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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

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Nr. 31 - 58 (1. Februar 1923 - 28. Februar 1923)
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https://doi.org/10.11588/diglit.15611#0298

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Marxistenfilhrrr unld -Bkäiter sokch« T'atsachen, deren Kenntn's doch
unseren beutschen Arbeitern die wahre Bedeütung Les E nsalles ter
Franzos.n in tas Ruhrgebiet leichtcr erkennen liehe? Doch nur les-
hald, weil sie sonst nicht behaupten konnten, die deutsche Kricg-
sührung, Ludentorss usw. seien noch immer die Ursache dessen was
nun Franlre'ch an Raub und Eewalttaten aller Art verbricht. Das
aber behaupten Adler und Eenossen um tes Internationalismus
willen, der sich so<;ar in seincr jetz gen -chwäche nur ausrechterhalten
lätzt Lurch Zugeständniffe an den Raüonalismus der sranzösischen
Maffen auf Kosten des Leutschen Anseh^n^ uird deutsck)er Jnteressen.

Das dmchlöchkrle Gmreiseverbot.

Reoc Ministerreisen in das Invafionsgebict.

Berlin, 20. Februar.

Nach einer Melbung der „Montagspost" hielt sich am Samstag
der preugische Minister des Junern Severing inDortmund
auf. Er hielt Besprechungen mit Vertretern der Jndustrie, der Ee-
werkschaften und der Behörden ab. Dsr Minister gab seiner Eenug-
tuung Ausdruck, Lasi die Widerstandskrast der Bevöller'ng
nach wie vor ungebrochen sei. Er erklärte, dag die preu-
tzische Regierung alles in ihren Kräften Stehende tun wer^e, um die
Bevölkerung in ihrem schwcrcn Kampf zu unierstützen. Don Dort-
mund fuhr der Minister nach Solingen, um mit Eenehmigung
der englischen Besatzungsbehörde am Sonntag chenid in einer öfsent-
lichen Versammlunq zu sprechen. Auch dei Reichsrer ehrsm>u!ster
Dr. Eroener hielt sich inEssen auf und ,a t« Tesxreck un.-en mit
den Eisenbahnorgan sationen über die Lage des E'sin'ahn'ietriebes
i lm Ruhrgebi'et. Die Vertreter sämtlicher Ov'anisaiionsrichtungen
! «rttär*«!,, datz fie trotz aller Drohungen den an d!e E sen-
! Lahner gerichteien Besehl, sich dem Präsident der sran'ö schen Feld-
«isenlahnabteilung zu unterstellen. ablehnen werden.

Diese neuen Ministerreisen, die w:c dis vorhergegangenen der
Minister Dr. Boelitz und Stingl dem in seiner Uelerhebl'ch'ieit
geradezu albern anmutenden feindlichen Einreiseverbot Hohn lachen,
reizen d!e fraipzösische Eitelleit offendar matzlos. N'cht nur, datz die
Pariser Preffe ein hysterisches Eezetcr anstimmt, auch amtl'che Kreise
beraten eisrig. wie man diesen unliebsamen Besuch verhindern lann.

_ kurzcn Befuch ....

Form von Strafkontributionen aufzuerlegen. Auch an:ere
Sanktionen nach dieser Richtung sollen in Vorbereitung sein. Es
be-darf keines Himveises, datz Matznahmen dieser Art rölkerrechtlich
genau so unhaltbar sind wie das E'nreiseverbot selbst. Datz sie auch
Ü>ren Zweck verfehlen werden, dafür werden Reichsregierung und
Ruhrsront schon Sorge tragen.

Sie Maffenausweisungen.

. Siue deuischc Protestnote.
von unserer Berliner Redaktion.

Berlin, 19. Februar.

Die deutschen Vertreter in Paris, London und Brüffel sind
angcwiescn worden, den dortigen Reg'erungen aus Aniah der Aus-
weisung des Oberprüsidenten Fuchs eine Note zu über-
geben, in welcher darauf hingew esen w!rd, dah Oberpräsident Fuchs
getragen ist von dem riickhaltlosen Vertrauen seiner
Hoii<i>'tprovinz, wo er und seine Familie sest verwurzelt sind. Auch
j öatte Fuchs durch die Tat bewiesen, datz er gewillt war, mit den
! Besatzungsbehörden im Rahmen des Nheinlandabkommcn; loyal
zusammenzuarbeiten. Die deutsche Regierung erhebt gcgen die Aus-
weisung des Oberxräsidenten nachdrückl chst Protest und kommt bei
dieser Eslegenheit erneut und allgemein auf die Massenaus-
weisungen aus dcn besstzten Eebietcn zurück. Sie ws.st darauf-
hin datz nun der Oberrrasident dcr Rheinprovinz und mit emer
Ausnahme (dem inzw-schcn gleichfalls ausgewlcsenen Regic-
rungspräsidenten von Düssellorf Dr. E r u tz n e r) d,e s a m t 11 ch e n
Regierungspräsidenten der belgischen nnd franzogsai-n
Zone ausgewiesen sind. Von der gleichcn Matznahme sind alle
Oberregierungsräte und die gcsamten hühcren BeEtcn
der Wiesbadener Regierung getrosfen worden. Die Forst-
kamnter bei der Rcgierung der Pfalz weist nicht mehr eincn ein-
zigcn höheren Beamten auf. Im Regierungsbez'rk Kodlenz sind
die sämtlichen Landräte der Kreise südlich der Mosel entfernt wor-
den. Ferner wurden ausgewiescn der Oberbürgermeister
der Stadt Mainz und sein Stellvertreter, der Ooerbürgermeffter
der Stadt Trier und seine beiden Beigeordneten, der Bürger-
meister der Stadt Eleve und die Beigeordneten, destzleichen die
Reichsbahndirektionspräsidenten von Trier. Lud-
wigshasen und Mainz. Jn beson.ers grotzer Zahl sind von
dieser Mahnahme geiroffen worden die Beamten der Forst- und
Zollverwaltung, aber auch unbeamtete Personen
sind von der Ausweisungsholitik ter Rheinlandlommission nicht
verschont worden, so ein Redaktcur in Wiesbaden, ein Ee -
werkschaftssekretär und 25 Stundenten der Tech-
nischen Hochschule Aachcn. Den bereits früher erholencn Dorwurf
der Brüialität hält die deutsche Regierung auch jetz! ausrecht

und weist darauf h'n, datz in den meksten Fällen die Beam^en ausder
Stelle verhastet , und sosort zwangsweise in das unbesetzte
Eebiet abgeschoüen wordcn stnd. Die Ausweisungspolitik wird als
besonders u n m e n s ch l i ch e s Druckmittel verurteilt. Die
darauf gesetzte Hoffnung, die deuischen Beamten dazu zu bringen,
datz sie sich zur M iarüeit gegen die deutsche Roo'erung und die
deuische Sache bcre tfinden wllr.en, ist irügerisch. Die Mittel, welche
die Interalliicrte Rheinlirndlommission anwenbet, stnd vergeblich
und verstotzen gegsn Nechtund Moral.

Die Neichsrsgierung veröffentlicht ferner ein Weitzbuch. das
insgcsamt 29 Aktenstücke übsr den sranzösisch-belgischen
Einbruch in das Nuhrgebiet cnthält. Die Sammlung der Doku-
mcnte beginnt mit dem Veschlvtz der Reparationskommission vom
2b. Dezcmbcr 1022 wegen der deutschen „Nichterfüllung" bei sen
Holzlieserungcn und endüch mit der Manielnoie der deutschen Re-
gicrung an die sran ösische Regierung vom 1. Felruar 1923 über die
Zurückmeis iig des Vorwurfes der wiederholten Verletzung des Ver-
saillcr Dcrirages.

Zrankreichs Nesahnn'ssorgen.

Neue Truppenanhäusunqen. — Le Rond au der Ruhr.

Eigene Drahtmeldung-

Effeu, 19 F»4ruar

Der ehemalige Präffdent der Interallüerten Abstimmungskom-
mission in Oberschlesicn, Ecncral Le Nond, !st in Effen einge-
troffcn. Er soll an Stelle tes Cenerals Denvignesdie Vertre-
tung dcr Militärvsrwaltung in der Interallüerten Rheintandiom-
mission übernekmen, um seine in Oberschlesien gemachten Ersahrun-
zen bei der Vebandlung der deutschen Zivilrerwaltungen anzuwen
dcm Die Franzosen richten jetzt im Ruhrgebiet sog. Desatzungs-
zentren ein. von denen aus dic Trupxcn mit Hilfe ron Auto-
lolonnen schncll an einzelne Orie transportiert werden lönnen, an
denen man Unruhen besürchlet, Seit Montag morgcn sind von
Bochum süns Negimenter Infanterie in Anmarsch aus Dorr-
mund. Das erste Insantcricrcgiment hat Lütgen-Dortmund um
10 Uhr morgens passicrt.

»

Wie ans Paris gemeldct wird, werden in den Kreisen der
französischen Kammer immcr stärkere Vedenken laut
gegcn die Nuhraktion: Der „Figaro" wirst die Frage auf. was die
Ruhraktion koste: man dürse bei der Erörtcrung nicht nur an di«
Ansgaben für Lie Lesatzung denken. sondern auch an den Aus-
fall derdeutschen Sachlieferungen ,md die dadurch ver-
ursachte S ch ä d i g u n g Ler s r a nz ö s i s ck, e n I nd u st r i e. Gleich-
zeitig nähere sich der Tag, an dem ein Teil der Iahresklaffe 1921
entIassen werden müsse. Vei den gcgenwärtigen Umständen er-
scheine die Entlaffung aber undenkbar. Man lMlte es im gegen-
würtigcn Augcnblick für möglich, datz die Einberusung von Rejer-
visten notwendig wird

Englandr RnhrpMik.

Die Boraussetzungeu einer britische» Bermittluug.

Don unserem rt. -Korrespondenten.

Loudo u» 1g. FeLruär.

Jn einer Jnsormation, die wahrscheinlich aus Lem Foreign
Ossice stammt, wird gesagt. England mitzbillige wohl die sran«
zlfische Ruhraktion und brtrachte diese Politik als gesährlich für den
Weltsrieden. Trotz allcm aber sei England noch immer der Ber»
bündete Frankreichs mrd teine der regierenden Persönlich-
kciten in Londsn könne als Freund Deutschlands bezeichuet werden.
Dcutschland dlirfe sich in diesem Punkt keiuen falschen Hoffnnngen
hiugeben. Eine englische Dermittkung könne erst unter folgen-
den Boraussctzungen in Bctracht gczogcn werden: Der Reichstag
mützte eine oaranticrte Erklärung abgeben, in welchem Mahe
Dcutschland seinen Reparationsoerpslichtunge« srei-
willig nachksmmen wolle. Die deutschen Jndustriellen mähte«
weitrr ebenso bindend erklären, ob sie an diesen Verpflichtungen ihr
Antcil Lbernchmen wcllen. Eine solchc Entschlietzung miiffe mit einer
auch sür die spätere Zeit sicheren Llehrhcit gefatzt sein. — Die eng.
lischen Zeitungen machen sich diese Erlliirung zu eigen und fügen hin.
zu, datz diese Forderungen keincn unmittelbaren Bezug auf die sran»
zöflsche Rnhraltion hätten. Die englische Anschauung sei unab-
hängig von einem Erfolg oder Mitzerfolg der Franzosen. Es wäre
gut. wenn Deutschland sich zu der Znitiatioe eines solch sreiwilligen
Angebots cntschlöffe.

»

UeL«r d!« Koblenzer Verhandlungen zwischen Payot und Godley
ist noch nichts bekannt. Nach einer Mekdung sollen die britischen
Truppen am Montag aus einem kleinen Abschnitt des westlichen
Teiles der Kölner Zone zurückgezosM sein. Es handelt fich um d:e
Eisenbahnstrecke auf Ler Ltn!« N e u tz—G revenbroi ch—D ür « n
ron Merlen bis südlich von Elsdors, woüurch di« Strecke DüffeLorf—
Neutz völlig srei würde. ^

Das AbrSstllngSprMm.

Lord Eecil gegen die Politik der Eewaltsamkeit.

Von unserem ki-Korrespondenten-

Wien, 19- Feüra-^,

In d«r „Nouen Frcisn Prcffe" wird eine Unterredung
Nobert Cecil, oem Delegi'crten Englands im Völkerbu".H he-
schuffe sür Niistungsleschrüntungcy, wiedergegsben. Lord
t auere, tatz Dcutschland nich, Mitglied des Do,
bundes sei,. da dann vermutlich dic politische Situation W"
ganz andere wäre. Das Argüment. Deuischland könne nimk
dcn Wunsch uno Willen Franlreichs in den Völkerbund u>e>»!
er mit den Worten zurück: Dlcses Argument verstehe ick, ff'wu ck''
es ehrlich gemeint ist. Es ist für mich ein Axiom, datz "> ve<
Probleme der Neparationcn. Ler inieralliierien Schuldcn »
Abrüstung untrenntar zusammengehören, und datz.35 §r>
nur gemcinsam gelöst wcrden könncn. So'ange dw>5^At
kcnnlnis sich nicht durchgcsetzl hat, gibt es praktisch keine -E»r»'
auf Bcfferung der gegenwäriigen Lage. Wenn der heutige
in Euro a anlauert, gehe es zugrunde, so w':e in der Eesckitckll
viele Völkcr zugrunde qegangen sind. weil sie sich neucn
lnngen nicht anxaffen konnten Cecil be-e:chne1e dann die ^ 'i,sg>"

tungen, datz durch Len Earantiepakt, auf Len die Abrüstuno 'jc§
baut werden soll, das Phantom des sogenanntcn Ueberst»
geschasfen wer en soll. als lächerlich. Er erinnerte daran, ni3
ein^elne kiisck einen ein'nfk'en

sation, und so auck, Ler des Earantiepaktos, ganz eknfack,

Wohl eincr Mehrheit. .^ri»

Aus die Frage, was er zn dem Widerspruche sage,
s, dast Mussolini eine Vermittlung im Ruhrko"' LjW

liege.

möchte ick, nichts saoen. Wäre ich verantwortl-ch sür dic
rung meines Landcs. so lönnte ich antworten. so aber mutz sck».

tcn, in der besten Absicht vielleicht etwas zu saoen, was
den als nützen lönnte. Er wiederholte: Ich sage keineswIür i»'
Ich kein Mitiel sehe. Ick, halte es nur im Aivgcnblicke ^ l»^
ratsam, mich darttber zu äutzern. Aus dcn Worien ging hc^.Kjili'
er die Hoffnung auf eme Intervention des Völkerbundes
wegs aufgegelen habe.

S e snlerallüerken Schulden.

Aus den Memoiren^Lloyd Eeorge«.

Pon unserem U-Korrespondenten.

Pari«, 17.

llSk'.

-S

Lloyd George untersucht in seinem letzten Artikel
Ehron'cle" das interallüerte Schuldenproblem. Er crclärte,
habe in der Welt mit der Legenle seines u n e r s ch ö p < ^sk»7§
Reichtums zu rechnen, ohne die reichen Ebenen und den
tenden Sonnenschein Frankreichs zu besitzen. Die

.. SW.-.'ll'LiL. «V

Wohlstandcs seien, abgesehen von der
sast Millionen Arbeitslose, sür die d:e Natio.n >,.e ^
über 100 Millionen Pfund ausgeben müffe. Fast ebensovw^A E
von Deutschland geforderte jährliche Kr'egsentschädigunl-.. ik.st ^
unter den Folgen der Kriegsschulden aller 2llli>e* ,At " §
schwersten Steuerlastender Welt. Hätte England n ^
verschiedenen Darlehen gewährt, so wäre die Last des ^
Steuerzahlers heute um lick bis 2 Schilling auf das P^.ails^
Sie müffen die Schulden der weniger hochbesteuerten Drude» .
Festlande mittragen.

Lloyd Georae kommt dann auf die bekannte ValfourN^k,

.

die gänzlich mltzverstanden worden sei. Wäre ihr

- .. .. ^.. P-r.

Lloyd Eeorge, an der Führung der jllngsten Derhandlunaen >"^1^
Kritik üben wollen, so hätte ich festgestellt. datz sie so gefuhr'

dah zum ersteu Male scit dem Kriege Grohbritanniea
«iner europäischeu Konfrrenz völlig isoliert

dastand. Dis zur letzten 'Konferenz waren Erotzbriianff^IstA!«
Italien stöndig in der Sache einig geblieben, selbst
reich und Belgien einen abwe-chenden Etandpunkt einnabw^ ^
wohl Franlreich stets in Versuchung war, das RuhrgA^eü^,

Im Wildbad.

Novelle von Eertrud Lent.
tDovorigHt bs August Schcrl G. «. b. H., Nerlin 1821-
». Sortkebung. Nachdruck vtrbote».

So war das gemeinlame Dad in dem Hofe des Dadhauses, die
Pütt, tagein, tagaus besstzt: im Wasser von Badenden. auf den
Eaisrten von Wartenden und Zuschauern: die Musik hatte kaum
Zeit zu Schlaf und Mahlzeit, und -:as Holz des Gebäudes mutzte
schlietzlich w:e ein oft benützies Eeigengehäuse oor lauter Eeplätscher,
Eekicher und Eetöne eine eigene seine Resonnanz annehmcn, da es
vor anslutenden Wellen so vieler Ärt in lieter Schwtngung blieb.

Die schönen Baslcrinnen waren rasch der Mittelpumt der Bad-
gcsellschast, Ler so viel Gtanz ausstrahlte, datz, die Krümer und Händ-
ler, die herbeizogen und Stünde aus dem grünen Nasenxlatz auf-
schlugen, nicht genug Kleider, Putz und Tand veriausen ionnten, ta
Ulte Frauen den beiden Pairizier.nnen in der Modeentsaltung nach-
«ifern wollien, So viel Blumen mutzten gepsiückt und zu Sträutzen
gebunien, so viel sütze Zeltlein verschcntt werden, so viel Psänder
aab es zu verteilen, datz die Nappen bald nur als Dorreiter Lem
Trotz der EoldauILen voraneiltcn: datz auch dcr Seerogel, dem trotz
schlechten Eewiffens die Brenner.n rasch wohl gesiel, einen neuen
Wechsel über den andern unter Anrus Eottes ausstellen mutzte.

Abimelech hatte wirklich gut gelan, in Langcnweiher siändige
Eommerrcsidcnz auszuschlagen, währcnd er in den vorausgchcnden
Iahren der Tauernunruhcn nur bcsuchsweise tei seincn Patienten
erschienen war. Diesen Sommer floricric das Oerich.n. Alle Her-
bergen waren besctzt, die Wirte mutztcn sür Kurzweil sorgen, und
das muntcre Treiten zog stets neuen Zuslutz von alierlei Lustbar-
keiten. Händlern und Badegästen an.

Hente, an viesem schönen Zunitage, waren d!e Brenner'n und
ihre Nichte besonders artiz anzuschauen. Feine Hemdlsin irugcn sie
im Wasier. die jllngere sogar eins von lMrier Se.de, Hüt« aus Stroh
halten sie anf die zicrlichen Frisurcn gedrückt, denn an manchcn
Slellen sielen tanzen e Sounenkringel und Streifen blendend auf
te»s Wafferbecken, das m>it Ba-denden ersüllt war. Da warcn d!e
Chorhcrrcn. die haticn einen schwimmenden Tisch, atzen uns tranlen
gegcn aile Negcl und spielten mit HLlzernen Karten dazu, so datz viel
Eelächier, Triumph uipd Sch mpf enistand. wenn dem einen d'e
Däuse, dem andern di« Damen fortschwammen un-d das Spiel nicht
nur eine »nvorhergesehcne WenLung nahm, sondern auch ein scherz-
hastcs Handgrmenge unter den Badenden cnls'.ond. Schwammen doch
diese rekdammten Däuser gern in die Nähe der angenehmsten Fräu-
lein ot'er zu eincm wohlbeleibten Frauengeziefer, das weder Ecken
«och Kanien hatte, Die Musikanten aus der Ealer!« spielten bald
ihre TLnze. Lieder uwd Märsche, bald beslcileten fie e.nen Sänger

setzen, zögerte es angestchts einer so starken alliierten
doch damit. Der brttische Premiermin ster begann d>-
lungen mit Dorschlägen, die fast völligen Schuldennaw'^Ä
Läncer gegenüber EiohLritannien in Avssicht stetlten, -.z
mittelbars Dereinbarungen für den Vsginn der Restz.ay' -e»

ausüble. nrcht beabsrchtigten. auch nur de*k geringst^plA
zentsatz der Schuld zu zahlen, über die sie d:e feierlich»..
tung eingegangen waren, soviel wie möglich daoon zuru^---^

oder Sxahvogel unter den Tadcnden, dann mutzten sie sich recht und
schlecht denen an'affen, die mit Flülen, Schelien uns Maultrommel
zu ihrer eigenen Musik ihre stützende Begleltung wünschten. so datz
Spiel uwd Eesang una-ushörlich um di« Wette lärmten mit dem
Geschwätze in der Pütt. Tazu erhoben di« Finken in der grotzen Linde
unss den nahen Waldbäumen ihre schmetlerwden Stimmen, nur ao-
gelöst, wenn der Alend sank, durch die Flöientöne der Amsrln. Die
Zusckauer, alte und junge, auf den Ealerisn, mutzten stch ost die
Bemerkungen in die Ohren schreien über das, was ihnen gefiel, mitz-
fiel oder ihren Mülwillen zum Spott reizte. Täglich, ja zu den
verschiedenen Tageszeiten gab es Neues zu erzählen: -da war einem
Antömml.ng auf der letzten Rast im Ochsen zu Schmicstetlen der
Mantcl gestohlen, aus dem Neiscwagen heraus, ein schöner Mantel,
nagelneu, rotes Tuch mit echtem Biber runiüum besetzt: den Biber
haite der Hornstein am Hohen Stoffeln erlegt: ein greulicher lleter-
sall war zu nieDen, wunderliare Kuren zu teschreiben, merlwüvdige
Eeschüstsatwicklungen wurden berichtigt, eine Ferdotr'istin war an
ofsener W rtsiufel reinweg ohnniächtig geworden, da ste ihrer Lunge
wegen zu viel fett« Würstchen in Hun:sschmalz getacken hatte effen
müssen: ater alles -das war gar nichts ne.en der Anteilnahme an den
Ltelesgespinflen, dic vor aller Augen sich ans annen, herüter und
hinüber zwischen -den Geschlechtern, beson-ders aber reizte es. alle die
Fäden zu entwirren un-ü auszurollen, di« von der Brennerin zum
sungen Hcnny, zum Seevogel, zu Abimelech, von der Verena zu
Henny, von dcr Nonne Abigail zum alten Jrenäus, zu Abimelech, zu
Henny lreuz und quer zu laufen sch'.enen.

Eben waren alle im Ba-de.. Abimelech hielt ^en Hut in der Hand,
-denn es war sehr warm, und der Judenhut sowieso ein Gegenstaird,
den er gsrn in die Falten seines Mantels hüllte, und bewegte stch
um d!e Ealerien, seine Patienten trssfend und we-se Matzregeln an-
ordncnd. Aüigail, in e nem we tzen Eewande, lehnie am Tre pen-
aeländer, als erwarie si« nur den Augenllick, wo sie den Herrn
Irsnäus te-dienen solle. Aber ihre Blicke folgten seinem Sohne,
der zwischen Vercna imd der Tante wie der Zeiger einer Wage
pendeltc. wenn nicht awdere Schön.n ihn abzulenlen juchlen. Abigail
war sich einer Krast hewntzt, die nicht vielen eigen ist. Sie konnte so
scha-'f an jen an-d -lenien, datz er von Unruhe ergrifsen wurde und
nach ihr hinschanen mußte — aber nür selten gelang es ihr, L:e Blicke
des jungen Hanllelsherrn zu sich zu zw'.ngen, und dann schienen sie
n'cht hold auf ihr zu ruhen. Sah sie sich so ron ihm vernachlüssigt,
dann ersüllte sis jeder Vorteil m!t den derSeevogel üter

den Nebenbiihler lei der schöncn Brcnnerin gewann, die noch n'cht
recht zu w ffen schien, wer ihr lieber sei, der Ritier oder der junge
Irenäus, Für die Zuschauer gab es eben ein lielliches Bild: Verena
haUe e'n Körtchen mit Binsen, Blumen un-d Laub vor sich auf dem
Waffer schwimmen und flocht Kränze für den Kre's ihrer B lannten.
Die starre Serde rhres Badelleides verüeckle die noch dürjtige Sch.ank-

heit ihres jungen Körpers, nur Ler fcine Hals und die we>KAu»^
waren unverhüllt unt) wechselten in anmutiaen Stellungen-^
mit den Dlumcin hantierte unid ihr« Eebinde vert«-" zxo!>
Brennerin hingegen in dem florsei-nen Hemd war wie ei»°
und Haingöttin anzusehen.

„Palma ist gestorben, der Unglückliche!" rief einer

e-n'ig- Umsteheiche im Waffer beiseite' „Macht'e"nmal elwa^e.^
Endl'ch soll es doch gelmgen, festzustellen, was für en«F„^'
kurzcn und die langen Mellen, die Oberfläche und die T-5
Waffer am RanLe hat, das um die Frau Brennerin plät-a>

Da gaü es Lachen, Sträuken, Vhantasieren und Str»^ <

die schön- Frau bewegte sich im Waffer, die entzücktcn Ma»'^ s,: ^
wie die Narren. die Musilanten bl-iesen falsch da oten, H»"' L«!
es tzeitz und kalt; er hätte sie alle zermalmen mögen, ae>ä-
Eurgel packen und untcricruchen! ^

Abimelech tat, als müffe er zu diesem Nachdenken se>'n- ^
demjenigen abwenden, der er gerade eines Lei-cens wegtz'^
und lenkte sie verstohlen abwäris: Ah, diese Drennsrin

Cott Acratzams, was war sie schön! Wie ihr das Waff»^ ^ Mssi?
rosa und weitzen Haut lief! Der Eeevoqel vercatz Burg et
Schulden und Vedrängnis. ganz grotze. blanke Äugen wa«' se, A>
reckte sich, der Verena Efeukranz auf dem strohblon:«n >»'.

ein Eoti o-'cer Riese der Urzeit. der eine Menjchin bc''^sies»,,(
selbst um allen Verstand gelracht vor Beg'erüo und
sah er aber den jungen Henny an, so dachte er dasselb« w'.xn, d-
Könnt' ich doch dsn versluchtcn Kerl eln bitzchen untertu^a ^
ihm das Schnausen und Augenmachen vcrg'ng! Die D«te-
sie wars Häir''e voll ihrer Blumen !ns Wasser, elnen Kr""^lsi"
drein, mochten sie schwimmen zw schen all dem tölxelhaftc"' » ,

Dolk, sie wand keine Kränze mehr, gewitz nicht!

Heute ater lietz der Seevogel nicht lockcr, und in ^

gehen'den Hofrnacherei gesiel er der Brenner n so gut,

Henny in Schranken hielt und sich beim Verlasscn d«s -5;-ltc'
Zug ordnete, in welchem der Seevoael di« schöne Frau
andern we't oorauf, und datz zu quier Letzt der Hsnny, Ab'
und zweifelnd. ülrigblieb uns Derena führen mutzte,
ganz kindlich offen zwischen tieser Traur gieit und schal-z-
scha-Mfrcher Zufriedenhsit spielten. Erst schw'egen lle, "
sah ihren Begleüer von der Seite an, er sah schlechter

Woche bei der ersten Begegnung.

(Fsrtjetzung

folg

t-1

!
 
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