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Heidelberger Zeitung — 1900 (Januar bis Juni)

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Nr. 51-77 (1. März 1900 - 31.März 1900)
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Versammlungen habe er nicht nnb dag die Vorgänge von 1849
nicht wiederkehren dafür sei gesorgt.
Die Rede des Ministers, die offensichtlich auch beim Centrnm
Eindruck machte, lieferte natürlich Wasser auf die Mühle des
Führers der Demokraten, Muser, der die Gelegenheit ergriff,
um den Landboten und Regierungsvertretern wieder einmal eine
geschichtliche Vorlesung zu halten, die in einer Verherrlichung der
groben Volksbewegungen, speziell der badischen Revolutionäre,
gipfelte. Minister Eisenlobr findet es unbegreiflich, daß
Muser den Aufstand von 1849 mit der großen französischen
Revolution verglichen habe. Gerade die Demokraten waren es,
die 1848 die Erfüllung der Wünsche des Volkes Hintertrieben,
wie sie auch um das Zustandekommen des deutschen Reichs nicht
das allergeringste Verdienst haben. Abg. Dr. Fieser möchte
gern wissen, wie Herr Wacker über die geschichtlichen Aus-
führungen seines Freundes Muser denke. Von Rechtsverletzungen
könne man bei den Versammluugsauflösungen nicht sprechen, io
lange der Verwaltungsgerichtshof nicht angerufen würde. Er
begreife wohl den Geist, aus dem die Bewegung von 1848
hervorging und betrachte sie insofern als eine gerechte, als frühere
Versprechungen nicht gehalten wurden. Wenn die Bewegung die
erhofften Früchte nicht getragen hat, so war nichts andere« daran
schuld, als die Unfähigkeit der großen Mehrheit von Schwätzern,
die man das »Frankfurter Parlament" nennt. Wenn heute eine
Verherrlichung der schmutzigen Revolution verboten wird, so sei
er überzeugt, daß jeder recht Denkende das Vorgehen der Re-
gierung billigt. (Beifall bei den Nationalliberalen.) Abg. Muser
anerkennt die offene ehrliche Ueberzeugung Fiesers und stimmt
mit einer gewissen Einschränkung dessen Ausführungen über das
Frankfurter Parlament bei; doch dürfe man schon aus Gründen
der Pietät die damalige geistige Elite Deutschlands nicht eine
Versammlung von Schwätzern nennen. Als Muser im weiteren
Verlauf seiner Rede dem Minister Verdrehung der geschichtlichen
Wahrheit und später eine bedauerliche Unwahrheit vorwirft, wird
«r vom Präsidenten Gönner wiederholt gerügt.
Minister Dr. Eisenlohr betont, daß die Partei MuserS
nicht nur gegen die jetzige Reichsverfassung gestimmt, sondern
auch 1849 durch Aufstände die Einführung einer Reichsverfassung
verhindert habe.
Abg. Geiß (Soz) wünscht Vermehrung des Fabrikinspektions-
personals und bringt eine Unmenge von Klagen vor über die
rigorose Handhabung der Polizeigewalt durch das Mannheimer
Bezirksamt. Minister Dr. Eisen lohr erklärt, daß der neue
Fabrikinspektionsbertcht in den nächsten Tagen erscheinen werde.
Der Fabrikinspektor habe ihm gesagt, das Personal reiche bis
jetzt aus. Die Mannheimer Bevölkerung sei leicht zu Aus-
schreitungen geneigt, namentlich seien dort Aufläufe beliebt, denen
gegenüber die Polizei nicht die Hand in die Tasche stecken könne.
Die strengen Maßregeln gegen die Vereine — deren Mannheim-
Altstadt allein 491 zählt (hört!) — rühren davon der, daß das
Bezirksamt zur Ueberzeugung gekommen ist, daß sog. geschlossene
Versammlungen häufig zu öffentlichen Tanzbelustigungen benutzt
werden, zu denen Zeder Zutritt hat. Er selbst sei kein Freund
von vielen Strafen und habe den Landeskommissären, nachdem
er sich durch einen Vergleich mit den Straftabellen der Nachbar-
. länder überzeugt habe, daß in Baden thatsächlich schr.viel ge-
straft wird, die Weisung gegeben, sie möchten auf die Straf-
tabcllen ein besonderes Augenmerk richten. Polizeiamtmann
Schäfer, über den der Vorredner geklagt habe, sei ein tüchtiger,
etwas eifriger Herr; es sei aber dafür gesorgt, daß er seinen
Eifer bändigt und nicht zu weit geht. Er glaube, daß er mit
der Zeit ein sehr guter Verwaltungsheamtcr wird. (Heiterkeit.)
Hierauf wird die Sitzung abgebrochen. Fortsetzung am
Donnerstag, IS. März, Vormittags 9 Uhr.

Ans der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben den
Königlich Preußischen Zahlmeistern Adolf Tietze im 2. Badischen
Dragoner-Regiment Nr. 21 und Hubert Rücke rt ,m 2. Bad.
Feld-Ariillerie-Regtment Nr. 30 das Ritterkreuz zweiter Klaffe
deS Ordens vom Zähringer Löwen verliehen.
— Expeditionsassistent August Bernhard in Wertheim
wurde nach Mannheim und Expeditionsassistcnt August Zürn
in Mannheim in Abänderung der Entschließung vom 14. Febr.l.J.
nach Wertheim statt nach Tauberbischofsheim versetzt, sowie die
unterm gleichen Tage ausgesprochene Versetzung des Expeditions-
assistenten Wilhelm Blank in Tauberbischofshetm nach Mann-
heim zurückgenommen. Erpedttionsassistent Ernst Traut mann
in Hornberg wurde zur Ecmralverwaltung versetzt.
Karlsruhe, 13. März. Die Großherzogin hat
die letzte Nacht in ruhigem Schlaf zugebracht und fühlt sich
heute wesentlich besser. Die Temperatur ist nahezu normal
und der Puls ganz befriedigend. Die katarrhalischen Er-
scheinungen sind vermindert, erfordern aber sorgfältige
Schonung. Gestern Abend ist der Generaloberst der Ka-
vallerie Freiherr v. Los zum Besuch bei den Großherzog-
lichen Herrschaften eingelroffen. Der Großherzog verbrachte
einen Theil des Vormittags mit demselben.

Ausland.
Oesterreich. Die Zahl der böhmisch-mährischen
Arbeitswilligen nimmt von Lag zu Tag langsam
aber stetig zu, so daß sich die Streikenden immer mehr
isolirt sehen. Da mehrere Werke, selbst bei Aufhören des
Ausstandcs, mit verminderter Belegschaft fördern wollen,
wird ein Theil der Streikenden nicht mehr ausgenommen
und ist zur Auswanderung gezwungen. Aus einigen
Schächten werden größere Strecken abgeschlossen, um einer
eventuellen Feuersgefahr vorzubeugen. Mit der Wieder-
aufnahme der Arbeit wird die Noth noch keineswegs
schwinden, weil der Lohn erst nach vierzehn Tagen gezahlt
wird und die rückständigen Beiträge für die Bruderlaoe
nachgezahlt werden müssen, wenn die Arbeiter die früher
erworbenen Rechte nicht verlieren wollen. Bei der Be-
völkerung werden jetzt Spenden für die Streikenden ge-
sammelt, weil die Ersparnisse derselben längst aufgebraucht
sind, auch Betten, Kleider, Möbel versetzt oder verkauft
wurden. Die Geschäftsleute schränken auch den Kredit ein
oder verweigern ihn ganz, aus Furcht, daß sie die Schulden
schwer oder gar nicht mehr hereinbekommen.
Afrika. Wie gestern gemeldet wurde, hat der Vortrab
des Roberts'schen Heeres in der Nacht zum 13. d. zwei
Bloemfontein beherrschende Hügel besetzt. Ein etwas aus-
führliches Telegramm erzählt darüber:
Ventersvlei. 13. März. Lord Roberts hat
den Generalmajor French angewiesen, daß er sich,
wenn er Zeit dazu fände, noch vor Ablauf deS Tages der
Eisenbahnllation von Bloemfontein und des rollenden Eisen»
bahnmaterials temächtigen solle. Um Mitternacht wurde
Lord Roberts von French benachrichtigt, daß er nach heftigem
Widerstand zwei in der Nähe der Eisenbahnstation befind-
liche Hügel besetzt habe. Ein Bruder des Präsidenten
Stejn wurde gefangen genommen. Die Telegraphenleitung
nach Norden ist abgcschnttte», die Eisenbahnstation beschädigt.
Lord Roberts setzte sich dann mit der dritten Cavallerie-
brigade und der berittenen Infanterie in Bewegung, um die
Cavalleriedivisionen zu verstärken. Der Rest der Truppen
wird so schnell als möglich Nachfolgen.

Man nimmt an, daß die Buren Bloemfontein, das
einen strategischen Werth nicht hak, nicht zu verthcidigen
suchen werden. Die Regierung des Oranjefreistaates, die
dort ihren Sitz hat, ist längst nach Norden geflüchtet.
Inzwischen haben sich die Präsidenten der beiden
Burenrcpubliken bekanntlich an verschiedene Regierungen
um Vermittlung gewandt. Was die deutsche Regierung
anbetrifft, so ist es auffallend, daß das Bureau Reuter
über die Antwort eine falsche Mittheilung verbreitet. Das
genannte Bureau erzählt nämlich in einer Depesche, die es
aus Durban datirt:
Auf das Ersuchen der Transvaalreaieruna an Deutschland
um Vermittlung oder Intervention erwiderte die deutsche
Regierung, sie müsse eine Einmischung ab lehnen, dn sie
der Ansicht sei, daß sie in k ei n er W ei s e von dem Con-
fl'ct berührt sei-
Hierzu bemerkt das Wolff'sche Telegraphenbureau: Nach
unseren Erkundigungen verhält sich die Sache wie folgt:
Die Transvaalregierung hatte durch den deutschen Consul in
Prätoria an eine Reihe größerer und kleinerer Staaten das
Ersuchen um freundschaftliche Vermittlung gerichtet. Die deutsche
Regierung antwortete darauf, daß sie gern bereit sein
würde, bei einer Vermittlung mitzuwirken, sobald die Grund-
bedingungen einer solchen vorhanden wären, d. h. festgestellt sei,
daß beide Gegner eine Verniittlung wünschen.
Schon am 5. März haben die Präsidenten Krüger und
Stejn aus Bloemfontein an den Marquis Salisbury
telegraphirt und ihm Frieden angeboten. Salisbury hat
die Depesche gestern im Oberhaus und Balfour hat sie im
Unterhaus verlesen. Die Präsidenten sagen darin u. A.:
DaS Blut und die Thränen von Tausenden, welche durch den
Krieg gelitten haben, und die Aussicht auf moralischen und witth-
schaftlichen Ruin, womit Südafrika jetzt bedroht ist, macht für
beide Kriegführende eS nothwendig, sich leidenschaftslos und im
Angesichte des dreieinigen Gottes zu fragen, wofür sie kämpfen
und ob das Ziel eines jeden da« schreckliche Elend und die Ver-
wüstung rechtfertigt. Wir erachten es für unsere Pflicht, feierlich zu
erklären, daß der Krieg nur unternommen wurde als Devenstv-
maßregel, um die bedrohte Unabhängigkeit der Republiken
zu wahren, und daß er fortgeführl wird, um die unbe-
streitbare Unabhängigkeit beider Republiken als souveräner und
unabhängiger Staaten zu schützen und die Versicherung zu er-
langen, daß jenen Unterthanen der Königin, die unsere Partei im
Kriege ergriffen haben, kein Leid geschehe. Unter diesen Be-
dingungen allein sind wir jetzt wie bisher schon von dem Wunsche
beseelt, den Frieden wiederhcrgestellt zu seben. Wenn hingegen
die britische Regierung entschlossen ist, die Unabhängigkeit der
Republiken zu vernichten so bleibt unserem Volke nichts
übrig, als bis zum Ende auf dem eingeschlagenen
Wege auszu harren, ungeachtet der erdrückenden Ueberlegen-
heii des britischen Reiches im Vertrauen darauf, daß Gott uns
nicht verlasse.
Die Antwort Salisburys, die gleichfalls in beiden
Häusern des engl. Parlaments vorgelesen wurde, ist ent-
schieden ablehnend. Sie kulminirt in dem Schlußsatz:
Im Hinblick auf den Gebrauch, den die beiden Republiken
von der ihnen gegebenen Stellung machten, und auf das
Unheil, das ihr durch keine Herausforderung veranlaßter
Angriff über die Gebiete der Königin brachte, kann die
Regierung der Königin nur mit der Mittheilung antworten,
daß sie nicht bereit ist, die Unabhängigkeit, sei
es Transvaals, sei es des O ranjef rei sta at s, zu-
z u g e b e n.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 14, März.
A Gewerbebank Heidelberg, Montag Abend fand im Klein-
lein'schen Saale die dtesjähiige Generalversammlung dieser Ge-
nossenschaft statt und war sehr gut besucht. Der erste Vorstand,
Herr Heffl, erstattete den Geschäftsbericht, der in allen
Stücken günstig lautete. Die Mitgliederzahl war bis Ende 1899
auf 300 gestiegen und ist weiter im Steigen. Der Umsatz hat
sich gegen 1898 um Mk. 2 600000 erhöht und die Summe von
Mk. 9 880 970.92 erreicht. Die Geschästsantheile erhöhten sich
aus Mk. 80604, also um Mk. 13 000, und die Spareinlagen und
Depositen stoffen so reichlich zu, daß dieses Conto eine Erhöhung
von etwa Mk. 150000 aufweist. Der Geldzufluß gestattete denn
auch ohne wesentliche Hilfe durch Bankkredit den gestellten An-
forderungen zu genügen. Der diesjährige gedruckte Geschäfts-
bericht giebt in einer statistischen Tabelle die Fortschritte deutlich
wieder, welche die Genossenschaft se>t 189S, also seit der Amls-
thätigkert der jetzigen Verwaltung, gemacht hat. lieber die Ver-
wendung des Reingewinns wurde in dem Sinne beschlossen, wie
der Geschäftsbericht es vorschlägt, und werden 6 pCt. Dividende
auf die Geschästsantheile vertheilt, zugleich aber so hohe Beträge
in die Reservefonds verwiesen, wie »och nie. Die Liegenschaften
der Genossenschaft sind verkauft und fällt künftig dieser Posten
in den Berichten aus. Ueber die Verbandsrevision wurde Bericht
erstattet und war der Revisor in allen Stücken von der Geschäfts-
führung befriedigt. Die Anträge der Verwaltung aus H 49 des
Genoffenschaftsgesetzes, sowie eine kleine Aenderung des 8 61
der Statuten wurden einstimmig genehmigt, die drei ansscheiden-
den Aufsichtsräthe Scherer, Schmieder und Witz wurden wieder
gewählt, als Stellvertreter wurocn die Herren Weber, Bäuerle
und Junghanns bestellt und zum Schluß aus der Mitte der
Versammlung der Verwaltung Dank und Anerkennung ausge-
sprochen. Die Genossenschaft ist sichtlich in Aufwärtsbewegung
und sie vermag noch Vielen zu nützen, die bisher den Werth des
geordneten Bankverkehrs nicht erkannten, was besonders noch im
Handwerkerstand der Fall sein dürfte,
^7° Flotten-Verein. Von München aus wird eine Eingabe
an den Reichstag in Umlauf gesetzt, die sich entschieden für die
Flottenvorlage ausspricht und den Reichstag bittet, derselben
„in ihrem ganzen Umfange zustimmen zu wollen, damit die
Sicherheit von Vaterland und Volk, die nachdrückliche Wahrung
der Ehre und der Macht Deutschlands und friedlichen Entwick-
lung seiner Interessen auch in Zukunft verbürgt" sei. Die Ein-
gabe liegt an den folgenden Stellen zur Unterzeichnung auf:
Zn Heidelberg bei den Herren Georg Frank, Silb. Hirsch,
Hauptstraße 180, Karl Gross, Hauptstraße 1l2, Gottlieb
Haußmann, Sophienstraße 19, Karl Hochstein, Haupt-
straße 73, Beruh. Horm uth, Hauptstraße 188, Gustav Ko est er,
Hauptstraße 60, Jos. Münch, Hauptstraße 9, Oberrhein.
Bank, Hauptstraße 133, Julius Otto, Hauptstraße 90, Otto
Petters, Leopoldstraße 5, Eugen Pfeiffer, Grabengaffe 10,
Franz Popp, Hauptstraße 200, Rhein. Credit bank, Haupt-
straße 97, F. W. Rochow, Hauptstraße 129, Herrn. Sch eurer,
Rohrbacher Straße 34, Georg Wegerle, Steingasse 1, Carl
Werner, Hauptstraße 163. In Neuen heim bei Herrn
Georg Dörsam, Brückenstraße 7, Karl Wagner, Grün. Laub,
Bruckenstraße 14. Die reichstagswahlberechtigten Mitbürger
werden gebeten, die Eingabe möglichst zahlreich unterzeichnen zu
wollen.
* Postalisches. Die Bekanntmachung des Staatssekretärs des
Reichspostamis in vorliegender Nummer der Heidelberger Ztg.
über den Versandt von Geschäftspapieren enthält eine
Reihe von Neuerungen, die für weitere Kreise von Interesse sind;

wir wollen nicht unterlassen, auf die Bekanntmachung an dieser
Stelle noch besonders hinzuweisen. Von besonderem Interesse ist,
daß Rechnungen als Geschäftspapiere versandt werden können.
Wenn diese das Gewicht von 15 Gramm nicht übersteigen, so
tritt bezüglich des Portos keine Aenderung ein, dasselbe beträgt
nach wie vor 10 Pfg., wenn sie aber über 15 Gramm wieaen,
so ist bis zu 250 Gr, nur das einfache Porto von 1» Pfg-
zu zahle». Allerdings müssen die Sendungen die Aufschrift
Geschäftspapier tragen und dürfen nicht v erschlossen sein.
* Das Romanfeuilleton findet der Leser im heutigen
zweiten Blatt,
— Polizeibericht, Eine Mannsperson wurde wegen fort'
gesetzter Ruhestörung verhaftet, ebenso eine soltte wegcn
Betteins. Fünf Personen kamen wegen Ruhestörung zur
Anzeige.
8 6. Sinsheim, 12, März. Stadtschreib w Jakob Laux-
ein treubcwährteS Mitglied der nat,-lib. Partei, ist uner-
wartet rasch gestorben, Lrux nahm als Vertreter des
Bezirks Sinsheim häufig an ven Landesverlammlungen
der not.-lib. Partei theil und brachte allen Parteisragen das
regste Interesse entgegen. Sein Tod bedeutet für den
nat.-lib. Verein Sinsheim einen schweren Verlust. Ebenso
war er al- pflichteifriger städt. Beamter allgemein geachtet.
Steinsfurth (A. Sinsheim), 13. März, Bei Witthshaus-
händeln in der letzten Nacht spielte das Messer wieder seine
Rolle, Der Messerheld, welcher sofort hinter Schloß und Riegel
gesetzt wurde, ist ein lediger Schreiner aus Haselbach. Er stock
einen hiesigen Burschen unterhalb des Schlüsselbeins in die
Lunge, so daß dieser hoffnungslos darniederllegt. Der Gestochene
konnte sich zwar noch bis zum Wundarzt, welcher in der Nähe
wohnte, schleppen, brach dann aber zusammen und konnte bis jetzt
nicht in seine Wohnung verbrach! werden. Veranlassung zuw
Streit war Eifersucht.
— Weinheim, 12. März. Der heutige Tag muß für Wein-
Heim ein Unglückstag genannt werden; denn es sind 3 Un-
glücks- bezw. Todesfälle zu melden. Heute Nacht wurden dew
Fabrikarbeiter A, Müller von hier von dem Maurer Michael
Schmitt von Löhrbach vor der Wirlhschaft Müller zum Gork-
heimer Thal derartig schwere Stiche in den Oberarm und die
Brust bcigebracht, daß derselbe im städt. Krankenhause heute ver-
schieden ist. Der muthmaßliche Thäter ist verhaftet. Ferner
wurden in den Steinbrüchen im Birkenauer Thal einem Arbeiter
von Birkenau durch frühzeitiges LoSgehen eines Schusses beim
Steinsprengen beide Beine abgeschlagen, so daß der Tod nur als
eine Erlösung anzusehen wäre. Endlich fand ein 13jähriger
Junge diesen Abend nach dem Schulunterrichte durch Verschüttung
in einem Kiesloche, woselbst derselbe mit seinen Kameraden >uM
Vergnügen an der Erweiterung der Höhle arbeitete, seine» Tod-
Waghalsig- und Unvorsichtigkeit wird als Ursache de« Unglücks-
falles bezeichnet.
Mannheim, 7. März. Der Cupitän des Schleppers Raab-
Karwer u. Este. Nr. 1, Ferd. Schumacher auS Ruhrort, ivak
vom Schöffengericht wegen Ruhestörung zu 5 Mk. Geld-
strafe verurkhestt worden, weil er Nachts zwischen l und ^
Ubr in Pausen von je einer Viertelstunde je 10 Minute»
anhaltend Signale mit der aroßen Schiff-glocke gegeben halte,
um d>e Schiffer seiner Anhängeboote zu wecken. Die Strol'
kammer sprao ihn, wie der Franks. Zig. geschrieben wird-
frei. Die Signale seien am ganzen Rhein üblich, und m»»
dürfe in einer Industrie- und Handelsstadt nicht so empfind
lick lein.
6 0. Karlsruhe, 12. März. Die Influenza grasstrt gege»'
wärtig im ganzen Großherzogthum ungemein stark. In Meers-
bürg mußte das Lehre,semlnar geschlossen werden, da eine groß*
Zahl der Zöglinge an Influenza ertrankt ist. Laut Hofberick'
ist auch die Großherzogt» von der tückischen Krankheit be-
fallen worden, ebenso Minister von Brauer. Die Jnflueitt»
greift auch störend in den Gong der Landtagsverhandlungen e>»'
insofern in letzter Zeit mehrfach Kommissionsbertchle nicht erledig-
werden konnten, weil entweder der Berichterstatter oder ein RA
gicrungskouimtssär an Influenza erkrankt war. Ueberhaupt wem
das Rondell gegenwärtig starke Lücken auf, da viele Abgeordnete
theils wegen Erkrankung, theilS wegen Theilnahwe an de»
Reichstagsverhandlungen beurlaubt sind, — Die Lohnbewe
gung der hiesigen Sch neid er gehtlfen scheint friedlich U
verlaufen. Die heutige Gehilfenversammlung beschloß, noch nick
in de» Streik einzutreten, sondern noch einmal Verhandlungen
mit den Meistern anzuknüpsen. ^
Kleine Zeitung.
— Hochschulnachrichten. Bonn, 12. März Der vor einig*?
Tagen bereits einmal fälschlich todtgesagte Geh. Medicinalr»^
Professor Dr. C. O- v. Mosengeil, ist gestern Nachmist»s
gestorben. .
— Berlin, 10. März, Der große Staatsprcis für Bildha»-
(3300 Mk ) ist, wie die Blätter melden, für das Jahr 1900 »o
der königlichen Akademie der Künste dem Bildhauer Aug»!,
Kraus, dem Mitarbeiter von Reinhold Begas bei den Ratio»»,
denkmälern für Kaiser Wilhelm I. und Bismarck, verlieb*'
worden. Den Staatspreis für Architekten (3300) erhielt »
Architekt Max Fritsche aus Guben zur Zeit in Heidelberg'
— Paris, 14. März. Der Minister der schönen K»»^
Lehg ueS, erklärte einem Berichterstatter geaenüber,
hoffe, daß das Idöatrs b'rsuxaio am 14. Juli wie» ,
eröffnet werden könne- — Ein großer Banunternev»!^
Namens Chapelle, erklär! sich bereit, daS
ldrsoynis binnen zwei Monalen in seiner früheren Gest»
herzustellen.
— Der schnellste Dampfer der Welt. Auch im vorw^
Jahre hat der Schnelldampfer des Norddeutschen Lloyd
Bremen „Kaiser Wilhelm der Große" seinen Ruf
schnellster Dampfer der Welt unentwegt behauptet,
Dampfer gebraucht zu der eigentlichen Oceanfahrt nach New-N',-
kaum etwas mehr als 5 Tage. Was würde der selige Col»»*"
dazu sagen?
— Wie begehrt in der Leipziger Straße in Berlin
schäftsräume sind, beweist die Thalsache, daß in dem Ne»»,^
welcher auf dem am 1. April zum Abbruch gelangenden
Ktßkalt (Stadt London), Leipzigerstrabe 50», erstehen
bereits sämmtliche Läden, erste und viert« Ktaae an -ine V».«-

vierte Etage an eine
burger Firma, die Herrenartikel führen wird, für eine JEhe»
mtethe von 150000 Mk. vermicthet worden sind. Ebenso b»,^,
die Läden und erste Etage, welche der Neubau auf den E ip-
falls zum 1. April dem Abbruch verfallenen Grundstücke» ^§0
zigerstraße 73 und 74 enthalten wird, zum Miethpreist
66 000 Mark fürs Jahr bereits Miether gefunden. Endlick
mit dem Beginn des Frühjahrs auch das kleine Haus ^ <p
zigerstraße 12 abgerissen werden, welches für den anseh»»^,!,
Preis von 750000 Mark von der Delmenhorster LinoleUw'» -gk
Aktiengesellschaft, erworben worden ist, die auf dem Terra'» ^!>
sich ein neues Geschäftshaus errichten will. Werden so meist
mehr alle Räume der Leipzigerstrabe für Geschäftszweck*-sts'
gerichtet, so werden umgekehrt in der Friedrtchstraße Get«^»
räume vielfach Restaurationszwecken dienstbar gemacht-
bezeichnet das, wie die Allg. Fleisch.-Ztg. schreibt, im Volk«"» „st
karr dakurck. dak man kie Zr-inrinkrsti-tiki» 6>n„sstrake

kurz dadurch, daß man die
hat, die Friedrichstraßc aber

Leipzigcrstraße
Saufstraße'

Kaufstraße

Theater- und Kunst-Nachrichten-
Heidelberg, 14, März. (Stadt-Theater.) In R»»* „o?
des großen Erfolges, den die Komödie „Der Btberpe'Z ,§„l»
Gerhart Hauplmann bei ihrer Erstaufführung errungen-, »-„cher
die Theaterdirektion den Wünschen zahlreicher Theater» ' ge»-
nachzukommen, wenn sie das genannte Werk bereits w
Donnerstag, in der bekannten trefflichen Besetzung
stellung bringt. Die Vorstellung finoer außer üb»»»
statt.
 
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