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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150-176 (01. Juli 1902 - 31. Juli 1902)
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lichkeit als Schulinspektoren, Ersetzung der Sonn- und
Feiertagsschulen durch FoxtbAdungsschulen und ähn-
liches erfolgen solle. Jch — in einem protestantischen
Pfarrhause auf dem Lande erzogen — war natürlich
mit solchem Radikalismus nicht einverstanden und warnte
brieflich meinen Freund Graf Taufskirchen. Derselbe
antwortete mir, er habe zwar ebenfalls große Bedenken,
allein man werde demnächst die damals noch liberale
Kammermehrheit durchaus bediirfen (er meinte die Lu-
xemburger Frage) und „der See wolle einmal dieses
Opfer haben". Die Angelegenheit trat durch die inzwi-
schen in das Rollen gekommene Zollvereinserneuerung
etwas in den Hintergrund, aber als am 28. September
1867 die bekannte Adresse der Bischöfe ersolgte, machte
ich nochmals auf die Gefahr aufmerksam, welche eine der-
artige Kriegserklärung gegen die Geistlichkeit aller Kon-
fessionen für die bevorstehenden Wahlen zum Landtag
mit sich brächte. Jch bewirkte aber nichts, als daß ich
fortan bei den Liberalen in Mißkredit kam und daß einige
Mnister mich noch mehr als bisher als densenigen ver-
dächtigten, „der dem Fürsten die schlechten Ratschläge
gebe". Natürlich war ich nicht etwa der Meinung, man
solle die Schule der Geistlichkeit völlig überlassen, aber
mein Rat war, einerseits gllmählich und ohne außer-
ordentliche Trompetenstöße im Wege der „Verordnun-
gen" die staatliche Einwirkung auf den Schulunterricht
zu sichern, andererseits aber das religiöse Element, na-
mentlich in den äußeren Formen, sorgfältig zu schonen.

Deutsches Reich.

— Jn mehreren der Regierung nicht gerade sern-
stehenden Blättern finden sich Bemerkungen, aus denen
hervorgeht, daß die Bonner Rede des General-
obersten Freiherrn von Loä zum mindesten als
inopportun empfunden wird. Die „Post" behandelt
diese Rede in einem langen Leitartikel als einen Bruch
mit der preußischen Tradition, welche Generalsreden mit
politischem Ansttzich nach ausländischem Muster nicht
kenne. Die Erwähnung der sranzösischen Heeresver-
hältnisse sei Politisch so unklug wie nur möglich, zumal in
Frankreich Generalsreden eine wesentlich höhere Bedeu-
tung zugemessen werde, als in Deutschland, wo die Armee
der Politik ganz ferne steht.

Batzern.

M iinche n, 2. Juli. Die G e n e r a I v e r s a m m-
lung des Gesamtverbandes der christ-
lichenGewerkschaftenhat nach langen und hef-
tigen Beratungen einen Antrag angenommen, wonach

der christlich-sozialeMetallarbeiterver-
band Duisburg so lange aus dem Gesamtverband
ausgeschlossen ist, als er nicht die hestigen, gegen
die anderen Gewerkschaftsführer gerichteten Angrifse
Wiebers mißbilligt. Jm Laufe der Beratungen kamen
heftige Differenzen zwischen größeren und kleineren
Verbänden zum Ausdruck. Namentlich Braun-München
opponierte heftig gegen die „Brust'sche Diktatur", sodaß
Brust, der der Vorsitzende des Gesamtverbandes ist, kon-
statierte, man stehe vor der Aussicht auf schwere Mfferen-
Zen. Die Sache wurde einstweilen oberflächlich beigelegt,
der Ausschluß des Metallarbeiterverbandes (Wieber)
würde nur damit durchgedrückt, daß Brust die Kabinets-
frage stellte. Beschlossen wurde femer die Schaffung
eines christlichen Reichsarbeitersekretariats.

M ünchen , 2. Juli. Der Finanzausschuß hät die
Petition der deutschen Gesellschaft für Förderung eines
rationellen Aialverfahrens um Errichtung
-einer Versuchsanstalt für rationelles Malverfahren
(Farbentechnik) an der chemischen Abteilung der Techni-
fchen Hochschule in München der Regierung zur Würdi-
gng überwiesen. Der Kultusminister empfahl die Peti-
tion. Zur Zeit fehlt es aber noch an Platz an der
Technischen Hochschule.

München, 3. Juli. Die Mitteilung auswärtl-
ger Zeitungen, daß der Kultusminister bereits
üm seine Entlassung gebeten habe, sind Komb i-
nationen. Solange der Landtag noch beisammen
ist, ist kein Wechsel zu erwarten. Ein solcher gilt für
später nicht mehr als unwahrscheinlich.

Preußc«.

— Die Streitigkeiten in Wresche n sind nach
der „Vossischen Zeitnng" noch keineswegs beglichen. Es
weigern sich insgesamt 40 Schüler nach wie vor, im
katholischen'Religionsunterricht dem Lehrer auf in deut-
scher Sprache gestsllte Fragen M antworten. Jnfolge
der Wreschener Schulkrawalle sind in Wreschen 7, in
Miloslaw 6 Lehrer mehr angestellt worden. Die Klas-
sen sind geteilt worden, so daß in den einzelnen Abtei-
lungen fast nnr noch ein Drittel der früheren Schüler-
anzahl sitzt.

Ruhetage bei seinen Lieben, seinem Schwiegersohn und seiner
einzigen Tochter zuzubringen uNd unter ihnen den Frieden
des FamRenglücks zu genießen. Der Kaiser liebte es, die ge-
schichtlichen Erinnerrmgen aüs der Vorzeit durch Aufführung
dramatischer Szenen lebendig veranschaulicht zu sehen, und
die Ofsiziere des in Konstanz in Garnison steheNden badischen
Jnfanterie-Regiments Nr. 114 bemühten sich, dem hohen
Herrn diesen Genutz in ihrer Weise zu verschaffen. Besonders
schön in der Jdee und in der Ausführung war das Mainau-
Festspiel unter Mitwirkung von V. von Scheffel verfatzt von
G. von Meyern, welches im Juli 1876 bei Anwesenheit des
Kaisers zur Darstellnng kam und welches wir hier im kurzen
Äuszuge dem Geiste der Leser vorüberführen:

Kaiser Wilhelm kehrt in der Dämmerstunde in Begleitung
seines hohen Schwiegersohnes von einem Spaziergange auf
der Jnsel nach seinem Lieblingsplatze, der alten Linde vor
dem Schlosse, zurück. Da bringt dem.Grotzherzog ein Adju-
tant die Meldung, die Dienerschaft sei in Unruhe und Schrecken
versetzt; es gehe im Schlosse und in seiner Umgebung um, man
Habe deutlich im Schatken der Bäume weitze Ovdensmäntel
si'ch bewegen sehen, eS spuke offenbar an dem Plptze, wo die
älten Ordensritter an schönen Abenden ihre Stunden ver-
bracht. Der Grotzherzog, ungläubig das Haupt schüttelnd,
bittet den Kaiser, zur Beruhigung der abergläubischen Leute
stch mit ihm hinunter zu begeben auf die Schlotzterrasse, wo
die unheimlichen Gestalten sich zeigen sollten.

Es geschieht. Der Grotzherzog mit seinem hohen kaiser-
ttchen Gaste begiebt sich nach der Schlotzterrasse. Dort, bei
der breiten Linde, sitzen an einer schwarz behangenen, mit
Krucifixen besiVllten Tafel eine Anzahl von Komturen in lan-
gen weitzen Ovdensmänteln mit schwarzem Kreuz, mit Helm

Aas preußiscge Staatsministerium.

Jm Preußischen Staatsministerium ist, wie die
„Kreuzzeitung" zusammenstellt, nach dem Rücktritt Thie-
lens der Justizminister Tr. Schönstedt, dem Dienst-
aIter nach, das älteste Mtglied, ernannt am 13. No-
vem'ber 481(4. Jhm solgen der Kriegsminister von
Goßler (14. August 1896), Graf v. Posadowsky-Wehner
(1. Juli 1897), Ministerpräsident Graf von Bülow
(am 28. Oktober 1897 als Staatssekretär der aus-
wärtigen Angelegenheiten zugleich Staatsminister),
von Tirpitz (seit 28. März 1898 Staatsminister, seit
16. Juni 1897 staatssekretär des Reichsmarineamts,
Kultusminister Dr. Studt und Finanzminister Freiherr
von Rheinbaben (beide vom 4. September 1899), Land-
wirtschastsminister von Podbielski, Mnister des Jnnern
Freiherr von Hammerstein und Handelsminister Möller
(.1901), und als letzter Minister der öffentlichen Arbei-
ten Budde. Dem Lebensalter nach steht ebenfalls
Dr. Schönstedt obenan, da er (geboren 6. Januar 1833)
im nächsten Jahre seinen 70. Geburtstag (und auch sein
60jähriges Dienstjnbiläum) feiern kann. Es folgen als-
dann Dr. Studt (5. November 1838), Möller (10. Au-
gust 1840), von Goßler (29. September 1841), Freiherr
von Hammerstein (27. April 1843), von Podbielski
(26. Februar 1844), Graf von Posadowsky (3. Juni
1845), Graf von Bülow (3. Mai 1849), Budde (16. No-
vember 1861) und als jüngster Freiherr von Rheinbaben
(8. August 1866).

Ausland.

Rußland.

Petersburg , 1. Juli. Jn R o st o w am Don,
Gouvernement Jekateriuoslaw, sind in den letzten Tagen
ernste Unvuhen ausgebrochen. Erns beträcht-
liche Anzahl Arbeiter drang in mehrere Fabriken ein,
PUmderte und zerstörte dort alles' und zerbrach die
Maschinen; gleichzeitig plünderte das Landvolk in der
Umgegend die Häuser der Gutsbesitzer und Pächter. Mili-
tär nrußte einschreiten, um die Ordnung wiederherzu-
stellen. Dre Soldaten schossen in die Menge und töteten
oder verwrmdeten eine große Zahl der Ruhestörer. Die
Landleute sowie die Arbeiter waren aufgewiegelt wor-
den und wurden bei den Ausschreitungen geführt durch
Fremde, die eirre Phantasie-Uniform und -Ordensaus-
zeichnnngen trugen rnrd sich als Serrdboten des Zaren
ausgaben. Sie redeten auf den Pöbel ein, die Maschinen
seien nur ein Mittel, um die Zahl der Arbeiter immer
mehr zu beschränken und den Ruin der Armen herbei-
zusühren, worüber der gütrge Herrscher selbst ties Le-
trübt sei. Jn einem großen Teile voir Süd-Rußland,
namentlich irr den Gouvernemerrts Cbarkow, Poltawa,
Kiew, Woronesch, Saratow, Cherson, Jekaterinoslaw, so-
wie im nördlichen Kankasus, macht sich bei dem niederen
Bolke eine gesahrdrohende Gärrmg bemerkbar.

Aus Stadt und Land.

- -r- Rheinau, 1. Juki. (Wochenmarkt.) Mit dem heu-
tigen Tage ist Rheinau um eine Errungenschaft reicher gewor-
den, nach welcher sich besonders die Hausfrauen schon lange
sehnten, nämlich einen Markt. Datz hier ein dringendes
Bedürfnis dazu vorlag, zeigte der starke Besuch desselben sei-
tens der Frauen. Diese sind nun nicht mehr vom Eintrefsen
oder Ausbleiben der Hausierer abhängig und können Dienstags
und Freitags ihre Einkäufe besorgen. Für weitere Ansprüche
sind ja auch Lie Märkte von Mcmnheim und Schwetzingen
leicht zu erreichen.

Freiburg, 1. Juli. (Städtische Wohnungs-
politik.) Der „Lcmdesztg." schreibt man: Jn nächster Zeit
wird den Bürgerausschuß eine städträtliche Vorlage beschäs-
tigen, welche die Erstellung von Wohnungen für
städtische Beamte verlangt, eine Matzregel, welche mit
der allgemeincn Wohnungsfrage im engsten Zusammenhang
steht. Die Stadt Freiburg hat sich unter der Leitung ihres
gcgenwärtigen Oberbürgermeisters auf dem Gebiete der für-
sorglichen Kommunalpolitik ganz besonders hervorgethcm, so
datz die neue Fotderung nur eine Fortsetzung des begonnenen
Werkes bedeutct. Es dürfte auch für weitere Kreise interes-
sant zu erfahren sein, daß unsere Stadt der Erbauung von
kleineren Wohnungen anch für Nichtbeamte schon seit längerer
Zeit ihre besondere Ausmerksamkeit zuwendete, so daß die Stadt
nach der Durchsuhrung der stadträtlichen Vorlage nicht weniger
als 682 Wohnungen besitzen wird, ein VerhäÜnis, nach wel-
chcm auf 19 Wohnungen eine stadtische kommt. Die neue
Vorlage bezweckt hauptsächlich für die Stratzenbahnbediensteten
schöne Heimstätten zu schafsen, um einen tüchtigen Beamten-
stamm heranzuziehen. Diese Maßregel liegt im Jnteresse der
Mgemeinheit, denn ein erprobter Beamter im Fahrdienste
wird für die Sicherheit des Publikums grötzere Garantien
bieten können, wie ein Beamtenmaterial, das nur kurz am
Platze gehalten werden kann. Durch diese Wohnnngspolitik
sucht die Stadt aber auch eine Verteuerung der Wohnungen
hintanzuhalten. Dies ist sehr von Nöten, denn die Wohnungs-

verhältniffe in unserer Stadt haben angefangen, einen unge-
sunden Charakter mizunehmen. Einem Beamten, der lebiglich
auf sein Einkommen angewiesen ist, wird es oft schwer, die durch
die Bodenspekulation hochgeschraubten Mietpreise zu erschwin-
gen. Deshalb ist es auch mit Freuden zu begrützen, datz
die Stadt der Bodenpolitik ihr ganz besonderes Jntereffe zu-
wendet und der Spekulaticm so viel wie möglich Objekte zn
entreihen sucht. Es ist über diese weitausgreifende Boden-
politik schon viel lamentiert worden, aber nunmehr wird in
allen billig denkendcn Kreisen eingesehen, datz dieses Vorgehe«
der Stadt ein Liberalitätsakt, ein Akt der Gerechtigkeit ist-
An Egoisten, die ihren Geldbeutel in Gefahr sehen, fehlt es
zwar auch noch heute nicht, aber sie bilden gottlob nur ver-
einzelte Erscheinnngen. Wenn die Stadtverwaltung auch für
die Zukunft jencn Leuten das Ohr verschließt und thatkräftig
weiterbaut nnd die Wohnungen auch zu mäßigem Preise ab-
giebt, so witd sie sich den Dank weiterer Bevölkerungskreise er-
werben. Und, wie gesagt, ein reiches Feld der Bethätigung
ist hier noch geboten .

X Patembericht für Baden vom 1. Juli 1902, mit-
geteilt vom Jnternationalen Patentbureau C. Kleyer i«
Karlsruhe (Baden), Kriegsstraße 77. (Auskünfte ohne Recherchen
werden den Abonnenten dieser Zeitung kostenfrei erteilt.
Die Ziffern vor den betreffenden Nummern bezeichnen die Klaffe.
Patentanmeldunaen: 66d. R. 16160. Würfelschnetde-
maschine zum Zerschneiden von sehnigem Fleisch. Karl Heinrich
Rohn, Mannhcim-Neckarau. 46 a. H. 26265. Verbrennungs-
kraftmaschine mit gesteuertem Verdränger; Zus. z. d Pat. 108 722
und 117 264. Friedrich August Haselwander, Rastatt. 1. Juli190t.
Patenterteilungen: 81 o. 133 829. Zusammenlegbare Falt-
schachtel. Sunlight Seifenfabrik, Akt.-Ges. Rheinau-Mannheiw
u. I. A. Charpy, Port Sunlight. 9. August 1901. 79b. 133 731-
Vorrichtung zum Pressen und Umpacken von Zigarren. JohanN
Pfetfer, Karlscuhe. 15. August 1M1. Gebrauchsmuster»
Eintragungen: 10b. 177723. Rührkessel mit AusflußröhreN
für Anfertigung von Brennbliguets. Jaques Hille, Pforzheiw-
29. Mai 1902. 34 k. 177656. Zerlegbarer Speisentellerträger wü
übereinander angeordneten Servierbrettern. Alfred Hax. Lauden-
bach bei Weinheim, Baden. 23. Juli 1901. 341 177596. Taschen-
uhr-Wandhalter mit auf dem Wandbrett angeordnetem, die Glüh'
lampe tragenden Batteriekästchen zur Beleuchtung von Taschen-
uhren. Oskar Kreuzer, Freiburg i. B., Scheffelstraße Nr. 4.
15. Mai 1902. 31Z. 177 676. Gclenkig mit ctnander verbundene
und gegeneinander klappbare Sammlungskastcn. Carl Pfeiffer,
Freiburg i. B., Albertstr. 68 27. März 1902.

Veröand deulschcr Militäranwärter.

Der über gcmz Deutschland verbreitete und über 16 000
Mitglieder zählende Verband Deutscher Militäranwärter und
Jnvaliden hielt am 21., 22. und 23. Juni dieses Jahres in
Berlin seine 7. Vertreterversammlung ab. Aw
21. Juni abends wurde die Begrüßung der vielen erschieneneN
Verrreter mit einem Kommers eröffnet, wobei die treue Kcnne-
radschaft aller Erschienenen durch den engen Zusammenschluß
bon Ost und West, von Nord und Süd so recht zum Ausdrua
kam.

Am 22. Juni, morgens 8 Uhr eröffnete der erste Vorsrtzende
des Verbandis, Herr Polizeiinspektor Fobst, die offiziellen Ver-
handlungen mit einem begeistert anfgenommenen Hoch auf
Seine Majestät den Kaiser unter Ablassung eines Huldigungs'
telegramms.

Zu dem interesfantesten und wichtigsten Teike der umfang'
reichen Tagescwdnung, die bessere Zivilversorgung der Mili-
täranwärter betreffend, war auch der Vcrwaltungsrat brs
„Kaiser Wilhclm-Dcmk", Verein der Soldatensreunde, und
ziuar die Herren General der Jnfcmterie, Generaladjutant Sr-
Majestät des Kaisers, Exc. von Werder, Landtagsabgeordnetek
Oberst z. D. Freiherr von Buddenbrock, Oberftleutnant a. D-
Gobbin, Geh. Regierungsrat Witowski als Vorsitzender des
Ausschusseß für Zivilversorgungswesen sowie der Direktor
Gersbach.erschienen.

Die sachlichen Ausführungen der Delogierten wurden ser^
tens dieser Herren anerkannt und die Erklärungen derselbeß
von den Delegierten mit großem Beifall aufgenommen.
Besonderen wurde zum Ausdruck gebracht, datz vor allcm dir
strikte Durchführung der vom Bundesrate im Jahre 1882 er'
lasienen Anstellungsgrundsätze zu erreichen versucht werd^
müffe. Dadurch würden zweifellos schon biele Klagen, welch^
bis jetzt in Petitionen ihren Ausdruck gefunden hätten, bese^
tigt werden. Das Zusammenarbeiten seitens des Verbarrde^
mit dem „Kaiser Wilhelm-Dank" wurde, als die beiderseitigrh-
Jnteressen durchaus fördernd erachtet. Angenehm berührs
die Mitteilung, daß in den höchsten Jnstanzen bereits ErsA
gungen zwecks Verbefferung der Lage der Militäranwärt^
schweben ünd üatz den Bestrebungen ein crhöhtes Jnteresse cw
gegengebracht werde. .

Am Schluß der Besprechungen, welche einige Stunden
währt hatten, dcmkte der Vorstand im Namen des VerbaE^
für die hohe Ehre des Erscheinens der Herren. Die BerscM^^
lung gab durch Crheben bon den Plätzen dem Danke besorld
ren Äusdrnck. - ,

Die weiteren Verhandlungen, auch diejenigen der Sterb
kasse des Verbcmdes, nahmen einen allgemein befriedigcnd'-.
Verlauf und wurden am 23. Juni, abends 8 Uhr mit eine
begeistert aufgenommenen Hoch auf den immer mehr einp^
blühenden Verband geschlossen.

Kleine Zeitung.

— Wiesbaden, 30. Juni. Ein 24jähriger Stilj^,
sus der Cpemie klagte bei dem Landgericht zu

oder Barctt, je nach ihrer Zeit. Da sitzen Arnold von Langen-
stein, der erste Komtur, Rudolf von Jberg, Johann von Klin-
genberg usw. bis Konrad Reich von Reichenstein, den letzten
in der Reihe der Komture auf der Mainau. Sie sitzen unbe-
wegt, die HLupter wie schlasend auf die Hand gestützt, bis
Arnold von Langenstein sich erhebt, und, zu den anderen ge-
wendet, geisterhast das Wort nimmt:

Arnold von Langenstein:

Fhr Brüder, die seit sechs Jahrhünderten
Des deutschen Ordens hier gepflegt — Fhr alle,

Die seit dem ruhmvoll bösen Tag bon Akkon
Ein schön'res Ziel in Eurer Heimat fcmdet»

Die mit der Grotz-Ballei Elsah-Burgnnd
Dem fernen Preutzen-Hochstuhl zugeteilt,

Ein blühend Reis des Kreuzes und des Reiches,

Des Nordens Heiden überwinden halft —

Doch die geblüht und verblüht mit dem Reiche,

Geblüht durch Opfermut, verblüht durch Sslbstsucht,

Seit Jhr der Pflicht vergessen im Genutz
Und eitler Lust gefröhnt, statt Zucht zu üben —
Vernehmt das Heil, das Euch der Himmel kündet:

Jhr seid erlöstl

Alle (geisterhaft mit Dank nach oben):

Erlöst, erlöstl
L a n g e n st e i n:

Ja, hört und stauntl Die Welt ist anders wovden,

Der Arbeit Segen hat mit Gold gewuchert,

Der freie Geist trug Riesenfrucht, er trug sie
Seit weise Schulung ihm die Kraft gestählt
Urid feste Zucht ans Vaterland ihn bannte.

Ein Vaterland, das war's, tvas Cuch gefehlt,

Ein irdisch Vaterland, als beste Schule
Für unser sw'ges Heimatlcmd — ein Reich,

Das Thatkraft fordert, Haus und Hevd für Arbeit
Und Bürgerpflichten, die Jhr nie gekanntl
Ein Vaterland l Als dieser Ruf erscholl,

Da strömte neues Blut ins Herz des Reiches.

Da sah die^Welt wie nie zuvor ein Gleiches,

Sah „deutsche Ritter", wie sie nie gezogen
!<Sah deutschen Adler, wie er nie geflogen,

Einköpfig wieder, wie er weiland war,

Doch mächt'ger noch, als einst der Staufenaar l >

Der neue Orden heitzt: Ein Volk in Waffen,

Cin Volk, das tüchtig, weil es Tücht'ges bietet,

Erstarkt in Kriegeszucht, regiert vom Geist,

Sein Ovdenskreuz ein schwarz-weitz-eisernes: —^

So slog's von Sieg zu Sieg, so trug's den Namen -
Deutschlcmd zu ew'gem Ruhm — ein Volk des Frieoe
Und doch ein Heldenbund, denn witzt, des Bundes
Hochmeister ist sein Kaiserl — Gelobt sei Gott,

Das ganze dentsche Volk ist einig worden.

Und ewig schlafen mag der alte Orden! g>.

Musik fällt ein mit „Heil dir im Siegerkranz i >
schwenkt vor dem Kaiser, zwischen ihm und der
Komture, in Front ein, die letzteren vevdeckend.
zer Vorhang senkt sich nieder. Die Darsteller der
werfen schnell Mäntel und Kopfbedeckung ab uüd erlw ^
seitwärts der Musik als Ofizierkorps, gleichwie wem
Spuk in den Boden gesunken wäre. Hierauf
Beleuchtung der Jnsel, Serenade und grotzer Zap>e
(Schlutz folgt.)
 
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