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Heidelberger neueste Nachrichten: Heidelberger Anzeiger — 1936 (Juli bis Dezember)

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deite 2 Fernspreche»S.-A. 7351—53. „Heidelberger Neueste Nachrichten" — „Heidelberger Anzeiger"

Montag, 13. Auli 1936


Pietat sein wollen. Ganz gewiß ist unsere Denkweise

a u ch Romantik, aber sie ist stählerne Romantik.
Unser durch nichts zu erschütternder Glaube geht dar-
auf aus, das ewige Deutschland zu finden, von dem

Romantik nur einen Teil gefunden hat. Die Ro-
-»«ntik verfing sich in der Ahnung dessen, was w »r.
Sie schloß sich, wie es in einem Gedicht Schonckendorfss
heißt, ab gegen das .lose Neue" und verkannte, datz
eben dies sehr oft das webende und wirkende Lebcn
ist. Jhr Reich war ein Gebilde der Erinnerung.
Vergangenheitstrunken und vorzeitfroh vermochte die
echte Romantik Gegenwart und Zukunft nicht zu mei-
stern, und viel weniger noch ihre verflachenden Nach-
ahmer. Die Romantik entdeckte Deutschlands
Burgen. An der architektonischen Auswirkung der Ro-
mantik läßt sich ihre Begrenztheit ablesen. Man be-
gnügte sich nicht mit dem Gefühlswert der Ruinen,
man .restaurierte" sie. Jene Jdeen beruhten auf
einem Irrtum : künstlerische und holitische Entwrck-
lungen lassen sich in einem gesunden Volk immer nur
vorwärts treiben, nie aber zurückführen. Poetische und
politische Epigonen der Romantik sammelten am Endc
nicht mehr lebendige Kraft aus dem Vorbild der Vätcr,
sondern nur mehr totes Wissen . . .

Bis einer eben in der Stadt der Romantik, der
Schirmberr dieser Spiele, in seinem dichterischen Tage-
buch „Michael" die Frage aufwarf: .Wie kann man
Wissen sammeln, wenn ein Reich in Trümmern liegt?"

Das war die Todesstunde jedcr nur rückblicken-
den Romantik und die Geburtsstunde unserer
auf Zeit und Ewigkeit gerichteten stählernen Ro-
mantik.

Das Erivachen einer Gcneranon, die nicht blotz Bur-
gen entdecken und das Ntiltelalter heiligeu wollie, son-
oern — uno wäre es unier den grokien Opfern —
vor allem Herr ihrer Tage uno Hüier der
Zukunst zu werden sich vorgesetzi hane. Der An-
bruch einer Bewegung, die nichi nur oas Vermächtnis
wahrt, jondern auch mehrt, indem fie das eigene
Leben wieder lebenswert macht, das Morgenrot einer
Romanlik, .oie den Mut hal, den Problemen gegen-
überzutreten".

Der Romanrtk vanken wir viel, der stählernen
Romaniik alles. Die Romantiker nannten sich eine
Freischar; oarin liegt Unverbindlichkeit und Un
gebundenheit. Di« stählerne Nomantik ordnete jedc?»
«in und half so die braunen Bataillone der
Zucht formieren. Der Romantiker versank in sinnende
Betrachtung .als gäbe es nichts Gemeines in der
Welt", währenddem verfiel die Welt ins Gemeine.
Die stählerne Romantik sah diesen Zusammenbruch und
kämpfte gegen ihn an; sie besiegte das Gemeine Die
Erben der Roma>ntik slüchteten sich aus dem Volk in
die Abseitigkeit der Schlösser. Die stählerne Romantik
eroberte sich jene Plätze, aus denen sich di« Nation
zusammenfand. Die eine war bedingt, die andere un-
bedingt politisch. Die Romantik träumte einen
Traum vom Reich, die stählerne Romantik schus es
uns. Diese gab sich vor den Ruinen einer glorreichen
Geschichte selbst aus, jene findet in ihren Ordens-
burgen zu sich selbst. Diese entdeckte — auch für
uns — die Vergangenheit, jene die Zukunft. Eines
ohne das andere ist undenkbar.

Der romantischen Gemütsbefreiung unseres Vol-
kes bedurfte es, damit der Nationalsozialismus
die Nation befreien konnte. Der stählernen Ro-
mantik kommt das befsere Recht zu! Sie
entdeckte eben nicht nur Schönheiten, sondern die
letzten völkischen Wahrheiten.

Di« gewaltigere, das Einzelerlebnis der Romantik
überhöhende Tat des Nationalsozialismus ist, daß er
unter den Trümmern eines ganzen Iahrhunderts seine
Weltanschauung nicht nur fand, sondern auch durch-
s e tz t e. Und deshalb hat er das bessere Recht; er stößt
aus der Dämmerung in den Tag vor, weil er mehr
noch als das Land der Väter das Land der Söhne
und Enkel sucht, weil ihm die Geschichte nicht im
Vordergrund wnd damit hemmend im Weg, sondern
im Hintergrund steht. Und das auch bei den Reichs-
festspielen. Auch wir lesen aus den Runen der Rui-
nen das Vermächtnis unserer grotzen deutschen Ahnen
heraus. Wir wissen aber, daß wir hier die Handschrift
unwiederbringlich dahingegangener Zeiten vor uns
haben. Wir füllen deshalb die Trümmer nicht mit
zeitfremdem Material auf, wir erneuern nicht. Das
Schicksal hat uns gelehrt, datz es nicht gilt, Ruine-n
zu erneuern, sondern daß es notwendig ist, sich selb st
zu erneuern. Nicht mit zurechtgeschlagenen Stei-
nen süllen wir diesen Bezirk auf, sondern mit schlagen-

den Herzen. Wir beziehen die Heidelberger Spielfläche
viel weniger um Tradition zu pflegen, als um eine
Ueberlieferung, unsere Ueberlieferung zu schaffen.
Hier soll Deutschland und der Welt gewiesen werden,
zu welchon Leistungen der neue Geist des Dritten Rei-
ches das Freilichtspiel zu steigern vermag. Hier stel-
len wir junge Kräste heraus, um deren Zukunft
zu dienen. Und die zur Aufführung gelangenden
Werke wählen wir nicht etwa nach ihrer Ältertümlich-
keit, sondern danach aus, ob sie aus uns und unsere
Jugend schöpferisch auszustrahlen vermögen.

Der Reiz des HintergrundeS besteht für uns vor
allem darin, datz die im nächtlichen Dunkcl ver-
dämmernden schicksalskundigen Mauern wider-
lcuchten den Glanz lebendiger Dichtung und
lebendigen Spiels.

Die für unser Wesen aufschlußreichsten
Werke müssen die Wcrke der Heidelbcrger
Reichsfestspielc sein. Was in allem Wandel
der Zeiten das Gemüt unseres Volkes berührte, wie
die zugleich süße und furchtbare Liebestragödie der
,Agnes Bernaucr", eine Weise, die von der
alten Ballade bis zu Hebbels großem, in jedem Wort
bedeutungsvollen Schauspiel niemals verklungen ist:
solche Kleinodien aus dem Herzbezirk der deutschen
Dichtung gehören in den schönen Schrein der Reichs-
festspiele. Und viel mehr »roch ein Werk wie Goethes
, Götz " ! Wir führen ihn gerade hier auf, weil er
dieses Bild des deutschen Mcnschen in einer vollkom-
menen Weise gibt. Darum ist der .Götz" einfach zur
Selbstverständlichkeht bei den Heidelberger
Festspielen geworden. Denn nicht das Bcdürfnis nach
melancholischen Rückblicken bestimmt uns, sondern der
Wille, durch Einblick in unser Wesen freien Ausblick
zu gewinnen. Da wir aber nicht im Bann der Ruinen
und der Tragödien eine Seniation des Gefnhls und
einen Genuß des Ver»andes suchsn. da wir das, was
aeschehen ist. aus vollem Herzen bejghen und unser
'cchicksal. unsere Menschen und Städte so wollen. wie
sie sind. deswegen führen wir neben den beiden Tra-
oödien noch jene beiden KoniöAien auf, di« als
öinnbild einer lebensvollen Wirklichkeit erscheinen.
Paul Ernst's Pantalon und seine Söhne"
»nd Shakespeare's „Komödie der Irungen"
So vereinigt sich der Mut zur inneren
Einkehr mit der Kraft zu überlegener
Heiterkeit, der Dank für die. so vor uns waren,
mit der stolzen Freude, selbst zu sein.

Alle diese Kennzeichen einer Bewegung, die wir
stöhlerne Romantik nennen, wcrden die Heidel-
bcrger Reichsfestspiele sich vor unserer und spä-
terer Zeit bewähren loffen.

Dies ist der Glaube, der si« ins Leben rief, dies ift der

Glaube, der sie am Leben hätt. Dieser schöpferische
Glaube aber, der alles im neuen Deutschland durch-
pulst, ist das Werk eines Einzigen. So erschöpfen wir
Sinu und Sendung auch der Reichsfestspiele allein
schon dadurch, daß wir, überwältigt von der Größe des
uns widerfahrenen 'Schicksals, seiner gedenken. Denu
auch für alle Mitwirkenden und Zuschauer der Reichs-
sestspiele gilt das Wort:

Wo immer wir stehn, gilt heute gleich;

Jmnier sind wir des Führers, immer — sein Reich!"
*

Die zarte Melodie von Glucks Ouverture zu „Iphi-
genie in Aulis", empfindsam beginnenb, dann lebendig
und kraftvoll aufsteigend, gab den Ausklang der Feier,
bie mit dem Dank an den Führer und den Liedern un°
seres Dolkes schloß.

Die Ceössnunssvorstellung.

Dachdem die sonntägliche Witterung bis in die er»
sten Aachmittagsstunden hinein immer wieder durch
plötzlich einsetzende Gewitterregen beeinträchtigt wurde
und man schon befürchten muhte, daß dadurch auch die
Eröfsnungsvorstellung wenigstens insofern in Frage ge-
stellt sei, als nicht „Agnes Bernauer" gegeben werden
könne, fegte der Wind schließlich doch alle Wolken bei»
seite und schuf einen fast wolkenlosen Abend, der zwar
ein wenig frisch war, aber dennoch den ungestörten Ab»
lauf der ersten Dorstellung ermöglichte. So wurde denn
diese erste Aufführung von Hebbels „Agnes Ber»
nauer" zu einem starken Erlebnis von tiefgehender
Wirkung, der sich keiner der großen, den Schlvßhof bis
zum letzten Winkel füllenden Zuschauermenge entziehen
konnte. Der Eröffnungsvorstellung wvhnten u. a. fol-
gende Persönlichkeiten, meist mit khren Damen, bei:

Der Reichsminister für Volksaufklärung und Pro-
paganda Dr. Goebbels als Schirmherr, Reichsstatt»
halter Gauleiter Robert Wagner, der babische Mi»
nisterpräsident Köhler sowie die badischen Minister Dr.
Wacker und Dr. Pflaumer, Aeichshandwerksmei»
ster Schmidt, Generalmajor Ritter von Schvbert,
Reichskulturwalter Moraller, der Präsident der
Reichstheaterkammer, Ministerialrat Dr. Schlös»
ser, der Geschäftsführer der Aeichstheaterkammer,
Frauenfeld, und der Heidelberger Oberbürgermei»
ster Dr. Aeinhaus, ferner zahlreiche andere füh»
rende Vertreter von Staat, Partei, Wehrmacht und
Kunstleben.

Fanfarenklänge kündigten den Beginn an. Dann
hub das Spiel von der Liebe der schönen Daderstochter
Agnes Dernauer zu Herzog Albrecht von Dayern an,
diese Liebe, die der Staatsnotwendigkeit geopfert wer»
den wußte.

„Hgnesöernauer", ein -eutjches Trauerfpiel von Zrieörkch hebbel.

Die Zwiespältigkeit der Dramen Hebbels be-
dingt auch das Zwiespältige der Beurteilung, wie es seit
ihrem ersten Crscheinen auf den Bühnen immer wiedcr
in mehr oder minder schrosfer Form zum Ausdruck
kommt. Die dichterische Form der Sprache, die zwin-
gendc Logik des Aufbaus werden ebsnso unsere Be-
ivunderung findcn, wic uns dis rein vom Verstand dik-
tierte Durchführunq dcr Idee, ja oft sogar diese selbst
besremdet, wenn mcht abstößt. Nur allzu ost vermiffen
wir die Wärme des Gefühls, erschcinen uns die tragi-
schen Konflikte, in die die Helden geraten, allzu gewalt-
sam, wenn wir sie rein menschlich betrachten. Für Heb-
bel ist eben, wie er selbst sagt, der Antergang eines
Menschcn dann tragisch, wenn er sclbst zwar recht hat,
aber gegen die Ansicht der Zeit steht.

Damit sinden wir den Schlüffel zum Vcrständnis
sür das Tragische in „Agnes Bernauer". Wie
kaum in einem anderen hät Hsbbsl gerade in diesem
Trauerspiel eigenster Crkenntnis Gestalt - gegeben. Auf
eine kurze Formel gebracht will das Stück nichts anderes
dartun als die V e r p f l i ch t u ng, die das Indivi-
duum dsrGemeinschast gegenüber hat. Das
Cinzelschicksal hat sich dem Wohl der Allgemeinhsit unter-
zuordnen, persönlichcs Glück muß zurücktreten, wenn da-
durch das Wohl der Gemeinschaft gefährdet würde. Im
Kamps zwischen Gefühl und Vernunft muß die Vernunft
siegen, weil die Weltordnung immer über dem Indivi-
duum steht. sind die reine Liebe der schönen Agnes Ber-
nauer zu Herzog Albrecht muß tragisch endeii, weil fie
das Gefüge der Gemeinschaft, also des Staates, zu ver-
wirrcn droht.

Diese Hsbbelsche Cthik ist gerade für unsere Zeit
doppelt gültig. Auch für uns gilt die absolute
.Prioritätdes Staates gegenüber dem Cinzel-
schicksal. Cines sreilich will uns in der Hebbelschen Durch-
führung dieses Kampfes zwischen Staat und Individuum
auch heute — und vielleicht heute erst recht — bedenklich
erscheinen: die dynastischen Intereflen treten in dem Vor-
gehen des Herzogs Crnst gcgen Agnes Bernauer fast
allzu stark in den Vordergründ und es wird uns schwer
gcmacht, den Staat zu lieben, der sich so grausamer Mit-
tel bedient, um sein Recht zu wahren. Wir wiflen heute,
daß es notwendig ist, dem Staat Opfsr zu bringcn. Aber
Agnes Vernauer bringt kein Opfer, sondern wird ge-
opfert. Damit aber wird es uns schwer gemacht, an die
Gerechtigkeit dieses staatlichen Cinqriffs zu glauben. So
steht denn Hebbels Trauerspiel aus der einen Seite den
Forderungen unserer Zeit außerordentlich nahe, um sich
auf der anderen Seite von dem zu entsernen, worin ge-
rade heute die Stärke der Staatsidee liegt. Verständlich
bleibt uns immer der Sieg der Gemeinschaftsverpflich-
tung, packend der Kamps zweier reiner, fittlicher Ideen
gegeneinander.

Cs erfcheint zunächst nur schwer möglich, dieses Stück
in den Schloßhos zu stellen, denn seine wesentlichsten
Szenen spielen sich im geschloffenen Raum ab. Aber wie-
der einmal erwies sich die suggestive Kraft des Schloß-
hofs als so stark, daß die bisweilen fehlende Ueberein-
stimmung zwischen dem eigentlichen und dem tatsächlichcn
Ort der Handlunq kaum jemals empfunden wurde. Das
ist teilweise das Verdienst der Bearbeitung von Wilhelm
von Scholz, die vor allem in recht aeschicktcr Weise

den vierten und fünften Akt ineinander übergehen läfst
und auch sonst mit vorsichtiger Hand dort streicht, w
der stetige Fluß der Handlung gehemmt wird. Cs ist w
erheblichem Maß aber das Verdienst von Richaro
Weichert, deflen Regie vor allem von zwei Gesicht»'
punkten ausging: die Cinzelszenen in ihrer Krast so w
konzentrieren, daß nichts in dsr Wcite des Raums vcf'
loren ging, andersrseits aber auch diese Weite wieder u'
vollem stmfang auszuniihen. Beidcs gelang in vortrcsl'
licher Weise, wenn auch bisweilen der Illusionskraft des
Zuschauers fast allzu viel zugemutet wurde, da sich dw
meisten Szenen troh Wechsel des Schauplahes in der
Mitte des großen Raumes abspielten. Prächtig rn
ihrer räumlichen Cntfaltung und im Aufbau über dw
ganze Weite des Schloßhofs waren vor allem die Szene
im Tanzhaus zu Augsburg und das Turnier zu Regens-
burg, bei denen wicder einmal diese großartige und uw
übsrbietbare natürlichs Szenerie zu herrlichster Gcltuns
kam.

Im Cinzelnen betrachtet war das Ganze auf einen
herben, kraftvollen Ton abgestimmt, der nur gelegentlich
— vor allem am Anfang — ein wenig aufgelockert wurde
Gerade dieser Gegensatz ließ die Tragik des Geschehcn»
noch spürbarer werden. Cs war überhaupt erstaunlich-
wie stark das Stück ins Menschliche hinüberglitt, wie e-
eine viel größere Wärine erhielt, als ihm an sich z"
eigen ist. Die berüchtiqte Hebbelsche Kälte war kaum je'
mals zu empfinden, viel weniger jedenfalls, als es zU'
meist im Theater der Fall ist. Gerade hierzu dürfte der
Schloßhos mit dem starken Zauber seiner natürlichcn
Szenerie erheblich beigstragen haben. Cs ist aber nich'
nur sein und Weicherts Verdienst, es ist auch das del
Mitwirkenden, die bei einer wundervollen Glcichwertig'
keit der Leistungen eine Aufführung von außerordent'
licher Geschloflenheit und damit Cinorucksstärke boten.

Cs war eins so schöne -Gemeinschaftsleistung, daß
man das Cinzelne kaum gesondert bewerten kann. Sv
wäre es z. B. falsch, zu sägen, daß Werner Hinz aE
Albrecht von einer Wirkung war, die über die der ande>
ren stand. And dsnnoch war dieser Albrecht von einer R
herrlichen MLnnlichkeit, fo groß und echt in seiner Liebe
wie in seinem Zorn, so edel in seiner ganzen Haltuna,
daß man sich kaum einen befferen Vertreter der Rolle
denken kann. Von welch' prächtiger Kraft war aber aual
der Herzog Crnst von Gustav Knuth, psychologM
fcflelnd in vielsn Cinzelheiten, ein Meister auch de»
Wortes, in deflsn Klang alles schwingen konnte: die
Liebe zum Sohn, der unbeugsame Wille des Herrschcrs-
die Härte, aber auch die Güte. Dieser Herzog Crnst wak
der Dertreter der Staatsautorität, der bis zur lctzten
Konsequenz für seine Idee, die Idee der Gcineinschasis'
verpflichtung, kämpst. Das Opser dieser Idee, lllgnes
Bernauer, gi-bt Clfe Knott, auch sie stark und herb,
wenn auch bisweilen fast zu gedämpst in Spiel und
Sprache. Aber es lag darin wohl die Absicht (auch dek
Regie), die Liebesszenen möglichst hinter die politisch^
Auseinandersehung zurücktreten zu laffen.

Aus der Fülle der übrigen Mitwirkenden ragt vok
allem der Vater Bernauer von Walther KotteN'
kamp hervor, ein ehrliebender, gerader und aufrcchtek
Mann, ein besorgter, qütiger Vater. Weiter wäre ^
nennen die durch ihre Ruhe und Männlichkeit wirkcnde
Gestalt des Kanzlers von Larl Kuhlmann, der nisi
knappen Strichen scharf gezeichnete Graf Törring vo»
Walter Süßenguth, der gut charakteristerte Thco-
bald von Will Q ü a d f l i e q,'die prächtige, leicht karri'
kicrte Type des Knippeldollinger von Franz Stci"
und die temperamentvolle Varbära von Margot Nebe-
Aber man könnte noch manchen der Ritter, manchen dek
übrigen Mitspisler nennen, die sich alle gleich gut in die
große Gemeinschaft allsr einfügten.

Sehr lebendig bewegte sich die Mafle des Volkcs-
gefällig war die eingelegte Tanzszene (Wera Donalie »
ünd Tatiana Savis'kaja mit der Tanzgruppe de»
Städttschen Theaters). Cduard Sturm hatte die nich'
einfache Raumgestaltung mit großem Geschick und Ge'
schmack gelöst und hatte Kostüme entworfen, die in ihr«e
eigenwilligen, künstlerischen Form das Herbs und Krasi'
volle des Stückes ihrerseits unterstrichen. Die Musik vo»
Leo Spies — vom Städtischen Orchester unter Richard
Heime sehr gut wiedergegeben — untermalt sowom
in markanter Weise diese oder jene Szene, als auch bil'
det fie die stimmungsdeutende Äeberleitung.

Cs war ein qroßer, künstlerisch packendsr Austakt dek
diesjährigen Reichsfestspiele, einheitlich und durch nich»
getrübt, groß in seiner Gesamtwirkung, künstlerisch
allen Einzelheiten und wahrhaft festspielmäßig in feine'
ganzen Gestaltung. Diss bezeugte auch das zahlrcichd
Publikum durch langanhaltenden, dankbaren Beifall.

Dr. Werncr Schmidt-

RM Richtlinirn llir da§ Sumvolk.

«raklvelle. iverlli» durchlrainterle zungen. aber keiar lleberanstrengungen.

AMdmageu des AeichrjuikudWmr.

Marschleistung und -tempo sestgesctzt. — Verbot von
Nachtmärschcn. — Regelung der Aebernachtungs-
srage und der Ruhepausen.

Berlin, 12. Iuli. Der Reichsjugendsührer
hat eine Anordnung erlaflen, die Richtlinien für
die körperliche Crtüchtigung im Deutschen
Iungvolk enthält und die Angehörigen dieser Or-
ganisation vor einer übermäßigen dienstlichen Inan-
spruchnahme bewahren soll. Diese im Sinn einer gesun-
den nationalsozialistischen Crziehungsarbeit erlaflenen
Äusführungsbestimmungen des Reichsjugendsührers Bal-
dur von Schirach sind dazu gesignet, das Vertrauen der
Clternschaft zum Deutschen Iungvolk in weiterem Maß
zu festigen.

In der Anordnung des Reichsjugcndftihrers
Baldur v. Schirach heißt es:

Das höchste Gut, das die Führer der Hitler-
juqend und des Deuffchcn Iungvolks zu wahren haben,
ist die Gesundheit dcr ihncn anvertrauten Iunaen.
Der Führer will keine weichlichen Müttersöhnchen, fon-
dern eine kraftvolle und sportlich durchtrainierte Iugend.
Diese Lrziehung zu Kraft, Ausdauer und härte darf
aber nicht dazü führen, daß HI- und DI-Führer von
einem Iungen Leistungen verlangen, die dem Alter der
Iungen nicht entsprechen, über deren Kraft gehen und
gesundheitlichs Schäden zur Folge haben.

Im Iahr des Deutschen Iungvolks sind alle im Al>
ter von w bis 14 Iahren stehend'en Iungen zur Partei-
jugend gekommcn. Die Cltern, die damit dem Deutschen
Iungvolk ihr kostbarstes Gut anvertraut haben, müflen
dis Gewähr haben, daß die Gesundheit und Leistungs-
fähigkeit ihrer Iungen im Iungvolkdienst nicht beschädigt
oder herabgeseht, sondern planmäßig gefördert wird. Das
Vertrauen der Clternschast zur Führerschaft der HI und
des DI ist die Grundlags unserer Crziehungsarbeit. Ich
erwarte und verlange von jedem HI- und DI-Führer,
daß sr dieses Vertrauen rechtfertigt.

llm in Zukunst Aeberanstrengüngen und gesundheit-
liche SchLden jeder Art zu vermeiden, gebe ich zu meinen
bisherigen Änordnungen folgende Äusführungs-
bestimmungen für dsn Iungvolkdienft:

1. heimabend.

Dsr Heimabend bzw. der Heimnachmittag darf die
Dauer von zweiStunden nicht überschreiten.
Cr muß, sofern er am Spätnachmittag durchgesührt wird,
bis spätestsns 19 Uhr bcendet sein.

2. Fahrt.

Iungvolk-Linheiten von Iunqzug-Stärke an auf-
wärts, die starke Größenunterschiede in ihren Reihen
aufzuweisen haben, laflen dic kleinsten Pimpfe in
einer Gruppe von 4 mal 3 Pimpien an derSpitze
marschieren Der Abstand zwischen dieser Spitzcn-
gruppc und der nachsolgenden Cinheit muß mindestens
drei Meter betragen. Die ersts Rcihc der nachfolgenden
Cinheit ist sür däs Einhalten dieses Abstandes verant-

wortlich. Am Schluß der Cinheit marschiert ein von dem
Führer der Cinheit bestimmter DI-Führer, der für die
Marschordnung der marschierenden Abteilung verant-
wortlich ist und eintretende Crmüdungs- oder
Schwächeerscheinungen rschtzeitig erkennt und
dem Führer zur Meldung bringt.

3. Marschleistung.

Zehn- und elfjährige Pimpfe nicht mehr als zchn
Kilometer Tagesleistung; 12- bis l4jährige Pimpse nicht
mehr als 15 Kilometer Tagesleistung. (Durch eine be-
sondsre Verfügung wird die in den Bedingungen für das
DI-Leistungsabzeichen verlangte Tagessahrt
von 20 Kilometer auf 15 Kilometer heräbgesetzt.)

4. Marschtempo.

Zchn- und elfjährige Pimpse nicht mehr als vicr
Kilometer pro Stunde; 12- bis 14jährige Pimpse nicht
mehr als 4,5 Kilometer pro Stunde.

5. Marschpause.

Nach jederStundeMarsch ist mindestens
eine Visrtelstunde Pause einzulegen. Diese dient
der Crholung und darf nicht mit Spiel oder Unterricht
ausgcfüllt werden.

6. Uebernachtung.

Für zehn - und elsj 2 hrige Pimpfe sind Fahr-
tenmitllebernachten im Zelt grundsätzlich
verboten. Sie dürfen an mehrtägigen Fahrten nur
teilnehmen, wenn ihre Unterkunft in Iugendher-
bergen gesichert ist.

12- bis 14jährige Pimpfe dürfen mehrtägige Fahr-
ten mit Aebernachtungen in Zelten nur durchführen, wenn

s.) ein trockener Lagerplah vorher ausgesucht,

b) qenügend Stroh sichergestellt ist (für ein Zwöl-
ser-Zelt ist etwa 1 bis 1,5 Zentner Stroh er-
forderlich).

7. Nachtruhe.

Die Fahrten sind von den DI-Führern so anzu-
setzen, daß das Taqesziel bis spätestens
19 5lhr erreicht nnrd. Lagerausbau und Abendver-
pflegung müflsn bis spätestens 21 5l.hr beendet sein. Ie-
der Pimpf muß mindestens neun Stunden
Nachtruhe habsn. Wird das Tagesziel in Ausnahme-
fällen (durch Witterungsunbilden, unvorhergesehenen
Aufenthalt usw.) später erreicht, so ist auch in diesem
Fall die Zeit der Nachtruhe von neun Stunden unbedingt
einzuhalten.

8. Gepäck.

Das Gepäck für zehn- und elfjährigc Pimpfe. das
Waschzeug, Wäsche und Mundvorrat enthält, darf ein
Gewicht von sünf Pfund nicht überschreiten.
Zeltbahn und Decke dürfen nicht mitgenommen werden.

Das Gepäck für 12- bis 14jährige Pimpfe darf ein
Gewicht von zehn Pfund nicht überschreiten.

Veträgt die Ausrüstunq des 12- bis 14jährigen
Pimpfs bei mehrtägigen Fahrten mehr als zehn Pfünd
pro Iungc, so ist das überzählige Gepäck auf fogenann-
ten Gepäckwagen unterzubringen. (Näheres über den
Gcpäckwagen vgl. Anordnung des Amtes für körperliche
Schulung.)

8. Loger.

In dsn Zeltlagern von längerer Dauer
ist den Iungvolkjungen, ebenso wie in den Fahrtenlagcrn,
eine Nachtruhe von mindestens neun Stunden zü ge-
währen. In der Mittagszeit ist für die Pimpfe
neben dem Mittaqeffen eine Crholungspause von
mindestens zwei Stunden anzusetzen. Im übrigen qclten
sür den Dienst im Zeltlager sinngemäß meiiie Änord-
nungen über Fahrt, Marsch, Leibesübungen, Gelände-
sport und Dienst bei Nacht.

10. Geländesport.

,4. Ordnungsübungen sind Mittel zum Zweck, kein
Selbstzweck. Im Iungvolkdienst werden nur soviel Ord-
n u n g sü b u n g c n'angesetzt, um ordnungsmäßiges An-
treten, Melden und LÄarfchieren der Iungvolkeinheiten
zu gewährleisten. Cinzelausbildung ist daher mit Äus-
nahme des llebens des Grußes verboten. Grundsätzlich
sind an einem Tage Ordnungsübungen nicht über die
Zeitdauer von 14 Stunde auszudehnen.

V. Den Begriff von Strafordnungsübun-
gen oder Strafqeländedienst gibt es weder
in dcrHitler-Iugend noch iin Iungvolk-
dien st. HI- und DI-'Führcr, die zu solchen Mitteln
zur Aufrechtcrhaltung ihrer Autorität greifcn, bewcifen
damit ihre Unfähigkeit und werden von mir rücksichtslos
entfernt.

(i. Der Geländedienst soll an einem Uebungs-
tag im allgemeinen die Gesamtdauer von drei Stun-
den, einfchließlich An- und Rückmarsch, nicht über-
schreiten. In diesen drei Stunden ist mindestens eine
Pause von 14 Stunde enthaltcn, die nicht mit Llnter-
richt oder dergleichen ausgesüllt werden darf.

Bei Regenwetter darf kein Praktischcr Ge-
ländedienst dürchgesührt werden. Vei überraschendem
Regenwetter hat der Führer seine Iungen so schnell als
möglich in eine trockene Änterkunst zu bringen.

v. G e l ä n d e s p i e l e, die im Rahmen des Iung-
rolk-Dienstes durchgeführt werden, werden nicht immsr
in einem Zeitraum von drei Stunden abgewickelt werden
können. Sie dürsen aber die Höchstdauer von fünf
Stunden nicht überschreiten.

Innerhalb dieser Zeit muß den Iungen genügend
Zeit zur Crholung gewährleistet werden, die ins-
gesamt eine Stunde betragen muß.

11. Leibesübungen.

Dis Gesamtdauer einer Turn- nnd Sport-
stunde darf zwei Stunden nicht überschreiten. Inner-
halb dieser zwei Stundcn sind den Iungen gcnügend Cr-
holungspausen von je 5 bis 10 Minuten zu g'ewähren.

I'm Kurzstreckenlaus (d. h. Laufen 'mit höch-
ster Geschwindigkeit) dürsen

10- und Iljährige nicht mehr als 60 Meter,

12- und 14jährige nicht mehr als 100 Meter laufen.

Lausen über lange Strecken dürfen

10- und 11jährige in Form von ilebungsläufen bis
zu 1000 Meter,

12- und 14jähriqe in Form von Aebunqsläufen bis
,u 1500 Meter

ausüben.

W e t tka m p f m ä ß i q e Durchführunq von
Läusen über die Strecken von 1 000 und 1500

Metern sind grundsählich vcrboten. Der in de"
Dedingungen für das DI.-Leistungsabzeichen vorac'
sehene Läuf über 1000 Meter wird von dicsem Verbo'
nicht betrosfen, da für dicsen Lauf ein« Vegrenzunq dci
Mindestzeit vorgeschrieben ist.

12. Dienst bei Racht auf Fahrt und Lager.

Nachtwachen sind sür 10- und Iljährige qrunb'
sätzlich verboten, 12- bis l4jährige Pimpfe dürfen niäl'
längcr als je eine Stunde Nachtivache pro Nacht übek'
nehmcn.

Nachtmärschc sind, sofern sie nicht in A«E'
nahmefällen durch Witterungsunbilden usw. bcdingt stnb'
für das Iungvolk verboten.

Nachtgeländespiele sind qrundsählich vck'
boten. Von diescm Verbot sind die fogenannten Dnü'
kelheitsübungen nicht betroffcn, die in der Zeit d>si
Dämmerunq durchgeführt werden und einc Zeit von zw^
Stunden nicht überschreiten dürfen.

Nachtalarm ist für das Iungvolk grundsätzli^
verboten

Führer, die gegen diese Anordnunqen vcrstoßen, wct'
den von mir rücksichtslos entfernt. Sind aus Grund b'"
sonderer Verhältniffe Anordnungen notwendiq, die v^
diesen Bcfehlen abweichen, so ist meine Zustimmung visi'
her einzuholen.

Ztalieii geht nicht mich Briissel.

Wegen der Flottcnabmachungen im Mittclmeer.

Rom, 12. Iuli. Nach einer Meldung der AgeN'^
Stefani hat die italienische Regierung ihre Tcilnahv''
an den in Vrüflel bevorstehenden Locarnobesprechung^
mit dem Hinweis aus die im Mittelmeer bestehend^
Flottenabmachungen abgelehnt.

In deramtlichen Mitteilung wird betob'
daß die italienische Regierung bereit sei, cinen konkretsi
Veitrag zur Gcwährleistung dcs Friedens zu geben,
fic jedoch das Bestehcn einiger M i t t e l m c e r v
pflichtungen in Rechnung stellen müfle, die ih^,
Teilnahme an dsm Werk der internationalen Zusamnfij,
arbeit, aus das sie lebhast hoffe, im Weg stünde. H
italienische Regierung habe außerdem die Ansicht
qesprochen, daß es zweckmäßig sei, Deutschlav
ebenfalls zu dem vorbereitend'en Abschnitt der bevv
stehenden Locarnozusammenkunft einzuladen.

Dtrafexpedition erfolglos. ,

London, 11. Juli. .Dailv Telegraph" beriE,
über Beunruhigung der italienischen Garnisonen ,
Abessinien durch abessinische Trupps, die immer d„,i
ster und kühner vordrängen. Die Jtaliener hätP,
Strafexpeditionen mit Tanks ausgcsaü^
die aber in dem bewaldeten Bergland nur w e N',
ausrichten könnten. Die Abessinier zeigten
beinerkenswertc Geschicklichkeit, plötzlich wieder
Nichts zu verschwinden. Jn dem Gebiet, in vas
der Niedermetzelung der italienisch^
Fliegerosfiziere eine Strafexpedit'
mit hundert Lastkraftwagen entsandt worden ist
außerdem die Dörser im Umkreis durch B o m
abwürfe zerstört worden stnd, hat ma>n, wie
rere Zeitungen berichten, nichts von denB"
den feststellen können.
 
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