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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150-176 (01. Juli 1902 - 31. Juli 1902)
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Lurch äutzere Umstände verzögert ivurde. Die Annahme er-
folgt cinstimmig.

3. Bericht der gleichen Kommission über den Gesetzentwurf
betreffend die Abänderung des Gebäudeversiche-
rungsgesetzes vom ,29. März 1852. Geh. Rat Le-
toald giebt einen geschichtlichen Rückblick, und schildcrt die
geplanten Aenderungell: Versicherling des ganzen Wertes
(nicht bloß von vier Fünsrel), Schätzung nach dem Bauwert
stnicht Lkaufwert) und Wegfall der Prämienklassen. Das Ge-
setz habe grotze soziale Bedeutung, es wolle die wirtschaftlich
Schwachen schützen. Antrag: Annahme in der Fassung der
Zweiten Kammer, die eine sachgemätze Aenderung behufs Ver-
meidung von Prozessen bei dcr Auflösung von Verträgen über
Bersicherung von Gebäudefünfteln angebracht hat. Die Kom-
rnission ist auch mit der von der Zweiten Kammer gefatzten
Resolution betreffend Versicherung von Rohbauten einverstail-
den, worüber später eine Vorlage zu machen wäre; es wird
beantragt, der Resolution zuzustimmen. Für eine Entschädi-
gung der Privatversicherungsgesellschaften wegen Entziehung
des Geschäfts mit Gebäudefünfteln (die bestehenden Verträge
bleiben bestehen bis 1912) sprechcn keine Rechtsgründe, auch
ikeine Äilligkeitsgründe, da dieses Gefchäfl nur einen sehr klei-
nen Deil der Gesamtgeschäfte jener Gesellschaft ausmacht.
Deber die Petition der Gesellschaften und der Generalagenten
soll deswegen zur Tagesordnung übergegangen werden.

Alle 3 Anträge (Gesetzentwurf, Resolution und Petitio-
ncn) werden einstimmig angenommen.

4. Ueber den Gesetzentwurf, die Fürsorge für B e-
amte infolge von Betriebsunfällen betr., erstattet Geh. Rat
Lewald namens der gleichen Kommission mündlichen Be-
richt. Die Arbeiter-Unfallversicherung von 1901 hat Erwei-
terungen und Verbesserungen eingeführt, die es lüitig machen,
den Beamteil gleiche Vorteile zuzusichern, damit sie nicht
schlechter gestellt sind. Die Einzelbestimmungen sind wörtlich
dem Reichsgesetz nachgebildet. Die Zweite Kammer hat unver-
ünderte Annahme beschlossen, welche auch hier beantragt und
einstimmig gutgeheitzen wird.

Jn die Deputation zum Empfang des Grotzherzogs bei der
Schlußfeier werden die beiden Vizepräsidenten und die üeiden
Sekretäre gewählt.

Für den landständ. Ausschutz schlägt Graf Hennin die
Westätigung der bisherigen Mitglieder durch Akklamation vor,
lvas angenommen wird.

Es sind dies Freih. v. Göler, Freih. v. Rüdt und Geh. Rat
Dr. Engler.

Aus der Geschäflsübersicht, die der Vizepräsident Graf
v. Bodmanam Schlutz der Tagung giebt, ist hervorzuheben,
Latz 24 öffentliche und 2 geheime Sitzungen des Hauses statt-
fanden und 71 Kommissionssitzungen. Mit herzlichen Worten,
zugleich des Präsidenten Prinzen Karl gedenkend, der brief-
lich seine Abschiedsgrütze schickte, ruft Graf v. Bodman den
Mitgliedern ein „Auf Wiedersehen" zu.

Freih. v. Röder dankt namens des Hauses dem Präsi-
dcnten und den beiden Vizepräsidenten.

Schlutz der Sitzung 10A Uhr.

L.O. Karlsruhe, 9. Juli. (123. Sitzung der
Zweiten Kammer.) Präsident Gönner eröffnet die
Sitzung um V4IO Uhr.

Zur Beratung kommt zunächst der Gesetzentwurf betr. Lie
Errichtung einer Landwirtschaftskammer, der, wie
berichtet, von der Ersten Kammer mit einigen Aenderungen
angenommen wurde.

Abg. Zehnter (Zentr.) beantragt namens der Kom-
mission, die Aenderungen nicht zu acceptieren und das Gesetz
in Ler von üer Ersten Kammer beschlossenen Fassung abzu-
kehnen.

Das Gesetz wird einstünmig abgelehnt.

Abg. Rohrhurst (Natlib.) berichter über den Antrag
Dreesbach und Gen., betr. Aenderung des Elementar-
ilnterrichtsgesetzes. Die Tendenz des Antrages gehe auf völlige
Berstaatlichung des Schulwesens. Kirche nnd Gemeinde haben
ihre Rechte. aus die Volksschulen aufzugeben. Die Kommission
verkennt nicht, datz dem Anlrag gewisse Lerechtigte Motive zu
Grunde liegen, sie vermag jedoch in ihrer überwiegenden Mehr-
heit dem Antrag nicht zuzustimmen und beantragt daher, das
Haus wolle dem Antrag keine weitere Folge gcben.

Abg. Wacker (Zentr.) giebt dem Wunsch Ausdruck, datz
ffch die Redner angesichts der Geschäftslage kurz fassen.

Abg. Eichhorn (Soz.) weist die „Zumutnng" zurück.

Präsident Gönner findet in der Aufforderung Wackers
nichts Prooozierendes. Der Borwurf Eichhorns sei daher un-
begründet.

Oberschnlratsdirektor Arnsperg e r erklärt, daß die An-.
träge für die Regierung unannehmbar seien.

Abg. Eichhorn (Soz.) begründet ausführlich die
Anträge.

Abg. Heimburger (Dem.) spricht sich gegen einzelne
Vorschläge aus und erklärt, datz die Volkspartei den ersten
Teil ablehnen, den zweiten annehmen werde.

Abg. G 0 ldschmit erklärt namens der nationalliberalen
Partei, daß sie die Vorschläge ablehnen werde.

Abg. Wacker (Zentr.) erblickt in den Anträgen ein Stück
Thrannei auf Kosten der Elternrechte, der Kirche und der
höchsten Güter des Volkes.

Abg. Frühauf (Freis.) kündigt an, datz er in der
nächsten Tagung die vorwürfige Frage prinzipiell behandeln
werde und beschränkt sich heute auf die Erklärung, dah er sich
ganz den Ausführungen Heimburgers anfchliehe. Redner
protestiert energisch gegen die Ausführungen Wackers.

Abg. Dreesbach (Soz.) betont, dah dte Sogialdemo-
kratie nicht den Religionsunterricht abschaffen, fondern nur
aus dem Lehrplan entfernen wolle. Mit ihren Anträgen wolle
sie nur die Volksschule heben, da die höheren Schulen für Lte
Lreite Masse des Volkes mit fieben Siegeln verschlossen seien.

Nach einem Schluhwort des Berichterstatters werden die
Anträge mit allen gegen 11 Stimmen abgelehnt; nur der
ketzte Teil, die Einreihung der Lehrer in den Gehaltstarif be-
treffend, wird mit allen Stimmen gegen das Zentrum ange-
nommen.

Der Gesetzentwurf, betr. die wandelbaren Bezüge
der N 0 t a r e, wird ohne Debatte tn der bon der Ersten Kam-
mer beschlossenen Fassung angenommen.

Abg. Goldschmit berichtet über den Antrag der Abgg.
Feudrich und Gen., betr. Abänderung des Paragraph 86
der Gemeinde-Ordnung. Der Antrag ersucht die
Regierung, dem nächsten Landtag einen Gcsetzentwurf vorzu-
legen, wonach die Bürgerausschüsse selbständig über die Herab-
fetzimg des Umlagekapitals beschliehen können. Die Kom-
niission beantragt Ueberweisung zur Kenntnisnahme.

Abg. Fendrich (Soz.) befürwortet den Antrag.

Ministerialdirektor Heil sagt eingehende Prüfung zu.

Der Kommissionsantrag wird angenommen.

Ueber die Petition des gemeinnützigen Vereins „Neckar-
vorstadt" Mannheim um Mänderung der bestehenden Stadte-
ordnung nnd Geschäftsordnung für den Bürgerausschuh geht
das Haus ohne Debatte zur Tagesordnnng über.

Zur Petikion betr. Erbcmung einer direkten Bahn
von W e i n h e i m nach Heidelberg, welche die Kom-
mission für Eisenbahnen und Stratzen (Berichterstatter Kist)
zur Kenntnisnahme zu überweisen beantragt, liegen drei An-
träge (empfehlende Ueberweisung, Berücksichtigung der Pe-
titionen uild einfache Ueberweisung) vor. NaK längerer,
durch einen Schlutzantrag der Abgg. Fendrich und Gen. be-

endigten Debatte, an der fich die Abgg. Müller, Rohrhurst,
Frühauf, Dreesbach, Wilckens, Eder, Mampel beteiligten, wer-
den sämtliche Petitionen mit Ausnahme jener der Mannheimer
Handelskammer zur K e n n t n i s n a h m e überwiesen.

Geh. Rat Zittel will sich mit Rücksicht auf die Geschästs-
lage nicht tiefer in die Materie emlassen. Zur Zeit könne
sich die Regierung nicht näher mit dem Projett befassen, weil
fich die Erste Kammer und die Stadt Mannheim ganz ent-
schieden dagegen ausgesprochen haben. Auherdem wäre es gar
nicht möglich, eine weitere Linie in den alten Bahnhof Heidel-
berg einzuführen. Der nene B'ahnhof werde aber erst
i n 8—10 Iahren, vielleicht noch später fertig. Wäh-
rend dieser Zeit könne sich vieles ändern. Die Regierung sei
daher nichf in der Lage, den Anträgen näher zu treten. Die
S ü d d. Gesellschaft bekomme keine Konzession
für eine Vollbahn.

Die Bitte des früheren Eisenbahnunternehmers Rötzger in
Stuttgart um Schadloshaltung wegen erliitener Verluste beim
Bahnbau (die schon zum fünftenmal den Landtag beschüftigt)
wird zur Kenntnisnahme überwiesen.

Geh. Rat Zittel erklärt, daß die Regierung keinerlei
Rechtsansprüche oder auch nnr Mlligkeitsgründe ancrkenne;
ste werde die Petition abcr nochmals prüfen.

Die Kammer erledigt dann weiter Petitionen.

Die Bitte um Versetzuug des Pfarrers Marquart in Bnch
a. Ahorn wird vom Präsidenten als nicht geeignet zur Be-
handlung im Plenum bezeichnet.

Abg. Btrkenmaher erstattet hieranf den Bericht der
Gefchäftsordnungskommission über die Aufsuchung provisori-
scher Gesetze. Jm Ganzen wnrden durch die 3 Referenten
236 Verordnungen geprüst. Der Jnhalt gab zu keinen Be-
denken Anlatz.

Präsident Gönner gcdenkt sodann der im Laufe der
Session verstorbenen früheren Mitglieder des Hauses Krieg
und Weber.

Jn den ständischen Ausschuß werden gewählt:

Gönner, Lauck, Gietzler, Wilckens, Klein nnd Heimburger.

Präsident Gönner giebt zum Schlutz eine Uebersicht über
die in der abgelaufenen Session erledigten Geschäfte.

Tlbg. Wacker: Am Schlutz einer sehr langen und arbcits-
reichen Tagung erübrigt uns noch, eine Ehrenpflicht zu erfüllen
und eine Dankesschuld abzutragen. Unser Präsident hat unsern
Dank reichlich verdient und ich bin glücklich, der Dolmetsch der
Empfindungen sein zu dürfen, die uns in diesem Augenblicke
be'wegen. Jch glaube nicht zu schmeicheln, fondern der Wahr-
heit die Ehre zu geben, wenn ich erkläre: Unfer Prästdent hat
auch in diesem Landtag das Vertrauen gerechtfertigt, dessen
er sich feit Jahren im Hause erfrent. Er war Leiter und Hüter
der Ördnung und hat mit Einsicht, Gerechtigkeit, Unpartei-
lichkeit uiid Erfolg, gepaart mit fchonender Gründlichkeit und
mustergiltigem Arbeitseifer seines Ämtes gewaltet und damit
nicht unwefentlich zur Förderung der Geschäfte beigetragen
und nns allen ein gutes Beispiel gegeben. Unter dtesem Ge-
fichtspnnkt ist er uns mehr gewesen, crls blotz Präfident. Wenn
unsere Arbeit dazn beigetragen hat, das Gesamtwohl zu för-
dern, so ist ein ganz wesentlicher Teil dieses Verdienstes dem
Präsidenten zuzuschreiben. Daneben dürfen wir ihn auch auf-
richtig beglückwünschen, datz fein Eifer seine Gesundheit nicht
beeinträchtigt hat. Möge es ihm befchieden sein, datz es anch
ferner so bleibt. Wir werden stets dcmkbar feines Waltens
gedenken. Jetzt, da die Stunde der Trennung naht, geleiten
ihn unsere besten Wünsche. Zum Ausdruck dessen, datz ich in
Jhrem Sinne gesprochen habe, bitte ich Sie, sich von Jhren
Sitzen zu erheben. (Geschieht.)

Abg. Wilckens spricht den Vizepräsidenten und Sekre-
tären sür ihre ersprietzliche Mitwirkung bei Leitung der Ge-
schäfte aufrichtigen nnd herzlichen Dank ans.

Präsident Gönner dankte herzlich für die lobende An-
erkenmmg seines Wirkens und gab dem Wunsche Ausdruck,
datz die Geschäste dem Vaterland zum Wohl gereichen mögen.

Schlutz der Sitzung 146 Uhr.

Aus der Karlsruher Zeitung

— Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog haben
den Rechnungsrat Ferdinand Krnse bei der Grotzh. Ge-
neraldirektion der Staatseisenbahnen unter Anerkennung seiner
langjährigen treuen Dienste in den Ruhestand bersetzt.

— Seine Grotzherzogliche Hoheit der Prinz und M a r k-
graf Maximlllan von Baden haben dem Vorstand der
Revision ihrer Domänenkanzlei, Rechnungsrat August
Scherer in Karlsruhe den Titel „Oberrechnungsrat" ver-
'liehen.

— Es wnrden die Revidenten Hermann Walter in
Nchßkirch zum Bezirksamt Konstanz, August Wild in Schönau
zum Bezirksamt Wiesloch, Friedrich Jäger in Lörrach znm
Bczirksamt Meßkirch und Adolf I 0 hn in Konstanz zum Be-
zirksamt Schönau versetzt.

— Buchhalter Wilhelm Hartmann wurde zum Ober-
buchhalter bet der Generalstaatskasse ernannt.

— Es wnrden die Expeditionsassistenten Heinr. Kitzling
in Karlsruhe, Anton Hellmann in Bruchsal, Emil Bi-
schoff in Bretten, Kilian Schumacher in Karlsruhe,
Christian Henninger in Eberbach, Ludwig Lehmann
in Donaueschingen, Friedrich Meetz in Freiburg, Emil H än-
sel in Durlach und Josef Gabel in Singen zu Betriebs-
assistenten ernannt.

— Seirie Königliche Hoheit der Grotzherzog haben
dem Jnhaber eines Tapeziergeschäftes und einer Möbelfabrik
in Heidelberg, Martin Bnrckhardt daselbst, das Hof-
prädikat verliehen, sowie dem Schmied Jean Justus Krant
in Heidelberg das seinem Geschäftsvorgänger seiner Zeit ber-
liehene Hofprädikat übertragen.

Karlsruhe, 9. Juli. Gestern Abend nach Ankunft
desGr 0 ßherz 0 gs nnd der Großherzogin aus Schloß Baden
begaben sich dieselben sofort zu dem Pförtner der Grab-
kapelle im Fasanengarten, dem treuen Diener Gntmann,
der nach dreijähriger schwerer Krankheit in den letzten Zügen
lag. Derselbe erkannte Jhre Königlichen Hoheiten noch und
dieselben nahmen bewegten Abschied in dankbarer Erinne-
rung an seine treue Pflege ihres verstorbenen Sohnes, des
Prinzen Ludwig. Heute früh 5 Uhr wurde der treue Gut-
mann sanft erlöst von seinem hingebungsvoll getragenen
schweren Leiden. Der Großherzog hörte heute Vormittag
von 10 Uhr an den Vortrag des Präsidenten des Evange-
lischen Oberkirchenrats, Geheimerats Dr. Wielandt und
danach denjenigen des Staatsministers von Brauer. Hierauf
meldeten sich eine Anzahl Offiziere. Ferner empfing Seine
Königliche Hoheit in besonderer Audienz den Grafen zu
Leiningen-Billigheim, dann den Oberförster Freiherr von
Buol-Berenberg und endlich den Generalkonsul von Hesse-
Wartegg. Der Erbgroßherzog wird morgen Vormittag
halb 10 Uhr hier eintreffen, um an dem feierlichen Schluß
der Ständeversammlung teilzunehmen.

Ausland.

Euglaud.

L 0 nd 0 n , 9. Juli. Chamberlain verlisß das
Eharing Croß Hospital kurz nach 11 Uhr. Er sah sehr

blaß aus und trug eine breite schwarze Bandage um die
Stirn. Er stützte sich auf den Arm seines Sohnes Austen
Chamberlain, als er die Stufen am Hospitaleingang
hinab und zum Wagen ging. Nächste Woche hofft Cham-
berlain seine Thätigkeit wieder aufnehmen zu können.

Rußland.

— Der Entbindung der Z a r i n .wird, wie man aus
Petersburg schreibt, in Ssarskoje Sselo bereits für Ende
Augnst entgegengesehen. Wie es heißt, will der Kaissr-
hof, jobald die Zarin wieder reisefähig.ist, sür mehrere
Monate nach Livadia in der Krim übersieüeln. Der
sonst aüjährlich im Herbst übliche Aufenthalt des Kaiser-
paares im Jagdschloß Spala in Polen zu den großen
Jagden ist für dieses Jahr ausgegeben worden.

— Die russische R 0 gierung hat eine Note
an die Mächte, welche die Brüsseler Zuckerkonfe-
renz beschickt haben, gerichtet und erklärt darin, sie
wllrde es als einen Bruch der vertragsmäßigen Meistbe-
günstigung ansehen, wenn der russische Zucker in den be-
treffenden Staaten schlechter behandelt würde, als an-
derer. Die Brüsseler Konferenz hat Rußland nicht be-
schickt.

Aas Krgeönis der Landtagssesston.

8.0. Karlsruhe, 9. Juli. Am Schlusse d-r heu-
tigen Kammersitzung gab Präsideni Gönner etne Ueber-
sicht über die Thätigkeit der Zweiten Kammer in der
abgelaufenen Session. Danach wurden Sitzungen abge-
halten: im Plenum 128 gegen 110 im Landtag 1899/1900,
in der Budgetkommission 81 (66), in der Petitionskommis-
sion 45 (44). in der Kommission für Eisenbahnen und
Straßen: 24 (20), in der Kommission für Geschäftsordimng,
Archivariat und Bibliothek 13 (9). Dazu kommt eine er-
hebliche Anzahl von Sitzungen der Sonderkommissionen
für Verfassung und Gemeindegesetze, Schul- und Erziehungs-
Angelegenheiten, Justizgesetze, Landwirtschaft, Feuer-
versicherung, Kranken- und Unfallversicherung sowie sonstige
Arbeiterfürsorge und Beamlenversorgung.

Eingegangen sind: 1. von Seiten der Großh. Regie-
rung: n. Gesetzentwürfe, Staaisverträge und Denkschriften:
28 gegen 23 in der vorigen Session; b. Nachweisungen
und Rechnungen 7 (5), 0. Budget-Nachträge 6 (7), 2. aus
der Mitte des Hauses: a. Gesetzesvorschläge und selbständige
Anträge: 14 (19), b. Jnterpcllattonen: 4 (3), zusammen
59 (57).

Berichte der Wahlprüfungskommisston sind, nachdem
das Haus bereits konstituiert war, erstattet worden 7 (3).
An Petitionen sind eingegangen: 208 (150).

Von den in die Kammer gelangten Beratungsgegen-
ständen sind außer einigen spät eingelaufenen Petitionen
nur unerledigt geblieben: der Gesetzentwurf über die Ver-
hütung der Zerstückelung landwirtschaftlicher Anwesen, zu
welchem erst gestern der Kommissionsbertcht ausgegeben
werden konnte, sowie die Anträge der Abg. Eichhorn und
Gen., den Eisenbahnrat betr., und der Abg. Muser und Gen.,
das Gemeindewahlrecht belreffend, und zwar mit Zustimmung
der Antragssteller.

Petitionen sind eingelaufen: 208 gegen 150 i. I.
1899/1900. Davon wurden zugeteilt: der Petitions-
kommission 30, der Budgetkommission 44, der Kommission
für Eisenbahnen rc. 44, verschiedenen Sonderkommissionen
40. Erledigt wurden durch : Empfehlende Ueberweisung 34,
Ueberweisung zur Kenntnisnahme 62, Uebergang zur Tages-
ordnung 28, Annahme einschlägiger Anträge, Budget-
positionen und Gesetzentwürfe 51; unerledigt sind
geblieben 11.

Aus dieser Zusammenstellung läßt stch ersehen, daß die
Landboten mit einem wahren Bienenfleiß gearbeitet haben;
bei den Plenarsitzungen wurde mit Reden vielfach ein
Luxus getrieben, der nicht den vollen Beifall des Landes
gefunden hat.

Aus Stadt und Land.

Heidelberg, 10. Juli.

si Der Akademische Sport-Klub begeht am 11., 12. und
13. Juli sein erstes Stiftungsfest mit folgenden Veranstal-
tungen: Freitag, 11. Juli, nachmittags halb 4 Uhr: Lawn-
Tenms-Turnier auf den Plätzen ües Heidelberger Lawn-Ten-
nis-Klubs. Abends: Zusammenkunft im Stadtgarten. Sams-
tag, 12. Juli, nachmittags halb 4 Uhr: Einweihung des Sport-
platzes an der Rohrbacher Landstratze (Haltestelle der elektrt-
schen Stratzenbahn) durch athletische Spiele mit Preisvertei-
lung. Abends halb 9 Uhr: Bankett im Hotel Lang. Sonntag'
13. Juli, nachmittags 3 Uhr: Ausflug nach Ziegelhausen in deN
„Adler". Ausführliche Programme Iverden bei den Veran-
staltmigen selbst auf dem Platze zur Verteilung kommen. Freunve
des Sports sind willkommen. Zur Fahrt nach dem Sportplatz
stehen Wagen der elektrischen Straßenbahn bereit. Es gehen
der Zeit von bis 4 Uhr alle 15 Minuten Sonderwagen av
der Haltestelle beim „Grand Hotel" ab.

Liederkranz-Konzert. Einen schöneren Abend als deN
gestrigen, hätte sich der „Liederkran z" für sein Schlotz-
konzert nicht aussuchen können. Nach der drückenden Hitze de-
Tages atmete man abends ordentlich auf, und tver da in dew
Garten der Schlotzwirstchaft sitzen durfte, der war wohl
borgen. Je mehr das Blau des Himmels mit dem Folck^
schrttt der Zeit in nächtliches Dunkel überging, aus dem ver-
einzelt,helle Sterne aufblinkten, während unten im Gartev
rote Lämpions sanft sich schaukelten und die Platanen leise ihckf
Blätter regten, desto schöner mid romantischer wurde es.
grotzer Anzahl hatten Freunde der Natur und schöner Mnft
sich oben im Schlotzgarten eingefunden, sodaß alle Plätze bese^
waren und die pünktlich Kommenden nur noch mit Mühe
terkunft fanden. Jn die herrliche Nacht hinaus lietz da
städt. Orchester seine Weisen erklingen und sang der "Liede--
kranz" teils u LllpeUn, teils mit Orchesterbegleitung eine Avl
zahl Lisder. Von den Jnstrumentalnummern ist das Vorsps^
aus „Tristan und Jsolde" und der „Totentanz" .üesonder
heworzuheben. Der Liederkranz trug zuerst den Kriegsgesan»
der alten Deutschen, dann zwei u cupellL-Chöre und w
zweiten Teil des Konzerts' den „Frühlingszauber" von We^
zierl und wiederum z'wci n cupellu-Chöre vor. Er fand w
auch das Orchester lebhasten Beifall, Einiges mußte er
copc> bringen. Der prächtige Abend wird den Besuchern 0
Konzerts in angenehmer Eriunerung bleiben. .

- Der Evangelische Kirchenchor hielt gestern Abend
Gartenfest in der „Harmonie" ab. Der l'chdne, wachtig beleuw^
tete Garten war dlcht besetzt. Vorträge der Militarkapelle U
Chöre des Kirchenchors wechselten miteinander ab und sano°'
 
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