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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177-202 (01. August 1902 - 30. August 1902)
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Domlerstag 21. August 1902.

Zweites Blatt.

44. Jahrgüng. — ^r. 194.

Soziares Wecht.

Pon Hans Seelmann, Magistrats-Assessor.

(Nachdruck verboten.)

Wir haben in Dentschlanb zwar eine sozialpolitische
Gesetzge'bnng, anf die wir mit Recht stolz sinb, aber es
wäre vcrfehlt, baraus zn schließen, daß unser Recht
und unsere Rechtsprechuug auch im allgemeinen sozial
seien, vielmehr tann nicht verkannt werden, daß wir
von der Verwirklichung der sozialen Idee iin Rechte und
in dcr Rechtsprcchung noch weit entfernt sind. Tie erste
Forderung, die der Sozialpolitiker in dieser Hinsicht er-
beben muß, ist die, daß vor üem Gesetze alle gleich sind,
nicht nnr sormell, sondern auch faktisch. Taß die Rechts-
gleichheit thatsächlich nicht besteht, hat der Reichstags-
abgeordnete Richard Roesicke jüngst in der „Sozialen
Praris" in knappen Zügen dargethan. Der Begüterte
kann seine Rechtsansprüche unbehinüert verfolgen, der
Unbemiktelte dagegcn nicht, weil er die Kosteu des Ver-
sahrens nicht aufbringen kann, er inuß sich das Armen-
rechk bewilligen lassen, um iiberhaupt in die BUiglichkeit
versetzt zn werden, seinen Anspruch geltend zu machen.
llnsere Rechtsordnung schützt das Eigentum durch die
slrengsten Ltrafen, seder Diebstahl wird mit Gefängnis
beslrask: üie Arbeitskrast dagegen, das einzige Vermögen
des Arbeiters, ist weniger geschützt, die Strafen sind
weit milder und auch innerhalb des relativen Strafmaßes
werden llebertretnngen der Vorschriften, die zum Schutze
der Gesundheit, zur Erhaltung der Arbeitskraft des Ar-
beilcrs erlassen sinü, weit milder beslrast, als bei den
Eigentnmsvergehen. Die Klagen der Gewerbeinspek-
loren über die geringe Höhe der strasen sür llebertretun-
gen der Arbeiterschntzgesetze bilden ja eine ständige Rubrik
in ihrcn Berichten. Besonders dentlich wird die faktische-
Rechlsungleichheit, wenn man an das System der Geld-
ftrafen öenkt. Wegen dessclben Vergehens wird üer
llftillionär mit derselben Strafe belegt, wie der besitz-
lose Arbeiter, sormell sind vor dem Strafgesetz beide
gleich, nnd dennoch gilt auch hier der Satz: Summa jus,
summa injuria! Tem Reicken inacht die Geldstrafe
nichts aus, er spürt den Verlust gar nicht, für den Ar-
men tritt dagegen eine Freiheilsstrafe an Stelle der
Geldstrafe, denn die letztere kann er nicht bezahlen, nnd
mil der Freiheitsstrafe ist gleichzeitig wieder ein Ver-
mögensverlust vecbunden, denn wähjrend der Jnhaf-
lierung kann der Bestrafte nichts verdienen, er verliert
seinen Lohn. Deshalb wurde der Vorschlag gemacht,
die Geldstrascn nach der Leistungsfähigkeit des zu Be-
slrasenden, die dnrch die Steuerkasse leicht bestimmbar
isi, zu bemessen, ein Vorschlag, der weiterer Erörterung
wohl wert ^ scheint. Schlimmer noch als alles dieses wirkt
eine gewisse nngleiche Behandluug dcr Arbeiter und üer
Begülerlen vor Gericht. Roesicke weist auf die Strenge
hin, mil der bei Angehörigeu der unteren Volksschichten
wegen Vergehen gegeu die ösfentliche Ordnung cinge-
schritten wird, während bei Angehörigen der begüterten
Klassen nicht selten cine aussallende Milde Platz greist,
serner aus die Thatsache, daß Arbeiter nicht als Schösfen
und Geschworene herangezogen werden, obwohl sie den
Beweis für ihre Onalisikation als Laienrichter in den
Gew'-rbegerichten, den Arbeiterschiedsgerichten usw. er-
bracht haben.

Aber ganz abgesehen Vvn dicser saktischen Rechtsun-
glcichheit läßt nnsere Rechtsordnung nnr zu häufig die

soziale Jdee außer Acht. Von einem sozialen Rechte
mnß verlangt werden, daß es den Schwächeren vor dem
Stärkeren wirksam schützt; dies Ziel wird aber nicht
immer erreicht. Die veralteteu, fast möchte man sagen
mittelalterlichen Bestimmnngen der Gesindeordnnngen
seien nur angedeutet; auch die neuereu Gesetze sind bei der
Regelnng des Rechtes des Arbeitsvertrages nicht in aus-
reichendem Äftaße von sozialpolitischem Geiste getragen.

Tie Werwirklichung der sozialen Idee im Rechte nnd
in der Rechtsprechung wird erst dann möglich sein, wenn
soziales Empfinden und Verständuis für die Bedürsnisse
der unteren Volksschichten Gemeingut aller Gebildeten,
insbesondere auch der Richter geworden ist. Das Be-
strdben der -sozialpolitiker inuß also vor allem daraus
gerichtet sein, das Verständnis für die Sozialpolitik
zu verbreiten. Eine soziale Rechtsprechnng und soziale
Gesetze ergeben sich dann von felbst.

Weiteres zum Ialk Löyning.

Jn der Besprechung des Falles Löhning ist vom
„Reichsboten" der Verein deutscher Katholiren in Posen als
cine Gesellschaft hingestellt worden, in die Löhning nicht
hineinpaßte. Nun erklärt der Vorsitzende des Vereins, ein
Schulrat:

1. Der Verein umfaßt nur katholische Deutsche besserer
Stäude.

2. Dem Verein gehören die höheven Beamten, Geistliche
und Lchrer murdeftens in dentsclben Verhältnis zu ihrer Ge-
samtzahl an, >wic die Subakternbeamten, Pfarrgeistliche un!d
Volksschullehrer. Katholische deutsche Großkaufleute wohnen
uicht im Vereinsgebiete; von Fabrikherben nur eincr, und dieser
ist Vcreinsmitglicd. llnsere Kaufleute und Meister, die der
Artikclschreiber kleinbürgerlich nennt, haben alle den Vorzug,
wohlachtbare Leutc zu sein.

3. Jst cs dem Verein gelungen, Familien aus höheren und
mittleren Gesellschaftskreisen zusammcnzuführcn und zur Pflege
deutscher Jdealc anzueifcru, dann betrachtet er das als eine
ancrkennenswerte Seite seiner Thätigkett.

4. Der Berein ist zwar ein Melligcr, aber wbder ein Spicl-,
noch Trink-, noch Tanzverein. Er pflcgt nur Me Geselligkeit
uud ist sich stets der hohen ethischen und sozialen Aufgabc unsercr
Gesellschaft bewußt. Auf zwölf Herrenabeude kommt ein Fest-
abend, und zwar dic Fcier des Geburtstages Sr. Majestät, und
vou 15 Familienabendeu gelten nur 3 den Vergnügungen.
Allein selbst bei diesen Festen wurde ein großer Teil der Zeit
dcn höheren Ziclen (durch Ansprache, Gesang, Musik, Haus-
theater) und uur der Rest dem Tanz gewidmet. So oft sich
aber Tanzgelegenheit bot, vollzog sie sich iu dcn Formen einer
vornehmen Gesellschaft.

5. Soweit die Pflicht des Gastgebers cs erhcischt, muß ich
auch der persönliche» Angclegcnheit dcs Gchcimrats Löhiiing
gedenken: Er folgte drcimal mcincn Einladuugen zu den Ver-
einsfesten uud soll bei dcm dritten Feste auch getanzt haben.

Posen, 18. August 1902.

Der Vorsitzende des geselligen Vereins
deutscher Katholrken in Posen und llmgegend.

B r a n d c n b u r g e r, Schulrat."

Deutsches Reich.

— Ueber die militärische A bsch i ed s o v at ion
für den Duellanten Oberleutnant Hildebrandt in
Gumbinnen, wird der „Königsb. Hart. Ztg." von hier
geschrieben:

Jm Publikum hicr hcrrscht übcr diese Ehruug nur eine
Stimnir, und das ist die der allgemeinen Entrüstung. Dcnn

einmal ging die ganze Kavalkade nur wenige Schritt am Kirch-
hofc vorübcr, wo der Kamerad der Herren, der erschossene
Leuiuant Blaskowitz, begrabeu liegt, und andererseits wohut
der Vater dcs Erschosseneu, Pfarrer Blaskowitz, dessen Herz
wohl immcr uoch blutet, im hiesigen Kreise — wenige Kilo-
meter von dcm Bahnhof, auf wclchem vor einigeu Monaten die
Leiche seines Sohnes eintraf und auf welchem jetzt Hildebrandt
mit fürstlichen Ehren nnd mthrfachen „Hurrahs" abgebracht
wird. Gleichzeitig wird hier die Frage allgemcin besprochen:
„Wohcr bekommen die Herren — wenn es bloß eine augen-
blickliche, untcr dem Einfluß des abgehaltenen Abschiedsfestes
entstandene Eingebung war — die erste Garnitur mit Helm-
busch und allem, was dazu gehört, gleich her? Diese Sachen
liegen auf dcr Regimcntskammer, und ihre Ausgabe kauu, wie
dic ganze Eskorte, nur durch Parolebefehl angcorduet wordcn
scin." Danach liegt die Vermutung nah'e, als ob die Anord-
nung dienstlich nicht nur genehmigt, sondern auch bcfohlen sei.
Das aber wäre gcradczu unverständlich, daß das ganze Arran-
gemcnr schon im vorans angeordnet war und dicnstliche Ge-
nehmigung gcfunüen hattc. Prinz Albrecht bon Braunschweig
wnrde bei seiner letzten Anwcscnheit nur mit zwet Spitzen-
reitern zur Bahn gebracht; Herr Hildebrandt mit 'zwei Es-
korten, die je eine Schwadron (?) stellte, denn es waren in
ciner Eskorte nur braunc, in der anderen nur schwarze Psebde.
Bczeichnend für die Stimmung der Stadt ist cs, daß hier vor
cinigcn Tagcn mehrcre Bürger (als Protest gegen die Hilde-
brandtsche Affairel) ostentativ vierspännig durch die Stratzen
fnhren.

— Die Ergebnisse des R e i ch s h a u s h a I t e s sür
das Rechnnngsjahr 1901 haben sich, nach dein Final-
abschlnsse der Reichshauptkasse, abgesehen von den auf
die außerordentlichen Teckttngsmittel angewiesenen Ans-
gaben, im Vergleiche zum Etat in runden Beträgen,
wie folgt gestaltet. Jin ganzen sind an ordentlichen Ein-
nahmen, soweit sie dem Reiche verblelben, 27 393 413,49
ZRark weniger ausgekommen, während die Mehraus-
gäbcn 21 029 370,34 Mark betragen. So ergiebt sich
sür das Rechnungsjahr 1901 ein Fehlbetrag von
48 422 783,83 Mark.

Baden.

K o n st anz , 18. Augnst. Auf die Begrüßung dnrch
den Oberbürgermeister sagte der Großherzog un-
ter anderem wie folgt: „Sie sprechen von der Mitwirk-
ung des Nolkes; das ist mir ein wertes Wort, nur dnrch
tief durchdachte und tief gefühlte Bkitwirkung ist eine
Gemeinschaft möglich, durch welche Dauerndes geschaf-
sen wird. Daß diese Lllitwirkung mir innner zuteil
wurde, dafür danke ich Gott. llnser Dank muß immer
zu Gott gehen, denn nur durch Gottes Gnade sind wir
imstandc, das zu thun, was wir sollen nnd wünschen.
Was wir sollen, snge ich: denn in nnseren Pflichten zn
leben, ist die wahre That. Auch die schöne Stadt Kon-
stanz hat es erfahren. Wenn man Konstanz, wie ich
es einst kannte, in den Jahren vor sich sieht, wo es klein
nnd ohne Verkehr, ja arin gewesen ist, so ist der Unter-
schied so groß, daß man kaum einen Aus'druck dafür fin-
den kann. Dank sei Gott, daß es so goworden, und
Dank der Bürgerschaft, daß es gelang, die Stadt so zu
sörderu an Größe und Verkehr, aber auch aus geistigem
Gebiete. Möge Konstanz aus geistigein Gebiete stets
aus Ler Höhe- stehen, die für ein solches Gemeinwesen
nötig ist. Jch denke vor allem an die Freiheit, welche
sich in Gesetzgebnng und Ordmmg bethätigt. Sie ver-
stehen wohl, wie ich es meine. Jch wünsche von Herzen,
daß das alte, treue Konstanz sich so weiter entwickeln
möge wie bisher."

Eine Geldheirat.

38) Roman von L töaidheim.

(Fortsetzung.)

Schreckcnsvoll! Denn nie war ihr die Möglichkeit gekom-
mcn, sich innerlich frei zu machen von der hoffnungslosen
Lehnsuchrl Nie der Gedanke, durch eine Heirat ihrem üußeren
und inneren Leben andere Gestalten zu geben.

Anna hatte sie inzwischen beobachtend angesehen.

„Du weißt schon, was ich dir sagen soll? Dein Bater
schreibt dir darüber?" fragte sie.

„Er schreibt nnbestimmte, unklare Wortel" gab Ulla ver-
legen zurück.

„So will ich klar und deutlich sein. Mein armer Vater
fühlt sich nnendlich unbcfriedigt, traurig und — wie er sich
ausdrückt — armsclig, llllal Seine Arbeit habe er in den
letztcn Zahrcn über dcr Trauer um mich vernachlässigt, seinen
Leuten zu viel überlassen, nun hörten üie Unnannehmlichkeiten
und der Aerger nicht auf. Er sei innerlich wie ein verwüstetes
Land und könne sich nicht wieder zurecht finden, denn sein Herz
verlange gebictcrisch nach Glück und etwas Liebe und trotz
seincr zweiundfünfzig Jahre habe er die Empfindung, daß er
jung fühlc. Weil er nichts anderes gethan, als gearbeitet, sei
cs jetzt über ihn gekommcn, wie das heiße Bedürfnis nach
eincm Feierrag für dis Seelel"

„Hör zu, Ullal" unterbrach sic sich und begann vorzulesen.

„Kaimst du von deinem Vater ein solches Sehnen nach
Glück verstchen, Kind? Jn der Regel lacht dic thörichte, egoisti-
sche Zugend übcr solche Gefühle bei „alten" Lenten. Dennoch
vertrane ich micki dir an, meine geliebte Tochter, Dn wirst mich
zu bcurtcilcn wisscn, und was dir fremd erscheint oder be-
fremdlich, das wirst du nicht belächeln. Sprich mit Ulla! Als
du hcirarctcst, tauchte in mir der breimen'de Wunsch auf, sie
Zu mcincm Weibe, zur Herrin meines Hauses zu machen. Jhre

damaligc Wähl lieh mich mcine Hoffnimgcn still begraben, und
während du, meine Amia, so krank warst, ist mir's nie in den
Siim gckommen, für mich an Glück zu dcnken. Jetzt aber —-
jctzt soll es gewagt werden. Sprich mit lllla! Jch dränge nicht
auf sofortige Entscheidung. Sie soll sich in Ruhe fragen, ob sie
rnir ihr Herz und ihr Lebensglück anvertrauen kami und will.
Rede ihr zu, Amia, so weit du es vcrmagst. Jch sehe darin
nichts llnchreiihaftes, denn immcrhin bin ich so viel ältcr, daß
sie in mir eher dcn treuen Freund, als den Liebenden sehen
kann. Du wirst die rechtcn Worte finden, Amia, mid Ulla
wird dich vielleicht eher verstchcn als mich. Vielleicht tänn sie
sich cntschliehen, mir das Glück zu geben, wonach ich mich sehne.
Jch muß dir auch noch eines bekemicn, Anna, was mich selbst
Lbcrrnscht und erschreckt. Jch bildete mir diesc letzten Jcchre
hindurch ein, ich sei über die Zeit hinweg, in welcher der Mensch
noch für sich selbst Wünsche und Ansprüche hat. llnd jetzt plötz-
lich, seit ich es gewagt, mir über mich selbst die Wahrheit zu
gcstehcn, entdecke ich mit geheimem Schrecken, däß mcin Glück
für den Rest mcines Lebens — und ich bin erst fünfzig — von
der Entscheidung llllas abhängt. Das lege ich dir noch ans
Herzl Sei deines Vaters Fürsprecherin!"

Jn unbcschreiblicher Aufregung hatte Ulla die Freundin
lescn lassen, ohne ihr Emhalt zu thun, ja nur daran zu denken.
Wolzins dringende Worte machten ihr plötzlich klar, dah sie
dies alles eigentlich schon länger geähnt, daß sie aus seiner fort-
währenden liebevollen Sorge um ihr Ergehcn und ihre Wünsche
längst hätte erkcimen müssen, wenn'sie nicht immer scheu das
Nachdenken darüber zu vermciden gesucht.

Und ebcnso wußte sie plötzlich auch, daß sie Wolzin gut war,
so aufrichtig und herzlich, wie es eine „der Liebe verwandte
Frcundschäft" nnr scin känn.

„Sage: Jal" ricf eine innere Stimme ihr zu. „Mache ein
Ende mit dciner eigenen Qual. Fritz kommt ja doch niemals
zu dir znrückl"

„Dochl Er wird kommenl Es kann ja nicht sein, daß er
dich ganz aufgegebenl Diese Liebe, die aus Eurer tiessten

llcbereinftiminung beruhte, kaim er unmöglich ganz verloren
habeiA"

,,«ei doch nicht thöricht! Er hat nicht cimnal einen Versuch
gemacht, sich dir zu näherul" spottete die Vermmft wieder und
setzte hinzu: „Wolzin liebt dich mchr als er — Wolzin verstcht
dich — ihn käimst du beglückcnl Wie schön wird dein Lcben
mit ihm und Anna nnd dcm Vatcr seinl Jhnen allen bist du
nütig — Fritz 'hat seiiicn Beruf, seincn Ehrgciz niid — es ist jcr
doch Thatsache und bleibt cs — Ench würde das Wichtigste
fehleii — das Geld!"

„Du sagst nichts, lllla?" fragte Aima imd bcgann crrcgt
im Zimmcr auf iin'd äb zu gehen.

„Jch horche auf zwei Stimmcn in mir, Anna. Die eine
spricht lebhaft für deines Vatcrs Sachci" bcruhigte sie die
Freimdiu, angstvoll an dic möglichen Folgcn der Aufregung
denkend.

Sofort sah stc auch dcn guten Erfolg ihrer Worte. Anna
trat lächelnd uird crfreut zu ihr.

„Gottlob, lllla, daß du ihm gut bist!" sagte sie zufriedcii,
ohne zu fragcn, was die zweite Stimmc in llllas Hcrzcn dagcgen
redcte und was sie sich im Grunde wohl anch denken konnte.

„Siehi" fuhr sie fort, „Papa schreibt, er wikl dich nicht
'drängcn, liebes Hcrz, dn sollst es dir ruhig übcrlegcn. llnd
so ist cs anch richtig. Die Hauptsache ist, dasz du ihm gnt bist.
Was dir sonst etwa au Zweifeln kommt, das kann schließlich
nicht 'daucrud scin, dcnn autzcr deinem Verlobtcn hast dn nie
einen andcrcn geliebt und daß er nicht daran dciikt, wie'dcr
anzuknüpfen, hat cr bewicsen."

Sie schwicg cine Wcile, daim sagtc sie zögcrnd:

„Wir hattc» uns beräbrcdct, dir nichts von dem Gerücht
zu sagcn, däs in Bcrlin umlief, Ulla. Dic Frau Oberstlcut-
nant hat auch nichts davon gcwuht, sagt Leontine; abcr es
hieß, Fritz bewcrbe sich nm Anita Serano — dic Tochtcr
tzes italicnischcn Gcsandtschaftsratcs — weiht dn, sie erregte
bei Hofe Anfseheni llnd rcich soll sie anch scin."
 
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