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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

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Nr. 31 - 58 (1. Februar 1923 - 28. Februar 1923)
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https://doi.org/10.11588/diglit.15611#0198

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man nur betauerndes Achselzucken haben kann, denn wer nicht be-
greist 1. datz der Begriff „deutsches Blut" eiuwandsrei gar nicht
zu bestimmsn ist, 2. datz die beiden Forderungen ein ungeheures Un-
recht, geradezu einen Frevel bedeuten, 3. datz, wer sie durchführen
wollte, die Brandfackel nie verlöfchender Zwietracht in das deutsche
Bolk werfen würde, in diese, Volk, das doch wahrhaftig genug innerer
Zwielrächtigkeit hat, wer das nicht begreift, mit dem kann man sich
Lber politische Fragen Werhaupt nicht oerständigen.

Hier also, in die.ser Stellungnahme, liegt eine ganz hsillose Ver-
irrung, und wir würden es begrützen, wenn in dieser Veziehung
eine Tchcidung der Eeister einträte, wie das schon in der Deutsch-
nationalen Partei der Fall gewesen ist. Im übrigen aber stcckt in
der Dewegung doch so viel Gutes, Gutes vom vaterländischen Stand-
punkte ans, so viel gesunde Krast, so viel Freudigkeit, so viel rich-
tiges Empsinden für das, was uns heute vor allem not tut, datz
wlr sehr wohl verstehen können, datz patriotische Mäner es nichi
über sich bringen, ihr gram zu sein, trotz ihrer Ueberireibungen und
llnklugheiten, und Latz sie diese Bewegung namentlich nicht so lange
zu bekämpfen geneigt sind, als von der pr^utzischen Regierung in
Berlin unter dem Vorwande des Schutzes der Republik eine Praxis
riicksichtslpsesten Verbietens befolgt wird, die auf eine Verfehmung
des vatsrländischen Eedankens hinausläuft und unter deren Hsrr-
schaft sich kommunistische Vaterlandsrerräter hemmungslos betätigen
und ostjüdisches Fremdvolk ungehindert bei uns festsetzen, ganze
Wohnungsviertel in Berlin okkupieren kann, während Scharen unse-
res eigenen Volkes keins Wohnung und keinen Herd finden können.
So lange solche Zustände in Berlin bestehen können und so lange
Preittzen einen Jnnenministsr hat, der es fertig Lringt, uns für Ab-
hilfe gegen diese Uebersremdung an das Marionettentheater zu ver-
weisen, das sich Völkerbundsrat nennt, so lange hat auch
Adolf Hitler in München eine Sendung. rs.

Sie FranzssenhmWast!n Mainz.

Die Küebelung der deutschen Presse. — Der Eisenbahnerstreik.

Main.z, 3. Februar.

Von einem in das besetzte Eebiet entsandten Mitarbeiter er-
fahren wir über die Lage in Mainz folgendes:

Die französischen Besatzungsbehörden arbeiten im altbesetzten Ee-
biet, namentlich in Ma i n z, nach den Vorlommnissen des Thyssen-
Tages im Sinne einer EiNschüchterung der Bevölkerung. Nachdem die
Beamtsn in einflutzreicher Stellung aus dem Wege geräumt sind,
beginnen sie die Presse in einer Art und Weise zu knebeln,
wie sie in den Zeitei? brutalster Zensur nicht schlimmer gewesen sein
kann. Nachdem die melsten Zeitungen auf kürzere oder längere Zeit
l verboten worden sind, gehen die Besatzungsbetzörden dazu über, den
Zeitungen gewisse Ärtikel aufzuoltroyieren, deren Herkunft bei An-
drohung weiterer empfindlicher Verbote nicht kenntlich gemacht wer-
den darf. Die zrver noch erscheinenden Zeitungen brachten gestern
einen solchen Artikel, der die Gehorsamspflicht der deutschen Veamten
gegenüber der „Jnteralliierten Rheinlandkommission" (in deren
Namen Hsrr Oberstleutnant Spiral autokratisch verfügt), statuieren
^ wollte. Die Zeitungen „Iournal" und „Tageszeitung", die
heute einen durchaus sachlich gehaltenen, Lerichtigenden Eegenartikel
brachten, verfielen sofortiger Beschlagnahme, an die sich wohl weitere
Mahnahmen anschlietzen werden. Eegen die Nedakteure der ver-
botenen Zeitungen beginnen am Dienstag am Militärpolizei- bezw.
Kriegsgericht Strafprozesse. Autzerdem ist den Redaktionen eine
Note zugestellt worden. nach der es ihnen verboten ist, Bemerkungen
gegen die Ruhrbesetzung und gegen die Anordnungen der Besatzungs-
behörden zu bringen, Nachrichten zu veröfsentlichen, die geeignet sein
könnten, die Bevölkerung zu beunruhigen, ferner Reden deutscher
Politiker oder deutsche Regierungsnoten zu publizieren, die schalfe
i Wendungen gegen Frankreich enthalten. Der Redakteur kann nie-
i mals vorschützen, er habe „bouu Lcls" gehandelt: im Lbrigen „bs-
steht keine Zensur", wie es in der Note lakonisch heitzt.

Am Mittwoch hat der E i s e n b a h n e r st r e i k im gesamten
Direktionsbezirk Mainz eingesetzt, da sich die Eisenbahnbeamten und
-arbeiter eine Ueberwachung und Kontrollierung durch französisches
Militär nicht gesallen lasfen wollten. Der Verkehr ruht seitdem
völlig: es ist den Franzosen Lis jetzt nicht gelungen, den Betrieb
wieder aufzunehmen, im Eegentsil stnd ihre Versuche durch zahlreiche
Eisenbahnunfälle gekennzeichnet. Jn den Landgemeinden an der
Strecke Oppenheim Lis Bingen ist der verschärfte Be-
lagerungszustand verhängt worden, da einige Sabotage-
akte'verübt wurden. Die Stimmung unter den Streikenden wie

») Alired Rosenberg, Weken, Grunbsäbe und Ziele Ssr National-
sozialistischen Seutschen Arbeitcrpartei. (Deutschcr Volksverlag. München.)

Die heilige Scholle.

Ein deutscher Vauernroman aus dem letzten Jahrhundert.

Von Paul Burg.

82. Fortsetzung. Nachbruck «erSoten.

Und Ler Bauer Andreas Weberling erzählte selber glücklichcu
Erinnerns sroh auf seinen Feldern im sinkenden Abend dieses
Pfingsttages dem Maurcr aus der Stadt von vergangenen guten
Zeiten der Dorfgcmeinschast. Er malte ihm aus. was der Leinwrber
Weberling und er selber vorgesorgt hatten, datz ihre Lrben und
Enkel fest auf ihren unverlierlaren Aeckern und Höfen satzen, und
er zeigte ihm Wege, wie man auch in Stadten srei und chrlich
leben könne, wenn Eesctze gemacht würdcn, w'iche einen wilden
Handel mit Aeckern und Häusern verhinderten. Wenn die Menschen
wieder vom Eeldteusel besreit, in ihrer ehrlichen Arbeit allein ge-
nügsam den erhofften Segen erblickten. Er bekannte, dah stir alle
Veltens Acker und Erbe unverschuldet bsreit sei zu ehrlicher Arbeit.
Auch für des Schlossers Witwe und für den Maurer Velten samt
Weib und Kindern.

Er sprach stch frei und froh an diesem Pfingstabend auf dem
Felde, Andrsas Wsberling, denn er sah von nahcm seine und seiner
Kinder" Eichen ragen und winken. Und unter diesen Bäumen, die
wie Wächter am Wege bei den Wicsen warteten, sah er ssin Weib
Maria mit dem jungen Meibe aus der Stadt gehen, das auch
Maria hietz und heuts sein zerbrochcnes Helz unter sein Dach ge-
rettet hatte. Jch habe nun keine Heimat mehr! hallte der Ruf des
weiland Landgängers Valentin in ihm und er sah im Eeists wieder
Ruth als Findlinq im Stalle liegen, sah seinsn eigsnen Sohn An-
dreas auf dem Ersnzstein im Acksr geborsn werden. Gott hatte
es gut gemacht. Eott schickte Prüfungen und Erlösungen Lüer die
Menschheit, Lber einzelne und alle.

Davon sprach Andreas Weberling, der Bauer, im AbsndLäm-
mern zu dem Manne an seiner Seite, wslcher sich ein Sozialdsmo-
krat genannt hatte, wcil ihm Recht und Lohn sür seine ehrlichs
Arbeit von den Eerichten des Staates verweigert worden war.
Und im. Sprechen richtete er ssinen Blick fest auf die beiden Frauen
unter den Eichsn, auf die bcidcn !n Trauer wandelnden Marien.

Mar es das Schimmern der Luft im Scheiden der Pfingstsonne
unter den hohen Eichen? Mar es ein Ueber Strahl des weichsn
Abendhimmels fern am unondlichen Horizont, was Maria so lind
umgab, währsnd sie mütterlich und scbwesterlich die jüngere Maria
im Arme hielt? Odcr trug sie in Wahrheit den blauen Mantel
der weiland Eroßmutter Velten, den Mantel seliger Hoffnungen,

desien Falten Andrcas und Maria einst Kinder gewessn, er-
wachsen wareiU Dcn licben, blauen Himmelsmantel, in deffen
Falten ste sich fürs Leben versprochen und den ersten Kutz getauscht

unter der Bevolksrung ist nach wie vor gu 1 und z uv e rs i ch t l i ch:
die Franzosen haben in Mainz böse Enttäuschungen erlebt. Es ist
anzunehmen, datz der Streik in den nächsten Tagen durch ein zu er-
wartendes Nachgeüen der Franzosen abgeblasen wird. (Weitere Msl-
dungen über den Eisenbahnerstreik siehe im lokalen Teil.)

Ser proiest gegen die Geimalvkrfehlimg.

Die deutsche Antwortnote an die Reparationskommissio«.

Von unserer Berliner Redaktion.

Berlin, 3. Februar.

Der Reparationskommission ist auf ihre Note vom 23. Januar,
die unter Foststellung einer Eeneralversehlung den Antrag
der deutschen Negierung vom 14. Novemüer als gegenstandslas be-
eichnete und den Londoner Zahlunasplan wieder in Kraft
etzte, die nachstehende Antwortnote übergeben worden:

»Die Rcpa.ationsrommission hat wsgcn der Einstellung der
Neparationsleistungen an Fraukreich und Belgien eine allgemeine
Verfehlung Dcutschlands gegenüber dicfen beideu Staaten sestgeftellt.
Zuglerch hat fre erklärt, dah dcshalb der Antrag der deutschen Negie-
rung vom 14. Novcmber hinfällig geworden sei und datz deshalb alle
Bestimmungen des Zahlungspianes vom S. Mai 1S21 in K.ast
Llciden. Die deutschc Regierung hat, wie stch aus ihrer Note vom
13. Zairuar ergibt, die Leistungen an Franlreich und Belgien ledrg-
lich wegen des vertragswidrigen Einmarsches diefer
bride» Mächte in Las Nnhrgebiet und lediglich für die Dauer
des dadurch geschaffenen oertragswidrigen Zu-
ftandes eingcstellt. Sie hat damit von einem unzweisel-
haften Recht Gcbrauch gemacht. Bon einep Berfehlung im Sinne
des § 17 des Verfailler Vertrags kann nicht gesprochen werden. Die
deutjche Regierung legt üeshalb gegen die Fcftftellung eincr solchen
Verfehlung Berwahrung ein.

Ebenfo mug die deutsche Regierung Widerspruch dagegen em-
legen, Latz fhr Antrag aus Gswährung eines Zahlungsaufschubs hin-
fällig geworden fci. Die ReparaLionskommiffiou se! b?t hat in einer
Entfcheidung vom 21. Januar 1822 sestgestcllt, datz die finanzielle
Lage Dcntschlands cs der deutschen Negicrung nicht crmögliche, die
Verpslichtungen fiir tas Zahr 1922 aus dem Lopdoner Zahlungsplan
und dem Art. 248 dcs Bertrags von Versailles völlständig zu crsüllen.
Die Reparationskommission hat serncr in ihrer Entscheidung vom
39. August ausdrLcklich anerlannt, datz das Deutsche Reich
jeden innern und Lutzern Kredit verlorcn habe und hat eine Ermätzi-
gung der äntzern Lastcn Deutschlands ins Auge gesatzt. Sodann
haben die alliierten Hauptmächte den der Parrser KSnserenz vom
2. Januar vorgelegenen Plan der gegenwärtigen Leistungsfähigkeit
Deutschlands dadurch anerkannt, datz sie aiktzer der Aerabsctzung der
gesamten Verpslichtungen Dcutschlands aus dem Zahlungsplan vom
S. Mai 1921 cinen sosortigen Zahlungsausschnb für
mehrere Jahre vorgesehe» haben. Jnzwischen hat sich insolge der
Besetzung dcs Ruhrgebiets die finanzielle nnd wirtschast-
liche Lage Deutschlands noch weiter verschlechtert. Die
Mark ist auf ein Zehntausendstel ihres Friedenswertes herabgesunken.
Wenn jetzt die Reparationskommission aus den Londoner Zahlungs-
plan zurückgreist, so mutz die Regierung darin eincn Widerspruch
zwischen Len CntscheiLungen Ler Reparationskommisiisn und Äer
alliierten Hauptmächte erbücken. Ueberdies setzt die Rcparations-
kommission sich damit auch über die Bestimmungen des Versailler
Vertrags hinweg, die das Ausmatz der Reparationsoerpflichtnngen
Dentfchlands von feiner Leistungssiihigkeit abhängig machsn
und feinen notwendigen Lebensbedürfnifsen den Vorra » g
vor den Reparationsverpslichtnngen gebsn.

Nach dem Einbruch in das Ruhrrevier und dem Beginn der wirt-
schaftlichen nnd sinanziellen Absonderung der linkcn Rhcingebiete
und Des Ruhrgebiets von dem übrigen Leutschen Wirtschaftskörper
ist die deutfche Regierung nsch weniger als zuoor imstcmde, den
Londoner Zahlungsplan zu erfüllen. Sie kann in der Entscheidung
der Reparationskommission vom 26. Januar keine fachliche Bcant-
wortung ihrer Note vom 14. November erblickcir und sieht einer
Nachprüfung der dentfchen Lciftungsfähigkeit nach Art. 234 des
Versailler Vertrags entgegen."

*

Diese deutsche Note wird von der Agentur Havas als irie
Wiederanknüpfuflg der Beziehungen zwischen Dsutfchland
und der Reparationslommission aufgefastt und vom offiziöfen „Petit
Parifien" dahin erläutert, die Reparationskommission werde darauf
wohl aniworten, datz Deutfchland erst seinen Widerstaued aufgsben
und sich der Rubrbesetzung beugen müfse, ehe die Neparationskom-
mission zu einer Fbrtfiihrung der Verhandlunge'n bereit sei. Eegen-
über dieser Ausleaung ist darauf hinzuweisen, datz die deutsche Regie-
rung ausschlietzlich die Folgerungen aus demVertrags-
bruch der Franzosen und Belgier gezogen hat nnd nur für die
Dauer dieses vertragsbrüchigen Zustandes ibre
Leistungen an diese beiden Mächte eingestellt hat. Sie hat aber

hatten' Harte Zeiten, Kämpfe, all sein Leben in Arüeit und
Glück, die ungewisso Zukunft, Kinder und Enkel — es ward dem
Alten über diesen Ändlick schwebend leicht, denn Maria Velten trug
den blauen Himmelsmantel. So schritt cr auf sein Weib zu und
stand in Ehrfurcht vor ihrem altersgrauen Scheitel, wie auch. Maria,
als sie fein weitzes Haupt erblickte. hoffend und beglückt in dem Ge-
danken hineinlauschte, welcher ihr Herz jäh durchleuchtete: Der
Andreas — gleicht er micht dem Erotzvater Leinweber, welcher so
weife und glltig gewesen ist? An seincr Hand ist mir ums Kmnmende
nicht angst. —

Sie reichten sich oie Hände nntcr ihren und ihrer Kinder Eichen,
die bciden Allen. Und Andreas führte Maria dem stadtvertriebe-
nen, rerzweifelten Maurer zu. ,

„Er ist mit Weib und Kindern ohne Brot, diessr letzte Velten.
Wir haben ihm seinen Acker bewahrt. — Hier ist auch seine Heimat.
Was werden wird, wisien.wir nicht — aber dieses ist ewig'gewitz:
wer auf seinem Ncker steht, hat Kraft zu kämpfen!

Mar'a izun ist uns in unserey siebzrger Jahren noch einmal
Haus und Herz voll Kinder und Enkel."

Sie brsitete stumm den berdcn Verlassenen, Verirrten ihre Arme
entgegen.

Umwob sie nicht der blaue Mantel? Mutig blickte der Bauer
hinavf Die Eichen rannten leise. leise.

E!n ganz anderes Eesicht zeigte d!e neue Zeit, das Kaiferliche
Dentichland: am Torweg dcs Schulzenhofes hing hoch angebracht
ein rergitterter Kastsn, daraus ein weitzes Papierblatt niit dem.
grellen Kastenlack um die Wette strahlte. „Standezamtliche Nach-
richtcn" prahlte das Schild darüber. und die Dörfler lafen mit
gereckten Hälsen:

- Aufgebot!

Der zurzeit unüeamtete Küchenvorsteher Jürgen Lindenfchmidt,
lediger Sohn des Schmiedemeisters Lindenfchmidt und feiner Ehs-
frau Pauline verwitwet gewesenen Weberlinz geborenen Fink
ist w'llens die Ehe einzugehen mit

Helene verwitweten Baronin von Redern anf Schlotz Redern,
geborenm Meyer, Tochter usw.

So stand zu lesen und die Dörfler staunten und schwatzten.

„Ob ihr das grad bchagt: Lis jetzt Frau Baronin — nachher
Frau Kuchenvorsteher!"

Ec. behagte ihr. Helene satz mit dem heimgekehrten Lieüsten
drinnen m der alten Schulzenstube auf dem Sofa und hatte zärt-
lich den Arm nm seine Schulter gclegt.

Lindenschmidt erzählte. - Andreas und Maria an ihrem Spinn-
rad, der Sohn Andreas — auch Ruth und die Veltenwitwe fgannen
— der Maurer'Velten mit seinem Weibe, endlich der Onkel An-
dreas, alle satzen si« um den Weitgereisten und hörten ihm be-
gierig zu. '

fumme nur unter der Voraussehung bereit, datz der Vei>
rückgängig gemacht wird. Die Beziehungen zur ?
kommission als solcher sind, da es sich um eine interi ,
Kommission handelt, inkeinerWeise abgebroa, -" ^
Deutschland erkennt vielmehr die Reparationskommiss.on ^
vor als gesetzmätzige Eejamtvertretung der Alliierten an
nur Verhandlungen mit einzelnen Mächten ab.

Sir Antivort -er Rkparaiionsksmmisß^

Aufrechterhaktnng ihrer alten Beschlüfse.

Von unferem U-Korrefpondonten.

Paris, 3- 8^

Die Reparationskommission Leeilte sich, der Nots ber
regierung rasch e'.ne Antwort zu ertsilen. Sie erklärt, dag
der Kriogslastcnkommission rom l. Februar keine Antw?
-. ..-. - ReparationslamU'-i


forderlich mache. Dcr Lefchlutz der ReparationslomMUHlu.
26. Ianuar werde mit oll feinen Konsegucnzcn a u f r e a) >

Das osfizielle Communigue der Neparationslommission cn")U'
noch folgende drei Beschlüsie:

1. Die Reparationslommission, welchs Vertretern der

gierung am 17. Norember 1922 Gelegenheit gegeben ü" -,u 5,
gehört zn werden, beschlotz, das Prcgramm aufrech^'^W
halten, welches sie für die H o l z l i e f e r u n g e n, die
land für 1923 zu vollziehen hat, festgcsetzt hatte.

2. Die Neparationskommission übermittclte Deutschland
trag, einen Postdampferfür RechnungFrastl^
auf Kiel zu legen.

Die Rexarationskommission beschäftigte sich mit der c
gung, welche Deutschland den Reedern in DurchfLhru''i>
Schiedssprr.chcs dcs Hamburger Schiedsgerichts gezagu rii»
Die Ne arationskommifsion teilte dem Reichslanzler
die Flüfsigmachung dieser Zahlung ohne vorherige
gung mit dem Earaniiekomiiee eine Verletzung des
randums vom 18. Juli 1922 bedeute.

3.

Ser Srierilsn'edr.

Ein franzssischer Protest. — Annäherung in Lausa»"^'
Von unferem tt-Korrefpondenten. .

Paris, 3. 8^^,§»

Die Spannung, die das Telegramm Poincarks an
Kemal Pascha, indem er ihm mitteilte, dah der Lausanner jjji>>!z
vertrag nicht sein letztes Wort sei, fondern abgeändcrt werde" ^ >
zwischen die KaüineLts von London und Paris getragen..,F
immer noch nicht aus Lem Weae aeichaist. Dem Foreian Olh.,'

ies'

immer noch nicht aus Lem Wege geschafft. Dem Foreign Osil t
ein Protest Po : neares gegen die VLröffcntlichung ,

englischen Botschafter in Paris, Lord Erewe, gemachten Ml ,

ngiiyyen Doiicyafier in '.paris, Lors L r e w e, gemacyien e'..
zu. Poincarü lehnt jede Verantwortuna für die Folgen ab, -
englische Zndiskretion nach sich ziehen könnte. Dis Protestno-e
allen englischen Ministern übergeben und soll demnächst E-ch n>iF
eines Ministerrats bilden. Wie uns aus Lausanne gedraylc^^w
erklürten die Turksn alle Nachrichten, nach welchen Ismeo .xi«
von Angora aufgefordert wäre, den Friedensvertrag zu A,
nen, fllr durchaus unbegründet. Am Freitag überreichte
Alliierten ein E e g e n p r o j e k t. das in 26 Punkten von ^ li>!,
schlüsien der Allrierten abweicht. Lord Lurzon Bomparo.
Earroni berieten an Hand der türkischen Dsnkschrift vor aU-' eF
Mossulfrage und die Fragen der E e r i ch t s b a r k -' -

wio>, uisrage und die Fragen der E e r i ch t s b a r k-'», »>!
der Reparationen. Jn der Mossulfrage schlugen LomaL
Earroni angesichts de: türkischen Abneigung gcgen ein-" 'L
spruch des Dölkerbunds ein Schiedsverfahren -liil,
andere Jnstanz vor. Zur Frage der Eerichtsbarkeit für AW- „e
regte Earroni an, datz auf die Veteiligung sremder RiAe^
zichtet, datz die Kontrolls durch die Konsuln ausgesibt
solle und datz die Strafperbutzung in den betreffenden H^^ni^
ländern erfolgen solle. Zur Reparationsfrage sollen ö»
und Earroni den Verzicht auf 15 Millionen türkiiche EolLpfUM^
—'' " —. >ut!-h!^

geschlagen haben, wogeaen die Alliierten die> von Deutswk'»^
und Oesterrcich ausgelieferten fünf Millionen EoldpfrU'cjll
die von England beschlagnahmten türkischen Schiffe beh
wurden. Da Lord Curzon diessn Vorschlag ablehnte.
die Hcrabsetzung dsr ReparationZschuld auf 12 Millionen
Veniselos lehnte jede Bezahlung an die Türkei ab. ^n OMM'
will man den TLrken eine Earniion von 8000 Mann. in
eine solchs von 3000 Mann gestatten. ^

Am Samstag vormittag fand zwischen Jsmed Poscha
allüerien Delegationsführern eine gemeinsame Veratunq st'Ä'F,
turkischen Krekfen erklärt man, datz der Schiedsfpruch in 'der "


„Es ist wie damaks bei deincm Vatcr in der Schmted-'.'l-ck,
der alte Aickreas und nickte vor sich hin. Er dachte an jene
Tage vnd Iahre. Nun ging man in die Nchzig, ein altcr bo»
Vauer- Aber dieser Sck>wager Lindenschmidt war recht ein
sassa, fuhr auf allen Meeren und kannte die Welt. '

Jch sage: es wird zu eng in Deutschland, Leute! Di- kFs!
wachsen auis Land, die Nrmut wächst jeden Tag. Und die §»
da.zu. Die sind lange Zeit unsichtbar, bohrcn und naaen, -/.'jl'".
im Eebaude wie der Totenwurm im Holze. Wü'en'sie ->7/ü l
die Hypothekenbriefe. die Pfandscheine — jeder von ihnen
grotz als ein Loichenstein — o Ihr Leute, Las ganze Land w'"
Kirchhof mit Leichensteinen." ^

Unser Acker — ja, Vater, der ist vorerst noch wie ein-
im Mcere — aber wie lange nckch! Es lauert hier und iib-rm
eincn herum. ANes iührt Krieg aegen den Einen und der h"
dcr arbeitende Bauer," meinte Audreas.

Lindenschmidt lachte. ,.Du bist eine Banabür sagt ^
See. Ich halt's mit dem Hanssatenspruch, Andreas: '

Schippern und Zandeln —

' Ebbe und Flod —

Hölp di sülwest,

^ Dann helpt di Er.d!"

Da stand der Vauer Andreas Weberling auf und reckte
den Schuliern hoch. „Angst hab ich keine. Das tät' ich Euch be-o-l
wenn ,ch anderswo wär', wo ich ganz auf mir selber stiind' m" ^
ciamilie. Hier . . . hier sind so viele im Hof: es stötzt si^
und von augen drückt und drängt der Feind auf das Eemäuer. ^
das mutz ja mal in Trümmer gehn!"

..Du siehst Eespenster am hellcn Tage." illaier Weberlinch^
auch auf. dem Sohn Aug in Auge. „Junge, du bist woül boL
unserer Art geschlagen?

„Vater, wir hocken hier zu drei Eeschlechtern!"

.. Da fuhr der Alte los: „Schlagt mich doch tot und schme'tzt Z
ms Grab. Jhr! Die zweitansend Taler Dersicherunz stech-n ^

„Pfui, Vaier! Das war ein hätzliches Wort."

„Na ja — siehj es nicht so aus, wenn einem der eigsne Soh» ^

Der Eescholiene war fchon bei der TLr, wandte sich noch
und svrach, sich das Bitten erzwingend, zum Alten:

„Vater, latz mich nach Posen auswandern. Es ist das ^
für uns alle — Platz mutz werden, du willst deine Ruhe zum P*,
zeien haben, und -a drautzen ist noch Acker und Arbeit für ^
ehrlichen Kerl." Damit tat er die Tür hinter sich zu.

„Was sagst du Lazu, Lindenschmidt?" sraate der Alte
bendem Zorn.
 
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