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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

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Nr. 31 - 58 (1. Februar 1923 - 28. Februar 1923)
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https://doi.org/10.11588/diglit.15611#0216

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ZekiuirgsveiHote werden äus allen Teilen des Lesetzten Ee-ietes ge-
mellst. Jn Koblenz wurde d'e ..Koblenzer Zeitung", die
am Montag nach dreitägigem Vsrlot wieder erschienen war und
die Notc der Neichsregierung an die Rheinlandlommission verösfent-
lichie, wiederum auf drei Tage verloten. Die „E m s e r Zei -
iung" ist zum Lritten Male auf lrei Tage verloten worden, weil
das Blatt sich weigerte, eine gesetzwidrige Vcrordnvng der Rkein-
landkommis>wn abzudrucken. Auch die „Diezer Zeitun/' ist
abermals auf drsi Tage verboten worden, das „L ah n st e i n e r
Tagblatt" in Oberlahnstein erneut auf 1S Tago ohne Angabe
son Gründen.

Die Auswcisunge«

ziehon auch immer weitere Kreise der rheinischen Bevölkerung in
MitleiLenschast. Die Rheinlandlommission hat zwar in emer neuen
Verfügung allen Beamten, Angestellten und Priratpersonen be-
sonderen Schutz zugesagt, die sich den Tefehlen der Neichs- und
Landesregierung widersetzen und Len Spezialverordnungen der
Rheinlanölommission unterwerfen, und denen, die durch Zwang.
Drohung usw. die Beamten, Angestellten oder Privatpersonen vom
Gehorsäm gsgen die Verordnungen Ler Kommission abwenten, Eeld-
strafen bis zu 50 Millionen Mark und Ecfängnis bis zu fünf Jahren
androht. Sie scheint aber mit dicser Verfügung Las Eegente'.l er-
reichr zu haben, wie bealsichtigt. D:e Liste Ler von ihr Äusgewie-
senen wen gstens wird täglich länger. Vom Hauptzollamt Kalden-
kirchen erhielten Len Ausweisungsbefehl Obsrzollins: ektor Beit -
zinki, Zollinspektor Petersen, die OLerzollsekretäre Sindel
und S t a s k i e w i t s ch, Zollasfistent Siebert und Zollsuper-
numerar Beutnagel. Nachdem es den Belgiern nicht gelungen
ist, die Leulschen Zollbeamten zur Erhebung der Zölle für ihre
Rechnung zu zwingen, wollen sie ansche'nend sämtliche Zollgrenz-
ämter autzer Betrieb setzsn und dis Zölle durch ielgische Erenz-
zollbeamte erheben lassen. Die HollänLer haben die Erenzen durch
hohe Drahtzäuns algesoerrt, so an der neulralen Strage bei Aachen.
Eewaltsam ausgewiesen wurLen ferner: Oberzollselrstär Kiel vom
Hauptzollamt Lleve und Oberzollsekretär Tielen vom Zollamt
Hassum. — Aus Wiesbaden wurüe der derzeitige Zolldirektor
dss Hauptzollamts Wiesüaden, Oberzollinspektor Seelig, ssines
Amtes enthoben. Auf Anweisung seiner Lehörden übt er aber nach
wie vor mit den Leutschen Zollbeamten seins Dienstgeschäfte aus.
Der Reichsfinanzminister Dr. Hermes richtete an den pflichtlreuen
Veamten solgendes Telegramm: „Zch spreche Jhnen für Jhr stand-
haftes Verhalten meinsn Tank und meine Anerlennung aus." —
Efsen wurde der Dautruppführer Wiegert vom Essener
Telezra' henamt nebst 13 Mann verhaftet. Die Verhafteten hatten
Arbsiten an Len Telegraphenleitungen der Eisenbahn ausgeführt.
— Der von Len Jranzosen verhaftete Telegraphendirektor Schwarz
aus Meiderich ist wieder freigelassen worLen. — Der verhaftete Tele-
graphendirektor Olbrich aus Bochum ist mit einem starlen
Truppenaufgelot, das Maschinengewehre und Panzerwagen mit fich
führie, verschleppt worden.

shahrschein zu lösen. Der Schaffnsr ließ den Magen halten und
forderte sie auf, auszusteigen. Die beiden SolLaten zogen
Larauf ihre Schustwaffe und gaben mehrere Schüsse ab. Ein
Fahrgast. Ler Schuhmacher Stockhorst a is Essen, wurde getötet.
der Wagenführer schwer verletzt. Die Leutsche Regierung er-
hebt gegen diefe auf Leutschem DoLen vcrübte Blutiat fchärfsten
Vro'test und behält sich vor, für die Opfer und die Angehörigen
volle Eenugtuung zu fordern.

Als Protest gegen die Erschiefp-ng des Schuldieners Haumann
in Drechten haben sämtliche VehörLen und Merke in Bra ""'er die
Arbeit 'für 24 Stund'en niedergelegt.

Sir Rhemlandlommission.

Regierungserklärungen im Haushaltsausschuh.
Von unserer Berliner Redaktion.

. Derlin, 6. Febrnar.

Jm Haushaltsausschust des Reichstageg wurde gelegentlich der
Deratung des Etats iür Las Ministeri'um des Innern auch die Lage
in dcn besstzten rhein.sckcn Eebietcn erörtert. Die Regierung teilte
mit, auf welche Weise Franlreich durch den Delegierten-
apparat der Rheitzlandkommission in die deutsche Ver-
waltv.ng einzudringen öersucht. Der Staatssekretär für die bssetzien
Gebiete. Dr- Brugaer, fllhrie dabsi aus: Das RheinlanLab-
kommen kennt nicht L-ie EinrÄstung der Delegierten, diefe sollten
nach dcn Zusicherungen der Entente bei dcn FrieLensnerhandlungen
lediglich Verbindungsoffizisre fein zwifchen ren Be-
satzungsbehörden und dsn deutfchcn Lehörden. Jn Wirklichkeit murde
aber auf dcutsche Kosten und namcntlich auf Betreiben
Frantreichs ein riesiger Verwaltungsapparat geschaffsn. mit
der Rbeinlan"kommission an der Spitze, mit Bezirks- uno Kreis-
delegierten. Die Nheinlandkommission umfatzt heute allein nicht
weniger als 1300 Köpse. Tabei vcrfügt noch jeLer Delegierts über
ein umfangreiches Hilfspersonal, Las alles

vo» Deutschland unterhalteu uud bezahlt

werden mutz. Die Dslegiertcn überwachen die Vcreine, dre Ber-
sammlungen und die Prcsse. Noch wichtiger ist ihre Propaganda-
tätigkeit, sowohl auf kulturellem Eebiete wie auch auf allen
ähnlich-en Eebieten, defonders Ler Sozialfürsorge. Die amerikanischen

und die cnglischen Delepierten habsn sich ron dieser Art Ler Propa-
' ganLatätigleit vollständig fcrngehalten. Die Nheinlandkoinmifston

Reiie Sluitsten.

Zwei deutsche Siihnenoteir.

Berlin, 8. Januar.

Der deutsche Geschäftsträger in Paris ist angewiesen worden,
dsr französischen Regierung folgende Note zu übsrreichen:

Dsr Lsukfchen Negierung sind Nachrichtsn über neue Bluttaien
zugsgangsn, die von französischen Angchövgen im Ruhrgebist vsr-
Lbt wordsn sind. Am 1. Fslruar absnLs 10.30 Uhr ist in Brech -
ten Ler Bergmann und Schuldiencr Haumann von einem sran-
zösischen Posten grundlos erschossen worLen. Die von sran-
zösischer Seite gegsbene Darstellung, wonach sich Haumann in be-
trunkenem Zuflande dem Posten genähert und dieser erst nach zwei-
maligsm vsrgeblichem Anruf von seiner Schutzwaffe Eebrauch ge-
macht haben soll, ist u n zu t re ff e n d. Vielmehr ist durch Aus-
sagen mehrsrer Zcugen fs-igestellt, Lah Haumann wen'ge Minuten
zuvor ie'ns Wohnung völlig nüchtern verlaffen hatte und von
dem Posten nicht angerufen worden ist.

Am 2. Februar abends haben in Bochum SvlLaten eines
französischen Tankgeschwadsrs, als ihnen in einer Eastwirischäft d:e
Verabfolgung von Getränken verweigert wurde. mit gszogenem
Seitengewshr und geladenem Revolver die deutschen Eästs auf die
Stratze hinausgsdrängt und dort mehrere Schüfse abgegeben.
Dabei fügten sie den Knappschaftsbsamten Nakowicz aus Bochum
und Freund aus Grumme schwere Vsrletzungen bei.
Nakvwicz wurde durch einen Schutz in den Obsrarm, der einen
Knochen zersplitterts, Freund durch s.nen Schutz in den Okerschenkel
getroffcn. — Die dsutsche Regisrung erhebt wegen diefsr neuen
Dlutla'en Protest; sie behält sich vor, volle Sühne zu fordern.

Eine writsre Note ist der belgischen'Regierung übsrgsb-sn. Es
heitzt Larin: D:e militärische Ves-.tzung Les Ruhrgebists, die von der
deutschen Rcgierung als rechts- und vertragswiLrig gckennzeichnet
wordsn ist, hat zu GewalLmatznahmen der sranzöstschen und bslgischen
Truppen geführt, die nsue schwers Rechtsverletzungsn darstellen.
Aus Ler Fülle Ler rechtswidrigen Akte mutz die deutsche Regierung
e'ne BlutLat hervorheben, die stch nach den bis jetzt eingegangsnen
Berichtsn solgendermatzsn zugeiragen hat:

Am 2. Februar benutztsn zwci belgischs Soldaten die Stratzen-
bahn von OLerhausen nach Essen-Rohrbeck, weigerten sich ahsr-, einen

felbst hat durch ihre Unierstützung der französischen nnd belaischen
Eewalipolitik sich jeder Crundlage aus dem Rheinlandabkommen
entzogen. Ihre letzten Ordonnanzcn sind nicht einmal mehr
formell auf Las Rhe.nlandalckommen gestützt, sondern einfach
aui Lie Jnstruktionen des sranzösischen oder bclgischen Oberkom-
missars.

Von Regierungsssite wurden Lann noch einige vsrtrauliche Mit-
teilungen gemacht über die deutschen Eegenmatznahmen
gegen die französische Proxagandatätigkeit. Der Reichsminister des
Jnnern, Oeser, erklärte: Die Einführung einer fr->mden
Währung im Ruhrgebiet würde auf sshr grotzs natürliche Schwie-
rigl'eiten stotzcn, auch im Caargebiet hat sich die Einführuna des
französischcn Franlen in keiner Weisr bewährt, die Preife haben
sich Lem Franken angcgllchcn. Die Löhne sind fosar noch erheb-
lich gefunken. Die Erfolglosigleit des französtschen ASenteucrs
im Ruhrgebiet beweist sich jelkst am besten Ladurch. Latz infolge
des Mängels an deutfchem Koks bis jetzt schon eine grotze Anzahl
ron Hochöfsn in Franlreich ausgcblascn wsrden mutzie. Auch ouf
Franlreich selbst wird die Vesstzung Les Nuhrgebietes üurch eine
starke Zerrüttung seiner Währung infolge der hohen
Besatzungskosten zurückwirken.

Der Min-ster wies auf Lie französischen Zsitungsmeldungen hin,
nach denen ss durch die Abfchnürung des Ruhrgebiets gslungsn fein
äll. IN den Tagen seit dem 1. FsLruar 64 000 Tonnen Kohle nach
Frankrsich zu bringen. Von Fachstellen wird das als voll-
lommen unmöglich angefehen, da die Eisenbahntransporte
nach Frankreich stillgelegt ssren. Er stellte fest, Latz

aus Lem neubesetzten Eebiet kcirie Kohke «ach Frankreich gegangen

ssi. Dagegen ssi ss bekanni, Latz dis Franzosen am krnken Nhein
rerschisLentlich Kohlen beschlagnahmt hättsn, die nach Frank-
reich abgcfahren worden seien: es könne sich hier absr kaum um
eine Menge von 64 000 Tonnen handeln.

Auf verschisdsne Anregungsn in dsr DeLatts versichsrte Staats-
sekretär Hamm von der Reickskanzlei, Lah die Reichsrsgisrung
und auch der Reichskanzler persörilich :n der wirtschaftlichen Bs-
kämpfung der durch Len sranzösisch-üelgischen Einbruch entstanLsnen
Verhältnisse ihr bssonLsres Aägenmsrk auf dis Verordnung gegen
Lurus und Alkoholmitzbrauch gerichiet hätten. Es sei
sslbstverständlich. Latz diese Verordnung allein nicht genügte. Der
Aufenthalt des Re'.chskanzlers in Esien, Bochum und Dortmund habe
erfreulichsrweise klargsstsllt, datz Las Leutsche Volk Lsn ihm auf-
gezwungsnen Kampf einheitlich und fest ausfschten wolle, in
dem Bewutztfs'.n, datz der fr-rnzöstfch-belzifche Raubeinfall sich nicht
gegen einzslne Schichten, sondern gegen die Existenz des
deutschen Volkes in seiner Eesamtheit richtst, Der
Staatssskrstär tsilts mit, Latz die einzelnen Ressorts stch über die

Die heMge SchoAe.

Ein deutscher Bauernroman aus dem letzten Jahrhundert.

Von Paul Burg.

84. Fortsebung. N-ach-ruck verboten

Heute aber ward Andreas Wsbsrling Ehre und Freuds zuteil,
wie er es nie gsahnt hätts. Der Pastor re'chte ihm bei der feier-
lichen Einfegnung sine goldverzierie, prächtige Bibsl als Gefchenk
der Kaiserin und KLnigin Au-gusta und vom Lanürat einen Brisf
voll LoLes llbsr Las prächtigste Lauernpaar.

Dem Alten rannen d:s Tränen übcr die Backsn und Maria in
tiefer Rührung dachte bei sich: Nicht cinmal dcn Namen der Kai-
serin hat unssreins gewutzt — aber ste beschenkt dich. Jst Las nicht
eine zweite Königin Luise m-it e'.nem wahrcii Hsrzen für Las Volk.
Rührende Erzählungen ües Dorflantors vor Menfchenaltern wurden
wieler wach in ihr.

Jn zärtlichsn Händen trug Erotzvater An-dreas die leuchtende
Kaiferbibsl hsim in fsin Haüs. Am Nachmittag fuhr dcr Enkel

das ooldene Paar durch dis Felder.

„Da, sieh! Nun haben wir unfcre goldene Hochzeit gshabt mrd
unfer Laum ist tot." Der Alte zeigte auf den kahlen Stamm mitisn
unter Len prangenLsn grünen Eichen. „Latzt sis sür uns zu Sarg-
holz schneiden!" lat er den Enkel.

Der wehrts lachend ab. „Grotzvater, porsrst soll noch ein paar-
mal KinLtaufe im alten Veltenhoi« gehaltsn werden. Jetzt bin ich
mit Lem Mariechen an der Reihe."

Die Zeiten gingen hin. Dst Enkel hieli bald Hochzeit, war nun
der Weüsrlingbaiier. Crotzmutter Maria bei den drei Lindenschmidt-
buLsn wariete auf Len llrsnkel. Erotzvater Andreas satz hintsr dem
Fsnster und las gsrn in seinsr Kaiserbikel. Oft mahnte er:
„Schlagt die alle Eiche zu Sargholz sür uns!" Als Jahr um Iahr
ks-n Kind im Hofe gsboren ward, tat ihm der Enkel Andreas
wenigstsns den Willen und lietz die abgestorbcne Eiche fällsn. Wic
ein erschlagener Riefe sank sie stöhnend gegen Lie knirschsnde Säge.
Antrcas wandte sich ab, er konnte es nicht mit ansehen. Diescr
Baum ist w:e unser Ahn und unssr Eeschlecht! Ob hier nicht ein
böfcs Vorzeichen —?

AIs man die Wurzeln ausgrub, gahnte ein Loch, grötzsr aks ein
Erab. Regenwasser fammelte sich darin.

Der Lauer Nndreas ging ost allein und verstohlen hinaus, wo
die c-lte Eiche lag. D'e Schnittflächen im Stamme lenchteten von
ferne wie gewaltige Wundmale. Er setzte sich auf Len Stamm —
-geLankenroll. und seine Fingcr spielten oerloren ruf Ler eisenharten
Borke des Banmes. Ferne fah cr feine Schimmel im Felds pflügen,
'ah die Weberlinglinse über alle Dächer des Dorfes ragen und
thm it-wrnken, ... .

Ich habe keinen Sohn! klagte cs in ihm

Die drei Lindsiifchmidtviibcn wnren ihm nachgelaufen, sic klet-
terten auf dem Eicheurumpf hcrum und spielten an dsm alten
sisenglcichen Holz, woraus Sargbretter für die Ahnen geschnitten
werden sollisn.

Voller Wehmut sah es der Laucr.

Unter diefer Eiche hatte einst dcr Amerikafahrer Lindsnfchmi-dt
vergebens um Ruth gsworken und war feitdem landflllchtig ge-
worLen Es wäre wohl bcsssr gewesen — —

Was war besser und was überhaupt gut? Was ist der Mensch?

— Wozu 7as alles, was wir treiben? —

Der Laner Weüerling wurde ein Grübler über das Gewessne
iind Künftche: seincn Hcf, die kinderlose Ehe empsand er al; eine
Last. dcn Vatcr in Pofen, die Grotzeltern in ihrer Todesnähe be-
neidete er sast.

Die Alten sehnen si.ch jetzt wirklich nach dem Tods. Der alte
Kaifer war ja auch gestorben. der nachstr Kaissr kurz daraus Erotz-
uater Melerllng tr'eb ssil>dcm nsben dem Vibellesen her viel Politik
und sprach oft zu Akaria übcr den olten Bjsmarck und den jungen
Kaiser.

,So alt und so jung — Las mahlt nicht gut zufammeni"

ALer Maria war ganz schwerhörig geworden nnd verstand ihn
nicht mehr. Sic latte auch las Warten anf den Urenkel schon ver-
gessen und war mit nichts auf dieser Wslt mehr zufrädsn. Nm
meniosten mit der Iunghäuerin, welche den gleichen Namen
Maria lrug. »

Am liebsten satz sie mit ihrem Alten unter der Welcrling-
linde im marmcn Scbattcn, wcnn drautzen übcrall die prallc Sommer-
fonne auf der Dorfgasse und den reifen Feldern glühte. Dann
fprachcn sie Leide so laut zueinandsr, datz alle Vorübergehenden es
hören lonnten. -

,Aast du alles besorgt und Lestellt, Andreas? Wir haben nicht
viel Zsit mehr zum Berwarten."

^Alles ist bereit. Mutter."

„Was wird aus den Talern?"

„Der Pofener ist akgefunden; unsere Versicherimg geht in die
Dorfkasie als Leihe und bleibt dem Enkel zu Eigentüm. Das will
ich wcnigstens hinter mir lassen, datz kein Banlrott mehr im Dorfe
xassiert, JeLer soll wisicn, wohin er sich wenLet."

„Eut, gut — Vater." Sie nickte ihm zu. „Aber der Erbs sehlt

— Ler Erbc!"

„Sind Loch heide noch jung."

„Wer?" Sie streckte ihm ihr Ohr hin

„W>r nicht. Muttcr," cr lachte- „Denk wle lanq du mich damals
hast auf den Andreas marten lasien Erotzmutter Velten ist in dem
Wahne gestorben, datz du —" Er brach ab, denn Maria wehrts
traurig.

gexlanten wi'rtschaftli'chen Maßnahmen äutzern wsirdem ^

ssrechung der Üirge in den befstz'ien Eebieten wurde

Mittwoch veriagt. Der Reichsernährungsminister, Reichs>»,>^-ch'
minister und Finanzminister follen dann weitsre Mitteilung

ReWre irrmig mrb Kampsiront-

Die Riickkehr des Reichskanzlers und Dr. Hcrmes-

DienP^ekE

Von unserer Berliner RedaktioN- ,,

Berlin,

Reichskanzler Dr. Cuno, der bekanntlich für
miiiag in Berlin zurückerwartet wurde, ist erst um 12 -.
eingetrosfen. Er hat sich fosort zu einer Rücksi rachs mit ve»
Mi'tglieiern des Kabinetts begeben, denen er seine ErN" >
sernem Befuche im Ruhrgebiet mitteilen wird.

Reichsfmanzminister Dr. Hermes ist gleichfalls
in Begleitung einiger Beamien feines Ressorts in D o,r
eingelroffen. Er hatte eine Reihe von Bes, rechungen
vertretern des ReicheS im besetzten Gebiete und nahm am ^ c > '^
zujammen mit dem preutzijchen Minister des Innern S? K ^
und dem Reickslanzler an dsn Beratungen in Barmcn ,

' ' ' ' .V- M.

Abend haite Dr. Hsrmes noch eine Befprechung mit dcn


der Beamtenorgcuufaiionen in Lochum und Effen über die ^
der ZahlungsmitLel, der Löhne, der Prsissteigerung und.. - «>

Äbten U

forge sür die^Bcamten. Die Erklärungen des Min.sters^»-.,^

veruhigen.e^Wircung auf^ die au der Besxreckuing teilnehmeN".^ü>.

amtenvertreter aus. Wie wir weiier erfahren, sind
Verhandlungen im Gange über dis Verforgung de^
gebiets mit Milch. Es handelt sich um die Eins»b- h,s? .
und Trockcn Milch aus Holland. Die Verhandlungcn >>" in,
vclllommen zusrisLenstellend verlaufen. Gegenüber de» ^nch>:.,
Oesfentlichkeit in Ler letz.en Zeit vielfach laut gewordensn ^

Latz die für Las Ruhrgebiet gefammeltcn GelLer nicht in - räch -,
nelen Weise verwendst würden, mutz festgestellt werdsn,

Z e n t r a l st e l l e für diefe EelLsammlüngen sich

angesichts der e»tsi.»^

arbei t s m i n i st e r i u m befindet, Las
Deunruhigung wayrscheinlich in den allsrnächsten TageN
klärende Mitteilung üker vie Verwcndung dieser Gelder
Oefsentlichkeit bringen wird.




Sie Verlehm« bes Rheinlanbabkom«^

Die vertragswidrige TLtigkeit der

Rheinlandkommlli'

isii-»-

Berlin,

Jn Paris, London, Nom und Brüsiel hat die

6.

Feb-

Reichs^?^

eine gletchzeitig auch der Rheinlandkoiirmission in Kobl^j,


gebcne Protestnote überreichen lassen, worin fie Wi

Rheinlandkoinmission fahre, ungeachtet des deullw
testes. sort, die französische und be^ische Regierung in

u unterstützen, die weder im

eine»

lerrecht,n och >,^,jel>'-'
ailler Bertrag, noch im RheinlanLabkommen eine ^Zch>^
finds. Am 20. Januar habe jie fllr die Verwaltung de- jE,
nahmten Einnahmen ein leitendes Komitee errichtet, das > ü jjr
interalliierte Verwaltungs -

eine eigcne inieramierie ^ e r w a c i u n » -
fei und im Eegensatz zu Len Bestimmungen des Rheinlanca»
und unter Zerfchneidung jeglichen Zusamm
ges mit den ceutschen Zentralbehörden die obersten Berv- „,i>> ,
geschäfte selbständig erledigen soll. Dies bedeute im o
hang mit den von Ler Rhsinlandkommission verübtsn -AM ^
ausweisungen besonders leitender Beamten ta->aw
Anfana der Lostrennung der Nheinlande oom

Deutschlcrnd.

die d>e

Eine gleiche Tendsnz verfolge die Ordonnanz 136, di.e A
ten rheinischen Eebiete auch wirtfchaftlich abichnur»

Der Oberste Rat der alliierten Mächte habe am 13. Augusi
gefagt, datz jedes Lefondere Ein- und Ausfuhrfystem >m
Eebist ausgehoben wsrden solle. Dagegen aber baue o> ^r» ^
nanz 136 dieses System noch weiter aus; denn nach ? ji!

nanzen der sranzösischen Esnerale im Lesetzten Ruhrgebiet -Ai>
diescs vertragswrdrig besetzte Revier dem Ein- und Ausfuv>

Ems unterstellt werden.

Durch die Ordonnanz 137 und die Ordonnanz 138

't-des besetzten Eebiets ^

Das fei eine dre- '

samte Kohlenwirtschaf
Deutschland abgetrennt werden.
letzung des Rheinlandabkommens.

Der SLreik im Saarland.

- > !>>K-ch

Berlin, 6. Febr. (Priv.-Tel.) Der Schreik im Saargeb^

c,-»—__ .... --- SLÄlff

Montag auf allen Eruben eingssetzt. Ruhe und OrLnuN Istsjst

bisher nicht gestört. Ein Berichterstatter des „Echo de Par^c-e s-

sich die Verdächtigung, der Streik der Vergarbeiter im
sei wcniger auf lolaie, wirifchaftliche Rücksichten, als auf,v e> ^
ten Druck Ler Agenten von Berlin zurüazusuhre ^ 7s
einer Meldung des „Oeuvre" aus Saarbrllckcn sind bis
Vergarbeiter in den Streik getreten^ Sie verlangten ^ei^^p

erhöhung von 7 Franken. D:e Eewerkfchaftsn fcqlugen vor. §jk
jetzt drei Franken bewilligen und im Äpril eine neue EEAH>^

lenr srei Franren oewiingen uno im eiue ^ >>>

gestehen. Durch dieses Entgegenkommen glaube man, datz » yel
'beendet werden könne. Der Streik im M 0 felgebiet -
aleich mit dem im Caargebiet ausbrechen sollte, ist bis

„An cinem Wahn sterben wir alle nnd nennsn es , „
guten Elauben." -

Aui was hatten ste noch zu warten. Manchmal kam ern-
rafchung. „z!>

Lindenfchmidt fchrieb einen Brief aus Paris: .Ä,

„Jch b:n derwLils in aller Wclt gewefen und hoffe
meine Buben gesnnd. Bufs nächfte Iahr geht es nach -> ,,,

Ihr Lieben.

Das Grab meines Weibss verschsucht mich noch aus ver '
absr äb komme, komms bald zu meinsn Buben!" . Ai>M

„Schreibe ihm, er folle gleich kommen und nicht erst nam
lien fahrsn!" heischts Maria und es war ein so geb>-^l>b
Wollen in ihren A?orten, Latz der Enksl Andreas und die -j
maria wähntsn, sie ahue ihren nahen Tvd.

Man fchrieb alfo, aber der Vrief errsichte Jürgen Linve>>^N,
ni Paris nicht mehr und fuhr dnrch dsn heitzsn Winter


r

Äequaiorial-Meere mit dem glcichcn Schiffe wie sein - <

nach Austre-ticn. . jA

llnd es war ein dunkler Märztag, als in Berlm v°r
Kaifer seiiten ältesten nnd bcsten Berater, den ersten Kanz^st^ A
meister des Reiches, aus dem Amte entlietz. Andreas Wsteru
cs drei Tage fpäter unter strömenLen Tränen in der 3»>
c-s nocb einmal und fchob das Blatt still von stch Darauf
er zu Bett gebracht zu werden. Er ist nicht wieder aufP- h
Im stillcn Sinnen lag er und starrte nach dem Fenster,
lietz er sick hernnrücksn, das altc. grotze Velten'sche Ehebeti-
so viele Eefchlschter srzeu-gt, geboren und gestorben ware> l

!o viele wenhiscyter erzeu-gt, gerorcn unp gejtorven wc"",/,c
Tage lag sr stumm und horchie auf den Klang der Säge, m'» y

Hose den toten Eichcnsiamm zu Brettern schnitt; er war Eeitr .i

worden. verriet es abcr keinem — und rur Nacht lag er.
die Fülle der funkelnden Kestirne dc-s Märzenhimmels L>>»''sjch^


konnte vor Sinnsn und Staunen den Schlaf nicht mehr > ^k"
dg er nsben der fchlummernden Maria.und bew»'

Eanz still lag

die unendliche Welt der Eestirne Eottes. ^,i>,

Eincs Morgens, als Maria erwachte. fand fle ihn >^Äc»Ej,
steif, geftorbsn. Weit offen standen feine Augen nach dem Aiav!,
und dem Himmsl gerichtet, Lessen Sterne vor dem Tage och
gewichen waren, weit osfen, als fprächcn die Augen: KoM»>'gv»
weile nicht länger. Maria Velten, denn wir sind immer j»L» ,»


zufammen gegangen. wir bside!

Da hat ihm Mar:a mit sti
aetan, hat ihm seins qrotzen Augen mit leisen Händen

Da hat ihm Mar:a mit stillem Weinen noch den letzts» Ä K

... sck'^j

fchlosien und Lamit allcs Licht in ibrem eigenen 'langen

ausgelöfckit. Bereitet und bekleidet hat sie ihn mit dem letz'»» ll>.
aus der Truhe. das gilb war vom Wartcn durch viele Iahr>- ^
hat bei dem wohlgcrüsteten Toten betend gesesien, bis d»r
vollends heraufstieg und es laut ward im Hose.

LAortsetzung
 
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