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Heidelberger neueste Nachrichten: Heidelberger Anzeiger — 1936 (Juli bis Dezember)

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Herdelberger

Reueste Nachrichren

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Mittwoch, 15. Iuli

Hauptgeschäftsstelle Hauptstraße 23. Fernsprecher-S.-A. 7351—53.
Zweigstelle: Haspelgasie 1.

1936

Heer uni» Reichstgg in Zapnn.

(Von unserm Berichterstatter.)

(R. W.) Tokio. Anfang Iuli 1936.
^enn im Lauf dieses Monats der Belage-
^ ",3-zustand aufgehoben wird, dann stand
St fünf Monatc unter der Befehlsgewalt des
cv, 7?"vmmandanten Gcncrallcutnant Kaschii. scinem
m^iolger Generalleutnant Iwakofchi und dem Chef der
j^"^rmerie. Gcncralleutnant Nakajima. Noch haben
-^?gierungsvicrtcl dic dem Kommandanten Iwakoschi
^ s^Üehendcn Velagerungstruppen (Garde. 1. und 14.
b"'^Div.). deren Kommandeure aewechselt habcn, Posten
-zogen. In die Kascrnen dcr 1. Ins.-Div. sind inzwischcn
g-^vtruppcn sür die nach Mandschukuo vcrschicktcn Re-
auk '!^r eingezogen, die nun, in einzelne Abteilungen
s Istelöst. bereits ihre ersten, zum Teil verlustreichen Ge-
> ^te mit den sogenannten Banditen an der Koreanischen
crck^ze, bei Dschehol oder im Raum östlich Charbin-
cukden zu bestehen hatten. Wie der Divisionskomman-
^ur. Generalleutnant Kawamura, beim Abmarsch seiner
-jjWmenter vcrsicherte. würden Ofsizier und Mann da-
!/.. lorgen, datz „dcr durch den Fcbruar-Aufstand ge-
Mwrgte Ruf der 1. Infanterie-Division auf dem Voden
^ndschukuos wiedcrhergestcllt werde".

Kriegsminister Teraüchi. unterstüht von dem Chef
allgemeinen Kriegsdepartcmcnts. Generalleutnant
Rvgai, hat zumindest auf personellcm Gebiet die Vor-
nssehung für „W i e d e r h e r st e l l u n g der Chre
nv des Ansehens der Kaiserlich japanischen
y».itzee" geschafscn. Neben Ifogai, dem bisherigen
'^""türattachö in Schanghai. sind eine Reihe in China
no Mandschukuo bewährter Offiziere ins Kriegs-
siestN isteriu m, in den Generalstab oder in Führer-
amen der Truppen versetzt worden, unter denen beson-

ders

zu nennen sind: der Vizeches des Generalstabs, Ge-

Aalien feiett -en 1Z. Fnll.

Ste Sankttonsaufhebung etn Erfolg bes Surchhaltens.

'Nüllcutnant Nischio, bisher Chef des Stabes dcr
Fwantungarmcc; dcr Vizekriegsministcr, Gcncralleut-
.siut Umetsu, früher Kommandeur der Truppen in Nord-
wsna; der schon crwähnte Abteilungschef im Kriegs-
'Uniterium, Gencrallcutnant Isogai, bisher Militär-
nttachö jn Schanghai und früher Abteilungschef im Ge-
neralstub; der Chef der Nachrichtenabteilung im Kriegs-
nnillstcriuni, Oberst Hata, bishcr in Moskaü. Die Presie
?^rnt diese Ossiziere „klare Köpfe mit ent-
czd--?IIrnem Willen, jedoch nicht ohne wcisc
^tahigung". Der neue Kriegsminister selbst ist cin Sohn
°es bekannten Feldmarschalls Graf Terauchi, dcr wäh-
,Ad des rusiisch-japanischen Kriegcs Kriegsminister und
iplg Ministerpräsident war. Sein Sohn war nachein-
»nder- Kommandeur der 19. Inf.-Div. in Korea, der
3nf.-Div. in Osaka, der japanischen Truppen in For-
wvsa und 1935 Mitglied des Kriegsrats unter Veförde-
ang zuin kommandierenden General. Als seine Haupt-
?asgabe bezcichnct er die Wisderherstellung
! ^ ass c r Ma nn e s z u ch t im Hccr mnd die Vervoll-
O^ninung der Landcsverteidigunq, die nach Ansicht mah-
^oeud^x Militärs für ihre Ausgabe, der japanischen
sdEtandspolitik Rückhalt z« geben, nicht genügend ge-
nstet sei.

l. Der Reichstag hat es der Reg.,.ru:lg nicht so
eicht gemacht, wie man im allgemeinen angenomme»
U>1e- Man glaubte, dah die Parteien sich ünter der
^achmirkuiig dcs Aufstandes und unter dem herrschenden
^elagerungszustand zurückhalten würdcn. Man nahm
lerner an, datz den Parteien die in öffentlicher und ge-
ycuncr Sihung abgegebenen Crklärungen dcs Kriegs-
wnnsters übcr den Februar-Aufstand genügen würden.
ewer fast alle Parteien schickten Redner vor, die sich ein-
gcyend mit diesem Aufstand, besonders aber mit seiner
"egcschichte besaßten und dem Kriegsminister verfäng-
?,we Fragen stellten. Außerdem drängte das Parlament
rci diegierunq zu Crklärungen, wie sie das
ds , wbedürftige Staatswesen zu erneuern ge-
. Es-- Allerdings sehen die Reformwünsche der Parteien
u- Ichiehen aus. Während die beiden großen Parteien,
o'e Minseito und die Seiyukai, die Cinzclheiten durch-
oeetsender Reformen zu erörtern vermieden, griff die neu-
gevildete Opposition, qeführt von den achtzehn Abgeord-
»eten der „Sozialen Masienpartei" (Taischuto) und un-
erstützt von der Kokumin-Domei und kleineren Splitter-
slstppcn, die Regierung scharf an. Cs ist nur der Ge-
üyuAichkeit einiger Ministcr, besonders Hirotas und Te-
äuchis, zu verdanken, wenn ernste Zusammenstöße mit
o,°^ischen Folgen vermieden wurden. Wenn die Presie
"Uch eine Wiederbelebung des parlamentarischen Geistes
und der Parteien feststellen zu können glaubte, so besagt
us noch immer nicht, daß das Parlament in der Lage
ueivesen wäre, entscheidenden Cinfluß auf die Rcgierung
su nehmen.

Alle Anfragen sind entwcder nicht oder nur unge-
WSend beantwortet worden, und die Regierung hat die
uarteien tatsächlich über ihre nächsten Pläne im un-
i l?I e n gelasien. Cs hat abcr auch den Anschein, als ob
vo. iu dcn einzelnen Ministerien die dem Reichstag
-t.^ulegenden Gcschesvorlagcn noch in den Anfängen
i sckcn. Noch schwieriger ist die Aufgabe, eine qeschlosicne
den zwischen Regierung, der Laildesverteidiqung und
l»? Dartcicn herzustellen, wie sie in dem kaiserlichcn Cr-
"3 angedeutet wurde. Auch die Presse stellt fest, daß
^unscrvative, libcrale oder gar sozialistischc Cinstellung
yf^s.^urteien und ihrcr Wähler eine Cinhcit zwischcn
i,, 1 und der Regierung kaum zulasien werde". Dagegen
^^sie zusrieden, datz alle Vorlagen des Okada-
- avinetts verabschicdct sind, daß einc Vorlage der neucn
o^terung über Verbot illegaler Schriften Äbänderungen
t-,s.hr und eine weitere Vorlage über den Schutz mili-
Rcher Geheimniffe nicht zur Abstimmung gelangte.
y, Die Prcsie läßt im übpigcn durchblicken, daß im
ugenblick von der großen,' in Aussicht gestellten C r -
uerung der Staatspolitikwenig zu
flub ^u Wi- Sie urteilt serner, daß der militärische Cin-
auf die Rcgicrung und auch auf die Partcicn kaum
bs» .ächt sci. Was insbesondere die Vermutungen über
st.^, uachsten Haushalt anbelangt, so erwartet inan ein
bei d ^uziehen der Forderungen von Heer und Flotte,
„ enen die Frage der Ausgabcndeckung vorläufig noch
wc-it crscheint. „Man müß bczwcifcin", so hcißt es
b r,?^ ^er P^effe, "bb die Arsachen dcs Fe-
nzijj,? s' A u s st a n d e s allein mit der Vesricdigung
N-.ss rischcx Fgrdcrungen bescitigt werden können." Dic
^ut es dabei vermieden, nachzuforschen, ob der
uuar-Aufstand lediglich die spontane Hand-
ejacr Gruppe jünger Offizierc gewcscn ist odcr
wci« '^chlich tiefgehende Änzufriedenheit in
u Kreisen dcs Heeres und dcs Volkcs dcn Äufstand
dah - begünstigt hat. Cs ist jedensalls bezeichnend,
su dcn Konferenzen der Divisionskommandeure, der
i», uvinzgouvcrneure und der leitendcn Iustizbeamten
g.^uetz wieder auf Bekämpfung dcr radikalcn Umtriebe
OHi u^t wurde, die nicht ohne Cinsluß auf die jungen
iliziere gcwescn scien.

sei»c?^ Frage also, ob das Kabinett Hirota in
zur yi -.utigen Zufammensehung genügende Willensstärke
M» "iuNtellung und Durchsührung cines die ossenbarcn
-o unsel des japanischen Staatswesens beseitigenden Re-
> mprogramms haben wirv, ist erst jn den kommenden
vNonaten zu beantworten.

RWMschmL m A«lien.

Man feiert das Ende der Sanktionen als
eigenen Erfolg.

Rom, 14. Iuli. Anläßlich der Aufhcbung der Sank-
tionen werden am Mittwoch alls italienischen Städte
und Dörfer beslaggt, und zwar übcrall gleich-
zeitig durch ein Kommando „Hcißt Flagge!" im Rund-
sunk. „Wie am ersten Tag, so am lchtcn Tag" sagen die
italienischen Zeitungen dazu. Sie heben aber gleichzeitig
hervor, daß der Fahnenschmuck nicht eine Art von Ve-
freiungsscst symbolisiere, sondern nur den berechtig-
ten Stolz eines Volkes ausspreche, welches stärker
war als die Umstände und die Widerstände. Das „Gior-
nale d'Italia" sagt, daß man in Genf die sittlichen
Wertein derPolitik unterschäht habe, die stets
der Führer des Lebens seien. Die Presie hcbt auch den
großen Ansehensgewinn hervor, den Italien durch seinen
schnellen Sicg in Abcsiinien errungen habe. And sodann
bildet die Beflaggung auch einen gewisicn Hintergrund
für die politischc Haltung Italiens in der noch immer
von Rom aus geschen brennendsten politischcn Augen-
blickssrage, derjenigen des Mittelmeeres.

,Me eliie Mmr stlmdliehiilleii."

Die norditalienische Presie zur Aufhebung der
Sanktionen.

Mailand, 15. Iuli. (Cig. Funkmeldung.) Die nord-
italienische Presie steht am Mittwoch ganz unter dem
Cindruck derAufhebung derSanktionen.
Schon rein äußerlich ist gegenüber den lehtcn Monaten
ein Änterschied an den Zeitungen ausfallend, denn es
sehlt zum ersten Mal seit 241 Tagen neben dem Datum
oder übcr dcm Zeitungskopf die Zahlenangabe der seit
dem Veginn des Wirtschaftskriegs vcrflosienen Tage.

„Die Velagerer," so schrcibt der „Popolo d'Italia",
„heben die Belügerung auf. Das italienische Volk
hat wie eine 'uneinnehmbare Mauer stand-
gehalten. Man hatte behauptet, daß Italien aus Man-
gel an Krediten und an Goldreserven die Waffen werde
stlccken müffen; statt dcsien hat Italicn die sinan-
zielle Schlacht ohne die Notwendigkeit von Aus-
landskrediten glänzendgewonnen. Abessinien stellt
heute eine neue Goldreserve dar, die die Aufwendungen
für die militärischen Operationen weitaus übertrifft.
Vor Crgreifung der Sanktioncn war Italicn eine Groß-
macht, jeht aber ist es eine Imperialmacht erster
Ordnung im Herzen Curopas und im Mittclpunkt des
mittclländischcn Mceres."

Die Turiner „Stampa" schreibt, der siegreiche
Abschluß des Kampfes gegen die Sank-
tionen sei ein Triumph, der sich mit dem militärischen
Triumph in Afrika vereinige.

Smiklimieii Md Beislmid geselleii.

Ietzt auch ossizielle englische Beschlüffe.

London, 14. Iuli. Die Sanktionen Cnglands
gegcn Italien verlieren am Mittwoch um Mit-
ternacht ihre Wirksamkeit. Gleichzeitig laufen die
gegenseitigen Beistandsversicherungen ab, die
im vergangenen Dezcmber zwischcn einer Reihe von
Mittelmeermächten und Cngland ausgetauscht wurden
und in denen sich die Länder gegenseitige Hilse für dcn
Fall vcrsprachen, daß irgendeincr der Staatcn von Ita-
lien wegen der Durchführung der Sanktionen angegriffcn
werden sollte.

Preß Asiociation weist darauf hin, daß die von
Außenminister Cden am 18. Iuni abgegebenc Crklürung
nach wie vor Gültigkcit habe. In dieser Crklärung be-
zeichnete Cden als Änsicht der britischen Regierung, daß
auch bei Cinstellung der Sanktionen die von Cng-
land an gewisie Mittelmecrmüchte gegebencn
Versicherüngen nicht ungültig würden. Sie

Calvo Sotelo ermordet.

Der Vorsihende der spanischen Renovationspartei und
Führer der gesamten antirepublikanischen und anti-
marxistischen Front Spaniens, Calvo Soleto, der
in Madrid ermordet wurde.

(Graphische Werkstätten, K.)

würden vielmehr für die Dauer der Angewitzheit bestehen
bleiben, die unvermeidlich der Beendigung der gemätz
Artikel 16 der Völkerbundssahungen durchgeführten M-
tion folgen müsie. Cs handelt sich'dcmnach üm cine ein-
seitige Crklärung von englischer Seite.
Pretz Äsiociation betont, daß keine der drei in Frage
kommenden Mittelniecrmächte, nämlich die Türkei, Grie-
chenland und Slldslawien, ähnliche Verpflichtungen ein-
gegangcn sci.

Wikiikr K«mmknkar mm Adkrmmk«.

RlchligftMung d«r auWndljchen Rrefte-Iiskuiiivn.

Kein öchntt znr BlMildnng.

Einigkeit mit der Verliner Außcnpolitik.

Wien, 14. Iuli. Vundeskommisiar Oberst Walter
Adam gab im Rundfunk eine Uebersicht über das Ccho,
das das deutsch-österrcichische Abkommen in Curopa ge-
funden hat und knüpfte daran einige Vemerkungen:

„Die positive Cinstellung der Pariser Presse
hat seit gcstern abcnd eine gewifle Abschwächung ersah-
ren. Cs macht sich die Besorgnis bemerkbür, daß
das Aebereinkommen den Austakt zur Bildung eines
deutsch - italienisch - österreichisch - ünga-
rischen Vlocks bilden könnte.

Zu solchen Kommentaren des Sreigniffes vom
11. Iuli möchte ich mir einiqe Bemerkungen erlauben.
Die Spannung Wien-Verlin dauerte mehr als zwei
Iahre. In ganz Curopa hatte man sich an diesen Zustand
gewöhnt. Cs ist daher nicht überraschend, daß sich an das
ilebereinkommeii da und dort sehr weitgehende Kombi -
nationen knüpsen, die auch manchen Irrtum ein-
schließen.

Es bedeutet gewitz einen Irrtum, die Wiederher-
stellung gutnachbarlicher Veziehungen zwischen bei-
den Ländern als einen Schritt zu einer europäischen
Vlockbildung auszusaffen.

Verufenste Pcrsonen haben in diesen Tagen wieder-
holt bckräftigt, daß die römischen Protokolle
eincn Tragpfeiler der österreichischcn Außenpolitik bilden.
Diese Protokolle schließen keinen anderen
Staat aus. Demgemäß hatte auch kein Partner die
Absicht, das Deutsche Reich von der Ordnung der Dinge
im Donauraum abzuschalten. Dieser Ordnung kann es
nur nützen, wenn die Veziehungen zwischen Oester-
reich und Deutschland fvcundnachbarlich gestaltct werdcn,
um so mehr, als es sich um zwei Staatcn handelt, die
nicht nur auf dcn lcbhaftcsten wirtschastlichcn und kultu-
rellen Austauschverkchr angewiesen, sondcrn auch durch
Stammesverwandtschaft und Sprache verblinden sind.

Die Aufrcchtcrhaltung eines unnatürlichcn Span-
nungszustandes zwischen 'den zwei dcutschcn Staaten
könnte doch nie als Sicherung gegen cinc Blockbildung
aufgefaßt werdcn. Diese Sichcrung kann nur durch iiiter-
nationale Verhandlungen'auf breitcr Va-
sis gewonnen werdsn. Die Aussichten derartiger Ver-

handlungen werden gewiß nicht verschlechtert, sondern er-
heblich verbesiert, wenn ein tief beklagenswerter Streit
aufgelöst wird, desien Wirkungen weit'übcr die Grenzen
dcr unmittelbar Vcteiligten fiihlbar waren.

In einigen ausländischen Vlättern kommt auch dic
Vesorgnis züm Ausdruck, daß Oesterreich mit dem Ueber-
einkommen vom 11. Iuli seine Unabhänaigkeit erst
recht gefährdet habe. Wenn solche Vetrachtungen
etwa üus einer Vetrachtung dcs Größenvcrhältnisies
zwischen Oesterreich und Deutschland stammcn, so müßte
man ganz allgemein zu dem Fehlschluß kommcn, daß
cs ein aufrichtiqes freundnachbarliches Verhältnis zwi-
schen einem großen und einem klcinen Staat übcrhaupt
nicht geben könne.

Oesterreich hat nie eine antideutsche Politik be-
triebeu und wird auch in aller Zukunft nie eine
antideutsch« Politik mitmachen. Das wäre wider
die Natur eines Staatcs, der sich schon in seiner
Verfassung ausdrücklich als ein deutscher Staat
bekennt.

Soweit die Desorgnisie einzelner ausländischer Zei-
tungen nicht aus unmittelbar politischen Crwägungen,
sondern auf einem Gefühl des Mitztrauens beruhen,
möchte ich aus esn Wort zurückkommen, das ich gestern
von dieser Stelle aus gesprochen habe: „Mit rückwärts
gewendetem Dlick wird man das Schicksal der europäischcn
Völkergemeinschaft nicht ersprießlich gestalten können."
Man inuß über vieles, was in der Vergangenheit ge-
schchen ist, seelisch hinwegkommen, um vorivärts zu
kommcn. Das ist notwendig. Auch ein Schuß enropäischcn
Optimismus ist notwendig, um zu einer Konsolidie-
rung Curopas zu gelangen, an der Oesterreich als kleiner
Staat im Schnittpunkt so vieler Intereffen im besonderen
Maße interesiiert ist. Wir wiffen uns darin mit der
Außcnpolitik des Deutschen Reiches soli-
darisch. Die europäische Friedenspolitik ist von dem
Vegrisf „Optimismus" nicht zu trennen.

*

Pragcr Stimme zur Oesterreichfrage.

Prag, 14. Iuli. Die „Prager Presse" bringt
untcr dcr Uebcrschrift „Der tsche'choslowakische Stand-
punkt" einen Leitartikel zu dem deutsch-östcrreichischcn
Abkommen, deflen Gedankengänge man zum mindesten
als von maßgebenderSeiteder tschechoslowaki-
schen Außcnpolitik hcrrührend ansprechcn darf, wcnn er

v. Papcn begrützt dcn neuen
östcrreichischen Minister.

Anläßlich eines Gedenkgot-
tesdienstes für die verstor-
bene Gattin des Bundes-
kanzlers Sschuschnigg be-
grüßt vor der Dominikaner-
kirche in Wien der deutsche
Gesandte v. Papen den
neuen Minister des
österreichischen Kabinetts
Glaise-Horstenau.

(Weltbild, K.)

nicht sogar unmittelbar von dieser Seite verfaßt ist. Der
Verfasier erklärt zunächst, daß die tschcchoslowakische
Außenpolitik in dcm österrcichisch-deutschen Streit sür
sich selbst immer ein Pasiivum gesehcn habe. Die tschccho-
slowakische Außenpolitik habc sich nie über dicsen Kon-
flikt gefrcut und habe nie etwas gctan, was ihn hätte
steigern können. Sie sei sich immer' bcwußt gewesen, daß
irgend ein Ausgleich kommen müsie. Die Festigung des
seibständigen Oesterreich habe wie immer ohne die Cin-
willigung und Mitarbcit dcs Deutschen Reiches fti.r
schwer crreichbar gegoltcn. Das gegcnwärtige Abkom-
mcn zeitige nebcn etnigcn Nachtcilen'auch cine Reihe
vonVorteilqn für die T s ch e ch o s l o w a k e i.
Cs sei nicht daran zu zweifeln, datz die gegenseitigen
Versicherungcn, wenn sie folgerichtig und auf 'die Da'uer
eingehalten würden, eine Z u sa'm m e n a r b e i t dss
Deutschen Reiches mit den übrigen mitteleuro-
päischen Staaten ermöglichen werden. Die Tschecho-
slowakei habe unter einer mitteleuropäischsn Zusammen-
arbeit immcr eine solche auch mit dcm Deutschen Reich
verstanden.

Me Beisctzmff»«»Cal«« öolelos.

Vlutige Zusammenstöhe nach der Trauerseier.

Madrid, 14. Iuli. Auf dem Madrider Friedhof
Almudena, auf dem die Mörder Calvo Sotelos' den
Leichnam nach der Tat niedergelcgt hatten, fand am
Dienstag mittag die Veerdigung des mon-
archistischen Abgeordneten und Parteifiihrers
statt. 30 000 Menschen gabcn dem Crmordeten die letzte
Chre. Cine Abordnung dcs spanischen Landtags, die in
mehreren Autos erschiencn war, mußte auf die Drohun-
qen dcr Menschenmcnge, die die Vchördenvertrctcr als
Abgeordnete der Mörder Calvo Sotelos bezeichnete, wie-
dcr umkehrcn.

Wührcnd der Begräbnisfeierlichkeiten erhob die
fast unübersehbare Traüergemeinde wiederholt die Hand
zum Faschistengruß und brachte Hochrufe ausSpa-
nien und den Faschismus und Niederrufe auf das
Parlament aus. Der Leichnam war mit den mon-
archistischcn Flaggen geschmückt. Unter dem Traucrgefolge
besanden sich auch der Führer der Katholischen Volks-
aktion Gil Robles, der monarchistische Mgeordnete Goi-
coechea und zahlreiche andere Abgcordncte der Rechts-
parteien Und der Mitte.

Als die Menschcnmcnge von dcr Beerdigung des
inonarchistischen Äbgeordüeten Calvo Sotelos 'zurück-
kehrte, entstand zwischen politischen Gegnern eine Schie-
ßerei, in deren Verlauf eine Person getötet
undd r e i lebensgefährlich verletzt wurden.

Am Vormittag'wurde der erschoffene Polizei-
offizier beigesetzt, deffen Leichnam in eine rote
Fahne gehüllt war und dessen Trauergesolge sich in der
Hauptsache aus Kommunisten zusammensetzte.

»

Neue Vluttat spanischer Anarcho-Syndikaliften.

Madrid, 14. Iuli. Am Dienstag wurde auf einem
Bauplah in dem Madrider Vorort Cuatro Caminos ein
marxistisch organisierter Maurer, dcr entgcgen der
anarcho-syndikülistischen Streikparole auf demBau
arbeitete, von Anarcho-Syndikalisten erschossen.

Rechtsstchende in Madrid verhastet.

Madrid, 14. Iuli. In Madrid wie auch in der
Provinz sind außcrordcntlich starke polizeiliche
Sicherungsmaßnahmen ergriffen worden, da
man die Reaktion aus die Crmordung des monarchisti-
schcn Abgeordncten Calvo Satelo fürchtet und mit er-
ncuten Störungen der öffentlichen Ruhe und Ordnung
rcchnct. Dic Zahl dcr vcrhaftctcn rechts-
stehenden Pcrsonen beläust sich allein in Madrid
auf 175. ilntcr besonders starkcm polizeilichcm Schutz
stehen die Minlsterien. Die Regicrung hat beschlosien,
das anarcho-syndikalistische Parteihaus sowie sämtliche
Lokale dcr Monarchisten zu schließen.

Spanisches Parlament geschlosien.

Madrid, 14. Iuli. Der spanische Staatspräsident hat
ein Dckrct unterzeichnet, durch das das spanische Par-
läment bis auf unbcstimmte Zeit geschlossen
wird. Ferner ist dcr frühcre linksrepublikanische Mini-
ster Alvaro de Albornos zum spanischen B ot-»
schaste-r i« Parüs ernannt worde».
 
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