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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

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Nr. 59 - 89 (1. März 1923 - 31. März 1923)
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EUstag. 27. Marz 1823.

BeMatt der Badischen Pvst

Seite 5.

Aus der Stadt.

Gnivdfleine des Keidelderger Ratbanses.

ste i^' dsn Umbauarbeiten des Rathauses wurden zwei (Srund -
^tlidt stflsfunden. lleber den wertvollen Fund wird uns vom
-nachrichtenamt berichtet:

Slfo'j" Eckpfeiler des Raihaufes nach dem „Prinz Karl" zu,
dach ^ °em allen, unter Kurfürst Johann Wilhelm von 1701 ab
tflach.,? ^"twürfen des Düsseldorfer Architekten Flemal crbautcn
E>it wurde der alte Crundstein entüeckt. Er war zur Hälfte
»er > angefüllt, das sich wohl durch undichte Ritze im i?aufs
Un d„W^inderte hineingefunden hatte und möglicherweise Manches
mitte.. -5"halt, vor allem Papiere, vernichtet haben kann. Jn der
>» schn,„ r lag in einer viereckigen Bertiefung ein prächtiges Stück
vu? ?"> Silber. Es zeigt in der Mitte ein grötzeres Silberstück,
>'Nd d/i-7» Vorderseite den Kurfürsten Johann Wilhclm im Panzer
'Nrps^ ..«ingen Perücke zeigt. Auf der Rückseite befindet sich das
die ^ Wappen. An diesem Eeldstllck, das von 1700 stammt, ist,
r>e hj^^ahreszahl von 1701 der Erundsteinleaung herauszubringen,
7"i das ^ ^ull mit dem Erabstichel in „l" verwandelt worden.
M man^^arstück herum geht in gleicher Dicke künstlich und ohne
- lem m-bs wahrnimmt, ein angelöteter breiter silberner Ring. Äuf
5,'Nge„'U>Ng sind auf jeder Seite zwei ebenfalls mit dem Erabstichel
^">ichri?: und die Jahreszahl 1701 enthaltende Zeilen als eine

dNkch Al lesen. Die Jnschriften nehmen auf die Zerstörung
Urch -5 Franzosen und den damaligen Wiederaufbau
Mild Stadt unter der Regicrung des Kurfürsten Johann
xvermj^>n Bezug. Das Stück wird dem Kurpfislzischen Museum
?rii>! >hN und eine diesbezügliche Urkunde in den neuen Erund-
^NseZ °>"er Druckschrift über den Meister des Heidelberger Rat-
. »eiegt werden.

^>>»esv?°>n neuen, d-r-b d-n

°»tiy ?!<»>ssers Hesselbach trug. Als ste geöffne't wurde, fand man
^>N, d° ^ ^">ei Flaschen Forster Kirchenstück-Auslese — wohl dem
dem^m^ Erundsteinlegung getrunkcn wurde und seinsrzeit
mflUna t llrinzen Karl geliefert war — eine auf die Erundstein-
n>Nf tz:7A»8liche Urkunde, die Pläne Lenders für das Rathaus in
l88g"l n»ch siir die späterhin projektierten Teile, ein Adretzbnch
!>"", d»- 5? bamaligen Voranschlag dcr Stadt, den neuesten Stadt-
n">"Mern ^"ch """ Karl PIaff über Heidelberg, die neuesten
»live-g^ dsr Tageschlätter, die Städteordnung, «in Adrctzbuch der
m ÄZje^.und weitere Schriften dieser Zert.

M ?>r hören, soll auch in dem, ganz in den Formen der ein-

L 7? von >7 ooren, rou aucy in oem, ganz m oen ^ormen oer em-
pUssade » "> niederländiichen Architekten Flcmal 1701 entworfenen
?"u eiv sv" dem Architekten Fran'i Kuhn errichteten Erweiterungs-
>"">"Is k: V^tein angebracht werden, der in.ähnlicher Weise wie
Nioden , Stücke der jetzigen Zeit enthält, so datz an alle drei Bau-
uuftjgx 2 .7 ihrcn Baumeister eine Erinnerung an den Bau auf
Oeiten überkommen wird.

lkürgermeisterwahl. Eine Mitgliederoersammlung der
?>t d«i 'fchon Partei hat sich am Sainstagabend

^»deg ^.^urgermeisterwahl beschäftigt. Nach der „Volkszeitung"
Stimü. dozialüemokraten auch bei der Wiederholung der Wahl
!°Uder„ "me nicht dem Lisherigen Bürgermeister Dr. Drach gebcn,
dcr sür Stadtrat Maier stimmen. Die „Parteiehre
Nf ein°v m - d«n gesatzten Beschlüssen festzuhalten". Den Anspruch
7>d>stand .^urgcrmcisterposten leiten die Sozialdemokraten aus dem
!ü?Urti°° 'datz sie die grötzte Partei des Bürgerausschusies stnd.

ue vcrantwortliche Posten sollten aber nicht nach Prestige-
^ftellt E>ner falschen Auffasiung von Parteiehre zuliobe auf-
Ob eine politisch denfende Partei es mit ihrer Ehre
Mst ai, -" kann, aus den oben angefführten Eründen einen von chr
»Un füns;^">Lhrt anerkannten Mann mi« Dr. Drach fallen zu lasien,
» w bezweikelt werden.

°"d IchÄ? der badischen Hochschukn. Das Ministerium des Kultus
ssMchul-.»*^^ hat eine Uebersicht Lber den Desuch der badischeu
A ." "usgearbeitet. Nach dieser llebersicht zählte die Unmer-
di ^Unt-» l b e r g jm Wintersemester 1022/23 2805 Studierende
K^"deStudentinnen), die Universitäi Freibura 8261 Stu-
^brubc -»Eer 451 Studentinnen) und die technische Hochschuls
» IWO Studierende, darunter 97 Studentinnen.
Msmivu?^"ung des englischen Unterrichts. Das badische Unter-
„'uiNit, das """ >" einer soeben erschienenen Verordnung be-

m^Uständ°„^ dcn imLehrplan der Gymnasten zu behandelnden Lehr-
. ey s-f"-"o"i Beginn des neuen Schuljahres nach Ostern 1923 an
-!""zö!-? 2uarta bis Prima Englisch mit der für
^>Cchjil>> > K vorgesehenen Stundenzahl in der Weise trrtt, datz

"" die WahI zwischen diesen beiden Fremdsprachen frei-

>1

aestellt ist. Die Schüler müssen stch beim Eintritt in Quarta ent-
scheiden, ob sie für die Dauer des Anstaltsbesuchs am französischen
-oder englischen llnterricht teilnehmen wollen. Neben dem wahl-
freien Unterricht im Englischen wird von Untersskunda an auch
wahlfreier Unterricht im Französischen erteilt.

* Vom Nahrungsmittelamt wird mitgeteilt, datz wegen
schl e ch t er M i lch I i e fe rung zurzeit nur 70—80 Prozent des
zustehenden Quantums abgegeben werden können.

* Eme tapsere Heidelbergerin. Aus Bochum wird uns ge-
melvet, datz bei Aufforderung der Stadträte, den Befehlen der fran-
Mischen Eindringlinge Folge zu leisten, auch mehrere weibliche
Mitglieder zugegen waren, die bei der nachher folgsnden Vcrhaf-
tung nach der Verweigerung jenes unvaterländischen Anfinnens
aber übergangen wurden. Es mag hierbei dahingestellt blei-
ben. ob diese Schonung auf noch übria gebliebenen Reden von
Ealanterie bei unseren Feinden geschah, oder, da die-se sonst so
gänzlich vermitzt wurde, aus politischen Erwägungen. Eenug, Frau
Dr. Lassen, die Eattin des Chefarztes am Bochumer Iosesshans,
meldete sich zu Wort nnd erklärte ausdrücklich, datz die weiblichen
Mitglieder des Rates mit den männlichen einerundderselben
Gesinnung seien und Laher die gleichen politischen Folgen übet
sich ergchen lassen wollten. An dem Heroismus dieser Erklärnng
ändert natürlich nichts, datz der Bereitwilligkeit franzSstscherseits
keine Folge gegeben wukde. Die tapfere Dame aber ist eine Lochter
der hier noch lebenden Beamtenwitwe Jnnghans. eine Hei'del-
bergerin.

« Bon der Stiidt. Handelsschule. Zum feterlichen Abfchluh der
Vernfsschulpflicht und Lehrzeit wurden am letzten Freitag die aus-
tretenden Schüler versammelt, um ihnen einen Lelchrenden Vortrag
zu aeben über die Eefährdung der reiferen Jugend durch übermätzi-
gcn Alkoholgenutz, Tabak, geschlechtlichen Verlehr, Schnndlitcratnr
nnd stnnbetäubende Kinovorführungen. Stadtschularzt Dr. Fehr
behandelt das Thema in tiefernstem, väterlich freundschaftlichem
Tone «nd verständ es, in Lberzeugender Weise die jugendlichen Ge-
müter zu packen. Handelsschuldirektor Nepple gab sodann einen
kurzen Rückblick aus das verflosiene Schnljahr; in der dreijährigen
Pflichtschule Letrug die Schülerz.ahl rund 550, in der erweitert-n
Handclsschnle 120, und in der Höheren Handelsschulabteilimg 30, zu-
sammen rund 700 Schüler. Dazu kommen noch 300—400 Teilnehmsr
an den Abendfachkurfen. Befondcren Dank sprach oer Dirsktor der
Stadtverwaltung und Vertretung der Bllrgerschaft dafür aus, dah
sie trotz der Not dcr Zeit gewillt sind, für die Handelsschule, welche
bisher in unzulänalichen und mangelhaften Räumen arbeiten mutzte,
ein ejgencs Schulhaus zu beschaffen. Für die zukünftige Weiteren!-
wicklung der Handelsschule stellte er folgende Forderungen äuf:
1. eine genllgende Anzahl von Lehrern, woran infolge mangel-
hafter Für- und Vorsorge von den maßgebenden Regierungsstellen
noch empfindlicher Mängel herrscht; 2. eine von Schule und Lehr-
berrn sorgfältig überprüfte Auswahl von Lehrlingen; 3. eine ebenso
sorgsältige Kontrolle der abgehenden Le-Hrlinge durch eine kauf-
männische Abschlutzprüfung; 4. für die Absolventen der Zweijahres-
schule und Höheren Handelsfchule Verechtigungen für die Beamten-
laufbahn bei Post, Eisenbahn, Stadtverwaltung und im Eemeinde-
dienst. Nachdem Stadtrat Nuzinger im Auftrage der Stadtver-
waltung, die der Handelsschnle grotzes Jnteresse entgegenbringe,
Kaufmann C. Mezger namens der Prinzipale nnd Herr Schwarz
für die Handlungsgehilfenverbände zu treuer Pflichterfüllung, Tat-
kraft und Vaterlandsliebe aufgemuntert hatten, wurden di« von
einzelnen Prinzipalen, vom Kaufmännischen Verein, vom Verband
der Ängestellten und von der Schule selbst gestisteten wertvollen
Preise ünter die Schüler verteilt.

* Die Wimpelwierhe des Jugendbundes im G. D. A. fand unter
überans zahlreicher Beteiligung answärtiger Gruppen am Samstag
abend unterhalb der Bismarcksäule statt. Nach dem gemeinsamen
Eesang des Liedes „Glück auf" sowie Vortrag einiger Gedichte, hielt
der Gaujugendobmann Heuß die Weihereve. Jn derselben emp-
fahl er u. a. unsere deutschen Wälder und Auen dem besonderen
Schutz aller und iibergab den Wjmpel der Iugendgruvpe Heidel«
berg. Hterauf sprachen noch einige Vertreter aus der besetzten Pfalz
und gelobten die Treue dem Dentschtum zu halten. Der Sonntag
vereinigte die Jugendschar zn einer Ausfahrt ins Neckartal
mit dem Endziel DilsbeM woselbst unter Eesang und Spielen die
Zeit allzurasch entfloh. Mit dem Bewutztsein, wieder ein herrliches
Fleckchen deutscher Erde gesehen zu haben, schieden di« Jungens und
Mädels vom Neckartal.

* Diebftiihle und UeberMe auf d« Eisenbahn. Die DieK«
stähle v 0 n Handgepäck aus den zur Abfahrt bereiten oder
bereits fahrenden Zügen wollen nicht nachlasien; ste werden stets aufs
neue begünstigt durch eine gewisse Leichtfertigkeit der Reisen-
den, die ihre Koffer entweder ganz unLeaufstchtigt im Abteil liegcn
lassen oder ganz unbekannte Mitreisende bitten, anf ihr Eepäck auf-
zupassen. Jetzt werden die Reisenden durch besondere Aushänge
auf den Bahrihöfen und in den Zügen auf die Diebstahlsgefahr nach-
driicklich hingewiesen. Auch im fahrendcn Zuge wird haufig, wsnn
die Reisenden in den Speisewagen gehen und ihr Eepack ohne Auf-

stcht zurücklasien, dieses Eepäck entwendet. llm die Neisendcn vor
derartigen Diebstählen mMlichst zu schützen, sind die V-Zug-Schaffner
angewiesen worden, auf Wunsch der Reisenden, die ihr Abteil nor-
iibergehend verlasien wollen, das Abteil a b z u sch l i e tz e n. Dieser
Schutz wird sich auch aus nächtlichen Reisen empfehlen, so datz Rei-
sende, die allein in einem Abteil fahren und schlafen möchten, den
Schaffner um Abschlietzung des Abteils ersuchen, um so vor Dieb-
stahl, Beraubung oder Uebersall geschützt zu sein. Nur wenn die
Reijenden selbst den Kampf gegen die Eissnbahndiebstähle unter-
stützen, Larf man hoffen, datz ihre Zahl allmählich zurückgehen
wird. Eine Haftumg sür das in den Abteilen zurückgelassene
Handgepäck übernimmt jedoch die Reichsbahnverwaltung in keinem
Fall, und es wird sich stets empfehlen, sich gegen wirtschaftliche
Schädigungen durch den Äbschlutz einer Gepäckversicherung zu schützen.

* Usbersallen und beraubt worden sein will ein hiesiger lediger
KauflNann, als er in der Nacht zum 25. März früh nach 1 Uhr auf
der Landstraße von Dossenheim nach Handschuhsheim ging. Er will
von vier ihm unbekannten Männern angehalten worden jein, wobei
er von einem der Männer einen Schlag auf den Kopf erhielt, der
ihn für einige Minuten bewutztlos machte. Während dieser Zeit
sei ihm seine Barschaft von 90 000 Mark geraubt worden. Es sollen
vier Männer im Älter von 25 bis 30 Jahren, von denen zwei Ueber-
zieher an hatten, in Betracht kommen. »

» Polizeibericht vom 23. März. Festgenommen wurden:
eme ^rau von auswärts wegen Entwendung von Wäschestücken im
Werte von 100 000 Mark. Anfgegriffen wurde ein 17jähriger
Slrbeiter, der seinen Eltern in Stuttgart unter Mitnahme von 40 000
Mark davongelaufen ist. Zur Anzeige gelangten: ein hiesiger
Schuhmacher, der bei der Entwendung von zwei Eerllsthölzern be-
trosfen wurde, eine hresige Witwe wegen Kupvelei, zwei Personen
wegen groben Unfugs, vier Ruhestörer, ein Maurermeister wegen
unerlaubten Wirtfchaftens, zehn Personen wegen Zuwiderhandlüng
gegen die Polizeistunde, zwei Ausländer wegen Nichtbeachtung der
Meldevorschrift, sechs Kraftwagenführer wegen übermätzig schnellen
Fahrens und weitere 20 Personen wegen anderer strafbarep Hand-
lungen. Eestohlen wurden am Donnerstag aus dem Lagcrraum
neben dem Laden Plöck 87 vier Pfund Sützrahmbutter, die in Halb-
pfund-Paketen verpacki sind, am Mittwoch fruh 6.40 llhr einem
Eisenbahnschaffner in der Kantine des hiesigen Hauptbahnhofs eine
braunleder-imittierte Brieftasche mit zwei 50-Tausend- und 23 Ein-
tausend-Markscheinen, am Freitag abend 11.50 llhr in der Wirtschaft
zweiter Klasse des hiesigen Hauptbahnhofs einem auswärtigen Händ«
ler eine schwarzlederne Brieftasche mit fünf Zehntausend-, einem
Tausend- und fünf Hundertmarkscheinen, ein Reisepatz mit Photo«
graphie und ein Handelserlaubnisschein auf Händler Heinrich Kir-
chenlohr von Eberbach lautend, am Freitag über Mittag von einem
Earderobeständer in einem Hause der Römerstrahe einem Dienstmäd-
chen eine gestrickte Wolljacke im Werte von 50 000 Mark.

»

b. Wrcsloch, M. März. Lomstag vormtttag fand tn ber städtisLen
Turnhall« Lie S Ä I u tz fe t e r dcr RealsLul« dabier statt. Die von
den Schülern.zum Bortrag «ebrachten Gebicht« u»L znm Teil auch die Ge«
sänge waren auf den Früblina abge,sti>nmt. Der Direktor der Anstalt
sprach über die ForLerungen, die die Schyl« an itzre Zöglinge stellen viutz.
wenn der Unterricht von Erfylg Segleitet sein soll. Den SMutz ber F-cier
bildete die Entlassnng der Schüler ber Unterseknnda, die alle das Reife-
»eusnis erbielten. Zn wünschen wäre, datz auch hier wie in anderen klci»
neren Stadten ber Anstalt noch dte Oberfekunba angegliedert würde. Nuit
was niM ist, kann noch werden. Am vvortzcrgehenden Tag schlotz bi« erwei.
terte Volksschule das Echuljahr durch «inen Schlutzalt in bem schon
genannten Raum. Gesänge, Borträge von Gedtchten und turnsrische Vor-
führungen iveckiselten miteinander ab. Der Leitcr Ser Schule ermahnte
die aus Ler achten Klafse zu entlassenden SLüler, auch in Hinkunft durch
gutes Betragen thren Lehrern Ehre zu bereiten. Am gestrigen Vormittag
wnrbe iann Ler Klassenwechsel vorgenommen.

u. Hockenheim. 2«. März. Der 58jübrige Witwer Kran, St 0 hner
stürzte beim Wäscheaufhängen in eine mit Wasser gefüllte Senkgrube
unb «xtxanf.

Schlachtviehmarkt.

yranksurt «. SS. März. lAmtlich.) Marktverlauf: Grotz. und
Kleinvieh bei ruhigem Handel auSverkauft. Am Schweinemarkt bei leb-
baftem, Hanbel geringer UebrrstanL. Jm einzelnen tst ,u bemerken: Auf.
getrieben waren USS Rinder, barunter 128 Ochsen, 80 Bullen unb S43
Härsen «nd Sühe, autzerdem 21 bänische Rinber. Ferner 887 Kälber,
117 SKase «nd 1878 Gchwetne. An Preifen wnrden angelect ver Zentner
Lebendgewlcht: Ochsen von 180—270 000 Bullen von 180-210 000
SSrsen nnd Kühe von 200—270 000 für befte Kärsen, 80—220 000 ^ füv
gerings kkärsen, KSlber beste Qualitäten von 250—280 000 ^ Kälbev

Kälber geringe Qualitäten von
150—190 000 SLase von 80—200 000 Schweine unter 80 Kilo Lebend-
gewlcht von 220-280 000 Schweine von 80—100 Kilo L-bendaewicht
von 250-280 000 Schweine von 100-120 Kilo Lcbendgcwicht von
270—200 000 Schweine von 120—150 Kilo Lebcndgewicht von 270 000

bis 280 000 A'ettschweine über 150 Kilo Lebendgewicht 270—290 060 ^
Sauen und Eber von 200—250 000

Di- VieLmarktszeitcn sinb vom 8. Amil 1823 ab wle folgt sestgelctzt:
s) Hauvtmarkt für Rinder, unb SKweine 8 Ubr vormittags bis 12 Uhr
mittags, für Kälbek und Schafe 9 Uhr vormittags bis 12 Uhr mittags?
K) Donnerstagsmarkt für'alle Biehgattungen von 10 Uhr vormittaaS
bi» 12 Uhr mittags.

Mzart m>d wlr.

Theodor K r 0 y e r - Heidelberg hat in Baden-
^8eset>t^2 Mozartvortrag (siehe Nr. 80 der „Bad. Post')
1 ..Mäb sührte etwa aus:

-^>at Mozart in der opern ssria die Probe nicht bestairden
r-°>> dars bei uns in der operu Lukka krisenhaft erhobon, ;a

s^>" eiy ü- " tzanz "^°>" h"* ste unsterblich gemacht, indem

sg">d Reich eingedrungen ist, das den Zeitgenossen n-ich

"e> e, bekai h"' ^^r die italienischen Buffonisten nur mangelhaft

"?°M> ' ' ' " '

,8orsck>«»^!' d"tz ste in allem Mozart ^unterlegen seien. Dir

M >" dieser Ansicht ebenfalls eine Wandlung ge«
dtolE übtthi». Technik konnte Mozart die grotzen Jtaliensr ni h!

A' ia. er erreicht ste nicht immer, wenn er auch den
tzschbini Apparat beherr'cht. Die Arbeiten von Herniann
sz "chcs, ""d Hermann Abert haben ferner aufaedeckt, datz
daingi« iur speziell Mozartsches gegokten hat, Allaemeingut
hat ^'-kuna Dagegen hat Mozart die itakienifche Art der

tx°."oelnls vpers. ssri» mit der apera bukkg. überwundeii. Er
di° vo. richtigen Weq gefunden. How üb«r den Jtali ncrn

n Auffassung seiner Terte.
selbst die grötzten, auf der
' ' erhöht das Spisl zum

Mozart in die ^ir, ....

»"d ^»kk» «g' i"cht überall die Seele. Er hat den Eeist der alten
lomst >>"u"den. Seine Personen sind Menschen von Fleisch

>>aii! ^>e yn^!!??Etere. Er besitzt Erhabenheit im Scherz und hat
^ dusta geadelt. Obwohl er zum grötzten Teil unter
iellan ,hat °^>,".Hutz steht und den Jtalienern in der Tat viel ver-
ko dosdeutsche Kunst und sein Deutschtum nicht ver-
^dei h„ mit Recht der deutsche David genannt werden
Eoliath geschlagen bat.

)"r . J"strumentalmusik betrifft, so ist er zuerst un-

?trrigen" Meg zur neuen deutschen Sonatenform oder
^"vr?EE>"stutzhn?°"'^°» Formelhaftigkeit einschlagen soll. Er ist
^eide?>chen unoriginell, oft ungebunden phantastlsch. Sem

- »e »"d Drang. Schobert und I. S. Bach, die

H""dn 1,1^^-' bringen ihn zur Erkenntnis seiner selbst.
*>"stvdt*b wtrd ^"kef Haydn haben eine arotze Wirkung auf ihn.
"UsqpM. llnt-i- ?.durch die Quartettkunst Iosef Haydns stark ve-
und "selcn Zeitgcnosien hat er schlietzlich scharf

Stir Meister der Form geworden, der den alten

^c^^ustk ha ^' flleichcr Meisterschast beherrscht. Auch in der
klrchnKt er .>E>"e Eigenart vor den Ztalienern voraus. Vor
Äustk g!?^/ "0" einem frommen Eefühl Lei allem, was
^Uts»7„ ^Manuek Viekes verdankt er auf diesem Gcbiete
. E?"dz h? Vach und den protestantischen Meistern Nord-
h°t ?uch in seinen Liedern

Z?rtig» °r '"dcsisn^n-Ä Meskonner, als Wundermann gezeichnet.
^'rder!»' - ">>tteiNn^I ^^< ^>." Jngenium ist zwar geistesgegen-
^aMrift selner ?nderen. autk haben w!r in der

^kjtzen °'-^>uie u,ir ,u>St einen Beweis seines Könnens und
k'Kn nZber auch 'Z?, bei B ^ ^ seinen Handschriften

nur j? ^-"k,art schafft aiw innerer Not, seine Kämvfe
und^rsÄ!!," ?b, unstchtbar fur uns; er mutz eben-
orfahren, datz auch das Eenis ohn« handwerks-

mätzige Fertigkeiten nicht auskommt- Er hat nicht mühelos ae-
schaffen; sein Sichgehenlasien kommt daher. datz er eben rascher
vorwärts vrängt.

Wie kommt es nun, datz Mozart ekn Eenie ohne Sieg ist und
datz er in Armut starb? Haydn und Beethoven haben ihr Schicksal
gewandelt. Man könnte ihr Glück als einen Ausgleich für ihr vor-
ausgegangenes Äämpfen und Ringen betrachten. Mozart litt unter
den Hemmungen seines Naturells. Er war ein „Diesseitsmensch"
und lietz sich oft zu sehr gehen. Sein Mitzersola in der cmsrs. seria
hat seine leibliche Existenz tief geschädigt. Und die Urfache dieses
Mitzerfolges lag an seiner Unkraft, die ihn verhinderte, sich recht-
zeitig von ihr äbzuwenden. Es gefchieht Mozart durchaus kein Ab-
trag, wenn feine Schattenfeiten tiefer gezeichnet werden, sondern
es trägt vielmehr dazu bei, uns Mozart menschlich und künstlerich
näher zu brinaen und ihn m seinem Ringen, in feiner Tragik und
in seiner Eröße besier zu verstehen."

Es ist selbstverständlich, daß die Ausführungen Profesior Kroyers
überaus starkem Interesie begegnet sind. Die kurzen Auszüge aus
den beiden Vorträgen, die wir hier veröffentlicht haben, lasien den
Wunsch stark aufkommen. daß auch den Heidelberger mustkalisch
Jnteressierten Eelegenheit geboten werden mög», den Vortrag hier
zu hören.

Kirchenkonzert.

Am Palmsonntag veranstaktete der Kirchenchor der Alt-
stadl zuqunsten des Glockenfonds der Providenzkirche eine musika-
lische Pdsiionsandacht, deren Programm, von Dr. Walter Leib zu-
sammengestellt, als hervorragend gut bezeichnet werden muß. Das
Konzert, durch a eaxeila-EHLre von Palestrina, Vitoria, Mich, Haydn
wirksam eingeleitet, hatte seinen Höhepuntt in der Aufführung
von Eesangswerken von Heinrich Schütz (1585—1672). Da war
das herrlichs Stück „Pharifäer und Zöllner". „Es gingen zwei Men-
schen hinauf in den Tempel zu beten". Wie hier ein Zwiegesang
sich mit der Orgel verflicht, ist ganz unvergeßlich lchön, Desselben
Komponisten „Was betrübst du dich, meine Seele, für zwei Alt-
stimmen, Solovioline, Streichorchester und Orael, ein Kunstwerk
voller Kraft und Erhabenheit, bot unter Leibs Leitung den Damen
Cadenbach und Schlier, dem Sologeiger Fritz Z 0 beley und
Hermine Reusch-Weils (Orgel), Eelegenheit, ihre Eaben ins
beste Licht zu setzen. Heinrich Schützens Osterfzene „Weib, was
weinest du", voll mystischen Zaubers und gläubiger Jnnigkeit, wirkte
nicht minder Lief. In der Kantate „Der Friede sei mit dir", von
I. S. Va ch, hatte Herr G. Schlatter (Baß) Möglichkeit, seine
Stilsicherheit und seinen Geschmack zu beweisen. Auch hier kommt es
durch Eintritt der Solovioline in den Wechselgesang von Chor und
Solostimme zu den oLerzartesten Wirkungen. — Regers Choral-
kantate „Auferstanden" für Chor, Soloquartett, Altstimme und
Orgek, die erstmals aufgeführt wurde, bedeutet eine Vereicherung
der kirchlichen Mustk. Der Lhor bringt ein machtvoll strömendes
Bekenntnis, die Orgelstimme ist charaktervoll und zeigt in Zwischen-
spielen große Reize; wie das Altsolo im Eanzen steht, ist sehr
wirkunasvoll. Don den Mitwirkenden nenne ich noch Dr. Nacke
(Tenor) irnd Frl. Herta Kuntz (Sopran) und das Akademische Or-
chester mit besonderem Lob. Dr. Leiv hat stch mit dieser Aus-

führung der Schützschen Musik und der llmsicht in der Leitung
des Eanzen ein großes Verdienst erworben, L. v,

Stadttheater.

„Hoheit tanzt Walzer", Operette von Leo Ascher. Leo Ascher
steht unter den Operettenkomponisten zwischen Fall, Künnecke und
Lehar einerseits und Kalman, Kollo und Eenossen andererseits.
Seine Walzer tanzende Hoheit hat zwar schon etwas von ihrom
ersten Blütenstaub eingebüßt, aber die Mustk ist immer noch sehr
gefällig, das Textbuch harmlos-liebenswürdig und nett, sodatz eine
gute Ausführung der Operette immer wieder einen vollen Ersolg
stchern wird. Am Samstag abend hat die Operette einen durch-
schlagenden Erfolg gehabt. Die ganze Aufsührung hatte den Cha»
rakter etwa einer Benefizvorstellung. Der Jubel, der nach dem
zweiten Akt losbrach, galt in erster Linie dem jugendlichen Heidel-
berger Kavellmeister Fritz Henn, der an diesem Abend zum
erstenmal,m unserem Musentempel den Stab schwang. Zieht man
an dem Lberaus starken Veifall einen starken Prozentsatz von
Freundschast und Lokalpatriotismus ab, so bleibt aber aüch sür den
kritischen Beurteiler an der Leistung Henns soviel übrig, daß auch
er in den Beifall mit einstimmen kann. Vor allem konnte man sich
davon überzeuaen, daß Fritz Henn ein ganz ursprüngliches Dirigier»
talent besitzt. Aus Leuten wie ihm werden unter der Leitung einer
starken Hand ganz ausgezeichnete Dirigenten. Man merkte auch der
ganzen Einstudierung (besonders der Chorteile) an, daß Henn auf
diesem Eebiet sich trotz seiner Jugend schon viel Erfahrung geholt
hat. Für den Laien msg es vielleicht paradox klingen, wenn sich
dey Kritiker Lber klrino Unfälle in Ensembleszenen freut, er tut
es in diesem Falle deshalb, weil er dabei feststellen konnte, daß d-r
junge Dirigent dabei die Nuhe nicht verlor und die „Sache" schnell
wieder ins richtige Eeleis zu bringen vermochte. Fritz Henn hat
sich aber auch noch den Lesondersn Dank der Solisten auf der Bühne
verdient, weil er es verstanden hat, das Orchester schön abzudämpfen
und sehr diskret zu begleiten. Wie er die ganze Operetteninusik
brachte, das zeugt von temperamentvollem Verständnis für diese
Musik; den ganz straffen Walzerrhythmus wird er mit der Zeit scho«
noch besser geben können. Auch außerlich wirkt sein Dirigieren sch-
angenehm, alles runde, schmiegsame Vewegungen, sehr deutliche
Zeichengebung unter Vermeidung jealicher Dirigentenakrobatik, die
man sonst bei jungen Dirigenten sehr häufig findet.

Auf der Vühne hat der Kapellmeister und das Orchester, da,
ganz bei der Sache war, fast durchweg sehr gute llnter,mtzung
gesunden. Sehr spiel- und sangesfreudig war der Peperl des Herrii
Aoler, köstlich der Plunderer des Herrn Daurer, lebfrisch w c
immer die Lisi des Fräulein Hertel, sehr gut Ellen Sanders
als Prinzessin Marie, Karl Eöckler als Aloisius Strampfl scheint
seine frllher so sympathische Stimme verlorcn zu habcn. Von den
kleineren Partien scien noch der Bibliothekar dcs Herrn Kastncr
und die Hofdame von Frarr Sophie Braun-Eroßer erwähnt.
An einzelnen Stellen haperte es noch etwas im Dialog, sonst mo
das Spiel aber (Fritz Daurer war für die Spielleitung veran-wr
lich) sehr flott und in einen geschmackvollen Rahmen gestellt. :
Operette wird auch troh des kommenüen r»ün»n
volle Häuser haben. 4. K.
 
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