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Heidelberger neueste Nachrichten: Heidelberger Anzeiger — 1936 (Juli bis Dezember)

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Heidelberger

«leueste Nachrichien


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ltztz

Druck unv Berlaa von Friedrich Schulzein Heidelberg.
Schristleituna: Hauptstraße 23 Fernsprecher-S.-A. 7351—53.

Samstag, 18. Iuli

Hauptgeschästsstelle Hauptstraße 23, Fernsprecher-S.-A. 7351—53.
Zweigstelle: Haspelgasse 1.

IS38

Zwei a« einein Tisch.

!>nd c^.Derständi«sung, die zwischen Berlin
n "ach zweijähriger Cntfremdung eingeleitet
?is ^j„ "t, hat, wie wir feststcllen konnten, in der Welt
P.^s/sroße politische Sensation gewirkt. In
^aruo» oer verschicdenen Länder hat man diese Ver-
i i»ne?? eine Friedenstat, als eine Maß-
»aq,,,^nner Staatskunst und als einen positiven Vei-
°°Nt^l5 Veruhigung Curopas bezeichnet. Für uns be-
?^Nq ^.Derständigung nichts weiter als die Veendi-
?nd ^nes Zwiespalts, der von uns im Rcich
nteZ ? »o» den Dcutschen des benachbarten Vundcs-
"A' Anfang an als unnatürlich empsundcn
- n d-„ in Paris und in Prag hat man — wie
Aner n. Ctimmen der Prefle entnehmen kann — von
^Utsy,! 3 ? 3 e r e n Dauer der Cntfremdung zwischcn
, ^Nernnr Ed Oesterreich geträumt und man ist höchst
, 3 3t, datz diese Verständigung so ohne Mitwir-

,Ni ig „"..^ußen möglich war. Das Mißvcrgnügen ist
k^^en »s nls der Crfolg dieser Politik dcr di-
!»h Aussprache in einem auffallenden Gegen-
m"^n w-i. den fruchtlosen Konfcrenzen, mit
Mß »n d>s Welt nun schon jahrlang narrt. Weder in
- »Ni'tztz v? anderswo haben die Staatsmänner, deren
»Nch ^ sortgeseht hört und deren Reden man liest,
tz cht. ^ °>N ninziges europäisches Problem zu lösen ver-
? erq, - Gegenteil, sie habcn die Lage noch mehr
^N uptz sitz habcn neue Spannungen geschas-
yN.ch ^ oag G^ssjhs der allgemeinen Unsicherheit
v ^ern^oht. Diese Staatsmänner haben zwar dcn
ihrs',-^ ^er Genfer Tribüne und von den Tribü-
^>er n " Parlamente aus, den Frieden versprochen,
^.kis-?3ben durch Militärpakte und Bündnifle die
'Üß^3Sgtzfahrcn vermehrt. Sie haben die Ab-
e^ün ,3 3epredigt, aber sie habcn das Gegenteil
N. ist Zustand, in dem die Welt sich heuts bcfin-
^^ist, ^Werk. Dieses Werk entspricht durchaus dem

l? ^erii«^ ^reinbarung zwischen den Regierungen
^svlg und Wien ist ein neuer und weithin sichtbarer
Ze reik^ Politik dcr zweiseitigen Verträge.

hch dem Abkommen mit Polen und

Sttzvi - - - .

dcm

tchei -z-tz^^rag mit Cngland an und zeigt, daß, wenn
-E'Uer jn'ch^. crnstlich sich vcrständigen wollen, sie
Ü^Nten ?Etler oder Zwischenhändler oder Vertrags-
ftö? Rsi-ft/oürfen. In allen diesen Fällen hat die deut-
^sfunn ^^egierung vor aller Wclt, und zur Ver-
l/is- -^uncher Staatsmänner, praktische Be-
,,ch i c - . ^ür geliefert, daß sie bercit ist, selbst die
»!?ch ein-?3^st e n Fragen zu lösen oder wcnigstens
:ständigung zu suchen. And in all
hat das System der zweiseitigen
Dagegen muß man von
Sicherheit, wie es
" r r e i ch wie saurcs Dier angebotcn wird,
haß eg bisher auf eine gcradczu glänzende
t I a g t hat. Llnd das ist kein Wundcr. Denn
ft ch°rhtzj?PN der kollektiven (also der gemeinschaftlichen)
nur dcm einzigen Zwsck, dcn Sieger-
>eve ^,me Beute aus dem Weltkrieg zu sichern und

> ei/tgsten
^sen'Lr Vers

^Stzj^allen ha _. „

tz^ni Etzs.N e sein Ziel erreicht. Dageg<
,°.n F 3ei„ der kollektiven S i ch <
n k r x s wie saureH Zzier

j^.rn. v??sson der Friedcnsdiktate zu verhin
tz 'Ndii'?, ist das geistloseste und lcbcns
^stestetz e Sicherheits-Syste m^das man sich
Esth^Urd-

^E„sein muß,

-"uvvi Und es gehört zu dem Wesen . dieses
?'cherh-j/3en Systems, däß es unfähig ist, irgendeine
G-ilt än garantieren, sondern daß es dazu ver-
k-.kern°'3 muß, jede Sicherheit zwischen den
di^t tz.°3 Kerstören, wess eH hie 1l n g e r e ch t i g -
l'e Dau-I -.'3' äen will, dsr kein Volk von Chre auf
>,»1 dgtz „ 3ch unterwirft. Cs tst der Geist von Versail-
tzj^dey, °w immer über die politische Bühne gespenstert,
!->> hat ^ lange-genug die Völker geängstigt und gepei-
tz.m Zitz-ir-r Friede Luropas wird — darüber kann
dex l bestehen — nicht aus diesem Geist gebo-
^3°iuuu°r. Mcphisto-Geist des Widerspruchs und der

^r Sj^slen sehen wir solgendes Bild: Inmitten
^3 leht 3?ti:3wclt, die im Wirbel der Konflikte noch
tz?hkt tztz-.singenblicl vor der tragischsten Katastrophe be-
k t j s konnte, gibt es ein Land, das eine
dies'H e Po litik der Cntspannung treibt.
u- nestt tz jOild wird noch intereflanter, wenn man sich
^ Ve'rs.W. Deutschland, das diese Veweise sei-
>, 3 ru h . Adigungsbereitschaft qibt, immer wieder als
ds» r sker verdächtigt wird, und zwar von je-
tiiLÄkson-^tz eben, etwas ermüdet, von der Front der
ü-ltz-ssschten ."sk heimkehren und im Mittelmeer Vünd-
wvtztz "bernommen hattcn, die beinahe hütten ern-
^d-n müflen.

3n *

TÄcht.^'^?3 hat man in Paris ein neucs Spiel
d-3> itza-^chon während der Völkerbundstagrmg in
lre. L«uber die Abhaltunq einer Konferenz
NtzPN solj.7 3 « o . Mächte , die in Brüffel zusammen.
e-chdcn, Verbaiwvl. m .

tclr7,^3' dutz-^^3handelt worden. Dcr Zweck sollte sern,
^itz^bakr tz„ hs? Beschung der Rhernlandzone der Lo-
Ked- u r u« ^sch verleht worden war, neue Ver-
der cht. dje AEN zu schafscn. In Paris hatte man sich
Deu.-^sten -s<ft3serenz in „zwei Phasen" abzuhalten. An
eine ^s»ndsollten die Locarno-Mächte (außer

der-„3er Hij.I°tlnehmen, und zwar sollte dies wieder
saiitzl Trsjntzchutten „jymbolischen" Handlungen sein, in
Deu«7 An dvtzs' ^3 Franzoscn so vrel Phantasie ent-
Utan' chland ?? äwerten Phase der Konserenz sollte dann
3aktzss°Slaul,. "e.laffen werden. And in Paris hatte
Re-j ^36 ll ^tese uralte Cinladrmgsmcthode auch rm
ten, ^tftna ^och anwenden zu können. Die italienische
s o) ,U. a tzü?.chs3 irdoch rhre Teilnahme an der Konfe-
Cbe„- bes ^""n abhängig, daß D e u t s ch l a n d so°
schen ^-hat dr den Vcratungen beteiligt werde.

s'iese ^°rschj„ hrttifche Regierung gegen den sranzösi-
1?>id» ^ariser ä--Brdcnken geänßert, weil man vermutlich
Äi-.'iPS avi^-.^chthode weder als zeitgemäß, noch als be-

L'M?

empsand. And so ist nun diese
besä>i!!!?°"ö. cinstweilen abgesagt worden. Aber
in »s^"' s" ber vierten Iuliwoche eine Dreier-
dqs, Die -ondon abzuhalten.

^Ukift '? selbü ^ "„s ° " Wllten nrcht ganz übersehen,
.»>, X°u Stz^-3 r-ocarnovertrag — und zwar
Utzid ,ch" Ltz-tz^ss'"» — außerKraft gssehtha-
^3sto,. tn be,Vitztz"0'-^03s°renzen hat übrigens Deutsch-
Äe»tzUngen "hares Intercfle, vor allein nicht an Ver-
^e > biv ' 4wei vorschiedene Phasen umfaffen.
^vtz^schltzn^o'ch' irgcndwelche W U n s ch e an
^Unvtz runtzO Z-rchten habcn — denn die Zert der
^Nejtz.' die dwstz"^.. u??bei s" werdc» sie die Stelle
Dit?t tst cr? Wuntzche entgegenzunchmen bcsugt und
Lich ^ hat eäkl^?^ Reichskanzler Ädols
^eSk>^7. üu - tz, haß er >ederzert — auch mrt Frank-
3" e?n b eiutz "lertrgen Verträgen bcrcit ist.
3rtz?3e>n Tss3,"°ue Konserenz? Gespräche zu Zweien
öch>s^, Ctzstz. 3°rsprechcn. wie wir geschen haben, wcit

3Us"«>°3 aelvtztz^ In Paris könnte man wirklich rn-
^3seren,„ und erfahren haben, wie wenig Ruhm
enzen zu ernten rst.

Hermann Bagusche.

Die Grlinbe des Londvner Mentats.

Sfsenbar BerSrgeruns des Mers wegen einer SKadensersMorberung.

„Mc. Mlihim ift iiich! Wiz iwrmiil."

So dachten seine Nachbarn schon immer.

London, 17. Iuli. Die glücklichc Rettung des Kö-
nigs aus Gcfahr ist auch Freitag noch das Tages-
Gespräch. Könrg Cduard VIII. verbrachte einen gro-
ßen Teil des Vormittags mit der Lektüre der aus allen
Teilen der Welt eingelaufencn Glückwunschbotschaften.

Scotland Pard hat am Freitag einen Aufruf an die
Oefscntlichkeit gerichtet, in dem zur restlosen Aufklärung
des Zwischenfalles alle in unmittelbarcr Nähe des Tat-
ortes gewesenen Personen gebetcn wcrden, sich umgehend
zu melden.

Die Hintergründe der Tat, über die bisher
völliges Dunkel herrschte, sindcn allmählich ihre
Aufklärung. Cs gilt als erwiesen, datz dcm Zwi-
schenfall keine politiiche Bedeutung zukommt
und daß dcr Verhaftete Mc. Mahon keine Vcrbindungen
mit kommunistischen odcr bolschewistischcn Gruppen hat.
Tatsächlich scheint der versuchte Anschlag mit einer
Forderung zusammenzuhängen, die Mc. Mahon ge-
gen zwei Detektive wegen einer vor einiger Zcit
nach seiner Ansicht irrtümlich erfolgten Ver-
hastung gestellt hatte.

Aufsehcnerregend ist in diesem Zusammenhang, daß
die Polizei am Donnerstag vormittag etwa drei bis
vier Stunden vor dem Zwischenfall mit Mc. Mahon in
deffen Wohnung in Verbindung zu trcten suchte. Mc.
Mahon hatte jedoch seine Wohnung bereits verlaflen.
Der genaue Grund dicses polizeilichen Vesuches ist noch
nicht bekannt, doch glaubt man, daß er mit einer M i t-
teilung zusammenhängt, die Mc. Mahon an das
Innenministerium gesandt hatte. Wie erin-
nerlich, erklärte Mc. Mahon nach seiner gestrigen Fest-
nahme, daß der ganze Zwischcnsall „die Schuld de
Innenministers Simon" sei.

Dis erwähnte irrtümliche -Verha

Mahons durch zwei Detektive, für die Mc. Mahon
einen Schadensersahanspruch in Höhc von 4000
Pfund gestellt hat, war vor zwei Iahren erfolgt.

Mc. Mahon gilt als ein wenig ausgsgliche-
ner Mensch, der sich als einen Sozialreformer be-
zeichnet. Cr wird von seincn Nachbarn nicht für
ganz normal gehalten. Vor einem Iahr begann er
mit der Herausgabe einer Schrift „Human Gazette", die
jedoch wenig Verbreitung fand.

Näheres über den Täter.

London, 17. Iuli. Dcr richtige Name des
Täters ist Ierome Vannigan; seit Iahren nennt er
sich aber Gcorge Andrcw Mc Mahon. Seine Cltern
stammen aus Zrland und leben in Glasgow. Sein Vatcr
ist 80 Iahre alt und sast blind. Mc Mahon bezeichncte
sich als Sozialreformer; er setzt sich u. a. für die Ab-
schasfung der Todesstrafe ein. Bei den lchten
allgemcinen Wahlen unterstühte er die reiche und ex-
zcntrische Frau van der Clst, die bei allen
Hinrichtungen öfsentliche Kundgebungen sür die Abschaf-
fung der Todesstrafe veranstaltet. Im vcrgangencn April
hat'dann Mc Mahon eincn Prozeß gegenFrau
van der Clst auf Zahlung von 68 Pfünd angcstrengt,
weil sie ihn angcblich beaustragt habe, Wagen für den
Wahlfeldzug in Putney zu mieten. Die Forderung
wurde vom Gcricht kostenfällig abgewiesen. Vor Gcricht
hatte cr auch ausgesagt, daß er zusammen mit Frau van
der Clst ein Buch für dic Abschaffung dcr Todesstrafe
verfasse. Seit cinigcr Zeit hat cr zahlreiche Briefe an
den Minister des Innern, Sir Iohn Simon,
geschickt, worin er eins Cntschädigung verlangte. Cinem
Dckannten erzählte er iüngst, daß er cinc Aktiengescll-
schaft gründen wolle. Mc Mahon, dcr 32 Iahre alt ist,
wird zurzeit im Gefängnis aus scincn Geisteszustand
untersucht.

Der Polizist Dick als Retter.

London, 17. Iuli. Wis die Londoncr Polizei mit-
teilt, „bestcht jctzt nicht mehr der lcisestc Zwcifel", daß
derPolizistAnthony GordonDickes gewcsen
ist, dcr bci dem 2lnschlag geistesgegenwärtig dem Täter
dieWaffe ausderHand schlug »nd damit wei-
tercs Anhcil vcrhindertc. Scotland Dard vcrsicherte,
datz man Dick seiner verdienstvollen Tat cntsprcchend be-

Der Attentäter wird untcr starkcr Bcdeckuna z»m Polizeiauto gebracht.

(Preffephoto. K.)

Die militärische Fcier im Hydcpark

vor dem Anschlag. König Eduard tlinks) bei der
Uebergabe neuer Fahnen an die Gavderegimentcr

(Scherl Bilderdienst K.)

Wcniac Sekundcn nach dcm Anschlagsversuch.

Polizisten haben den Attentäter überwältigt und s-chrcn
rhn äb. Weltbild K.)

Berftaalll»uns »er franzWchea Rlistungsin»us>rie.

Bvn der Kammer am Fceitag geneftmigt.

BMiindiiWrede de; KrlMininifters.

Annahmc mit 484 gegen 85 Stimmen.

Daris, 17. Iuli. Der Gesehentwurf über die Na-
tionalisierung der französischen Nüstungsindustrie ist in
seiner Gesamtheit von der Kammer mit 484 gegen 85
Stimmcn angenommcn worden.

Der Derichtcrstatter batte in der Kammer vorher
lediglich noch angekündigt, daß die Regierung auf der
Annahme dcs Gesehcs bcstehe, da ste sich desselben in
Genf bei der Völkerbundssihung im September bcdienen
wolle.

Kriegsminister Daladier verteidigte in
längeren Slusführungen die Gesehesvorlage, indem er
geltend machte, daß ihr gleichzeitig moralische In-
teressen und solche der Landesverteidigung
zu Grunde liegen. Im Verlauf seiner Ausführungen
wies Daladier darauf hin, daß das »eue Gesetz auslan-
dischen Firmen untersagen werde, Kriegsmaterial in
Frankreich herzustellen. Das wäre das einzige Mittcl,
gewiflcn Mißbräuchen ein Cnde zu machen, da
ausländische Austräge ohne die ausdrückliche
Genehmigung des französiichsn Staates nicht mehr
zugelaflen werden. Der Kriegsminister trat weiter den
Bedenken entgegen, daß durch das neue Gesetz gewiffe
ausländische Aufträge der französischen Industrie verlo-

rcn gehen könnten. Die französische Staatsindustrie sei
genügend ausgebaut, um diese Aufträge auszuführcn.

Die Rüstungsprogramme müßten fllr eine
längere Periode vorbereitet und ausgearbeitet werden.
Cs wäre wünschenswert, daß diese Programme zu Ve-
ginn dieser Legislaturpcriode dem Parlament vorgelegt
werden.

*

Den Wahlern der Linksregierung war feierlich ver-
Iprochen worden, sofort nach Ingangsehung ihrer Re-
grcrung die Rüstungsindustrie aus dcn Händen des pri-
vaten Kapitals zu befrcien und dcm Staat zu unter-
stcllen. Äber dieses volle Versprechen sindet kaum eine
halbe Crsüllung, denn der Geschentwurf ist so zweideutig
gehalten, dic Äegründung des Gesehcntwurfes so voller
Fußangeln, daß geriflenc Dertreter des privatcn Rü-
stungskapitals alles leicht umgehen könncn und durch die
ofsene Hintertür nach wie vor ihre Profite bezichen
werden.

Dcr Geschentwurs unterscheidet nümlich zwi-
schen rciner Rüstungsindustrie und der allgemeinen
Schwerindustrie. Nur die Rüstungsindustrie 'soll ver-
staatlicht werden, d. h., erst wenn sich herausstellt, daß
zum Beispicl Cisen und Slahl in dis Form gebracht wer-
den, die zur Anfortigung von Geschützcn oder sonstigcn
Feuerwaffen notwendig ist, soll die Nationalisierung ein-
ircten, und weiter wird ausdrücklich bcmerkt, daß die
Wcrsten, die z. V. auch Schlachtschiffe bauen, privater
Vesih bleiben sollen, da sic gemischte Betriebe im Sinn
des Gesetzentwurfes seien. Man stelle sich vor, Schnei -
der inLeCreuzot wird nur zu einsm Teil

ve r st a a t l i ch t. Cr stellt, nebenbei bemerkt, keine
„friedliche" Ware her; er ist, obgleich ein Werk der
Schwerindustrie, lcdiglich auf dic Fabrikation von Was-
fen zugcschnitten. Aber er kann nach dcm Gesehcntwurf
den größtcn Teil seiner Wcrke behaltcn, und nur ein
Tcil seines Produktes wird nationalisiert, wenn es
iiümlich so weit fertiggestellt ist, daß daraus Wafscn ge-
schmiedet werden können. Die Gcfahr von Kollisionen ist
dadurch geradezu gegcben. Man kann unmöglich die
Creuzot-Wcrke in ihrcm Produktionsprozeß und in
ihrcm Zusammcnhang tcilen, alfo sie zum Teil in priva-
tem Vesih laflen und zum andercn „natioualisicren", dcnn
die gleichen Ärbeiter und Ingenieure schasfen sowohl für
dcn privaten wic fllr den verstaatlichtcn Tcil des Werkcs.

Der Gesehentwurf ist nichts als ein Vluff. Dabei
hätte es der Staat Frankreich in der Hand gehabt, die
Rüstungsindustricn zu vcrstaatlichen, wenn seine re-
gierenden Linksleute nur gcwollt hätten, denn gemisiÄ-
wirtschastliche Detriebe sind in Frankreich nach ber Auf-
faflung und Bewertung des Geschcntwurfes übcrhaupt
nicht vorhandcn, und da dic private Rüstungsiiidustrie
voll entschädigt wcrden soll, der Staat aber gleichzeitig
die Krcditicrungsmaschinerie dcr Vank von Frankreich
in seine Hand gcnommcn hat, wäre es leicht gcwesen, bie
Wcrke voll zu verstaatlichen. Daß er es nicht tut, zeigt,
wie stark — troh der gegnerischen Worte — dic Macht
desRüstungskapiials a'Lch aus die Linkskrcise ist.

Die heutigen Ausgabe unseres Blattes umfaßt mit
den beiden Unterhaltungsbeilagen „Die Heimat" und
,,Die Feierstunde" insgesmnt 2« Seiten.
 
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