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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 281 - 305 (01. Dezember 1902 - 31. Dezember 1902)
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Avs dem Venezotanischen Sündenregister.

(„Kölnische Zeitung.")

Es ist zwui' schon früher ausrc'ichend über die ver-
schibdencn G e w a l t t h a t e n nnd ^chädignn -
gen im ganzen berichtet worden, die die B enezol a-
n e r während der inneren Wirren gegen dentsche Unter-
thanen vcrübt haben. Aber einige Einzeldarstellnngen
solcher Vorsälle, wie sie sich in zahlloser Äienge znge-
tragen haben, sind doch gerade in einem Angenblick an-
gebracht, wo die eigentlichen Gründe des deutsch-englisckien
Vorgehens dnrch die öffentliche Erörternng iiber das
Vorgehen selber fasl in Nergessenheit gedrängt werden.
Tie folgenden Darslellungen sind wörtliche Ab°
sch riften von Äeschwerden , die während der
letzten Monate beim d e u t schen Vizeko n s n l in
Carupano oorgebracht worden sind, und zwac von
einer einzigen geschüdigwn Mrina, der Dentsch-Venezo-
lanifchen Lchwefelgrnben-Aktiengesellschast.

1. >Herr Hermnnn Bauer, tNaschinift diejer Gesell-
schaft, wurde am 10. Iuni am Abend in Kominission
nach Lacamanteea geschickt. Untecwegs wnrde derselbe
von dem R e v o l u t i o n S o b e r ft Gonzalez Saldivia
seines Pf.erdes und s ei n e r Kl ei de r b e r a li b t
nnd furchtbar m i s; h a ndelt; nur durch eins
sAlleunige pslucht gelang es ihm, sein tleben zu retlen.
Ter RevolutionSoberst drohte, daß, wenn er irgend
eines Tentschen habhaft würde, und wäre es selbst der
Chef von den Minen, Herr Höfinghoff, so stände ihm ein
gleiches Lchicksal und noch mehr bevor, weil die dentschen
Ltriegsschiffe die Regierung unterstützt häUen. Der
Oberst war am 18. Iuni bereits in Tacamantaca und
suchte Herrn Esser, den er dort verniutete, um schon zu-
nächst einmal an diesem seine Lrohungen auSzuführen.
Ter betresfende Gonzalez Salviüia befindet sich augen-
blickltch in El Pilar, 1fs> Ttunden von den Lchwefel-
minen entfernt.

2. Einem Kaiserlich Deutschen Vtzekonsulat bringen
wir hierdurch ergebenst zur Uenntnis, daß am 15. Sep-
tember eine Abteilung der Revvlutivn S truP -
pe n auf der Ptiiie erschien, um anf Ordre des Führers
Dr. fselice Tiere zu requirieren. Es wnrde uns ein
Zugtier gewaltsam aus d e in B e t r i e b e
fortgeno in m e n , wodurch derselbe sehr gestört
wurde. Die BeweiSslncke werden wir nnserer Gesamt-
Neklamation iiber die nnserer Gesellschafl bitz heuts in-
folge dc's Bürgertrieges eiitstandenen Verlnste nnd
Schäden beifngen, die wir bis zuc iiüchslen Post einzu-
reichen uus gestatten werden. Bei der Anwesenheit anf
der Ätine sprachen die Revolntionäre offen die Droh -
u n g auS, m it sä m t I i ch e n Dentschen , sowohl
oben alü auch anch hier in Carnpano, aufränmen
zu wollen, weil deutsäie Schiffe sich zuin Transport
von Pfuiiition nnd Geld für die Regierung liergegeben
hätten, und die Revolntionäre durch die Anweseicheit
des deutschen HandelSschiffes hier im Hafen bei dem
letzten Angriff von der Teeseite aus verhindert worden
wären, die Regieriiilgsschiffe zn beschieszen.

Z. „Am 24. Oktober 1lt02 erschienen gegen 10 llhr
vormittags vor dem Thoreingang znr Tchmelz- und
Trahtseilbahn-Aiilage der Dentsch-Venezolanischen «chwe»
felgruben-Aktieiigesellschaft ungefähr zehn Sotdaten
der venezolanis -ch en Revolution s p a r t e i,
erkenntlich am weiszen Hulbande mit der Aufschrift in

Heilig-Abend.

Bo» Fceiherc von Waiigeiiheim-Wölfls.

(Nachdruck verboten.)

Ei» bleichec, dümincciidec Abend hielt die Landschaft um-
schlosscn. Äuf Lec Strahe nach Ler holländischen Grenze schrit-
ten zwei Männer mit dumpsen, schweren Tritten. Die Wetter-
mäntcl fest um sich gezogen, die Mützen tief in die Augen ge-
ürückt, achteten sie wenig auf den heulendeii Sturm, der ihncn
den wässerigen Schnee ins Gesicht peitschte. . . .

Wie ans weiier Ferne klangen zuweilen hinsterbende, kla-
gcnde G'lockcntöne an ihr Ohr: in dem Dorfe, aus dem sie
kamen, Inden sie die Christen zum Gcbct. Denn es war Heilig-
Abcnd heme.

Die bciden crnstcn Grenzansseher wechselten kein Wort.
Durch das Toben des Wetters zog sie ihr Herz rückivärts nach
dcm Herd, den sie verlassen; durch das Heulen des Sturmcs
glaubten sie die Stimmen ihrer Lieben daheim zu hören, wie
die Mutter den Kleinen erzählt bon dem Christkindleiii, das
in jedem Jahr herniedersteigt zur Erde, nm seine Gaben den
guten KinLcrn zu spenden.

Anch ihnen hatte cinst die liebe Muiter so erzLHA am kni-
sternden Feucr. Auch ihnen hatte sie cinst den Christüaum an-
gezündet und gar manche sauer verdiente Gabe darunter ge-
breitet. — Wie lange war doch all' das herl

Jm ranhen Leben halb bergessene Lehren wurden lebendig
in ihrer Brust: auch sie hattcn ja einst im frommcn Kinder-
glaubcn der Botschaft gclauscht, die der Engel des Herrn vor
Zeiten den Hirten des Feldes vcrkündete in der Nacht, als
das Chrislkind geboren war'd: „Jricde anf Erdcnl"

Für die beidcn Wanderer aber war kcin Friede in der
Weihnachtsnacht. An jencn Büschen vor ihnen, wo die gistigen
Nebel des Brnches mit schweren Schleiern die Gegend vcr-

Schivarz: „Ejercito Libertodo". Die Führer der Sol-
dciten waren ziierst nicht sichlbar, letztere selbst vertzielten
sich ruhig. Fch selbst befaiid niich nun dienstlich inner-
j halb der init Ltacheldraht eingefriedigten Betriebsanlage,
aiö plötzlich zwei Leute der Revolntiontzpartei, erteimt-
lich an den o'benerwühnten Abzeichen, an ipich heran-
traten, nnd ohne daß vorher ein Wort zwisäzen uns ge-
wechselt worden war, in i r ni e i n e n Revolve r
n e b sl G li r t e l u n d P atro n e n r a n b t e n.
Tie Plündernng geschah in roher Weise, ivährend ein
Mann niich festhielt, unlersuchte der mtdere noch meine
säinklichen Taschen. R'ach spätern Erinitlliliigen Ivaren
diese Lente die Führer der vbenerwähnten Soldaten, niit
Namen: Tomingo Antonio Bnlierez, Anfiihrer mid Vi-
cente Gvnsalez, sein Adjutant, beide mis Canchaiichu bei
Carnpano. N'ach der Pliirrdsrnng sagte Donnngo An-
tonio Butierez zu mir: „G e b e n « ie m ir e i n e
II n ze, d a ii n i st öie S a ch e geregei t." D.r
ich mich entschieden weigerte, dies zn lhmi, miter Hinweis
nuf die gemeine Behandlmig, mid dazu noch beinerkte,
dnsz ich überhaupt nicht im Besitze von Geld sei, sagte
Domingo Antoni Bntierez: „S ie sind m e i n G e-
sangen e r, lreten Sie ein in die Reihen 'der Soldnten
(entraen enfta)." Mein Protest, daß ich deutsä)er Reichs-
angehöriger sei, inich mithin um ihre venezolanischen A'n-
gelegenheiteii absolut nicht künrmere, Beamter der Dentsch-
Penezolaiiischen Schivefelgruben-Attiengesellschaft sei und
anßerdein mich auf deren Gebiet befände, war frncht-
lotz. N a ch etwa e i n e r h albe n t n n d e
wnrde iä> i n m i t i e n derSoldaten a b g e-
sühr t. Wir hatten kanm 200 Meter znrückgelegt, als
wir wieder znrückgernfen wnrden. Nachdem aber die
beiiX'n oberigenamiten Führer mit den min angestellten
ErPressmigSversnckien keinen Erfolg hatten, befahlen sie
einigen Soldaten, mich zu fesseln, welchem Befehle die-
selben Folge leisieten. Die Arme wnrden inir hierbei
mit eineitt Stricke in roher Weise nnd nnter den bekannten
Schiinpfworten anf dem Riicken feft znsainlnengebmiden;
die beiden Ttrickenden nahm dann ein L>oldat in die
Hand, dabei seinen Gewehrlauf direkt anf inich richtend.
Jn diesem Anfznge wnrde ich dann zmn ziveitemnale ab-
gefi'chrt. Anch diesmal, nachdem ivir etwa 1/2 Kilometer
marfchiert waren, rief nwn mich wieder zurück und ent-
ledigte inich meiner Fesseln. Die sich nmi wiederholen-
den erfolglosen Erpressmigsvc'rsnche brachten nnn den
obengenamiten llnterführer Vicente Gonsalez derinaßcn
in Aiifregmig, daß er alleiii persönlich, mit drohend ge-
schwuilgener Mnskete, mich nach einem der Tentsch-
Venezolanischen Schweselgriiben-Aktiengesc'I'lschaft gehöri-
gen, ettva 200 Meter hinter der Schmelzanlage liegc'iiden
Rancho brachte, hiec mich den schon anwesenden Soldaten
übergab mid diese ermahnte, ja gnt acht nnf inich zn
geben. Anf dein letzten Wege nahm Vicente bioiiialez
inirmeine silberne Uhr n e b st Ketteim
Werte von 75 BolivarS mit Gewalt ab nnd branchre
anßerdem noch solgende, meinerseits allerdings nnbeack-
let gelassene Ansdrücks, wie: „Gehen Sie schneller (anda
mas lijero), ziehen Sie Ihre Schuhe ans (guila lüs
botas)." Während meines Ausenthaltcs in ennähntein
Rancho gesellte sich imn der Knssierer miserer Gesellsckmft
auf den Minen, Herr R. Friedericy, zn mir, der, nachdcni
er kamn einige Worte mit uns gesprochen, gleichfalls
von Vic. Gonsalez zmn Gefangenen gemacht wnrde. Hie-
rauf entfernte sich Vic. Gonsalez nnd ließ uns nnter Be-

wachmig einiger Soldaten znrück. Nach Verlanf von
migefähr einer Stmide tehrte Eic. Gonsalez allein znrück,
gab einem ^oldaten einen Strick, niich abermals zn
fesseln. Der Soldat schien nnr mit Widerwillen diesen
Anftrag ansznführen, mid da dem Vic. Gonsalez alles
zu langsam ging, riß er dem Pi'anne den Strick ans der
Hand mid band Persönlich mich in der riicksichtslosesten
Weise an e i n e n P f a h l a n , s 0 daß i ch nn-
füh i g w a r, niich zn bemegc'n. Herr R. Friedericl)
wagte gegen meine Fesselung zn protesüeren nnd wnrde
deshald gleichfalls von Vie. Gonsalez persönlich und m
der rohesten Weise an einen Pfähl gebmiben. Jn dieser
Stellnng verharrten wir etzwa Stnnde, dazn noch
in dec prallen Mittagssonne. JnzwisckM erschien D. A.
Bntierez wieder mid befahl nnter Protest des Vic. Gon-
salez, mis nnserer Fesseln zn entledigen. D. A. Bntierez
legte uns nnn wiederholt anS Herz, daß w i r s ü r
eine Unze frei sein wiirden, mid da die
Anszahlung derfelben abermals verweigert wnrde, es-
kortierte man ims in der Richtung des Chagnarama-
Thales weiter. Anf halbein Wege zwisä)en Schmelz-
anlage nnd Chaguaraina-Thal wnrde „Hnlt" befohlen.
Vic. Gonsalez in Gegenwart des D. A. Bnrtierez nnter-
suchte ims hier aberinals gründlich nnd selb st B I e i-
st l f t e 11 n d T a s ch e n t ü ch e r schienen i h m
d e r M i t n a h m e w e r t. Mir selbst iiahm Vic.
Gonsalez noch einen Filzhnt voin Kopfe imd setzte mir
dafür einen schmierigen Strohhut aus, welchen ich dann
wieder abnahm mid ins Gebüsch schlenderte; dies versetzte
Vic. Gonsalez derinaßen in Wnt, daß er d r 0 h t e, mich
t 0 tzus ch lage n, nnd wörtlich, folgenden Ausdrnck in
Lpaiiisch gebrauchte (zn D. A. Bntierez gewendet) „a ver
el cnchillo para acabar con este caraso honia". An der
AilSführmig dieses Vorhabens wnrde er wohl nnr durch
seine noch etwas besomienen Kanieraden verhindert. Ge-
gen 2 llhr nachniittags tarnen wir endlich im Chagnara-
mathal an mid wurden hier in den Rancho eines Venezo-
lanerS gesteckt, von dessen Familie einige Personen mit
lechina (gelbe Blattern) behaftet waren. Da D. A. Bn-
kierez hier seine Ssnsprüche wesentlich ermäßigte, z. B.
von 15 anf 12 PesaS nnd sich schließlich mit 10 Pesas be-
gnügen wollte und diese Smmne gerade durch den nach-
gcckoimneiien Beamten Fnan Ramlerez nnd einen besrenn-
deten Veiiezolaner anfgebracht werden komite. wurde
dieseS Geld niit unserer Ziisrimimmg dem D. A. Bntie-
rez übergöben, welcher uns daraufhin fräiließ. Um 5
Uhr abends erreichten wir wicder das GrNbengebiet.
(gez.) M. Fischbach. Obersteiger."

Deutsches Reich.

— Die Eimiahnien an Zöllen, V e r b r a 11 ch S -
stenern mid Abersen sind fiir das R ech 11 u 11 gsjah r
1903 wie solgt veranschlagt: Zölle 472 563 000 Mk.
(gegcn das Etatssoll 1902: —11 088000 Mk.), Tabak-
steuer 12 3l2 000 Mk. chs- 204 000 Mk.), Znckersteiicr
98 629 000 Mk. (— 16 268 000 Mk.), Salzfteuer
49 073 000 Mk. (— 247 000 Mk.), Braiintweinsieuer:
n) Maischbottichsieuer 18 559 000 Mk. (ch- 1696000 Mk),
b) Verbrauchsabgabe imd Zuschlag 108 667 000 Mk.
(— 1 925 000 Mk.), Schauiuweinsteilcr 4 531 000 'Mk.,
Branstcuer mid ilebergaugsabgabe bon Bier 30 846 000 Mk.
(— 734 000 Mk.); Averse sür Zölle uiid Verbrauchs-

hülltcn, solltcn sie ihre Weihnncht halrcn. Nn dcin kleincn
Wasserlauf, dcr die Grenze gegen Holland bildet, sollten sic ihr
Lager aufschlagen, nni den DäMngglern anf das' Handwerk
zu passen.

Vom Tturme gepeitscht wogre der Nebel mie die erregte
See; seltsmne, weiszliche Streifcn zucktcn hoch in die düstere
Lnft nnd regten sich wie Ricsenbänder nin dio nnter der Gewalt
des WetterS stöhnenden nnd ächzenden Erlen und Kiefern. DaZ
war eine Nacht, Wie sie die Schmnggler zn ihrcm lichtsehenen
Thnn liebenl Wenn all' die uicheimlichen Kräfte der Natnr
in wilder Erregung, lvenn Mensch und Tier sich eine Znflucht
vor den Dämonen der FinsterniS snchen, dann glanben jene
sich sicher bor den Wächtern deZ GesetzeSl

„Hler Ivollen wir blciben, Burgc," redcte dcr eine dcr
Grenzer den anderen an und warf den fenchtcn Postierstnhl
anf die feuchte Erde. „Es mlinden hier zwei Wege, die durch
das Brnch vom Hollündischen herüberführen, und wenn die
Pascher 'hcnt' Nacht iinterivcgs sind, müssen sie hier dnrch."

„Hast recht, JenZI Jn das Brnch hinein wär' ich in der
Nacht anch nicht gegangen. Jch thn's bei Tage nicht gern, ge-
schweige bei dieser Dunkelheit."

„Tsnfel, wie das Ivehtl —Dort an Len Biischen habcn lvic
ctwas Schntz gegen das Unwctter und können das Bruch gut
übersehen. Na, ich Lenke, d i e Nacht wird doch anch vornber-
gehen, wie schon manche andere!"

„Nüer erst eine Piep' ansteckenl Nichts hitft so gnt gegen
den Schlaf, wie ein echter Kanaster. Wär' es beim Kommisz
erlanbt, anf Pvstcn zu ranchen, hätt' ich qicht fünf Tage im
Loch gcsessenl"

„Guck' an, davon hnst du ja nie nichts vcrlanien lassenl?"

„Hm, Jens, das war auch eine sonderbare Geschichtel -—-
Es sind jetzt dreizehn Jahre her, 's war auch grad' am Heilig-
abend, da stand ich Posten vor der Fähne im Schlotzhofe zn <Ä.
Na, du weitzt ja, zu den Festtagen werdcn Vle Herren Ein-
jährigen, Lie mal irgend was verbrochen haben, mit Vorliebe j
zum Wachekloppen herangezogen, und so tvaren bci unserec !

Wache auch zivei so Vecbrechcr. Vvm vielen Postelistehen
ivaren sie aber gerad' keine Frennde, und so waren. wir über-
cingekommeii, datz sie cin Fützchen zum Bcsten gebcn, wenn
wir 'die paar Stnnden für sie stehen wollten. 5kerlchen, das
war ein Fest. AUr rhat es höllisch leid, als ich nm 1 Uhr für
dcn Einjährigcn Müller — abcr halt! ivas war das? War
das nicht ein Licht drübcn am Bruch?"

„Hab' nichts gesehenl Aber ich denke, bei dcm Werrer und
bei der Nacht wagt sich kein Christcnmcnsch in daTBrilch hniein,
Lcnn ein einziger Trirr bom Wege wäre dort sicherer Todl"

„Und doch hab' ich ganz dentlich ein Licht flimmern sehenl

— Glanbst du an Jrrlichter?"

„Hni — hm! Jn meiner Heimat, drunten in Schwaben,
erzählcn sich die Lente, datz vor Jahren cinnial ein Mann von
einem Irrlichre in cin Moor gelockr und dori clendlglich versun-
ken sei. Nbcr nnser Schnlmeister sagte immer, das. wär'
Dnmmheit. Der Mann tvürde wohl ein Matz über den Durst
getrnnken und sich berirrt haben. Und das glanb' ich anchl
Denn ich haü' mich anch schon manchcsmal verlanfen, aber ein
Jrrlicht war gcwitz nicht schuld daran."

„Jch weitz nnn doch nicht. llnd znmal hier in dcm verdamm-
ie» Bruche ist schon allcs möglich. Mcr — nm wieder auf
meine Geschichte zn tommen, so hatt' ich einen höllischen Nerger,
als ich für den Einjährigen Müller anf Posten ziehen mutzte.
Jn dem Fätzchen war gerade noch so vicl, datz es ansgerechnet
eben teer gewordcn sein mntzte, wcnn ich nach zwei >sinnden
znrückkam. Dvch, was half'S? Jch pumpte mir daher Wiell
„och den Magen so voll, wie cs anstandigerweise nur gehen
Ivollte, nnL zog auf. — Dnnnerlitzchen, hör' dir, wie ich wieder
muntcr wecde, hat mich ciner nm Kragen gepackt nnd schisttelt
mich nnr so rnm. „Nn, äber langsam," sag' ich noch so halb
i.m Dnsel, da schreit mich auch schon der Lcntnant Schwetzer, der
die Ronde hatte, an: „Was ist denn das für ein Kerl, der da
auf Posten schnarcht, wie ein Sch . . . ?" — „Einjähriger
Müller," sag' ich. — „WaK, Einjähriger, du Lügenbengel!

— Lencht' mal dem Kerl anf die Schnlterl" schrie er die Pa-
 
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