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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

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Nr. 90 - 118 (1. April 1923 - 30. April 1923)
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Nkmpsenden Raffen rn Nord- und Nordwsstafrika, die Mischung von
AraLern und Berdern, die Spanien eroberte, die Pyrenäen über-
rannte und die Mafle der Jberischen Halbinsel fiir 500, ihren Süden
800 Jahre lang Lesag, die Mischung aus Negern/ Arabsrn uad
Berbern, welche vom Senegal Lis zum Niger 1000 Jahre lang die
Herrschaft führte und grofle Herrscher, Krieger, Denker und Priester
hervorbrachte. Jn Eyroxa hat der französtsche Militarismus die
Lelgische Armee sozusagen annekliert l...se tzandelt mit ihm
gemeinsam nach einem geheimen Militärabkommen. Uns wurüe
gesagt, datz wir. für die belgische Unabhängigkeit kämpften. Jn allen
wesentlichcn Punktsn ist Belgien nun eine französtsche Prooinz ge-
rvorden, und unter französtschem Druck hat es sein Freiwilligen-
System durch die Aushebung ersetzt." — Morel erinncrt dann noch
Laran, daß Frankreich an Polen gewaltige Summen zahle, damit
dieses ein Heer von 800 ÜOO Mann mit zahlreichcn französischen Osfi-
zieren unterhalte, daß die „kleine Entente". die Frankreich völlig
untsrtänig sei, etwa 2)l Millionen unter den Waffen habe, und er
kommt aus dem allem zu dem Schlusse, daß ihm der Ruf nach
„Sicherheit fllr Frankreich" recht überflüsstg erscheine, daß er aber
als sehr berechtigt die Frage Lezeichnen müsse, die Ramsay Mac-
donald vor einiger Zeit im englischen Unterhause aufgeworsen habe,
die Frage nämlich, „wie es mit der Sicheihsi.t für Eng-
land stehe?"

Es scheint nun freilich nicht, daß die englische Regierung zeneigt
sei, stch darüber den Kopf zu zerbrechen. Sie scheint — und auch
ein möglicher Rücktritt Bonar Laws würde daran kaum etwas
ändern — an der PolitK festhalten zu wollen, die vün Asquith letzt-
hin in scharf ablehnender Kritik als eine Politik „freundschaftlichei
Zmpotenz" Lezeichnet wurde, sie scheint sich von Frankreich in jene
Pläne einwickeln laflen zu wollen, als deren Träger Herr Loucheur
in London erschienen ist und die auf nichts anderes als auf Steige-
rung der deutschen Lasten und auf verschleierte Annex'on der Ruhr-
und Rheingebiete hinauslaufen. Es ist schon in unserer gestrigen
Ausgabe das Nötige Lber diese Pläne gesagt worden: fie sind für
uns unerörterbar, aber sie zeigen, wie es steht: daß wir
völlig verlassen flnd, datz wir in der ganzen weiten Welt
niemanden haben, Ler bereit ist, uns politisch beizustehen, daß
wir auf uns ganz allein angewiesen sind und daß die Erhaltung
Deutschlands nur vom deutschen Volke selber kommen kann.
Was sich daxaus für unsere innere Politik, fllr das Verhalten unserer
Parteien ergibt, Las — Ledarf heute und an dieser Stelle keiner
Worte mehr. rs.

Sie Frage ber Sesatzungskosten.

Immer uoch einige wichtige Punkte ungeklärt.

Paris, 8. April.

Die Konferenz zur Regelung der amerikanischen
Desetzungskosten hat am 4. April eine Sitzung abgehaltcn.
Es ist eine neue Sitzung für kommenden Montag nachmittag 8 Uhr
anberaumt worden. Nach Lem „Petit Parisien" scheint die Regie-
rung der Vereinigten Staaten den Vorschlag der alliierten Dele-
gierten anzunehmen, jedoch seien noch einige wichtigs Punkte nicht
geregelt: 1. die Frage der Priorität der'Besetzunoskosten. 2. die
Frage der Lelgischen Prioritüt, S. die Priorität, die die französische
Regierung augenblicklich fllr die Kosten des Ruhrunternehmens ver-
lange auf Grund des Systems, daß die Eerichtsvollzieherkosten an
erster Stelle bezahlt werden mützten. Es frage sich nun, wie ange-
sichts dieser Forderungen es mit der amerikanischen Priori-
tät stünde. Die Amerikaner träten dafür ein, daß ihre Pr'orität
vor allen anderen lomme, daß also auch die belgische Priorität noch
hinausgeschoben werden müsse. Aus diesem Erunde sei der belgische
Delegierte Bemelmans nach Vriissel abgereist, um mit dem
M nisterprästdenten zu beraten. Er werde di« Antwort der bel-
glschen Regierung baldmöglichst bekanntgeben.

Le Ttocquer im Ruhrgebiet.

Paris. 6. April. (Eig. Drahtm.) Der Minister für die Lefreiten
Eebiete, Le Trocquer, reiste heute nach dem Ruhrgebiet
ab, wo er eine Reihe von Beschlüssen faflen wird, damit der Ab-
transport von Kohle und Koks verdreifacht werden könne.
Der „Intransigeant" Lehauptet, daß man aUgenblicklich pro Tag
3000 Tonnen abtransxortiere, doch würden dies vom 15. Äpril an
6000 Tonnen werden, und später noch mehr. Man werde auch
neue Maßnahmen über die Kohlenförderung ergreifen, doch
sind darüber noch keine Einzelheiten bekannt geworden. Es soll
jedoch für die nächsten Tage eine offizielle Mitteilung an die
Oeffentlichkeit erfolgen, damit die Welt erfahre, was die französi-
schen Jngenieure seit dem 11. Januar im Ruhrgebiet ausgerichtet
haben.

Kardinal Vertram reist nach Äom.

Paris, 6. April. fEig. Drahtm.) Ueber die Reise, die der Erz-
Lischof von Breslau, Kardinal Bertram, nach Rom antritt,
berichtet der Mitarbeiter der „Jnformation", daß der Vatikan dem

Wunsche Ausdruck gegeben habe, die Lage in Deutschland
kennen zu lernen, denn der Vatikan xlane eine Jntervention in der
Ruhrfrage, und zu diesem Zwecke wolle er sich über die Angelegen-
heit informieren. — Diese Nachricht ist mit großer Vorsicht aufzu-
nehmen.

Die tiesere Absicht Fraokreichs.

Ausklärende Vorträge der Deutscheu Bolkspartei in Bayrr«.

Von unserer Münchener Redaktion.

Müncheu, 6. April.

Jm Rahmen vaterländischer Vorträge der Deutschen Volks-
partei sprach der Reichstagsabgeordnete Syndikus Dr. Hugo
über den Ruhreinfall der Franzosen und die Unmöglichkeit, den
Versailler Vertrag wciter zu erfüllen. Er legte die tiefere Ab -
sicht Frankreichs klar, die Verarbeitungswerk-
stättendesRoheisens imRuhrgebiet inHändenzu
haben. Durch die auf fünf Iahre nach dem Friedensvertrag fest-
gelegten billigen deutschen Kokslieferungen wurde künstlich die 'inter-
nationale Konkurrenzfähigkeit der französtschen Hochöfenkndustrie
geschaffen. Menn nun der Tag kommt. an dem der deutsche Koks
nicht mehr als Rexarationslieferung nach Frankreich geht, fällt die
französische Industrie in ihrer Leistungsfähigkeit ab. Klar und ein-
gehend beleuchtete Dr. Hugo die Ernährungslage für das Ruhr-
gebiet, die soweit organistert sei, daß Lis zur Stunde eins Be-
sorgnis nicht Lerechtigt ist. Aus Lebensmittel-
mgngel braucht an der Ruhr keine Wendung der
Dinge einzutreten. Frankreich wird es nicht wagen dürfen,
die Lebensmittelzufuhren und die Lohnzahlungen, für die monat-
lich 800 Milliarden benötigt werden, von D-utschland her in großem
Stil abzuschneiden. Die Franzosen sind sich darüber klar, daß für
sie, wenn sie diesem dicht besiedelten Eebiet den Hungerkrieg er-
klären, die Bartholomäusnacht da ist.

Folgenschwere DersammlungWrnng.

Zusammenstoß zwischen Nationalsozialisten nnd Llnksradikalen.

Von unserer Münchener Redaktion.

Miinchen, 6. April.

Amtlich verlautet: Am 5. April fand in Regensburg eine Ver-
sammlung der N a t i o n a l s o z i al i st i s ch e n Deutschen Ar-
beiterpartei statt. Dalei kam es, wie in der Prefle bereits mit-
geteilt, zu Z u sa m m e n stö tz e n. die leider ein Todesopfcr
gefordert haben. Die sosort angestellten Ermittlungen haben vor-
läufig folgendes ergeben: Die Versammlung sollte eine zeschlossene
lein. Deshalb waren der Partei nichtangehörende Personen nur
Lurch Handzettel geladen worden. Jn einer Wirtschaft und ander-
wärts hatten sich linksradikale Gegner zusammengeschart. Die Ver-
sammlungsteilnehmer, größtenteils ältere gesetzte Leute, leisteten den
Anordnungen der anweisenden Polizeibeamten willig Folge. Ohne
daß eine Herausforderung durch di« Nationalsozialistische
Deutsche Arbeiterpartei vorausgegangen wäre, wurde
von zegnerischer Seite versucht, die geschlossene
Versammlung zu stören. Es wurden sogar Trupps von
Eegnern durch Botsn Herbeigeholt. Bei dem entstehenden
Zusammenstoß fand der Eisenbahnarbsiter Stöckl den Tod durch
Erstechen. Wer den verhängnisvollen Stich geführt hat, konnte nicht
ermittelt werden. Die von einsm Teil der Press« gebrachte Mel-
dung, datz als Täter ein Beamter der Landespolizei festgestellt
worden sei, ist unrichtig.

Sochverrater.

MLnchen, 6. April. (Eig. Drahtm.) Der bereits gemekdeten
Verhaftung eines Herrn von Puttkammer ist nachzutragen,
daß zwei Brüder Franz und Waldemar vonPuttkammer,
von denen erster, ein ehemaliger Soldatenrat, für verschiedene
Berlinsr Blätter tätig war, w:e z. B. das „V.T", den „Börsen-
kurier" und Lesonders den .Morwärts", wegen Verdachts Ler
Sp-ionage zugunsten Frankreichs verhaftet wordcn
sind. Außerdem wurd« ein gewisser Edmund Heine in Haft
genommen.

Aeuer Eingriff ln deutsche Soseitsrechte.

Kassel, 5. April. Vor kurzem wurd« hier der Eerbereibefitzer
steinbauer aus Cochem a. M. verhaftet und dem Reichs-
ericht zugesührt. Der Mann hatte den Bürgermeister von Cochem
«i der französischen Desatzungsbehörde denunziert und Ladurch
eflen Ausweisung herbeigesührt.. Eegen Steinkauer ist Ver->
ahren wegen Landesverrats eröffnet worden. Ietzt hat
lun die Jnteralliierte Rheinlandkommission in Koblenz
m das Berliner Auswärtige Amt eine Note gerichiet und darin
ie schleunige Freilassung des Steinbauer und seine
rücklieferung nach Koolenz gefordert. Das Auswärtige AMt
sird das Ersuchen der Rheinlandkommifsion felbstoerständlich ab-
ehnen und betrachtet die Note der RheinlandlommWon als eincn
ringriff in deutfche Hoheitsrechte.

Ei'ki Feuergefecht bei Msn.

Ein sszialdemokratisch—nationalsozialiftischer Zusammrnstoß-
Von unserem kl-Korrespondente«.

Wlen. 4- Äpril-.

Am Ostsrmontage vormittags fand, wie schon kurz gemeldet, a.
einer Misfe nächst Wien, bei dem stark besuchten Ausflugsorte Aic
lingau-Hadersdorf ein Zusammenstoß zwifchen einigen Hundertschai
nationalsozialistischer Oroner und einer Abteilung der iozialoem
lratischen Oroner statt, aus dem sich ein kleines Feuergesechr e>
wickeite. Erst heute werden über dieses Ereignis näyere Einzeryei :
beiannt. Nach der nationalsoziatistijchen Darstellung handelte es
um eins sportliche ltebung der nationalsozialistischen Ordner.
wurden Wettläuse, Gelentubungen usw. veranstaltet und amsch'Ä^
sollte eine photographische Ausnahme der Teilneymer stattfinden.
dieser Veranjtatrung naqmen gegen dreihundert Mann teil.
reno der Auinayme jollen nach dieser Darstellung sozialdemokraUl^

Ordner erschienen sein, die, in Schwarmlinie vorgehend,

Revolverschussen gegen die nationalsozialistische Abteilung vorginö ^
Die Nationatsoziausten behaupten, es haüe sich um einen woyt°" ,
bereiteten Uebersall der Sozialdemmraten gehandelt, dte zudem »
einem Major unü einem Oberst der Reichswehr befehligt uiovo
seien. Die Nationatsozialisten jeien nicht bewafsnet gewesen. ^^j
bei sünf Mann von ihnen habe die Potizei Waffen gefunoen- ^
dem sozmtdemokratijchen Feuerübersall seien zwei Nailonatsoz.sUP^
durch Streifschüsse verletzt worüen. Bei der Rückzugsschiägerei "
seien ebensaus zwei SozlaiLemoi.raien verletzt worden, aber »
durch Schüsse, sondern durch Schläge. . ,jet

Die soziau.emolratische Darstellung dieses Vreignifles
natürlich ganz anders. Larnach seien soziatdemokratische Aroei
die auf einem Osterausfluge begriffen gewesen seien, von Lsn-je
kreuzlern" überjallen worden. Die Sozialdemokraten wolle»
Nationalsozialisten bis an die Zühne bewaffnet gesehen haben- j-
Ler nachgeraüe schon Lerüchtigten sozialdemokratischen BerrchF^g
tung über ähnliche Vorkommnifse wird man gut tun, diese Darste»
n.cht allzu genau zu nehmen. Womit nicht gesagt jein soll. dnv ^je
nationatsoz.alistische in allen Einzelheiten ftimmen mutz. Gegen
übertreibenden Berichte mancher Wiener Blätter stellte hsu^
sozialdemotratische Blatt selbst fest, daß auf keiner Seiie
losgegangen se»en. An sich hat der ganze Vorfall keine be>on -jjk
Bedeutung. Man kann ihn auch nicht etwa als einen Bewo>-f ^
irgendeine Bllrgeririeasstimmung in Oesterreich oder in

sein. il

oernünftige _

der Parteien und damit hat sie ohne" Zweifel rechi.
Vernünftiges lann bsi solchen militärischen Spieleieien ersay
gemätz nicht heranskommen. Sie beweisen nur die Noiwens "^i>
einer starken Regierungsgewalt, die den mehr odek ° LjS
ger kindischen politischen Ausschreitungen von links und von ^js'
Einhalt gebwtet.^bevor sie zu^maßlosen Erbitterungen führen^^-e!.

Ordnerabteilungen begonnen haben und die sich aiitzerdem u
Zeit auf die Reichswehr stützen konnten, wollen im Erunde
auf gewisse Terrormittel verzichten, und so ist es schmer,
Gruppen zum Abrüsten oder zum Verzichte auf ihre
lungen zu bewegen. Datz diese vom Standpunkte der avg/'.Rvs:^
Wehrhaftigkeit ernstlich in Vetracht kommen könnten, kann

hier überhaupt gewaltsame politische Methoden nicht

Ministerpräsident». Knilling In Mea.

MKnche». 8. April. (Eig. Drahlm.) Mlaistrrpröädrat--5 '
ling ist in Begleitung des Finanzministsrs Krausn«V,,-r
Handelsministers v. Meinel. des Eeh. Baurats Oskar v.
am Freitag früh 9 Uhr mit einem Junker-Fluozeug zur
Wien aufgestiegen. Di« Fahrt hängt mit VerhandlunqeN
men, die fchon seit einiger Zeit wegen der südlichen Fluolin-^si.^
se-lle - Eenf - München - Wien - BudaL^F
B u k arest — Konstantinopel geführt werden. Dek ^
durffe im Laufe des Samstag erfolgen.

An«semiien.Krawalle ln Warschan. ...

^lin, 6. April. Wie Lereits gemeldet, rst es in Wak^r»^
im Anschluh an eine aus dem Theaterplatz veranstaltet«j)i?/j
Protestlundaebuna weaen Ler iS«' be'

Der wunde Punkt.

Novelle von Paula Gnra-Ewald (München).

». Sortistzuna. NaLLruck vcrboten.

„Und überhaupt — — wer kann uns denn wat Leweisen?"
fragt« das vertrockneie MSnnchen weinerlich und spülte den letzten
Brotbrocken mit einem vollen Elase hinunter. Dann wischt« er sich
umständlich mit der Serviette den faltigen Mund und sagte: „Iibt et
eijentlich nich noch en Magenfchlutz?" Aber ehe die Hausfrau anr-
-worten lonnte, hatte Füller die Erwiderung auf seine erste Frage
Lbernominen und sagte mit solcher Bestimmtheit und Festi-gkeit d-es
Tones: „Ich, meine Herrschaften," datz alle mehr oder minder ver-
dutzt und „geistreich" auf den Eindringling hinschauten.

„Machen Se keene Zicken, Männeken," suchte Balduin zu scherzen
und klopfte dem Deamten wohlwollend aus die Schultern, „Se
werLen uns doch nicht verraten?"

„Det war doch man blotz so'n h-armlvser Meinungsaustausch!"
versicherte Wilhelm.

,Da sollten Sie uns sonst erst mal sehen," sagt« der Hausherr
und tätschelte dem erhitzten Lorchen die glühenden Mangen, und ob
dieser ungewohnten ehrenden Auszeichnung trat plötzlich eine solche
Stille in der Eesellschaft ein, datz man Jdas strafenden Hustenan'all
wie ehelich feindliche Mobllmachung allseitig empsand und der also
gematzregelte Eaite seine Vcrlegenheit hinter einem nervös ver-
legenen Aufl-achen verbarg. Jda aber sagte von oben herab: „Also
— was wollen Sie uns keweisen, mein Herr?"

„Nun, datz dieses Mahl kein friedfertiges im Sinne des Ver-
storbenen war," elwidertL Füller bestimmt.

„Was wissen denn Sie vom Sinns des Verstorbenen?" fragte
Schofly keck und bließ ihrem Nachb-ar mit koketter Lässigkeit eine
Rcruchwolke ins Eosicht. „Sie sind doch meincs Wiflens — Bank-
beamter?"

Fllller verbeugte sich zustimmend. „Sehr richtig, mein gnädiges
Fräulein, aber ich bin doch hier als Zeuge eingeladen."

„Ach, dus ist ja Mumpitz," urteilte Robert und erhielt zustim-
mende Blicke vrm allen Seiten.

„Aber doch richtig nach der Testamentsbestimmung," widersprach
Füller.

„Als ob das Eeringste geschehen wäre?" sagte Jda naiv, Und
«lle umringte» Lorchen und Karl und bildeten eine rührend« Eruppe

um das Sosa. Nur Mari« stand etwas abseits und ihre nervös an
der Uhrkette nest-elnden Hände, ihr sehr blafles Gsflcht, verrieten, wie
peinlich ihr dre ganze Szsne ist. —

,Das ist ja ein er-freuliches Brld," sagte jetzt der Beamte mit
leiser Jronie, „aber irotzdem kann ich leider nicht auf Eid aussagen,
datz alles den ganzen Abend so durchaus harmonisch verlief, mithin
kann ich also auch die Aweite Hälfte der Erb-schaft nicht befürworten."
„Das ist empörsud," schrie Ida auf.

.D'ieser grätzliche Thomas . . jammerte Lorchen. „Er ist. .

„Gnädige Frau-—" warnte Fllller.

„. . . mir vou jehsr ein Rätsel gewesen," vollendete sie mlt
scheinheiliger Sanftmut und Schossy fügt« h-inzu: „Ach. fpannen S'e
uns Loch nicht länger auf die Folter, msin Herr. Sie fehen doch.
diese Menschen müssen sich ein xaar LieLsnswLrdigkeiten sagen.
„Pfeffer und Salz" nennt Las mein Onkel. Was kann Äas denn
dem verstorbenen Dhomas nun nützen oder schaden?"

„Freilich, ihm nicht, da haben Si« ganz recht," erwiderte der
Deamte. „Er h-at aber auch wohl, wie man annehmen mutz, mehr
an die Familie selbst und die Mitlebenden gödacht. Sein Eeld sollte
Eutes stiften, indem es den ewig Zankenden, die schon gar nicht
mehr wiflen, wie ein ruhiges Leben ohne Streit eigentlich ist, einen

Spiegsl vorhält: „Seht Jhr, ?o seid Jhr-"

„Ach, Jotte doch, wat koof ik mir for so'n jebi-ldetsn Quatschkram?
Spiegel hin, Spiegel her! Wir sind schon zu lange in det Bett«
jelegen, wir sAhlen unS in keinem anLern mehr wohl. Wie kann
einem solch hergelaufener Amerikaner wat uffdrängen wolley, wat
uns jar nich jefällt? Der fühlt sben anders wie wir — - —"
„Ich finde die ganze lange Rederei höchst überflüfsig," unterbrach
der Hansherr feinen Br-uder Balduin, „wollen S!e uns helfen, msin
Herr, oder nicht, darauf kommt es hier an."

„Darauf kommt es hier an," rief es durcheinander.

Füller zögerte. Gern hätte er die Frage in ihrem stillen Zimmer
an sie gestellt. Er schaute zu ihr hinüber,-die so still drüben am Tische
lehnte. Mit einem Ausdruck in den Augen, als bereite ihr das alles
einen wehen, körperlichen Schmsrz. Und der Wunsch, fie aus dieser
Umgebung zu lösen, wurde zum brennenden Durst in ihm. Seine
Zsit war da!

„Nun, meine Herrschaften," begann er und sprach, wie sich lang-
sam besinnend, in stoßweisen Absätzen, „ich könnte Ahnen — vielleicht
— — helfen-" ,


„Wozu die langen Fisematenten-"

.Fiaus mit der Kiste-"

„Wir stnd gespannt-«

>,Ja, ich könnte — Jhnen — vielleicht —" — dss
Glücke^ ^"^strlchen-.chelfen, wenn auch Sie etwas Z"

„Zhrem Elücke-?"

„Wir?"

.Mieso?"

„Sprechen Sis?" k-am es gönnechaft von des R«S'^

Lippen.

„Es ist hier in Jhrer Mitte-"

„Mitte-?"

.Losephine!" jauchzt« Lorchen mit Gefühl. ^jjen-*

„^ch mochte Sie um die Hand Zhrer Nichte Marie
Marie erschrak. — sam>n^

„Marie?" Es klang wie ein Ton von unharmoni^ ^ .

stimmenden Elocken. .

„Ia, ich habe mein Herz an das Fräulein verlu^^ ^
ihr Iawort als mein größtes Glück betrachten."

,Herr Füller-« chev

.Nun, du willst dich vielleicht noch befinnen."
ingetretene Stille hinein. ^ B»

M---»

iiff

die eingetretene Stille hinein.

„Bedenke, was für uns auf dem Spiel steht," redete
helm ihr zu und fuhr Legütigend LLer ihre Hand.

„Jch begreife — noch — nicht-" kam es

Mädchens Lippen. . l

„Was ist da zu Legreisen?" fuhr Jda auf. ist
Lich und für uns, das fagt alles!" Lede"''.z

„Ein Elück für Luch?-Das kann für «ich Ker.l ^

denn Jhr habt Cuch nie kemüht, mir Liebe zu Eua) und
säen. Aber trotzdem würde ich den Antrag annehr"

Lergangene vergeflen, wenn nicht — wenn nicht — ""

.^räulein Marie-" Lat Füller eindringl^- ^

„Derzeihen Sie, Herr Fllller," Mariens Strmme k-a S-
gequält. „Jch könnte Ihnen wohl gut fein. wenn -
eines andern-" (SÄlub
 
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