Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger neueste Nachrichten: Heidelberger Anzeiger — 1936 (Juli bis Dezember)

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9513#1297

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Oerdelberger

Illeuesle Nacdrichten


2-2» Rm. (-inschl. 27 Rpfg. Träg-rlohn)
Monatliä??'^ m'O Rm. i-inschl. Trägerlohn). B°i den Abholstcllen
MonatliA o-n,« ' >>btbmonatlich l.— Rm. Durch die Post bezogen
! einichi. vostb-fSrd-rungsg-bühr-n) nnü »8 Rpfg.
lg Rvk» nr. f. Rezugspreis ist ooraus zahlbar. Einzslnummer
tlnivr, n, l... geituno am Lrjcheinen oerhindert, besteht kein

Nbbssten,,„„ ^hischädigung. Erscheint wochentäglich ll Uhr.
iol.,»^??" miifsen bis späteftens 2S. des Monats sür den
-g nden Mona direkt beim Berlaq einqereichi werden

sseideldecgec Nnzeigec / Neidelbecgec Seitung

2n ganz Nocdostdaden oecdceitete Lageszeitung.

Nnzeigen aiier Nct kaden guten Lckolg.

Anzeigenpreis: 8 Rpfg. für die 22 mw breite Millimeterzeile I
s Rpfg. fur „Kleine Anzcigen", di« nicht der Wirtschaftswerbung
di-nen, siir Stellenanzeigen, Schiffahrtsanz-ig-n, Verlegeranzeigen.
Preis für Textanzeigem SO Rpfg. für die 7S mm breite
Millimeterzeile. Nachlässe nach Malstaffel i und II oder
Mengenstaffel 8. g. Jt. ist Anzeigen - Preisliste s gllltig. Lrfül-
lungsort und Gsrichtsstand ist tzeidelberg. Geschästszeit 8—18 Uhr.
Postschechkont. Sudwigshafen 722l. Für Rüchgabe nicht verlangter
Schrtststüche wird keine Gewähr geleistet.


llrr. 247

Druck und Berlac, von Frtedrich Schulzein Heidelberg.
Schristleituna: Hauvtstraße 23 Fernsprecher-S.-A. 7351—53.

Mittwoch, 21. Oktober

Hauptgeschäftsstelle Hauptstraße 23. Fernsprecher-S.-A. 7351—53.
Zweigstelle: Haspelgaffe 1.

1936

TkllgikWWx W eiiM MWs.

'Don unserem Verichterstatter.

Tiflis, Mitte Oktober 1936.

zun Weltöffentlichkeit ist schon allerlei gewohnt inbe-
dah "l.Sowjetrußland, und man könnte glauben,
Nog, dcr Sowjetunion nichts mchr gibt, was einen
walti„?'^''Nschcn könnts. Abcr die heutigcn Kreml-Ge-
dan,-rn>?wären schlechte Regiffeure, wenn sie nicht
9en w- "euc Ueberraschungcn und Attraktionen sor-
3eit ei'» Und so hat man in Tiflis vor einiger
beit dn 'i. "?bcrraschung erlebt, die die gcniale Verlogen-
Hrcickt ovlschcwistischcn Machthaber nachdrücklichst unter-
komni,. "uch auf den Geist, der in den Reihen der
diesen Partei herrscht, grelles Licht wirft. Ueber

frtzhs-^orsall hat man in ganz Georgicn, aus dem das
und i^^^^uchen seit langsm schon verbannt ist, herzlich
lchadensroh gelacht.

tunacn/^^" doch in diesen Tagen in allen Tifliser Zei-
Mit öo?" hervorragender Stelle eine Traueranzeige
iff g "eseniiberschrrst: „Genosse Aga Sultanosf
eiy hrben !" Dicse Traueranzeige wurdc durch
tigen ^ n ^stelegramm cingeleitet, das di'e Tscheka-Gcwal-

^eria transkaukasischen Republiken: der Georgier
Nuk!»'^" aserbeidschanische Tatare Muffabekow und der

an die Frau des Verstorbenen in

teuer-/Ä^ten und worin sie den „plötzlichen Tod des
idyllii» ^uusien" schmerzlich beklagtcn. Dann folgte ein
Ncnden ^olutionärer Nachruf, der verdient, der stau-
tanofs n ^ii mitgcteilt zu wcrdcn. „Genoffe Aga Sul-
cinen ffestorben! Der Tod riß aus unseren Reihen
Ueh" ."'uiigen und bewährten Kämpfer!", so lautete die
revol, ? 3>n Text dieses echt proletarischen und

dcr co^o'iären Nachrufes wird dcn Lesern mitgetcilt, daß
Und n^^iiorbcne im Iahre 1901 in Baku geboren wurde
Uärcn^its im Iahr 1917 „sich aktiv an der revolutio-
hoffn,,„ owegung beteiligte". Im Iahr 1919 trat dieser
Und ?Et>olle Iüngling dcr Kommunistischen Partei bei
antm'^t oem erfüllte er im Auftrag der Partei eine ver-
ieincr ' "3»volle Arbeit in leitender Stellung." Trotz
dcw W"uaen Iahre war Aga Sultanoff — wenn man
^abul glauben will — Vorsitzender des Adschi-

von j-I "^evkoms, dann Vorsitzendcr des Krcisrevkoms
Ulacko ^khori, Chcf des Politbüros der Krcise Sche-
abtcil» , Goktschai, Chef dcr Orgotdel (Organisations-
djvjs-"og) und Sekretär der Parteikommission in der As-
So>v,ot,' "^aworgom" — so einen Titel gibt es auch im
ia Sw,' ^odics! — dcs Kreiskommiffariats dcr Partei
Und 0""- Sekretär des Gandschaer Bezirkskommiffariats
ascrb»?^ '031 bis 1933 zweiter Sckretär des ZK. der
Igzz / 'chanischen Kommunistischen Partei. Im Iahr
dcm nach Georgien, wo er bis zu seinem Tod in

Partc, »Bezirkskommiffariat der Kommunistischen
den r Sekretär tätig war. Der Nachruf lobt dann
Vfli,h„ ^ostorbenün als „einen treucn, feinsinnigen und
cncrais^"Ü^n Genoflen, überzeugten Volschewikcn und
linj» >!^on -^ämpser sür die Realisierung der General-
^ammunistischen Partci und die Crfüllung der
ichmli»,» . yos sozialistischen Aufbaus". Den Nächruf
Tranat^ ^amcn aller bolschewistischcn Größen im
»ow 'cw Beria, Musiabckow, Kudrjawzcw, Begi-

'Uliöw^rr-" oblischwili, Bakradze, Rachmanow, Arut-
sajcfs '^pkendjew, Akopow, Narimanow, Amatjun, Musta-
- <ocdla, Darachwelidze und Georgobiani.
Dtuskc'l'VEo'umt das Tragikomische, das sclbst die
Taqc „ „Biedermünner" zum Lachen zwingt. Cinige
der diesem Tifliser Nachruf nämlich erschien in

zichc „ssUuer „Prawda" eine Korrespondenz aus Achal-
dic htzckf^ ^om Tätigkeitsselde des Verstorbenen, worin
dgß d^-^ "Unprolctarische" Behauptung aufgcstellt wurde,
Nofs "9wße" Genoffe Aga Ismailowitsch Sulta-
deru ,w,u/Ulcht eines natürlichen Todes gcstorben, son-
spo„dci>, suohr erschossen worden ist. Der Korre-
^chal-ü»», in seinem Blatt, daß der Sekretär des

eincw Bezirkskommiffariats Aga Dultanoff bei
d°w wchPUusgolage" im Haus eines Ortsansässigen von
schosf„„ ^s hauses durch vier Kugeln niederge-
^genübo. Uiorden ist, weil er sich der Frau des Hauses
. Uz acs,, ungebührlich benahm. Aus dieser Korrespon-
ähnlichc bervor, daß dieser hohe bolschewistische Veamte
und "^uufzüge durch die Stadt" öster veranstaltete,
durch s., ndbs in Vegleitung schöner Frauen, wobei er
^"»retunnx^^u^hmen unliebsämss Aufsehen erregte. Der
ieugtc nt bemerkt mit Cntrüstung, daß „der über-
-Osse, d»,Ockewik, der feinfinnige und pflichtbewußte Ge-
kraut Wb einer verantwortungsvollen Mission be-
dey dtc war", durch sein unwürdiges Geba-
yabe, dock> k ^uffistische Partei kompromittiert
öur Nedc , bis jetzt niemand gewagt, ihn deswegen
»u ficllen, usw.

.Wir aw,.n,.- ä .

^ukasischc^uuben, daß der Tscheka-Gcwaltige der trans-
^bra„„ ^ -uepubliken, der georgische Rcnegat und
s'Prawdg« beim Lesen dieser Nachricht in der

C>n dllrsi», I*. gerade sehr angenehm berührt gewesen
Wid-.-ä ^mn schwulstiaer Nackrui stebt im kraffen

Ustd Ma„ !s/-U ch S» der Korrespondenz aus Achalziche,
?- usstzicü»^ . Georgien neugierig genug zu erfahrcn, ob
^hen odcx " ^ lkasischen Behördcn ihren Nachrus zurück

chrer Nachri^ kw die „Prawda" zu einer Verichtigung
Uereg Win» ^ öwingen werden. Das dürfte abe'r —
Wste -U^us — nicht zu erwarten sein, denn solche
uMhnlichcg ^obcn der Sowjctbeherrscher nichts llnge-
Uanz hcrv„..^^ ?'bk viele Leute von dicfer Sorte, die
ch^ud cin Bolschewisten sind und dementspre-

-uoeriebcn führen.

Rydz-Smtziy RarWll W« Polen.

Crncnnung am 11. November.

yreffe bcstätj^," "' Oktbr. Die polnische Regierungs-
bber die ^ ^ idit einiger Zeit umlausendcn Gerüchte
'uspekte ^o^skehende Crncnnung des General-
^bdz.g- ^or polnischen Wehrmacht, General

Wic K ^ Marschall.

a?v""8 durchchcn ?^^"uy" erfährt, wird diese Cr-
ki„lh uugiak -> i t-??1ni!chen Staatspräsidenten am An -
cw^M Tag^ wirv^^kl (11. Novcmbcr) erfolgen. An
datzDallstab überrei^ Vberbefshlshaber feierlich der
s„W.si>e ganze werden. Das Blatt fügt hinzu,

'^digung bcgrüste " Crnennung mit größter Ve-
, Die Wüäv ' !

zöst!^us^-d Ma'r'i'jE ^urschalls von Polen hat bis-
mut'^ Marschall c^ch 1" Pilsudsk i nur der sran-
dun^'^^aß der I I bekleidet. Vielfach wird ver-

Manv ^ 'decllen st^n^U'b-r auch der Tag der Derkün-
dcs des Lcgivstärw^n"'^ wird, bas der Kom-
Grun^sU-^alinspcktcur^uE'audcs Oberst K o c im Auftrag
VcrüÄsU'- für dic ^„""?9carbcitet hat und das die
h ltnrffc sein soll. ^ ^rdnung der inneren politischen

?b sie die

Ataliens Anßenmtntfter tn Berttn.

SWMr Besuch bei der beuWen Reichsregierung.

Herzlilher EWsang.

Mehrtägiger Ausenthalt in Verlin.

Verlin, 20. Oktbr. Am Dienstag gegen 20 Uhr
traf der kgl. italienische Minister des Aeußeren, Graf
Ciano di Lortellazzo, mit seiner Vegleitung zu
einem osfiziellen Vesuch der deutschen
Reichsregierung aus dem Anhalter Vahnhof, von
München kommcnd, in Verlin ein. In Vegleitung des
Grasen Ciano befand sich auch der italienischc Votschaf-
ter Attolico, der dem Minister bis München ent-
gegengesahren war.

Im Auftrag des Führers und Reichskanzlers be-
grüßte der Staatssekretär und Chef der Prästdialkanzlei
Meißner den kgl. italienischen Minister des Aeußcrn
und seine Vegleitung.

Ferner hatten sich zur Vegrühung der italienischen
Gäste eingefunden der Reichsminister des Aeußeren von
Neurath, der stellvertretende Staatssekretär Dieck-
h o ff, der Chef des Protokolls Gesandter vonBülow-
Schwante, ferner im Austrag des Obsrbefehlshabers
der Luftwaffe Generalmajor D r a n s f e l d, sowie der
Kommandeur der Leibstandarte „Adolf Hitler", Ober-
gruppenführer Sepp Dietrich, und der Italienreferent
im Propagandaministerium, Dr. C. Willis.

Von italienischer Seite waren unter Füh-
rung des Votschaftrats Graf Magistrati die
Mitglieder der Votschaft erschienen, außerdem der italie-
nische Generalkonsul Viondelli und zahlreiche Mit-
glieder des Faszio, der Vallila und der italienischen Ko-
lonie. Cine Chrenkompanie der Leibstandarte
„Adols Hitler" erwies den italicnischen Gästen unter dcn
Klängen der italienischen Nationalhymne die Chrenbe-
zeugung.

Die Verliner, die stch in großen Scharcn vor
dem Anhalter Bahnhof eingefunden hatten, bereitcten
dsm italienischen Gast einen begeisterten Cmpfang.

Der Empfang in München.

Der italienischs Autzenminister Graf Ciano war
am Dienstag vormittag um 11.40 sthr mit dem fahrplan-
mäßigen V-Zug aus Rom kommcnd im Münchencr
Hauptbahnhof eingctroffcn. Nach einer ofsiziellen Be-
grüßung durch Reichsminister Dr. Frank und Reichs-
leiter Oberbürgcrmeistcr Fiehler trat Graf Ciano um
12.30 Ahr die W eiterreise nach Verlin an.

In Kufstein war Graf Ciano im Namen des
Auswärtigen Amts vom Gesandtschastsattachd Dr. Zi n s-
ser und in Kiefersfelden von dem italienischeu General-
konsul in München Minister Pittalis empfangen
worden.

KlM llild dklltüch!

„Corriere della Sera" über deutsch-italienische
Zusammenarbcit.

Mailand, 20. Oktbr. Die norditalienische Preffe
unterstreicht die große politische Bedeutung
der Reife des italienischen Außenministers Graf Ciano
nach Verlin. Der „Corriere della Sera" erklärt, die
widersprechenden und tendenziösen Kommentare, die in
den verschiedenen Hauptstädten an dieses Zusammentres-
fen geknüpst würden, ließen Italien vollständig kalt. Die
Ziele der Zusammenkunft scien ganz klar. Sie voll-
ziehe sich in einer Atmosphäre, die keine Vegren-
zung durch vorher festgefetzte Programme zulaffe.
Der italienische Außenminister gehe nach Deutschland mit
dem Vertrauen Mussolinis. Die allgemeine
europüische Lage bestimme die Themen für eine nützliche
Prüfung und eine fruchtbare Fühlungnahme. Das Zusam-
mentreffsn Cianos mit den Leitern der deutschen Politik
habe weder platonischen noch demonstrativen Charakter,
sondcrn sei ein Clement der Aktion und der Zusam-
menarbeit zwischen zwei Ländern, die in der Lage
ssien, verschiedene große und kleine Fragen des gegenwär-
tigen Curopa unter dem gleichen Gesichtspunkt
zu betrachten. Die italienisch-deutsche Freund-
schaft sei eine der wenigen stark gebliebenen Stützen

..Aeolus" un- ..ZeVhir" kehren helm.

Achtmal drn NordatlaM übrrfiMN.

Verlin, 20. Oktober. Mit der Nückkehr des
Dornierflugbootes „Zephir" nach Liffabon sind die
Nordatlantik-Crkundungsflüge der Deutschen Lufthansa
in diesem Iahre beendet worden. Die beiden Flugboote
„Aeolus" und „Zephir" haben insgesamt acht-
mal den Nordatlantik überslogen. Iede
Maschine hat je zwei Hin- und Rückflüge über die Ver-
mudainseln und unmittelbar von Horta nach Newyork
ausgeführt.

Mit einer Planmäßigkeit, wie fie vom regelmäßigen
Südatlantik-Postverkehr der Lufthansa her bekannt ist,
wickelte stch auch der Nordatlantik-Crkundungsdienst ab.
Die Gesamtleitung der Unternehmung lag in den Händen
des Atlantik-Flugbetriebsleiters der Lufthansa, Frei-
herrn von Vuddenbrock, der den ersten Ost-West-
Flug mit dem „Aeolus" ausführte. Auch der schwim-

mende Flugstützpunkt „Schwabenland" der Luft-
hansa war än den Versuchen beteiligt. Die beiden Flug-
boote „Aeolus" und „Zsphir" haben mit ihren Besatzun-
gen insgesamt 33 000 Kilometer über dem Nord-
atlantik zurückgclegt, wofür etwa 170 Stunden be-
nötigt wurden.

Wührend dieser ausgedehnten Crkundungsflüge ha-
ben sich, wie im Südatlantikluftpostdienst, alle techni-
schen Cinrichtnngen des schwimmenden Flugstühpunktes
bewährt und ihre Vrauchbarkeit auch für die besonderen
Verhältniffe auf dem Nordatlantik bewiesen. Ausgezeich-
net bewiesen sich auch die neuen Dornier - D O. 18-
Flugboote und die Iunkers-Schweröl-
motören Iumo 205, die auf allen Flügen, ohne
ausgewechsclt zu werden, einwandfrei gelaufen sind.

Nach kürzerem Aufenthalt in Liffabon sollen die
Flugboote mit ihren Vesatzungen nach Deutschland
zurückkehren. Das Cintreffen der Flieger in Tem-
pelhos ist am Montag, 26. Oktober, zu erwarten.

Sii Srm« iii EWjktniUaiid.

Zwei Ruffen erzählen.

Velgrad, 20. Oktbr. Zwei Ruffen, die Gebrüder
Solonewitsch, die vor kurzer Zcit aus Sowjetruß-
land nach Iugoslawien geflohen sind, halten in Bel-
grad und in anderen Städten Iugoslawiens Vorträge, in
denen sie in erschütternder Weise diesowjetrussische
Wirklichkeit schildern. Die Gebrüder Solonewitsch
hatten im Sowjetparadies eine wahre Höllean Lei-
den, Cntbehrungen und Versolgungen durch-
zumachen. Ihre dokumentarisch belegten Vorträge errcgen
deshalb großes Aufsehen. Unter anschaulicher Darlegung
des sowjetrussischen Systems beweisen die Redner, daß
hundertprozentiger Kommunismus hundertprozen-
tiges Hungern bedeutete. Veim Vau des Kanals, der
den Finnischen Meerbusen mit dem Weißen Meer verbin-
det, haben etwa 100000 Menschen ihr Leben
verloren. Der gesamte Personenverkehr über diesen
Kanal betrug im vergangenen Iahr 800 Menschen.

Der Sowjetbürger lebt in ständiger Angst,
da er jeden Augenblick verhaftet werdcn kann, und
zwar ohne Rücksicht aus seine Dtellung. Man kann die
Bevölkerung Sowjetrußlands in drei Klaffen einteilen:
Die cine habe in den Gefängniffen dcr GPU. geseffen,
die andere sttze und die dritte werde sihen. In den Ge-
fängniffen befinden sich nicht weniger als fünf Mil-
lionen Gefangene. Für den Polizeidienst werden
35 v. H. der Staatseinnahmen verwendet. Vei der llnter-
drückung des Georgicr-Aufstandes wurden 40000 Men-
schen erschossen.

Diese erschütternde Schilderung dcr Gebrüder Solone-
witsch von dcn sowjetrussischen Zuständen wurde auch in
der Belgrader Preffe wiedergegeben.

Sowjetrussische Ossiziere in Varcelona.

Paris, 20. Oktbr. Nach einer Meldung des „Ma-
tin" aus Varcelona gehcn dort in den Straßen s o w-
jetrussische Osfizierein Unisorm spazicren. Diese
Tatsache wird als erste greifbare Kundgebung für die
Hilfe aufgefaßt, die Sowjetrutzland den spanischen Mar-
xisten leistet.

Bs» Mdrid «iich BmeliW.

Uebersicdlung der „roten Regierung" bevorstehend.

Sowjetbotschaster Moses Rosenberg.

Burgos, 21. Oktbr. Aus verläßlichcr Quelle wird
über ein privates Funkgespräch zwischen Madrid und
Darcelona berichtet, das intereffante Cnthüllungen über
die augenblicklichcn Pläne der roten Madrider
„Regierung" bringt. Der rote Minister Prieto
benuhte die augenblickliche Arbeitsunfähigkeit infolge an-
gsblicher Crkrankung des Madrider „Ministerprästden-
ten" Caballero, um seinen Plan, Madrid zu
räumen und den Sitz der roten „Regierung" nach
Barcelona zu verlegen, vorzubereiten. Diese Absicht
Prictos wäre schon lange durchgcführt worden, wenn
nicht der sowjetrussische Botschafter bisher
dagegen gewesen wäre. (!) Nach der Niederlage von
Oviedo habe, so wurde in dem abgelauschten Funkge-
spräch mitgetcilt, Moses Rosenbe-rg seine Mei-
nung geändert. Man glaubt in Vurgos, daß die rote
„Rcgicrung" nunmehr bald nach Barcelona übersiedeln
wrid, um dort eine „unabhängige Sowjetrepublik" aus-
zurufen. In dem fraglichen Funkgespräch wurde u. a.
auch von einer wachsenden Panik angesichts des Vor-
drängens der nationalen Truppen gesprochen.

Cinige Madrider Preffestimmen beweisen einen z u-
nehmenden Pessimismus in dcr spanischcn
Hauptstadt und die wachscnde Crkenntnis der wahren
Lage. So rechnct die Zcitung „Informacioncs" bereits
mit der Nlöglichkeit dcs baldigen F-alles der
Hauptstadt und kündigt an, däß damit alles für
die Roten verlorcn sei.

„La Liberdad" äußcrt ohne llmschweife, daß die de-
moralistertc« und zügellosen Milizstreitkräfte keiner-
lei Aussicht auf einen erfolgrcichen Widerstand
mehr hätten.

Die „Politica" rät dringend, ein Reserveheer
aufzustellen, das für den Fall, daß die gcrade an der
Front befindlichen roten Truppen crneut geschlagen wür-
den, diese ersehcn und die Verteidigung Madrids über-
nehmen könne.

MM« »M über S»««ic«.

Ofsene Unterstühung der Madrider Regierung.

Warfchau, 20. Oktbr. Wie hier bekannt wird,
haben im Verlaus dcr letzten Tage im Kreml wich-
tige Veratungen des politischen Vüros der Kom-
munistischen Partei stattgesunden. Diesen Vesprechungen
soll jedoch Stalin nicht beigewohnt haben. Es heißt,
daß als Ergebnis der Veratungen in nächster Zeit eine
Erklärung der Sowjetregierung bekannt-
gegeben werdcn soll, die den Standpunkt der Sowjetunion
zu den Vorgängen in Spanien im einzelnen sest-
legt. Diese Erklärung werde vor allem den Cntschluß
der Sowjetunion zur ofsenen Ilnterstützung der
Madrider Regierung zum Ausdruck bringen.

In Odeffa soll ein Lager zur Aufnahme von
20V0V Personen aus dem spanischen Kampfgebiet,

angeblich Kinder und Frauen, vorbereitet werden.

des europäischen Friedens, da sie zum Gleichgewicht
dieses Kontinents beitrage. Weder Deutschland noch

Italien wünschten, die Probleme ohns oder gegen die Ge-
samtheit der anderen europäischen Staaten zu lösen, aber
sie müßten auch dem bösen Willen Rechnung tragen,
mit dem jene Staaten den wichtigsten Fragen gegenüber-
getreten seien, sowie dcm geringen Gerechtigkeitssinn, den
sie bei den gescheiterten Lösungsversuchen gezeigt hätten.
Lstztere hätten Schiffbruch erlitten, da man weder die
Rechte Italiens noch jene Deutschlands habe berücksichtigen
wollen. Der Wiederaufbau Curopas, den man
nun seit 15 Iahren anstrebe, könne nicht begonnen werden,
wenn man nicht in realistischem Sinn Deutschlands
und Italiens Stellung auf dem internationalen
Gebiet anerken n e. Wenn aber ein allgemeiner Wie-
deraufbau bis jeht ausgeblieben sei, dann dürfe
niemand überrascht sein, wenn Rom und Verlin unter
sich einen Plan für eine einträchtige friedliche Aktion
verwirklichen.

Das römische Mittagsblatt „Tevere" schreibt u. a.,
die Creignisse, die in der letzten Zeit das Leben
Curopas in^o cinschncidender Wcise durcheinander
gebracht hätten, hatten das durchaus nicht zufällige Z u-
sammenklingen dcr von dcn beidcn Ländcrn befolg-
ten Politik nur noch mchr zur Gcltung gebracht. Wenn
die zwischen den beiden Regimcn bestehende Sympathie
diese Llebereinstimmung in einigen Punkten noch
deutlicher gemacht habe, so sei es doch vor allem die
sachliche Äebereinstimmung ihrcr allgemcinen Anschau-
ungen über das alte Curopa, die dem deutsch-italienischen
Cinvernehmen eine tjefe und aktive Bedeu-
tung gäben. Italien werde die Haltung nicht vergeflen,
die Deutschland während der wirtschaftlichsn Vela-
gerung Italiens durch den Völkerbund eingenommen
habe, und sehe darin eine politische Tatsache, die übcr die
geschichtliche Cpisode hinaus die Vedeutung einer Norm
für das internationale Zusammcnleben erlänge, ein Zu-
sammenleben, das viel lebendiger und fruchtba-
rer als jenes sei, das man endgültig in den vergilbten
Blättern der Genser Rechtsformeln einbalsamtert habe.
In dieser neuen Auffaffung des internationalen Zusam-
menlebens, das auf Aufrichtigkeit und Ver-
ständnis beruhe, könnten Italien und DeutschlanÄ
die harten Probleme anpacken, die für Curopa wegen der
Kurzsichtigkeit anderer Staaten entstanden seien und täa-
lich noch verwickelter und schwieriger würden. Wenn die
Verliner Vegegnunq auch vor allem der Politik der
deutschitalienischen Zusammenarbeit förderlich sein
werde, so könne sie bestimmt auch für das übrige Curopa
eine entscheidcnde Hilfe bei der Suche nach eincm Aus-
weg werden.

Zu der Reise dcs italienischen Außcnministcrs Graf
Galeazzo Ciano nach Berlin vcröffcntlicht dcr Direktor
des „Giornale d'Italia" unter der Ueberschrist „Die
europäische Politik an einer bedeutsa-
men Wende" einen bemerkenswerten Aufsah.

Die Vesprechungcn des Grafen Ciano in Dcutsch-
land, so heißt es darin, gingen von genau bestimmten
Positionen, von klar formulierten Vorsähen aus und
strcäe konstruktive Ziele zur Realisierung
einiger fester Punkte in den Beziehungen der beiden Län-
der wie in dcn allgcmcinen Beziehungen Curopas an.
Sie hätten zur Grundlage die V e rw a n d t s ch a f t der
Regime, das Zusammentrcffcn dcr Interesicn dcr bei-
den Länder in vielen wesentlichcn Problemen, die Paral-
lelität vieler ihrer Positionen in Curopa, die Festigkeit
ihrer inneren nationalen Organe, die cs ihncn crlaube,
auch ihre politischen Zicle fcstzulcgcn und sic vom
Wcchsel der parlamcntarischen Iahreszeitcn nicht becin-
fluffcn zu laflen.

Die Vegegnung bezweckc weder Vlockbildungen noch
Cinschüchterungsversuche, ste wolle eine Bekräf-
tigung des Friedens sein, den Italien unter Auf-
bictung allcr seiner produktiven Kräfte dcm Impcrium
geben wolle und dem Deutschland fllr die Fortsehung
seines gigantischen inneren Aufbauwerkes benötige. Veide
Länder hätten die gleiche realistische Auffaffung vom
Frieden, der vom Grundsah der internationalen Gercch-
tigkcit und des tatsächlichcn Gleichgewichts der
Kräfte und der Interessen getragen wcrde. Die-
ser Auffaffung liege jedes doktrinäre und iinivcrsalistischs
Zicl fern. Die ganze Politik Muffolinis sei immer von
dicsem Rcalismus gctragen gewesen.

Das halbamtliche Vlatt untcrsucht dann die euro-
päische Lage, in der die bevorstehenden Vesprechungen
unter genauer diplomatischcr Vorbercitung und mit ciner
klaren Orientierung der Absichten herängereift seien.
Die Rückkehr Velgiens zu einer klassischen N e ir-
tralität wcrde weitgehcnde politische und auch juri-
stische Rückwirkungen anf dis internationalcn Be-
zichungen haben. Dcr Grundsah dcs Locarno-Ge-
dankens sei im Begriff, Schiffbruch zu erleiden.
Zu den Versuchen Frankreichs und Cnglands, G rL4»x
 
Annotationen