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Heidelberger neueste Nachrichten: Heidelberger Anzeiger — 1936 (Juli bis Dezember)

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Herdelberger

Neueste Nackrickten

S Mon-lllch 2.20 «m. l->nschl. 27 Kpsg. Tr-g-rl°hn»

»albmonatlich l.la Rm. l-imchl. Tr-g-rloqn». «ei den Abholstell-n
monailich 2. - Rm. -»albmon-tlich l.— Rm. Durch di- Post b-zogsn
«A"»Ech2.20Rm. .Ein chl. voitb-iörd-rungsi-biihr-n» un» SS Rpsg.
U-Nellgsld. , Der 3-zugspr-is ist voraus zahlbar. Linz-lnummsr
^ am Lr ch-inen o-rhind-rt, b-st-ht k-in

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Nr. 224

Druck unv Lerlaq oon Frreürich Schulze in Heidelberg.

SÄriftleitunc,: Hauvtitraße 23 Fernsvrecher-S.-A. 7351—53.

Donnerstag, 24. September

Hauptgeschäftsstelle Hauptstraße 23, Fernsprecher-S.-A. 7351—53.
Kweigstelle: Haspelgasfe 1.

IS36

Geilser öchatte«.

, Aeber den Genfer Völkcrbund hat sich ein riesengro.
M Schatten erhoöen, dessen Umrisse manchmal so aus-
^ycn wis der schwarzbärtige Negus Haile Sclaffie;
"sanchmal aber auch so wie Litwinow oder wie sein spa-
^scher Gesinnungsgcnoffe Del Vaym Dieser D e l
^sayo bczeichnet sich als Autzenminister der Links-Re-
werung in Madrid, die selbst nach dcn Regeln der par-
ainentarischen Demokratie nicht als rechtmätzigs Regie-
"hg ancrkannt werden kann, weil keine Parlamentsmehr-
y/st da ist, die sie aus dcn Schild crhoben hat und stüht,
^Itwinow sucht den Genser Völkerbund so oder so in
Cnge zu treibcn; entwedcr durch das Doppelspicl um
Zulaffung des Negus und sciner Gesolgsleute odcr
?°er durch die Taktik, dcn Völkerbund als solchen in dcn
manischen Vürgcrkricg hineinzuzerrcn. In bcidcn Iällen
^teichi Moskau das, was es will: ein europäisches
^urcheinander, aus dem zwar wohl kein Krieg hervor-
x^hen kann, jedenfalls aber ein Spannung zwischen
grotzen und kleinen Mächten, die sich vorteilhast für
te unterirdische Wühlarbeit Moskaus ausnuhen lätzt.

Wer dem Ncgus geraten hat, nach Genf zu fliegen,
?h>tz dcm Genser Völkerbund eine ncue und schwere Rie-
^rlage nicht nur wünschen, sondern zu vcrmitteln suchen,
-Us ja in ver Hauptsache auch schon crreicht ist. Dcr
<iolkerbund hat dcm Ncgus nicht helfen können, als die

Bet -en sreßen SerbMungen.

Sm Nugzeug über -en Fronten von Rot nnd Aau.

ser

.noch unbeschränkter Herrscher über Abeffinien war;

>si schon mehr als ein Treppcnwih dcr Zeitgcschichte,
?>onn der Völkcrbund nun hclfen soll, nachdcm der Negus
M noch als Flüchtling angesehen werden kann. Der
>ygus hat ofsenbar nie verstandcn, datz es um ihn selbst
?Uch in Gens zu kciner Zeit gegangen ist, sondern nur
urum, wicweit gewisse Grotzmächte wagen dürfen, ge-
Mt Italien zu handcln, wenn nicht die Absicht bcsteht,
Dtalien ausdrücklich zu verprcllen, Diese Absicht war und
>t nicht vorhanden, weshalb auch in Genf keincrlei Ver
niaffung bestünde sich noch viel um dcn Negus zu küm
"Srn. Datz seine Vertretung dann doch zugclaffen wurde,
77 wer »nundert sich übcr solchen Seitensprung? Wcnn
7- ans Verhandeln gcht, wird man schon einen Vor
wand zum Verschiebcn sinde».

. Dcr Genfer Völkerbnnd kann nun cinmal nicht von
Fehlcrn und Gcgensähen los, die sein Werdc» und
Gcschichte bis hcutc ausmachen. Ursprünglich sollte
-n Gcnfer Völkcrbund eine überparteiliche Cinrichtung
,, e. ^uzu bcstimmt, der Vcsricdung und dem Ausgleich
,"ch>enen, währcnd cr in Wirklichkeit nichts anderes war
d ° sit als cin Mittel, um die vcrhängnisvollen Fehler
vni- ^rsailler Politik zu dcckcn. Wenn ctwas anderes
. r den Genfqx Völkerbund gebracht wird, so hat es bis-
cinen Versaaer geqcben, sowohl im Fcrnen
Südamerika, schlietzlich auch in dem Streitsall
t ijchen Italicn und Abcffinicn.

„ . >?Ewinow treibt sein Doppelspiel weiter. Cngland
Zm Frankrcich wünschen den Negus-dahin, wo der rote
Vfeffer wächst. Das ist bcstimmt nicht Gcnf und setne
-tmgqh,,^ Litwinow dagegen ermuntert die
'teinen Mächte, den Negus nicht im Stich zu las°
wn wis es denn auch Litivinow war, der tüchtig dazu
balf, ven Genfer Völkerbund in den gesährlichcn Kurs
vw Strasmatznahmen gcgcn Italien hineinzutreiben,
Ausschllfle, die dieser Völkerbund auch bei dieser
Herbsttagung eingeseht hat, ändern nichts daran, datz es
, ?nf einsach unmöglich ist, cine Politik zu beginncn, die
wtrklich auf Nccht und auf Lleberparteilichkcit ausgcbaut
m. Cine solche Politik würde es nicht zulaffcn, datz an
Versammlnng des Völkerbundes noch der Vertre-
i.?r eincr konimunistisch-anarchistischen
^egierung teilnehmcn dars die sich nicht auf einc
ir'olksvertrctung sondern n»r aus Mordbanden und auf
^trahenpöbel stützen kann, Das gilt für die Regierung,
°P.iur Zeit in Madrid die begrenzte Macht an sich
swriffen hat. Cine Regierung, die sich weigert, selbst einen

^"l'sirrkrisg nach den Grundsähen zu führen, die, wenn
mcht vom Völkerrecht, so doch von dsr menschlichen Ge-
"tung bestimmt sind. Diese rote Reqierunq in Madrid
" autzerstande, das ganze Land zu beherrschen. Ganz
?ugesehen davon, dah diese Regierung auch nicht weih, ob
-hre Mitglieder nicht morgen schon vor einem Sand-
oaufcn stehen. Gcrade das ist für Litwinow und seine
Molasleute die Veranlaffung, irgendwo den Genfer
70 lkerbund vor die Entscheidung zu stellen, fich in
Bürgcrkrieg so einzumischen, datz es der roten
^chreckcnshcrrschaft in Madrid nüht, wobei daran zu er-
'Niiern ist, datz der Völkerbund als solcher auch heute noch
">cht das Kaiserreich Mandschukuo anerkannt hat, obschon
d'tdnuna und Sicherheit in diesem Land wahrscheinlich
bcstellt sind als in — Spanien.

Welchen Wert haben heute noch die Veschlüffe und
^ntschcidungcn des Gcnser Völkcrbundes? Dah hinter
°em Völkerbund einige Grotzmächte stehen sowie ein gro-
ner Teil dcr mittleren und klcincrcn Staatcn, das schafst,
^ie die Crfahruna aelehrt hat, »och keine politische oder
?ar nnlitärische Macht. Cs hat auch nicht dazu aereicht,
vem Völkerbund ein Aniehcn zu geben, das allcin qe-
?ngt, um seinen Vcschlüffcn Achtung zu erzwingen. Da-
??iksnnt der Völkerbund sehr wohl seine
-?ehlsr und Mängel und dis Krsachen, aus denen
diese Fehler und Mängel ableitsn laffen. Auf der
^.ommertagung wurde sogär be'chloffcn. im Herbst be-
n»»mt etwas gegen dicse Fehler und Mängel zu tun,
aiso den Völkerbund grundsählich »mzubauen oder neu-
iugestalten, Tlllcin bei dem Vorsah ist es auch aebliebcn,
»>Mal inzwilchsn bekannt geworden ist, datz nicht alle
Aotzmächte die Aufsaffung teilen, datz dieser Gcnfer
^ölkerbund eine neue Grundlage braucht, um wirklich
zu sein, was er seinem Wesen nach eigentlich sein

Nlust.

Wäre der Völkerbund ctwas mehr als eine Ver-

Zwischen BozMerg M R-m.

Der Entscheidungsschlacht entgegen.

Vad Nauheim, 23, Sept. (Vom Sonderberichterstat-
ter des DNB.) An der ganzen Front, die sich im Lauf
des Dienstag auf dcm giohen nord-südlichcn Verkchrs-
weg zwischen dem Vogelsberg und den Ausläufern der
Rhön abgeseht hatte, herrschte amdritten Tag die-
ses „Kriegs im Frieden" eine ungewöhnlich lebhafte
Tätigkeit, wenngleich der Kämpf noch nicht in den
entscheidenden Abschnitt getreten ist. Aus den zahlreichen
kleineren Gefechtän aber und noch mchx aus den
Vorbcreitungcn, die auf beiden Seiten am Mittwoch ge-
trofsen wurden, läht sich erkennen, daß eine Cntschei-
dung nahe bevorsteht. Obsie gerade in diesem
Abschnitt und wann sie überhaupt fallen'wird, ist bei der
völlig frcicn Durchfllhrung dicser grohen Uebung nicht
vorherzusagen.

Außerordentliche Marschleistungen.

Der Anqriff, den vas V. (rote) Armeekorps
im Lauf des Dienstag in nordöstlicher Richtung vorgetra-
gen hatte, brachte ihm vornehmlich aus dem linken Flügel
bei der 15. Division durch den überraschendsn und durch
Nebel begünstigten Cinsah von Panzer-
kampfwagen einen Geländegewinn von mch-
reren Kilometern ein. Cs gelang diesen Cinheitcn, bis
in die feindlichcn Artillcriestcllunqen vorzustohen, und die
nachsehenden mcist süddeutschen Truppen wuß-
ten dicse Stellung zu behaupten, während der Gcsamt-
angrisf in der allgemcinen Linie Crainfeld im Slldwesten
dcs Vogelsbergcs und Schlüchtern etwa in der Mitte dcr
grohen'Verkehrsstrahe Hanau-Fulda zum Stehen kam.

Das IX. (blaue) Armeekorps hatte bei dieser

Lage seine rückwärtigen Kräste zum Teil in Gcwalt-
märschen herangezogen. Dabei legte ein wcstfälisches
Infanterieregiment in 24 Siunden 75 Kilometer zurück,
eine ganz außcrordcntliche Leistung, wenn man die mchr-
bach geschilderten Geländeschwierigkeiten und den Ilmstand
bedenkt, dah die roten Kampfgeschwader, die durch ihre
Aufklärung von der Verstärkung wußten, alles daranset-
zen, durch dauernde Tiefsliegerangrisse den Vor-
marsch zu becinträchtigen.

Lebhafte Fliegertätigkcit.

In der Nacht zum Mittwoch stcllte sich das IX. A r -
meekorps, das durch dic Heranführung sciner rück-
wärtigcn Kräfte die bisherige zahlenmäßigc ileberlegen-
heit des Gegners ausgeglichen hatte, zum Angriss
bereit. Not hatte die blauen Marschkolonnen nördlich
von Fulda wicderholt durch Kampfgcschwader angegris-
fen, die durch die schlechte Wetterlage in Höhen von 20
bis 100 Meter flogen. In der Abwehr hatte die geg -
nerische Flakartillerie mit ihrcn leichtcren
Maschinenwaffen wiederholt Crfolg, während dis schwcren
Flakgeschühe ivcgcn der geringen Höhe der anfliegenden
Kampfslugzeugen nicht zur Wirkung kamen. Die angegrif-
fcnen Marschkolonncn verhielten sich bei den Flicger-
angriffen außerordentlich geschickt, und in der Tat häbcn
sie sich auch in ihrem schnellen Vordringen nicht aufhalten
laffen.

In Ilebereinstimmnng mit der Gesamtlage an der
Front entschloß sich der Kommandierende Gene-
ral desV. Armeekorps zurVerteidigung.
Die im Verlauf des Dienstag erreichten Stellungen wur-
den mit schwachen Krästen gehalten, während im rückwär-
tigen Gelände des Gesechtsstreifens zugleich neue Stel-
lungen vorbereitet wurden.

Auftakt der Kämpfe am Mittwoch.

Der Morgen des dritten Kampftages sah die Fron-
ten in dichtem Nebel, der sich aber in den Vormittags-
stunden rasch verlor. Im Schuh dieser Ansichtigkeit ging
daslX. Armeekorps in mehreren Gesechtsgruppe»
abschnittsweise in südlicher und südwestlicher Richtung
vor. So kam es überall zu heftigen Kampfen unter star-
kem Cinsatz der schweren Infantcricwasscn und der beider-
seitigen Artillcrie, die mchr und mchr die Kampshand-
lungcn beeinflußten. Das klare Sonnenwetter
kam cbenfalls den Llnternehmungcn beidcr Parteien in der
Luft sehr zustatten, und mit stärken Cinheiten qrifsen die
bciderscitigen K a m p f g e s ch w a d e r die Lusthäfen im
Hintcrland an. Cbcnso wurden mehrfach crbitierte
Kämpse zwischen Aufklarungs- und Iagdstaffeln beob-
achtet.

Haltung und Disziplin der Truppcn bewunderungs-
würdig.

Seit drei Tagen und zwei Nächten
sind dieTruppen eingeseht. Der Anmarsch, die
Vildung und Verstärkung der Front, die beweglichen Ge-
fechte sind nicht spurlos an ihnen vorübergegangen. In
beiden Nächten häben sie nur wenigeStundeu
Ruhe gesunden. Ihre Führung nimmt jede Gelegen-
heit wahr, ihnen durch einen Wechsel zwischen dem vor-
dersten Frontabschnitt und den Reservestellungen oder
während der kurzcn Kampfpauscn einige Crholung zu ver-
schafsen. Ilinso bewunderungswürdiger ist die Haltung
und die Disziplin der Truppen, die vor allem auf den
außerordentlich stark in Anspruch genommsnen Strahen
in die Crscheinung tritt. Sie ist buchstäblich über alles
Lob erhaben.

Mit größter Anteilnahme folqen die Vewohner
des schönen hessischen Landes den Kampshandlungen. So

Komöble ln Genf.

Dtt Bölkerbund Wt MmMtNd AbeWkn r«.

Alse tei« HWer Wedszericht!

Annahme der Zulaffung mit 39 gegen 4 Stimmen.

Genf, 23. Sept. Dcr Vollmachtenprüsungsausschuß
der Völkerbundsversammlung beschloß am Mittwoch, der
Versammlung dieZulassung dcr abcssinischen
Vertreter vorzuschlagen.

Cntgegen der Stellungnahme der Iuristen, die
eine Vefassung des Haager Gerichtshofes angeregt hatten,
stellte sich der Ausschuß auf den Standpunkt, datz die
Zweifel über die Gültigkeit der Vollmachten der Abessi-
nier nach allgemeinen Rechtsgrundsähen zu ihren Gunsten
wirken, und daß sie deshalb von den Arbeitcn der Ver-
sammlung nicht ausgeschloffen wcrden könnten.

Die Völkerbundsversammlung hat dann
den Antrag des Ausschuffes mit 39 gegen 4 Stimmen bei
6 Cnthaltungen angenommen.

Der Sprecher erklärte, da nach Artikel 5 der Ge-
schäftsordnung der Versammlung jeder Vertreter,
deffen Zulaffung Widerspruch findet, vorläufiq
an den Sihunqen mit denselben Rechten wie die anderen
Vertreter teilnehme und die Cntschließung des Haa-
ger Gerichtshofes voraussichtlich erst in einigen
Wochen vorliegen könnte, habe schließlich die Äuf-
faffunq überwogen, datz die Anrufung des Haag keine
praktische Vedeutung haben würde. Als beste
Lösung sei deshalb der Vorschlaq angesehen worden, did
von der abeffinischen Abordnunq vorgclegten Vollmachtcn
troh des Zweifels, der über ihre Ordnungsmätzigkeit be-
steht, als hinreichend zu bctrachten, um dicser Dcle-
gation die Teilnahme an der gegenwärtigen Tagung zu
gestatten, Diese Auffaffung habe die einstimmige
Billigung d«s Ausschusses gefunden, der dabei
von der Crwägung ausgegangen sei, daß angesichts der

gegenwärtigen Lage in Abessinien der Zukunft in keiner
Weise vorgegrifsen werds, wenn man sich mit der nur
für die gegenwärtigs Tagung geltenden Lö-
sung begnüge.

Der abessinische Delegierte Taezaz machte
Vorbehalte gegen die Vegründung des Ausschußberichts,
nahm die Schlußfolgerungen aber mit Dank an. Der
Aufruf der einzelnen Abordnungcn ergab die Annahms
des Verichts nut dem erwähnten Stimmenverhältnis,
Mit Nein stimmten Oesterreich, fingarn, Albanien und
Ccuador. Stimmenthaltung erklärten Bulgarien,
Panama, Portugal, Siam, die Schweiz und Venezuela.
Äfghanistan, Volivien und Chile habcn an der Ahstim-
mung nicht teilgenommcn.

*

Die abessinische Delegation siht also wieder im Völ--
kerbundssaal! Llns Deutschen ist dieses Schauspiel in
Genf ziemlich unverständlich. Wir können nicht
recht begreisen, weshalb die internationale Presse den
Dingen nicht offen ins Gesicht sieht und sich durch sen-
sationelle mehrspaltige Lleberschristen aus der Verle-
genheit heraushelfen will, in die sie durch die Llnmög-
lichkeit kam, diese neuesten Genfer Machenschaften als
ernsthafte politische Wirklichkeit anzusehen. Für den
politischen Dlick des Deutschen ist die Entwicklung in
Abessinien beendet, und für die ehrlichen Deurteiler in
den politischen Kanzleien und Redaktionen der Haupt-
städte Europas ist es gewih ebenso klar wie für uns,
datz Abessinien unabänderlich eine italienische Kolonie
geworden ist. Es kvnnte sogar sein, dah die politische
Zentrale Europas, aus der jeht das Wehgeschrei am
lautesten tönt, in ihren Schränken ein Aktenstück findet,
auf dem sie Jtalien ausdrücklich das Recht der abessi-
nischen Ausbreitung zugestanden hat . . .

Da berührt es uns seltsam, wie die jeht leitenden
Männer in Genf mit der Zulassung der abessinischen
Delegation, der ja jeder Voden unter den Fühen fehlt,
ein Hemmnis gegen die europäische Deruhigung errich-

ten, für die sie angeblich allein nur arbeiten. Damit ist
dem Friedennicht gedient, dah Scheinpositio-
nen, die durch den ehernen Gang der italienischen Poli»
tik schon längst erledigt sind, mit allen Mitteln diplo-
matischer Dölkerbundsrabulistik von neuem verteidigt
werden.

Diese Genser Tragikomödie ist also nicht ge-
eignet, die Gesühle für den Dölkerbund als Hüter des
echten Friedens zu bcgeistern.

anstaltung, auf der geredet wird, wäre er eine Cinrich-
tung, um das finrecht zu wehren und das Recht zu sichern,
so hätts er zu Veginn dieser Tagung schon den Beschlutz
faffen müffen, von sich aus in Spanicn einzugreifen, um
den roten Schreckensmänncrn in Madrid nicht nur das
Recht abzusprechen, sich Regicrung z« nennen, sondern
auch die roten Mordbanden zu entwasfnen. Dann wäre
der Weg sür cin neucs Spanien frei. So aber ist es ein
Schatten, der über Genf lagert.

Kleine Meldungen

— Die schwedische Negierung hat Mittwoch vormit-
tag ihren Rllcktritt erklärt, den sie schon angekündigt hatte.

nachdem die Neuwahl den Sozialisten die Mehrheit
brachte. Der König hat den Führer der Sozialdemokra-
tischen Partei, Hänsson, mit der Kabinettsbildung
beauftragt. Hanffon hat den Auftrag angenommcn.

— Der bishsrige abeffinische Gesandte in Paris,
Wolde Mariam, hat sich am Dienstag nachmittag
in die italienische Votschaft begebcn, um sich dcr itali c-
nischen Regierung zu unterwerfen.

— Marxistenverhastungen in Estland. Die politi-
sche Polizei än Reval hat eine Reihe von marxistisch
eingestellten Personen verhastet, die stch in ausrcizender
Weise über die Anordnungen der Rcgierung gcäutzert
hattcn.

Die SchwierWeiteii iu Gens.

Paris auch weiterhin stark bcunruhigt.

Paris, 23, Scptember. Auch die Pariser Mend«
prcfle sieht in der Wendung, die die Dinge in Genf ge-
nommen habcn, cincn bösen Schlag sür dis
französische Politik, der nicht zuleht von Sow-
jctruhland in der Pcrson Litwin 0 ws geführt worden
sei. Die Sowjets beabsichtigen nach Ansicht der rechts-
stehenden „Liberte", Wirrwarr zu stistcn, um so den
Zusammcntritt dcr Fünfmächtekonserenz, die als Cckstein
der französisch-englischen Diplomatie zu gelten habe, zu
verhindcrn. Das „Iournai des Debats schreibt, Sow-
jetrußland verfolge beharrlich sein Ziel, das europäische
Durcheinander zu verlangern.

Der „Temps" warnt davor, ein etwaiges Aus-
scheiden Italiens in Gens auf die leichte Schulter
zu nehmen. Möglicherweise würde das die Vertreter gs-
wiffer zweitrangiger Mächte, die sich einer neuen Kriegs-
gefahr ausgesetzt glaubten, nicht sonderlich beunruhigen-
Aber das trefse nicht auf die Nafionen zu, die wützten,
datz die ständige tätige Mitwirkung Italiens
für den Aufbau des Friedcns unerläßlich sei. Das
Fernbleiben Italiens aus Genf lähme bereits die Vor-
bsreitung der Fünferkonserenz. Cs sei sogar zu
befürchten, daß bei weiterer Zurückhaltung Italiens dis
gcplante Konferenz überhaupt nicht statt-
finden könne,

„Gcwiffenlosigkeit der Genscr Einrichtung."

Mailand, 24. September. (Cigene Funkmeldung.)
Der Veschluß des Völkcrbundcs, dic Vertreter dcs Re-
gus zu den Verhandlungen zuzulaffcn, wird von der
MailünderPresse in ihren lleberschristen als em
neues Zcichen für die „Gewiffenlosigkcit" der Genfer
Cinrichtung hingestellt, durch die die Unordnung in
Curopa när noch verstärkt wcrds,

Die dänische Preffe übcr dcn Genser Cntschlutz.

Kopenhagen, 24. September. (Cigene Funkmeldung.)
Die Genfer Cntscheidung sür die Teilnahme der abeffini-
schen Abordnung an der Tagung des Völkerbundes nimmt
in der Kopenhagener Preffe cinen grötzeren Raum ein.
Der nach Genf entsandte Sonderberichterstatter der
„Verlingske Tidende" erklürte u. a., daß die gcstrige Ab-
stimmung cntschieden eine Niederlage für die
französische und englischc Diplomatie sei.
Die „National-Tidende" meint, datz im Zusammcnhang
mit dcm durch die Cntscheidung dcs Völkcrbundes be-
dingten Fernbleiben Italicns aus Genf die
W e st p a k t k 0 n f c r e n z als erledigt bctrachtct wer-
den müsie.

Bild links:

Panzerwagen auf dem Bormarfch.

lAtlantic, K.)


Bild rechls:

Die ausländischen Manövergäste.

Ausländische Militärattachös ver-
iolgen interessiert die Uebung.

(Atlantic, K.)
 
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