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Heidelberger neueste Nachrichten: Heidelberger Anzeiger — 1936 (Juli bis Dezember)

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Heidelberger

Reueste Nachrickten

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290

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Freitag, 11. Dezember

Hauvtgeichäftsstelle Hauvtstraße 23. Fernsprecher-S.-A. 7351—53.
Aweigstelle: Haspelgasse 1.

1936

AwMMl Mliig Etuarts W.

Eein Bruber, der Serzog von Aork, besteigt als Albert I. den englischen Zhron.

Zer MdMmgreiuschllltz.

Eine Mitteilung im Unterhaus.

10. Dez. Ministerpräsident
ffab am Donnerstag um 16.4V Ahr
H z im englischen Unterhaus bekannt, daß
Cduard VIII. abgedankt hat
^iii Vruder, derHerzog von Pork,

^chfolger wird.

^°l ° ldwin betrat kurz nach 16.30 Uhr MEZ.,
seinen Sckretären, das Untcrhaus. Der
hir^ ^ brteilte ihm das Wort. Baldwin erhob sich
""d erklärte, er habe eine Mitteilung
h»bx °a>gs, die diescr persönlich unterzeichnet
^'lhte ^ ^gab sich hierauf zum Sprccher und über-
Tpr^icsem die Botschaft des Königs. Der
sch,^ vcrlas hierauf um 16.43 Uhr die Bot-
"ey ' der K ö n i g E d u a r d VIII. auf sei-
^hro» verzichtet.

^ Die MMullgsurkuiide.

^ Proklamation hat folgenden Wortlaut:

^ ^otschaft des Königs an das Antcrhaus.

"lich ^ langer und sorgsältiger Erwägung habe ich
Esy '"kchlossen, aus denThron zu verzich.
l»ih s. sch nach dem Tod mcines Daters bestiegen habe
ü ieile nunmehr diesen, meinen endgültigen und
(>°°rruslichen Entschlutz mit,
i»hn^r Erkenntnis der Schwere dieses Schrittes
""r hosscn, daß mich meine Völker bei dcr Ent-
^iind"^ iierstehen werden, die ich gesatzt habe, und die
'»>rh ,^,^ie n,ich veranlaßt haben, sie zu saffcn. Ich will
.''hl über meine privaten Gesühle äußern,
^ bitte, daß man sich daran erinncrn möge, datz die
!<et oic ständig auf den Schultern eines Souveräns la-
schwer ist, daß sie nur getragen werden kann
»«d ^ ^wständen, die verschieden sind von denen, »n de-
^slich. i°tzt befinde. Ich glaube. datz ich nicht die
bbersehe, die aus mir lastet, der ich im Vorder-
'ch ösfentlichcn Lebens stehe, wenn ich erkläre, datz
»ich, ,^»ffcn bewußt bin, datz ich diese schwere Ausgabe
°siiU ""lwr mehr wirksam und zu meiner Zusriedenheit

3ch '

daher heute morgen einen Abdankungsakt
'chnct, der folgendcn Wortlaut hat:

Eduard VIII., König von Großbritannien,
ier ^ ""b den britischen Dominions über See, Kai-
lich^^"' Indien, erkläre hiermit meinen unwiderruf-
^ioschluß, sür mich und meine Nachkommen auf
zu verzichten,

weinen Wunsch, datz dieser Akt der Ab-

""gsofort inKrast trete.

1». ^lrkund deffen habe ich eigenhändig an diesem
.^'"ber igzg in Gegenwart der Zeugen, deren
ichristen solgen, unterzeichnet.

Die

(gez.) Cduard VIII.

^irh ^lntcrzeichnung dieses Staatsakts durch mich
'che,, weinen drei Vrüdern bezeugt, ihren König-
^oheiten dem Herzog von Dork, dem Her-
^„t Eloucester und dem Herzog von

^» n,ich ^""bige auf das Ticsste die Gesinnung, aus der
?» "bpellicrt wordcn ist, eine andere Cntschcidung
chlh^ ' Ich habe, bevor ich meinen endgültigen Ent-
habe, ihn aus das gründlichste erwogen.

Aber ich habe mcinen Cntschluß gesaßt. Darüber hinaus
mutz jede weitere Verzögerung höchst schädlich sür die
Völker sein, denen ich versucht habe, als Prince of Wa-
les und als König zu dienen, und deren Glück und Wohl
der ständige Wunsch meines Herzens ist

Ich nehme Abschied in der zuversichtlichen Hoff-
nung, datz der Kurs, dcn zu befolgen ich für richtig
halte, derjenige ist, der dcr beste für die Stabilität des
Throncs, das Rcich und sür das Glück mciner Völker ist.
Ich empfinde auf das Tiefste die Achtung, die sie mir stets
entgegcngebracht haben, sowohl vor wie nach meiner
Thronbcsteigung und von der ich weitz, datz sie im vollen
llmsang aus meincn Nachfolger übertragen werden wird.

Ich wünsche dringend, daß bei der Inkraftsehung des
von mir unterzcichneten Staatsaktes keine Verzögerung
eintritt, und daß alle notwendigen Schritte sofort getan
wcrden, damit mein rcchtmäßiger Nachfolger, mein Vru-
der, Seine Königliche Hoheit derHerzog vonAork,
dcn Thron besteigen kann.

*

Die englische Oeffentlichkeit beschäftigte sich bereits
seit einer Reihe von Tagen in umfangreichem Maß mit
einem Verfassungskonflikt, der aus dem Wunsch
Cduards VIII. entstandcn ist, Frau Crneste
Simpson zu heiraten.

Ein weltgelchichlliches Ereignis.

Hc Der Thronverzicht König Cdu-
ards VIII., womit der Versassungskonflikt
beendet wurde, der seit einigcr Zeit zwischen dem König
und der Regierung Valdwin bestand, ist ein Creignis
von weltpolitischer Bedeutung. Diese Lösung
erschien dem König unabwendbar, weil er es vermeiden
wollte, datz das Parlamcnt vor die Cntscheidung gestellt
wurde, sich sür oder gegen die ^one auszusprechen. Dp-
mit hat ein Konstikt, der seit einiger Zeit wegsn dsr
Heiratspläne des Königs die Oeffentlichkeit beschäftigte,
scinen menschlich-tragischen Abschluß gefünden. Die Welt-
preffe hat in der Vehandlung diescs Falles leider jene
Zurückhaltung vermiffcn lassen, die durch den Anlaß, der
zu der Abdankung dcs Königs führte, sich eigentlich von
selbst gebot. Für die deutsche Preffe ergibt sich erst jetzt,
da die Angelegenheit aus der Sphäre des Privaten her-
ausgetreten ist und zu einer politischen Angelegenheit
wurde, die Notwendigkeit, hierüber zu berichtcn.

König Cduard hat die Krone seines Reiches nur
etwa elf Monate getragen und er hat nicht einmal seine
Krönung, die im Mai nächsten Iahres stattfinden sollte,
erlebt. Schon als Prinz von Wales hatte König Cduard
sich durch die Angezwungenheit seines Wesens und durch
scinen kameradschaftlichen und sportlichcn Sinn die all-
gemeinen Sympathien seines Volkes erworben. Diese
Sympathien stnd noch gewachsen in der Zeit, da er das
Amt des Königs verwaltete, und als im Iuli d. I. ein
Anschlag, der auf ihn versucht wurde, in London erfolgte.
Mit Klugheit und jenem Takt, der ein besonderer
Grundzug seines Wesens ist, hat König Cduard in der
kurzen Zeit seiner Regierung die Pflichten seines Amtes
ausgeübt und er hat sich vor allem durch sein starkes so-
ziales Cmpfinden, das er gegenüber der Arbeiterbevöl-
kerung bewies, das Herz der breiten Maffen in seinem
Land gewonnen.

Als sein Nachfolger wird sein Bruder, der Her-
zog vonPork, nunmehr den Thron besteigen. Die
politischen Auswirkungen des Creigniffes, das jetzt in
Cngland alle anderen Vegebenheiten in den Hintergrund
treten läßt, sind noch nicht zu übersehen. Hofsen wir, datz
die Lösung des Konflikts auch eine Lösung der
Spannung bedeutet, die wir dem britischen Volk
wünschen, weil sie auch zur Veruhigung der Welt
beitragen würde.

König Eduard v»n England.

(Erich Zander 2, K.)

rcL„-s L«r««r«r ^///.

König Eduard VIN. von Grohbritannien und
Irland, Kaiser von 2ndien, wurde am 23. Juni 1894
als Sohn des nachmaligen Kvnigs Georg V. gebvren.
Zu seinem 16. Geburtstag erhielt er den ihm am Thron-
erben zustehenden Titel eines Prinzen von Wales.
Aachdem er ein Vierteljahr aus H. M. S. „Hindustan"
Dienst getan hatte, studierte er in Oxford Staatsrecht
und Geschjchte. Es ist bezeichnend sür seine spätere Ge°
schichte, dah er dort in jeder Hinsicht das Leben seiner
Studiengenossen teilte.

Dei Kriegsausbruch meldete er sich zum aktiven
Truppendienst und wurde zuerst bei verschiedenen hö--
heren Stäben verwendet. Gegen den Willen Kitcheners
lietz er sich an die Front versetzen. 2m März 1916 ging
er als Stabsosfizier nach Aeghpten, besuchte später die
italienische Front, um dann wieder nach Frankreich zu-
rückzukehren.

Rach dem Weltkrieg lernte er auf weiten Reisen
alle Teile des Dritischen Weltreiches kennen. Sein ge°
winnendes Wesen und die volkstümliche Art seines Au-f
tretens machten ihn überall sehr beliebt. Während seine
Aeisen im Anfang hauptsächlich der Jnformation dien»
ten, traf später immer stärker die allgemeinpolitische und
wirtschaftspolitische Bedeutung seiner Auslandsbesuche
hervor. Mit grohem Geschick gelang es ihm, für Groh-
britannien zu werben, was ihm die Bezeichnung eines
„Königlichen Geschäftsreisenden" eintrug.

Am 31. Januar 1936, nach dem Tod seines Daters,
bestieg er als Eduard VIII. den Thron des Dereinigten
Königreiches. Aus der Zeit, da er noch Prinz von
Wales war, ging ihm der Auf eines durch und durch
modernen Menschen voraus. Aus der Jahresversamm-
lung der British Legion im 2uni 1935 bezeichnete er
es als Ausgabe der Frontkämpfer, für eine deutsch -

englische Derständigung zu arbeiten. Den so -
zialen Problemen seines Reiches widmete er vvn
jeher seine besondere Aufmerksamkeit. 2n aller Erin-
nerung steht noch die Reise des Königs in die Wallifer
Notstandsgebiete und sein Versprechcn, sich für eine
Derbesserung der Lage der notleidendenDe-
völkerung einzusetzen.

Eöuard VIII. ist aber auch als Sportsmann her-
vorgetreten. Es gibt kaum eine Art des Spvrtes, mit
der er sich nicht leidenschaftlich beschäftigte.

Durch sein einsaches, sportliches und kameradschast-
liches Wesen, seine eingehende Deschäftigung mit sv-
zialen Fragen, hat sich der Kvnig vor allem in den
breiten Kreisen öer Devölkerung seines Reiches gro-
her Volkstümlichkeit und Deliebtheit erfreut, die bei
zahlreichen Gelegenheiten herzlichen Ausdruck fand.

Für seinen Humor mag hier folgende Geschichte
erzählt werden. Als Eduard im vorigen 2ahr, als er
noch Prinz von Wales war, bei einem Essen der „Ehr-
würdigen Gesellschast der Gärtner" eine der vielen
Tischreden halten muhte, für deren Geist und Witz er
berühmt ist, bekannte er, im Deruf des Gärtner nur
ein junger Amateur zu sein. Llnd er sügte scherzend
hinzu, dah es ihm in den vielen anderen Derufen auch
nicht besser gehe, die mit seiner prinzlich-königlichen
Stellung zusammenhingen: „2ch bin Mitglied der Ge-
sellschaft der Fischhändler, der Krämer, der Gold-
schmiebe, der käusmännischen Schneider und der Mu-
siker. Mein einziger Anspruch auf dieses lehte Amt
ist der, dah ich kürzlich einen langsamen Marsch für
die Dudelsackpfeife geschrieben habe, den ich nicht für
besonders gut halte. 2ch bin Meister der Handels-
schiffahrt. 2ch bekleide den sehr hohen Rang eines
Admirals der Kriegsflotte, aber ich würde niemand
raten, auf einem Schisf zu fahren, auf dem ich Kapitän
wäre oder Ravigationsoffizier."

Äl/Lsrk /»

Nach der Abdankung Kvnigs Eduords VIII. be-
steigt nach dem englischen Thronfolgegesetz der älteste
Druder des bisherigen Herrschers, der Herzog von
Vork, als König Albert I. den englischen Königs-
thron. .

Der Herzog von Pork wurde am14. Dezember 1895
geboren und ist fomit heute 41 2ahr? alt. Er hat bei
mehreren englischen Regimentern gebient und bekleidet
heute hohe Dienststellungen sowohl in der Armee, in
der Flotte, wie in der englischen Luftwaffe. Am 26.
April 1926 heiratete der Herzog Lady Elizabeth
DowesLhon. Cr hat zwei Kinder, die heute zehn-
jährige Prinzessin Clizabeth, die jetzt die Thron-

Hcrzog Albert von Aorck, dcr neue König.

sErich Zander 2, K.)

folgerin ihres Vaters ist, svwie die sechsjährige
Prinzessin Margareth Dose.

Nächst dem bisherigen König ist dsr Herzog von
Vork von allen vier Drüdern der englischen Königs»
familie in der englischen Oesfentlichkeit am stärksten her-
vorgetreten. 2n den letzten 2ahren hat er wiederholt
in Dertretung seines Daters oder des Prinzen von
Wales bei amtlichen Anlässen das Königshaus reprä-
sentiert. Der Herzog hat mehrere Neisen in die bri-
tischen Dominien und die überseeischen Desihungen Eng-
lands unternommen, die sicher dazu beigetragen haben,
ihn auf seine heutige Stellung als Oberhaupt des Bri-
tischen 2mperiums vorzubereiten. Angesichts der lang-
jährigen Chelosigkcit des jetzt zurückgetretenen Königs
Eduard muhte immer noch mit der Möglichkeit gerech-
net werden, dah eines Tages der Herzog Vvn Vvrk
den Thron besteigen würde.

König Albert I. erfreut sich in allen Schichten des
englischen Dolkes grvhter Sympathie. Sehr volkstüm-
lich ist vor allem auch die junge Königin, die bisherige
Herzogin von Vork, die einer alten englischen Adels-
familie entstammt.

Lr/r/«r«r2sAt-/t/^-rrs-rrr H«k«rL«««

«« L«r ÄLÄ«-»L«r-s L«/««r«/s k<///. /r«rrr.

Nach der Verlesung der Abdankungsbotschaft des
Königs stellte Premierminister Baldwin im Unter-
haus den Antrag, die Botschaft des Königs zu be-
raten und gab anschlicßend eine längere Erklä-
ru>ng ab, m der er eine Darstellung seiner Verhand-
lungen mit dem König gab. Nach Schluß dieser Rede
stellte er den Antrag, das Haus zu vertagen, da-
mit noch heut« die erforderliche Gesetzgebung
über den Thronwechsel eingebracht werden könne.
Baldwin kündigt« ferner an, es sei notwendig, dah
das Unterhaus die gesamte Gesetzgebung im Lauf des
morgigen Freitag verabschiedet. Da der Führer der
Opposition keinerlei Emspruch erhob, vertagte sich das
Haus zunächst bis 6 Uhr.

Jn seiner Rede sührte Premierminister Baldwin
etwa folgendes aus:

Riemals habe das Parlament eine schwerwiegen-
dere Botschast erhalten, und niemals sei einem Pre-
miermmister eine schwierigere und peinltchere Auf-
gabe zugefallen. Er werde das, was er zu sagen habe,
wahrheitsgemäß, aufrichtig, einfach und gerade
sagen, ohne einen Versuch, zu färben oder auszuschmnk-
ken. Er werde keinerlei Kommentare geben, kritistercn,
loben oder tadeln.

Das veste, das er tun könne, sei, dem Haus zu
sagen, was sich zwischen ihm und dem König
abgespielt habe und was zu der gegenwärtigen
Lage geführt habe.

Er wolle dabei feststellen, datz der König, als er noch
Prince of Wales gewesen sei, ihn viele Jahre
hindurch mit einer tiefen Freundschast geehrt
habe, die er hochschätze. Er wolle dem Haus mitteilen,
daß bet dem Abschied im Fort Belvedere Dienstagnacht
sowohl der Köniq als er selbst gewutzt nnd gcfüblt
hätten, daß ihre Freundschaft durch die Besprechungen
in den letzten Wochen keinen Schaden genommen habe,
sondevn im Gegenteil enger geworden sei und das
ganze Leben hindurch daüern werde.

Baldwin ging dann zur Aufzählung der
Tatsachen über. Er erinnerte das Haus daran»
datz er im August und September habe Erbolungs-
urlaub nehmen müssen und fubr dann wörtlich fort:
„Als ich znrückkam, beunrubigten mich zwei Dinge.
Jn mein Amt strömten zahlrciche Briefe. vor allem
von britischen Nntertancn und anlerikansichcn Staats-
bürgern britischer Herknnst und auch einige aus dcn
Dominien. in denen Bestnrzung und Besorqnis über
die Beröffentlichunaen der amsrikanisch-'n Preste zum
Ansdruck kamen. Damals wurde mir klar, daß eine
S ch e i d u n g s a n g e l e g e n k e i t in Ausstcht stand,
und ich erkannte. daß daraus später eine schwicriqe
Lage entstehen könntc. Fch war der Ansicht, daß je-
mand den König anfsuchen sostte. »m 'bn vor der
rchwicrigen Laae zu warncn. die stch sväter ei-n-ben
könnte, wenn dieker Art von Geichwätz und Kritik Nah-
runa gegeben würde.

Unier don gegebenen Umständen konnte nur ein
Mann diese Angelegenheit mit dem König besprechen,
der Premierminister. Jch beriet mich mit keinem mei-
ner Kollegen. Deshalb teilte ich dem König mit, daß
ich ihn völlig privat im Schloß Belvedcre zu
sprcchen wünsche. Wir trafen uns dort am D'enstag,
den 20. Oktober. Der Berater der Krone ist sür sei-
nen Herrn obne jeden Wert, wenn er ibm nicht jeder-
zeit die Wahrheit so sagt, wie cr sie sieht, ob diese
Wahrheit nun willkommen ist oder nicht.

Der König hat sich die ganze Zeit hindurch in kei-
ner Weise durch irgend etwas, was ich ihm sagte, belei-
digt oder verletzt gefühlt. All unsere Besprechungen
sind so geführt worden, datz unsere gegenseitige
Achtung zwischen uns ständig wuchs.

Jch sagte Seincr Majestät, daß ich in doppelter
Richtung grotze Beforgnisse hege, erstens
wegen der andauernden Kritik, die zur Zeil
in der amerikanischen Preffe, in den Dominicn
und bcsonders in Kanada laut wurde, und zwei-
tens wegcn der Wirkung, die diese auf Eng-
land sclbst haben würde.

Weiter erinnerte ich ihn an das, was ich auch ihm und
seinem Bruder in den vergangenen Jahren gesagt
habe, nämlich daran, daß die britische Monarchie eine
einzigartige Einrichtung ist. Der englischen
Krone seien Jahrhunderte hindurch viele ihrer Vor-
rechte genommen worden. Aber heute stche sie, obwohl
das eben Gesagte immer noch gilt, viel höher da, als
zu irgend einer Zeit in der Geschichte unseres Landes.
Es stehe außer Frage, daß es von wesentlicher
Bedeutung sei, sie unversehrt zu erhalten.
Denn sie sei nicht nur das letzte übrig gebliebene
Bindeglied innerhalb des Empires,
sondern ste sei für England — solange sie besteht —
auch die Garantie dafür, daß das Land vor vie-
len Uebeln bewahrt bleibe, dic viele andere Länder er-
faßt und geschädigt haben. Diese Ansicht würde all-
gemein geteilt; dabei hingen diese Ansichten sehr weit-
gehend an dem Respekt, der in den letzten drei Gene-
ratione'N der Monarchie entgegengebracht wurde.

Angesichts dieser Kritik, der die Krone ausge-
setzt worden sei, könne die Macht der Krone schneller
vergehen als sie gewachsen sei. Wenn sie aber einmal
verlorengegangcn sei, so sei es mir zweifelhaft, ob
irgend etwas sie wiederherstellen könne.

Das waren die Grundzüge meiner Rede. Aus die-
sen Gründen äußerte ich Besorgnisse und den Wunsch,
datz einer solchon Kritik der Grund entzogen
werden möge. Meiner Ansicht nach, so führte ich
aus, würde jedes irgendwie geartete Handeln durch
die Auswirkung einer solchcn Kritik aufgewogcn
werden.

Jch sagte Seiner Majestät, daß ich gehofft hätte,
seine Reaierung werde eine große Zeit in einem
neuen Menschcnalter sein. Er habe so viele der da-
für notwendigen Eigonschaften. Jch sagte ihm, datz
ich mit ihm als Freund fprechen wolle, um festzustel-
len, ob ich ihm in dieser Sache helfen könne. Jch
habe nicht um die Erlanbnis gebeten, das zu sagen,
was ich jetzt sagen will. Jch glaube aber nicht, datz
es der König übel nimmt.

Der Künig hat mir nicht nur einmal, sondern
viele Male gesagt: „Sie und ich müssen dicse
Angelegenheit zufammen regeln. Jch wünsck-e
nicht, datz sich irgend jemand einmischt."

(Beifall.) Baldwin erklärie dann, er habe den KSnig
darauf hingewiesen, daß bei einer Scheidung der Da-
me fei'ner Wahl, Frau Erneste Simpson, von
ihrem bisherigen Gatten nach dem Urteil die Ange-
legenheit für einige Zeit würde in der Schwebe blei-
ben müssen. Diese Schwebezeit könne verhängnisvoll
werden, weil dann jedermann die Möalichkeit haben
würde, zu reden. Denn eines Tages würde die Presse
 
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