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Heidelberger neueste Nachrichten: Heidelberger Anzeiger — 1936 (Juli bis Dezember)

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„Heidelberger Neuefle Nachnchten" — „Zeidelberger Anzeiger'

Samstag, 12. Dezember 1936

Büldiv» dei Kömg Georg »I.

König Eduards Abreisevorbereitungen.

London, II. Dezsmbcr. Wie in unterrichtete» Krei-
sen verlautet, wird der neue König von England,
dessen Vorname bekanntlich Albert ist, den Namen K ö -
nig Georg VI. führen.

Der „Daily Mail" zufolge ist diese Namens-
wahl aus eincn Wunsch der KöniginVictoria
zurüclzusühren, datz kein künstiger Herrschsr Cnglands
unter dem Namcn ihres Gatten, des Prinzgsmahls M-
bert, regieren solle.

Am Freitag nachmittag stattete Premierminister
Valdwin dem König Geörg VI. seincn ersten Vesuch
ab.

In Fort Velvedere wurden inzwischen die Ab-
reisevorbereitungen sür den srüheren König
Cduard VIII. sortgesetzt. Sein Gepäck ist bereits seit
Montag fortgeschafft worden. Der Bestimmungsort ist
nicht bekanntgeqeben worden.

Das Flugzeug des bisherigen Königs, ein rot-
blauer Dragon, verlistz um 15.30 Uhr (MEZ.) den Flug-
platz Asndön in westlicher Richtung mit unbekanntem
Reiseziel.

Heute Samstag Cidesleistung des Unterhauscs
auf dcn neuen König.

London, 12. Dezsmber. Das Unterhaus wird
am heutigen Samstag um 15.45 Uhr (MCZ.) den
Treueidaus denKönig leisten

Am Montag abend wird Baldwin eine Vot-
schast des Königs im Unterhaus verlesen.

BMosi ier Ml»!«Wller M«ry.

An das englische Volk.

London, 12. Dezbr. Königinmutter Mary
hat eine Votschaft an das Volk veröfsentlicht. Die Bot-
schaft lautet:

„An das Volk der Nation und an das Cmpire!

Ich bin so tief gerührt von der Liebs, die mich in
dieser Zeit dsr Sorge umgeben hat, datz ich aus tiesstem
Herzen dafür danken mutz. Die Sympathie und Zu-
neigung, die mich in meinem grotzen Schmerz vor weni-
ger als einem Iahr umaeben hat, hat mir auch jetzt nicht
aefehlt, und das gibt mir wieder SLärke und Kraft. Ich
vrauchs nicht von dern Schmsrz zu sprechen, der einer
Mutter das Herz erfüllt, wenn ich daran denke, datz
mein lieber Sohn es sür seine Pslicht gehalten hat,
sein Amt niederzulegen, und datz die Regie-
rung, die so hossnungsvoll und so vielversprechend be-
gonnen hat, so plötzlich endete. Ich glaube, datz Ihr er-
meffen könnt. was es ihn gekostet hat, sich zu dieser
Cntscheidung durchzuringen; und ich hosfe wciter, datz die
Crinnerung an die Iahre, in denen er so eifrig bemüht
war, seinem Land und dem Cmpire zu dienen, stets in
Curem Herzsn weiterleben wird.

Ich empfehle Cuch seinem Vruder, der so unerwar-
tet und untcr so traurigen llmständen seinen Plah ein-
nimmt. Ich bitte Cuch, ihm ein so volles Matz an Treue
entgegenzubringen, wie Ihr es meinem lieben Mann und
auch dem Vruder des Königs entgegengebracht habt. Mit
ihm empsehle ich Cuch meine liebe Schwiegertochter, die
die Königin sein wird. Mögen sie sich derselben nie wan-
kenden Zuneigung und Treue erfreuen, die Ihr mir
26 Iahre hindurch bezeugt habt. Ich weiß, daß ihre
Kinder Cuch schon ans Herz gewachsen sind.

Cs ist mein ernstes Gebet, daß troh, nein,
wegen der gsgenwärtigen llnruhe dis Treue und die
Cinhcit unseres Landes und des Cmpires mit Gottes
Hilse aufrechtsrhalten und gestärkt werden mögs. Möge
er Cuch segnen und imPer führen!"

Zkremö»!e im NMiis.

Der Wille des Königs.

London, 11 Dezember. Das Oberhaus behan-
dslte das Abdankungsgesetz in einer rein formellen er -
sten, zweiten und dritten Lesung. In fünf
Minuten konnte die Gesehesvorlage das Oberhaus pas-
fieren.

Sobald die Gesehcsvorlage alle Lesungen durchlaufen
hatte, zogen sich Lord Onslow, Lord Stanhope
und Lord Denham zurück und legten ihre purpurroten
Hermelinmäntel an. Vor vollem Haus nahmcn die drei
Lords dann auf der „roten Vank" auf der Cstrade ihrcn
Plah ein. Die Mitglieder des Unterhauses wurden zu-
sammengerufen und in der üblichen Form davon unter-
richtet, daß der König beschlossen habe, persönlich nicht
anwesend zu sein. Cr 'habe Vollmacht erteilt, einem Ge-
setz zuzustimmen, das dem Haus vorgelesen worden sei.

Nach den notwendigen Formalitäten der Verlesung
verkündigte der Clerk disCrklärung desKönigs
zum Abdankungsgeseh. An der eincn Ssits des Tisches
stand der Clerk des Parlaments, an der anderen Lord
Stanhope. Mit der altcn normannischen Formel „I-s
Iloz. 1s vsult" wurde hierauf dem Willen des Königs
Ausdruck gegeben. Damit war um 14.52 llhr MCZ. die
Zustimmung König Cduards VIII. zu dem
Geseh gegeben, durch das derHerzog von Z)ork
Königwurde.

— Eine kommunistische Geheimorganisation, die als
Wirtschaftsorganisation getarnt war, wurde in Wien
aufgedeckt 126 Personen, darunter mehrere Iuden,
wurden verhastet.

Fmnkiiirters VrtteMer erBhlt Greuelmärchen

E»t»leis«»ge« i» E-»r.

Törichte Verdächtigungen Deutschlands.

Ehur, 14. Dezember. Zum erstenmal während des
Mordprozesses David Frankfurter wird
am dritten Verhandlungstag der Angeklagte von den bei-
den Kantonspolizisten in den Saal geführt, che der Ge-
richtshos anwesend ist.

Sofort nach Cintritt in dis Verhandlung gibt der
Präsidsnt Dr. Ganzoni das Wort dem Vertsidiger des
Angeklagten, Dr. Curti.

Der 76jührige Verteidigsr erklärt zunächst, datz er
dre Verteidigung mit dem Crnst und der ruhigen Sach-
lichkeit zu sühren beabsichligs, die im Schweizer Land eine
Selbstoerständlichkeit sei, und

datz er alle die enttäuschen müffe, die erwarteten,
der Prozetz werde sich zu einer Abrechnung mit
dem jehigen Regime in Deutschland gestalten.

Die Verteidigung wcrds sich vislmehr mit dem Motiv
der Tat, die er selbsttverständlich nicht billige,
befaffen. Wenn sie zu politischsn Dingen Stel-
lung nehmen wolle, so müffe die Verteidigung bekennen,
datz sie den Versailler Vertrag als ein Ver-
brechen betrachte, datz sie Sympathien mit dem gi-
qantischen Kampf Deutschlands um seine
Freiheit empfinde, und sis müffe den Dank an
Deutschland, dem Land eines Herder, Lcffing,
Schiller und Goethe, für die Güter seiner Kultur, die bs-
sonders in der Schweiz hoch anerkannt werden, aus-
sprechen.

Die Verteidigung werde das Gebiet der Politik
nicht betreten, obwohl die Tat insosern politischer
Natur sei, als sie sich gegen einen Hohen Reprässntan-
ten des benachbarten Reiches gerichtet habs. Gustloff
ssi in dsn Diensten seinss Vaterlandes gestorben, und dis
Verteidigung vernsige sich in menschlicher Tetlnahme vor
seiner Witwe. Als Verteidiger, erklärte Dr. Curti,
sühls er sich aber verpflichtet, dafür einzutreten, datz die
Tat Frankfurters nicht härter beurteilt werde, als sie es
verdiene.

Die ötellung Gustlofss in der Schwriz.

Zunächst wandte sich der Vertcidigsr der Frage der
Stellung Gustlosfs in der Schweiz zu.
Wilhelm Gustloff, dessen Integrität er nicht anzugreifen
wage, sondern ausdrücklich anerkenns, sei als junger
Mann zur Hsilung eines Lungenleidsns nach Davos ge-
kommen und habe sich bereits 1923 der Hitlerbewe-
gung angeschloffen. Cs sei anzuerkennen, datz er von
Anfang an Partsigänger gewesen sei und nicht zu dsn-
jenigen gehörte, die stch ihr erst anschloffen, als sic mäch-
tig wurde. Cr sei dann bis zur Stsllung eines Lan-
dssgruppenleiters vorgerückt und dabci, so be-
hauptets der Verteidiger, habe sich ein gewiffes Gel-
tungsbedürfnis eingsstsllt, durch das Gustloff für die
Schweizer Oessentlichkcit untragbar geworden würe. Cr
habe einen Druck auf die Deutschen in der Schweiz aus-
gcübt im Sinne der Gleichschaltung. Cr habe zwar er-
klärt. alles, was er getan habe, sei aus die sreiwillige
Zustimmung seiner Landsleute gerichtet gewesen, abcr
diese Legälität sei nur sine schsinbare gowe-
sen. (?) Cr habe später doch in die Souverünität eines
Landes hinübergegriffen, als er beispielsweise Davos,
deflcn 7000 Vettcn zu 40 Prozcnt durch Deutsche belsgt
seien, als politisch ungünstiges Klima erklärte und da-
durch erreichte, datz die Reichsdeutschen ausblieben.

Merdings mutz der Verteidiger später zugeben,
datz die Vehörde bis zuleht nichts zu „rapportie-
ren" gehabt hätte.

Schließlich zieht der Verteidiger noch dsn Punkt 1 des
Parteiprogramms der NSDAP. heran und bc-
hauptet, dis Schweiz habe diesen Punkt 1 so aufgefatzt,
als ob der Zusammenschlutz aller Deutschen so zu ver-
stehen sei, datz er stch üoer die Reichsgrenzen hinaus er-
strecke. In dissem Zusammenhang beschwört die Vertci-
digung sogar dis sattsam bekannte „Kriegsgefahr
für die 'Schweiz" herauf.

Zum angeblichen Nachweis der Ilebertretung seincr
Gastpflichten durch Gustlosf zieht der Verteidiger dann
die Intcrpellation des Iuden Moses Nachmann-
Silberroth aus dcm Dezember 1933 im Grotzen
Rat des Kantons Graubünden heran, die bekanntlich von
der Rsgierung selbst als gegenstandslos abge-
lshnt wurde, wobei ssstgestellt wurde, datz sich Gust-
losf einwandfrei verhalten habe und kei-
nerlei Verstötze gegen das Schwcizer Rscht und
insbesondere nicht gegen das Vereinsrecht zu vcrzcichnen
gewesen seien. Cndlich bezeichnet die Vertsidigung auch
den Voykott Schweizer Geschäfte durch
Reichsdeutsche als Verlehung des Gastkechtcs, obwohl sic
stch doch stcherlich darüber klar sein muß, daß den Reichs-
deutschen in dcr Schweiz nicht zuacmutet wcrden kann, in
jüdischen oder solchen Schweizer Geschästen zu kaufen, die
ihrem Haß gegen das Vaterland dieser Deutschen Aus-
druck gebsn.

Dr. Curti zählt dann alls Auseinandersehungen, die
es in den lshten Iahren zwischen Deutschland und der

^ bswLknt »
sngiebig - biüig

Der GrMe-Zyklus des Relchsfenders Auttgart

Scherz, Satire, Ironie und tiefere Vedeutung.

llnter der Gesamtleitung von Reichssendeleiter
Cugcn Hadamovsky vsranstalte der Reichssen-
der Stuttgart, wie wir schon aussllhrlich berichte-
ten, in den Monaten Dezembsr bis April emen
Grabbe-Zyklus, der jeweils am zweiten Freitag
einss jeden Monats die fünf wesentlichstsn Vühnenwsrke
dieses Dichters bringt, der — hundert Iahre zu Llnrecht
sast vergeffsn — erst in unsercn Tagen als Kündcr dss
deutschen Menschen und des deutschen Schicksals richtig
erkannt wurde. Den Veginn machte am gestrigen Abend
das Lustspiel „Scherz, Satire, Ironie und
tiefere Bedeutung", das Grabbe als 21jähriger
im Iahr 1822 schrisb und das erst im Iahr 1907 äm
Münchener Schauspielhaus seine llrausführung erlebte.

Die Literaturkomödis ist ein cchtsr Grabbs, keck, re-
volutionär und genial in seinem Wih. Grabbe selbst ka-
rikiert sich darin und dis Zerriffenheit seines Ichs. Mit
dsn schärssten Waffen zieht er gegsn alles los, was un-
echt und vcrlogen ist, und erfindet die tollsten Cinfälle,
um das gespreizte Literatentum lächerlich zu machen.
Aber auch der Kündsr und Seher Grabbe ofsenbart sich
uns in dissem Lustspiel. Ws der Dichter Rattsngist
dem Teufel rät, er solls sich doch als Dichter vsrsuchen,
gibt ihm der Teufsl solgsnde zeitgemätze Antwort: „Zch
habe schon mchrere Werks ans Licht gestellt, wie erst
kürzlich die französische Revolution, ein Trauerspiel in
vierzehn Iahren, mit cinem Prolog von Ludwig XV.
und Chörcn von Cmigranten. Das Stück ist aber
autzerordsntlich schlecht aufgenommen worden, besonders
wegen dcs Fehlcrs, datz es dis Kritiker guillotinierte.
Auch kann ich es, ungeachtet mancher Freunde, die im
Stillcn daran arüeiten, weder in Preutzen, Oesterreich,
noch Cngland zum zweiten Male auf die Vühne bringen.
Die Zensur ist zu strenge. Iedoch habe ich Hosfnüng,
daß man cs in Spanicn mit einigen unbedeutenden Va-
rianten wieder aufführen wird."

Für die Aufsührung des Lustspiels im Rundfunk
am qestrigen 1l- Dezember, am gleichen Tag, an dem
im Iahr 1801 Grabbe geborcn wurde, war selbstverständ-
lich eine dramaturgische lleberarbeitung nötig, die Karl
Kanig als oft erprobter Verfaffer wirkungsvoller
Hörspiele mit autzerordcntlichsm Geschick vorgenommen
hatte. Cr läßt vor allem zum befferen Verständnis
Grabbs selbst zu Wort kommcn, der sich in einer einlei-
tenden Szene und in kurzen Zwischengesprächen mit sei-
nem Verleger Kettembeil unterhält, nicht allein über die-
ses Stück sdas er ihm gewiflermatzen vorliest), sondern
überhaupt über scine ganze Cinstellung zur Zeit, wobei
mancher Gedanke in die unmittelbare Gegenwart und ihre

Problems hineingreift. Das Lustspiel selbst wurds durch
Weglaffen längerer Partien und durch das Zusammen-
faffen der Szene — wobei natürlich auch dis Schau-
plätze vielfach vcrändert werdsn mutzten —, abcr auch
sprachlich stark überarbeitet, verkürzt und vsrständlicher
gemacht, vor allem dann, wenn Grabbe mit seinem schar-
sen Wih Dinge bsrührt, die uns heuts ganz fern lic-
gen. So wurde vielleicht „das teuslichste Lustspiel sei-
ner Zeit" — wie Grabbe selbst das Stück nennt — in sei-
ner Form erheblich gemützigter, aber die Vearbeitung
lietz besonders deutlich den Menschsn und Dichter Grabbe
vor uns erstehsn, dies um so mehr, als sür ihn Cugen
Klöpser als ein Sprecher von fast dämonischer Cin-
dringlichkeit gewonnen war. Dis Ssndung war somit
eine treffliche Cinführung in den Grabbe-Zyklus, ver
uns nun noch die grotzen Dramen bringen wird.

vr. W e r n e r S ch m i d t.

kunst und Wissenschasl.

sDer Lenbach-Preis der Hauptstadt der Vewegung.j
Am Geburtstag Franz Lenbachs wird alljährlich in
der Münchener Lenoach-Galerie eine Gsmälde-
ausstellung eröffnet werdsn, auf dcr das beste Vild-
nis des Iahres für den anlützlich dsr Lenbach-Feier im
Iuli gssttfteten Lenbach-Preis der Hauptstadt der Ve-
wegung ausgewählt wird. Mit Rücksicht darauf, dah in
diesem Iahr die Mllnchener Künstlerschaft dcn Geburts-
tag dss Meisters aus Anlatz seiner hundertsten Wieder-
kehr mit einem Festakt im Künstlerhaus in besondcrs
grotzcm Rahmen feiern wird, wurde aus organisatori-
schen Gründen die erste Ausstellung der Vewerber um
den Lenbach-Preis auf einen späteren Termin verlegt,
und zwar wurde als Cröfsnungstermin der 25. Ianuär
festgclegt.

sDeutsche Buchausftellung in London.s In den Räu-
men des deutschakademischsn Austauschdienftes in Lon-
don wurde am Dienstag nachmittag durch den Ge-
sandten Woermann 'eine deutsche Vuchaus-
stellung eröffnet, die sine sorgfältige Ausless aus den
vislen tausend Büchern darstellt, die in den lehten zwölf
Monaten in Deutschland erschienen sind. Die etwa 600
Vücher umfassende AussMung enthält Werke aller Le-
bensgebiets und gibt einen guten Ilsberblick über die mo-
dcrne deutsche Litsratur. Itz einer kurzen Ansprache um-
ritz Gesandter Woermann, der für Votschakter v. Rib-
bentrop erschienen war, Zweck und Bsdeutung der Aus-
stcllung, der auch von englischer Seite reges Intereffc
entgegengebracht wird. Dre Ausstellung steht untcr dcr
Schuhhsrrschaft des Dotschafters von Ribbentrop. — Cs
mag noch srwähnt wsrden, datz gleichzeitig eine Reihe
vorzüglicher Aquarelle gezeigt wird, die Cigentum des
Kunstvereins in Hamburg sind.

Schweiz gab, in einseitiger Art auf. Cr zieht ebenso die
Interpellation vom 3. Äpril 1935 heran, aus der er die
gegen Gustlosf erhobcnen Vorwürfe heraushebt, nicht
äber die eindcutige Antwort, die der Ches des Iu-
stiz- und Polizeidepartements, Vaumann, in der
Vundesratssihung vom 26. September 1935 gegeben hat
und in der abermals ganz unzweideutig bestätigt wird,

datz sich Gustlofs absolut korrekt verhalten hat und
in der ferner betont wurde, datz nur Neichsdeutsche
und deutsch-österreichische Staatsangehörige Mit-
glieder der NSDAP. sein können und datz auch
dicse sich im Ausland stets den Gesetzen des Lan-
des, in dem sie zu Gast sind, unterzuordnen haben.

Der Vertsidiger des Angsklagten beschäftigt sich in sei-
nsm Plädoyer dann mit der Auslandsorganisa-
tion der RSDAP. und versucht, ihre „illegale" Tätig-
keit aus Zeitungsstimmen des Auslandes und den Mit-
teilungsblättern dieser Organisation nachzuweisen. Da-
bei versteigt er sich zu einer eigenartigen Vehauptung,
datz die Tätsache, datz die Mitteilungsblätter dieser Or-
ganisation nichts von einer illegalen Tätigkeit beweisen.
Der Inhalt sei abstchtlich so gefaßt, um diess „illegale"
Tätigkeit zu verdscken.

Das Kapitel..IudenversolSMg".

Nach einer Pause wendet sich der Verteidiger dann
dem Kapitel „Iudenvsrfolgung" zu, über das er
dem Gericht eins 254 Seiten umfaflende „Dokumen-
tensammlung" vorlegt. Aus dieser Sammlung ver-
liest Dr. Curti dann stundenlang Aeutzerungen führender
Persönlichkeiten des neuen Deutschland übsr dis Iuden,
meist nur einzelne Sätze und kurze Llbschnitte, denen oft-
mals anzumerken ist, datz sie willkürlich aus dem Ausam-
mcnhang geriffen sind. Cr zählt dann ferner eine Reihe
von Vestimmungen aus dem Schriftleitcr-, dem Verufs-
beamten- und dem Reichsbürgergeseh, sowie zahlreiche
Ausführungsverordnungcn dazu auf, wobei der Para-
graph aus dem Nürnberger Gessh, wonach in jüdischen
Haushalten ksine weiblichen arischen Angestellten unter
45 Iahren beschästigt werden dürfen, mit verständnis-
vollem Schmunzeln aufgenommen wird.

Wenn auch das Recht der Verteidigunq, alles vor-
zubringen, was für dis Veurtsilung der Motive des
Mörders von Velang sein könnte, keineswsgs bsstrirten
werden soll, so ist doch festzustellen, datz das, was Dr.
Lurti — entgsgen seiner Ankündigung, sich nicht mit der
Grsuelliteratür zu beschüftigen — in dieser Dokumenten-
sammlung und ihren bciden Anhängcrn über dis Vehand-
lung der Iuden in Deutschland zusammengetragen hat,
an die schönste Grsuelliteratur der Cmigran-
ten erinncrt. Vielmals werden als Qnellen auch Aus-
landszsitungen zitiert, über deren Veziehungen zu Cmi-
grantenkreisen kcine Zwcifel bestehen.

Da diese Dokumentensammlung den schwcizerischen
jüdischen und ausländischen Pressevertretern überreicht
worden ist, kann man sich dss Cindrucks nicht erwehrcn,
als wcnn hier dis Rechtc der Verteidigung zu einer Neu-
auslage einer Greuelhehe mitzbraücht wordcn sind.

Vär dem Cintritt in die Mittagspause gibt der Vor-
sihende bekannt, datz am Samstag nur am Vormittag
verhandclt wird, so daß sich der Mordprozsß Franksurter
noch bis in die nächsteWoche erstrccken wird.

Dl?s Gen A lkest dei ..dlSriner".

In dsr Nachmittagssihung wird dem Dertsidiger
dcs Angeklagten David Frankfurter, Dr. Lurti, das
Wort zur Fortsehung seincs Plüdoyers gegeben. Cr er-
klärtc, seitens der Zivilpartei wcrde behaüptet, datz alles,
was er über die Iudcnverfolgungen in Dcutschland vor-
bringe, Greuelmärchen ssien, an die in Dcutschland
ksin'Mensch mehr glaube. Um diesem Cinwand zu be-

gegnsn, habe er eine „photographrsche Dok m ^ yoh^
lung" zusammengestellt in der Annahme , ^„xap
nisch bemerkt —, datz in Deutschland dre ph
Kamera noch nicht umgeschaltet worden

Mer nun erwartet hatte, in dieser o

Dokumentensammlung, die von der Emrgra Zuvc»
oft behauptsten grauenhaften Mißhandlung ,D>
in Deutschland zu finden, wurde völlrg c»l „
ganze Sammlung enthielt nichts andcrcs '„jattz-ltt'
kopien von Zeitungen, Hausinschristen, -a
einer Lists der Aerzte eines Kurortes, von Acti
einss Vereins mit einem Arierparagraphcn,

aus dem Dul
„Wer beim

„Iuden sshen dich an", -i»'.

zuden kauft, ist ein Volksverrater

Tafel „Iuden nicht erwünscht", Photograp.» fjtl
von Schildern „Iüdischen Hausierern i,t dsr o
boten" und von Warnungen vor den iudl,cy mokmm'..
schändern. Das Glanzstück dieser sogenannten ^^bim°
tensammlung ist die Photographie einer geloe 2)en>e>'
aus einsm Konzentrationslager. Als weitere ,, „„^u»
liest dsr Verteidiger dann aus einigen „Stur Anze'll'
mern vor. Vei der Wiedergabe einer satlNI^ Pie
in der ein Iude sich zur fachlichen Vearba>t"M^ n»h
ten mit Gewinnbeteiligung anbietet, können vcr>>R
jüdischsn Prozeßteilnehmer ihre Heiterkeit n M ya
gen. Schließlich fiht das ganzeGericht

„S t ü r m e r" - N u m m e r n in der Hand. «,cha>>d''.

Als nächsten Punkt seiner Verteidigung ^ d«
Dr. Lurtis die literarischen P^^b»i^„„s
Cmigranten über ihre angeblichen SN >»""^
Deutschland. Der Verteidiger versucht scha"-,.„ vadUL:

die angekündigten jüdischsn Cmigrantenmarcye

glaubhast zu machen, daß er erklärt, p'A.,,„gen
Produktion lägen sogar eidesstattliche

Was von diesen Ciden zu halten ist, hatte
diger unmittelbar vorher selbst verlesen: ,,--ua .

Zicklein auf der Heide, trau nicht dsm I»"

Cide."

Ein gewichtiger Eillspruch- , s»ch

Die Verlesung dieser Greuelliteratur i»d>'^^jc!»»^

grantsn unterbrach der Präsident durch

(öt-

eines Telegramms, das Dr. Hans Hol! !»,,„-jsivc>>» -
Gallen), der Sohn des ehemaligen VundeSP
> der Schweiz, Dr. Arthur Hoffmänn, an den „usdtU »

- gerichtst und um deffen öffentliche Verlesung
' lich gebeten hatte. In diesem Telegramm P» ^chtt>
der Sohn^des in der ganzen Schweiz^hoM^.^ili^

ns s^'

auf

das

ehemaligen Vundespräsidenten
gegen denMitzbrauchdes Ngmen ^
Vaters durch die Verteidigung in di»m"> 4 Stel>u I
Als die Verteidigung zu dem Tslegram c>»u„,

, nehmen will, unterstreicht der Vorsitzends » - Pa> .
den ausdrücklichen Cinspruch, dtl" gc»a
des ehemaligen Vundespräsidenten überhauv ^jpjac,
werde. Zugleich bittet der Dorsihcnde dcn " Dc» . !,a
die Devlesung dieser Literatur einzuschränkc". gj^rlcsuh^
teidiger beruft sich darauf, daß er durch d>c .

glauhhaft machen wolle, daß ein ausländischhs, dc»l'^-,
Frankjurter sich durch das angebliche Schin'aj „jjch
Iuden so hahe „hinreißen" laffen, datz er sch pjc D>
plodiert" sei. Obwohl der Verteidiger ' rchrä»R,
lesung dieser literarischen Crzcugnisse /'Rjjtc» ^
nimmt ste doch noch den ganzen Rest des 0
handlungstages in Ansprüch.

Ü'

Iuden am Werk. ,

Verlin. 11. Dezember. In Genf versE g,ltc>
disch-bolschewistische Llique, dre >„j,sai»>»!,,-
nationals juristische Vercinigung" »cnnt, >m 7
hang mit dcm Prozetz gegen dcn !>>">'7R„tio» »
Frankfurter gegen die Auslandsorga»
NSDAP. Stimmung zu machen.

Siesn ieiiM öcheiit i» M«si«».

Wcgen der Verhaftungsn dcutscher Reichsangehöriger:

Verlin, 11. Dezember. Dcr dcutsche Votschafter iy
MoSkau, Graf von der Schulcnburg, suchte die«
ser Tage erneut den Dolkskommiffar für Auswärtige An'
gelegenheiten, Litwinow, auf und brachte wiederum
dieVerhaftung deutscher Reichsangehö-
riger in der Sowjetunion zur Sprache. Litwinow-
Finkelstein war nicht in der Lage, nühere Angaben
über dis den Verhafteten im einzelnen zur Last gslegten
strafbarcn Handlungen und über den Stand des schwe-
bcnden llntersuchungsverfahrens zu machcm.

MkW i«i Mnds»»-.

Hermann Göring appcllicrt an das Land»^^ ^jt
Verlin, 12. Dezbr. Am Sonntag findet >»

olk.

d-r' ci»'



Die Me» fiihre» Srlez.

Verstärkung dss sowjetruflischen Waffentransports
' nach Spanicn.

Odeffa, 11. Dezember. Nachdem auf der Schlutz-
sihung des 8. Rätekongreffss die Vildung eines Allsow-
jetischen Dolkskommiffariats sür Kriegsindustrie
angeordnet worden war, ist sofort ein« Reihe von Ver-
ordnungen erlaffen worden, die eine erheblich« Ver-
stärkung derAusfuhr von Kriegsmate-
rial nach Spanien betreffen. Der neu« Volkskom-
miffar für Kriegsindustrie, der Iude Moses Ruchimo-
witsch, sein Stellvertreter der Iude Michail Moiffe-
jewitsch Kaganowitsch (Michael Moses Lohn) und
der zweite Stellvertreter und bisherige Leiter der sowjet-
ruffischen Flugzeugindustrie, der Iude Romuald Adamo-
witsch Muklewitsch, haben eine Reihe von weiteren
sowjetruffischcn Dampfern zur Verladung insbesondere
von Artillerie, Flugzeugen und Munition
bereitstellen laffen, und werden auch die weitere Ver -
schissung von Kriegsinaterial persönlich über-
wachen. Im Hafcn von Odeffa herrscht Hochbetrieb.
In den nächsten Tagen wird die Ankunst von Moscs
Ruchimowitsch und Michael Moscs Cohn erwartet. Die
sowjetruffischen Wasfensabriken, die einzigen Fabriken,
deren Arbeitern eine ausreichende Lebensmittelversor-
gung und gsnügende Cntlohnung zugesichert worden ist,
arbeiten mit Ueberstunden.

Wieder ein sowjetruffischer Munitionsdampser
in den spanischen Gewäffern gekapert.

London, 11. Dezember. Aus Liffabon wird berich-
tet, datz der Kreuzer „Canarias" der spanischen
Nationalregierung 150 Meilen südlich der Valearen-
insel einen sowjetrussischen Dampfcr ge-
kaPert hat, der mit Waffen und Muniti 0 n sow-
jetrussischer Herkunft beladen war. Der Dampfer "'»rde
nach Mallorca eingeschlcppt.

fius aUer Weit.

77- Drei Knaben ertrunken. Cin folgsnschweres
stngluck ivird aus Aichau (Bayern) gemekdet. Dort
vergnügten sich d r e j K n a b e n in der NLHe des Feuer-
weihers mit Schlittenfahren. Dabei sausts der
Schlrtten in rascher Fahrt über das Cis des Weihers
und brach ein. Die prei Knaben gingcn unter und e r -
tranken, da nienrand Zeuge des schrecklichen Unfalls
war. Dis Leichen konnten geborgen werden.

— Ausklärung einer Vluttat nach 18 Iahren. Die
Iustizpressestelle Leipzig meldet: Am 29. Dezember 1918
wurde der Polizeibeamte Schneider bsi der Aus-
übung seines Dienstes von zwei Wildsrern angesch 0 s-
ssn; er starb am 30. Dezember 1918 an seinen Ver-
lehungen. Cs ist jeht gelungen, die Täter in der Person:
der Vrüder Max und Arthur Hofmann zu ermitteln!
und festzunchmen; die Vrüder sind geständig.

von 11 bis 12 Ahr über alle deutschen
mal eine Rundfunkübertragung der Rede 9 s(a>-

Görings aus dem diesjährigen Reich-bauer» ^.^sc>^
Damit ist jedem Vauern und Landwirt die
gegeben, dis grundfühlichen Ausführungcn dcs x>c»»
ten des Führers für den Vierjahresplan üb^r ^
sche Landwirtschast und ihre heutige Aufgabe S"

* ...

Heute Abend Vorlesung aus dem politischr» -

des Reichsministers Dr. Gocbbe - „

Berlin, 10. Dezbr. Am Samstag, den

12 DE' b»

um 19.30 Uhr wird Staatsschauspicler Lothar al>l>Lai-
Deutschlandssender einige Kapitel aus v^ ^a'» -
Tagebuch von Reichsminister Dr. Goebbels
serhof zur Reichskanzlei" lessn.

N»«arns 3»»e«i»i«iftll i» deA-

Vesuch beim Reichsarbeitsdienst.

bei Innenminister Dr. Frick-

!»>'

ver 2„nenmlm,ter ^r. .77-- ^«»-»'.,,1-'

Berlin, 11. Dezember. Der <5>rcits

a»>

ster Nikolaus von Kozma, der, wie

teilt, als Gast dss Relchsinnenministers ^re »

mehrere Tags in Deutschland weilt, besucht ^„ge»d..u
die im Relchsarbeitsdienst stR»»^ ihre»
lernte diese große Crziehungsschule an »»-»
tenden Stsllen kennen. Der Minister «rklar
der ausgedehnten Vsstchtigunqssahrt, VaV va»,a'
wartungen weit übertr 0 ffen se'e» 'i' i »>
der Vesuch in der Absicht bestärkt hab», " §,ic 77
garn den Arbeitsdienst einzuführen- abb» chc.
sei aber vor allem von dcr sinanziellcn » ü„ister R-
Am Freitag abend gab Reich-innen'» in
Frick zu Chren des ungarischen 3»»'"""^nl>ch^aac>'
ner Wohnung einen Cmpfang. D>>» » pc» »»-pcs
grlltzungsworten, die Minister Dr. Fr>» » 2Lorte».jcscl
schcn Gast richtete, erwiderts dieser m^,^^ dȧ


dieser

Dankes und Ver Freud«, wobei er , „

Meinungsaustausch für die bciderscitlgcn ^ pjc
ersprießnche Auswirkungen eraeben ""^'„„pene>> R,c>»'
durch jahrhundertlange Freundschaft v»R,!Aben xjc-
trotz ihrer natürlichen VerschiLdenhelt " ,Rgsen »»
schaft angehörsn, die gleichen Probleme Z
selben Gefahren zu bekämpfen haben.


W-m d-r gro^

d'e

1. Wo kommt das vor:
lungen, eines Freundes Freund )»

2. Was ist ein Intervall? ad-r

Z. Wsr schrieb das Drama „Napol-»»

dert Tage?-

4. Wie heißt die Hauptstadt vo» ^ »

5. Wo liegt die Stadt TSbris? ^jard-d

6. Was versteht man unter ciner ch

7. Wer komponierte die Oper

>«««

8. Wer war August Renoir?

Die Antworten auf die Fragen vom schrieb

1. Die Komödie „Der zerbroch-n- SalzbuR.stchgl)

rich von Kleist. 2. Mozart wurde '» Mr Ob-»»..»

3. Dre Insel Iava untersteht Hoh ' Gclehrte^jjnd»

4. Alkuin war ein um 735 geborene p„rch

und Ratgeber Karls des Grotzcn, 5. A.chj »

von Schulen in Frankreich v»»d>d»l .j glb! ^afi
ist Vriefmarkenkunde. 6. „Man Torq»» f «,»'
man ist verstimmt" kommt in §?^-jcdel, ist jjcgl
vor. 7 Cin Uylophon, auch S1"Aavt Oueb^jasics
lisches Schlaginstrument. 8. . j.Lharles-ck'

Kanada an dsr Mündung des Sa
den Sankt-Lorenz-Strom.
 
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