HrsmckrKanspoVtA aAf de« deuchhe« NswensLrängen heüunM-
hämmern. Frankrsich ist a>uf Lsm KriegspfaLe. Es gM keine
„Sichelcheit" für FraEeich, ehe ihm die nnbestrittene Herr-
schaft in Europa zugefallen tst, und da ist ihm der pastive
Widerstand des Ruhrgediets im Wege. Es kann das Ruhrge-
biet, Sas Rheinland, das Saargeoiet und die Jndustrie
in Baden nur annektieren, wenn durch eine neue Lriegserklärung
der Versailler Vertrag in tleine Stücke zerrissen werdsn kaun. Es
rschnet damit, datz dann im Rest von Deutschland, von dem dann
vielleicht auch noch anLere Nachbarn etwas auf franzvsischen Befehl
abreißen werden, ein Chaos stch entwickelt, daß Zuständ« ein-
treten, die es derr von den Franzosen desetzten Teilen wünschens-
wert erschsinen lassen, lieber Frankrsichs Joch zu ertrazen als in
den Untcrgang „des AbendlanSes" mit hinelngerissen zu werSen. Jst
Frankreich aber erst so weit, ist RsstSeutschlanio ganz „kaputt",
ist Sie Ruhr und der Rhein und alles übrige fest in französischen
Händen, dann — Frankreich besitzt Sann Surch die VereinigungLer
deutsch-französischen Jndustrie die gröszten Werkstätten Ler Welt.
Krupp und Erhardt haben sich heute vollkommen auf Friedens-
erzeugung umgestellt. Keine Kanonen, keine ll-Boote, keine Tanks
uns Maschinsngewehre werden dort mehr entworfen odei ausgeführt.
Paris ist stcher vor deutfchen Riesenkanonen oder Ftugzeug-
gefchwadern. JstLondonsiiher vor im-ünftizenfran-
zösischen Essen hergestellten Flugzeugen und
Kanonen? Jst ein Zweifel Larüber, daß die Franzofen, wenn
sie können, in Essen wieder Kanonen gietzen werden? Napoleon
Lam Lank Nelson nicht nach London, aber oielleicht glückt es
Poincars dank Krupp. Dann kommt die Rache sür Tra-
falgar, für Abukir, für Waterloo, für Faschoda --
und für Dersailles! Dann erst ist Frantreichs Sicherheit
wiederhergestellt, dann ist Ler Tag des Ruhmes angebrochen,
„Is goao lla krlairs sst airivs". L. I-.
Sie Mlche Srrlogklcheit.
Eine neue scheinheilige Rede MilleranLs.
Von unserem U-K or re >pondenten.
Paris, 26. Juni.
Bei einem Frühstück, welches dis Vertreter der auswärtigen
Presse heute veranstalteten — die deutschen Journalistsn gehören
selbstredend dieser Nereinigung nicht an — hielt Millcrand eins
Rede, in der er die französische Politik zu rechtfertigen suchte.
Als Franlreich uach drei Jahren vergeblicher Versprechung im Ein-
vernehmen mit seinen belgischen Freunden jich entschloh, üie Methode
zu ändern und Zwang anzuwenoen da, wo Sie Ueberredung scheiterte,
Lrauchte man, um seine Aktion zu oerstehen, keinerlei Hintergedanken
zu hegen, die nichr eingestanden werden könnten. Kann man nicht
zugeben, fragte Millerand, dag ein Volk den Wunsch hat, sein Eut-
haben zu erhalten und datz es ihm widerstrebt, immer hingehalten
zu weröen? Der Frieden hat zwar die Bandc, die durch den Krieg
gelnüpft worden waren, gelöst und hat jedem Volk die Freiheit
seiner Anschauung und seiner Entschlüsse zurückgegeben, (? ?) aber
dte Sache, für welche die Alliierten kämpften und siegten, blieb
nichtsdestoweniger bestehen. Mit ihnsn und durch sie hat eine ge-
misse Weltanschauung und Zivilisat-on den Sieg davongetragen-
Frankreich hörte nicht auf, das zu lieben, was seine Toten liebten,
und Las zu hassen, was sis verachteien. Millerand glaubt nicht
daran, dasz das Einoernehmen mit den Alliierten aufhören könnte.
Eine solche Annahme wäre unzulässig. Er fordert die auswärtigen
-Journalisten auf, ihren Landsleuten zu sagen, dag Glück und der
Friede der Welt vondem republikanischen Frank-
reichnichtszufürchtenhaben. (!!!) Es wäre das furcht-
Larste Los^ das Frankreich treffen könnte, wenn es verkannt
werden würde.
Eine -unkle Erllärung.
Ztalien beharrt aus dem Standpuukt seiner letzten Note.
Von unserem L-Korrejpondenten.
Paris, 26. Junt. «
Die italienische Regierung gibt etn Lebenszeichen von
fich^ datz sie sich noch immer für die Ruhrfrage inter-
essiere. Eine offiziöse Note erklärt, datz die italienische Regfe-
rung fortfahre, während der franzüsisch-englischen Verhandlungen in
Ler Ruhrfrage eine Haltung einzunehmen, die den Erundsätzen ent-
spreche, welche Mussolini in seiner letzten Note an Deutschland
geäutzert hatte. Die italienische Regierung ist werter der Anschau-
ung, datz die Ruhrfrage innerhalb des allgemeinen Rahmsns der
iuieralliierten Schulden und des Reparatiönsproblems gelöst
werden solle.
Man wird zugeben müssen, datz dieje Rote wenig klar ist; über
allgemeine Redensarten kommt sie zweifellos nicht hinaus- Jrgend-
einer Einslutznahme scheint sich das italtentsche Kabinett weiterhin
enthalten zu wollen.
Mer sranzösischer Schreckensherrschast.
Das WLtsn gegen die wehrlose Bevölkerung dauert an.
Berlin, 26. Juni.
Aus dem Ruhrgebiet wird gemeldet: Jn Eladbeck wurde am
24. Juwi auf der Halthauser Stratze ein Sch'Uhmachcr aus Horst, ein
Inoalide, der im Kranbenhaus rn Horst-Emscher als Pfleglinz
untergebracht war, von einem delgischen Posten erschossen.
Ferner wurd-e in der Nacht ein Mann von etwa 49 Jahren, dessen
Personalien bis jetzt noch nicht evmittelt wovden sind, an der Zechen-
bahn in der Nähe der Berliner Stratze ebensalls von einem
delgischen Posten erschossen; die Belgier brachten die Leiche morgens
ins hiesige Kranlenhaus. — Am 25. Juni vorniittags lnallte ein
im Dienste Les Fuhrgeschästs von Moll in EeIsenrirchen stehen-
der Fuhrm-ann am Hafen Bismarck in Wanne zweimal mit der
Peitsche, während ein französischer Ofsizier vorbeiritt. Der
Offizier richtete in dem Elauben, es seien Pfftolenschüsse, seinen
Revolver aus die im Hafen am Erzlager besckiästigten Ar-
beiter. Diese zogen' sich daraufhin zurück. Als di« Arbeiter wiedcr
zu ihrer Arbeitsstätte zurücklehrten, wurden sie von französischen
Truppen umringtz sie muhten die Hände hochheben und sich einer
Leiüesoi'sitation unterziehen, die ergebnislos verlief. OLwohl
kein Arbeiter Waffen bei sich trug und obwohl von Franzosen selber
Lsr Vorsall aufgeklärt wurde, glaubten die Kranzosen trotzdem, üatz
Revolverschiisfe gefallen seien und stellten die Arbeiter unter Be -
wachung. Da die Arbeiter jedoch unter srauzöfischer Bswachrng
nicht arbeiten wollten, legten ste die Arbeit nieoer. — Wie
Haoas aus Düsseldorf meldet, ist in der gleichen Nacht, in Ler
du-rch einen französischen Wachtposten ein Hauptmann des 67. Jn-
fanterieregiments getötet wurde, auch ein Soldat des 46. Jn-
santerieregiments von einem Wachtposten bei Calknm nürdl-ich
von Düsseldorf, der Lem gleichen Regiment angehört«, getötet
worden. — Jn Buer, Las schon unter -der sranzöstschen Herrschast
Unsägliches hat erdulden müssen, haöen die Belgier etn
Schreckensregiment eingeführt. Die für die Erschietzung der
beiösn bel'gischen 'Soldaten verhängten Sanktionen werden aufs rück-
sichtsloseste durchgeführt. Noch vor dem auf 8 Uhr abends f-est-
gesetzten Beginn der Verkehrssperre rcks-en Panzerantos durch
die Stadt unü streifen Patrouillen durch dte Stratzen. Die von d-en
Belg-iern verhafteten Passanten miissen auf der Wache üie ganze
Nacht stehend, mit dem Eesicht zur Wand gskehrt, zuüringen. Einenr
üer Festgenommenen wurde von Lelgischen Eoldaten ein Auge
a u s ges ch la g e n. Bisher wurden oon den belgisch-en Soldaten
erschossen: der 19 Jahre alle Elektromontenr Wesemeier
und der 23jährige Tombrinck. Beide w«ven in der Städtffchsn
Easanstalt beschastigt. Sie wurden erschvssen, wls ste üei der Rück-
kehr von einem Spaziergang sich vor 8 Uhr der elterlichen Be-
hausung näherten. Ein weiterer junger Mann wurde kurz nach
8 Uhr abends durch einen Schutz in den Oöerschs.nkel schwer ver-
letzt, der von belgischen Soldaten durch ein SchausenstS'l m eine
Wohnung hineingeseuert wurde. Schwere Verletzungen erlnien noch
ein Bergmann Schubert in der Mü-hlenstratzL, dem eine belgische
Kugel durch beiide Beine drang, und ein Anwotzner der Ackerstratze.
Die Verkehrssperre ist nur insofern gemildert worden, als Aerztc,
Eeistliche und Hebammen nach 8 Uhr abends dte Stratzen betreien
dürfen, wenn sie einen Ausweis bei sich führen und ihrcn Weg mit
erhobenen Händen zuriicklegen.
Der Terror spotiet jeder Beschreibnng und ist von so un-
geheurer G ra u sa m k e i t, datz man wtrklich meinen könnte,
datz Lie bel-gischen Trnppen Lie Abstcht haben, die belgischen Kongo-
greuel im Ruhrgebiet neu zu inszenieren. Die Velgier seuern,
wie vielfach beobachtet werden konnte, auch auf Personen, die an
den Fcnftern ihrer Wohnungen stehen. Jn zahlreichen Fällen wnrden
erleuchtet« Fenster ohne ersichtlichen Erund zertrümmert. Di« oon
. den Delg-iern mit rücksichtslössr Strenge dlurchgefiihrten Zwangsinatz-
nahmen bilden auch ani Tage ernfte Verköhrsbeschränkungen. Jn
gowisten Abständen stnd auf Len Stratzen Sperren eingerichiet, bei
denen alle Pastanten, Wagen usw. einer bis ins einzelne gehenden
Durchsuchung unisrworsen werden. Alle Personen müssen dabei die
Kopfbedeckung abnehmen und d ie Hände hoch halten.
Hand in Hackd mit di-ssen Brutalitäten gehen die wirtschaftspoli-
tis-chen Bedrückungen der Besatzungsmächte weiter. Die Besrhlag-
nahmung sämtlicher Kohlenlager im Nuhrgsbiet, die jetzt von der
Besatzungsbehörde verfügt ist, kann in ihren künstigen Auswirkungen
noch mcht übersehen werden. Es muß stch zeigen, ob sie mehr als
ein j-uristtschsr Akt ist. Einstweilen scheint sie den Zweck zu haben,
den französischen Kriegsgerichten eine rechtliche
Grundlage zu geben, um gegen die Zechenbesitzer
und leitenden Beamten vorgehen zu können.
Wie der „Lokalanzeiger" meldet, soll es sich bei einem oon
den Belgiern in Buer Erschossenen um einen
Schweizer Bürger handeln. — Die Belgier haben bei Ler
Besetzung ües Bahnyofs Dahlheim die Eisenbaynbeoiensteten
vom Bahnhof g-emiSsen und -ihnen anheimgestellt, stch be-i der Regi«
zu melden. Nur ein Beamter ist in bel-gische Dienste getreten. —
Jn Pirmasens erhielten im Laufe des 24. fünfundzwanzig
Zsa.
Roman von Zemry Freifrau Schilling v. Canstätt.
S4. Kvrttedung. Rach-ruck oerbotcn.
Sie liebte dies Haus in dem wunderschönen Park, mit seinen
alten Bäumen, mit seinen Rosengängen, jeinem Wasterspiel und
verschwiegenen Lauben, in denen in schwüler Iuninacht die Nach-
tigall jchlug . -. Sie liebte die hohen, diisteren Räume dieses Hauses,
die Treppen und Winkel, in denen flüsternd die Vergangenheit
raunie: „Es war." Sie konnte stundenlang stch damit ver-
anügen, vor den Elasschränken zu sttzen, wo auf verülichenem, grünem
Samt stch Onkel Theoüalds Schätze aufbauten, mdische jZierrten,
Salbenbüchsen, Nadeln und Armringe, kleine Götzen aus Tou, aus
Llfenbein, seltsame Tiere aus Metall, und wieder anüere Kostbar-
keiten aus Rom, aus Paris, je wie der Zufall ihn zu diesem rder
jenem Kaus hatt« kommen l-affen.
Eloira kannte jedes Stück der kostbaren Sainmlung, >i-> durch
eine dünne Elasscheibe ihren Blicken sich bot. ,
Die Kunftwerke aus Jndien interessieren fie am meiiten aus
jenem Land der Wunder und Mürchen, der rätselhaiten Kräfte.
Sie konnte nicht müde werden, die Aufzeichnungen darüber zu
lesen und immer neue Wunder an ihnen zu entdecken, und sie verüarg
ihren Eroll darüber, datz der alte Herr seine Schätze hren verlangen-
di-n Händen verschlotz.
Klug und g^duldig harrte sie des Tages, wo dies alles, alles ihr
aehLren würde, denir Onkel Theobald hatte sie in einem n 'llgültigea
Testament zur alleinigen Erbin eingesetzt. Wie fchnell konnte dsr
Tod ihn abrufen, wo er faft immer leidend und kränklich war. iried-
rich, sein Diener, war immer um ihn, er schlief 5ei seinem Herrn im
Zimmer, um stets zu seiner Pflege bereit zu sein.
Er und Babette, die Köchin, hatten Elviras Tinzug iu Hatzlings-
haus nicht mit Freude begrützt! —
Sie beruhigten stch aber, als sie einsahen, satz das Fräulein sich
absolut nicht um sie kiimmerte und in ihre jahrelange Selbständigkcit
nicht störend eingriff.
Elvira war froh, datz ste sich nicht mit dem Hauswesen tefaffen
mutzte, wie dereinst in ihrem Elternhause.
Der Küchengeruch war ihr oerhatzt; nur zu gern blieb iie >hm
fern.
Zwei Zimmer im ersten Stockwerke des Hanses gehorren ihr, o.ird
sie konnte dort die Mübel umstellen «nd sich eincichten, wie es ihr
betiebte.
Autzerdem staud das Musikzimmer zu ihrer Verfügung, c.rd sie
hatte Zeit genug, ihre Musikstudien eingshend aufzunehmrn. Die
grctze Bibliothek aber interessierte sie am meisten, und ste fand in
d-em Llteren Teil derfslben das, was ste suchte, die Familienchronik
von Hatzlingshaus.
Jhr Onkel haite kaum flüchtig in dem vergltbteii Buch xeblät-
tert, die kleine Schrift in lalainijchen Buchstaben tat seinen Augen
weh, und es interestierte ihn nicht, wem von seinen Voreltern >>r
seinen gebrechlicken Körper verdankte.
Vber Elvira las mit Ausmerksamkeit dies uralte B ich, mit
hettz-en Wangen und funkelnden Augen.
Sie war ja auch etne Hatzlingen, wenn auch aus einer Neben-
l-inie stammend, die letzte des Namens derer, die Fehde uwd Hatz
einst geeint. Sie las dies Buch Seite um Seite mit fieberhaftem
Jnrerejse. Sie lernie aus ihm Menschen kennen, die Iahrhunderte
vor rhr gelebt hatt-en, Menjchen mit guten und schl^ten Eigen-
schasten, die alle in diesem Ha-us aufgewachsen waren, die in Lem
Eart-en La drautzen gegangen waren, am Wasterjpiel, in Len Rosen-
gängen. Die in den Lau-ben des Eartens, wo jetzt üas
Ilnkrwut wucherte, vielleicht Schwüre junger L-iebe getauscht, heitze
Küste, wenn die Nachtigall schlug.-
Meles lernte Elvira aus diesem Vuch. Das alte Haus, in dem
ste lebte, spiegelte es wid«. Es wurüe wieder jung, wurde voll
Leben, voll Frohsinn, es schlotz alle jeine Freaden vor ihr auf, und
d-ie Tiesen des Hajses, die diese Mauern einft um-jchlost-en hatten,
und alle jeine Eeheimnisse, die kein Mensch ahnte, selbst Onkel Theo-
balo nicht, -dei ein Traumleben fllhrte üei seinen AUertümern.
Mochte er! Und die damals noch sv j-unge Elvira lachte spöttisch.
Sie hatte Las atte Buch nicht nur einmal, sie hatte es mehrere
Male gelejen.
Sie wutzte jetzt, warum das Bild dor schönen Juliana ntcht
droben im grotzen Saale hing, wo Bild an Vild stch reihte derer von
Hatzlingen, denen einst Las alte Herrenhaus eine Heimat war.
Sie kannte und wutzte di« Eeschichte „des blauen Aimmers", das
urtter ihrem Schlasgemach lag im Erdgeschotz des Hauses.
Vielleicht hatte jie j:ch gcsü-rchtet in ihrem eigenen Zimmer in
diefem uralten Hause, Las >da verloren im Heideland lag, wenn sie
gswesen wäre, wie junge, türtchte, schöne Mädchen eben sind.
Aber Elvira war weder töricht noch schön, ste war klug umd
hätzlich.
Sie wutzte, datz i-hr die Waffen der Iugend nie gehören koirnten,
Schönheit und Liebreiz, die spielcnd Siege erkämpften.
Sie -war arm und von beinah giotesker Hätzlichkeit, sir hatte als
einzige Wasfe nur eine eiskalte Bcherrschung und ihre Klugheit.
Und diese Klugheit machte ihr Auge hell und scharf, wie das des
Adlers, der einsam in den LLften kreist: sie mach-te ihr Herz kalt
wie Eis, datz Wünsche und Trüume erstarrten, die sonst jedes Mäd-
chenherz beseelen, datz es seine Tore öffnei wie eine in Sehnsucht
träumende Frühlingsnacht.
llnd Lie Iahre verrann-en.
Eintönig einförmig, ohne Unterbrschnng.
An den Bäumen rmd Düschen im Park sa-h Elv-ira d-ie Zeit ver-
geheu. Sie wuchsen rmmer höher, immer üppiger auf, Eras und
Moos Lberzog die Wege, und wilde Blumen sprotzten auj den grotze»
Personen aller Stände und Leruse Au swe i sung sLefehle di«
stch auch auf ihre Familien erstrecken, Der Grund der Ausweisunge«
-iit unberannt. Die Ausgewiesenen find heute früh auf drei Auto-
pontanen Kundgebungen LciBevölke-
mobtlen unter
rung abtransportiert worden
Soweit bis jetzt festgestellt werden konnte, find seit Beginn c«
Rnhreinfalls folgende Zwangsmaßnahmen gegen Eiseirbahnbeüienst-i
zu oerzeichn-en. Aus ihren Wohnungen vertrieben wurr
1708 Bedienftete mit ungefähr 5000 Angehörigen; aus r«
befetzten Eemet ausgewiesen wurden 1156 Bedienstete mtt u
gefähr 3000 Angehörigen. Verhaftet wurden 284
dienstete, von den Kriegsgerichten verurteilt 63 Bedrenjle^
zu insgesamt 14 Jahren, 3 Dkonäten und 25 Tagen Eefängms > '
- - ' ' " - anrrden aetore»
9 350 000 Mark Geldstrase. Zwei Bedienstete wurden g'
Bombenexplofion in Wiesbaden.
ro„^^n-1-' ^-Zuni Heute früh 5 Ubr explodierte im Schaltel'
raum „es hiesigen Lahnhofes eine Bombe, wodurch fast sämtliH-
.und em grotzerer Teil der Einrichtung zerstört wurde.
Verwundet wurden dabei zwei Deutsche, ein Mann und eine Frau-
BMMmM Aecherchen im EmbruKsgehiet.
zwei
Münster, 26. Juni. Nach ver „Köln. Ztg " sprachen am Sonntag
^ A m e ri^kaner,^Prof. ^ Lincoln Hurchinson und Dr.
Holder, beim hiesigcn Öberpräsidenten vor. Sie bereisen zurzel
Auftrage Hoovers Deutjchland, um Erkundigungen über seme
räiidenten Eronowsti
Ernahrungslage einzuziehen. Vom Oberprästdenten
wurde darauf hmgewiesen, datz durch das gewaltjame Vorgehen der
die Versorgung mit Kartoffeln und Fnch^
gemiije äußerst gefährdet sei- Die Amerikaner nahmen mit
tcresje von den Ausführungen des Oberpräsidenten Kenntnis un
erklarten, datz sie auch seine Anregung, sich durch persönliche Fühlung^
nahmr mit den oerschiedenen Schichten der Bevölkerung des Nuyr
geüietes von Lcr Lage selbst zu iiberzeugen, Folge leisten würde-
Darauf setzten sie die Reise ins Einbruchsgebiet fort.
FSr Ar-riir- unv WirischaMmden.
Dr. Luther Lber den Abwehrkamps an Rhein und Ruhr-
Königsberg, 26. Juni-
Jm grotzen Börsensaal sprach gestern abend Reichsernährungs
minister Dr. Luther über Rhein und Ruhr.
Er jchilderte junächst die seelffchen und körperlichen Leioe
die die Ruhrbevöllerung zu ertragen hat, üas harte Los dsr
fangenen und Ausgewiesenen, die verhängnisvollen Wirkungen o
Fehlens jeglicher Schutzpolizei und des Stockens des Eiienbahnu
kehrs, das die Lebensmittelversorgung von etwa sechs Millwu
Menschen gefährde. Auf die politischen Gesichtspunkte uv
gehend, Letonte er, datz immer wieder das Märchen zerstört w ^
den müsse, Latz die deutsche Regierungden pajsivenWive
stand anbcfohlen habe; der passtve Widerstand stelle für die
völkerung der dortigen Gebiete nicht ein Mittel des -Krieges, >?.
dern ein Mittel dar, mit dem sie dem Frieden zu dienen
Aber nur dann künne überhaupt in Europa Frieden werden, w-'tz^
es gelinge, zu einer sür d-as deutsche Volk erträglichen Lösung
kommen. Eanz Deutschland müste Ruhr uns Rhein in
Aüwehrkampf mit der äutzersten Anstrengung unterstlltzen, nicht
durch Beijteuern zur Linderung der Not, jondern auch durch iunig^
Mitempfinden. Das deutsche Volk müsse eine einzige durch die
zusammengeschweitzte Arbeitsgemeinschaft werden, denn es biauw
nach allen Richtungen hin Frieden, einen Arbeits- und W)rr
schaftsfrieden. Der Wille des deutschen Volkes zur EilUSf
sei heute stärker als je und könne durch den Abwehrkampf an Nve.
und Ruhr schlietzlich nur noch gestärkt werden. Das Bewutztstr
von der untrennbaren Zusammengehörigkeit des deutschen BoU
auf deutschem Boden sei eine starke Stütze für die Bevölkerung a
Rhein uvd Ruhr. Unser deutsches Volk und unser deutsches Vat«
land soll uns niemand rauben! (Lebhafter Beifall.)
Mehrere En t s ch l i e h u ng e n des Reichsverbandes der Rhf>
länder sowie der Vereine der Rheinländer und Westfale» in Koiljl
berg, in denen Len bedrängten Landsleuten im Westen erneut fftist
verbrüchliche Treue gelobt wird, wurden an üen ReichspraI
denten und den Reichskanzler gesandt.
Ser cheinlsche provinziallandtag.
Elberfeld. 26. Juni. Den Verlauf der heutigen Sitzung
Nheinischen Provinziallandtages schlotz Oberbürgermeister
Jarres mrt den Worten: „Wir danken es der preutzischen ^
rung, datz ste sowohl durch den Ministerprästdenten Braun
auch durch den Mund des Jnnenministers Severing knpp. § x
klar erklärt hat: Niemalswird das Rheinlano, ^
Gegenstand schachernden Handels bei den bevorjtem- ,,
Verhandlungen werden. Wir danlen der Regierung für diest^».
Rgsenplätzen. Zwanzig Iahre war sie nun rm Hause bei
Tyeobald; er zählte nun 82 Jahr-e. Jir dieser Zeit packte ihn.^' ,
Lungeneirtzündung und warf ihn viele Wochen aufs Krankenlas.
Der Diener pflegte ihn mtt einer Krankenschwester so tr-eu, ch an ^
opfernd, datz oas"schwache Lebensflämmchen Les Kre.ses nicht
sondern von neuem erstarkt«. . Mch-st
Elvira hatte sich auch an der Pflege beteiligt und viele ->
bei dem Kranken gewacht. der
Dabei war es ihr ein Leichtes gewesen, sich tn den
Schlüstel zu setzen, die Onkel Theobald sonst nie arrs den Hauocn » ^
llnd wLhrend der Greis in schwerem Fieber lag tN, « MS
Nächten, Anete Eloira die Elasschränke m-tt den Kostbarle^...,,
Jndiens Wunderland und unterzog d'iese einer eingehenden
rmi. °r„ "-«-e- -bald, bald chr seh"
Wie ste ste liobte, diese S«hätze, die nun
würden! L^«>en
Sie sprachen zu thr, sie gewannen Leben tn ihren
ihren seinen, weitzen Fiugern mtt den glänzenden, vosigen
Wunderbare Märchen erzählte der goldene Armreis "
siner Schlange mit den Rubinaugen und den Brillantschupp ' ^
Don einer Prinzessin erzühlte er, deren Arm er gAchmv
die i-hn verlor beim Reisenspiel. Nadina hatte si« geyo>ist . jhic
Augen waren so blau wie der Himmel bei Sonnengia j.hi,
Winrpcrn so dmrkel rmd jeidenweich wie ihr Lockenhaar,
bräunl-iche Schulter umslatterte .... . -e e>*
Sehr jung war Prinzessin Nadina gcwejen und
Traum aus Tausend und einer Nacht . . . . Ienes w^^^^
Wllend^der^a,tt 7" "nd Eold hatte' ihr gchört. einen
Kunstwerk. >chönst«r und größter Schatz war dieses iäo'M
tn ch/ ei-iHehend« Studien angestellt, und es Atz
i8S.«SM
Ahnietgen hatte Eloira aufmerksam
^Eel ahnte, sorschte >ie in den Auszügen ind>ch^
BiblWk'Matz.^' Werke Theöbald von Hatzttngen in stn>^
llets^tri^^lvE Zntereffe hatte fie dies'en goldenen ElchonttN
fters detrachtet, dis es iyr durch die lanae Kraitthei-t des On>"
gelang m den Besitz der Schlüssel zu kommen ^
ThesbLdld gen<ls. «.
Ur langsam zwar, aber eines Tages durfte er d
^t »erlast , die Eonne des Frühlings. seine laue. k»tz
-.uft zu atmen auf der gefchützten T«lraste des alren Haust?- , >
(Fortsktzung svlgt.s
7
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hämmern. Frankrsich ist a>uf Lsm KriegspfaLe. Es gM keine
„Sichelcheit" für FraEeich, ehe ihm die nnbestrittene Herr-
schaft in Europa zugefallen tst, und da ist ihm der pastive
Widerstand des Ruhrgediets im Wege. Es kann das Ruhrge-
biet, Sas Rheinland, das Saargeoiet und die Jndustrie
in Baden nur annektieren, wenn durch eine neue Lriegserklärung
der Versailler Vertrag in tleine Stücke zerrissen werdsn kaun. Es
rschnet damit, datz dann im Rest von Deutschland, von dem dann
vielleicht auch noch anLere Nachbarn etwas auf franzvsischen Befehl
abreißen werden, ein Chaos stch entwickelt, daß Zuständ« ein-
treten, die es derr von den Franzosen desetzten Teilen wünschens-
wert erschsinen lassen, lieber Frankrsichs Joch zu ertrazen als in
den Untcrgang „des AbendlanSes" mit hinelngerissen zu werSen. Jst
Frankreich aber erst so weit, ist RsstSeutschlanio ganz „kaputt",
ist Sie Ruhr und der Rhein und alles übrige fest in französischen
Händen, dann — Frankreich besitzt Sann Surch die VereinigungLer
deutsch-französischen Jndustrie die gröszten Werkstätten Ler Welt.
Krupp und Erhardt haben sich heute vollkommen auf Friedens-
erzeugung umgestellt. Keine Kanonen, keine ll-Boote, keine Tanks
uns Maschinsngewehre werden dort mehr entworfen odei ausgeführt.
Paris ist stcher vor deutfchen Riesenkanonen oder Ftugzeug-
gefchwadern. JstLondonsiiher vor im-ünftizenfran-
zösischen Essen hergestellten Flugzeugen und
Kanonen? Jst ein Zweifel Larüber, daß die Franzofen, wenn
sie können, in Essen wieder Kanonen gietzen werden? Napoleon
Lam Lank Nelson nicht nach London, aber oielleicht glückt es
Poincars dank Krupp. Dann kommt die Rache sür Tra-
falgar, für Abukir, für Waterloo, für Faschoda --
und für Dersailles! Dann erst ist Frantreichs Sicherheit
wiederhergestellt, dann ist Ler Tag des Ruhmes angebrochen,
„Is goao lla krlairs sst airivs". L. I-.
Sie Mlche Srrlogklcheit.
Eine neue scheinheilige Rede MilleranLs.
Von unserem U-K or re >pondenten.
Paris, 26. Juni.
Bei einem Frühstück, welches dis Vertreter der auswärtigen
Presse heute veranstalteten — die deutschen Journalistsn gehören
selbstredend dieser Nereinigung nicht an — hielt Millcrand eins
Rede, in der er die französische Politik zu rechtfertigen suchte.
Als Franlreich uach drei Jahren vergeblicher Versprechung im Ein-
vernehmen mit seinen belgischen Freunden jich entschloh, üie Methode
zu ändern und Zwang anzuwenoen da, wo Sie Ueberredung scheiterte,
Lrauchte man, um seine Aktion zu oerstehen, keinerlei Hintergedanken
zu hegen, die nichr eingestanden werden könnten. Kann man nicht
zugeben, fragte Millerand, dag ein Volk den Wunsch hat, sein Eut-
haben zu erhalten und datz es ihm widerstrebt, immer hingehalten
zu weröen? Der Frieden hat zwar die Bandc, die durch den Krieg
gelnüpft worden waren, gelöst und hat jedem Volk die Freiheit
seiner Anschauung und seiner Entschlüsse zurückgegeben, (? ?) aber
dte Sache, für welche die Alliierten kämpften und siegten, blieb
nichtsdestoweniger bestehen. Mit ihnsn und durch sie hat eine ge-
misse Weltanschauung und Zivilisat-on den Sieg davongetragen-
Frankreich hörte nicht auf, das zu lieben, was seine Toten liebten,
und Las zu hassen, was sis verachteien. Millerand glaubt nicht
daran, dasz das Einoernehmen mit den Alliierten aufhören könnte.
Eine solche Annahme wäre unzulässig. Er fordert die auswärtigen
-Journalisten auf, ihren Landsleuten zu sagen, dag Glück und der
Friede der Welt vondem republikanischen Frank-
reichnichtszufürchtenhaben. (!!!) Es wäre das furcht-
Larste Los^ das Frankreich treffen könnte, wenn es verkannt
werden würde.
Eine -unkle Erllärung.
Ztalien beharrt aus dem Standpuukt seiner letzten Note.
Von unserem L-Korrejpondenten.
Paris, 26. Junt. «
Die italienische Regierung gibt etn Lebenszeichen von
fich^ datz sie sich noch immer für die Ruhrfrage inter-
essiere. Eine offiziöse Note erklärt, datz die italienische Regfe-
rung fortfahre, während der franzüsisch-englischen Verhandlungen in
Ler Ruhrfrage eine Haltung einzunehmen, die den Erundsätzen ent-
spreche, welche Mussolini in seiner letzten Note an Deutschland
geäutzert hatte. Die italienische Regierung ist werter der Anschau-
ung, datz die Ruhrfrage innerhalb des allgemeinen Rahmsns der
iuieralliierten Schulden und des Reparatiönsproblems gelöst
werden solle.
Man wird zugeben müssen, datz dieje Rote wenig klar ist; über
allgemeine Redensarten kommt sie zweifellos nicht hinaus- Jrgend-
einer Einslutznahme scheint sich das italtentsche Kabinett weiterhin
enthalten zu wollen.
Mer sranzösischer Schreckensherrschast.
Das WLtsn gegen die wehrlose Bevölkerung dauert an.
Berlin, 26. Juni.
Aus dem Ruhrgebiet wird gemeldet: Jn Eladbeck wurde am
24. Juwi auf der Halthauser Stratze ein Sch'Uhmachcr aus Horst, ein
Inoalide, der im Kranbenhaus rn Horst-Emscher als Pfleglinz
untergebracht war, von einem delgischen Posten erschossen.
Ferner wurd-e in der Nacht ein Mann von etwa 49 Jahren, dessen
Personalien bis jetzt noch nicht evmittelt wovden sind, an der Zechen-
bahn in der Nähe der Berliner Stratze ebensalls von einem
delgischen Posten erschossen; die Belgier brachten die Leiche morgens
ins hiesige Kranlenhaus. — Am 25. Juni vorniittags lnallte ein
im Dienste Les Fuhrgeschästs von Moll in EeIsenrirchen stehen-
der Fuhrm-ann am Hafen Bismarck in Wanne zweimal mit der
Peitsche, während ein französischer Ofsizier vorbeiritt. Der
Offizier richtete in dem Elauben, es seien Pfftolenschüsse, seinen
Revolver aus die im Hafen am Erzlager besckiästigten Ar-
beiter. Diese zogen' sich daraufhin zurück. Als di« Arbeiter wiedcr
zu ihrer Arbeitsstätte zurücklehrten, wurden sie von französischen
Truppen umringtz sie muhten die Hände hochheben und sich einer
Leiüesoi'sitation unterziehen, die ergebnislos verlief. OLwohl
kein Arbeiter Waffen bei sich trug und obwohl von Franzosen selber
Lsr Vorsall aufgeklärt wurde, glaubten die Kranzosen trotzdem, üatz
Revolverschiisfe gefallen seien und stellten die Arbeiter unter Be -
wachung. Da die Arbeiter jedoch unter srauzöfischer Bswachrng
nicht arbeiten wollten, legten ste die Arbeit nieoer. — Wie
Haoas aus Düsseldorf meldet, ist in der gleichen Nacht, in Ler
du-rch einen französischen Wachtposten ein Hauptmann des 67. Jn-
fanterieregiments getötet wurde, auch ein Soldat des 46. Jn-
santerieregiments von einem Wachtposten bei Calknm nürdl-ich
von Düsseldorf, der Lem gleichen Regiment angehört«, getötet
worden. — Jn Buer, Las schon unter -der sranzöstschen Herrschast
Unsägliches hat erdulden müssen, haöen die Belgier etn
Schreckensregiment eingeführt. Die für die Erschietzung der
beiösn bel'gischen 'Soldaten verhängten Sanktionen werden aufs rück-
sichtsloseste durchgeführt. Noch vor dem auf 8 Uhr abends f-est-
gesetzten Beginn der Verkehrssperre rcks-en Panzerantos durch
die Stadt unü streifen Patrouillen durch dte Stratzen. Die von d-en
Belg-iern verhafteten Passanten miissen auf der Wache üie ganze
Nacht stehend, mit dem Eesicht zur Wand gskehrt, zuüringen. Einenr
üer Festgenommenen wurde von Lelgischen Eoldaten ein Auge
a u s ges ch la g e n. Bisher wurden oon den belgisch-en Soldaten
erschossen: der 19 Jahre alle Elektromontenr Wesemeier
und der 23jährige Tombrinck. Beide w«ven in der Städtffchsn
Easanstalt beschastigt. Sie wurden erschvssen, wls ste üei der Rück-
kehr von einem Spaziergang sich vor 8 Uhr der elterlichen Be-
hausung näherten. Ein weiterer junger Mann wurde kurz nach
8 Uhr abends durch einen Schutz in den Oöerschs.nkel schwer ver-
letzt, der von belgischen Soldaten durch ein SchausenstS'l m eine
Wohnung hineingeseuert wurde. Schwere Verletzungen erlnien noch
ein Bergmann Schubert in der Mü-hlenstratzL, dem eine belgische
Kugel durch beiide Beine drang, und ein Anwotzner der Ackerstratze.
Die Verkehrssperre ist nur insofern gemildert worden, als Aerztc,
Eeistliche und Hebammen nach 8 Uhr abends dte Stratzen betreien
dürfen, wenn sie einen Ausweis bei sich führen und ihrcn Weg mit
erhobenen Händen zuriicklegen.
Der Terror spotiet jeder Beschreibnng und ist von so un-
geheurer G ra u sa m k e i t, datz man wtrklich meinen könnte,
datz Lie bel-gischen Trnppen Lie Abstcht haben, die belgischen Kongo-
greuel im Ruhrgebiet neu zu inszenieren. Die Velgier seuern,
wie vielfach beobachtet werden konnte, auch auf Personen, die an
den Fcnftern ihrer Wohnungen stehen. Jn zahlreichen Fällen wnrden
erleuchtet« Fenster ohne ersichtlichen Erund zertrümmert. Di« oon
. den Delg-iern mit rücksichtslössr Strenge dlurchgefiihrten Zwangsinatz-
nahmen bilden auch ani Tage ernfte Verköhrsbeschränkungen. Jn
gowisten Abständen stnd auf Len Stratzen Sperren eingerichiet, bei
denen alle Pastanten, Wagen usw. einer bis ins einzelne gehenden
Durchsuchung unisrworsen werden. Alle Personen müssen dabei die
Kopfbedeckung abnehmen und d ie Hände hoch halten.
Hand in Hackd mit di-ssen Brutalitäten gehen die wirtschaftspoli-
tis-chen Bedrückungen der Besatzungsmächte weiter. Die Besrhlag-
nahmung sämtlicher Kohlenlager im Nuhrgsbiet, die jetzt von der
Besatzungsbehörde verfügt ist, kann in ihren künstigen Auswirkungen
noch mcht übersehen werden. Es muß stch zeigen, ob sie mehr als
ein j-uristtschsr Akt ist. Einstweilen scheint sie den Zweck zu haben,
den französischen Kriegsgerichten eine rechtliche
Grundlage zu geben, um gegen die Zechenbesitzer
und leitenden Beamten vorgehen zu können.
Wie der „Lokalanzeiger" meldet, soll es sich bei einem oon
den Belgiern in Buer Erschossenen um einen
Schweizer Bürger handeln. — Die Belgier haben bei Ler
Besetzung ües Bahnyofs Dahlheim die Eisenbaynbeoiensteten
vom Bahnhof g-emiSsen und -ihnen anheimgestellt, stch be-i der Regi«
zu melden. Nur ein Beamter ist in bel-gische Dienste getreten. —
Jn Pirmasens erhielten im Laufe des 24. fünfundzwanzig
Zsa.
Roman von Zemry Freifrau Schilling v. Canstätt.
S4. Kvrttedung. Rach-ruck oerbotcn.
Sie liebte dies Haus in dem wunderschönen Park, mit seinen
alten Bäumen, mit seinen Rosengängen, jeinem Wasterspiel und
verschwiegenen Lauben, in denen in schwüler Iuninacht die Nach-
tigall jchlug . -. Sie liebte die hohen, diisteren Räume dieses Hauses,
die Treppen und Winkel, in denen flüsternd die Vergangenheit
raunie: „Es war." Sie konnte stundenlang stch damit ver-
anügen, vor den Elasschränken zu sttzen, wo auf verülichenem, grünem
Samt stch Onkel Theoüalds Schätze aufbauten, mdische jZierrten,
Salbenbüchsen, Nadeln und Armringe, kleine Götzen aus Tou, aus
Llfenbein, seltsame Tiere aus Metall, und wieder anüere Kostbar-
keiten aus Rom, aus Paris, je wie der Zufall ihn zu diesem rder
jenem Kaus hatt« kommen l-affen.
Eloira kannte jedes Stück der kostbaren Sainmlung, >i-> durch
eine dünne Elasscheibe ihren Blicken sich bot. ,
Die Kunftwerke aus Jndien interessieren fie am meiiten aus
jenem Land der Wunder und Mürchen, der rätselhaiten Kräfte.
Sie konnte nicht müde werden, die Aufzeichnungen darüber zu
lesen und immer neue Wunder an ihnen zu entdecken, und sie verüarg
ihren Eroll darüber, datz der alte Herr seine Schätze hren verlangen-
di-n Händen verschlotz.
Klug und g^duldig harrte sie des Tages, wo dies alles, alles ihr
aehLren würde, denir Onkel Theobald hatte sie in einem n 'llgültigea
Testament zur alleinigen Erbin eingesetzt. Wie fchnell konnte dsr
Tod ihn abrufen, wo er faft immer leidend und kränklich war. iried-
rich, sein Diener, war immer um ihn, er schlief 5ei seinem Herrn im
Zimmer, um stets zu seiner Pflege bereit zu sein.
Er und Babette, die Köchin, hatten Elviras Tinzug iu Hatzlings-
haus nicht mit Freude begrützt! —
Sie beruhigten stch aber, als sie einsahen, satz das Fräulein sich
absolut nicht um sie kiimmerte und in ihre jahrelange Selbständigkcit
nicht störend eingriff.
Elvira war froh, datz ste sich nicht mit dem Hauswesen tefaffen
mutzte, wie dereinst in ihrem Elternhause.
Der Küchengeruch war ihr oerhatzt; nur zu gern blieb iie >hm
fern.
Zwei Zimmer im ersten Stockwerke des Hanses gehorren ihr, o.ird
sie konnte dort die Mübel umstellen «nd sich eincichten, wie es ihr
betiebte.
Autzerdem staud das Musikzimmer zu ihrer Verfügung, c.rd sie
hatte Zeit genug, ihre Musikstudien eingshend aufzunehmrn. Die
grctze Bibliothek aber interessierte sie am meisten, und ste fand in
d-em Llteren Teil derfslben das, was ste suchte, die Familienchronik
von Hatzlingshaus.
Jhr Onkel haite kaum flüchtig in dem vergltbteii Buch xeblät-
tert, die kleine Schrift in lalainijchen Buchstaben tat seinen Augen
weh, und es interestierte ihn nicht, wem von seinen Voreltern >>r
seinen gebrechlicken Körper verdankte.
Vber Elvira las mit Ausmerksamkeit dies uralte B ich, mit
hettz-en Wangen und funkelnden Augen.
Sie war ja auch etne Hatzlingen, wenn auch aus einer Neben-
l-inie stammend, die letzte des Namens derer, die Fehde uwd Hatz
einst geeint. Sie las dies Buch Seite um Seite mit fieberhaftem
Jnrerejse. Sie lernie aus ihm Menschen kennen, die Iahrhunderte
vor rhr gelebt hatt-en, Menjchen mit guten und schl^ten Eigen-
schasten, die alle in diesem Ha-us aufgewachsen waren, die in Lem
Eart-en La drautzen gegangen waren, am Wasterjpiel, in Len Rosen-
gängen. Die in den Lau-ben des Eartens, wo jetzt üas
Ilnkrwut wucherte, vielleicht Schwüre junger L-iebe getauscht, heitze
Küste, wenn die Nachtigall schlug.-
Meles lernte Elvira aus diesem Vuch. Das alte Haus, in dem
ste lebte, spiegelte es wid«. Es wurüe wieder jung, wurde voll
Leben, voll Frohsinn, es schlotz alle jeine Freaden vor ihr auf, und
d-ie Tiesen des Hajses, die diese Mauern einft um-jchlost-en hatten,
und alle jeine Eeheimnisse, die kein Mensch ahnte, selbst Onkel Theo-
balo nicht, -dei ein Traumleben fllhrte üei seinen AUertümern.
Mochte er! Und die damals noch sv j-unge Elvira lachte spöttisch.
Sie hatte Las atte Buch nicht nur einmal, sie hatte es mehrere
Male gelejen.
Sie wutzte jetzt, warum das Bild dor schönen Juliana ntcht
droben im grotzen Saale hing, wo Bild an Vild stch reihte derer von
Hatzlingen, denen einst Las alte Herrenhaus eine Heimat war.
Sie kannte und wutzte di« Eeschichte „des blauen Aimmers", das
urtter ihrem Schlasgemach lag im Erdgeschotz des Hauses.
Vielleicht hatte jie j:ch gcsü-rchtet in ihrem eigenen Zimmer in
diefem uralten Hause, Las >da verloren im Heideland lag, wenn sie
gswesen wäre, wie junge, türtchte, schöne Mädchen eben sind.
Aber Elvira war weder töricht noch schön, ste war klug umd
hätzlich.
Sie wutzte, datz i-hr die Waffen der Iugend nie gehören koirnten,
Schönheit und Liebreiz, die spielcnd Siege erkämpften.
Sie -war arm und von beinah giotesker Hätzlichkeit, sir hatte als
einzige Wasfe nur eine eiskalte Bcherrschung und ihre Klugheit.
Und diese Klugheit machte ihr Auge hell und scharf, wie das des
Adlers, der einsam in den LLften kreist: sie mach-te ihr Herz kalt
wie Eis, datz Wünsche und Trüume erstarrten, die sonst jedes Mäd-
chenherz beseelen, datz es seine Tore öffnei wie eine in Sehnsucht
träumende Frühlingsnacht.
llnd Lie Iahre verrann-en.
Eintönig einförmig, ohne Unterbrschnng.
An den Bäumen rmd Düschen im Park sa-h Elv-ira d-ie Zeit ver-
geheu. Sie wuchsen rmmer höher, immer üppiger auf, Eras und
Moos Lberzog die Wege, und wilde Blumen sprotzten auj den grotze»
Personen aller Stände und Leruse Au swe i sung sLefehle di«
stch auch auf ihre Familien erstrecken, Der Grund der Ausweisunge«
-iit unberannt. Die Ausgewiesenen find heute früh auf drei Auto-
pontanen Kundgebungen LciBevölke-
mobtlen unter
rung abtransportiert worden
Soweit bis jetzt festgestellt werden konnte, find seit Beginn c«
Rnhreinfalls folgende Zwangsmaßnahmen gegen Eiseirbahnbeüienst-i
zu oerzeichn-en. Aus ihren Wohnungen vertrieben wurr
1708 Bedienftete mit ungefähr 5000 Angehörigen; aus r«
befetzten Eemet ausgewiesen wurden 1156 Bedienstete mtt u
gefähr 3000 Angehörigen. Verhaftet wurden 284
dienstete, von den Kriegsgerichten verurteilt 63 Bedrenjle^
zu insgesamt 14 Jahren, 3 Dkonäten und 25 Tagen Eefängms > '
- - ' ' " - anrrden aetore»
9 350 000 Mark Geldstrase. Zwei Bedienstete wurden g'
Bombenexplofion in Wiesbaden.
ro„^^n-1-' ^-Zuni Heute früh 5 Ubr explodierte im Schaltel'
raum „es hiesigen Lahnhofes eine Bombe, wodurch fast sämtliH-
.und em grotzerer Teil der Einrichtung zerstört wurde.
Verwundet wurden dabei zwei Deutsche, ein Mann und eine Frau-
BMMmM Aecherchen im EmbruKsgehiet.
zwei
Münster, 26. Juni. Nach ver „Köln. Ztg " sprachen am Sonntag
^ A m e ri^kaner,^Prof. ^ Lincoln Hurchinson und Dr.
Holder, beim hiesigcn Öberpräsidenten vor. Sie bereisen zurzel
Auftrage Hoovers Deutjchland, um Erkundigungen über seme
räiidenten Eronowsti
Ernahrungslage einzuziehen. Vom Oberprästdenten
wurde darauf hmgewiesen, datz durch das gewaltjame Vorgehen der
die Versorgung mit Kartoffeln und Fnch^
gemiije äußerst gefährdet sei- Die Amerikaner nahmen mit
tcresje von den Ausführungen des Oberpräsidenten Kenntnis un
erklarten, datz sie auch seine Anregung, sich durch persönliche Fühlung^
nahmr mit den oerschiedenen Schichten der Bevölkerung des Nuyr
geüietes von Lcr Lage selbst zu iiberzeugen, Folge leisten würde-
Darauf setzten sie die Reise ins Einbruchsgebiet fort.
FSr Ar-riir- unv WirischaMmden.
Dr. Luther Lber den Abwehrkamps an Rhein und Ruhr-
Königsberg, 26. Juni-
Jm grotzen Börsensaal sprach gestern abend Reichsernährungs
minister Dr. Luther über Rhein und Ruhr.
Er jchilderte junächst die seelffchen und körperlichen Leioe
die die Ruhrbevöllerung zu ertragen hat, üas harte Los dsr
fangenen und Ausgewiesenen, die verhängnisvollen Wirkungen o
Fehlens jeglicher Schutzpolizei und des Stockens des Eiienbahnu
kehrs, das die Lebensmittelversorgung von etwa sechs Millwu
Menschen gefährde. Auf die politischen Gesichtspunkte uv
gehend, Letonte er, datz immer wieder das Märchen zerstört w ^
den müsse, Latz die deutsche Regierungden pajsivenWive
stand anbcfohlen habe; der passtve Widerstand stelle für die
völkerung der dortigen Gebiete nicht ein Mittel des -Krieges, >?.
dern ein Mittel dar, mit dem sie dem Frieden zu dienen
Aber nur dann künne überhaupt in Europa Frieden werden, w-'tz^
es gelinge, zu einer sür d-as deutsche Volk erträglichen Lösung
kommen. Eanz Deutschland müste Ruhr uns Rhein in
Aüwehrkampf mit der äutzersten Anstrengung unterstlltzen, nicht
durch Beijteuern zur Linderung der Not, jondern auch durch iunig^
Mitempfinden. Das deutsche Volk müsse eine einzige durch die
zusammengeschweitzte Arbeitsgemeinschaft werden, denn es biauw
nach allen Richtungen hin Frieden, einen Arbeits- und W)rr
schaftsfrieden. Der Wille des deutschen Volkes zur EilUSf
sei heute stärker als je und könne durch den Abwehrkampf an Nve.
und Ruhr schlietzlich nur noch gestärkt werden. Das Bewutztstr
von der untrennbaren Zusammengehörigkeit des deutschen BoU
auf deutschem Boden sei eine starke Stütze für die Bevölkerung a
Rhein uvd Ruhr. Unser deutsches Volk und unser deutsches Vat«
land soll uns niemand rauben! (Lebhafter Beifall.)
Mehrere En t s ch l i e h u ng e n des Reichsverbandes der Rhf>
länder sowie der Vereine der Rheinländer und Westfale» in Koiljl
berg, in denen Len bedrängten Landsleuten im Westen erneut fftist
verbrüchliche Treue gelobt wird, wurden an üen ReichspraI
denten und den Reichskanzler gesandt.
Ser cheinlsche provinziallandtag.
Elberfeld. 26. Juni. Den Verlauf der heutigen Sitzung
Nheinischen Provinziallandtages schlotz Oberbürgermeister
Jarres mrt den Worten: „Wir danken es der preutzischen ^
rung, datz ste sowohl durch den Ministerprästdenten Braun
auch durch den Mund des Jnnenministers Severing knpp. § x
klar erklärt hat: Niemalswird das Rheinlano, ^
Gegenstand schachernden Handels bei den bevorjtem- ,,
Verhandlungen werden. Wir danlen der Regierung für diest^».
Rgsenplätzen. Zwanzig Iahre war sie nun rm Hause bei
Tyeobald; er zählte nun 82 Jahr-e. Jir dieser Zeit packte ihn.^' ,
Lungeneirtzündung und warf ihn viele Wochen aufs Krankenlas.
Der Diener pflegte ihn mtt einer Krankenschwester so tr-eu, ch an ^
opfernd, datz oas"schwache Lebensflämmchen Les Kre.ses nicht
sondern von neuem erstarkt«. . Mch-st
Elvira hatte sich auch an der Pflege beteiligt und viele ->
bei dem Kranken gewacht. der
Dabei war es ihr ein Leichtes gewesen, sich tn den
Schlüstel zu setzen, die Onkel Theobald sonst nie arrs den Hauocn » ^
llnd wLhrend der Greis in schwerem Fieber lag tN, « MS
Nächten, Anete Eloira die Elasschränke m-tt den Kostbarle^...,,
Jndiens Wunderland und unterzog d'iese einer eingehenden
rmi. °r„ "-«-e- -bald, bald chr seh"
Wie ste ste liobte, diese S«hätze, die nun
würden! L^«>en
Sie sprachen zu thr, sie gewannen Leben tn ihren
ihren seinen, weitzen Fiugern mtt den glänzenden, vosigen
Wunderbare Märchen erzählte der goldene Armreis "
siner Schlange mit den Rubinaugen und den Brillantschupp ' ^
Don einer Prinzessin erzühlte er, deren Arm er gAchmv
die i-hn verlor beim Reisenspiel. Nadina hatte si« geyo>ist . jhic
Augen waren so blau wie der Himmel bei Sonnengia j.hi,
Winrpcrn so dmrkel rmd jeidenweich wie ihr Lockenhaar,
bräunl-iche Schulter umslatterte .... . -e e>*
Sehr jung war Prinzessin Nadina gcwejen und
Traum aus Tausend und einer Nacht . . . . Ienes w^^^^
Wllend^der^a,tt 7" "nd Eold hatte' ihr gchört. einen
Kunstwerk. >chönst«r und größter Schatz war dieses iäo'M
tn ch/ ei-iHehend« Studien angestellt, und es Atz
i8S.«SM
Ahnietgen hatte Eloira aufmerksam
^Eel ahnte, sorschte >ie in den Auszügen ind>ch^
BiblWk'Matz.^' Werke Theöbald von Hatzttngen in stn>^
llets^tri^^lvE Zntereffe hatte fie dies'en goldenen ElchonttN
fters detrachtet, dis es iyr durch die lanae Kraitthei-t des On>"
gelang m den Besitz der Schlüssel zu kommen ^
ThesbLdld gen<ls. «.
Ur langsam zwar, aber eines Tages durfte er d
^t »erlast , die Eonne des Frühlings. seine laue. k»tz
-.uft zu atmen auf der gefchützten T«lraste des alren Haust?- , >
(Fortsktzung svlgt.s
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