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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177-202 (01. August 1902 - 30. August 1902)
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Miüwoch, 20. Auaust 1002. Zweites Blatt. -U. Jüdrg.kig. — ür. 1S3.

Erscheint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich 5V Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und dcn Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Poft be»

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

A nzeigenprei s: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Rauw. Rcklamezeilc 4V Pfg. Für hiefige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
»orgcschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkcit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Aeulsch-Südrvestafrika und die Murenfrage.

Tie „Tägl. Rundsch." veröffentlicht einen Schrift-
wechsel zrvischen dem Alldeutschen Verbunde
nnd der Kolonialabteilnng des Auswärtigen
Amts iibcr die A nsie 'dlung der Brrren in
T e u t s ch - S ü d w e st a f r i k a. Der Verband em-
psiehlt die erleichterte Zulassung der Buren im Jnteresse
einer schnellen Befie'dlnng und eventuelle kostenlose Ein-
räumung von Grund und Boden, sowie Gewährung des
erforderlichen Betriebskapitals als Darlehen, sowie ent-
fprechende Einwirkung auf die Landgesellschaften in dem
Schutzgebiet. Der Verband will selbst die ihm zur Ver-
fiigung stehenden Mittel hergeben, welche 'die llebersied-
lungskosten für zwanzig hochdeutsche und burische süd-
afrikanische Familien decken würden. Kolonialdirektor
S t r ü b e l erwiderte: '

^ Die Kolonialverwaltung habe schon seit einiger Zeit
Ermittelungen darüber eingeleitet, auf welcher Grund-
lage sich eine systematische, auf Reichsmittel gestützte Be-
siedlung unseres deutsch-südwest-afrikanischen Schutzge-
bietes am besten durchführen lassen werde. Es wird sich
dabei im Wesentlichen darum handeln, auch mittellosen
Einwanderern deutscher Zunge den Grund und Boden
kostenlos einzuräunien und ihnen, soweit nötig, das er-
sorderliche Betviebskapital als Darlehen zu gewähren.
Tabei solle auch der Frage näher getreten werden, inwie-
weit und unter welchen Voraussetzungen das in der Hand
der großcn Landgcsellschaften befindliche Land dem gro-
tzen, nationalen Siedlungsinteresse dienstbar gemacht
werden könne. Voraussichtlich werden die Ermitteluu-
gen so rechtzeitig zum Abschlutz gelangeu, daß schon in
den Etat für das kommende Rechnungsjahr die erforder-
lichen Geldmittel eingestellt werden könuen.

Datz bei der Lösung der Besiedlungsfrage das aus
landwirtschaftlichen Kreisen stammende Burenele-
m e n t fiir uns eine wichtige Rolle spiele, sei regierungs-
seifig nie verkannt worden. Der Bureneinwanderung
werde daher, wie seither schon, auch in Zukunft mit Wohl-
wollen begegnet werden. Weiter zU gchen und die buri-
sche Einmauderung auf gleichem Futze mit der Einwan-
derung rein deutscher Elemente zu bchändeln, würde in-
dessen nach Ansicht der Kolonialverwaltung um 'deswillen
nicht einwandfrei erscheinen, als die Stärkung des deut-
schen sprachelements gerade gegenüber dem holländischen
noch für lange Zeit eine besonders wichtige Aufgabe der
Verwaltung des südwestafrikanischen Schutzgebietes Lil-
den müsse und die Austuendung von Reichsmitteln sich
infolgedessen uur fiir Unsiedlung deutscher Einwanderer
rechtfertigen lassen wird. Die Absicht des Alldeutschen
Verbandes, die Ansiedlung hochdeutscher und burischer
südafrikanischer Familien in dem 'südafrikanischen Schutz-
gebiete Zu fördern, könne die Kolonialverwaltung nur
mit Befriedigung begrüßen.

Deutsches Reich.

— Aus Nürnberg geht der „Allgem. Ztg." fol-
geude Mitteilung zu: Wie nachträglich bekannt wird, ist
bei dem letzten Besuch des R e i ch s k a n z l e r s iu
Bayreuth auch die Politik nicht ganz sern geblieben.
Graf Bülow ist in Bayreuth mit dem ihm befreundeten

leitenden badischen Miuister staatsmiuister v. B r a n e r
zusammengetrofsen. Zwischen den beiden Staatsmän-
nern haben mehrfache Besprechungen stattgefunden, in
dcnen nicht alleiu von „Parsifal" die Rede gewesen
ist. Man geht in der Annähme nicht fehl, daß diese
Besprechungeu auf mehrere Vorgänge in der Zolltarif-
kommission ausgedehnt wurden, die damit vollständig
beglichen worden fiud. Aus deu Worten des Reichs-
kanzlers ging 'hervor, daß er, wie er stets ein vertrauens-
volles Einvernehmen mit den Bundesstaaten gepflegt
habe, auch bei der Weiterberatung der Zolltariffragen
dieses Verträuensverhältnis nicht aus den Augen ver-
lieren werde . . . Wie erinnerlich, hatte in der Zolltarif-
konünission der badische Vertreter Anlaß genommen, bei
einzelnen nebensächlichen Tarifsätzen besondere badische
Wünsche geltend zu machen, worauf die zolltarifgegneri-
sche Presse der Vorlage wieder eiiimal mit der Be-
hauptung von angeblichen Meinungsverschiedenheiten un-
ter den verbündeten Regierungen vergeblich Schwierig-
keiten zu machen versucht hat.

— Eine n e u e B ew a ff nu ng .erhalten, wie
gemeldet wird, die G r e n a d i e r r e g i m e n t e r am
1. Oktober dieses Fahres. Neben dem ueueu Seitenge-
wehr Modell 98, mit einseitiger Parierstange und Holz-
grifs, wird das neue Gewehr eingeführt, das im Gegensatz
zu dem noch im Gebrauch befindlichen an Stelle des Pa-
trouenrahmens einen Ladeftreifen mit Patronen zum
Fiillen des Bkagazins enthält. Diese Bewaffnung fiih-
ren zur Zeit nur einige Garde-Regimenter.

Bade».

Karlsruhe, 18. August. Schon heute beschäf-
tigen sich die Parteien unseres Landes mit den nächst -
jährigen L a n d t a g sw a h l e n. Es finld vor
allem die Sozialdemokraten, welche bereits für die kom-
menden Wahlen zur Zweiteu Kämmer agitieren und
auch schou mit der Aufstellung vou Kandidaten vor-
gehen. Von den 63 Abgeordneten der Zweiten Kämmer
scheiden diesesnml 32 aus und zwar: 13 N a t i o n a l-
liberale: Bürgermeister Blankenhorn, Bezirk
Staufen, Apotheker Pfefferle, Bezirk Emmendingen,
Privatmann Höring, Bezirk Lahr-Stadt, Gastwirt
Hauß, Bez. Kehl, Oberbürgermeister Gönner, Bezirk
Baden-Stadt, Merbrauereibesitzer Franz, Bez. Rastatt,
Hngenieur Kist, Bez. Konstanz, Privatmann Kögler,
Bez. Bretten, Landwirt Müller, Bez. Weinheim, Ober-
biirgermeister Wilckens, Bez. Heidelberg-Stadt, Bürgcr-
meister Neuwirth, Bez. Sinsheim, Oekonomierat Schmid,
Bez. Eberbach-Buchen uud Landgerichtsrat Obkircher,
Bez. Mosbach; 10 vom Zentrum: Professor Blüm-
mel, Bez. Wäldshut. Landgerichtsrat Birkenmeyer, Be-
zirk St. Blasien, Dekan Dieterle, Bez. Fre'iburg-Land,
Bürgermeister Schüler, Bez. Breisäch, Jnstrumenten-
macher Fischer, Bez. Freiburg-Stadt, Dekan Hennig,
Bezirk Haslach, Weinhändler Heppert, Bez. Oberkirch,
Laudgerichtsdirektor Zehnter, Bez. Gernsbach, Geistl.'
Rat uud Psarrer Wacker, Bez. Ettlingen und Professor
Köhler, Bez. Taubeibischofsheim; 1 Sozialdemo-
kraten: Redakteur Fendrich, Bez. DurlachWtadt,
Buchdruckereibesitzer Geck, Bez. Pforzheim-Stadt, Kaus-
mann Dreesbach und Gastwirt Geis, Bez. Mannheimz
3 De m okraten : Professor Heimburger, Bez. Lahr-
Land, ONalermeister Hosmann, Bez. Bruchfal-Stadt und

Ziegeleibesitzer Eder, Bez. Schwetzingen; 1 Kouser-
vativer: Landgerichtsdirektor Freiherr von Stock»
horner, Bez. Karlsruhe-Land; 1 Bund d e r L a n d-
wirte: Bürgermeister Burkhard, Bez. Eppingen.

AusLand.

Frankreich.

P a r i s, 16. August. Die Zeitung „Univers", das
Organ der k l e r i k a l e u R e p u b I i k a n e r, geht in
ihrem hcutigeu Lcitartikel den inueren Ursacheu der
gegenwärtigen „Kirchenverfolgnng" uach uüd schreibt
darüber: „Wenn man die Ereignisse, die sich vor un-
seren Augen abspie'len, in dem Lichte betrachtet, das von
obeu kommt, fo werdeu sie alsbald sehr einsach und klar
erkennbar. Bcan entwirrt dann leicht aus ihnen die
tiefere Ursache und tänn ohne Mühe auch iyreu tröstenden
Ausgang voraussehen. Das hl. Herz wollte, indem es
sich Frankreich offenbarte (vor den Augen der selig ge-
sprochenen Marie Alocoque), daß unsere Nation sich ihm
ganz hingebe und es in der ganzen Welt verbreite . . .
Es wäre aber entgegen der Geschichte alles religiösen
Fortschrittes gewesen, wenn diese herrliche Entfalfiing
(der nationalen Verehrung des hl. Herzens in Frank-
reich) nicht in der Hölle einen Ausbruch wähnsinniger
Wut erregt hätte. Jbdes Werk der Vorsehung muß,
ehe es zum Siege gelangt, seine Feuerprobe besteheu, uud
der Schöpfer hat vor der mcnschlichen Freiheit eiue so
hohe Achtuug, daß er sie manchmal seinen eigeneu Absich-
ten hemmen läßt. Noch mehr! Es wäre entgegen allen
Voraussagnngen uuseres Herrn Jesus Christus selbst,
wcun die von seinem göttlichen Herzen gemachten Erobe-
ruugeu keinem Hindernis begegneten uud keinem
Henimnis unterlägen. Tie stlige Margarete Marie,
seine Botiu nud seiu Apostel, hat es förm-
licherweise angckündigt, daß der Fortschritt der Vereh-
rung des Herzens Jesu in dem Heere des Teufels eine
furchtbare Wut erregen uud daß der Teufel, um seiuen
Triumph zu hiudern, sogar die Welt umzustürzen ver-
suchen würde. Das ist die Wut, die wir heute entfesselt
sehen. — Man sollte sich in der Lichtstadt Paris schämen,
solch eiuen gräulichen Wischiwaschi zu produzieren!

Aus Stadt und Land.

IV. Badcn-Baden, 18. Aug. (Z II d e II b e ll o r st e h e II-
d c ii R e nn e n.) Dic bei den diesjährigen Jnteriiationalen
Rennen ausgesetzten Ehrcnpveise sind Kunstwerke allerersten
Ranges, mit feinein Gcschmack ausgeführt und repräsentieren
autzerdem noch eincn hohen Geldwefi. Unter diesen Ehrenprei-
sen steht obenan dcr von S. K. H. dem Grotzherzog von
Badcn für den „Großen Preis" gestiftete Goldpokal. Derselbe
ist iii Silber und vcrgoldet und ganz in getriebener Arbeit
hergestcllt, die Grundform und Profilierung ist Renaissance,
die ganze Dekoricrung dagegcn modern. Am Corpus des Po-
kales sind Schwäne, aus denen heraus sich Gewinde von Wasser-
pflanzen und Blättern, die oben durch ein Bückclmuster be-
greuzt wcrdcu. Ju der Mitte' dieser Buckelumrahmung befindet
sich in Email das Grohhcrzogliche Wappen mit dcr Krone
darüber. Auf dcm Dcckel sind Klecblätter uud Bläfier von
Wasserpflauzen ciseliert und schlieht derselbe mit einem Aufsatz
ab,' wie bei mittelalterlichcn Pokaleu meistens dcr Fall. Das
Mittclstück, sowie der Futz sind iu modernem Stile dekoricrt.
Dcr Pokal stcht auf rotscidenem Plüschsockel. Der Eutwurf für

Eine Geldheirat.

Roman von L Haidheim.

(Fortsetzung.)

Haus Antlitz leuchtete auf. Er war sehr crfreut, lief auch
eilig hiu, um zu fragcu, ob Hilde Fritz sehen töune. Diese
harre sich aber, um eine Bcgcgnung mit dem Schtvager zu ver-
Mesden, niedergelegt und dcm Mädchen Bcfehl gegcben, sie
vicht zu stören. Sie war doch immer noch so weit die alte
Hilde, dah sie sich scheute, cntstellt und hätzlich, wie sie sich fand,
lich zu zeigen.

So brachte Hans nur das sühe kleine Mädchcn zu dem
Pruüer, eiu blondes, zartes, aber bildschöues Kind mit grotzeu,
fiefen Blauaugen, das wcder Vater noch Mutter ähnelte und
«ritz an Annas Bkick erinnerte, die einzige Schönheit, welche
diese besessen.

. Er lühte das kleine reizende Geschöpf, das so vornehm aus-
lah ,n seinem ganz weitzcn Anzug, wie ein Fürstenkind.
'-Armes Ding! Es wird aufwachscn in dcm elend verstaubten
^renzstädtchen, nnd Hans und Hilde wcrden da vcrschmachten,"
vachte cr.

Jetzt war seine Zeit um, er muhte zum Frühstückstisch.
-Vanach würde man sofort ausbrcchen. Hans sagte nicht viel,
aber Fritz sah scine Lippen zncken, seine Augen feucht werden.
>r fühlte, sie waren sich in dieser Stunde näher getreten, als

zuvor.

„Grühe die Elteru, Fritz, ich entbehre sie mehr, wie sie
mellcicht dcnkeu. Datz sic mein Kiud nicht scgucn wollten, seiu
^asein ganz ignorierten„ hat mich härter getroffen, als alles
Mdere. Und — dir sci cs gesagt, Bruder — Hildc ist nicht
ichuldig — wenigstens nicht mehr, wie ein bravcs Mädchen,

der Ucbcrredung des Gelicbten uachgiebt: sie bützt für
veiue schuld, ganz alleiu für die mciuige."

Mau rief deu Herru Hauptmauu von Glaichen.

„Lebcwohl, Fritz! Dies ist meine erste Glücksstuude seit
drei Jahrcn. Jch hätte dir noch so viel zu sageu —war
Hans' Abschiedswort.

Dann sah er bei Hilde uud crzählte ihr, wie liebcvoll und
brüderlich Fritz gewesen und die trüben Blicke beider fingeu an,
sich zu erhellen.

* *

*

Als Anna von Glaicheu und Ulla von ihrcm Spaziergaug
am heutigen Tage zurückkameu, war die Post gekommeu und
beide fanden Briefe vor.

Ulla hatte deu Tag leichten Herzens uud froh vcrlebt,
dcuu schon srüh morgcns, als Auna uoch schlief und sie im
Morgennebel hiuausgegaugen war, ihr Kopfweh, die Folge
eiuer schlaflosen Nacht, zu vertreibeu, wurde sie Zeugiu der
Abfahrt der Familie des armcn Hans. Noch immcr hallteu
ihr die Worte durch die Seele, die sie iu ihrer Angst Haus zu-
geraunt; es waren geflüsterte Worte, aber laut und wie ein
mahnendes Glockentöncn hörte sie sie immer ivieder.

Als sie schon von Fcrue das Wägelchen vor 'dem Krämer-
hause halten sah, lief sie schnell hiu; sie wollte Haus uud Hilde
Annas gestrige liebe Vergebungsworte mit auf den Weg geben,
aber in demsclben Augenblick rasselte das klapperude Gefährt
vou danneu uud ihr unwillkürlicher Ruf wurde nicht gehört.

Später tröstete sie sich damit, dah Anna jetzt vou diescr
Seite keine Aufrcgung mehr drohte. Sie nahm sich auch vor,
der Frau Oberstleutnant durch Leontine ihr Erlebnis' schrciben
zu lassen und sie für Hans uud Hilde milder zu stimmen, indcm
sie von dem Kinde und den Eltern erzählte. So kam es all-
mählich wie ein tiefer Friede über sie und so blieb es den
ganE>i Tag.

Sie hatte den ebeu erhaltenen Bries einstweileu beiseite ge-
legt, um erst den Strauh Blumen in Wasser zu stelleu, den sie
vou ihrem Spaziergang mitgebracht. Jetzt kehrte sie zurück
uud sah Anua ganz nachdenklich aus dem Fenster starreu, den
offenen Brief i'hres Vaters auf dem Schoh haltend, über den

sic auschciucnd uicht recht klar war, da sie mit der Hand über
die Stirne strich.

„Nuu, Anna, hast du gute Nachrichtcn?" hatte Ulla bereits
gcfragt, chc ihr 'diescr Ausdruck vou Berwirrung auffiel.

„Hast du dcincn Brief schou gelesen?" fragte Anna da-
gegeu.

„Nein, aber Papa befleihigt sich ja immcr solcher KLrze,
dah ich damit schuell fcrtig scin werde. Deiu Vater ist vicl
mitteilsamer. Jch bcgrcife oft uicht, wie cr bei seiner Arbeits-
last die Zeit dazu findet."

„Er hat dir wohl auch Lfter gcschricbeu?"

Ulla blickte von ihrem cbeu geöffnetcn Bricf auf, dcr Ton
Amias berührte sie so eigen.

„Er schrcibt doch nichts trauriges?" fragte sie rasch.

„Lies nnr crst, Herz, dann sage ich dir alles und ich habe
viel zu fragen."

Ulla hörte schon kaum zu. Jhr Vater schricb, wie immer,
in gcdräugter Kürze, abcr seltsam uuvcrständlich erschieu ihr
einer der letzten Sätze:

„Es wird iu dieser Zeit eiue Frage au dich herantretcn,
die dir schou vor Jahrcu gestcllt worden lväre, wcmi nicht dcin
Herz so cucrgisch für einen au'dereu gcsprochcn hätte. Jetzt bist
du älter, klüger und reicher an Erfahrung; ich wünsche dir und
mir von Herzen, dah dcine Entscheidung demgemäh aus-
falle."

Obglcich niemand Ulla direkt vou Wolzius damaligen
Wimschen erzählte, so war doch im Laufe dieser Zeit in ihr die
Uebcrzeiiguug cntstandeu, dah er durch ihre Berlobuug mit Fritz
eiue grotze Enttäuschuug erfahren. Spätcr, auch selbst im
vertrautesteu Vcrkehr mit ihrem Vater uud ihr, lieh der Kum-
mer um die Tochtcr ihn wohl jeden derartigen Gedanken ver-
banncu. Er hattc oft traurig und resiguiert ausgeseheu, aber
uie auf persöuliche Wünschc angespielt. Denuoch war jetzt
Ullas crstcr, schreckeusvollcr Gedanke: Wolzinl
(Fortsetzung folgt.)
 
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