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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 59 - 89 (1. März 1923 - 31. März 1923)
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https://doi.org/10.11588/diglit.15611#0449

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Zahrgarig - Ar. 74

Post-,rschc>nl wöchcntl >j,bcnm<r ^'e> a en: Divaska'.la Lonnui-

^"»eriannie !!>rel»ngr> - Llteratnrblatt - vochschn'beilage imo naN! »>.

--' ^titrärn! ohne Berantworinna R>!>k' dnn» n»r. wenn Porto bei teat.

Heidelberger Zeitung

(Gegründet 1858)

und

Handelsblatt

Ireilag, lS. Mrz 1S2Z

hnuvt-iet-tiä >klle u. s I.cistteilq. lier , tavischen P Nl" Heidelbern..tzauvlstr. ss. chernlvr.:
Nr 182. lVerlausort: sfranlfurt a. M > Berliner Verlretung: Berlin SiV 18. giinmek»
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isd zum L. scd.Mis angcnomm n. Am l N.2. noch geltes.Zcitungc» flnd nach d. Elnzelverkaufsprcis zu be-

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Anzeigcnvreise: dic ll mm bicite Nouparcillezeile koste!: lokale Ctcllcngesnche Mk.8»-, kl.Gelcgenheilsanzeigcn M! ll>».-,
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MoniagrMk. I».- mchr. Die S8 mm breitc Rcklame ci e kostct Mk.g»».-, Anzeigen uno Reklamcn von aurwärts 25"/, höher.

Eii,

angMcher Schri'it Lüglandö.

^ on

Bonar Law will Fragen stellen.
unseiem lj-Korrejpondenten.

Id Uni n daris. 15. März.

k>.:."°r kas on ?Ubdebatte am letzten Dienstaa über die Ruhr>rage,
kich. i« V/>che Kabinett Bonar Laws nur die schwache MLHr-
iliu!" ier n^^ulmen erhielt, scheint nach übereinsiimmenden Be-
!>a»'ch w u n Korres'.on.enten Ler Pariser Vlätter einen

i>e>» Aw m>-?.u der Haltung Bonar Laws herbeigeführt zu
^lchlnir/» ^uioch fano cin englischer Ministerrat statt, in
»>n?^>ch wurde. zwar keine Vermittlung zwischsn
"NdliL-n !>.?butschland einzulciten, weil Franlreich dies als
^ischea m^Et betrachtcn könne. aber einen Schritt bei

°b


»!!° Nacl, mb.g. ierung zu unternehmen und sie zu sragen,
. ° > »a »n ^ "ndung der Brüsseler Beschliisse bsreit wäre, die
. 7°rati„„ > 9 e n anlunobmen. unter denen eine Löiuna des

!°l7««"n

!°lä/ d!° e/Vlems
!°in '

anzunehmen, unter denen eine Lösung des
-s ersolgen könne. Nach elnigen Meldungen
.ch'utt Ler enqlischen Regierung in Berlin bereits er-
ei-"* oie VüfsÄ--^"dere soll die deutsche Regiernng bekanntgcben,
l>n7 ^°lker">,- der Vereinigten Staaten, Englands oder an-
Ill>° ?b Deu'lt^ 'U' Ruhrkonflikt neutral blieben, amtehmsn würde,
der b k o n dem Zusammenlritt einer arosienWict-

üeo- - ° daro. ^ " z zustimmen wiivde, die die Eesamts u m m e
üiw don c>0"en festlcgen solle. Diefe Eefamtsumme würde
°"dein würd °"^uer Beschlüssen eine Aenderung erfaheen,
e Cine - ""ch die Zahlungsmethode geändert werden.
I^"rte ein!>^A*U3°ude Persönlichkeit der Reiarationskommlssion
üeu " Kv>?»!>„ des „New Pork Herald", datz die Verhrnd-

h>, '"iirLen "».krrankreich und Deutschland noch vor Ostern begin-
l>i»^E>es Persönlichkeit erklärte, dasi Staatssekretär

^en^Ä^iet nmt.^^üffentlichung des Vrüsseler Deschlusses, das; das
e>n ^"tschnF„ . "uuektiert werden würde, durch den amerikani-
"ek>"dues N 'U Parig anfragen lietz, ob Frankreich bereit sei,
lh»?u>e n. -z„'!?ebot von Deutschland entgegenzu-
u osr-^ughes erhielt die Antwort, dah die Tür für Verhand-
°m,-^°!te . falls das Angebot nicht von drit-
!?> ^°lle Pnr:i"5ulge- Dem „New Pork Herald" zufolge sollen
Lberm, . bie Nachricht erhalten haben, Deutschland

^ist7^bun>tzeq .llk- ,dah ejne Vermittlung oder ein Schisdssvruch des
Di»s°^ und »""Äiglich f°>- heitzt, Deutschland habe in der
hej ssllhler ausgestreckt, um hervorragende
er Dr. Benesch, zu oeranlassen, ihren Ein-
»?>ch auszubleten, damit Verhandlungen eröffnet wer-

^ Tfchechej'


""öe erlitts "" ^"8 das internationale Prestige Deutschlands
!' !>> ^>cht n

!est >beaejn^ b>e Ecgner des Kabinetts PoincarS, sondern sogar
^ei' k?!i ein« ^luhänger, wie der „Jntransigeant", stellen heute
'"">er berlage. wie sie das Kabinett Poineartz gestern in
"eae» uächs.„„ ' ?er Abstimmung über die Zahl der Abgeordneten
^l» 'bie "'"Uler erhielt (80 Stimmen für und 490 Stimmen
?§ be s ^uuj,), j„ normale n Ze üten sofort den

^"le i c°°s

^kinü. '°boch

§7" D7„^icht

, ahj netts herbeigefuhrt ha
mgl Man sich. dah die innsre Politik

en wllrdc.
eine bedeutend

"'Ugen babe als die äußere Politik, und dah man vor

?r A'^°n Auü'

^ °>nmal abwarten müsie, wie die Dinge im Ruhr-
"rw»r,?u°runo nehmen werden, ehe man an einen Wechssl in

"dtz > - bah x-°^uke. Das Kabinett PoincarL ist sich auch wohl
Lantz- leinen Anhänqern und vor allem der Kammer
,?>l, ch^usrv-ü'/l einem Erfolge gegenüber Deutsch-
°»Np'">''">qsteng ^ " ruusi, um ,zu zeigen, das; ihm die Kammer

>vs - wcn„ ^ >n der auswärl-igen Politik Gesolgschaft leisten
ben tz„ >n der inneren Politik vsrsagte. Diesen Er-
'sh g?. zu ,"binett Poincard braucht, um jetzt sein Ansehen

°°u ' > ° n. 'vll jhm die deutsche Regierung oer-
Nd,„1°U fran,»??b diescm Ernnde wiro jetzt mit einem Schlage
e„"^9°n w!,nlm Zeitungen behauptet. das; Deutschland Vcr-

le.sie

Uiche ^u Frankreich mit eincm solchen An-
""ber- " ist , ! t und auch nicht indirekt herange -

?s"wc>,'? Lond- bag wodcr oon England noch von irgens einem
°!elei> »»"U'kde den Quai d'Orsey irgend eine Miiteilung

Lakju,,.?erlm„», "l! Deutschlanb Verhandlungen wünsche. Man hat
ä"iehc„ ^°>ucarz^bU>unsch Deutschlanvs nur erfunden. „m dcm
i »sienii .U'ie'derst-.?',?" Lovbeersranz zu slechten uwd sein gesunkenes
!"che ,„'">keit i-,^uflel!en. Wenn man versucht, der sranzö'ischen
der ysü bas; Deutschland Verhan lunacn

?'ch> b-:^effe„tlim,°fE. °iner solchen Mache gar zu durchstchtig. Lie
7°> Iassl-n '7.^ri stch durch solche Machenschaften jcdoch

"»keit !.!">land iLine Bestntigunq der Nachricht. das>. England
» iiecij habe. ob man !n Berlin zu Verl>andlui,gen

ble A"°den», . ° °uck> -n Paris nicht v o r.

Z8;7"wu,j0!7'ii'k»»gt-n der heutigen s
i wäre"7°"Suführen. in denen

e " >r»- .^ drittenfreundlich ...e uv,

r,'"°r !u,7wie vernjÄ.? "'Ft angenehm, wenn jedoch bei einer sol
C-?>> >,A°" Perni!,!! '9° Vvrschläge gemacht würden, jo würde ma>

u»ilen tzer heutigen Pariser Presie sind vor allem
es heitzt: Der französischen
eine sreundlich gemeinte Vermittlung von

e.?>> »S.UU Verrn e! u" «orschlage gemacht wurden, >o wurde ma»
Kllliir», " io weuch„i>l>ig durchaus nicht so ablehnend gegenüber-
u»ie- ., .9 vern-» ll°r. als Po.ncarä in Vrüsiel sich zu der offenen

kstei>?..°"steb-n k/. c, Po.ncaro in Prussel sich zu der ossene
°>°s »,,f ,.,,'uusstr, das; Frankreich an eine Annexion de
>"°n Fall denke. Allerdings würde die fran


s

, Dst.? "'i c, 71° °" 9 I i ch auf keinei

d"7?.?e»te, d»7.'>7ü77!'".!"L.U-U9

>°»I

keinen Fall mit dem
^ ^ > etzung zufrieden geben.
I» ^ Vertr . "°uuf hin, das; die Plüne für cine E r w e i t e-
in^U'cht a»sn-il" von Versoilles von Frnnlreich auch
a , 7°r La»e worden sind. Der „Iniransigeant" w>N

i

die Forderungen zu kennen, welche
wcr>-e, sobald die Verhandlnngen begin-

-- ...-.

9 Uiit drn »,.?"^.ll?i.ibfrrt werden und das gleiche

7'f>»n>-"^r»Ug tz-, ">>sgebliebenen Fnrbstofflieserunaen geschehen.

d,N,,E?S- -»«

werüen. Der

an die Alliierten müsi« gleichsnlls
eine Gesamtsumme der deutschen
Grundsatz einer Bolksabstim-

mung im Saargebiet müsie gleichfalls einer Nevist.in unter-
zogen wevden. Uebrigens sch-eint Franireich viel weniger eine Rück-
gade Les Saargebietes an Deutsch and, als seine dauernde 'stellung
unter eine autonome Reg erung des Völterbundes !m Auge
zu haben. Ueber die üdrigenPunkte des franzosijchen
Programms läßt stch eino Erörtervng aufkeinenFall
anstellen, und alle Derhandlungen aui dieser Gruntzlage scheiden
von vornherein aus. So behauztet z. B. der „Jntransigean.", tatz
Frankreich die Verwaltung der Eisenbahnen auf
dem linken Rheinufer auf die Dauer in seine tzand
bekommen wolle, auch müsse man unbedingt ein«
Neutralisierung des linken Rheinufers vornch-
men, und die Bedingungen sür die Dauerder Be-
setzung.imRuhrgebiet und im Rheinlanoe neu
r e g e l n.

Es lätzl sich nicht erkennen, ob der „Jniransigeant" Lei dicsen
seinen Mitteilungen wirklich auch von einer osfiziösen Stelle in
Par.s gespeist wordcn ist, jeden'alls kann aber kein Zweisel
darllber gelasien werden, datz die Bedingungen des
„Jntransigean t", so wie s!e hier verzeichnet sind,
ein für allemal für Deutschlund unannehmdar
s i n d.

Französische Schandjust z.

Neue „Vestrasungen" pflichttreuer Leamter.

Mainz, 15. März.

Fünfzehn höhere und mittlere Postbeamte aus Mainz,
die vor dem fran,zösischen Kriegsgericht unter der Anklage standen,
anlätzlich der Verhaftung des PoMrektors Klingclhoffer in
Mainz ihren Posten verlassen und die ihnen unterstellten Veamten
und Arbeitcr zum Streik verlcitet zu haben, wurden zu Gefang -
nisstrafen von sieben Monaten und 25000 Mark
Geldstrafe bis zu einem Zahr Gefängnis und
100 000 Mark Geldstrafe verurteilt. Ein Lelegraphen-
direktor wurde freigesprochen. Die Familien der mcisten Angeklag-
ten sind bereits aus dem besetzten Gebiet ausgewiefen worsen. -7
Der Oberpostmeister Wilhelm Schiff in S t. G 0 arshausen er-
hielt. weil er entsprechercd den Amveisungen seiner vorgesetzten Ve-
hörde einem ihm von der fvanzösischen Bcsatzungs'oehörde erteilten
Befehle, telegraphische und telephonische Verbindung mit dem neu-
Lesetzten Ec-biete von Kaub her.zustellen. keine Folge geleistet hat,
ein Jahr Eefängnis uird 100 000 Mark Geldstrafe.

Die badifchen Regierungsbeamten Rudolf Mayer und Walter
Mllller aus Offenburg hatten sich vor dem franzostfchen
Kriegsgericht zu verantworten, weil sie den Befehlen der Befatzungs-
behörden, Plalate mit Verorpnungen der Rheinlandlommisjion zum
Anfchlag zu Lringen, nicht Folge geleistet und ferner die
ihnen unterstellten Beamten zum Ungehorsam gegcn Verordnungen
der Rheinlandkommission aufgefovzert haben sollen. Das. Urteil
lautete gegcn Maner auf 11L Jahre Eefängnis und
3 0 Millionen Mark Geldstrafe, gegen Müllcr auf
lJahrGefängnis.

Jn Witten setzten die Franzofen nach der „Kölnischen Ztg."
eine Belohnung von 250000 Mark auf >d>eu Kopf
jedes Schupobeamten aus. — Verschiedentlich wird mitge-
teilt, datz französische Spione versuchen, in deutschen Ve -
trieben als Arbeiter angestellt zu werden.

Die neue „Verwasiung" des MhrgkbietS.

Die Aussührung der Brüsieler Veschlüsfe.

Paris, 15. März.

Ueber das Negime, das in den besetzten Eebieten nunmehr
seitens der Lelgischen und fran.zösischen Regierung zur Einjetzunq ge-
langen soll, oeröjfentlicht das „Oeuvre" folgende Zusammenstellung:

1. Militärische Organisation. Das- französische Kon-
tingent werde um 15000 Mann verstärkt werden, das
belgische um 5000 Mann. Jnsgesamt würden die beiden
Armcen aus 90 000 Mann bestehen, zu Lenen 10 000 mobili-
sierte Eisenbahner hinzuzuzählen seien.

2. Zngenieurmission. Diese werde künftig unmittelLar
Gencral Degoutte unterstehen. Es wekde kllnftig zwei Mis-
sionen geben, die französische unter Frantzen und Lie belgische
unter der Leitung des Jngenieurs Hennecerte.

9. Eisenbahnregime. Dieses werde auf Erund der Brllsie-
ler Konferenz keine Aenderung erfahren.

4. Rüumung d'er Kohlen- und Koksläger. Der in'
Brüsiel aufgestellle Plan lief darauf hinaus, diese Mazn-rhme
auf eiyer Neihe von Kohlenzentren nacheinander durchzuführsn.
Er cntsxreche den Vorschlägen des Marschalls Foch. der ange-
ralen habe, den deutfchen Widerstand daourch zu krechen, datz
man Koks und Kohlen aus dem Ruhrgebiet herausbolen,
anstatt die Vesetz ing weiter auszudehnen, wie es General.
Degoutte verlangt habe.

5. Ausfuhrbewilligungen. Zn Vriisiel sei es den Bel-
gieru gelungen, die Ausschaltung sämtlicher Matznahmen durch-
zusetzen, die für den auswärtigen Handel eine unnötige Er-
schwerung darslellten. Ein Beamter des Ouai d'Orsay habe
sich nach Köln begeben, um dort zu versuchen, das in Brüjsel
vereinlarte Negime den berechtigten Bedürfnissen oer Alliier-
ten Frankreichs und der Neutralen anzupassen-

Das „Oeuvre" meint, vielleicht hätte man mit dieser Arbcit
besier ein n Handelssachoerständigen betrant. Die engl sche R g e-
rung, die Lord Kilmarn 0 ck in Kö n e!n n Veamten kes .Handels-
sekretariats Le geaeben l.abe, sei dar n log'schrr. Vo.stchts. aiber
müjse man diejer. Frage gewissenhaste Aufmerkjamkeit schen'en, wenn
luan üble Zw.schenfälle und eine nock grö„ere S,a,rnuug „wi.chen
England und Frankreich vermeiden wolle.

Papst iche Spende für das Rnhrgebiel.

Koln, 15,. März. Der „Köln. Volkszta." zufolge hat der Papst
die Summe von 5 0 0 0 0 0 L tre für die Bevötkerung des EiNbruchs-
gebieteo gesandt.

Zum ReichMolgeseß.

Von Stadtfchulrat Schwarzhaupt, M. d. L.

Fast zwei Zahre sind vergangen, seit der Reichsminister des
Jnnern Lem Reichslag den Entwurf eines Eesetzes zur
Ausführung des Artikels 146 Abs. 2 der Reichsver-
sasfung vargelegt hat. Jetzt endlich scheint eine Lösung der gro-
tzen Schwierigkeiten sich anzubahncn, die entslanden sind aus jencm
unglückjeligen Weimarer Schullompromitz, in dem einst Zentrum,
Demolraten und Sozialtemokraten sich geeint hatten nicht aus den
Bedürfnissen unseres Kulturlebens heraus, sondern ays parlamen-
tarischen Notwendigkeiten zur Erreichung politischer Ziele, d!e auf
einem ganz anderen Eebicte lageu. So lam jener 8 146 der Reichs-
versasiung zustande, der in scinem ersten Abschnitt eine fllr'alle ge-
meinsame Erundschule vorschreibt, also eine Eemeinschafts-
schule, der aber in seinem zweiten Abschnitt die eben erst geschaffene
Eemeinfchastsfchule zertrümmert, indem er fortfährt: Indes sind auf
Antrag von Erziehungsberechtigten Volksfchulen ihres Bekenntnisses
oder ihrer Weltanschauung innerhalb der Eemeinden einzurichten.
Drr innere Widerspruch in diesen beiden Absätzen verrät deutlich das
Eesicht seiner Väter, Ler k i r ch e n f e i n d l i ch e n Sozialdemokratie
und des ü b e r k i r ch l i ch e n Zentrums. Die erstere beabsichtigte die
Eemeinjchastsschule im Sinne einer weltlichen, aus materialistifcher
Weltanschauung ruhenden Erziehungsanstalt auszubauenj währ.nd
Las Zentrum in der Bekenntnisschule ein Mittel zur Erziehung der
Jugend in seinen Absichien zu schaffen oder zu erhalten hoffte. Zwei
Weltanschauungen, unvereinbar wie Feuer und Wasier, trafen sich
hier in gemeinsamer Arbeit. Was ste schufen, lietz sich auf Papier
drucken, aber nicht in die Wirklichkeit übertragen. Eine tragfähig«
Erundlage zum Neubau unseres Volksfchulwesens konnte erst ge-
fchaffen werden, als sich die Parteien zu gemeinsamer Arbeit zusam«
mentaten, die, zwar getrennt,in vielfacher Beziehung, doch einig sind
in der Ueberzeugung, datz die deutsche Kultur bedingt und belebt is(
durch die starken Kraftströme des Christentums, datz deutfche Kultu«
zugleich christliche Kultur ist, und datz in deutschcn Schulen die christ-
liche Wsltauffasiung das Bildungsgut des gefamten Unterrichts durch-
dringen mutz. Es ist die durch Strefemanns weitschauende, vorsichtig«
und geschickte Politik ins Leben gerufene Arbeitsgemeinschaft von
Deutscher Volkspartei, Zentrum, Bayerischer Volksxartei und Demo-
kraten, die auch auf dem Eebiet des inneren Wiederaufbaus positive
Arbeit geleistet und den Meg aus dem Jrrnis des Schulkompro-
misies in langen, mühevollen Verhandlungen gefucht und gefunden
hat. Eine Lösung des Widerspruchs von Äbsah 1 und Absatz 2 des
8 146 wurde dadurch gefunden, datz drei Schularten gleiche Entwick-
lungsmöglichkeiten haben sollen: die E e m e i n s ch a f t s s ch u l e. die
Bekenntnisschule (als evangelische, katholische und jüdische)
und die w e l t l i che S ch u l e. D!e lehtere soll, entgegen den Vor-
schlägen des Eesetzentwurfes, keinen Religionsunterricht crteilen.
Das ist im Znteresse einer klaren Scheidung der Eeister durchaus zu
Legrützen. Es ist ein unwahrer und unwürdiger Zustand, wenn an
eine weltliche Schule bekennlnismätziger Religionsunterricht ange-
klebt wird, wenn in drei oder viet Stunden Religion getrieben, im
übrigen Unterricht aber „keinerlei religiöse Veeinflussung" statt-
finden darf. Zu einein Deckmantel für die Blötze der weltlichen
Cchule ist die Relig-on denn doch zu gut.

Mit dieser Dreiteilung und der Gleichberechtigung dicser drek
Schularten würde sich am Ende auch die Sozialdemokrätie abfinden
könnsn. Nun aber setzt der Kampf ein um den Charakter der
Eemeinschaftsschule. Die Eestaltung des Unterrichts in dcn
Belcnnin'-sschulen wlrd ?war auch noch durch besondere Bestimmun-
gen festgelegt werden mllsien. Hier ist darauf zu achten, datz die be-
kenninismützige Trennung der Schüler nicht zu einer Zerreitzung des
deutfchen Bildungsgutes führ). Die Bekenntnis schule darf nicht
K ! rchen schule werden. Nicht das kirchlich Trennende. fondcrn das
volkstümlich Einende mutz im Vordergrund stehen. Auch 'n der Be-
kennintsfchule wird das Leitmotiv des Unterrichts der deutsche, der
nationale Eedanke sein. Welches aber soll Lie Erundlage des Unter-
richts in der Eemeinschaftsfchule fein? Die Eemeinschaftsfchule soll
ja „für alle gemeinsam sein". Kinder aus Familien mit sehr ver-
schiedenen Weltanschauungen sollen hier gemeinsam unterrichtet, be-
cinflutzt. erzogen werden. Und das soll so geschehen, datz kein geisti-
ger Zwang ausgeübt und empfunden wird. Denn nirgends ist Zwang
unerträglicher nnd verderblicher als in Fragen der Weltanschauung,
als in den Dingen, die bis in die feinsten Regungen und Empfin-
dungen der Menfchenscele hineinreichen. Anderseits kann natürlich
in einer folchen Schule nicht jede weltanfchauliche Richtung restlos
befriedigt werden. So ergibt sich als Richtschnur nur das eins:
Fllr d!e Gemeinschaftsschule mutz die w e l t a n s ch a u l i ch e
Einstellung der Mehrheit unseres Volkes und der
Erundcharakter der deutschen Kultur matzgcbend
sein. Die überwältigende Mehrheit der dcutschen Eltern aber oer-
langt für ihre Kinder eine religiöfe Erziehung. Das geht aus
den Millionen von Unterfchriften deutlich hervor, die aus der Sorge
um die Ausschaltung der Religion aus der Schnle den Parlamsntcn
zugegangen sind. Das erhellt auch daraus, Latz die Sozialdemokratie
auch für weltliche Schulen die Einr chtung von Religionsunterricht
verlangt, wcil sie weih, wie fchwer ihre Anhänger auf den Religions»
unterrlcht für ihre Kinder verzichten. Religiöse Erziehung aber be-
deutet Erziehung im Sinne des Thristentums. Weil die Lber-
wältigende Mehrheit unseres Volkes eine christ-
lich-religiöse Erziehung ihrer Kinder verlangt,
weil, wie oben schon ausgeführt, der Erundcharakter der
deutschen Kultur ein christlichos Eepräge trägt,
deshalb kann eine Eemeinfchaftsschule nurauf
christlicher Erundlage errichtet werden.

Jm Sinne dieser Darlegungen haben die Parteien der Arbeits»
gemeinschaft den Antrag gestellt: Die Eemeinschaftsschule erteilt den
Unterricht au.f christlicher ErundlaLe. — Die Sozialdemo-

i
 
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