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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

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Nr. 149 - 178 (1. Juni 1923 - 30. Juni 1923)
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https://doi.org/10.11588/diglit.15611#1040

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Linziges Miiicl des LebensnnterMtes dienen, vom Setsuester befreit
werden jollen. SomrL wurden alle wichtigen Fragön geregelt. Die
Regelung wird erst dann in Kraft treten, wenn sie von dsr Wisder-
gutmachungskommission angenommen wird.

I hörden wegsn SchmuMels von Waren über die dcuische Grenzs an-
gezeigt werden, die Reisepässe aüzenommen wcrden nnd ihnen die
Ausstellung neuer Pässe verweigert wird.

ÄochmÄS bl'e LanbtagMchlen m Otdrchmg

Der Zeitungsdienst der sozialistischcn und demokratischen Presse
hatte an das vorläufige Ergebnis der Landtagswahlen in Oldenburg
Betrachtungen gcknüpft, kne nach dem jetzt vorliegenden Gesamt-
ergebnis einer Richtigstellung bedürfen: besonders war es auch die
hiestge „Volksstimme", die recht schnell mit Gründen für den angeb-
lichen Rllckgang der Stimmen der Deutschen Volkspartei und des
Zentrums zur Hand war.

Nach dsm vorliegenden Eesamtergsbnis der in Oldenburg vor-
genommenen Landtagswahlen haben sich die Stimmen der einzelnen
Parteien folgendermäsien verteilt. Es erhislten:


1923


1920


Gewinn





üzw. Verlust

Deutschnationale .....

13 584

(3)

8 602


-i-

4982

Landbund .. .




6 497




6 497

Deutjche Volkspartei . . . .

43 810

(12)

40 431


-l-

3 379

Demokraten .

36 065

(9)

30 108

(7)


5 957

Zentrum ........

40 310

,10)

39 513

lio)


797

Sozialdemokraten . . . - .

45 285

(12)

40 332

(11)

- 1<r QL6

Unabhängige (Ledebourgrnppe)

2195

,0)

20 234

(5)



Kommunisten .

11815

(2)

2 625

(0)

Z-

9190

Danach stellt sich eine Stimmenveränderung insofern dar, als
Teile der früheren sozialistifchen Wählerschaft zu den Demokraten
übergegangen sind. Der frühcre demokratische Ministerprästdent
Tantzen hät es anscheinend mit Erfolg verstanden, namentlich die
kkleinen Leute auf dem Lande von Ler Sozialdemokratie hsrübstzü-
^ ziehen. Lenn der Zmsachs üer Demokraten ist fast nur auf dem Lande
ierfolgt, da sie in den Städten, z. B. in Oldsnburg, Letrüchtliche
'Stimmenverluste zugunsten der DeuLschen VolksparLei erlitten. Be-
! merkenswert ist die Zunahme Ler kommunistischen Stimmen und
d e rsehr beträchtlicheStimmenverlust der Sozia-
lt ste n. Man wird darin vielleicht auch ein Anzeichen für den Aus-
fall der nächsten Reichstagswahl fehen können.

-! Die Deutschnationale Volkspartei dürfte im wefentlichen die
Siimmen an sich gezogen haben, die der Landbund bei der letzien
Wahl allein aufürachte, Ler diesmal keine befondere Liste aufstellte.

Die Deutsche Volkspartei war nach den Meldungen demokrati-
,-fcher Vlätter über den Hausen geritten. Der Demokratische Zeitungs-
Aienst überschlug sich vor Freude darüber, datz die Deutfche Volks-
parrei 25 v. H. ihrer Stimmen verloren hätte. Er hatte anscheinend
!die Deutsche Volkspartei im Jahre 1923 mit den Demokraten im
!Zahre 1920 verwechfelt, bei denen derartige Verluste die Regel
sLilden. Wir wollen annehmen, datz der Demokratifche Zeitungsdienst,
sso saucr es ihm auch wird, seincn Lesern Kenntnis gibt, dätz die
kDeutsche Volksparternicht 25 v. H. ihrer Stimmen
tverloren, sondern mehr Stimmen erhalten hat,
a l s beiderletztenWahl. Die Pflicht dieser Berichtigung liegt
^aber auch für diejenigen Zeitungen vor, die Len Berichi des Demo-
kkratischen Zeitungsdienstes nachgedruckt haben. Fürdie DeuLschs
lVolkspartei ist angesichts des Zieles der Landtagsanslösung
-deren Ergebnis kein politischer Erfolg gewesen, als Partei aber
'ha t sie sich angesichts der grotzen Gefährdung, der
M e a^isgesetzt war, sehr gut gehalten und zumal in
jden Städten, wie z. B. in Oldenburg, den an sich schon zusam-
änengeschmolzenen Teil dölnokratischer Stimmen noch
jweiter in sich aufgenommen. Diejenigen Lbereijrigen Be-
Liichterstatter, die von einem Verlust volksparteilicher Stimmen ge-
tiiprochen haben, werdeu also gut tun, itzr Urteil zu revidieren.

Dre Einßabe der Gewerkschaften.

' Berliu, 18. Juni. (Eig. Drahtm.) Die von den Gewerkschaf-
ste u am 2. Juni an den Reichskanzler gerichtete Lingabe tst ent-
saegen anders lautenden Meldungen am 11. Juni beantwortet worden.

der Antwort ist mitgeteilt worden, datz r>ie in der Eingaüe ge-
simtzerten Wünsche dsm Reichsarbeitsministerimn zur Weiterkehand-
tlung unterbreitet seien. Es wird hinzugesügt, datz der Rsichskanzler
!fich die Frage der Anpassung der Löhne an die
tTe uerung besonders angelegen sein läht und diese Frage mii dem
lGesamtkabinett aufmerksam prüft.

Gegen den Ansverkanf De«Lschlan-s.

Jrrnsbruck, 18. Juni. Die Tiroler Landesregierung
Mätzt folgende Kunögebung: Der gegenwärtige Marksturz hat,
wie vsr wenigen Monaten, ein starkes Anschwellen des Reiseoerlehrs
aus Oesterreich in das benachbarte Bayern heroorgerufen und es ist
!zu befürchten, datz es wieder wie vor kurzem zu jenen rnaßlosen Mih-
!brüuchen im Aufkauf deutscher Waren in München und
anderen Städten durch die Ausländer kommen wird. Die Tiroler
Landesregicrung hat daher den inländischen Reisenden nachdrücklichst
verbo 1 en, die deutsche Eastfreundschast zumitzbrauchen und
im übrigen verfügt, datz den Jnländern, die den österreichischen Be-

Die Merfuchmg över -en Mrksturz.

Fortberatmrg iw Untersuchungsausschuh.

Eigsne Drahtmeldung.

Vcrlm, 18. Iuni.

Der Rcichsiagsausschutz zurllnrersuchung der
llrsachen des Marksturzes hatte für Mo:nag vormittag den
preutzischen Vörsenkommissar, Geheimrat Dr. Lippert, geladen,
und ebenso Geheimrat Dr. Gleimius von der Devisen-
keschasfungsstelle. Eehcimrat Lippert erklärte aus eine Frage des
Vorsitzcnden Langc-Hegermann (Zsntr.): Bestimmte grötzere
Kreise hätten nach seiner Ansicht an der Börse keinen besondersn
Einflutz aus die Devisenbewertung ausgeübt. Abgesehen von eincr
gswissen Nsrvosität habe es sich bei dem Kursrückgange der Mark
an der Börse vielmehr um eine natürliche Entwicklung gehandelt.

Darauf wurde der Leiter der Devisenbeschaffungsstelle, Geheim-
rai Dr. Gleimius. vernommen. Er schildertc die Abgaben Ler
Reichsbank an die 15 deutschen Grotzbanken in der Zeit von 1. März
bis 9. Juni. Es handelt sich um 80 Millionen Dollar, wobei alle
frcmden Devisen aus Dollarkurs umgercchnet wurden. Davon ent-
fallen auf die Woche von 1- bis 7. April 10 Mlllionen Mark, auf
dic zweite Woche 14 Millionen Mark und auf die dritte Wochs
13 Äkillionsn Mark, also zusammen rund die Hälfte. Die Banken
sind aüer nicht jelbst als Ääuser aufgetreten, sondcrn ste haben die
Devisen weiter verlauft. Man kann sich also daraus kein Bila
machen, wo sie geblieben sind. An Hand der Angaüen der 15 Grotz-
Lanken hat die Devisenbeschaffungsstelle festgestellt, datz 10 Prozsnt
Ler gekauften Devisen bei Jndustrie und Handel, 9 Prozent bei öen
Berliner Banken, 22 Prozent bei eigenen Filialen im unüesetzten
Eebiet, 21 Prozent bei Danken im unbesetzten Eebiet, 27 Prozent
bsi eigenen Filialen im besetzten Gebiet und 11 Prozent im Aus-
lande geblieben sind. Die Devisenbeschaffungsstelle gibt jedoch diese
Angaben nur untcr grötztem Vorbehalt Wieder. Geheimrat Elei-
mius teilt mit, datz seine Angaben nur die Abgaüen der Neichsbank
an die Berliner Börse umfassen, nicht aber die Verkäuse und Käuse
im Auslande, und auch nicht die Dsvisen, welche die Reichsgstreide-
stelle für den Ankauf oon Gstreide entnommen hai. Sie umfasien
auch nur HLchstens einen Teil der Devisen, die die Reichseisenbähn
für den Ankauf von Kohlen im Auslande erhalten hat.

Abg. Schmidt (Soz.). der frühere Wirtschaftsminister im
Kabinett Wirth, wundert sich über die Höhe der Devrseirkäufe des
besetzten Eebietes.

Abg- Dr- Helfferich (Dnat. Vp.) findet den Anteil des üe-
setzten Gebiets gleichfalls hoch, führt dies jedoch darauf zurück, datz
die Vesatzungsbehörden die Aussuhr deutscher Fabrikats sofort ab-
drosselten, so datz keine Devisen mshr in das besetzte Gebiet hsrein-
kamen, während sie für die Einfuhr der notwendigen Rohstosse aber
weiter in grotzem llmfange notwcndig waren.

Staatsserretür Trendelenburg vom Reichswirtschasts-
ministerium bestätigt dies im allgemeinen.

Abg. Hertz (Soz.) wünscht genaue Nachforschungen über den
Ankauf von Deoisen im rheinisch-westfälischen Zndustrregebiet. Die
Kölner Stadtverwaltung z- B- habe bisher immer noch keine klore
Antwort erteilt ans eine von der Bürgerschaft wiederholt an ste
gerichtete Frage, ob es richtig sei, datz die Stadtverwaltung die ihr
vom Reiche zur Verfügung gestellten Kredite sofort zum Antauf von
Devisen benutzt habe.

Eeheimrat Kaufmann von der Reichsbank stellt fcsi, datz der
Stadt Köln Reichsbankkredite nur in kleinem tlmsange sür den
Ankauf englischer Kohle für das Kölner städtische Gaswerk zur Ver-
sügung gestellt worden sind. Die Stadt rnutzte natürlich für diesen
Betrag englische Pfunde kausen, um tn England Kohle kansen zn
können.

Abg. Fröhlich (Komm.) stellt eine Frage, oL irgendwelche
Schlüsse darüber vorliegen. inwieweit Forderungen nach Devisen
zurückgewiejen worden sind. Geheimrat Dr. Gleimius teilt mit,
solche Wünjche seien von den zuständigen Finanzämtern nicht erfüllt
worden, nur in einer kleinen Anzahl von Fällen sei eine Genchmi-
gung erteilt worden. Der Erfolg der alten Devisenverordnung sei
es, datz ss jetzt überhaupt noch möglich sei, Devtsen iür deutsche
Reichsmark zu kaufen-

Abg. Fröhlich (Komm.): Daraus geht also hervor, datz sich
di« Devisenvorjchriften in der Hauptsache gegen die Kleinen und
das kaufende Publikum richten. Das Material Lber die Bestraf-
ungen hat also meine Befürchtungen übertroffen, hier wird ein
ungeheurer Kraft- und Geldauswand vom Reiche betrieben, um
hinter lächerlichen Kleinigkeiten herzuläufen. Nach einer gcnauen
Aufstellung stnd in mehr als 80 Prozent aller Fälle, tn denen über-
haupt eme Bestrafung auf Grund der Devijenverordnung erfolgte,
Verurteilungen nur um Kleinigkeiten erfolgt. Das Matrrial
beweist, datz die Aufsicht über diese Dinge nicht klappt und datz mau
auch nicht den Willen hat, den Kapitalisten gegenüber energtsch
einzugreifen.

Abg. Fröhlich (Komm.) Lringt dann -inen Fall zur Sprache,
in welchem ein grotzer Konzern aus der Ruhrhilfe eine Anleihe von

de^I?rWrt?^
öffentliche Sitzung

r oKornrnen yar. erne eine

denten erklärt der Redner, er sehe nicht ern. weHhalb es -

gehöre, wenn von der F < - ^ a O t t o o i l^

o,senri!cye «iZuag geyvie, lue»» vvn o - - — H tzaS

KLln ein osfenbarer Vetrug vorgenommen u»orden ?er, ^

Reichswirischaftsministerium nicht den Mut habe, °Weli

sondern fich hinter faulen Aussluchten verbcrge.Die Firina OtwW

habe einen Betrug zum Schadsn der Reichskasse vorgenom -

Geheimrat Gleimius: Die neu« Devissnverordnung <st ^

seit dem 15. Mai in Kraft, die Verurteilungsn stnd noch uus X
der alten Devisenverordnung vorgenommen wordsn. ÄM ^ -iK
neuen Verordnung mutz erst noch Material ge,ammelt w. - ^
erkläre, dah wir nicht nur die Kleinen hängen rvewen
Erotzen lausen lasien, wir werden keme Ausnahme machen.

Das Reichswirtschast

aui das Siran

Staatssekretär Trendelenburg: ---- - ..

ministerium ist selbstverständlich ohne jeden Einfluh auf da
matz. Jch wollte hervorheben, datz nicht etwa die Vers.'lgui^

FSlle durch das Reichswirtschafisministerium veranlatzt woro ,i
In dsr Sache Otto Wolf habe ich mich bereits m enier
Sitzung geäutzert. Die Folgerung, datz ein ofsenslchtlrche: u>ei »
liege, ist nnr eine solche des Abg. Fröhlich. -Aj

Abg. Dr. Dernburg (Dem.) will auf den Fall WvN
eingehen, ist aber der Ansicht, datz die Reichsstellen auf de
führung öer Devisenverordnung bestehen mützten. ,

Rächste öffentliche Sitzung: Dienstag. 11 ll.hr.

Som Deutschen Bolksopser.

Rechenschastsüericht des Arbeitsausschnsies.

Werlin. 18. Jun«-

Der Arbeitsausschutz des Dentschen ^ulksops^
üielt am Samstag unter dsm Vorsttz des Regierungspraslden^. ^

Samstag unter dem Vorsitz des RLgierungsprastven
Momm seine vierte Sitzung ab. Aus den Berichteu der
hervor, datz die bisher ausgeworfenen Summen ües Samme.
mr die Bevölksrung des besetzten Gebietes bereits erhevuai ^
derung der Not im altbesetzten Gebiet, im Einbruchsgebie u
dsn angrenzenden Landesteilen Lereiten konnten. Bei der ^ Ke-
der ausgeschütteten Beträge, die der Sachkenninis öerorinl
hörden nl Gemeinschast mit den in Betracht iommenden ^
tloncn der freien Woylsahrtspslege überlassen ist, wurde dle m ^^er
geistige Not in zeder Gestalt ohne jeden Einjlutz puntlicye^y«-

und geistige Not in isder Gestalt ohne icden Emslug
konfestioneller Eeftchlspunkte berückftchtigt. So gelang es
dere, aus den Mrtteln des Deutscheu Volksopsers sortmMenö ° ^
Tausendsn von Kindern der vesetzten Jndustriezebiete --Aell-
Landausenthalt im unbejetzten Deutschland zu
Soweit bisher zahlenmätzige Angaben vorliegen, wurden au
salLN ungesähr 10 000 Ktnder, aus der Rheinprovinz etwadvv
iLLricren öelLtrten Gebieten etwa

Hessen 1750 und aus den übrigen besstzten Geüieten etma o-M" «snder
m Heirnen untergebracht. Dazu sind noch mehr als -00 -^»i-.e«

zu rechnen, die im bejetzten
haben. Aus den Mitteln der

. Dazu sind noch mehr als -0",
en Gediet bei Familien ll.nterkunft geiu ^
der Sammlung wurden ferner Rotst ^ s

yaven. Aus ven uunlem oer «ammiimg

küchen errichtet, die Hinterbliebenende r E rcr".geS
und notleidende Eesangene und iyre Angey-^r
unterstützt. Bejondere Mittel wurden dem Rotcn

unterstützt. Bejondere Mittel wurden dem Rotcn .tz^dew
die ans dem bssetzten Eebiet Ausgcwiesenen ubergeoen.
wurden alle übrigen Zweige der offeneu Wohlfahrtspslege
ausgeschütteten Beträgen Leteiligt.

AuS-

Der Arbeitsausschutz hat erneut einen grotzen Betrag »ur , ^ s
jchüttuna an die Länder bejtimmt. Für die Lindsrimg der S h <' ,mrcl-
Not in den Gebieten, dis durch Stillegung oes Berleyr» uno

Not in den Eebieten, dis durch Stillegung oes Berreyrs u.^
brechung der Postverbindung jowie durch Zeitungsverbote Ww
trossen jind, wnrde eine weitere erhebliche Summe bereltgcjteu -
Eingänge an Spenden aus dem Jnland und Ausland stnd ersreu
weije nach wie vor jehr reichlich. Die standlg wachjende Not er>
aber andauernd so beträchtliche Summen, datz dre warme -"»Alks-
eraehen mutz, die Opserwilligkeit zugunsten der leidenoen
genosten, die um ihre Freiheit und Unabhängigkeit ringen. moge
nachlasjen.

poleu prolesireri! ^

Verlm, 18. Zuni. (Eig. Drahtm.) Die polnischeReö<^
hat gestern dem Auswärtigen Amt eine Note überreicht,
Protest erhoben wird gegen eine Aeutzerung des ^
tzischen MinisterpräsidentenBraun im Landtag-
hat dabei gejagt, Polen hätte einen jolchen Mangel an Tois
den Tag gelcgt, datz es jedes Recht verloren habe, sich über Z<"
anderer Staaten zu beklagen. Dte polnische Regierung „hgk
dieser Aeutzerung einen Akt unfreundlicher Gesinnung und osi
aggrejsiver Haltung von deutscher Seite erblicken zu müssen-

Sogar der „Vorwarts" bemerkt dazu: Deutjchland ^ Me»-
eine derartige llnterstellung energijch verbitten ^
Deutschland hat Äi« llebergrrsse des polnischen Lhanoinismu
einer wcchren Lammcsg-vüuld ertragen nnd hat es nicht nn ^

snchen seh.len lasien, M einem gütlichen Einvernehmen nut
polni-scheil Nachbarn zu gelangen. Auf der Eegenseite hinkstg^

man bisHer anf die Leutschen Gefühle und Znteresien nlH ^
gerinzste Rückftcht genommen, sodatz die Aeuherungsn
preutzischen Ministerpr Lsidenten nur zu berechtigt warcn



3sa.

Roman von Zennq Freisrau Schilling o. Lanstatt.

^Aortsetzung. Nachöruck verbotsn.

„Baronesse Jsa von Hatzlingen, unljere neue Stiftsschwester!"
Prgte Gräsin Hntten -vorstellend, und Zsa machte bei jsdem Namen,
ider ihr genannt -wnrde, einen tiefen Knix.

> „llnd nun nehmen Sie Platz, msin liebes Kind! Trmken Sie
«n« Tasie Tee, Laun werden Sie warm nach der kalten Wagen-
'sahrt!" —

„Za, wb-er Barry, Fran ErLfin, er ist doch den Damen lästig,
«icht wahr?" fragte Zsa schüchtern uird grisf in Barrys Halsbano.

,Hat Jhnen JHr Herr Bormund nicht gesagt, datz -weder Hunde
noch Katzen nach Alvensrede m-itgsbracht werden dürfen? — Wir
könnten jonst Hier ein Tierasyl haben, sürchte ich!" setzte Grüfin
Maria mit jchalkhaftem Lächetn hinzu.

^err Doktor Elshotm hatte wohl VedenLen, a-ber", Jsa schickts
chie grotzsn schimmernden Augsn bittend über -die Tafelrunde, „aber
Äk nickil -tre-nnen «an Varrv! Kib bobe niemanb n»sbr

ich tonnte mtch nicht trennen von Barry! Jch habe niemand mehr
aus der Welt, der mir gshört — nnr diesen „Hun-ü i", und Zsa kniete
-nivder z» Lem hätzlichen vierbeinigen Freund und pretzte Muchzend
!thren Kopf in jein graues Fell.

„Von mir aus könnt« er ja auif Alvensrede bleiben!" sagte. die
Oberin leis« „A-ber ich weih mcht, wie die Damen darüber denken!"
Jja staud auf.

,Mi« gütig Si« zu mir siird, Frau Eräfiu- Barry würde Las
Mmze Haus treu behüten, er hört j-sden Laut i« der Nacht, kennt
ipeden frsmden Schritt! — Diesen Sommer hat er ein Menschenlsüen
igerettet m der See, nicht wahr, Barry?" —

„Jn Swmemünde, ein junges MLdchen, das zu wsit hinaus-
gvschwammen war, nichtwahr?" fragte Thusnelda von Hösen. ,O,
«tr haben es alle gelesen! Und das war Jhr Hmrd?" —

,stlnd Sie selbst waren die Khne Rietterin, Fränlein von Hatz-
iVngen?" sragte eine audere.

Zja n-ickte, und ein Lächeln glitt Wer th-r erirstes Eesicht. ,Mir
Le'ide tanchten zug-leich, aber Barry ibrachte metne Freundin hoch;
-ohire Barry lebte Birgid heute nicht mehr!"

„Er soll hier bleiben!" riefen die alten Fräuleins einstimmig.
^Er soll es gut haiben auf Alvensrede!" Und als wisie er, datz er
Msiegt hatte auf der ganzen Lmie, drängte sich Barry an setns
Aernn und schante zu ihr auf mit seinen hellen, goldbrannen Lich-
-tern, in denen seine ganze Treue mkd Liebe leuchtete.

„llnd nun will ich Jhnen Jhr Zimmer zeigen, mein liebes Kind!"
DiwLe Gräsin Hutten und trat mit Jsa in di« matt erhellte Diele.
;»Sie haben Jhr Aunmer im zweiten Stock; es ist groh und sonnig
stnrd hat einen herrlichen Vlick aus den Pavk!"

TrqPe -hWM

Jm zweiten Stockwert Lsfnete fie eine >der Lretten, dunklen Türen
-und jchaltete das Licht an.

Mit einem Ausrnf des Entzückens trat Jsa über di« Schwelle.

Ein grotzes, niederes Zimmer m-it weihen Tapeten lag vor thr.

Es war ganz in weitz und hellblau gehalten, ein lnstiges, stöh-
liches Juilgmädchenzimmer.

Weitze Mullvorhänge au den Fenstern und mn das Bett, weitz
das Holz der Möbel, hellblau der Vezug des zierlichen Sofas, der
Sessel und Kisien. Jn den tiefen Nischen der Fenster standen Blumen,
Kor-bsesiel mit seidenen Kisien gruppierten sich mn den runden Tijch.
„Wie jchön — wle wundevschön! Eanz neu sieht das alles aus!"
sagte Zsa stannend.

Gräfin Hutten lächelte, „Jhr Vormund hat das Mes für Sie
einrichten lasien von einem Fmnkfnrter Dekoratenr! Hier stehen
Zhre Koffer! Sie müssen allein auspacken, üenn Bedienung gibt es
nicht für den einzelnen hier. Wir haben nur den alten Lorenz und
Augulste, die Köchin. Auch die beiden Stubenmädchen haben reichlich
zu tun in dem grotzen Haus!"

,Zch werde sehr gut allein fertig. Frau Gräfin!" sagte Jsa
lächelnd.

„Und nun werden Sie bald heimtjch bei uns, liebe Jsa, und
nochmals herzlich willkommen! Es lebt sich ganz gut in Al-vensrede,
böjondeis im Sommer! Da ist es wnnderschön im Pavk, unL einen
See haben wir auch m>it eine-m Ruderboot nnd einsm Badehans!
Das stecht alles zu Zhrer Verfügung, zu Zhrer alleiniaen Benutznng;
denn zum Rudern und Schwimmen sind wir zu alt!"

Sie lachten Leide, das alte und das junge Meuschenkind, und
wutzten es schon in dieser Stunde, datz sie stch gut waren.

Viel schneller und leichter, als die Oberin glaubte, gewöhnt« sich
Asa in die neue Heimat ein.

Sie schrieb oft an Bivgid, schilderte ihr Leben, ihre llmgebung,
ihr reizendes Stübchen, das ihr vorkam wie ein kleines Känigreich!

Die Anstaltstracht trng sie ihrer Trauer wegen noch nicht.

A-ber ohne Murren hätte sie schlietzlich auch das Hätz-Uche rot nnd
schwarz karierte Gewand getragen — wie Lie andern!

Sie war nun vier Wochen im Aloensreder Stift in Gesellschast
aller dieser alten Damen, die sie umforgten und umfchtitzten und mit
rührenden kleinen Geschenken ihre ho-l-de, blühende Zugend erfreusn
wollten.

Jja war nie einsam und o-erlasien, so vrel Stunden der Tag
auch hatte.

Sie lerute feine Handarbeiten in Filetarbeit und das Seiden-
sticken im Rahmen bei Fräulein von Müller, die Pastellmalerei bei
der Oberin; bei Fräu-lein von Hofen hatte sie Gesangunterricht, und
Fräulein von Sassen lehrte ste die Mandoline spielsn. Und Zsa
wiederum sang abends nralte Liedchen am Spinett. „Robtn Adair"
und

,Ilus der Zugendzeit

L» . - - . Küngt ein Lied mir im-WÜiar »^ " T,

Träck?

Andächtig lauschten sie der jungen sühen Stimme, uud Tbv

lief über welkenüe Wangen. Der Winter zog jns Land;
war nahe — Alvensrede lag eingebettet in futzhohsm Schnee- ^
Scharfer Frost überzog den kleinen See m-it glashellow E!s-
Jsa zog ihre weitze Rodeljacke an u-nd fuhr Schlittsihuh au,
spiegel-blanken Fläche.

Lorenz hatte ihr anf einer Anhöhe im Park eine Rodelb^xyS
schanfclt, wo ste nach Herzenslust schlittelu konnte, oon ^
lustigen -Sprllngen umtollt. ^

Nierzehn Tage vor dem Fest kam ein Vrief vou Birgtd. de
klsinerer Brief ohne Aufschrift beigeschloffen war.

Birgid schrieb: ,

„Mein schöner Plan, Dich über Weihnachten zu mir naw ick

münde einzuladen, ist gescheitert, kleine Jsa! Zch liege A si§!l
Vreslau im Krankenhaus an den Folgen einer Blinddarwop^^ z»

darnieder. Aber auch eine grotze, grohe Freude habe,ich
inelden- Mein Bräutigam ist zurück und bekommt i"i
14 Tage Urlaub; die wollen wir in Swinemünde verlsoen- -^r-
Das anliegende Vriefchen bat mich ein „jemand". Dir
mitteln!

Ahnst Du, was das ist? —

Glück auf, kleine Jja'

Mehr darf ich Dir nicht verraterr!

Zum Frühling mache ich meiu Examen, Zsa!
llud dann? — llnd dann? — Kann man Pläne

u-uo oann r — eeno oann r — Rann man
dieser Zeit, wo noch immer dieser sinnlose Krieg uiut-si , -Arcl^
nungen und Träumc zerbricht? — So bald ich anfstehen oari.
ich Dir mehr. mein Eoldkind!

Treueste Grütze und Küsse oon
Der kurze Dezembertag ging zu Ende.

Dsiner

Dämmerung herrschte in Jsas traulichem Zimmer ^ > cm
weitzen Möbeln und den dicküauchigen Kachelofen, rn m u-
lustiges Holzfeusr knisterte und glühte. ^ p*

Sie selbst satz in dem tiefen Korbsesiel am F^ulter ^

i ilezen reoroiepel

gedailkenvoll in den alten Park, wo Vlauschimmernder ^ o

' - - - - W-gc und Rasenplatze


weigen «amroeaen jpannie uver Arsge uno ,7-, ,,„z

ganze stille Welt da drautzen, die sie schirmend nmschlotz
liebgewonnen hatte! .. .

Frieden war ihr hier geworden und Liebe und sseis ^
Frcundschaft! Sie fühlte stch wohl und geborgen ul oem
alten Damen, die ihr die verlorene Heimat zu ersetzen >

Der Znhalt des kleinen Briefes, den Dirgid jhreu ^ in d<
schlosien hatte, stürmte jauchzend wie der Fruhlmg^l
klösterlich« Abgcschlosienheit, in diesen tiefen salgl-'
 
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