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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150-176 (01. Juli 1902 - 31. Juli 1902)
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der überaus traurigen ökonomischen
V e r h ä l t n i s s e, die im ganzen Lande hecrschen.
Nach dem Berichte des italienisckien Konsnls in Buenos
Aichs besteht in Argentinien augenblickslich eine sehr
ernste K'risis. Schlechte Ernten, das Sint'en der Woll-
preise, klnbeständigkeit in der Politik u. s. w. haben ein
allgemeines Mißtrauen nnd eine bedenkliche Stockung
der Geschäste herbeigeführt. Die Zahl der Arbeitslosen
in Argentinien wird auf 100 000, in Buenos Aires
allein auf 40 000 geschätzt. Trotzdem ziehen noch immer
mehr Arbeitsüchende nach der Hauptstadt, woselbst die
Teuerung der Lebensmittel und die suspension der
öffentlichen und der Privatarbeiten fast alle Ankömmlinge
dem Elende überliefern. klnter diesen Umständen kann
natürlich vor der Auswanderung nach Argentinien
augenblicklich nur gewarnt werden, und zwar besonders
mit Rücksicht anf ein neues großes Kolonisations-Unter-
nehmen, welches jetzt daselbst — un'd zwar diesmal in
Gran Chaco — in Szene gesetzt werden soll. Dort hat
ein gewisser Lloyd die Berechtigung erhalten, von Resi-
stencia ans eine 260 Kilometer lange Bahn nach dem
Jnnern der Provinz zu bauen, wogegen ihm die Regie-
rung gewissermaßen zum Ausgleiche seines Risikos 500
Quadratmeilen an diese Bahn angrenzendes Land zum
Eigenthum überläßt, das Herr Lloyd dann an Kcküonisten
weiterznverkanfen gedenkt. Nun ist der Gran Chaco
ein durchweg sehr ungesundes und teilweise auch
unfruchtbares Land, eine wahre Wüste, wie es in
dem obenerwähnten Berichte heißt, in dem besonders an
gesundem Trinkwasser großer Mangel herrscht. Um
daher vor allem diesem HauPtfehler abzuhelfen, will Herr
Lloyd, der anscheinend ein Engländer ist und daher auch
die großen Dienste zu würdigen weiß, welche die von der
englischen Armee in Südafrika in der Zahl von mehr als
15'000 Stück benutzten Filter der Berkefeld-Filter-Gesell-
schaft in Celle der ersteren erwiesen haben, sich an die
Vertreter der genannten Gesellschaft in Rosario wenden,
um wegen der Bestellung einer großen Zahl dieser Filter,
von denen jedes per Minute zwei Liter absolut keim-
sreies Wasser liefert, zu unterhandeln, aber hiermit allein
ist den znkünftigen Kolonisten noch keineswegs geholfen.
Das .Klima, gefährliche Krankheiten, Sandflöhe und Jn-
dianer, 'die Unfruchtbarkeit des Bodens u. f. w. ließen
von jeher jedes Kolonisationsunternehmen in diesem nn-
geheuren, heißen Territorinm als aussichtslos erscheinen,
und dasjenige des Herrn Lloyd bietet den Kolonisten auch
keine besseren Aussichten für die Zukunft, trotz^ der obigen
menschenfreundlichen Absicht jenes Herrn. Sollte daher
für dasselbe, wie nicht anderS zu erwarten. demnächst
anch in Deutschland die Werbetrommel gerührt werden,
so mögen die deutschen Auswanderungslustigen vor den
Verheißungen der Agenten und Prospekte anf der Hut
sein.

Afrika.

— Die „Times" meldet ans I o h a n n e s b n r g:
Bei dem Kommers der dentschen Kolonie hielt
Ler Kapgouverneur Lord Milner eine Ansprache, in dek
er die Mitglieder der Kolonie zu der erfolgreichen Art
b e g l ii ckw ü n s ch t e, in der sie h e i m i s ch e S i t t e
na ch Südafrika gepflanzt hätten. Er ge-
dachte sodann der Wolke, die sich über die Krönungsfeier-
lichkeiten gesenkt habe, die aber auch der Förderung der
Gesühle der K a m e r a'd s ch a f t zwischen Deutschen
und Briten in Südafrika zuträglich sei. Des weiteren
sührte Lord Milner aus, er vertraue anf die Zuneigung
der Deutschen in der Zukunft und hoffe, daß die Bezie-
hungen zwischen Deutschen und Briten nicht nur auf ein
Lloßes formelles gesetzmäßiges Verhalten, sondern viel-
mehr guf eine Einigung der Herzen gegründet sein
mögen. Später verab'schie'dete sich Lord Milner mit eini-
gen Worten in deutscher Sprache.

Amerika.

— Ein merkwürdiger Ausstand wird von
den Blättern in Philadelphia geschildert und als eines
Ler unterhaltendsten gesellschaftlichen Ereignisse der
Jahreszeit bezeichnet. Es haben dort 1600 gelernte
Arbeiter der Waggonfabrik Brill Car Works zeitweilig
ihre Thätigkeit eingestellt, nicht um Löhne heraufzu-
schrauben oder Arbeitsstunden zu vermindern, sondern
lediglich um die Anerkennnng ihres Gewerkvereins durch-
zudrücken. Keiner von den feiernden Arbeitern verdient
weniger als 80 Mk. Wochenlohn und manche beziehen
240 Mk. Die Leute gehen während der Arbeitsein-
stellung in ganz hellen Sportanzügen umher, und die
Leiter der Bewegung erscheinen abends im Frack auf dem

welche mich ansahen und miteinander sprachen. Jch hatte
rasenden Hunger, aß und trank, und nach einigen Tagen
sagte der Wärter: „Jetzt sind Sie Rek'onvaleszent, Sie
bessern sich ja zusehends." — Jch lachte und erwiderte:
„Na, immer schöner, erst tot und dann besser!" — „Ja,
sagte er, „Sie sollten an demselben Vormittag halb elf
Uhr, wo Sie des nachts erwachten, begraben werden."
— Jch fragte: „Was sagte denn mein Onkel und die
Verwandten?" — „Die bökommen Khiüen inchr zu
sehen, wenn er hier ist, entweder gesund oder gar nicht!
. . . Sie haben zwei Tage und anderthalb Nächte in
jenem Schuppen nackt gelegen." — „Schrecklich, schreck-
lich!" sagte ich bewegt.

Meine Genesung ging rasch, verzögerte sich aber doch
bis Ende März. Als ich endlich nach Hause kam, sagte
meine alte blinde Mutter: „Na, das sind Doktoren,
erst den Totenschein und nach Wochen kommst du leben-
dig. Bist du es denn auch?" — Rechnung und Toten-
schein, sogar der Sarg, alles war in Ordnung. Aber ich
genas vollständig, blieb jedoch bis heute immer sehr ner-
vös. Wenn ich den Mond ansehe, so sagt mir oft eine
Stimme: „Du lieber Geselle, hast mich vom Scheintot
erweckt, denn als ich dich sah, ward mir die erste Angst
meiner großen Gefahr bewußt.

Wenn ich nun achk oder neun Stunden sPäL:r erwacht
wärc?-—

Seitdem mag ich keine Erdbestattnng leiden, nnd mein
letzter Wille lautet:

„Wenn ich einst gestorben bin,

So laßt mich nichk langsam vermodern,

Nicht in eine dunkle Gruft legt mich hin,

Jn G'luten laßt schnell mich verlodern!"

Schauplatz. Posten schlendern behaglich um die Fabrik
herum, und wenn sich Leute nähern, werden sie mrt
großer Höflichkeit benachrichtigt, daß ein Ausstand im
Gange ist. Der Posten biktet um Entschuldigung für
die Annahme, daß der Besucher Arbeit suchc, und bictet
ihm frenndlich eine Zigarre an. Die meisten der Ar-
beiter wohnen auf eigenem Besitz. Die Beamten der
Aktiengesellschaft, ddr die Fabrik.gehört, find der Mei-
nung, die Arbeiter wolllen sich eine kurze Ferienruhe
gönnen und würden in einigen Tagen wieder zur Ver-
nunft kommen. Jnzwischen ist der Postendienst in aller
Ordnung mit regelmäßiger Ablösnng geregelt, und wer
nicht gerade Dienst dabei hat, spielt Golf, Tennis, Base-
ball oder fährt spazieren. Nachmittags wird gelegentlich
eine Musikkapelle gemietet und ein Konzert veranstaltet.
Man sieht mit lebhaftem Jnteresse dem Verlanf und Aus-
gange die'ses Ausstandcs in Glacehandfchuhen entgegen.

Aus Stadt und Land.

Mnnnhcim, 2. Juli. (Z u r G a st h a u s - R e f o r m.)
Die Stadtgemeinde Mannheim beabsichtigt, einen ihr gehörigen
Banplatz im neuen Jndustriehafen derart zu versteigern, daß
der Käufer für sich und seine Rechtsnachfolger die Verpflich-
tung übernimmt, auf diesem Grundstücke eine Schankwirtschaft
zu betreibcn. Wie man uns mitteilt, habeu mm Freiherr
v. Dicrgardt auf Mojawola und Dr. Bode in Weimar für
den vou ihncn begründeten „Deutschen Verein für
G a st h a u s - R e f o r m" dem Mannheimer Stadtrat ein
sozialpolitisch interessantes Experiment vorgcschlagen. Es
heitzt in ihvem Schreiben: „Wir beantragen, dah die Stadt-
gcmeinde unserem Verein oder einer von uns zu bildenden Ge-
sellschaft dcn Bauplatz kostenlos überläßt; wir verpflichtcn uns
dagegen, auf diesem Platze eine Schankwirtschaft mit Wirts-
wohnung zu errichten und sie durch Pächter oder Verwalter
nach dcm Gotenburger S y st e m zu üetreiben. Wir
wollen allrn Gewinn, der sich über eine fünfprozentige Ver-
zinsuug des angelegten Kapitals hinaus ergiebt, gemeinnützi-
gen Zwecken zuivenden, und zwar soll diese Verwendung all-
jährlich durch eine Kommission von fünf Mitgliedern bestiinmt
werden, von denen zwei durch uns ernannt, zwei durch den
dortigen Stadtrat oder Bürgerausschuß bestimmt werdcn, wah-
rend um die Ernennung des füuften und präsidierenden Mit-
gliedes dic Großh. Staatsregicrung ersucht werdeu möchte.
Wir wünschen jedoch, daß von dem Gewinne mindestens die
Hälfte solchen Einrichtungen zufließe, die dem Alkoholmiß-
brauch unmittclbar oder mittclbar entgegenwirken. Zur Be-
gründung ihres Antrages sagcn die genannten Herren kurz,
es sei grundsätzlich verkehrk, wenn ein im öffentlichen Besitz
befindlicher Platz oder ein derartiges Gasthaus der Spekulation
ausgcliefert wevde. „Sollte der in Rede stehende Platz wirk-
lich nach dcm bisherigen Vorhaben versteigert werden, so 'ivird
zwar Jhre Stadkkassc eine gcwisse Geldsummc einstreichen;
der Wirt der zukünftigen Wirtschaft muß dann aber die Ver-
zinsung dieser Summe den Arbcitern, die im Jn'dustriehafen
verkchren, ivieder abgewinncn. Das Haus wird vermutlich
bald verkauft und wiederberkaüft werden und infolge der Kon-
kurrenz der Brauereien oder anderer Getränkelieferantcn einen
immer höheren Preis erhalten, d. h., das Publikum wird zu star-
kcm Gctränkekonsum verleitet werden müssen, damit dic Wirte
oder Besitzer auf ihre Kosten kommcn. Und die Spekulationen
würden sich auf eincm Platzc entwickcln, Lber den heute noch
die Gcmeinde verfügt." Schließlich crklärt sich der Verein für
Gasthans-Reform bereit, das bctreffende Grundstück jederzeit
wieüer an die Stadtgemeinde herauszugeben, wenn sie es für
das Gebäude nnd Fnventar augewandte Kapital und 600 Mk.
Entschädigung zahle. Das Experimeut schließt also für die
Stadt höchstens ein Risiko von 6000 Mk. in sich ein.

OL Karlsruhe, 1. Juli. (Bildhauer Hirt), der
Schöpfer der Gewandfiguren am Karlsruher Rathaus, hat iu
letzter Zeit die Modelle für das Küchler-Deukmal in Worms
fcrtiggestellt: cine lebensgroße Büste und cin Standbild dcs
ehemaligen hessischen FinanzministerS. Veide Modelle, na-
mcntlich aber das Standbild, wclches Küchler im Havclock
und Schlapphut darstellt, sind vortrefflich gelnngen und haben
den Bcifall des Wormser Denkmalkomitees gefunden. Der
fchaffcnsfreu'dige Künstler ist gegcnwärtig mit dcm Entwurf
dcs Giebelfeldes beschäftigt, welches die Fassade des hicsigen
Rathaufes schmücken soll.

Konstanz, 1. Fuli. (D i c Ursache des günstigen
W i t t c r u n g s w e ch s c l s in der vergangenen
Woche.) Die „Konst. Ztg." schreibt: Jüngst befcstigte ein
Strandläufer an der Wcttertafcl im Städtgartcn dcn An-
schlag „D e r Sommer 1602 fällt a u s". Dicfer ener-
gischcn Behandlung zeigte sich 'das Wetter nicht gewachfen.
Sofort begann die Serie schöner Tage, in welcher wir uns
gegcnwärtig unberufen befindcn. Ehre dem wackercn Mannel

-r- Aus Baden, 1. Juli. (Arbeiterkolonie Anken-
buck.) Der soeben ausgegebene Jahresbericht des Landes-
vereins für Arbeiterkolonien im Grohherzogtum Baden für
1901 bringt uns Kunde von dem gedeihlichen Bestand und
Fortgang der Arbeiterkolonic Ankenbuck (bei Villingen). Allen
deneu, welchen an der Bekämpfung der aus der Landstrcicherei
fließenden Ucbel unferer Gesellschaft gelegen ist, sei der Verein
beziehungsweife seine Anstalt zur Unterstützung aufs wärmste
cmpfohleu. Die Anstalt kann aber uur dann ihrcm Zwecke
gerecht werdcn, wenn sie im Wesentlichen von der Freiwillig-
keit getragen wird. Die bessern Jnsassen der Kolonie sind
diejenigen, welche mit vollkommen unbescholtenem Vorleben in
die Anstalt eintreten, um sich den nachteiligen Folgen des ar-
beitslofen Umhertreibens zu entziehen; allein diese besseren
Bcstaudteile können der Anstalt nur dann zugeführt und er-
haltcn werden, wenn diese ihnen nicht als staatliche Zwangs-
Besserungsaustalt erscheint, sondern als eine vou der cnt-
gegenkommcnden Liebe ihrer Mitmeuschen dargebotene Hilfe.
Der gleiche Gedanke trägt auch wesentlich zur sittlichen Wieder-
herstcllung und Kräftigung der anderen Bestandteile der Ko-
lonic bei, wclche aus entlassenen Strafgefangenen und frühe-
ren Jnsassen des polizeilichen Arbeitshauses bestehen. Es
handclt sich also in erster Linie darum, die Kolonie durch den
Beistand der Vereinsmitglieder zu erhalten und dcmgemäß
deren Zahl zu vermehren oder doch wenigstens die aus natür-
lichcr Ursache eintreteude jährliche Minderung derselben aus-
zugleichen. Der Ausschuh des Vereins richtet daher an seine
Vertrauensmänner und Mitgliedcr, wie auch an alle jene,
welche der hier vorliegend'en gesellfchaftlichen Aufgabe ihre
Teilnahme zuwenden wollen, das frenndliche Ersnchen, durch
Gewinnuug ueuer Mitglieder zur Befestigung der Thätigkeit
des Vereins beitragen zu wollen. Dic Namen nener Mit-
glieder — Jahresbeitrag mindcstens 1 Mark — wollen dem
Ausschuß des Landesvereins fiir Arbeiterkolonien in Karlsruhe
mitgeteilt werden, welcher zur Abgabe von Satzungen und
Jahresberichten ftets gerne bereit ist.

Heidelberger Vereinsangelegenheitcn.

dl. !Vl. Der Kaufmännische Verein hat seinen 15. Jahres-
bericht eben versandt und in demselben eine znsammenhängende
Darstellung seirier bielseitigen Thätigkeit im verflossenen Jahre
gegeben. Bedauerlich ist es, daß er an Mtgliederzahl zurück-
gegangen ist, obgleich doch die Zahl der Handelsbeflissenen so-

wohl in Selbständigkeit, wie im Gehilfenverhältnis im steteä
Wachsen begriffen ist. Es wird im Bericht als Grund dafür
mir angegeben, daß die Zugänge aus den LehrliugSkreisen,
welche die Haudelsschule besuchten, durch den Uebergang der
Schule an die Stadt wegfielen und weiter, daß andere Ver-
einigungen mit politifchem oder konfessionellem Eharakter ent-
standen seien. Wir glauben jedoch, einen wesentlichen Ab-
bruch erfahreu alle solche Vereine wie der hiesige Kaufmännische
Verein durch die Konkurrenzvereine, welche mehr gewcrkschaft-
lichen Charakter haben und wir begrüßen es daher, daß der
Verein durch seine auf die Posselt-Landfried-Stiftung ge-
stützte Fürsorgekasse für stellenlose Mitglieder auch ein neues
Glied iu seine gewerkschaftlichen Einrichtungen einsügte. Jst
auch vorerst durch die Unterstützungskasse für unverschuldet
stellcnlos Gewordene noch uicht sehr viel geleistet, so ist aber
doch der Anfang gcmacht, der Weg gcwiesen und es werden
sich auch wcitcr Dtittel zum Ausbau der Abteilung finden
lassen. Bon den Bildungsmitteln neben den zahlreichen vorzüg-
lichen Vorträgen verdient die Bibliothek besondere Beachtung
und scheint auch von einem Teil der Mitglieder gewürdigt zu
werden, da 140 Mitglieder 2300 Bände entliehen hatten.
Einer Bcachtung empfehlen wir aber der Vereinsleitung das
Lefczimmer, das eine reichere Auswahl an geeigneten Zeit-
schriften haben dürfte. Es giebt zahlreiche Kaufmännische
Vercine, die darin mehr leisten und auch andere Fachvereine»
selbst Lese-Verciue übertreffeu. Nachdem die Schule eine
städtische geworden ist, würde das Lesezimmer durch entspre-
chende Ausgestaltung der Anziehungspuukt für den üildungs-
bedürftigeu Nachwuchs werden müsscn. Um nicht von den Ge-
Hilfcn-Vereincn mit vorzugswcise gewerkschaftlichem Charakter
weiter Mitgliedcr entzogcn zu bekommen, müssen alle Kauf-
männischen Vereine, welche aus Prinzipalen und Gehilsen be-
stehen, cin wcfentliches Moment in ihren Fürsorgcveranstal-
tungen erblicken und es ist ja auch sclbst in Fachvereinen aka-
demisch Gebildctcr heutzutage der Gewcrkschaftscharakter deut-
lich erkcnnbar. Die so rührige Vcrwaltung wird alfo den
Beweggründeu, welche manche Gehilfen dem Verein etwa ent-
fremdcu köuuten, Rechnung tragen uud bemüht sein, mehr
zu bictcn, als andere Vereinigungen zu bieten vermögen.

Pie KifenSahn von Swakopmund nach
Windhoek.

— Nach einer Meldung der „Deutschen Kolonial-
Zeitung" ist gleichzeitig mit der Eröffnimg der land-
wirtschaftlichen Ausstellung in Groß-Windhoek am 20.
Juni der Verkehr auf der ganze Strecke (344 Klometer)
der Schmalspurbahn von Swakopmund nach Windhock
eröfsnet worden. Hieffzu schjreibt Kottsnl Ernst
Vohsen in der genannten Zeitung: Damit nnd init der
in wenigen Monaten fertig werdenden Mole ist die sick>ere
Verbindnng zwischen dem Seeverkehr und den eigentlichen
Produktionsgebieten nnserer Kolonie hergestellt nnd ein
glücklicher Zusall will es, daß zugleich mit der Eröff-
nung dieser wichtigen Verkehrsader der Frieden in Süd-
afrika eingekehrt ist und Tausende fleißiger Hände sich
in Bewcgnng setzen, uin nenes Leben auf den dnrch den
Krieg verwüsteten Farmen erstehen zu lassen, sowie aus
dem Jnnern der Erde dnrch den Grubenbetricb die
Schätze zu befördern, die das Land wie kaurn ein zweites
der Welt in sich birgt. Die Farmen von Transvaal und
der Oranjefluß- wie der Kapkolonie bedürfen aber vor
allein für die Wiederansnahme ihrer Wirtschaftsbetriebe
eines für das Klima geeigneten Viehschlages, die Berg-
werke zu der Ernährung ihres Beamtenstandes nnd ihrec
Arbeiter der Fleischzufuhr. Hier wird gerade Deutsch-
Südwestafrika als Nachbarland in erster Linie berufen
sein, Hilfe zu bieten. Es ist zu erwarten, daß sich zum
Besten der deutschen und britischen südafrikanischen Kolo-
nien ein lebhafter, freundnachbarlicher, wirtschaftlicher
Verkehr zu Land und zu Wasser entwickelt. Mit Dank
sei tin diesen Zeillen des früheren Kolonialdilrsktors,
jetzigen Staatssekretärs Freiherrn von Richthofen ge-
dacht, der durch sein entschlossenes Eingreifen in der
schweren Zeit, als unser Schutzgebiet durch die Rinder-
Pest heimgesucht wurde und alles aus dem Spiele stand,
den ersten Spatenstreich zur Eröfsnung des neuen Ver-
kehrsweges in unser Schntzgebiet thun ließ, der jetzt
vollendet ist. Handelt es sich auch nur um eine Schmal--
spurbahn, so ist mit ihr doch der Anfang gemacht, durch
die Eisenbahn, das geeignetste Erschließungsmittel
küstenferner Produktionsgebiete, unsere Kolonien deM
Vaterlande nutzbar zu machen.

Tßeater- und Kunknachrichen.

Prinz - Regenten - Theater München 1902. Auffüh«
rungscyklen: 1. Cyklus (11.—16. August): Die Mcister-
singer von Nürnberg. Tristan und Jsolde. Tannhäuser.
Lohengrin. (Montag, 11. August: Die Meistersinger voN
Nürnberg. Mittwoch, 13. August: Tristan und Jsolde. Frei-
tag, 18. August: Tannhäuser. Samstag, 16. August: :Lohen-
grin.) 2. Cyklus 18.—20. August): Tannhäuser. Lohengrin.
Tristau und Jsoldc. Die Meistersinger von Nürnberg. ,Frei-
tag, 16. August: Tannhäuser. Samstag, 16. August: Lohen-
grin. Moutag, 18. August: Tristan und Jsolde. Mittwoch'
20. August: Die Meistersinger von Nüruberg.) 3. Cyklus
18.—23. August: Tristan und Jsolde. Die Meistcrsinger von
Nürnberg. Lohengrin. Tannhäuser. (Montag, 18. August:
Tristan und Jsolde. Mittwoch, 20. August: Die Meister-
singer von Nürnberg. Freitag, 22. August: Lohengrin. Sams-
tag, 23. August: Tannhäuscr.) 4. Cyklus (22.—27. August):
Lohengrin. Tannhäuser. Die Meistersinger von Nürnberg-
Tristan und Jsolde. (Freitag, 22. August: Lohcngrin-
Samstag, 23. Aügust: Tannhäuser. Montag, 25. Augustj
Die Meistersingcr von Nürnberg. Mittwoch, 27. August:
Tristau und Jsolde.) 6. Cyklus 25.—30. August): Dst
Meistersinger von Nürnberg. Tristan und Jsolde. Lohengrin-
Tannhäuser. (Montag, 25. August: Die Meistersingcr von
Nürnberg. Mittwoch, 27. August: Tristan und Jsolde. Frei-
tag, 29. August: Lohengrin. Samstag, 30. August: Tany-
häuser.) 6. Cyklus (29. August bis 3. September: LohengriN-
Tannhäuser. Tristan und Jsolde. Die Meistersinger voN
Nürnbcrg. (Freitag, 29. August: Lohengrin. Samstag, 30-
August: Tanuhäuser. Montag, 1. September: Tristan uno
Jsolde. Mittwoch, 3. September: Die Meistersinger voN
Nürnberg.) 7. Cyklus (1.—6. September): Tristan
Jsolde. Die Meistersinger von Nürnberg. Taunhäuser-
Lohengrin. (Moniag, 1. September: Tristan und Jsolde-
Mittwoch, 3. September: Die Meistersinger von Nürnbcrg-
Freitag, 5. September: Tannhäuser. Samstag, 6. Septern-
ber: Lohengrin.) 8. Cyklus (5.—10. September): Ta"M
häuser. Lohengrin. Die Mcistersinger von Nürnberg. .-Fß'
stau und Jsoldc. (Freitag, 5. September: Tannhäull '
Samstag, 6. September: Lohengrin. Montag, 8. Septernve -
Die Meistersinger von Nürnberg. Mittwoch, 10. Septewve '
Tristau und Jsolde.) Eröffnungs- und Schlußvorftellu »
 
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