Nr. 223
Seite 2
Fernsprechrr-S.-A. 7351—53.
„Zeidelberger Neueste Nachrichten" — ^Heidelberger Anzeiger"_ Mittwoch. 23. September 1936
den Einsatz der Panzsrkampfwagen haben die roten An-
greifer überrafchenb schnell Voden gewonnen und eirrige
wichtigs Höhenpunkte besetzen können. Das unübersicht-
liche Gelände scheint jedoch den beabsichtigten Durch-
bruch vereitelt zu haben, denn aus dem rechten Flü-
gel dsr blauen Armse, der den Hauptstotz auszuhalten
hatte, werden bei unserem Cintreffen schon die Kräfte
für einen Gegenstotzbereitgestellt, während
in den Waldungen noch immer ein heftiger Kampf tobt,
und dis blaue Artillsrie, deren Stellungen durch vor-
züglichs, dem Gelände angepatzte Tarnungen kaum
zu erksnnen sind, mit einheitlichem Feuer in den Kampf
einzreift.
„Die Stellung wird gehalten."
Obwohl an die Truppen, Angreifer wie Verteidiqer,
am Vortag und zum TeU auch noch in der Nacht auher-
gewöhnliche Anforderungen gestellt wurden, zeigen fi« eine
bemerkenswcrte Frische, die nicht zuletzt dadurch er-
reicht worden ist, datz ihre Führer durch klugen und ver-
teilten Cinsatz ihrer Truppe auch im „Dewegungskrieg"
noch immer Zeiten dsrRuhezu verschaffen wissen.
Nicht zuleht aber trägt zu der guten Stimmung die Än-
teilnahme der Zivilbevölkerung bei, die nicht
müde wird, den Soldaten der jungen deutschen Wehr-
macht, soweit es in ihren Kräften steht, Crleichterun-
gen zu verschaffen. Vezeichnend für dsn Geist dcr hier
in schwerem Kampf liegenden Truppen ist die Antwort,
die uns die in vorderster Linie kämpfenden Verteidiger
der blauen Armee auf unsere Fragc nach den Kampfaus-
sichten zurufsn: „Die Stellunq wird gehalten!"
Rote Amtrlebe ln Betglen.
SaS KabMll bMIW SicherunsSmaßmbmen. - Str WnssensMbunmn.
AnSllordentlicherKnbmeNsratembkknsen
Llmfangreiche Waffcnschiebungen nach Spanien
aufgedeckt.
Vrüsiel, 22. September. Ministerpräsidsnt van Zee-
land hatdieMitglisder des Kabinetts für
Dienstag abend zu einer Sitzung einberufen,der
man in politischen Kreisen eine besondere Vedeutung bei-
miht. Man nimmt an, dah der Iustizminister bei dieser
Gelegenheit nicht nur über die Matznahmen berichten
wird, die zur Aufrechterhaltung der Ord-
nung im Innern in Ausficht genommen sind, sondern,
daß er auch Mitteilungen über das Crgebnis der ftn-
tersuchungen machen wird, die von den Gerichts-
bshörden in diessn Tagen in verschiedenen Teilsn Bel-
giens durchgesührt worden sind. Diese Antersuchungen
habsn einerseits zur Aufdeckung von umsangreichen Waf-
fenschiebungen nach Spanien und andererseits
zur Cnthüllung revolutionärer llmtriebe in
Belgisn geführt.
Cs eragb fich mit unzweideutiger Klarheit, datz der
Generalsekretär der belgischen Sozialistischen
Partei, Iean Dolvigne, als Mrttelsmann zwifchen
dsn roten Streitkrästen in Spanien und den belgischen
Wassenliefsrungen dwnt. Der Staatsanwalt von Vrüs-
sel hat, wie nunmehr amtlich bsstätigt wird, eine Unter-
suchung eingeleitet, die bereits jetzt zur Veschlagnahme
von nicht angemeldeten Pistolen und Revolvern geführt
hat.
Velgischen Arbeiterpartei, dah die Unteroffiziere, deren
Namen er angibt, so schnell wie möglich nach Spanien
geschickt werden sollten, und daß alle Maßnahmen getrof-
fen wurden, um das Ausbildungspersonal der spanischen
Regierung soweit wie möglich zur Verfügung zu stellen.
Inzwischen find schon Cinzelheiten bekanntgeworden,
die beweisen, daß die Zusammenarbeit zwischen dem Ge-
neralsekretär der Velgischen Arbeiterpartei und dem hie-
sigen Vertreter der spanischen Regierung Crfolg gehabt
habe.
Das Kriegsministerium veröffentlichte Mon-
tag morgen eine lakonische Mitteilung des Inhalts, datz
zwei Fliegerunterosfiziere seit einigen Tagen
flüchtig sei'en, dah man aber nicht wiffe, wohin sie sich
begeben hätten. Dabegen berichtet eine Zeitung in Arlon,
ciner der slnteroffizrere sei in Spanien angekommen und
dort in einem roten Fliegerlager tätig.
Aeuherlich unabhängig von den Untersuchungen
über die Schiebungen des Generalsekretärs deic Belgi-
schen Arbeiterpartei, aber in einem gewissen inneren
Zusammenhang damit stehen die Untersuchungen, die
gegenwärtig von den Gerichtsbehörden zur Aufdek-
kung der revolutionären Umtriebe in
Belgien gesührt werden und die gleichfalls noch
nicht abgeschlossen stnd. Ueber die Machenschaften
der Moskauer Kommunisten smd noch keine
näheren Angaben gemacht worden.
Man hat einen Briefwechsel zwischen Dauge und
Trotzki beschlagnähmt, aus dem hervorgeht, daß Trotzki
eid revolutionär n Bestrebungen der genann-
ten Gruppe unt« rstützt habe. Man ha-be Anweisnngen
Trotzkis zur Vortbereitung eines Ge n e r a l st r e ik s, zur
Anzettelung bon Teilrevolten und zur Bewasf-
nung der Arbeiter geunden. Es wivd hevvorgeho-
ben. daß di« Wasfentunde bei den Linlsrevoiutionären
'bisher nicht sehr erheblich gewesen seien.
W!e FomioternR« NMrrich il>W.
5«0 Wassenlaqer und ein Komintern-Detetkitvbüro
in Paris.
Paris 22. Sept. Die hier erscheinend« rufstsche Zsi-
tunq „Wosroschdcnije" (Die Wiedergeburt) benchtet, dah
die französtschen Kommunisten von dtzr Moskauer Zen-
trale der Kommunistischen Internationale (Komintern)
folgends Anweisungen zur llnterwühlung
der sranzösischen Regierung erhalten haben:
1. dis sranzöstsche Regterung durch unerfullbare
Forderungen blotzzustellen und den Staat durch
Cntfernung aller nationalistisch gesinnten Angestellten
aus Armee, Verwaltung und Polizei zu schwächen,
2. nach geheimen Weisungen revolutronäre
Zentren zu bilden, die zu gegebener Zeit die Ver-
waltung der Fabriken und Werke zu übsrnehmen
haben,
3. allmählich die Sozialisten und die anderen
vorläufigen Verbündeten aus dem Kampf auszu-
s ch l i e h e n.
Wie das Blatt weiter mitteilt, stellt dre aus erprob-
ten Kommunisten zusammengesetzte sogenannten „zen-
trale Direktion"die Hauptstelle der Komintern in
Paris dar. Zu ihrer Verfügung stehen angeblich motori-
sierte Kampfeinheiten der kommunistischen Iugendver-
bände, die unter der Vezeichnung „Sp o r t i n t e r n" ge-
tarnt sind, sowie Abteilungen der „roten Pfadfin-
d e r". Die.Stohtruppen werden von dem Kommunisten
Aksamt (Deckname) angeführt. Autzerdem gibt es allge-
meine Rahmenverbände militärisch geschulter Kommuni-
sten. Für letztere sind in Paris in verschiedenen Stadt-
vierteln über ZOOgeheime Waffenlager er-
richtet worden. Sie stellen regelrechte Arsenale dar, die
von Sowjetfunktionären verwaltet werden.
In Paris, so berichtet die Zeitung schlietzlich, ist auch
ein Detektivbüro der Komintern ins Le-
ben gerufen worden, das von dem Kommunistenführer
Crcou geleitet wird. Die Mittel hierfür wurden von der
„Interiiationalen Roten Hilfe" zur Verfügung gestellt.
Das Vüro ist in vier Abteilungen für die Handelsflotte,
die Abteilung für die Armee und Kriegsflotte und die
Abteilung für dsn Geheimdienst in der Verwaltung.
Für dis kommuniftische Propaganda in
Frankreich hat nach Feststellungen des Blatts Moskau
in diesen Tagen drei Millionen Francs aus-
gezahlt, und zwar durch den Kommunisten Willy Mün-
zenberg über die bolschewistischs Hilfsorganisation
„Mopr" (Internationale Vereinigung zur Hilfeleistung
an Revolutionäre).
N»m Blirsckkkltg iii Sianlen.
Ferner gelang es, zahlreiche und sehr wichtige
Schriftstücke stcherzustellen, die sich auf die Liefe-
rung von Wassen aller Art beziehen, u. a. von schweren
und leichten Maschinengewehren. Insanteriegewehren,
Munition aller Art, Fliegerbomben, Panzerwagen usw.
Tieses Krisgsgerät sei, so heitzt ss in der halbamtlichen
Darstellung zum Schluh, zur Liessrung ins Ausland be-
stimmt gewesen. Die Antersuchungen nehmen ihren Fort-
gang.
Die StzMlglvKilIiiMii.
Vericht über die Haussuchungen.
Drüffel, 22. September. Am Dienstag nachmittag
fand unter dem Vorsitz des Ministerpräsidenten van Zee-
land ein Kabinettsrat statt. Iustizminifter Boveffe
berichtete über die vorläusigen Ergebnisie der haus-
suchungen im ganzen Land, die noch nicht abgeschlosien
sind. Der Iustizminister legte eine Reihe von Verord-
nungen und Gesetzentwürsen zur Ausrecht.
erhaltung der öfsentlichen Ordnung vor. Cs
wurde ein minifterieller Ausschutz eingeseht, der aus zwei
sozialistischen und zwei katholischen Ministern, fowie dem
liberalen Iustizminister befteht. Dieser Ausschuß soll die
vorgesehenen Matznahmsn nach einmal prüfen und vor-
bereiten. Der nächsts Ministerrat findet am Freitag statt.
MgeroWere.slWeift mich SMmen.
Auch Anweisungen Trohkis gesunden.
Vrüffel, 22. Sept. Die vlämische Zeltung „Stan-
daard" hat die Anqaben, die in der gemeldeten halbamt-
lichen Darstellung iiber die Wasfenschiebungen nach Spa-
nien gemacht wurden, mit genaucn Cinzelheiten belegt
und namentlich die Schriftstücke aus der verlorengegange-
nen Aktentaschs ins Licht der Oessentlichkeit gezögen.
Aus ihnen geht hervor, daß der G e n e r a l s e k r e -
tär der Sozialistischen Velgischen Arbeiter-
partei entgegen den Nichteinmischungserklärungen, die
die sozialdemokratischen Minister wiederholt vor der Oef-
fentlichkeit abgegeben haben, mit dem neuen Geschäfts-
träger der spanischen Regierung in Vrüffel Verein-
barungen über die Rekrutierung und die Cnt -
sendung von Unterosfizieren der belgi-
schen Armee als Instruktionspersonal für
Spanien eingegangen ist.
In diesen Vriefen erklärt der Generalsekretär dsr
Me NMiomlifte« oor Toledo.
Die Vorstadt Torrino eingenommen.
Paris, 23. Ssptember. (Cigene Funkmeldung.) Wie
das Hauptquartier des Gsnerals Franco um 0.30 5lhr
mitteilt, hat der Vormarsch der nationalistischen Truppen
an der Calabera-Front zur Cinnahme der Stadt
Torrinos vor Toledo geführt. Die Roten erlit-
ten hierbei starke Verluste, unter denen sich auch der -
Kommandant Lopez Hurrero befindet. Zahlreiche Veute
konnte gemacht werden.
An der andalusischen Front wurden rot« Kampsflug-
zeuge von Iagdfliegsrn der Nationalisten zum Nieder-
gehen gezwungen und zerstört.
H»e«a trotzt dem roteo Aoftorm.
Entlastungsoffensibe «ingeleitet.
Aront bor Huesca (Durch Stafette über Hendahe).
22. September. (Dom Sonderberichterstatter des DND.)
Der wichtige Stratzenknotenpunkt und Dehör-
densitz Huesca, etwa 70 Kilometer nordvstlich von
Saragossa, besindet sich allen Dehauptungen des Ma--
drider Rundfunksenders zum Trotz nach wie vor un-
zweifelhaft in denHänden dernationalen
Truppen. Der Sonderberichterstatter des DNB., der
die Saragossa--Front bereist, hat sich am Montagnach-
mittag brei Stunden in der Stadt aufgehalten. Es muh
allerdings zugegeben werden, dah Huesca auherordent-
lich eng von den roten Streitkräften um-
stellt ist. Jn diesen Tagen führen die nationalen
Truppen daher einen strategischen Plan durch. um die
Stadt von dem rvten Druck zu befreien. Die Teiloffen»
sive hat am vergangenen Sonntag begonnen. 2n nord-
östlicher Richtung wurde, unterstützt von Tanks, ein
starker Angriff der Legionäre gegen die von
den Roten befestigte Jrrenanstalt von Huesca, einein-
halb Kilometer von der Stadt entsernt, vorgetragen.
Der Angriff gelang, und die Jrrenanstalt wurde
von den Legionären genommen. Die Roten
verlvren im Aahkampf 88 Tote.
Marxisten erschiehen wieder Gefangene .
London, 23. Septemuer. Die „Times" meldet als
Gibraltar, dah die Äkarxisten in Malaga am Sonntag
als Gsgenmaßnahme gegen die nationalistischen Angrifse
über 100 Gefangens standrechtlich erschos-
s e n hätten. llnter den Opfern soll sich auch ein bekannter
konservativer Politiker beftnden.
Bor -er Sffenstoe dei Hoesc«.
Anterredung mit dem Oberkommandierenden.
Saragoffa, 22. Sept. (Vom Sonderberichterstatter
des DNV.) Der Oberstkommandierende der Sara-
gossafront Gensral Ponte Manso de
Zuniga, der von dem Aufenthalt des DNV-Sonder-
berichterstattL'rs am Sitz des Oberkommandos erfahren
hatte, bat diesen zu stch, um shm persönlich die Lage und
Verhältnisse in dem nordöstlichen Kampfgebiet zu erklä-
ren. Mit knappen klaren Worten erklärt er die gestellten
strategischen Aufgaben und die gegenwärtige Lags. Diese
Aufgabe besteht in der strategischen Defensive.
Cs galt, den Ansturm derkätalonischenMili-
zenna chWesten unb Südwesten aufzuhalten. Diese Auf-
gabe ist gelungen. In einem grohen, nach Westen zu ofse-
nen Bogen, deffen Hauptpuntts Huesca und Teruel stnd,
hat stch eine feste Verterdiqungsfront der nationalen Trup-
pen herausgebildet. Aäe Änstürme der katalanischen
Milizen haben fie nicht zu durchbrechen vermocht. Zm
Gegenteil, bei Huesca wird in diesen Tagen zur
Gegenossensive angeseht.
„Man muß allerdings zugeben," so erklärt der Gsne-
ral, „daß die zahlenmäßig sehr starken
roten Kräfte außerordentlich gut bewafsnet stnd.
Sie haben nicht nur viele Maschinengewehre, sondern auch
eine besonders gute und starke Artilkerie. Auch mit Flug-
zsugen stnd dis Roten in diesem Kampfabschnitt gut ver-
sehen. Merdings weichen sie jedem Lustkampf aus, selbst
wenn die Flugzeuge der Nationalen in der Minderheit
sind. Die Stimmung unter den roten Milizkämpfern ist
bei weitem nicht so gut wie ihre Vowaffnuiw. llnsere
Soldaten und unsere nationalen Freiwilligen bren -
nen darauf,zur Offensive übergehen zu
dürsen. Wer der Zeitpunkt dasür wird vom Oberkom-
mando in Burgos bestimmt. Wenn im Norden aufge-
räumt und wenn Madrid genommen ssin wird, kommt
Katalonien an die Reihe."
Abschließend bemertt der General, dah er keinen
Augenblick an dsm Sieg der Nationalen zweisle, noch je
gezweifelt habe. „Wir wollen ein nsuesSpanien
aufbauen. Deutschland steht als Veispiel vor uns.
Wir bewundern Adolf Hitler nicht nur, wir verehren ihn.
Groft««Hans Sachs.
Von Werner Schumann.
Eine Nürnberger Erinnerung.
Ieder Straßenjunge in Nürnberg sagt einem, wo
Hans Sachsens Haus steht. So sehr ist er, der
Schuhmacher und Poet, Besttz seiner Vaterstadt und sei-
nes Volkes. Dcr Wcg vom Vahnhos in die kleine, enge
Gaffe, die des Meistersingers Namen trägt, ist nicht weit,
doch aufschluhreich: Cr führt vorbei an den Bastionen und
Türmen, die einst die reiche, mit ihrem Cinfluh bis zur
Adria reichende Stadt zu schühen hatten, bis in die Be-
zirke dcr Kaufmannschaft, der breiten Patrizierhäuser und
stolzen Kirchen. Aber schon auf dem Obstmarkt, wo das
„GLnsemännchen" unscheinbar hinter Gittern steht, wird
ss bescheidener. llnd gleich dort hörte — sich noch nach
Iahrhunderten deutlich abgrenzend — das Nürnberg der
Macht und dss Wohlstandes auf. Hier begann das
dunkle, enge gedrückte Nürnbsrg.
Immerhin besaß er ein eigenes Haus. Cs schießt eng-
brüstig in die Höhe; die Valken zeichnen sich daraus ab;
aus sriedlich-schmalen Crkern quellen Blumen, tief herab-
hängende Ranken. Cin Schild über dem Cinqang meldet,
daß hicr die historische Hans-Sachs-Stube sei. Das ist
dss ÄnsichtskartenhLndlers bestes Geschäst.
»
Cin schwüler, gewitterverkündender Nachmittag. Ge-
ruch von Wein, Raucherwaren und Semmeln liegt in der
Lust. Ich trete ins Haus und beiinds mich in einer Wein-
stube. Sis liegt im Halbdunkel. Cinige Gäste trinken
behutsam ihren hellen Wein. Zuweilsn erfährt jemand,
die Kellnerin um Auskunft angehend, dah dies des
Msisters Wohnstube gewesen sei. Hier also war
A ^er gelehrte Handwerker, der mit sciner lieben
zwei Söhne und sünf Töchter dem Leben
schentte und noch als 6/jähriger „vor Sonnenuntergang"
unverdroffen em Mädchen vön l7 Lenzen heimsührte, am
großen Fanulientisch auf Zucht und gute Sitte hielt: Auf
datz die Hände fem gewaschen sein, niemand sich beim Cffen
laut und gefräßtg zeigen oder gar das Schnupstüchlein
geräuschvoll benuhen moge! Denn i>n Lebsn wie im Dich-
ten war Sachs ein Mann, der bewutzt abssits von man-
cher Zügellosigkeit seiner Zeit stand und. wic seine Fast-
nachtsspiele zeigen, auch dem derben Wih und ausgelaffe-
nen Humor seine wohlgesetzte Form gab.
Ich leere mein Glas und schlietze mich dem bescheide-
nen Zug an, den die Wirtin bis zu Sachsens im Hinter-
haus gelegener Werkstatt führt. Man hört die Cr-
klärungen, die tausendmal schon hergesagten, mit halbsm
Ohr. Aber unsere Ergriffenheit, unssre Chrfurcht kann
nichts mindern. In diesem nur wenige Quadratmeter
meffendsn Loch. in dem das Wetterleuchten des auf-
gewühlten t6. Iahrhunderts zuckte, ist noch alles unver-
ändert odsr doch echt in seinen Vestandteilen da, was
Sachsens Hand einst bewegte, sein Geist ordnete: das
Handwerkszeug, der Schemel, die Oellämpchen, der selbst-
gebaute Ofen. In dissem rührend bescheidenen Raum
schusterte und sang, maß und brütete er, schmetterte der
Feuerkopf den beckmeffernden Zeitgenoffen seine Kampf-
ansagen entgegen, gab er gütiq weisen Rat, wälzts er
nach' Feierabend die reichbeschlagenen Folianten. Denn
Hans Sachs blieb nicht bei seinem Leisten. In seiner
Äerkstatt befferte er nicht nur die Schuhe seiner Mitbür-
qer aus, sondern auch ihre Fehler, ihre Schwächen und
llntugenden.
Der Mensch braucht nicht viel Raum, um Llnver-
gängliches zu schaffen. Dieser vom tzolzwurm angenagte,
von Iahrhunderten zermürbte Tisch, über dem die Glas-
kugeln der altsrtümlichen Oellampe hängen, sah das bär-
tige Haupt des Sängers und Spötters, der in unerhörtsr
Fruchtbarkeit alls Cchos der damaligen Welt rsimend,
dialogisierend und psalmodierend auffing, „zum Preise
der Eugend und zur Schmach des Lasters", den „Trauri-
gen zur Fröhlichkeit". Cin gut Teil der 34 Vücher
seines Lebenswerks hat er hier eigenhändig nie-
dsrgeschriebsn: insgesamt 6048 Dichtungen, darunter fast
1500 Schwänks und Fabeln. über 200 Komö-
dien und Tragödien, 4275 Meistergesänge.
Solch mönchischsr Fleitz, solches Schöpfsrtum ist nur nöch
mit der Lope de Vegas oder Goethes vergleichbar, der
für den damals zu llnrecht Verspotteten mutig die
Stimme erhob: „Da droben in den Wolken schwebt —
ein Cichkranz ewig unbelaubt — dsn seht dis Nachwelt
ihm auss Haupt!"
Das Leben Sachsens war Arbeit. Oeffnete er das
Fenster, so komite er vom Schemsl aus des Pogner haus
gegenüber sehen, und gar manchmal wird des Gold-
schmieds Tochter zu einem Plausch ans Fenster aetreten
sein. Mes ist, als sei es erst gestern gewesen, ja, es
scheint heimliche, flüsternde Gsgenwart, atmende Nähe —
als sei dies Handwerkszeug eben erst aus der Hand gelsgt,
diese Lampsn eben erst erloschen, diese Uhr vor einer
Stunde stillgeltaiiden.
*
Wir qehen schweigsam zurück in dis vordere Stube.
Das Gewitter hat sich perzogen, zierliche Flammen spis-
len in den Fenstern. Cinen alten, schlichten Mann in
Bergmannstracht hat es im Innersten ergriffen. Cr HLlt
sein halbgefülltes Glas in der vsrarbeiteten Rechten, aber
er führt es nicht zum Mund. Seine Vaßstimms sagt er-
schüttert: „Lieber alter Hans Sachs! Hab ichs doch noch
erlebt und dein Haus hier gesehen, deins Werkstatt!" Cr
sieht aus wis von Dürer gemalt, wie deffen Hieronymus
Holzschuher, und wir alle blicken ihn an.
kunft und Vissenschast.
sProseffor Dr. Hermann Dold,s Dekan der Medizi-
nischen Fakultät und Ordinarius für Hygiene und Sero-
logie an der llniversität Tübingen, hat sinen Rus an
die llniversttät Freiburg angenommen.
sEichcndorfss „Freier" neu bearbeitet.s Dr. Crnst
Leopold Stahl, der Münchener Lhesdramaturg und
Theaterwiffsnschastler, arbeitet zur Zcit auf dis An-
regung des neusn Meininger Intendanten Dr. Rols
Prasch hin an einer Bühnenbearbeitung von Lichen-
dorfss romantischem Lustspiel „ Die Frsier " , das
mit neuen Kompositionen von Läsar Vresgen
im Lauf dsr Winterspielzeit am Landestheater Meinin-
gen seine Uraufführung erleben wird.
Kleins Notizen.
Die Neuordnung in dsr Leitung der Bayerischen
Staatsbühnen darf jetzt als abgeschlossen gelten.
An der Svitze der Staatstheater steht Generalintendant
Oscar Walleck, zugleich Leiter der obersten Thater-
behörde in Batzern. Unter ihm steht an der Spitze der
Staatsoper als Operndirektor und Generalmusikdirektor
Professor Clemens Krauß, an der Spitze des Staats-
schauspiels der Dramatiker Friedrich Forster-Burg-
graf, der gleichzeitig Leitsr der Batzerischen Landesbühne
im Ehrenamt fft.
Max Halbes neues Werk „Erntefest" gelangt
am 3. Oktober, dem Vorabend seines 71. Geburtstags,
am Staatstheater seiner Heimatstadt Danzjg zur Ur-
ausführung.
Jn Dresden wird an dsm staatlichen Grundstück
Schloßstraße 82 em Denkmal für den Oberlandbau-
meister und Schöpfer des Zwingers unid anderer Dres-
dener Monumentalbauten, Matthes Daniel Pöppel-
mann, errichtet werden. Die aus Sandstein gebildete
Figur, die anläßlich des 200. Todestages Pöppelmanns
geschaffen wurde, wird den Meistex überlebensgroß, auf
dem linken Arm ein Modell des Kronentors des Zwin-
gers tragend, zeigen. Schöpfer des Denkmals, das in
den nächsten Wochen enthüllt wcrden wird, ist der Dres-
dener Bildhauer Paul Polte.
Bor dem Feft -er Erute.
Zum Erntedankfest am 4. Oktober.
Rach einem neuen Iahr schwerer Arbeit b i
das deutsche Bauerntum am 4. Oktober wieder au) ^
fast 'vollendete Crnte, und ganz Deutschland nimnu
diesem Tag teil am Fest des deutschen Vaue , ^
Crntedanktag mit seincm Höhepuntt, der machtigen -
gebung auf 'dem Vückeberg. .Dieser Tag wi
deutschen Bauern erneuter Veweis dasür iein, vay
Zeit schon lange der Vergangenheit angchört in oer
bäuerliche Lebensrecht der Cpielball von Intercst
war, die da glaubten, den eigenen Vorteil oiff Ko>rc
Dauerntums sicherstellen zu können. Der deutsche
wurde seit der nationalsozialistischen Machtubernahme i
einer dcr wichtigsten Säulen des Staates; er sst
tereffenobjett mehr im Kampf der Wirtschaftsgrupp. ^
sondern ein von Staat und Volk anerkannter > ,
des deutschen Lebens, ein Hauptfattor einer Dolksw'.
schaft, die sich völlig den Lebensgesetzen der Nation eu
Das deutsch« Bauerntum hat in den vergangsn^
Iahren seine Pflicht gegenüber der Nation erfullt un
kann beim Crntedankfest am 4. Oktober vollcr Stoiz oe'
Führer gegenüberstehen. In gewaltigen CrzeugE
schlachten hat die Landwirtschaft das Ihre getan, um
Crnährung des deutschen Dolkes aus seinem Voden »
sichern und eine möglichst qrohe Menge von Rohstoll
der Textil- und Fettwirtschaft im eigenen Land zu ps"
duzieren, damit der begrsnzte Vorrat an Devisen M,
andere, bei uns nicht beschaffbare Rohstosfe einqestp
wsrden konnte. Diese Crzcugungsschlacht verlangto .
restlosen Cinsatz auch des kleinsten bäuerlichen Vettiew
und intensivste Ausnutzung aller vorhandenen MögNw
keiten.
Der Reichsnährstand, die große politischc um
ständische Gliederung des deutschen Bauerntums, hat
eine Crziehungsarbeit von besonderer Vsdeutung vo
bracht. Cr hat darauf verzichtet, allein die Lsistung vo
Musterbetrieben zu steigern, sondern ging auf die Enw
sung^der Gesamtzahl der deutschen Vauernbetriebe a»
und sorderte vonallen dasHöch st m a tz o
Produktion, das ihnen möglich war. Wis grotz o
Anstrengungen des deutschen Äauern waren, dissen o
ihn gestellten Anforderungen gerecht zu werden, kennzeiw
nen am üesten die Worte des Führers in seiner grope
Nürnberger Proklamation, in der er nach kaum vier Iav
ren schon erklären konnte, datz das deutsche Vauerntum '
seiner Leistung an dsr Höchstgrenze angelangt sei, un
datz eine weitere Steigerung der Erzeugung von ihm ni«
mehr erwartet werden könne. ^
Der Crntedanttag 1936 wird uns also einen RechM>
schaftsbericht bringen, der das deutsche Dauerntum mi
Freude erfüllen kann. Doch der echte bäuerliche Stoiz o
steht ja in seinem zähen Willen, im stillen Versprechem
das einmal Crreichte zu wahren und nach Möglichtt'
noch stärker auszuvauen. M
und wir hoffen, nach Veendigung dieses Krieges m
Deutschland freundschaftlich zusammenarbeiten
können." Auch der Lhef des Generalstabes, Oberstleur^
nant Dario Gazapo spricht mit großer Bewunde'
rung vom nationalsozialistischen Deutschland. „So star
und so sauber möchten wir Spanien machen. Vesonderc
Vorbild aber müffen für das neue Spanien die sozialeu
Gesetze und der soziale Geist Deutschlands sein."
Marxisten berschleppen 140 Ferienkinder.
St. Jean d« Luz, 22. Sept. Gine Ferienkolv^
nie aus Saragossa und Ealatayud, die sich rm
Mvnat Iuli zu vierwöchigem Erholungsurlaub nacv
Orio begeben hatte, wurde dvrt vom spanischen Dur
gerkrieg überrascht. Der Vürgermeister von Saragoiim
der sich nach der vor wenigen Tagen erfolgten EinnahM
Vvn Orio durch die nationalen Truppen dorthin begs
ben hatte, um die Ferienkolonie heimzuholen, fand
jedoch nicht mehr vor. Wie Augenzeugen berichteten-
waren die rvten Milizen auf der Flucht vor den hera"
rückenden nativnalen Truppen am vergangenen Mitr
woch um 2 Llhr nachts in die Schlafsäle der Kv
lonie eingedrungen, hatten trotz lebhaften Protestes de^
Lehrerpersonals die erschreckten und wejnenden KiM
der aus den Detten gerissen, in bereitsteheiiv»
Lastkraftwagen verladen und mit sich geschlePP
Lleber den augenblicklichen Derbleib der kränklichem
schonungsbedürftigen und durch die Lebensmittelknapp
heit in dem von den Roten besetzten Gebiet in ihre
Gesundheit äutzerst bedrohten Kinder ist nichts bekann -
DicM«ngPort«Mlr Wenöher Madrid
Eine Crklärung des Autzenministers.
Genf, 21. Sept. Der portugiesische Autzenmini'
ster Monteiro läht durch das „Iournal de Gönöve
eine ausführliche Haltung seines Landes O''
genüber dcm spanischen Vürgerkrieg vcröfsentliche»'
Cs heiht darin u. a.:
Die portugiesische Reaierung hat mit unerjchüttctt
ltcher Genauigkcit das Abkömmeii übcr die Nichteist'
mischung in den spanischen Bürgerkrieg beachtet.
besondsre Lage meines Landes hiiisichtlich dcr spanisch^
Lreigniffe und der Gefahr, die sie mit sich bringen, ha^
den Veitritt Portugals sehr schwier>?
gemacht. Wir habsn unsere Zusage nur gegeben, dah dur«
das Abkommen ernste intcrnationale Kömplikationen ve>
mieden werden mühten und daß es dazu beitragen würd°-
die Feindseligkeiten abzukürzen.
Aber wir konnten unsere Meinung nicht aufgebe»-
daß derSieg desKommunismusoder de
Anarchie in Spanien für uns den Krisd
bedeuten würde. Wir haben keine Lust, einen E"''
sall 'in unser Land zu erleben, zu sehen, wie unsere Städl
gebrandschatzt, unsere alten Denkmäler in die Luft N
sprengt, unsere Frauen vergewaltigt und unsere Volk»'
genoffen mitleidlos abgeschlachtet werden.
Die Regierung muh um jeden Preis die llnad'
hängigkeit ihresLandes retten.in ihm d>
abendländische Kultur verteidigen, die öffentliche Ott'
nung stchcrn und die öffentliche Meinung beruhigen. Dwi^
Tatsachen rechtfertiqen unsere Vorbehalte, die der LH'
gierung eine Handlungsfreiheit bewahrcn sollen, die >v
der Voraussicht möglicher Creigniffe unbcdingt notwe>>'
dig ist. Aber wir verteidigen damit nach unserer Auffw'
sung auch die grohen Intereffen der europäischcn Ordniw^
i>>
Veilere Meldungen.
Linksruck im dänischen Landting.
Kopenhagen, 22. Sept. 2lm Dienstag fanden „
Roskilde, Herning und Rönne die Wahlen vo» R
Abgeordneten des dänischen LandtinS
statt. Die Wahlen ergaben, datz die Regierungspartc>e
(Sozialdemokraten und Radikale), die bereits seit 7WV
ren im Folketing die Mehrheit haben, diese nunweö
auch im Landtag erreichten. Die Sozialdew „
kraten erhielten 12 (plus 3), die Gemätzigte Linke
(minus 5), die Konservativen 6 (plus 2) und die Rao.
kalen unverändert 3 Mandate, so datz im erneuerte^
Landting 38 Dertretern der Re g i e r u ng s P as
teien (31 Sozialdemokroten und 7 Radikalen) 37 A
geordnete der Opposition (22 Dertreter der Gernäp>»
ten Linken und 15 Konservative) gegenüberstehen.
Ein Wink Italiens an den Dvlkerbund.
Genf, 22. Sept. Die italienische Aborb
nung auf der gegenwärtig tagenden Konserenz
die Derwendung des Rundsunks im Jnteresse des Trw
dens hat an den Dorsihenden ein Schreiben gerich^ -
in dem sie erklärt, vom Dienstag ab nicht
in der Lage zu sein, an dieser vom Dölkerbund ein^
berufenen Kvnferenz teilzunehmen. 2» ^
sem Schritt wird hier ein sehr deutlicher Wink 2ta-
liens an den Dölkerbund erblickt.
Feldzug gegen die bolschewistisckzc Pcst-
Mexiko, 22. September. Der „Nationalve
band derVeteranen der Revolution ^
ließ einen Aufruf an alle Kreise des Volks zur Unie
stützung des Feldzugs gegen den Kommun'
mus. Das Dokument weist aus die Notwend'g^^
hin, in Mexiko eine ähnliche Katastrophe wie m
Sowjetunion und in Spanien zu vermetde»-
d«r
Seite 2
Fernsprechrr-S.-A. 7351—53.
„Zeidelberger Neueste Nachrichten" — ^Heidelberger Anzeiger"_ Mittwoch. 23. September 1936
den Einsatz der Panzsrkampfwagen haben die roten An-
greifer überrafchenb schnell Voden gewonnen und eirrige
wichtigs Höhenpunkte besetzen können. Das unübersicht-
liche Gelände scheint jedoch den beabsichtigten Durch-
bruch vereitelt zu haben, denn aus dem rechten Flü-
gel dsr blauen Armse, der den Hauptstotz auszuhalten
hatte, werden bei unserem Cintreffen schon die Kräfte
für einen Gegenstotzbereitgestellt, während
in den Waldungen noch immer ein heftiger Kampf tobt,
und dis blaue Artillsrie, deren Stellungen durch vor-
züglichs, dem Gelände angepatzte Tarnungen kaum
zu erksnnen sind, mit einheitlichem Feuer in den Kampf
einzreift.
„Die Stellung wird gehalten."
Obwohl an die Truppen, Angreifer wie Verteidiqer,
am Vortag und zum TeU auch noch in der Nacht auher-
gewöhnliche Anforderungen gestellt wurden, zeigen fi« eine
bemerkenswcrte Frische, die nicht zuletzt dadurch er-
reicht worden ist, datz ihre Führer durch klugen und ver-
teilten Cinsatz ihrer Truppe auch im „Dewegungskrieg"
noch immer Zeiten dsrRuhezu verschaffen wissen.
Nicht zuleht aber trägt zu der guten Stimmung die Än-
teilnahme der Zivilbevölkerung bei, die nicht
müde wird, den Soldaten der jungen deutschen Wehr-
macht, soweit es in ihren Kräften steht, Crleichterun-
gen zu verschaffen. Vezeichnend für dsn Geist dcr hier
in schwerem Kampf liegenden Truppen ist die Antwort,
die uns die in vorderster Linie kämpfenden Verteidiger
der blauen Armee auf unsere Fragc nach den Kampfaus-
sichten zurufsn: „Die Stellunq wird gehalten!"
Rote Amtrlebe ln Betglen.
SaS KabMll bMIW SicherunsSmaßmbmen. - Str WnssensMbunmn.
AnSllordentlicherKnbmeNsratembkknsen
Llmfangreiche Waffcnschiebungen nach Spanien
aufgedeckt.
Vrüsiel, 22. September. Ministerpräsidsnt van Zee-
land hatdieMitglisder des Kabinetts für
Dienstag abend zu einer Sitzung einberufen,der
man in politischen Kreisen eine besondere Vedeutung bei-
miht. Man nimmt an, dah der Iustizminister bei dieser
Gelegenheit nicht nur über die Matznahmen berichten
wird, die zur Aufrechterhaltung der Ord-
nung im Innern in Ausficht genommen sind, sondern,
daß er auch Mitteilungen über das Crgebnis der ftn-
tersuchungen machen wird, die von den Gerichts-
bshörden in diessn Tagen in verschiedenen Teilsn Bel-
giens durchgesührt worden sind. Diese Antersuchungen
habsn einerseits zur Aufdeckung von umsangreichen Waf-
fenschiebungen nach Spanien und andererseits
zur Cnthüllung revolutionärer llmtriebe in
Belgisn geführt.
Cs eragb fich mit unzweideutiger Klarheit, datz der
Generalsekretär der belgischen Sozialistischen
Partei, Iean Dolvigne, als Mrttelsmann zwifchen
dsn roten Streitkrästen in Spanien und den belgischen
Wassenliefsrungen dwnt. Der Staatsanwalt von Vrüs-
sel hat, wie nunmehr amtlich bsstätigt wird, eine Unter-
suchung eingeleitet, die bereits jetzt zur Veschlagnahme
von nicht angemeldeten Pistolen und Revolvern geführt
hat.
Velgischen Arbeiterpartei, dah die Unteroffiziere, deren
Namen er angibt, so schnell wie möglich nach Spanien
geschickt werden sollten, und daß alle Maßnahmen getrof-
fen wurden, um das Ausbildungspersonal der spanischen
Regierung soweit wie möglich zur Verfügung zu stellen.
Inzwischen find schon Cinzelheiten bekanntgeworden,
die beweisen, daß die Zusammenarbeit zwischen dem Ge-
neralsekretär der Velgischen Arbeiterpartei und dem hie-
sigen Vertreter der spanischen Regierung Crfolg gehabt
habe.
Das Kriegsministerium veröffentlichte Mon-
tag morgen eine lakonische Mitteilung des Inhalts, datz
zwei Fliegerunterosfiziere seit einigen Tagen
flüchtig sei'en, dah man aber nicht wiffe, wohin sie sich
begeben hätten. Dabegen berichtet eine Zeitung in Arlon,
ciner der slnteroffizrere sei in Spanien angekommen und
dort in einem roten Fliegerlager tätig.
Aeuherlich unabhängig von den Untersuchungen
über die Schiebungen des Generalsekretärs deic Belgi-
schen Arbeiterpartei, aber in einem gewissen inneren
Zusammenhang damit stehen die Untersuchungen, die
gegenwärtig von den Gerichtsbehörden zur Aufdek-
kung der revolutionären Umtriebe in
Belgien gesührt werden und die gleichfalls noch
nicht abgeschlossen stnd. Ueber die Machenschaften
der Moskauer Kommunisten smd noch keine
näheren Angaben gemacht worden.
Man hat einen Briefwechsel zwischen Dauge und
Trotzki beschlagnähmt, aus dem hervorgeht, daß Trotzki
eid revolutionär n Bestrebungen der genann-
ten Gruppe unt« rstützt habe. Man ha-be Anweisnngen
Trotzkis zur Vortbereitung eines Ge n e r a l st r e ik s, zur
Anzettelung bon Teilrevolten und zur Bewasf-
nung der Arbeiter geunden. Es wivd hevvorgeho-
ben. daß di« Wasfentunde bei den Linlsrevoiutionären
'bisher nicht sehr erheblich gewesen seien.
W!e FomioternR« NMrrich il>W.
5«0 Wassenlaqer und ein Komintern-Detetkitvbüro
in Paris.
Paris 22. Sept. Die hier erscheinend« rufstsche Zsi-
tunq „Wosroschdcnije" (Die Wiedergeburt) benchtet, dah
die französtschen Kommunisten von dtzr Moskauer Zen-
trale der Kommunistischen Internationale (Komintern)
folgends Anweisungen zur llnterwühlung
der sranzösischen Regierung erhalten haben:
1. dis sranzöstsche Regterung durch unerfullbare
Forderungen blotzzustellen und den Staat durch
Cntfernung aller nationalistisch gesinnten Angestellten
aus Armee, Verwaltung und Polizei zu schwächen,
2. nach geheimen Weisungen revolutronäre
Zentren zu bilden, die zu gegebener Zeit die Ver-
waltung der Fabriken und Werke zu übsrnehmen
haben,
3. allmählich die Sozialisten und die anderen
vorläufigen Verbündeten aus dem Kampf auszu-
s ch l i e h e n.
Wie das Blatt weiter mitteilt, stellt dre aus erprob-
ten Kommunisten zusammengesetzte sogenannten „zen-
trale Direktion"die Hauptstelle der Komintern in
Paris dar. Zu ihrer Verfügung stehen angeblich motori-
sierte Kampfeinheiten der kommunistischen Iugendver-
bände, die unter der Vezeichnung „Sp o r t i n t e r n" ge-
tarnt sind, sowie Abteilungen der „roten Pfadfin-
d e r". Die.Stohtruppen werden von dem Kommunisten
Aksamt (Deckname) angeführt. Autzerdem gibt es allge-
meine Rahmenverbände militärisch geschulter Kommuni-
sten. Für letztere sind in Paris in verschiedenen Stadt-
vierteln über ZOOgeheime Waffenlager er-
richtet worden. Sie stellen regelrechte Arsenale dar, die
von Sowjetfunktionären verwaltet werden.
In Paris, so berichtet die Zeitung schlietzlich, ist auch
ein Detektivbüro der Komintern ins Le-
ben gerufen worden, das von dem Kommunistenführer
Crcou geleitet wird. Die Mittel hierfür wurden von der
„Interiiationalen Roten Hilfe" zur Verfügung gestellt.
Das Vüro ist in vier Abteilungen für die Handelsflotte,
die Abteilung für die Armee und Kriegsflotte und die
Abteilung für dsn Geheimdienst in der Verwaltung.
Für dis kommuniftische Propaganda in
Frankreich hat nach Feststellungen des Blatts Moskau
in diesen Tagen drei Millionen Francs aus-
gezahlt, und zwar durch den Kommunisten Willy Mün-
zenberg über die bolschewistischs Hilfsorganisation
„Mopr" (Internationale Vereinigung zur Hilfeleistung
an Revolutionäre).
N»m Blirsckkkltg iii Sianlen.
Ferner gelang es, zahlreiche und sehr wichtige
Schriftstücke stcherzustellen, die sich auf die Liefe-
rung von Wassen aller Art beziehen, u. a. von schweren
und leichten Maschinengewehren. Insanteriegewehren,
Munition aller Art, Fliegerbomben, Panzerwagen usw.
Tieses Krisgsgerät sei, so heitzt ss in der halbamtlichen
Darstellung zum Schluh, zur Liessrung ins Ausland be-
stimmt gewesen. Die Antersuchungen nehmen ihren Fort-
gang.
Die StzMlglvKilIiiMii.
Vericht über die Haussuchungen.
Drüffel, 22. September. Am Dienstag nachmittag
fand unter dem Vorsitz des Ministerpräsidenten van Zee-
land ein Kabinettsrat statt. Iustizminifter Boveffe
berichtete über die vorläusigen Ergebnisie der haus-
suchungen im ganzen Land, die noch nicht abgeschlosien
sind. Der Iustizminister legte eine Reihe von Verord-
nungen und Gesetzentwürsen zur Ausrecht.
erhaltung der öfsentlichen Ordnung vor. Cs
wurde ein minifterieller Ausschutz eingeseht, der aus zwei
sozialistischen und zwei katholischen Ministern, fowie dem
liberalen Iustizminister befteht. Dieser Ausschuß soll die
vorgesehenen Matznahmsn nach einmal prüfen und vor-
bereiten. Der nächsts Ministerrat findet am Freitag statt.
MgeroWere.slWeift mich SMmen.
Auch Anweisungen Trohkis gesunden.
Vrüffel, 22. Sept. Die vlämische Zeltung „Stan-
daard" hat die Anqaben, die in der gemeldeten halbamt-
lichen Darstellung iiber die Wasfenschiebungen nach Spa-
nien gemacht wurden, mit genaucn Cinzelheiten belegt
und namentlich die Schriftstücke aus der verlorengegange-
nen Aktentaschs ins Licht der Oessentlichkeit gezögen.
Aus ihnen geht hervor, daß der G e n e r a l s e k r e -
tär der Sozialistischen Velgischen Arbeiter-
partei entgegen den Nichteinmischungserklärungen, die
die sozialdemokratischen Minister wiederholt vor der Oef-
fentlichkeit abgegeben haben, mit dem neuen Geschäfts-
träger der spanischen Regierung in Vrüffel Verein-
barungen über die Rekrutierung und die Cnt -
sendung von Unterosfizieren der belgi-
schen Armee als Instruktionspersonal für
Spanien eingegangen ist.
In diesen Vriefen erklärt der Generalsekretär dsr
Me NMiomlifte« oor Toledo.
Die Vorstadt Torrino eingenommen.
Paris, 23. Ssptember. (Cigene Funkmeldung.) Wie
das Hauptquartier des Gsnerals Franco um 0.30 5lhr
mitteilt, hat der Vormarsch der nationalistischen Truppen
an der Calabera-Front zur Cinnahme der Stadt
Torrinos vor Toledo geführt. Die Roten erlit-
ten hierbei starke Verluste, unter denen sich auch der -
Kommandant Lopez Hurrero befindet. Zahlreiche Veute
konnte gemacht werden.
An der andalusischen Front wurden rot« Kampsflug-
zeuge von Iagdfliegsrn der Nationalisten zum Nieder-
gehen gezwungen und zerstört.
H»e«a trotzt dem roteo Aoftorm.
Entlastungsoffensibe «ingeleitet.
Aront bor Huesca (Durch Stafette über Hendahe).
22. September. (Dom Sonderberichterstatter des DND.)
Der wichtige Stratzenknotenpunkt und Dehör-
densitz Huesca, etwa 70 Kilometer nordvstlich von
Saragossa, besindet sich allen Dehauptungen des Ma--
drider Rundfunksenders zum Trotz nach wie vor un-
zweifelhaft in denHänden dernationalen
Truppen. Der Sonderberichterstatter des DNB., der
die Saragossa--Front bereist, hat sich am Montagnach-
mittag brei Stunden in der Stadt aufgehalten. Es muh
allerdings zugegeben werden, dah Huesca auherordent-
lich eng von den roten Streitkräften um-
stellt ist. Jn diesen Tagen führen die nationalen
Truppen daher einen strategischen Plan durch. um die
Stadt von dem rvten Druck zu befreien. Die Teiloffen»
sive hat am vergangenen Sonntag begonnen. 2n nord-
östlicher Richtung wurde, unterstützt von Tanks, ein
starker Angriff der Legionäre gegen die von
den Roten befestigte Jrrenanstalt von Huesca, einein-
halb Kilometer von der Stadt entsernt, vorgetragen.
Der Angriff gelang, und die Jrrenanstalt wurde
von den Legionären genommen. Die Roten
verlvren im Aahkampf 88 Tote.
Marxisten erschiehen wieder Gefangene .
London, 23. Septemuer. Die „Times" meldet als
Gibraltar, dah die Äkarxisten in Malaga am Sonntag
als Gsgenmaßnahme gegen die nationalistischen Angrifse
über 100 Gefangens standrechtlich erschos-
s e n hätten. llnter den Opfern soll sich auch ein bekannter
konservativer Politiker beftnden.
Bor -er Sffenstoe dei Hoesc«.
Anterredung mit dem Oberkommandierenden.
Saragoffa, 22. Sept. (Vom Sonderberichterstatter
des DNV.) Der Oberstkommandierende der Sara-
gossafront Gensral Ponte Manso de
Zuniga, der von dem Aufenthalt des DNV-Sonder-
berichterstattL'rs am Sitz des Oberkommandos erfahren
hatte, bat diesen zu stch, um shm persönlich die Lage und
Verhältnisse in dem nordöstlichen Kampfgebiet zu erklä-
ren. Mit knappen klaren Worten erklärt er die gestellten
strategischen Aufgaben und die gegenwärtige Lags. Diese
Aufgabe besteht in der strategischen Defensive.
Cs galt, den Ansturm derkätalonischenMili-
zenna chWesten unb Südwesten aufzuhalten. Diese Auf-
gabe ist gelungen. In einem grohen, nach Westen zu ofse-
nen Bogen, deffen Hauptpuntts Huesca und Teruel stnd,
hat stch eine feste Verterdiqungsfront der nationalen Trup-
pen herausgebildet. Aäe Änstürme der katalanischen
Milizen haben fie nicht zu durchbrechen vermocht. Zm
Gegenteil, bei Huesca wird in diesen Tagen zur
Gegenossensive angeseht.
„Man muß allerdings zugeben," so erklärt der Gsne-
ral, „daß die zahlenmäßig sehr starken
roten Kräfte außerordentlich gut bewafsnet stnd.
Sie haben nicht nur viele Maschinengewehre, sondern auch
eine besonders gute und starke Artilkerie. Auch mit Flug-
zsugen stnd dis Roten in diesem Kampfabschnitt gut ver-
sehen. Merdings weichen sie jedem Lustkampf aus, selbst
wenn die Flugzeuge der Nationalen in der Minderheit
sind. Die Stimmung unter den roten Milizkämpfern ist
bei weitem nicht so gut wie ihre Vowaffnuiw. llnsere
Soldaten und unsere nationalen Freiwilligen bren -
nen darauf,zur Offensive übergehen zu
dürsen. Wer der Zeitpunkt dasür wird vom Oberkom-
mando in Burgos bestimmt. Wenn im Norden aufge-
räumt und wenn Madrid genommen ssin wird, kommt
Katalonien an die Reihe."
Abschließend bemertt der General, dah er keinen
Augenblick an dsm Sieg der Nationalen zweisle, noch je
gezweifelt habe. „Wir wollen ein nsuesSpanien
aufbauen. Deutschland steht als Veispiel vor uns.
Wir bewundern Adolf Hitler nicht nur, wir verehren ihn.
Groft««Hans Sachs.
Von Werner Schumann.
Eine Nürnberger Erinnerung.
Ieder Straßenjunge in Nürnberg sagt einem, wo
Hans Sachsens Haus steht. So sehr ist er, der
Schuhmacher und Poet, Besttz seiner Vaterstadt und sei-
nes Volkes. Dcr Wcg vom Vahnhos in die kleine, enge
Gaffe, die des Meistersingers Namen trägt, ist nicht weit,
doch aufschluhreich: Cr führt vorbei an den Bastionen und
Türmen, die einst die reiche, mit ihrem Cinfluh bis zur
Adria reichende Stadt zu schühen hatten, bis in die Be-
zirke dcr Kaufmannschaft, der breiten Patrizierhäuser und
stolzen Kirchen. Aber schon auf dem Obstmarkt, wo das
„GLnsemännchen" unscheinbar hinter Gittern steht, wird
ss bescheidener. llnd gleich dort hörte — sich noch nach
Iahrhunderten deutlich abgrenzend — das Nürnberg der
Macht und dss Wohlstandes auf. Hier begann das
dunkle, enge gedrückte Nürnbsrg.
Immerhin besaß er ein eigenes Haus. Cs schießt eng-
brüstig in die Höhe; die Valken zeichnen sich daraus ab;
aus sriedlich-schmalen Crkern quellen Blumen, tief herab-
hängende Ranken. Cin Schild über dem Cinqang meldet,
daß hicr die historische Hans-Sachs-Stube sei. Das ist
dss ÄnsichtskartenhLndlers bestes Geschäst.
»
Cin schwüler, gewitterverkündender Nachmittag. Ge-
ruch von Wein, Raucherwaren und Semmeln liegt in der
Lust. Ich trete ins Haus und beiinds mich in einer Wein-
stube. Sis liegt im Halbdunkel. Cinige Gäste trinken
behutsam ihren hellen Wein. Zuweilsn erfährt jemand,
die Kellnerin um Auskunft angehend, dah dies des
Msisters Wohnstube gewesen sei. Hier also war
A ^er gelehrte Handwerker, der mit sciner lieben
zwei Söhne und sünf Töchter dem Leben
schentte und noch als 6/jähriger „vor Sonnenuntergang"
unverdroffen em Mädchen vön l7 Lenzen heimsührte, am
großen Fanulientisch auf Zucht und gute Sitte hielt: Auf
datz die Hände fem gewaschen sein, niemand sich beim Cffen
laut und gefräßtg zeigen oder gar das Schnupstüchlein
geräuschvoll benuhen moge! Denn i>n Lebsn wie im Dich-
ten war Sachs ein Mann, der bewutzt abssits von man-
cher Zügellosigkeit seiner Zeit stand und. wic seine Fast-
nachtsspiele zeigen, auch dem derben Wih und ausgelaffe-
nen Humor seine wohlgesetzte Form gab.
Ich leere mein Glas und schlietze mich dem bescheide-
nen Zug an, den die Wirtin bis zu Sachsens im Hinter-
haus gelegener Werkstatt führt. Man hört die Cr-
klärungen, die tausendmal schon hergesagten, mit halbsm
Ohr. Aber unsere Ergriffenheit, unssre Chrfurcht kann
nichts mindern. In diesem nur wenige Quadratmeter
meffendsn Loch. in dem das Wetterleuchten des auf-
gewühlten t6. Iahrhunderts zuckte, ist noch alles unver-
ändert odsr doch echt in seinen Vestandteilen da, was
Sachsens Hand einst bewegte, sein Geist ordnete: das
Handwerkszeug, der Schemel, die Oellämpchen, der selbst-
gebaute Ofen. In dissem rührend bescheidenen Raum
schusterte und sang, maß und brütete er, schmetterte der
Feuerkopf den beckmeffernden Zeitgenoffen seine Kampf-
ansagen entgegen, gab er gütiq weisen Rat, wälzts er
nach' Feierabend die reichbeschlagenen Folianten. Denn
Hans Sachs blieb nicht bei seinem Leisten. In seiner
Äerkstatt befferte er nicht nur die Schuhe seiner Mitbür-
qer aus, sondern auch ihre Fehler, ihre Schwächen und
llntugenden.
Der Mensch braucht nicht viel Raum, um Llnver-
gängliches zu schaffen. Dieser vom tzolzwurm angenagte,
von Iahrhunderten zermürbte Tisch, über dem die Glas-
kugeln der altsrtümlichen Oellampe hängen, sah das bär-
tige Haupt des Sängers und Spötters, der in unerhörtsr
Fruchtbarkeit alls Cchos der damaligen Welt rsimend,
dialogisierend und psalmodierend auffing, „zum Preise
der Eugend und zur Schmach des Lasters", den „Trauri-
gen zur Fröhlichkeit". Cin gut Teil der 34 Vücher
seines Lebenswerks hat er hier eigenhändig nie-
dsrgeschriebsn: insgesamt 6048 Dichtungen, darunter fast
1500 Schwänks und Fabeln. über 200 Komö-
dien und Tragödien, 4275 Meistergesänge.
Solch mönchischsr Fleitz, solches Schöpfsrtum ist nur nöch
mit der Lope de Vegas oder Goethes vergleichbar, der
für den damals zu llnrecht Verspotteten mutig die
Stimme erhob: „Da droben in den Wolken schwebt —
ein Cichkranz ewig unbelaubt — dsn seht dis Nachwelt
ihm auss Haupt!"
Das Leben Sachsens war Arbeit. Oeffnete er das
Fenster, so komite er vom Schemsl aus des Pogner haus
gegenüber sehen, und gar manchmal wird des Gold-
schmieds Tochter zu einem Plausch ans Fenster aetreten
sein. Mes ist, als sei es erst gestern gewesen, ja, es
scheint heimliche, flüsternde Gsgenwart, atmende Nähe —
als sei dies Handwerkszeug eben erst aus der Hand gelsgt,
diese Lampsn eben erst erloschen, diese Uhr vor einer
Stunde stillgeltaiiden.
*
Wir qehen schweigsam zurück in dis vordere Stube.
Das Gewitter hat sich perzogen, zierliche Flammen spis-
len in den Fenstern. Cinen alten, schlichten Mann in
Bergmannstracht hat es im Innersten ergriffen. Cr HLlt
sein halbgefülltes Glas in der vsrarbeiteten Rechten, aber
er führt es nicht zum Mund. Seine Vaßstimms sagt er-
schüttert: „Lieber alter Hans Sachs! Hab ichs doch noch
erlebt und dein Haus hier gesehen, deins Werkstatt!" Cr
sieht aus wis von Dürer gemalt, wie deffen Hieronymus
Holzschuher, und wir alle blicken ihn an.
kunft und Vissenschast.
sProseffor Dr. Hermann Dold,s Dekan der Medizi-
nischen Fakultät und Ordinarius für Hygiene und Sero-
logie an der llniversität Tübingen, hat sinen Rus an
die llniversttät Freiburg angenommen.
sEichcndorfss „Freier" neu bearbeitet.s Dr. Crnst
Leopold Stahl, der Münchener Lhesdramaturg und
Theaterwiffsnschastler, arbeitet zur Zcit auf dis An-
regung des neusn Meininger Intendanten Dr. Rols
Prasch hin an einer Bühnenbearbeitung von Lichen-
dorfss romantischem Lustspiel „ Die Frsier " , das
mit neuen Kompositionen von Läsar Vresgen
im Lauf dsr Winterspielzeit am Landestheater Meinin-
gen seine Uraufführung erleben wird.
Kleins Notizen.
Die Neuordnung in dsr Leitung der Bayerischen
Staatsbühnen darf jetzt als abgeschlossen gelten.
An der Svitze der Staatstheater steht Generalintendant
Oscar Walleck, zugleich Leiter der obersten Thater-
behörde in Batzern. Unter ihm steht an der Spitze der
Staatsoper als Operndirektor und Generalmusikdirektor
Professor Clemens Krauß, an der Spitze des Staats-
schauspiels der Dramatiker Friedrich Forster-Burg-
graf, der gleichzeitig Leitsr der Batzerischen Landesbühne
im Ehrenamt fft.
Max Halbes neues Werk „Erntefest" gelangt
am 3. Oktober, dem Vorabend seines 71. Geburtstags,
am Staatstheater seiner Heimatstadt Danzjg zur Ur-
ausführung.
Jn Dresden wird an dsm staatlichen Grundstück
Schloßstraße 82 em Denkmal für den Oberlandbau-
meister und Schöpfer des Zwingers unid anderer Dres-
dener Monumentalbauten, Matthes Daniel Pöppel-
mann, errichtet werden. Die aus Sandstein gebildete
Figur, die anläßlich des 200. Todestages Pöppelmanns
geschaffen wurde, wird den Meistex überlebensgroß, auf
dem linken Arm ein Modell des Kronentors des Zwin-
gers tragend, zeigen. Schöpfer des Denkmals, das in
den nächsten Wochen enthüllt wcrden wird, ist der Dres-
dener Bildhauer Paul Polte.
Bor dem Feft -er Erute.
Zum Erntedankfest am 4. Oktober.
Rach einem neuen Iahr schwerer Arbeit b i
das deutsche Bauerntum am 4. Oktober wieder au) ^
fast 'vollendete Crnte, und ganz Deutschland nimnu
diesem Tag teil am Fest des deutschen Vaue , ^
Crntedanktag mit seincm Höhepuntt, der machtigen -
gebung auf 'dem Vückeberg. .Dieser Tag wi
deutschen Bauern erneuter Veweis dasür iein, vay
Zeit schon lange der Vergangenheit angchört in oer
bäuerliche Lebensrecht der Cpielball von Intercst
war, die da glaubten, den eigenen Vorteil oiff Ko>rc
Dauerntums sicherstellen zu können. Der deutsche
wurde seit der nationalsozialistischen Machtubernahme i
einer dcr wichtigsten Säulen des Staates; er sst
tereffenobjett mehr im Kampf der Wirtschaftsgrupp. ^
sondern ein von Staat und Volk anerkannter > ,
des deutschen Lebens, ein Hauptfattor einer Dolksw'.
schaft, die sich völlig den Lebensgesetzen der Nation eu
Das deutsch« Bauerntum hat in den vergangsn^
Iahren seine Pflicht gegenüber der Nation erfullt un
kann beim Crntedankfest am 4. Oktober vollcr Stoiz oe'
Führer gegenüberstehen. In gewaltigen CrzeugE
schlachten hat die Landwirtschaft das Ihre getan, um
Crnährung des deutschen Dolkes aus seinem Voden »
sichern und eine möglichst qrohe Menge von Rohstoll
der Textil- und Fettwirtschaft im eigenen Land zu ps"
duzieren, damit der begrsnzte Vorrat an Devisen M,
andere, bei uns nicht beschaffbare Rohstosfe einqestp
wsrden konnte. Diese Crzcugungsschlacht verlangto .
restlosen Cinsatz auch des kleinsten bäuerlichen Vettiew
und intensivste Ausnutzung aller vorhandenen MögNw
keiten.
Der Reichsnährstand, die große politischc um
ständische Gliederung des deutschen Bauerntums, hat
eine Crziehungsarbeit von besonderer Vsdeutung vo
bracht. Cr hat darauf verzichtet, allein die Lsistung vo
Musterbetrieben zu steigern, sondern ging auf die Enw
sung^der Gesamtzahl der deutschen Vauernbetriebe a»
und sorderte vonallen dasHöch st m a tz o
Produktion, das ihnen möglich war. Wis grotz o
Anstrengungen des deutschen Äauern waren, dissen o
ihn gestellten Anforderungen gerecht zu werden, kennzeiw
nen am üesten die Worte des Führers in seiner grope
Nürnberger Proklamation, in der er nach kaum vier Iav
ren schon erklären konnte, datz das deutsche Vauerntum '
seiner Leistung an dsr Höchstgrenze angelangt sei, un
datz eine weitere Steigerung der Erzeugung von ihm ni«
mehr erwartet werden könne. ^
Der Crntedanttag 1936 wird uns also einen RechM>
schaftsbericht bringen, der das deutsche Dauerntum mi
Freude erfüllen kann. Doch der echte bäuerliche Stoiz o
steht ja in seinem zähen Willen, im stillen Versprechem
das einmal Crreichte zu wahren und nach Möglichtt'
noch stärker auszuvauen. M
und wir hoffen, nach Veendigung dieses Krieges m
Deutschland freundschaftlich zusammenarbeiten
können." Auch der Lhef des Generalstabes, Oberstleur^
nant Dario Gazapo spricht mit großer Bewunde'
rung vom nationalsozialistischen Deutschland. „So star
und so sauber möchten wir Spanien machen. Vesonderc
Vorbild aber müffen für das neue Spanien die sozialeu
Gesetze und der soziale Geist Deutschlands sein."
Marxisten berschleppen 140 Ferienkinder.
St. Jean d« Luz, 22. Sept. Gine Ferienkolv^
nie aus Saragossa und Ealatayud, die sich rm
Mvnat Iuli zu vierwöchigem Erholungsurlaub nacv
Orio begeben hatte, wurde dvrt vom spanischen Dur
gerkrieg überrascht. Der Vürgermeister von Saragoiim
der sich nach der vor wenigen Tagen erfolgten EinnahM
Vvn Orio durch die nationalen Truppen dorthin begs
ben hatte, um die Ferienkolonie heimzuholen, fand
jedoch nicht mehr vor. Wie Augenzeugen berichteten-
waren die rvten Milizen auf der Flucht vor den hera"
rückenden nativnalen Truppen am vergangenen Mitr
woch um 2 Llhr nachts in die Schlafsäle der Kv
lonie eingedrungen, hatten trotz lebhaften Protestes de^
Lehrerpersonals die erschreckten und wejnenden KiM
der aus den Detten gerissen, in bereitsteheiiv»
Lastkraftwagen verladen und mit sich geschlePP
Lleber den augenblicklichen Derbleib der kränklichem
schonungsbedürftigen und durch die Lebensmittelknapp
heit in dem von den Roten besetzten Gebiet in ihre
Gesundheit äutzerst bedrohten Kinder ist nichts bekann -
DicM«ngPort«Mlr Wenöher Madrid
Eine Crklärung des Autzenministers.
Genf, 21. Sept. Der portugiesische Autzenmini'
ster Monteiro läht durch das „Iournal de Gönöve
eine ausführliche Haltung seines Landes O''
genüber dcm spanischen Vürgerkrieg vcröfsentliche»'
Cs heiht darin u. a.:
Die portugiesische Reaierung hat mit unerjchüttctt
ltcher Genauigkcit das Abkömmeii übcr die Nichteist'
mischung in den spanischen Bürgerkrieg beachtet.
besondsre Lage meines Landes hiiisichtlich dcr spanisch^
Lreigniffe und der Gefahr, die sie mit sich bringen, ha^
den Veitritt Portugals sehr schwier>?
gemacht. Wir habsn unsere Zusage nur gegeben, dah dur«
das Abkommen ernste intcrnationale Kömplikationen ve>
mieden werden mühten und daß es dazu beitragen würd°-
die Feindseligkeiten abzukürzen.
Aber wir konnten unsere Meinung nicht aufgebe»-
daß derSieg desKommunismusoder de
Anarchie in Spanien für uns den Krisd
bedeuten würde. Wir haben keine Lust, einen E"''
sall 'in unser Land zu erleben, zu sehen, wie unsere Städl
gebrandschatzt, unsere alten Denkmäler in die Luft N
sprengt, unsere Frauen vergewaltigt und unsere Volk»'
genoffen mitleidlos abgeschlachtet werden.
Die Regierung muh um jeden Preis die llnad'
hängigkeit ihresLandes retten.in ihm d>
abendländische Kultur verteidigen, die öffentliche Ott'
nung stchcrn und die öffentliche Meinung beruhigen. Dwi^
Tatsachen rechtfertiqen unsere Vorbehalte, die der LH'
gierung eine Handlungsfreiheit bewahrcn sollen, die >v
der Voraussicht möglicher Creigniffe unbcdingt notwe>>'
dig ist. Aber wir verteidigen damit nach unserer Auffw'
sung auch die grohen Intereffen der europäischcn Ordniw^
i>>
Veilere Meldungen.
Linksruck im dänischen Landting.
Kopenhagen, 22. Sept. 2lm Dienstag fanden „
Roskilde, Herning und Rönne die Wahlen vo» R
Abgeordneten des dänischen LandtinS
statt. Die Wahlen ergaben, datz die Regierungspartc>e
(Sozialdemokraten und Radikale), die bereits seit 7WV
ren im Folketing die Mehrheit haben, diese nunweö
auch im Landtag erreichten. Die Sozialdew „
kraten erhielten 12 (plus 3), die Gemätzigte Linke
(minus 5), die Konservativen 6 (plus 2) und die Rao.
kalen unverändert 3 Mandate, so datz im erneuerte^
Landting 38 Dertretern der Re g i e r u ng s P as
teien (31 Sozialdemokroten und 7 Radikalen) 37 A
geordnete der Opposition (22 Dertreter der Gernäp>»
ten Linken und 15 Konservative) gegenüberstehen.
Ein Wink Italiens an den Dvlkerbund.
Genf, 22. Sept. Die italienische Aborb
nung auf der gegenwärtig tagenden Konserenz
die Derwendung des Rundsunks im Jnteresse des Trw
dens hat an den Dorsihenden ein Schreiben gerich^ -
in dem sie erklärt, vom Dienstag ab nicht
in der Lage zu sein, an dieser vom Dölkerbund ein^
berufenen Kvnferenz teilzunehmen. 2» ^
sem Schritt wird hier ein sehr deutlicher Wink 2ta-
liens an den Dölkerbund erblickt.
Feldzug gegen die bolschewistisckzc Pcst-
Mexiko, 22. September. Der „Nationalve
band derVeteranen der Revolution ^
ließ einen Aufruf an alle Kreise des Volks zur Unie
stützung des Feldzugs gegen den Kommun'
mus. Das Dokument weist aus die Notwend'g^^
hin, in Mexiko eine ähnliche Katastrophe wie m
Sowjetunion und in Spanien zu vermetde»-
d«r