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Heidelberger neueste Nachrichten: Heidelberger Anzeiger — 1936 (Juli bis Dezember)

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Herdelberger

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Nr. 304

Druck unü Berlag von Frieürich Schulze in Heidelberg.
Schriftleituna: Hauvtstrake 23 Fernsprecher-S.-A. 7351—53.

Mittwoch, 30. Dezember

Hauptgeschäftsstelle Hauptstraße 23, Fernsprecher-S.-A. 7351—5L
stweigstelle: Haspelgaffe 1.

1936

Der rete Zug Wris-Bmelena.

gunderte von auslündischen..Freiwilltgen sür Rot-Svanien.

Düs tägliche öchmsviel.

Ieden Abcnd ab Paris nach Katalonien.

Paris, 29. Dezbr. In Paris wird in diesen Ta-
gen viel besprochen, daß die Anwcrbung von Frei-
illigen für die spanischen Bolschewisten in allen Tei-
len Frankreichs, vor allem in der französischen Haupt-
stadt, jeht verstärkt betrieben wird. Die drei Haupt-
tekrutierungsstellen in Paris sind die spanische Botschaft,
^as offizielle spanische Reiscbüro und das spanische Han-
delsbüro (Avcnue Georg V.). In Kreiscn, die diesem
Treiben kritisch gegenüberstehen, ist man fest überzeugt,
statz diese Dinge, die der französischen Oeffentlichkeit kein
^eheimnis sind, auch der Regierung nicht verborgen
bleiben konnlen, ebenso wie die Namcn der Leitcr dicser
Anwerbestellen bekannt sind, ohne datz etwas gegen sie ge-
Ichieht.

In diesem Zusammenhang verdient eine Artikelreihe
esonderes Intercsie, mit dcren Verösfentlichung der „In-
ransigeant" am Dienstag begonnsn hat. Der Mitarbei-
ter des „Intransigeant", Iean d'Csme, hat nämlich sest-
gestellt.

daß täglich vom Pariser Orsay Vahnhos aus mit
dem fahrplanmätzigen Zuge um 22.05 Uhr Sam-
meltransporte von marxistischen Freiwilligen
nach Perpignan abrollen.

Zug hat bereits im Volksmund, besonders
uuen Stadtcn, die an der Strecke Paris—Perpignan l
"Der rote Z u g" bekommen. 2
^^^."Jntransigeant" ist selbst in di-s
an^dcrSMM-^-- 'cincm Vcricht geht hervor, d
waacn cina^ck?^ ^"hes ein oder mehrere Eisenbah
^und di° zunüchst verschlossen gch>

im Besik Freiwilligen geösfnet werden, i

st»d. Unt-i- rosafarbenen Samineltransportscheir
20 Drn11 bcfindcn sich in der Reqcl mindcste

au? ^ i Franzosen. Der Rest verteilt s

ure, dle rn den verschiedensten Staaten Curop

von dem sogenannten „Antifaschistischen Organisations-
komitee" geworben sind und nun quer durch Frankreich
nach Südim eilen, um dis Rcihen der Internatio-
nalen Vrigade an der Madrider Front zu vergrö-
ßern.

Iean d'Csme schildert anschaulich das Bild, das die
arotze Halle des Orsay-Bahnhofes jeden Abend vor der
Absahrt des „roten Zuges" bictet.

In dichten Scharen sammeln sich allabendlich Hun-
derte von absahrcnden Freiwilligen, tkilweise um-
geben von ihren Fraucn und Kindern.

Meist crkennt man die Freiwilligen schon an ihrer Klei-
dung. Sie tragen Lederwesten, Kniehosen und Leder-
gamaschen oder hohe Stiesel und auf dem Kops einheit-
liche Sporlmühcnl Gruppcnweise begebcn sich dann die
roten Freiwilligen auf den Vahnsteig und in ihre reser-
vierten Abteile, die erst kurz vor der Abfahrt des
Zuges geöffnet werdcn.

In der dichten Masse der Angehörigen und unter den
Angeworbenen hört man fastalle Sprachen Curo-
pas. Wenn sich der Zug in Vewegung seht, verstummt
zunächst das babylonische Sprachengewirr. Dann ballen
sich Hunderte von Fäusten zum Bolschewistengruß
und die Internationale wird angestimmt.

Auf dem nächsten Pariscr Bahnhof, dem Austerlitz-
Bahnhof, wiederholt sich das Schauspiel. Noch ein run-
des halbes Hundert Freiwilliger steigen in den Zug. Wie-
der wcrden bei der Abfahrt die Fäuste zum Gruß der
Dritten Internationale erhoben und wieder tönt der Ge-
sang der Internationale in mindestens sechs verschiedenen
Sprachcn.

Anterwegs stürzen die roten Freiwilligen auf allen
Vahnhöfen während des Aufenthaltes in die Bahnhofs-
wirtschaften. Mit lautem Gebrüll werden friedlich Rei-
sende, Cisenbahnangestellte und Kellner in Propaganda-
diskussionen hineingezogen und mit der „I d e e" Mos-
kaus bcarbeitet.

Ieden Abend wird aus diese Weise, so stellt der
Verichterstatter sest, quer durch ganz Frankreich die
Saat dicser „Idee" getragen. Ueberall in den süd-
französischen Städten, durch die der Aug kommt,
wird der Haß ausgesätl

In Perpignan, in dem Sammelzentrum aller Orga-
nisationcn sür 'den Schmuggel von Menschcn und Kriegs-
material zugunsten der spanischen Volschewisten, wird öen
Cintressenden von dem örtlichen marxistischcn Komitee
jedesmal ein grotzer Cmpfang bereitet. Autzerdem er-
hält hier jeder Angeworbene eine neue, „echt spanische
Personalkarte". Pierre Derval aus Lille erfährt da-
mit plöhlich, datz er nun Pcdro del Valle zu hcitzcn
hat. Im Triumph wcrdcn die Freiwilliqcn quer durch
die Stadt gefahren. Dabei singen sie und qrützen nach
allcn Seiteri mit dem Bolschcwistengrutz. Schließlich wird
ein Appell abgehalten und dann geht es weiter über Cer-
bexe, Perthus, Vourg-Madame bis hinein nach Kata-
lonien. Hier gibt es sreilich keine Iubelempsänge
mehr. Hier ist man ja unter sich und braucht keine Pro-
paganda mehr zu machcn.

Von anderer Seite wird auf Grund von Auqenzeu-
genberichten gemeldet, daß bei der Abfahrt dieser Trans-
porte aus Paris sogar Abtcilungen der Mobilcn Garde
aufgeboten werden, um Teile der Äahnsteige abzusperren.

Dic Hallung FrMrcichs «imöglich!

Eine englische Anklage gegcn Paris.

London, 29. Dezbr. Das konservative Mitglied des
Anterhauses, Alsred Denville, sandte nach der Rück-
kehr von einer Frankreichreise am Dienstag eine
Mitteilung an die Presie, in der die Aeberzeugung ver-
tr-ten wird, daß Frankreich in der Spanienfrage die
Neutralität verleht habe. Cngland sei wirk-
lich neutral geblieben, die Haltung Frankreichs abcr
sei unmöglich. Sein Vorgchen sei bis zum äußersten
zynisch. Cs habe sich in die spanischen Kämpfe
in jeder nur denkbaren Form eingemischt, indcm es
Waffen, Flugzeuge und alle anderen Arten von
Kriegsmaterial an die Bolschewisten geliefert, den Tele-
graphen- und Cisenbahnverkehr mit dem Gebiet der Na-
tionalisten unterbrochen, gleichzeitig aber den Bolsche-
wisten jede Crlcichterung gewährt habe. Denville habe
auch mit eigenen Augen beobachtet, daß Franzosen für
Varcelona offen angeworben worden seien.

RSMrittsgeW Tschimglmscheks.

Crneute Vestätigung in allen Aemtern.

Nanking, 29. Dezbr. (Ostasiendienst des DRB^
Marschall Tschiangkaischek hat dem Ständige»
Ausschuß des Zentralausschusics der Kuomintang-Partei
sein Rücktrittsgesuch eingereicht, in öem er um
Enthebung von allenAemter» bittet. Der
Ausschuß hat jedoch das Gesuch abgelehnt und
Tschiangkaischck sowohl als Präsidenten dcs Militäraus-
schusies und als Präsidenten des Reichsvollzugsamtes so»
wie in allen andern Aemtern wieder bestätigt.

Der politische Zentralrat der Kuomintang hat
auf Antrag Tschiangkaischeks beschlosien, die end»
gültige Beilegung der Tschanghsueliang-Angelegen-
heit an dcn Militärausschuß zu vcrwcisen und alle mili-
tärischen Vewegungen gegen Sianfu einzustellen.

4-

Es wird erst jeht bekannt, datz Marschall Tschiang-
kaischek bei seiner jüngsten Gefangennahme in Sianfn
eine ernsthaste Verletzung davongetragen hat.
Der Marschall suchte zunächst üurch öie Flucht der Gesan-
gennahme zu entgehen. Er stürzte üabei zu Boden und
verletzte sich. Darüber hinaus leidet der Marschall an
den Folgen eines bei der Gefangennahme erlittenen
Nervenschocks und den Nachwirkungen ungenügender
Ernährung. Tschiangkaischek hatte ansangs jsde Nah-
rungsaufnahme verweigert.

4-

Glückwunschtelcgramm dcs Reichsautzcnministers
an Tschiangkaischek.

Verlin, 29. Dezember. Reichsautzenminifter Frei-
herr vonNeurath hat an Marschall Tschiang-
kaischek anlätzlich desien Rückkehr nach Nanking em
Glückwunschtelegramm gesandt.

Dmvser „Palos" medcr stci.

Fortsehung der Reise.

Berlin, 29. Dezbr. Der deutsche Dampfer
„Palos" ist auf Forderung des Kreuzers „Königs-
berg" sreigegeben worden und hat seine Reise fort-
gescht. Dagegen ist ein spanischcr Staatsangchöriger, der
sich an Vord des deutschen Schiffes und damit aus deut-
schem Hoheitsgebiet bcsunden hatte, sowie ein Teil der
Ladung noch zurückbehalten worden. Cine rcstlose Erle-
digung der Angelegcnheit steht also noch aus.

arbriten bie Kenker ln Sowietmßlanb.

Etn SenMer t«'/- Mvnate in Svwjeikerkern.

i:., ^orlin, 29. Dezbr. Die „VZ. am Mittag" vcröffent-
ven erschütternden Berichl eines Deutschen, der
sd"3ahre lang in Sowjetrußland als Ingenieur-
tätig war. Wie so viele Deutsche wurde
wo?-" Nachts verhaftet, ins Gefängnis ge-

weol« untcr öer Anschuldigung der „Spionäge" und
„staatsfeindlicher Umtriebe" den entseh-
lis»"' ausdenkbaren Qualen einer teuf-
1y/x^<5" Untersuchungs.methode ausgeseht.

,/aaale hat der Unglückliche in den Kerkern der
jr-i„ - schmachten müsien, bis er schließlich wieder
hob-n- »t^! ^ " .^rden mußte, weil die gegen ihn er-
brachA Anschuldigungen wie ein Kartenhaus zusammen-

^ele^nn Warschauer Derichterstatter der ,VZ." hatte
aus n-' sait dem „Freigekommenen", desien Name
lväbi--»^ - ndlichen Gründen nicht genannt werden kann,
Uack sEas kurzen Aufenthaltes vor der Weiterreise
^ißt ^^schland zu sprechen. In dem „BZ."-Bericht

I N a Gewährsmann hatte etwa vier Iahre als
^eitet i ^ ^ " r - Spezialist in Sowjetrutzland gear-
er i" Leningrad. Im Fcbruar d. Is. wird

Seholt übliche Art nnd Weise nachts aus dem Vctt
0ete„ """ im Auto, eskortiert von drei Schwerbewaff-
tisch das berüchtigte „D.P.S.", das „Haus für poli-
iiche o .siersuchung" gebracht. Man ninimt eine gründ-
zel-^n^H'^^bisitalion an ihm vor und weist ihm eine Cin-
Vom nächsten Morgcn an beginnen die
suu, o r e, 14 vsz jg Stunden, das ist das tägliche Pen-
Njchs ^as man ihm vorwirft, das erfährt er zunüchst
er bcsq, uach einigen Tagen teilt man ihm mit, daß
de« M^"!aigt ist, „Spionage zu Gunsten einer srcm-
zu „staatsfeindliche Propaganda" getrieben

8 58 Die Anklage stüht sich aus 'dcn berüchtigten
desr, i- 6 und 10 des Sowjctstrafrechtes, der die To-
arase durch Crschietzen vorsieht.

Cin Spihel und ein Mädchen.
in, Hästling erfährt immer noch nicht, was man ihm
zibejs^^nen zum Vorwurf macht, hat jedoch dafür die
jeti,,„Paste Genugtuung, von einem Vsrtreter dcs Sow-
geht ^"tominisiariats selbst verhört zu werden. Cs ver-
höx Ä" Monat. Man holt ihn wieder einmal zum Ver-
^geniif."^ ^r sieht stch einem Velastungszeugen
desi der stch einmal an ihn herangemächt hat, und

Su ses„ ini Verdacht hatts, ein Spihel der GPU.
last!. Die Gegenüberstcllung mit dem anqeblichen Ve-
^3-zeugen bleibt ergebnislos.

^agen "tich erfolgen in Abständen von einem und zwei
do ^?itere Vsrhöre. Ganze neun Minuten täg-
^aziereÜ Gcsangene im Hof zwischen zwei Vajonetten

iibery^u^ anderthalb Monaten erfolgt eine neue Gegen-
^wim- -N- diesmal mit einem jungen Mädchen
klga. ^ssisch^r Staatsangehörigkeit, mit dem der Ange-
s«re >/5"?undet war. Das Kollegium der Kommis-
i>eü leht die Untersuchung führt, sämtlich Iu-
Äeid'. ""^t die freundschastlichcn Beziehungen zwischen
T>rug "us, um auf den Gesangencn einen seelischen
Ugch tz^Zuüben. So z. B. nimmt dcr Gcfanqene, als er
flihrt ^^genüberstellunq wieder einmal zum Verhör ge-
Aus "a- im Zimmcr eincn starkcn Aethergeruch wahr.
ki,r- ^ "^.Fraqe erklärt einer der Kommisiare, datz man
^abe „ r.asuu das junge Mädchen vernommen habe. Cs
sv s<^2,i e s einqestandcn und sei daraufhin in eine
tzilfe 5?? Oh'nmacht gefallen, datz man ürztliche
, Als ^Pruch nehmcn mußte.

'achten n"" - dieser mcderträchtige Druck njchts hals, ver-
^ezei<b„^5 "ommissare es auf eine höchst eigenartiqe und
Weise. aus ihrcm Opfcr ein Geständnis her-
oaen. Sie redeten ihn plötzlich, wührend die Un-

tersuchunq bisher auf russtsch geführt worden war, auf
jiddisih an. Cr sei doch Iude, und sie seien doch
auch Iuden. Cr solle nur alles gestehen, es würds ihm
schon nichts passieren. Ob die Kommiffare dabei wirk-
lich dem allerdings schwer erklärbaren Irrtum verfallen
waren, es mit einem Iuden zu tun zu haben, oder ob sie
ihm nur insofern eine Falle stellen wollten, als sie ihm
einen angeblichen Fingerzeig geben wollten, wie er sich am
besten aus der Affäre ziehen könne, bleibt dahingestellt.
Iedenfas verfing natürlich gerade dieses Mittel am aller-
wenigsten, und nunmehr wandelte fich auf einmal von
einem Tag zum andern die Behandlung des HLstlings.

Cin „Todgeweihter".

Cr wurde in die sogenannte Kategorie I der llnter-
suchungsgefangenen übergeführi, d. h. „Kategorie der
Schwerverbrecher und Todgeweihten", und vor allem be-
kam er einen Wachhabenden vor seine Zellentür. Was
das bedeutete, sollte er bald erfahren.

Inzwischcn waren drei Monate vergangen. Mitte
Mai teilte man dcm Häftling mit, datz die ilntersuchung
abgeschlosien und die Angelegenheit an das Kriegstri-
bünal zur gerichtlichen C'rlediqung weitergeleitet wor-
den sei. Während des ganzen Monats ließ man den Ge-
sangeneu in Llngewitzheit, was mit ihm geschshen werde,
bis er eines Tages sin „günstiges Angebot" erhielt. Man
machte ihm nämlich den Vorschlag, er sollte für irgend-
einen Staatsbetrieb in seiner Zelle eine technische
Arbeit übsrnehmen, sür die er natürlich Vezahlung
erhalten würde. Als der Gcsangene dies ablehnte,
als er scrner zu verstehen gab, dah er überhaupt sür die
sowjetrussischsn Interesien nicht mehr tätig zu sein ge-
denke und schlietzlich seine Behandlung kurz und bündig
als Schweinerei bezeichnete, war cs gänzlich vorbei.

Die Folter der Flüsterstimme.

Nun sollte der Gefangene mit einer Methode der
geistigsn und seelischen Folter vertraut gemacht wer-

den, wie sie nur von wahrhaft teuflichen Gehirnen erson-
nen werden kann.

Denn nun trat der sogenannte Wachhabende in Funk-
tion. Der Gefangene schreckte aus dem Schlaf und hörte
an seiner Zellentür eine slüsternde Stimme: „Cmil —
Schwcinerei!" und wieder: „Cmil — Schwcinereil" So
ging das Nacht für Nacht und Tag sür Tag. Auf die
gleiche Weise, wie dieser Vegriff „Schweinerei", von dem
die teuslischen Psychologen der GKll. mit Recht annah-
men, datz er das Gehirn des Gesangenen in den einsamen,
von keiner Wlenkung ausgesüllten Stunden stark beschäf-
tigsn mutzte, wurden ihm andere Dinge flüsternd sug-
geriert.

So z. V. gewisie Zahlen und Aktenzeichen,
die mit der Anklage irgendetwas zu tun hatten. Cs ist
zweisellos, datz man damit einen einsamcn Gefangenen
zum Wahnsinn treiben kann, und es wird nun vielleicht
klar, wie die kläglichen Zusammenbrüche und Selbstankla-
gen, die man im lehten Trotzkiisten-Prozetz erlebt hat, zu-
standekommen. ilnscr Gewährsmann hat das alles Mo-
nate hindurch ertragen können.

Cr hat es auch vertragen, daß die slüsternde Stimme
vor der Zellsntür Namen seiner garnicht in Sowjet-
rutzland befindlichen Freunde nannte, wobei es ihm
völlig unerklärlich war, wie die Bolschewisten zur Kennt-
nis dieser Namen gekommen waren. Vom Iuni bis Ok-
tobcr wandte man diese Flüsterfolter gegen ihn an. Denn
man hat ja Zeit in Sowjctrußland, und'die Methoden dcr
GPU. sind, wenn es sein mutz, nicht barbarisch plump,
sondern ausgeklügelt „geistig".

Verhör bei ofsenem Zellenfenster.

Ms auch das nichts half, wühlte man etwas andercs.
Man führte mitten in der Nacht, währcnd alle Zellen-
fenster offen warcn, angebliche Zeugenverhöre


Am Kai von Alicante.

Täglich tresfen Transportdampfer mit Kriegsmaterial aus Sowjetrutzland ein, die im
Hafen von Micante ihre Ladung löschen. Dort wurde un-ser Bild aufgenommen. (Heinr. Hofsmann, K.)

durch, laut aenug, datz der Gefangene es höreu konnte.
Bei drefen Zeugenverhören, die teilweise, um die Ver-
blüsfung noch zu vervollständigen, in Deutsch gesührt
wurden, versichertcn angcbliche Zcugen immer wieder dem
Untersuchungsrichter, dätz der Häftling ganz bestimmt ein
„Spion" sei und datz sie die „Veweise dafür in Hän-
den hätten". Dann trat die flüsternde Stimme wieder
in Tätiqkeit und saqte nichts woiter als: „Cmil —
fünf Tage". Auch daraus, datz man ihn Plöhlich zum
Vaden und Rasiereq abholte, sollte der Gefangene
entnehmen, datz seine Vefreiung oder doch sein Prozetz be-
vorstünde. Alles war aber nichts weiter als bewutzts
Taktik, um seine Nerven zu zermürben.

Schließlich brachte man ihn in das sogenannte Ueber-
siedlungsqefängnis, in dem die zur Zwanqsarbeit
Verurteilten vor ihrem Abtransport nach Sibirien unter-
gebracht werden.

Dieser riesige Gefängniskomplex faßt 1 0000 bis
15000 Gesangene und war so überfüllt, datz i«
den Zcllen von acht Quadratmeter Rauminhalt 6 bis
8 Personeu untergebracht waren, die auf dem nackte»
Fußboden schlafen mußten.

Cndlich nach 10>L Monaten gaben die raffinierten
Henker der GFÄ. den Kampf auf. Dis Nerven des Ge-
fangenen hatten standgehalten. Cr erhielt den Auswei-
sungsbefehl und die Weihnachtsfsiertags sahsn ihn
schon im Gefangeuentransportzug unterwegs nach der
polnischen Grenze.

8« Kilmeter Wrmlirsch iii MaWeii.

Der nationale Heeresbericht.

Salamanca, 29. Dezbr. (Vom Sondcrberichterstattcr
des DNV.) In Andalusicn wurden am Montag
laut Heeresbericht des obersten Vcfehlshabcrs zu Sala-
manca die ersolgreichen Operationen der
Südarmee im Frontabschnitt Corboda fortgesetzt. Die
Geländegewinne der lehten Tage, die bei vorzüglicher
Stimmung der nationalen Truppeu unter schweren gsgne-
rischcn Verlusten durchgeführt wurden, betragen über
60 Kilomctcr.

In der Provinz Malaga wurde ein kommunisti-
scher Angriff auf ein kleincs Grenzdors von den Nck-
tionalisten glänzend abgeschlagen. Die Angreiser
ließen in der Amgebung des Ortes etwa 50 Tote zurück.

Auch die Nordarmee war erfolgreich. Im Front-
abschnitt von Tcruel griffcn die Kommünisten unter Cin-
sah sowjetrussischer Tanks an. Die nationalen
Truppen brachten fünf Tanks zur Strecke, schlugeu den
Gegner in die Fluch 1 und machten zahlreiche Gefangene
fremdcr Nationalität, die erklärten, daß ihr Vataillon
bis jetzt über 300 Mann vsrloren habe.

DlNizin m!> Psleii.

Abschiedsesien sür Minister Papve. — Wiederaufnahme
der Vesprechungen.

Danzig, 29. Dezbr. Die Danziger Regierung gab im
Rathaus ein Wschiedseflen sür den als Gesandten nach
Prag versehten diplomatischen Vertreter der Republik
Polen in Danzig, Minister Dr. Papöe und seine Gat-
tin. An dem Csien nahmen außer dcm Präsidenten des
Senats, G r e i s e r, u. a. dcr deutsche Gencralkonsul und
der Doyen des Konsularkorps teil.

Senatsprüsidcnt Greiser richtete an Minister
Papse einige Abschiedsworte, in denen er in besonders
freundschastlicher Weise die Zusammsnarbeit mit ihm und
die Verdicnste Ministcr Papöes an der Verständi-
gung zwischen dem deutschen und dem polnischen Volk
würdigte. Dcr Scnatspräsident überrcichte dcm diploma-
trschen Vertreter der Nepublik Polen im Namcn des
Senats eine Alt-Danziger Koggc.
 
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