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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 149 - 178 (1. Juni 1923 - 30. Juni 1923)
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Slire Aede des ZeMa«z?ers.

Dr. Tuuo über die wirijchastspolitische Ausgabr Ostprrugens.

Königsberg, 24. Juni.

Zn der Aula der HindenLurg-Oberrealschule hatten sich heute
«ittaq die Vertreter sämrlicher slaarlichen, provinzialen und städti-

schen Behörden, sowie Verireter der grotzen Wirtsmafts -
» erbänLe und politischen Parteien eingefunden, um eins An-
sprache des Reichsranzlers Lr. Luno entgegenzunehmen. Nach
einigen kurzen Begrüßungsworten des Oberbürgsrmeisters Dr. Loh -
meyer ergriff Reichskanzler Dr. Luno das Wort. Er führte etwa
folgendes aus:

Nichl um eine politische Rede zu hallen, bin ich hicrher gekom-
men, sondsrn um persönliche Fühlung zu nehmen mit meinem Lieben
Königsberg, an das mich vier Jahre froher Kindheit erinneru. Jch
sehe in Ostpreutzen wertvollsten wirtschastlichen Wiederaufbau. Zch
bin mir ntcht darüber im Zweifel, datz der Angelpunkt und der
Mittelpunkt des östllchen Wlrtschaftslebens, schon
weil die russische und dic randstaatliche Wirtschaft nicht ohne deutsche
Mitarbeit und deutsche Technik erstehen kann, durch Ostpreutzen
gehen mutz. Bei allen unseren Eorgen für Rhein und Ruhr wird
Ostpreutzeu nicht vergcssen weroen. Ein Dedanke ersüllt uns vor
allem: Was wrrd die Zukunft dem Reich im ganzen vringen? Wird
es in der Lage sein, seine Versprechungen einzulossn, die es heute
gibt? Diese Frage lenrt osn Blick nach den am meiften gefähroelen
rvebieten Les üeutschen Vateriandes. Äus eigener Aeberzeugung unü
Erfahrung kann ich fagen, datz der Eeist der Abwehr und derWikle
zum Widerstand noch ebenso fest sind wie damals,
als die fremdenTruppen ihrenEinzug hielten.
Das gibt uns die Hossnung, datz sich, wie der Wille des Volkes an
Rhein unü Rlchr unüberwindlich ist, m politischer uno wlrtschastlicher
Beziehung die ganze Volksgemelnschaft eüsnso. unüöerwindlich er-
weissn w'.rd. Daher mutz un>ere Politik eine aufrichiige und gerade,
aber auch eine Politii fein, vie bestrebt ist, dre Leidcn dicser echten
«eiitl.'bsn Menickien niiti! nlier lii- m n<--i.snnn>!rn Ni^i--, ikt nn-

NNS das Letzte an Opfern herausholen, nicht für uns,
sondern für unsere Kinder und Kindeskinder. Der.tschland ist nicht
verloren und wrrd nicht verloren sein, wenn es sich nicht selbst
aufgibt!

Die Rede des Neichskanzlers wurde wiederholt von lebhaftem

Deifall unterbrochen. Nach Schlutz der Rede l-rachte Obsrbürgsr-

meister Dr. L o
land und Rei

meyer ein Hoch aufdas deutsche Vater-
fskanzler Cuno aus.

deutschen Menschen nich: über Gebühr zu vcrlängern. Nichrs ift un
versücht geülieben vor und srit dem Einbruch in das Ruhrgebist, was
dazu dicnen rönnte, eine vernrinftige und tragbare Lösung der Repa-

rarionsfrage zu finden, eine Lösung, die endgültig ist, und nie wieder
wis icvl NeiiüchlaiM einem kinbri!<li on sithsin UNd Ruhr LUSsetzt,

wie jetzt Deutschland einem Ernbruch an iiihsin und
die mit der Abtragung der Lasten uns auch die volle Jreiheit unseres
Volkes gswährleiftet. Was von dem Memorandu'.N srwartet werden
konnte, tst ini wejentlichen erreicht worven, denn von vornherein war
ss klar, üatz man nicht ourch einen wie immer tzeartel>LN L-chritt von
heute auf morgen zu Verhandlnngen am jelben Tisch
mit Frankreich kommen konnte. Was srreicht werden konnte,
war, dis Welt zu üverzeugen, datz

ss der anfrichtige Wiile Deutschlauds ist, nachbarlich mit
anöelen Lölkern zu leben, AeparaLioneN nicht zu vsr-
spreche», soudsrn zu zahle«, und hierzu alle KrLfte
unseres Volkes bis zuin äLtzerste« a»zuspa«ncn, rmter
der L'sraussetzung freiiich, die es ilnnrer voranjtelleu
mutz, das wir sagen tonuen: Am Eude vieser LSistuuge«
steht die Freiheitl

Es ist, WLNN -ch die auslündische Presse recht verftehe, ein starter
Fortjchritt gemacht worden, wennglerch Frankreich noch nicht verhans-
iungswillig ist und immer noch sis ^instellung ves passioen Wlder-
stLNv'es verlangt, eines Widerstanoes, der nichr auf Befehl, fondern
aus kem Wrllen der Bevöikerung errvachsen ist, und.der nicht nach-
lassen wird, jo lange noch ein deuijches Herz in jenea Gebieien für
Deutschland schlagen wird. Diesen Widerstand könnte keine Regle-
rung, selbst wenn sic es wollte, durch ernen Vesehl beensen, wenn
jie nicht der gemarterten Bsvülterung den gcsrcherien Weg zu einer
Lösung der Gerechtigkeit und Billigteit aufzeigen kann.

Nlcht Ler Eeoanke an Ecwinn und seinc Sicherung dars voran-
gestellt werden, jondern der Eeüanke, wie wir Dolk uno Vaterland
am beften dienen. Auch wir, die wir in oer Heimat leben, müssen
uns in die Pflichten der Frsnt teilen. Die Re:chsregierung und ich
üns gewillt, mii Rück s i a, ts! o j i gk e i t gegen die Kreise oorzu-
geben, die sich dieser Pflicht entziehen. Man hat uns entgegen-
getzaltsn, datz manchc Maßnahmen einsr gesunden wirtschaftlichen
Auffassung widersprechen. Äber leben wir venn in einer normaien
Wirtjchaft? Zu einer wirklichen Essundung unserer.Währung tünNen
wir nicht konimen,' so lange wir die Besctzung von Rhein und Ru.hr
mrd die Frage der Reparationen nicht geregelt haben. Aber auch die
Matznaymen der Beüörden werden nicht helfen, wenn nicht das
ganze Volr h i l f t, wenn jeder einzelns sich nicht jagt, datz es
Verrat wäre, spelulativen Eigennutz auf Kosten Ler Eesamcheit
zn treibcn und dem Luxus und Wohlleben sich hinzugeben, das dem
Rechtsempfinden'die Schamröte ins Eeficht treibt. Wenn es gs-
lingsn soll, die Lage zu beherrschen, miissen wir in der Frage der
Währung, der Anpassung der Löhne und Gehälter
an die Teuerung, sowie in dcr Frage derVolksernährung
gesichert sein! Ostpreuhen ist die Kornkammer des
Reiches. Deshalü mutz gerade hier alles geschshen, um dem Volk
sür die nächsten Jahre und die Zukunst das Brot zu sichern.
Das Schick'a! der Ernährung und ramit auch das Schickjal der Land-
wirtschaft ielbst rst in dic Hand dsr LanLw«rte gelegt. Ich dars er-'
warten, Latz alles gstan wird, um diese grohe Ausgaöe gegsnüber
dem Bol! zu erfüllen, jo gut es m.r irgend möglik) ist. Lassen Sie

Tagung der Bcrtrrtcr drr Rheinprovinz i» Barmen.

DLssrldorf, 25. Inni.

Der Rhsinifche Prooinziallandtag trat nachMitiag
2 Uhr in Barmen zufammen, um di-e dringenL-sten Angcleg-enheiten
dsr Prooinzialverwaltung zu erlsLigen, in evst-er Lin:e also, um den
Haushaltsplan und die Provinzialsteuern festzu-stcllen.
Wohl niemals ist die Vertretun-g d-er Rheinprovinz in schwerer un-d
ernsterer Zeir zusammengstreten. Das zeigt schon der TaguilgLori,
d-rr gewähu werdcn mutzte, da die ausgewiesenen AbgcorLneten an
sincr S-itzung in Düsseldorf nicht Leilne-Hmen tönnien. Der
Haushaltsplan wurde Ende MLrz auf-gefiellt und -sthlotz dL-m-als mit
einer Gesamta-ULgaLe pon 100 Milllarden aö. Man haile im
März gshofft, oor dem Anfang staüiler VerhLltnijse zu stehen und
durch Einsetzung weiterer 10 Lstilliarden zum Ausgleich zu kommen.
Jnfolg-e des Sturz-es unssrer Valuta ist -dicse Hofsnung jed-och nicht
annähcrnd in Crfüllung gegangen. Von Ler GesamtausMüe von
110 Milliarden sin-d gedeckt durch eigcne Einnahmen ü-er Provinzial-
verwaltung 48 Mill.arden. Durch Pro-vinzialstvuern follen wcitere
22,5 Milliard-en ausIebracht werren, so datz noch 39,5 Milliarden
durch Reichsiiberweisun-g, BesolLungszuschüsse und Staatsdotatlonen
au-fzub:ingen sind. Ob L-ie entsprcchenden Beträge vom R-eich un-d
vom Ctaai ein-gehen wevden, hängt allerd-ings von den llmständen
ab, die heute noch in teiner Wei-se zu üb-ersehen find. Der Pro-
vinzi-allairdtag als dis berufsn-e Vertretung der Rheinprovinz wird
auch zur polrtischen Lage St-ellung nehm-en.

M rrinigendes Geviiirr.

Ver-

folgenVK'

Neue Drangsalierungen durch die Besatzung.

Köln, 25. Juni.

der „Kölnischen Zeitung" wird der Stratzenüahn-

Nach „

verkehr in Düsseldorf mil der linken Rhsinseite am Niederrhein
ab heute Ledeutende E i ns ch r ä n k u ng e n erfahren. Au-f Befehl
Ler b-elgischen Befatzungsbehörde wird aus sämtlichen Ctratzenbahnen
im Kreije Moers die Zahl ver Fahrten v«rringert. Auf oen Steh-
plätzen darf nur die vorgeschriebene Zahl Fahrgäste ste-hen, im
ZnK-ern Les Wagens niemand. Der Güterverkehr ü-ieser
Stratzenbatzn wird vollftänd-ig eingeftellt. — Jn der Nacht vom
Freiiag zu-m Samstag wuros ein neues Bombenattentat
auf einen Güterzug zwischen Bellheim und Rheinzabern
verübt. lleber die Bombc war-en bcreits Güterwagen hinweg-
gefahren als sie exploüie-rte und üen siebenten Wagen in d:e Lufr
warf. Als San-ktlon wurüe die Verkehrsfperre Lber Beli-
heim, Rheinzabern und Werth verhängt. — Die fran-
zöstjchen Truppen yaben gestdrn in Wülfrath die zwangsweije
Beitreibung einer der Stadtgemeinde Luforlcgien Kontri-
bution von 20 Millionen vorgenommen. Dei den öffentlichen
Kassen erbeuteien sie nur 4 Millionen Mark, aüer La fie mit diesem
Ergebnis anscheinend nicht zusrieden warsn, jo nahmen fie alte er-
reichbaren Büroeinrichtungen, Mobel uiw. mit fich. Eine Schätzung
der geraubten Einrichtungen «rgibt einen Werl, üer sich auf ras
Zehnfache derKontributionssumme beläust.

Bon «nserer Berliner Reöaktio«.

Berli», 25. Jul«

Die „Deutjcho Allgemein« Zeitung" äutzert sich zu den
handlungen im llntersnchungsausschutz

matzen: , . „

Was interesstert die Oeffentlichkeit eigentlich noch an oen
handlungen des ..Untersuchungsausschusses des ReichstageS -
es heute, wo der Dollar auf 140 000 gestiegen ist, nicyt ems ^
lutc Sache qeworden, den Eründcn nachzuforfchen, wesyaw
,-wei Monaten von 20- auf 30 000 Akark gesprungcn 'st-
Tat sind die Dinge, um deren Aufklürunq man sich im -"-u ...j
bemüht, schon lange überholt,- irotzüem sind sie für dw
Oeffentlichkeit von erheblichem Jnteresse, nicht so sehr, weil
hineintraqen in die wirtschaftlichen Transaktionen, als on
wci! sie uns den Erad fanatischen Hasjes onenrar---. .
Lem ein Teil der deuischen Presse den Namen um me T
Stinnes' verfolgt und uns an einem klajsischen Beijpie. Z
wie es um das Material dieser Kreise in ihrem wütendsn rca-
qegen Stinnes stchr. cc? rr«

Zunüchst eine Vorbemerkunq: Die Person des rrc,
Stinnes kommt für uns nach wie oor üoery ,
nicht in Betracht. Wir stehen ihr mit der gleichen, menn -
noch qrötzeren llnvefangenhelt qegenüber, wre jede.Nedak"on,
auf sich hatt. Lem Bcsitzer ihres Vlattes gegenüberstelu.
„Dcutsche Allqenieine Zeitunq" ist kein Hausorgan der
Stinnes, und die qefchafttichen Transaktionen üer Fftma lnr ^
«ssiercn uns nicht mehr als jeder andere wichtigc wirtichm -
Vorgang. Deshalb haben wir auch nie unsere Aufgabs dani
blickt, hinter jeder lindischen Verleumdnnq ües Namen ^^
mit dem Dementierapparat herzulaufsn. Fühlte B«

konzern, was nicht eben häufiq war, das Bedürfnis, iallcyen
hauptungen entgegenzutreien, jo gaben wir selbstverstänbllw
Erklärunqen an hervorragender Stelle unseres Vlattes
üLrigen aber war unser Standpunkt: latz fis schwatzsn. -llon L.Z
sem Stanvpünkte werden w-r auch in Zukunft nicht abgehen.
betrachten die Art und Weise, wie in einem Telie.der deu->w-
Presse nun schon seit Zahren mit steigenüer Jntensität 1^0 ,

gleichgültiqsten privaten Angelegenheiten des Herrn sjf
behandelt werüen, als ein Zeichen für die furchtbare Derw- ^
derung der politischen Sitten in Deutschland.
unssrerseits werden^Liesem Beispiel nichd solgcn, wir lehnen es

den qeschäftlichen TransKktionen erwa der llllsteingebrüder

av

ode«

se-

an-dcrer Verle-ger nachiugehen. Wir werden auf das Njoeau ' -
Preffe nicht heruntersteigen. Was nun den Verhandlunvcn
ÜntersuHungsausschusses auch heute noch Jnteresss ^

wahrhaft katastrophals Zusanrmenbruch, den sie nichiswuroige .
im letzten Erunde den Zntercssen des nationalen Abwehrkamvi^-
am Rhein und an dsr Ruhr schwsr gefährdsnden Angriffe u M
Stinnes erlebt haben. Es war ein „politischer" SkanLal,
hier vollzog, und zuweilen konnten einem die Kummerknavcn ^
nahe leid tun, die stotternd und daumenwindcnd dastand-sn,
br-ave Herr Oejer, ein umgeiehrtes Gretchen. das auf iede o^j^
ob er dies und jenes gcwutzt habe, nur mit einem verschämttn .
antworten konnte. Noch nie wohl ist der Stand der
redakteure fo furchtbar blainiert worden, wie durch Herrn ^e.>
dsn eigentlichen Kopf der Schlange, die zuerst in der »F?nm.i

Zeitung" zu zifcheln beqann, bis dann die
llllsteingebrüder das alt-gewohnte Hetzsignal gegen

vei

bewährte Preffe

Stinnes uvsr-
von ke«

Besetzung eines weitere« Hafens.

Am 24. früh erschienen in Leopoloshafen, 20 Minuten nördlich
K-arlsr-che, ein sranzöstfches Kommando, um für 2 Offiziere, 4 llnter-
offiziere und 80 Mann Quartier zu machen. Die Truppe felüst traf
per Moto-rboot, von Pfortz in der Pfalz kommend, um 2 llhr «in.

Ein deutsches Gelöhm's.

Detmold, 25. Zuni. Jn einer Versammlung, an der etwa
800 Flüchtlinge teilnahmen, wurde auf dcn einstimmig ange-
nommenen Antrag eines Teilnehmers eine Entschlietzung ge-
fatzt, in der es heitzt:

Die im Frsistaat Detmold untergebrachten Eisenüahner von
Rhein und Ruhr haben in der heute zu Detmold im Oüeon abge-
haltensn Versammlung einstimmig beschlofsen, datz sie trotz der ge-
waltfamen Entfernung von Heimat, Haus und Hof entschlosssn
sind, alles zu tun, um den K am p f u m Rh e i n u n d R u h r für
Deutjchland erfolgreich zu gestalten. Keine deutsche Regierung i den plötzlichen

nahm und es dem nahsverwandten „Vorwärts" lveitergab. von "
es weitsr an die „?kote Fahne" ging. „Fran-furter >
Ullsteingebrüder—„Vorwärts"—„Rote Fahne": Man brauckft
diese politische Brüderjchaft anzusehen, um zu erkennen, vap

es

bei ihrem Vorstotz nicht um eine wirtschaftliche Einheitsfront, i
dern um eine politische handelt, für deren Zustanüekommen ^
fchaftliche Argumente nur den dürftigen Vorwand botsn.
„wirtschaftlichen Argumente" sind am Freitag vsrflogen wie
Spreu, die der Wind zerstreut. ALer auf dies kam
Brüderschaft gar nichi an, das ging schon aus dem lächerlich ger
RoilN» bei-nni- dr>n die ni>nnnmipn Joiiiinn.n -vniiaüienv

Raum hervor, den die genannien Zeiiungen dem Tatsache-
aus der Sitzung des Ausjchusses widmeten. Und ebenio . --
Oeser nach dem zermalmcnden Zujammenbruch ftrner

mente unter der schallenden Hsiterkeit der ganzen

Argw
Kom:

miffion und aller Zuhörer gsnz 'unbefangen fragte: „Habe
denn nicht recht gehabt?" so erklärt auch hvuie

hinter ihm stehende Presse: „Wir haben ganz recht gchabt. rrs
allss fo gewessn. wie wir ' " ' ' ' v

-— -- -oir gefagt haben." Gerade diese Halkuog

linksstehenden Prejfc g-hörr znm Eesamtbild. denn jie bewenjt Auf-

lich, datz es den Ängreifern nicht so sehr auf eine sachlich?.

klärung ökonomischcr Verhällnisse. als vielmehr auf

tierung eines politischen Gegncrs ankommt, anöcrnfalls
ruhig zugeben können, sie wutzten nicht, datz die deutschen Loioni
ohne Kohle waren, wenn sich nicht Stinnes in der Not „ellt

zum grStzten Koylsnimporteur Deutschlands umg^

hütie, datz es ebeiü der Bedarf der Reichsbahnen mar,
.. ' ' " ' ' visen heroorr<uno

starken Bedarf nach Dei

d-arf es wagen, die rheinischen Eijcnbahnen an cine franzöfifche, bel- datz, wenn wirklich dic Deckung dieses Bedarfes den Stein ins R
gische oder auch internationale Regie abzutreten. brachte, der die künstliche Markstützung zusammenbrechen lieg,

Skolleu

hier





Roman von Jeuuy Freifrau Schilling v. Lanstatt.

38. Fortietzuug. Nachdruck verüote».

Jetzt erst, in dieser Stunde, fühlte Jsa. wis ihr Herz sich jehnte
nach dieser Heimat, nach dem ." ^ -

blästsn Meer, mit Pinem wettzen
Strand, wo die bunten Fähnchen im Lommerwinv flaltsrten, wo
hinter der Mole die alten Boote lagen .. wo es fo ftill war...
fo einfam... wo nur eine Möwe sich hin vsrflog...

Dort hatte er sie gekützt — üer einzigr Mensch, der ihr gehörre
-- zu ihr gehören wollte ein ganzes Leben hindurch'

Und fte hob die Armc und rief ganz lsise: „Nu!"..- „lieber
Heinz!" Erst das Elück der Frcundin hatte ihr gezeigr. w i e einsam
ste war.

Wie einsam sie alle waren, die hier wohnten im Stift zu Alvens-
rede, und fchauerte fröstelnd zufanimen.

,^Zch will ihm fchreiben-bald — bald! Msine ganze Seele

will ich ihm zeigen und ihm sagen. wie gut ich ihm bin!" dachte
Zsa, und tief aufatmend lüste sie das Siegel und öffnete das
Paketchen.

Das kleinc Buch mit den Aufzeichnungen ihres Vaters laz vor
ihr, und sie bsgann seinen Jnhalt langsam und aufmerksam zu
duÄhlesen.

ALer fie las nicht mii dem Scharfjinn, dem Argwohn, der Simon
Leoy beim Lesen bsseelte, der seine Aufmerksamkeit auf höchste ange-
spannt hatte.

Zsa las, wie eben ein Mädchen von achtzehn Zahren liest, mit
einer gerührten Ausmerksamkeit, die dem Toten gali. den sie nie
ksnnen lernte durfte und der ihr Vater war. Wohl erinnsrte jie sich
beim Lesen der Lchilderung, die ihre Mutter oon Hatzlinghaus und
Elvira von Hatzlingen entworfen halte: aber sie konnte dem kleinen
Buch die Wichtigkeit nicht anerkennen, die ihr Vormund diesen Auf-
zeichnungen beimessen wollte.

Dies alles, was da geschrieben stand, war ja so alt, älter, als
fis selbst, mutzte Jsa Lenken, währsnv sie das kleine Buch sorgfältig
verjchlotz.

Zhre Eedanken kehrten in die Gegenwart zuriick, zn Birgid und
Doktor Bergen, und dann zu dem Mann, dem ihr junges Herz, ihre
ganze Liebe gehörte.

Was galten ihr die letzten Aufzcichnungen eines Toten, wo das
Leben ihr wintte mit tausend und aber tausend blühenden, duften-
den Rofen, wo die Liebe sie grüßte mit den Worten' „llnd wiv
fchön und fonnig will ich Zhnen dies klein- Heim bereiten es
schmücken mit aller Liebe, aller Anbetung, darin Sie wohnen söllen
wie in einem Heiligtum!" Und Zsa hatte heitze Wangen und leuch-

tende Augen, als sie an diesem ALend Len Speisejaal betrat, rvo
alten Freundinnen fie lüchelnd begrützten.

hre

II.

Fräulein Elvira von Hatzlingen satz beim Frühstück Das helle
Llchi der Märzfonne süllre das große, hohe Gemach, funkelte auf dem
silbernen Teegeschirr des Tisches und kützte dis blühenden Topf-
pflanzcn im Erker, die Veilchen, die Maiglöckchen. die Krokujse,
die hier farbenüunt zum Licht emporstrcbten und ihren siitzen Duft
schmeichelnd aushauchten

Es war ein schöner, harmonischer Raum, ser das alte Fräulein
von Hatzlingen umgad, doppelt traulich durch das Feuer, das im
Hintergrund in dem grotzen Kamin slackerte und glühte.

Aber trotz der heiteren, jchönen llmgebung, trotz em rerlich
gedeckten Tische mit semen Vlumen, seinem Backwerk, der köst.rch
duftenden Marmelade und der leckeren Fischsülze sah das Frtulein
mitzmutig in den jonnenhellcn Morgen.

Sie hatte die Teetasse von sich geschoben und las in einem
Kontobuch, dessen Zisfern sie eifrig zusammenzählte. Zhre auffallend
schönen Hände, die, weitz und wohlgepslegt, von kostbaren Ringen
funkelten, bogen sich einwärts wie Krallen.

Fräulein Elvira von Hatzlingen hatte sich in den 17 Zahren, da
sie Herrin über das grotzc Vermögen ihres Onkels wurde, wenig
oerändert.

Zhr Haar war noch elenso glänzend und dunkel, -hre Gestalt
noch ebcnso schlani und aufrecht. ihr Eesicht nach ebenjo farblos, so
abstotzend häßlich mit der grotzen Nase, dem zurückfliehenden Kinn,
wie an jenem regentrüben Novcmbcrtag, da Maria von Hatzlingen
in diesem Zimmer stand, um Auskunft über ihren Gatten zu erbirten.

Aber üiefen Besuch hatte das alte Fräulein von Hatzlingen
vergessen, oder vielmehr sich bemüht, zu vergessen, was in der Ver-
gangenheit lag, wo sie arm, abhängig, in einer dienenden Stellung
in diejem alten, fchönen Haus war-

Jhre ganze Zugend hacte sie hier verbracht, geopfert den Launen
eines alten, verbitterten Mannes, der das Lcüen cines Einsiedlers
führte.

Mit merundzwanzig Jahren, als ihr Vater plötzlich starü, hatie
er sie zu fich genommen. Er war der einzige Verwandte, den ste
aus dem Haus ihrer verstorbcnen Mutter besatz.

Jhr Vatsr war ein kteincr Beamter gewesen und hatte ste in
dürftigen Verhiiltniffen zurückgelassen.

Zum Lernen und zum Studium hatten die Miitel gefehlt, und
sie ware gezwungen gewesen, eine Stellung als Stütz» bei fremden
Leuten anzunehmen, wenn Onkel Theobald ihr nicht eine Hcimstätte
in fernem Hause angeboten hätte.

Trotz seinem Reichtum war der alte Herr von einer Sparsilinkeit,
die an Eeiz grenzte-

Die Fllhrnng des Haushaltes war überaus einsach unü ^
von den beiden langfährigen Dienstüoten, dem Diene: Frlioriw
der Köchin Babette, zur vollsien Zufriedenheit des Hausherrn g
Sie warsn die Anspruchsloslgkeit des alten Herrn -oohi o
den, die ihnen keine zu grotzen Lasten aufbürdete. Ackiwen'

Nur in einsm Punkt war der alte Herr beinahe cin -^ftchen
der! Er war ein Llebhaber ron altem Schmuck und jenen zre
Nippes, wie sie> zur jZeit Luüwlgs XIV- ihre Glanzzsit yan - ^
Grotze Kränklichkeii hatten feine Kindheit, felne
schattet. Er war das einzige Kind seiner Eltern gebriöben,
grotze Reichtum, dsn sie ihm hinterlietzcn, bewahrie >0" T--.
Stürmen und Mühfalen des Lebens. Er hatte die besten -.„tzjum,
Erzieher gehabt, er lernte leicht nnd gern, aber zum erMten .r-
zu einer Lerufswahl, sehlte seinem schwächlichen Körpcr di
Er war ein arnier Reichcr, trotz allem Lnxus, cer
ein Ausgestotzener aus dem jauchzensen Kreis der Zsjunoen, ^ . ^
Nach dem Tode seiner Eltern zoa er sich mehr uno uieyr
Welt und Verkehr zurück. Er reiste oiel. von seinem trene
Friedrich öegleitet; jahrelang hiclt er sich im Äusiavde aui- gch
llnd von all den Ländern, die er besucht hatte, ^^^forschte-
.-nt-i, mit, kostbare Raritäten, deren^Ursprung er

stiüen

Andenken , , ....

über dis er studierte und nachschlug in den Werken seiner rel
Bibliothek. ..

Die toten Dinge gewllnnen Leben in seinem schone
Arbeitszimmer. - . ^»irnnis-

Sie erzählten ihm ihre Eeschichten, ste schufen ern »^ranker.
volles Traumland um ihn her, in dem er vergatz, datz er ern
stecher Mensch war von Kindesbeinen an. . wor^

Als Elvira in sein Haus kam, war er ein Sechzrger, ^ sjch
karger. vsrbitterter Sonderling in deffcn wechselnds Laun
ohne Aufl-ehntmg zu fügen verstand. . srankro

Ja, mehr noch, sie lernte die schwere Kunst, sich ^em
unentüehrlich zu machen. ^ä-merzeck

Sie las ihm vor, wenn er nicht einschlafen konnte oor jym,
in den Eliedern, sie spielte unermüdlich Schach und . Klas-

sie heuchelte Jnteresse an den Kunstfchätzen, die er in gr 6-
schränken sorgsam verwahrte. ^ nach

Aber aus diesem geheuchelten Jnteresse wurde^nach^^ L>nkfl

künstlerisches Verstehen. Nicht minder eifrig als ^iyr ^ ^j^ sje

las Elvira in den Aufzeichnungen, die er dariiber -/„nme, ^
r-1»_cir<_tlefen SI'»"

ihm in stlllen Abendstunden vorlas Mlt ihrer
etwas Einschläferndes hatte. Und die Jahre cnteilten. ^

Elvira führte ein Leben wie hinter Klostermausrn. rber -
aus. . . dereinst

Unverrückbar hatte fie ihr Ziel im Auge: Herrin yie
zu sein, wenn der alte Herr die müden Augen solgt-)
 
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