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Heidelberger neueste Nachrichten: Heidelberger Anzeiger — 1936 (Juli bis Dezember)

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Heidelberger

Neueste Nachrickten

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Schriftstllche wird keine Gewähr geleiftet.

Druck und Berlag von Friedrich Schulzein Heidelber».
Schristleitunq: Hauvtitraße 33 ?sernsvrecher-S.-A. 7351—53.

Samstag, 19. September

Hauvtgeschästsstelle Hauptstratze 23. Fernsvrecher-S.-A. 7351—53.
Zweigstelle: Hasvelgasse 1.

1SS6

Iie Pmle des Tagcs.


izn ^ler an die europäischen Länder, nämlich die
jjd"/nung vor dem B o l s ch e w i s m u s, ist
ll gehört, aber vielleicht nicht überall in ihrem
lllanbÜ "ud tiefen Ernst begrifsen worden. Man
- „ "ut, wie es scheint, noch immer, durch Konferen-
Uen Pakte den Frieden Europas sichern zu kön-
lyst' uiit diesen verbrauchten Methoden, deren Nutz-
gelo m hunderten von Prvtokollen amtlich fest-
Ilbl-d', "ud längst erwiesen worden ist. Jnzwischen
Nchen die Agenten der Moskauer bolsclfewistischen
lg. "^alc durch alle Länder Europas und mit der fei-
»len S'lterung für Aas und Fäulnis, die die krum-
brw t "^u dieser Sowjetjuden auf die richtige Fährte
N-Ugt, fiuden sie stets eine Tür, die sich ihnen öffnet.

s»a.ch

Mand hat wohl glauben können, daß jemals das

che Volk eine solchc Schreckenszeit würde erlebcn

h.Üssen, ivic sie nun schon seit Moiiaten dieses Land
r,..U)>ucht. Keine Höllenphantasie reicht aus, um die
aren Quälereien und Grausamkeiten zu ersin-

iurchtb

Üen,

Der Alcazar in Zvle-o gelprengt.

Etwa kundert NationMten kümpfen wetter.

in denen tausend« von unschuldigen Menschcn

«panien niedergemetzelt werdcn. Seit Wochen, seit
m^.ulen: jcden Tag, zu jeder Stunde spielen sich in
»ist >bu Städten auf offener Straße, in Gcfäng-
A-^u, in Hänsern oder in Kellern jene entsetzlichen
ig^ugödien ab, die uns das satanische Antlitz des
, ifcheuiismus in seiner ganzen Gemeinheit enthül-
sjü »ud uns fragen lassen, ob dem Völkerbund
de?k ^us Gewissen schlägt. Wäre dies nicht eine wun-
h.^ure Gelegenheit, der Welt zu zeigen, zu welch
Nliik,^ Mission der Völkerbund sich berusen fühlt?
san. ^u nicht schon längst die Regierungen sich zu-
,,, uiengefunden haben, um das Blutbad in Spanien
tel ,^nden? Sie hüllen sich in dcn saltenreichen Man-
lu-s v." Neutralität und schen aus der Ferne zu,
r diesem Blutbad schließlich als Sieger entsteigt.
heute in Spanien geschieht, kann in der
N-Mleu Woche auch anderwärts möglich sein.
einl »E, das dem Bolschewismus über die Treppe
Polksfront-Regierung zur Teilhaberschaft an der
'Il verhilft, braucht sich nicht zu wundcrn, wenn
a«n Tuges das Haus in Flammen stcht. Für oder
„ ^en dcu Bolschewismns! Keinem Land und kei-
svö^. wird die Enischeidung auf diese Frage er-
Entiil, Die K 0 m m unisten selbst werden diese
ein ^dung erzwingen, wcil ihr Kamps nur
Sdan6'" kennt: die Macht. Und ein Blick nach
Maeb»^ ^igt jedem, was es bedeutet, wenn die
dj. V.öM Staat solchen Kreaturen zusällt. Es wird
inii^s -?bes Volkes sein, zu bestimmen, wie es stch
>vi- - ö" Polschcwismus auseinanderseht. Genau so,
»d-s Land die Wirtschaftskrise in dieser
I? r i^uer Form kennen lernte, so spült auch die rote
- k über alle Grenzen. Italien hat den Marxis-
üsUs zu Boden geworfen. Das nationalfozialistische
eutschland bat ihn ausgerottet. Hier gibt es
hsr Moskau nichts mehr zu ernten. Deshalb der
i»hneknirschende Haß der Sowsetjuden über diese bei-
M Staaten. die mit ihrem glanzvollen Aufbau
chrez völkischen, wirtschastlichen und kulturellen Le-
°eus Musterbeispiele sür eine praktische Politik
nngestellt haben und durch diese Leistimg als fnrcht-
, urste Ankläger wirken gegenüber der trostlosen
"Ud verbrecherischen Unfähigkeit des Bolschewis-
^u s, Volk von über 160 Millionen Menschen

^rhungern und verkommen läßt.
z, Alles das, was wir in Spanien und in andern
audern in letzter Zeit an kommnnistischer Zer-
s.?-uugsarbei1 gesehen und festgcstellt haben, hat den
»a leirussischen Außenkommissar Litwinow (geb.
Müach-Finkelstein) nicht abgehalten, in diesen Tagen
* ku Genf aufzutauchen. Er hai seine Bolsche-
s»iurnkappe oder seinen Schabbesdeckel wieder, wie
Mn sg mit der Tavnkappe des Diplomaten-
Uilnders vertauscht und statt seines koscheren Käftans
er in Genf einen Frack. Er wird sich dort im

w ik?rbundspalast h^egen, als ob m der Welt und

qü Spanten alles in wunderschönster Ordnung wäre.
ueuestes Unterhaltungsthema wird er vielleicht
Meldung mitbringen, daß bei den soeben beende-
>? Herbstmanövern der Roten Armee auch die
^sthechoflowakei, Frankreich und sogar England mili-
s.?stche Abordnungen entsandt hatten. Und Litwmow
vorausstchtlich besonders darnuf hinweisen, daß
N?ch Abschluß der Manöver der Kommandeur des
^Nßrussischen Militärbezirks. Uborewitsch, in Minsk
Ebren der ansländischen Gäste ein Festessen ver-
vUtültete. wobei der Sowjctaeneral die ganz besondere
sVeundlichksit hatte, auf die fremden Staatsober-
»upter von Frankre-ch. der Tschechoslowakei und auch
i!»r kicn Könia von Enaland eincn treuberzigen und
s,Esgefüblten Tri"ksvruch auszubringen. Man muß stch
vorstellcn: ein Bolschewist. der inbrnnstig
»'"en Könia hochleben läßt. Von dieser -Sz-ne
^Mortet die Wcli ein Gruppenbild.

^ M'r können niemand bindern, nach Moskau oder
Minsk zu reisen. Und wenn iemand das war-
. °Ude Menetekel an der spanischen Wand nickt zn deu-
s ü berstebt. so ist das seine eigene Sache. 'l n-
,°re Sache aber ist es. wach zn sein. A,'k dem Rurn-
,°rger Parteitaa ist mit leidenschastücher Eiudr'ngtich-
tzex Bolschewismus als Weltgefabr ge-
, Unzxsch^^ worden u.nd 'N seiner Schtnbansprache bat
Fübrer im Hinblick auf diete Gesabr an das
^"tsche VoU den ernstesten Appell ger'chtei.
?,.Unmehr wieder iene Kamvistellung zu bezieben. die
qr* als Nationalsozialisten »or der Ueberuabm-' ber
sn^cht vierzehn Fahrc lana einaenommen batten." "m
^ka„f sem-r Rede sagte der Fübrer weiter: ..W,r
sUtschieren in rav'der Sch"ell>ake-' bewegteu
emr^en entgeaen. Sie erforderu Mäuner uou
li-^^ssener Härte " Und in diesem Sui" av"et-
P?ke er an die alten Grundsätze der Parte,:. uaz
jiü°t>ramu' dcr Ebre. des so-ialou Gcwiffens der na-
B«len Moral. der fanatiick"'u Pssichters'.buna des
^ül"muts und der ewiagleicben Ta1euUchlo"enbett
sind wir wiffen es lä„gst. d!° Grunbtabe uus°--?
im^us. Das ist die Ordu""a. die sür "ns ailt


aller Aufaabeu. d>e uan u"s- "echrder^ w-r-

. bämm°rte

f:,M die Kesebe rür unsere
i>eu "" aiter Aufaabeu. d'i

»Bekennen wir uus oU-" sa
Mrer es jedem ei" „zi' diese-" Grunb--abeu „nd
s^'rßen wir den aroßen Rina uns°'--'r « e m e ' u -

ü Üark im Vcrtraven a,"' vnker Va>' ert„rtt
.Glavben an unscr - Missi 0 n und bereit
^ ledoni ? e r das d<>r var» uns rnv-

" Diese Warte des Tstbrerz bürfeu uicf" uvr °ür
w"°u Auaenblick aesvrach-"' bt"beu ste nub
»,°role des ^ a a e s. Fbv ßob--- S!"N w-rb bck,

Ies ^ gnderu V5N-'ru öfsu"«. weuu jhx-

runde schlägt. Hermann

B a g u s ch e.

Käilliise ziiiischeil Triimmer«.

Mehrere Kinder lebendig geborgen.

Paris, 18. September. Wie aus Toledo gemeldet
wird, unternahmen am Freitag nachmittag etwa zwei-
hundert marxistische Milizsoldaten und Sturm-
truppen, nachdcm cin großer Eckturm und ein we-
sentlicher Tcil des noch stehenden Alcazar durch eine
Minc gesprengt worden waren, einen Sturm-
angrifs aus die rauchenden Trümmer.

Nach einem verzweifelten Kampf der noch überleben-
den Nationalisten sei es den StuWitruppen gelungen, die
Fahne der spanischen Republik au^ den Ruinen zu hiffen.
Mehrere Kinder, die so lange in den Kellergewöl-
bsn des Mcazar eingeschloffen waren, seien lebendig ans
Tageslicht gebracht worden.

Ein Teil des Alcazar sei nach wie vor in den
Händen der Nationalisten. Ucber hundertMann
verteidigten sich weiterhin in eincm Gewölbe.

Die Sprengung sei bis Getafe in der Umgebung
von Madrid gehört worden. Eine riesige Feuer-
und Rauchsäule sei aufgestiegen, die kilometerweit
zu sehen gewcsen sei. Ein Ecktnrm sei völlig in die
Lust geslogen und ein großer Teil des Al-
cazar sei eingestürzt. In Toledo seien sämtliche
Fensterscheiben gcsprungen. Vorsorglich war sür die Zeit
der Sprengung die Zivilbevölkerung von Toledo zwei
Kilometer von der Stadt in einem Lager untergebracht
worden.

Lleber dis Sprengung des Alcazar maldet
der Sonderberichterstatter von Havas aus Tolsdo,

daß von rotenVergleuten in tagelanger
» Arbeit einStollen in denFels getrieben
worden sei, in denen dann mehkere hundert
Kilogramm Dynamit zur Explosion
gebracht wurden.

Die Wirkung war furchtbar. Dis meterdicksn
Mauern des Alcazar sind an drei Seiten völlig zer-
stört und bilden nur noch riesige Schutthaufen. In
sämtlichen Straßen von Toledo und auf den Dächern der
Häuser liegeu grotze Steinblöcke.

Wie der Havasvertreter weiter berichtet, seien u. a.
Teile eines Kraftwagens aus dem Hof der Festung Lei
der Cxplosion über zweihundert Meter wcit auf das Dach
einer Kasern« geschleudert worden.

Sämtliche Fensterscheiben inder Stadt
wurden durch den gewaltigen Luftdruck zertrümmert
und dis Türschlösser in zahlreicheri Häusern aufge-
sprengt. Man habe stundenlang eine mächtige, über hun-
dert Meter hohe Feuer-und Rauchsäule sehen
können. Gleich nach der entsehlichen Cxplosion sollen A n-
archistsn und Marxisten einen Wettlaus an-
getreten haben, um als erjte ihre roten bzw. schwarzen
Fahnen auf den Trümmern des Alcazar zu hiffen.

Die Rationalisten hätten fich aber hinter den
Mauern noch weiter verteidigt und stun-
denlang häbe ein erbitterter Kampf um je-
den Stein getobt.

Schließlich sei den Marxisten derBefehl zumRück-
zug erteilt worden. Dann habe die roteArtille-
rie erneut einen Hagel vonGeschossenauf dem
Trümmcrhaufen des Alcazar und die umliegenden Häuser
gerichtet. Durch unterirdische Gänge sei ss einem Teil
der Nationalisten gelungen, in diese Häuser einzudrin-
gen, obwohl sie bereits in Vrand gestanden hätten.

In dem Havasbericht heißt es dann wcitcr, daß der
Kampf von Freitag 10 llhr ab bis zum Nachmittag ge-
tobt habe. Gegen 17 Uhr seien die roten Angrei-
fer wieder zum Sturm angelreten. Bei Cinbruch der

Dunkelheit habe man den Cindruck gehabt, daß es den
Roten gelungen sei, ihre Positionsn beträchtlich zu ver-
beffern. Ieder der Nationalisten habe auf dem ihm an-
gewiesenen Plah gekämpft bis er getötet worden sei.

Für Samstag früh sei ein erneuter Angriff
auf die Ruinen des Alcazar geplant. Der kom-
munistische Landwirtschaftsminister Uribe, der Sozia-
listenabgeordnet« Zanzajo und der Zivilgouver-
neur der P-rovinz Toledo hättcn der Sprengung des
Alcazar am Freitag früh beigewohnt. Man nimmt an,
datz die Verluste der Nationalisten sehr
groß sind.

*

Im Alcazar vnn Toledo, der hoch über der
Stadt thronenden Burg, waren seit Veginn des spani-

Die heutigen Ausgabe unseres Vlattes umsaßt mil
den beiden ilnterhaltungsbeilagen „Die Heimat" und
„Die Feierstunde" insgesamt 22 Seiten.

schcn Bürgerkrieges etwa 1300 nationalistische
Offiziere, Kadetten, Frauen und Kinder
eingeschloffcn. Der hcldenmütige Kamps der Verteidi-
ger des Alcazar errcgte in der ganzen Welt die größte
Bewundcrung. Cs ist crstaunlich, daß die Verteidiger
des Alcazar sich seit Monaten ohns Zufuhr von Lebens-
mittel auf der Vurg haltcn können.

Neue Todesurteile in Madrid.

Paris, 18. September. In Madrid hat ein so-
genanntes „Volksgericht" wiederum das Todes-
urtei geqen fünf Osfiziere ausgesprochen, die
beschuldigt waren, am nationalen Ausstand teilgenommen
zu habeii.

„FrankllM tragWe Me."

Scharse Krllik m BlmnS Rundlunkrede.

Paris, 18. September. Die Rundfunkrede, drL
der französische Ministerpräsident Leon Vlum am
Donnerstag gehalten hat, wird in der Pariser Preffe
außerordentlich kritisch besprochen.

Der „Temps" schreibt u. a., das von Leon Blum
gewählte Bild der Demokratie der Ordnung, Frei-
heit und Vrüderlichkeit sei sehr schlecht gewesen. Cs
scheine, als ob Vlum von einem übertriebenen
Optimismus bei der Beurteilung der Crgebnifle der
lehten drei Monate verblendet gewesen sei oder, was
noch schlimmer wäre, er saffe die großen demokratischcn
Grundsähe nicht in gleicher Weiss auf wie die Männer,
die das Regime gegründet hätten. Das Cigen-
tumsrecht, das eine Grundlage der Demokratie und
der sranzösischen Zivilisation sei, habe gerade in den lctz-
tcn drei Monaten durch die Vesehungen privaten Vesitzes
eine starke V e eintr ä ch tia ung erfahren. Die
perfönliche Freiheit der Vürger wsrde durch das
Festhalten der Fabrikbesitzer und Ingenicure, wie z. V.
ist Lyon, verleht.

Die Arbeitsfreihcit sei nur ein leeres
Wovt und die Verfassungssreiheit sei
jederzeit lahmgelegt,

denn gewiffe politische Parteien hätten nicht mehr das
Recht,, Versammlungen abzuhalten, die von unverant-
wortlichen Gruppen der Volksfront verboten und ver-
hindert würden. Gewalttätigkeiten ereigneten
sich, Vlut sei gefloffen wie in Lyon, Reims und in an-
dcren sranzösischen Städten. Gegen die Oppositionspreffe
würdsn offene Drohungen ausgesprochcn, in großcn Pla-
katen verlange man ihr Verbot! Müffe man noch den
unglaubl'ichen Skandal erwühnen, der in der
a u g en b l i ck l i ch e n Au-beutung des Rund-
funks bestehe, der zum „Lügenorgan desStaa-
t e s" geworden sei, so fragt das Blatt? Wolle Levn
Blum 'bies alles etwa „dcmokratische Ordnung" nsnnen?
Cs gebe in Frankreich eine privilegiertc Klasse,
nämlich jene, die die Faust im Takt erhebe. Sei das
Freiheit und Gleichheit? And wenn man den
Geisteszustand, der in gewiflen Volksfrontparteien
herrsche, näher betrachte, könne man dann noch von Vrü-
derlichkeit sprechen? Die Wahrheit sei — und es
sei unmöglich, daß Leon Vlum sich darüber nicht im
klaren wäre —

daß man seit drei Monaten eine sehr schnelle
Zerstörung der Demodratie und der
Grundsätze, aus denen sie beruhe, erlebe.

Der „Temps" schreibt zum Schluß, die Gelegenheit
wäre eigentlich sehr günstig gewesen, daß der Minister-
präsident das Land gegen das Abgleiten zur
Anarchie und zur blindcn Diktatur unverant-
wortlicher Kollektivitätcn aufgerufen hätte. Außerdem
hätte der Ministcrpräsidcnt als Anhüngcr der dcmokrati-
schen Lehrsähe den Willen dcr Regierung proklamieren
können, dicse zur Auwendung zu bringen und so die ös-
fcntliche Meinung Frankreichs zu bcruhigen. Cs sei be-
dauerlich, daß Lcon Blum diese Gclegenheit nicht b e -
nuht habe und sich mit einer „sehr zerstreuten Vor-

lesung über die demokratischcn Tugenden" und mit einem
Optimismus begnügt habe, den die Creignifle seit drei
Monatcn oftmals widcrlegt hätten.

Das rcchtsstehcnde „Iournal des Döbats" bespricht
die Rundsunkrede Leon Vlums sehr ironisch. Das Blatt
sagt, scine Absicht sei gut gewesen, der Nutzen sei je-
doch nur bescheidcn. Besonders bcmerkenswcrt seß
daß sich Blum als Anhänger der politischen Frei-
heit crklärt habe, währcnd seine Negicrung auf der
verächtlichen Zusammenarbcit mit den
Kommunisten beruhe, die zur Freiheit nur eine
offsn erklürte Mißachtung hättcn.

Der Ministerpräsident habe von den Creignissen
der lehten drei Monate in Frankreich ein wahrhaft
idyllisches Vild gezeichnet: „Reformen seisn durch-
geführt worden, vor denen die Welt- mit Vewunderung
stehe,... ohne dah sich ein einziger Zusammenstoß untcr
den Bürgern ereignete,... ohne daß die Ordnung auf
dsr Stratze gestört worden sei" usw. Wem wolle Vlum
diesen phantäsievollen Optimismus einimpfen, so sragt
das Vlatt.

Die Spalten der Zeitungen seien überschwemmt
mit Nachrichten von Streiks, Schlägereien aus den
Straßen, Fabrikbesehungen, Einschließungen von
Fabrikbesitzcrn und Meistern, oder auch einfachen
Arbeitern, die nicht dcr richtigcn Gewerk'chaft an-
gehörtcn.

Leon Blum habe vielleicht nicht die Zeit, nach Lyon
zu fahren, aber der Clichy-Platz in Paris sei nicht weit.
Cs gäbe vrelleicht noch Verlehte in dcn Krankenhüusern,
die ihm sagen könnten, in welchem Grad die Ordnung
auf den Straßen hcrrsche. NatUrlich sei dies in Spanien
noch beffer; man beachte aber bitte, daß auch die spanische
Regierung nicht aufhöre, von der Ordnuna zu reden,
die in Madrid herrsche_

Der bcste Teil der Nede Leon Vlums — wcnn auch
vcrdreht durch cine überholte und abgenutzte Phraseologie
und geradezu ironisch wirkend wegcn der gelobtcn „Ver-
dienste des Völkerbundes" — sei der Teil über Frank -
reichs Friedenswillen gewesen. Wenn Blum
verlange, andere Regierungen solltcn nicht danach
trachten, Frankreich ein änderes System auf-
zudrängen, so sei das nicht überall der Fall, denn
Sowjetrußland mache nicht diesen Vorbehalt.
„Haben nicht die Sowjets bei uns und über uns
ihre Hand. Muß man einmal mehr erinnern an ihre
Vroschüren, die so klar sind und an ihre Fäuste, die
geballt sind?" schreibt das Vlatt und stellt ab-
schließend sest:

Tragisch sei an der Lage Frankreichs, daß
unter dem Namen und unter der Verantwortung der
gemeinsamen Volkssront sich eine Politik
entwickele, deren ganzer Wahnsinn von Chau-
temps und Delbos klar erkannt werde und
deren Gesahr auch Leon Blum und Salengro
zu sühlen beginnen. Aber dics habe nichts mchr gcmein
mit dcr durch einen Schwall von Rcdcn verherrlichtcn
Demokratie




20 tzy t>0 S0 100

Icm

Ireiwilliac werden rekrutrerr.

Die Rekrutierung von Freiwilligen für vie Requetes. die Carlisten, in den Straßen von Burgos. Die Car-
listen traaen Khatiuniformen unö rote Baskenrnützen. Jn den Heeresberichten der Militargruppe werden
sie oft genannt. (Presie-Bild-Zentrale, K.)

Zum Endkaiuvf um Madrid.

'Eine Uebersichtsknrte der weitcren Umgebung der spani-
schen Hauptstadt, in der sich jetzt entscheidende
K ä in v f e abspielen. Einen besonderen Erfolg haben
die nationalen Truppen durch die Einnahme des bisheri-
gen roten Hauptquartiers, des Ortes Santa Olalla zu
verzeichnen. lGraphische Werkstätten. K.)
 
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