Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 203-228 (01. September 1902 - 30. September 1902)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.23861#0617

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
TrscheiLt käglich, Sonnmgs anSgenommcn. — Prcis mit Familiendiättern monatlich bv Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellm abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be»

zogcn vierteljährlich 1.3S Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

Anzeigenpreis: 20 Pfg. für die Isvaltige Petitzeile oder deren Rauw. Reklamezcilc 40 Psg. Für hiesige Gcschäfts' uud Privatanzeigen ermätzigt. — Für die Aufuahme von Anzeigen an bestimmt
»orgeschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernomme«. — Anschlag der Znseratc auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschlutz Nr. 82

DimsLag 30. Scptember 1902. Aweites Blatt. 41. Jatzrgang. — kr. 228.

Aer gegenwärtige S1a«d der KarlLssfrage.

Der stark bcsuchte deutsche JurLsteittag von 1902,
welcher unter Leu günstrgstLN Äuspiznrn.iu dor.Reichs-
hauprstadt tagte, hatto Lic wichtige Frage: „Welche Maß-
regeln ompsohton sich füv Ln> rcchtüche Bchandlung Ler
Ringe oder Äiartelle?" aus jcine Tqgesordnung gcsetzt.
Die Lache ging aber aus wic Las Hornberger Schichen,
das heißt, nmn vertagte imter Beisall unö attgLmeincr
Heiterkeit Lcn Gcgenstand aus cincn Ler nächsten ( !)
Turiskentage. Danitt scheint Lie Lachc.aber für üen Ju-
rislentag crlcLigt luiL mtt .Recht. Denn Lie Lösung Ler
Frage liegt lcLiglich, wic Grunzel in seiner t'nrzlich er-
schienenen ArbcLt.„ULber Kartellc" (Leipzig, Verlag
Duncker unL Hunttttot 1902) .ausgeführt, auf Lein Ge-
biet Ler Wirtschaftspolittt, zu Leren Handhabung die
Staatsverwattimg berufLN ist. Obwohl man nach Ler
Fragestelluug Lie „rcchtliche" Behandlung 'Ler Kartelle
dist'utieren wollte, geriet man Loch von vorneherein in
ein wirtschaftspolitisches Fahrwasser, denii man hat fetzt
wohl allgemein erkaimt, Laß Pon einer zivttrechftick>en, ge-
schweige Lenn ciner strafrcchttichen Bchandlung Ler Kar-
telle nicht viel zn erwarlen ist. Zu einer Mirtschafts-
Potttischen Betrachtnng aber erscheint ein Iuristentag
überhaupt nicht geeignet. MachLem die Beratungen des
Vereins für Lozialpolitik in Wien auf Liesem Gebiete
einc cndgültige Klärung noch nicht gebracht hatten, tonnte
dieser Ausgang dcr Verhandlinig des Gegenstaudes vou
Huristen nicht weiter aufsallen. Nicht einmal über deu
Beschluß der Abteittingssitzung, welcher eine Art Aus-
kunstspflicht seitens der lanelliericn ttnlernebmer gegen-
über dem Staat vcriangie. wurde man sich in der Plenar-
versaminlnng einig. Diese Ausknnstspfticht war bisher
das mindeste, was man verlangt hatte, wenn mcm stch
die Sache in praxi durch Führung Limes.. Kartcllregisters
und Statuierung einer Anzeigepflicht verwirklicht ge-
dacht. Dieser Änsicht ist auch Grunzel iu der oben-
erivähuten, die Ergebnisse der letzten ttnieriuckmiigeii
über das Kaittellwesen zusanunenfassenLeu Nrbeit. Es
ist wirkttch verlohneudcr, auf dies Buch uaher einzugeheu,
weun man sich mit dem jetzigen stand der ganzen Frage
vertraut machen will, als sich Lie Berichte der Verhand-
ttmgcn des Juristentages über dieselbe Frage zu Ge-
niüt zu führen. Der bescheidene Titel: „Ueber Kartelle"
läßt nicht die Fülle von neuem Materictt vernutten, das
thatsächlich den über 300 Seiten starke Band ^eiithält.
Zudem ist dersclbe nach dem bisher von keiner Seite so
rückhältlos vertretencn Gesichtspunkt der absoluten Not-
wendigkeit und Berechtigung der Kartelle abgefaßt. Auf
dem Iüristeutag vertrat diesen Staüdpunkt fast allein
Herr Landgerichtsrat Kulemänn in seinen von großsr
volkswirtschaftlicher Einsicht zeugenden Leitsätzen. Gegen-
Wer den bisherigen Begriffsbestimmungen des Karteüs,
in dencn stets mindestens das Wort „monopolistische Be-
einflnssiing" mit einem gewisscn Haut gout zu finden war,
definiert Grnnzel: Ein Kartell ist eine auf dem Wege
fröien Uebereinkommmens gefchaffene Vereinigung von
felbständigen ttnternehmungen mit gleicher Jnteressen-
gemeinschaft zum Zwecke gemeinfaimer Riegelung der
ProLuktion nnd des Absatzes. Also nicht von „Hochhäl-
tiing der Preise" oder „Beherrschung des Marktes!"
Klipp rmd klar stellt Grunzel au der Spitze seines Werkes
die Behlmpttmg auf, daß die Kartellbewegung eine ele-
ruentare und nnaufhaltsame sei, weil in unserer moder- >

^ Rittergut Tressin.

Mman von Nobert Misch.

(Foresetzung.).

S.i.e hatte nicht tünstlerisch singen gelernt, konnte kaum
Klavicrsp'elen, sie kisrmte auch nicht gewandt plaudern, da sie
SU Hause diese Kunst nur an denr guten Pfarrer zu üben
Gelegcnheit fand, der aber die Pfeife und die Karte ihrer
Konversatton vorzuziehen Pflegte.

So satz sie denn verlegcn uüd schweigsam im Kreise der
Damcn, besamr sich vergsblich auf etwas Geistreiches und
tvurde schließlich ganz fassungslos über ihre stupide Blödigkcit
und die nLngierigen, etwas spöttischen Arigen, mit denen die
Damen sie mustetten, trotzdem ihre Toilette dank der Tcmte
tadellos Irmr.

Sprach eine Dame sie an, so verlief däs Gespräch fast mit
jeder gleich:

„Wie gefällt es Jhnen in Berlin?"

- „O — sehr gnt!"

„Nicht wahr, Berlin ist eine herrlichc Staüt?"

„Ja, — herrlichl"

„Bleiben Sie lange hier?"

„Vier bis fünf Wochen."

„Sie stammen bom Lande, höre ich?"

„Jalvohl, aus Pommern!"

„Es lebt sich wohl recht eintönig auf so rinem Gut?"

„Man gewöhnt sich daran."

„Jm Sommer stelle ich mir's ja ganz nett vor — aber
lm Winter .... brrr! — Waren Sie schon im Theater?"

„Ja, schon zweinml."

„Gchen Sie ja ins Schanspielhaus I Da wird reizend ge-
spielt >— so vornehm . . . ."

Dann satzen sie iwch ein Weilchen stumm nebeneinander,
bis die Bcrlinerin gelangweilt der „dummen Pute" entfloh.

M» Vokkswirtschaft begrikiLet. Was Lie Wirkungeii der
Kartelle bctrifst, so weiut Grmizel, daß die Kartellie-
rung eine größere Kontiuuität und SWerheit in Lie Be-
schäfttgung der Arbeiter bringk; zum anderen behauplet
er, Laß Lohnforderuugen bei kartellierten ttnternehnum-
gen leichter durchzusetzen seien als bei^nicht karteltterten.
Das Wachsen der indiistriellen Reservearmee, das anch
Vandervelde in seineni jüngsten Werke über „Tie Ent-
wickelung zuni Sozialismus" als Begleiterscheimmg der
Kartellbildung beklagt, wivd von Grunzel Lestritten, ja,
er behauptet sogar das Gegenteil, da die Konliiiuität der
Arbeitsbeschäfttgung eine rechtzeitige Regelung der Ar-
beitskräfte gewährleiste. Auch sür den zweiten Satz
von der besseren Durchsetzbarkeit der Lohnsteigerung sucht
er den Beweis durch die Kontinüität der Beschäftigung
und ihre Folgen zu erbringen: eine ständige Arbeiter-
schaft ohne Reservearmee (für den betreffenden Produk-
tisnszweig) erschwert Lem Rnternehmer die Bescpasfi'v
von Ersatzarbeitern im Falle eines Konflikts. , Außerdeiii
hält er es im Jnteresse der Arbeiterschaft für besser, wcnn
sie beim Lohnkampf einer „moralischen Person" gegen-
übersteht, anstatt einer individuellen, bei Ler Lie Kon-
trolle nnd Einflußnahme der öffentlichen Meinung weit
meniger wirksam ist, als bei jener. Zur Uiiterstützimg
seiner Behauptimg verwendet er emige neuen Zahlen, die
seine Uuffasiung allerdmgs Leftättgen. Der Einfluß
des rheinisch-westfälischen LlohleniynLikats bewirkte, daß
in der Zeit von 1892—1899 die Produktion in seinem
Wirkimgsgebiete von 36,9 aus 54,6 Millionen Tonnen^
der Erlös von 271,7 auf 418,4 Millionen Mark und die
Arbeitslöhne von 134,9 auf 250 Millionen Mark ge-
stiegen smd. Der Anterl der Löhne am Erlöse hat sich
in dieser Zeit von 49,6 auf 69,8 Prozent erhöht! Da-
gegen ist m Gegenden nicht kartellierter Kohlenproduk-
tion wie in Oberschlesien dieser Prozentsatz von 38,7 auf
34,2 Prozent, im Saargebiet von 48,4 auf 42,4 Prozent
gestmken! Ganz ähnlich ist der Gedankengang von Küle-
manns Leistätzen, er geht crllerdings davon aus, d'aß
es im Wesen der Kartelle liege, eine Erhöhung der Preise
herbeizittichren, was Gnmzel nicht für wesentlich erklärt.
Kittemann sieht aber in dieser Preissteigerung keine Ge-
fahr, wenn es infolge einer dadurch ermöglichten besseren
Pergiirnng Ler Arbett geliLgt, das Machtverhälttiis zwi-
schen Kapital imd Zlrbett zu Gunsten der letzteren zn
verschieben, insbesondere durch Herabsetzung der Kcmf-
kraft des Gel'dkapitals. Er will keine mechanischen Mit-
tel der Staatsbevormündung, seien sie solche des Straf-
rechts, des Zivilvechts oder des Verwaltmigsrcchts, ange-
wendet wissen, sondern eine auf Erhalttmg des wirtschaft-
lichen Gleichgewichts gerichtete imd auf die Eigenart der
Beteiligten gestützte organische Regelung, die in der Be-
günstigung der gewerkschastlichen Bestrebimgen der Ar-
beiter, soweit sie auf Erhöhung des Arbeitslohnes gerich-
tet sind, bestehen soll. Jm Allgenieinen aber scheinen
sowohl die Knlcmaimschen Leitsätze wie auch Grimzels
Ansichten über die Wirkimg der KarteTe auf den Lohn
geeignet, der Auffassimg entgegenziitreten, ats sei die
nicht ungünstige Stimimmg der Arbeiterschaft den „Kar-
tellen an sich" gegenüber dadurch zu erklären, daß sie
Las — sagen wir instmkttve — Gefühk hat, als seien
diese wirtschaftlichen Erscheinungen nur Uebergangsfor-
men zu sozialistischer Gestaltung der Proditttton. Sie
würde beweisen, daß auch reale Momente, wenn anch

Und die Damen flüsierten einander zu, datz die neue Itichte
der guten Professorin ein recht langweiliges kleines Land-
günschen jei.

Lisbeth fühlte selbst, 'datz sie hier keine grotze Figur machte.
Wer alles, worüber die anderen Damen sprachen, interessierte
sie so wenig oder war ihr so frentd, datz sie die erfte Gelegenheit
benutzte — die Tante gab ihr einen Küchenauftrag — um
drautzen zu bleiben.

War sie nun wirklich so dumm? Sie tröstete sich mit dem
Gedanken, datz sie mit Fritz stundenlang schwatzen konnte und
dieser sie für sehr klug und amüsant hielt. Auch in den weni-
gen Gesellschaften, die sie mitgemacht, hatte sie ganz gut reden
können. Aber was würde die Tante von ihr denken, die ste
natürlich bcobachtet hattel

Sie machte sich's in dcm kleinen Vorzimmer bequem. Es
war dort so kühl, halbdunkel und ruhig. Jm Wohnzimmer
dagegen, dessen Lärm nur gedämpft hereindrang, war es
heitz und hell, und die Damen schniatterten in den hochsten
Tönen durcheinander. Jn dem großen Lehnstuhl lietz es stch
so gut träumen, und es würde sie auch wohl niemmrd ver-
missen.

Da war es in Klützow wahrhaftig amüsanter; da gab es
junge Herren, mit denen man lachen und schwatzen konnte.
Der jüngste der hier Anwesenden, der Doktor Menk war doch
mindestens schon ein hoher Dreitziger. Oder machte das Grotz-
stadtleben dte Herren so früh altern?

„Ut die Geschichte schon aus, Kleine?" hörte sie plötzlich
eine lustige Stimme im Flur fragen, worauf die kichernde
Antwort der Küchenfee erfolgte, datz die Herrschaften schon
gespeist hätteü.

„Donnerwetter, da habe ich mich aber stark verspätet!" sagte
die Stimme wieder.

Dcmn ging die Thür auf, und ein junger, eleganter Herr
trat schnellen Schrittes ins Zimmer, sah die einsame junge
Dame höchst erstaunt an und verbeugte sich höflich, wührend er
sie mit grotzen, neugierigen Augen cingehend musierte.

eiiistweileii noch nicht völlig tlar erkaniit, diese Haltung
der Arbeitttrschast gezeittgt habeu. Es ist zu erwarterft
daß sich an das Werk Grunzels und die Auslassungen Kule-
nianiis eine lebhafte Debatte anknüpfen wird. Hoffentlich
fördert diese Materiat zu weiterer Eiusicht in das Kar-
tellproblem, welches, wie es immer mehr den Anschein
gewiiiiit, den Schlüsset zu wirtschafttichem Fortschritte
in sich birgt. Dr. L. Munziiiger.

Deutsches Reich.

— Fn der Reihe der Aufsätze, welche die „Tiines"
üöer die deutschen Manöver verösfentticht, er-
schien dieser Tage ein Bericht über den Zusamnienstoß von
Jnfanteriemassen, in dem sich einige recht interessante
iLtellen vorfindeii. Der Verfasser schickt seinen Aus-
sühningen zunächst die Bemert'ung voraus, daß die gruiid-
legeudeu Maxime, auf denen die Taktik der deutschen
HeerfWrer — nnd mit ihnen Liejenige aller andern
kontineiitaten Nationen — ausgebaiit ist, ganz verschieden
von der der englischen Generäie ist und söiu mutz. Der
eiiglische Kritiker giebt t'ein abschließeudes Urteil Wer
die Güte uud Zweckmäßigkeit der beideu Systeme, er-
ktärt aber Las engtische sedenfalls für humaner. „Alle
großen kontinentateu Nationen", heißt es in dem Arttkel,
„köniien schwere Verluste vertragen, aüer die Verluste
einer einzigen großen Schlacht in dem 70er Kriege wür-
den die Lamals eristierende britifche Armee außer aller
Berechnung als bewaffnete Macht gestellt haben. Jnfol-
gedessen sieht der kontineiitale S'achverständige die Oeko-
nomie des Krieges von einem ganz anderen Stand-
puiikte an, als wir selbst. Wenn der militärische Sach-
verftändige, Strateke oder Taktiker, Mttttonen von Men-
schen zu seiner Verfügung hat, — in Deittschland Wer
4 Millionen — so sieht er das Problem des Krieges in
einem ganz andern Lichte an, wie der Maun, der keine
50 000 zu verlieren hat. . . Sein erstes Bedenken wird
sein: der Ruhm und Lie Ehre seiner Wafsen, und erst
sein zweites die Sicherheit und Erhaltung feiner Mann-
schaften." Das höchste Lob spendet der mttitärische Kri-
ttker der „Times" der außerordentlichen Disziplin nnd
raschen Beweglichkeit der dentschen Jnfanterie. „Bevor
man in der schußlinie der Truppen steht," heißt es in
dem Artikel, „sei es geradezn nnmöglich, zu erkennen,
welche Stellung die Truppeumassen einnehmen würden,
die sich trotz der Flnchheit des Terrains, immerfort
Deckung suchend und findend, Wer das Feld bewegtm,
imd zwar mit einer erstaunlichen Schnelligkeit und
Sicherhöit. Als aber sede Deckungslinie bemannt und
alles aus seinem Posten war, konnte man die ganze Lage
mit einem Blick Wersehen. Es hätte keinen Zweck, zu
leugnen, daß dies geradezu großarttg ausgeführt worden
sei." Ganz besondern Eindrnck hat dem englischen Kri-
tiker die 'Geschicklichkeit Ler deutschen Jnfantevie im
Anfwersen von Gräben imd Benutzung aller Vortette
des Bodens zum Deckimgsuchen gemacht.

Württemberg.

— Graf Ludwig P ii ck l e r - L i mP u r g auf Burg-
farrnbach in Bayern, einer der protestantischen Standes-
herren Württembergs, hat, wie man der „Nationalztg."
schreibt, auf Grund eines Familienvertrags auf seine
Stellimg ats Haupt Les gräflichen Hauses, soweit das
öfseutliche Recht und Lie Lcmdschaft in Wiirttemberg iu

M!W^»»»»»»^^»^»»W>»»>»W»>»»»»»»»>»»»»»»»»»»>»»»»»»

„Sinv gnädiges Fräülein die ganze Gesellschaft?" fragte
er lächelnd, nachdem diese Musterung ihm ein allerliebstes,
blutrot gewordenes, goldblondes Mädchenköpfchen gezeigt hatte.

„Oh nein, ich 'bin nur ein recht unbedeutender Teil da-
vonl"

„Wer wird fo bescheiden sein?I Jch bin anderer Ansicht",
sagtc der junge Mtann keck, aber er lächelte so liebenswürdig
dabei, 'daß Lisbeth ihm nichts übelnehmen konnte, wozu ste
auch viel zu verlegen war.

„Gestatten gnädiges Fräulein übrigens, Latz ich mich bor-
stelle . . . Richard Platen — schlichtweg Platen, nicht mal
Doktor oder Assessor!"

„Elisabeth Roloff."

„Jft die Gesellschaft wirklich so interessant und bedcutcnd,
datz Sic so bescheiden thun? Eine Gesellschaft habe ich nämlich
hier noch nicht mitgemacht."

„Bedeutend mögeu sie schon sein" — (sie fühlte sich plötz-
lich redelustig und zum Lachen aufgelegt) — „aber langweilig
auch!"

„Ja, so habe ich mir's eigentlich auch vorgestellt bei den
guten Bvhmanns", sagte er tachend. „Der Professor ist ja
sehr nett und zuweilen sogar interessant. Die Professorin
kenne ich weniger. ?Iber alle diese gelehrten Herren auf einem
Haufcn, das ist zu viel auf einmal. Die Blüte der Jntelligenz
in dcr Metropole der Jntelligenz — brr, höchst schaüdervolll
Und nun die Damen erst, die sich an „Jeist und Bildung"
gegenseitig nberbieten wollen. Und alle so imposantl Shake-
spc'are nennt es steifleinen."

Jetzt mutzte sie aber wirklich laut lachen, das ivar doch
mal ein lustiger Mensch ohne jede „Würde". Und er lachte
selbst so herzlich mit.

Das ist aber mal ein frisches Mädel — und HWsch —>
Donnerwetter! dachte er wiedermn und mnsterte bewundernd
die kraftvoll-mädchenhafte Gestalt, das hübsche Gestcht, mn-
rahmt von der goldenen Haarkrone, mit den freien, Üngen, im
Grunde recht ernsten Augen.
 
Annotationen