher auch während der
Dauer des Moratorimns gewisse Naturallieferungen in Papiermark
bczahlen und die Mark gleichzeitstg st a ü i l i s i e re n. (!)
Wenn aber dieser Wille nicht bestünde. so wllrde der Kurssturz der
Mark fortdauern, selbst wenn man Deutschland von der Natural-
lieferung befreite. Was

die Einwendungen der englischen Regicrung gegen
die produktiven Pfänder

anlangt, so erklärt PoincarS in seiner Note, datz man nicht behaup-
ten könne, datz die Zurückbehaltung dieser Psänder, die zum Abschlutz
einer Anleihe notwsndig (!) seien, eine Ablehnung des Mora-
toriums bedeute. Franlreich sei nur geneigt, einen Teil des
Maratoriums zu gewähren. Die französischs Regierung habe es
übrigens kaum fllr nötig erachtet, die Daucr des Moratoriums von
vornherein festzujetzen, «bensowenig dic Bedingungen .siir die

Badische Politik.

Gegen Frankreichs RheinPoLitik.

? Freiburg, 4. Jan. Zu einer imposanten Kundgebunq qeasn
die Not des Rheinlandes und die französischen M 'a ch
gelllsts versammelten sich im großen Paulusjaal Frauen unb
Männer aller politischen Parteien uno Stände Freiburgs. Ob-r-
bürgermeister Dr. Bendcr cröfsnete die Verjammlung. Nach
Verlesung eines Briefes des Erzbischofs Dr. Karl F r i tz, in der cr
gleichfalls seine Abscheu gegen das Treiben der fianzösischen Besatz-mq
im Rheinlande zum Ausüruck Lrachte, nahm der deutschvolls'arteiliche
Reichslagsabgeordnete, Universitätsprofessor Dr. Moldenhauer-
Köln das Wort zu einer eindringlichen Darstellung der wirkliche»
Verhältnisse im Rheinlande.

Gegen die Zigeunerplage.

Das Zigeunerunwesen hat in Baden m der letzten Zeit derart
Lberhand genommen, daß das Ministerium Vorkei-rungen zu seincr
Einschränkung getroffen hat. Alle nicht seßhaften Zigeuaer
oder nach Zigeunerart herumziehenden Personen nmssen künftia -:n
Personalblatt mit sich führen, Las neben den genaucn'Per-
sonalangaben und Lichtüild auch den FingeraSbruck enthalten mutz.

Aus Baden.

» — Mnnntzeim, 4. Jan. Jn der veraanxencn Nacht tuminekten stch
iranzösischc Flicaer lönacre Zcit über Mannhciin.

? Nnbbach bei Obcrkirch, 5. Jan. Durch Feucr ist das arotze
Oekonomicsebäude mit anstotzendem Warenmaeazin Lcs Kausmanns Earl
Huber vollständig zerstört wordcn. Der Schadcn ist sehr be-
deutcnd.

? Osfenbnra, 4. Jan. Dic Erweiteruna dcr hieffaen Eisenbahn -
werkstütte wird nunmehr in Anarifs acnommcn wcrdcn. Durch .Neu-
bautcn in Osscnbura und Lauda soll die Maschinenwcrkstätte in KarlS-
rnhc cntlastct werdcn. U. a. wird hier cine arobc Kcsselschmieöc und
crne ncue LokomotivwerkftStte mit Ncben-anlaacn crrichtct.

? Douaueschingen, 8. Jan. Z» dem Slutomobildiebstahl wird
»och berichtet, datz der Krastwagenfübrer bci seincm Borbabe», mit dem
prächtigcn Automobit ins Slusland zu slüchten, anscheincnd aivf S ch w i e -
rtgkeiten gestvben ift. Er stellte dcn Kraftwaaen in einem Hotel in
GeiSlinaen bcr Ulm ein: um jrben Bcrdacht su bescttiaen, bcstellie er kür
die angeblich »achkoinmende Hcrrschast drci Zimmcr. Dann sandtc er dcm
Bcffbcr deS Antos ctn Telearamm übcr de» Unterkunftsort de» Autos
und setzte seine Alucht fort.

? Vom Feldbcra, 8. Jan. Bor einiaen Wochen war in Mcnzen -
schwand das Haus dcr Familie Katscr a b a e b r a n n t, woLurch sre
nnd andere tn dem Hausc wobncndc Pcrsoncn schwer geschädiat wurden.
Die Gäst« bcs Feldberaer Hofr baben i» dcr NcujahrSnacht Mr dic Ge»
schädiatcn 309 099 Mark gesammelt: auch wurdcn drei Kubikmetcr Hosz
im Wcrtc von 289 990 Wiark zur Versüguna aestcllt.

? Pfullendorf, 5. Jan. Durch bas Slbf-Ilern cines Exvrosisns '
körverS in ber Silveslernacht in nnmiiteibarcr 2!äs>e des Bo!ks- unL
Bürgerschulgebändcs wurden an dicscm Gebaude cine grohe Anzabl Fen-
sterschciben z e r t r ü m m c r t. wodurch nach vorlaufiacr Schätznng: cin
Scl>adcn von mrüöcstenZ 120 006—130 000 Mark entstnnöen

? Lc-br. 8. Ja:i. Ein von sciner Frau gctrcmit lebcnder 2K Fahrc altc-'
früLercr S « riftsever. jebt GelegenbeltSarbeiter. kauerte seiner Set
ihrcr- C tcrn in FricsenScim wohneilden LSjäbrtgen F r a n auf ber
Strabe auf, als ste aus dem Geschäjt« karn. Aus «tncm Slevolver aab er
 
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