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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 59 - 89 (1. März 1923 - 31. März 1923)
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1S. März 1923.

Aus der Stadt.

,Ein Txsuch in j»er Wagsonfarrik Iuchs.

Deutfcher Technik, Ortsgruppe
?°Erisb ^ - M o sb ach, Lefuchte am Samstag, 3. März. üen
vovi N,^aggoufabr:k H. Fuchs A.-E. Di« Führong hatten, wie
^siuogni a mitgeteilt wirb. Betriebsleiter Beyer und die Be-
Kuhn unb Edinger. Die ausgedehnten Werke
neNten sich Len 40 Teilnehmern Ler Veranstaltung als e.n
t.^er Hinsitas den Stand höchster technischer Vollendung in
^ Vstri°s..^t Crfolg angestrebt hat und mit zu den hervorragrnd-
„^.Dex mr " diescs Sxezialgebietes gehört.

^en «E --^ang des Ei se n bah nw agens, ausgehend
>^1- iinKpiTi'sisri'steii Ei^enläiiene und

^>>enr»7-"^stamm und non der unbearbeiteten Eisenschiene und
a-Ü.^sielnc-^^l bis zum fertigen in srischem Lackanstrich dasteh.n-
auinjq^ "5" rollendcn Fahrzeug lam bei dem RunLgang durch d,e
und der Fabrik in seiner organischen Auseinander-

üur Planvollen JneinanLergreifen in übersichtlichster

L.Ü°tlbafj.s.uschauung. Wirtfchaftliche Fertigung aller Teile durch
«neinanderreihung der Arbeitsvorgänqe und An-
r°s^rnster -N.eu-sten Arbeitcmctho'en unter Mitverwendung
vmL^'chste x,. ichiuen für Holz- und Eifenbearbeitung, übcran die
L°?.^nfg«g ??nziehung von Mafchinenarbeit. kennzeichnen das Werk
st.tz'vb. ^ lum Ende als einen erst.klassigen technifchen Muster-
Ur> ^ llg > ^efchloffene Kreis'rozetz der Fabrikatisn beginnt an-
f°? 8ori',°n, ,E»olzlager im Sägewerk, in welchem durch Vollgatter
su!/! d^tter das Zerschneiden der Stämme in Dielcn cr-
foi!. °°rkomwiicki Las Zuschnechien der Dielen auf die vcrschieLe-
Uim8es A»,v "^n Matze je nach Vcrwendungszwsck an. Ein forg-
affea g " ^er Ümrisse zwecks möglichst vollstänLiger Aus-
dw^llfte d rrauch-earsn Holzes geht dem ZuschneiLen voran, das
mit Schabloncn umd MoLellen ansgeschaltet. so Latz
iv.^ber iM-',? anf die schlechten Stcllen Les Holzes beschränlen.

tzg,, rverarbsitung mutz Las im EissirbahnwagenLau ver-
k<ri» ^Esillndig s-etrocknet sein. Dazu dienen die auege-

Tj^eia j°,llrne.lnrichtungcn Ler Fabrik In gerüumigen Tro'en-
!>r°?^ a>!fa°7,^ zugcfchnittene Holz auf Eattcrrosten in luftigen
Dam^E' unten wird im erftcn Teil L-es Trocknungs-
^ie -LȀ chngeblafen. welcher die Feuchtigkeit dss Holzes zu-
krinr^^ckroz-n ' Dä-mvfen rerurötzert, aber auch die Zellcn crschl-cfst,
°^t Lann mittels -durchgesau-gter heitzer und trockener Luft
sllNe^ber 2". ^viten Teil umso wirlfamer.
jef.° »oin--;, 's^nverarbeitung. oelanc-en in grotzem Um-
^allb.- ^ Sg-ün. un>L -stä-be zur V"rarbeitun», tancben ist

tzi vnd Ä'?"e mit wohlausgebildeter Ecfenkfchmie^erei mittels
v,jj'^khebes .-^"'n^el' rcffe ufw. von grotzer BeLeutung. Schw-ere

^s>"^igen Dremsen z. B. werdcn mit Lem Damplhammer

5o° r^tten nus einem Stück geschmiedet. Die mechanffchen

Üf.°, 8- CtanT? 8iit erstklasstgen mo'ernsten Masch'.nen zum Bohren,
' .W rn >°'.°!!. nn-d Ni-cten Ler Eifenteils ausgestattet, hier wie

t>;'8 'llnsn dez il'llg'NLe Nietstände für Dr -cklufinietung sind einzclne
^vn Agen Ei» , *?" Werftegan.ges Les Eifen'ahnwaLens, in den:n
s>ii°f ^inrich,»,„ ^lteile ane'namLsrgcfiigt werLen. Vorh-r sieht man
derin CiT^'n lur Maffenherstellung von Sckiraubenmuttern und
!-ann ^ Len ^N'wbrilation. Eine Druckluststation zur Erzetmrng
^iri, -^sdr-Le,. notwendiaen Dr»ckluft ist mit eincm Hoch-
»lln,°^ Ler üi^llMmotor Letri-obsn. Alles Kleinmaterial aus Eifen
^iss,^ Park n-^^schen Abteilung bis ins einmlne bcavbsitet. ein
^e Bobrü, T^.bbnnken, Schnellhobelmaschincn, Stotzmafchinen,

Bobi-Ü, ^?^bbänken, Schnellhobelmaschincn
°»n ls-^-kab^M.chiuen usw. dient diessn wcitcren Zwccken. Nur
, ^llßerev s!". >°1;r nnd die neuen Friktionspufferfedern werd-en
^eb-^sui Ueb--^?^rtigen Werken Lezogen.

iren der?. der Halle der grützen Schiebebühne zmn
ffllLrirn-Zuf La^ ^ilweise oder ganz montierten Magen von eincm
üell° ^llfen ffndere hat man, wie vorher schon in den wsiten
^ox>° slltij jbi-L^ der neuen Halle für Len Zusammenbau der Ee-
^«n ". dvntrai^ riesigen Parallellaufkran), das Eefühl, in dem
bLssr^^ser -L?dnhof eines Weltverkehrsplahes zu stehsn.
E°i-ende>. ^ebuhne aus wer' ' " ' '' - - ' -' -

i-nir--'"°'wen "^us msrden eine Reihe Parallelgeleise einer

8lln>er oren grotzen Halle bestrsihen, in welcher die Wagen
^llst"men Fari-anr?^ Oberbau ausgerüstet, teilweise mit Lem vie':-
"°k>e„, °3t die n ch nersehen werden. Eegenüber dieser Montage-
iveftou ansto!-»„>.^8chiererei mit mehreren Parallelgeleisen, daran
^vgn» lln e »° ?'8e grotze Stapelhalle für fertige Waaen, nicht

8enev Ur?„^llitere Halle zur Aufstellung der in Reparatur ein-
ejbn sotvie die Montagehalle für die Eüterwagen.

BeMatt der BadLschen Post

Alle Räume der Fabrik haben Deckenbeheizung mittels
Heitzluft, die durctz Ventilatoren in Umtrieb gebracht wird. Jm
Sommer wird statt der heitzen Lust Kühlluft einacblasen. Die
Wärmeerzeugung der Fabrik ersolgt in der Hauptfache sowohl für den
Trocknereibetrieb als auch sür die Heizung durch die Verwcndung der
anfallenLen Sägefpäne in geeigneten Dampfkeffeln mit Vorfeuerung,
für die Schmiede besteht naturgemätz noch ein entsprcchender Bedarf
an Steinkohle und Braunkohlenbriketts.

Die Besichtigung endcte im Verwattungsgebäude der Fabrik, in
der geistigen Zenlralc der technischen Arbeit, dem vorbildlich ausge-
statteten 'Ksnstruktionssaal.

Der 1. Vorsitzende des Reichsbundes, Diplom-Jngenieur Prof.
Dr. Akayr, erstattete hicr namens dicfes Dundes der Waggonfabrik
Fuchs für die EenehMigung der Besichtigung sowie dcn Führern, dem
Betriebskeiter Beyer und den Betriebsingcnieurcn K u h n und
Edinaer, für die vorzügtiche Führung Lcn geziemenLen Dank ah.
Im Zusammentzang Lamit wics cr aus dic in dcr Allgemeinheit leidcr
heute noch nicht- genugend belannten Dcstrcbungcn und Ziele des
ReichsbunLes Deuifcher Tcchnik hin und beleuchtete dic Ausgaben der
deutschen Technik und der gefamten deutschen Technikerschaft in bezug
auf die Eezcnwart und Zukunft det deutfchen Wirtschast in eindring-
lichster Weise. vlpl.-lnN. XV. ö.

" Ermatzizuna dcv Mehlpreises. Die SüdLeu sche Mühlcnv.r-
einigung tzat Len Nichtir.-is ftir Weizenmchl Spcz al Null weiierh n
um SVOü Mark auf 160 0M Mark für ein Dopp.-lzcntncr tzeiadg fctzt.

* Frachtermiihigung für srifches Obst. Bis 31. März 1923 war
anf Len Leutfch-en Retchsbahnen e.n neuer Ausnahmetarif für
frisches Obst (ausgcnommen SüLsrüchte und Weinlrauben) zur
Verwendung im Dsutschen Reich in Kraft getreten. Bei Stückgut und
Wagenladungcn, sowöhl ais Eilgut wie auch als Frachtgut auf-
gegeoen, beirägt die FrachtermLtzigung SO Pro;ent der
rezelrechten Frachtfätze sür frifches Ob-st. Frachtbriefe tza.en Len
Vermsrk „frifches Olst zur Vcvwrnrung im InlanL" zu trazen. Es
Larf anzenommen weRen.'latz sich der Obstmarkt neu bsleüt und
die überall noch lagernden Ovstmengsn an oie Veroraucher geletiet
werLen.

- Kerne Erhebung von Wagenftandgeldsrn. Der Zentral 'ecbauL
Les Deutfchcn ErotzhanLeks ,st be.m Reichsv rke .rsm nisterium
rorstellig geworlen, um in Anbetracht Ler Lu.rch Lsn rcu.tew.Lr gen
Einüruch der Franzofen und Beigier in La- R.,e-n- und Ruhr-
Gebiet entstanLcnen bejondcren Verr.h slcg; ron der e rh b. n; i on
Wagenstand- und Lager-Eekdern absehen zi laff n
D:r Neichsverkchrsmin.stcr ha. Laraufhin n Wiir igung der.ror-
gebrachten Erüme ang.ordnet. datz Wag nstauLgcld und Lager eld
nicht -n Rechnung zu ltellen ist, wenn nach :flchnätzg r eber-
zeugung der Dienststell.cn. orstc-.er kcin Zweiftl ka über o steh , , atz
die Fr,strerjäumn s ihren Cntst.hung grund ausf.h.ictzlich in ker
durch Len rschtswllrigen E.nbruch d.r Franzos.n und Be gi r im
besetzien oder unbcsetzien Eebiet cescha.f n:n :.age hast i n Zwci-
felsfällen kann von . er Erhcbung Les S.and- o sr Lager-Gsldcs zu-
nächst n'cht abgefehcn wsrdeii. Die R ichsbahnd rrk-icn.n sin) aber
angew'.esen, Erstaitung-an.räge. die sich au> d e Fo grn üe; Ein-
Lruchs stlltzen, mit Lesondcrcr Be'chl.cni-iun', we ige.-endcm Ent-
gegenkomsn und ohne llsinlichs Bcdenken zu Leiance.n.

PoiiuLikehr mit der Rtzempfalz. Einfchreib- und Weribriefe
nach der Rheinpfalz werL-en w.eder angenomm.n.

* Erfatz firr verlorene Poftxakcte. Die Postrerwaltung hat
vom 1. März ab den Erfatzvctrag für verlorene Post. akete ohne
WeriangaLe auf 2000 Mark fiir jedps Pfund Ler ganzen SenLung
und für eingefchricbene Sendungen auf 1000 Mark e h ht.

* Die Dollar,Schatzanweismigen dcs Deutschen Reichcs liegen
vom 12. bis 24. März zur Zeichnung auf. Im Anzeigenteil der
heutigen Nummer wersten die sür unfers Leser in Frage lommenden
Zeichnungsstellen beianntgegeLen, Loch werden auch dis iibrigcn
Geldinstitute Lereit sein, Auskunst zü erteilen und die Zeichnungen
für ihre Kunden zu vermitieln.

* Schiebcrtum Aüd bcfrtzies GsLiet. Die Bef-etzüng
b a d i s chen GeLic t s gibt skrupe l l osen P r o v i t j ä gern
die MLglMeit, Lebensmittel. Vieh und Bedarfsware zu hohen
Preifen Äenttzalhen aufzukausen, um diese Ar iiel im besetzten
Eebiet zu WuchsrorLissn loszufchlagen. E n derarciges Eebar.n ist
politisch wie wirtschaftlich gleich verwerflich. Das Lands.poli-
zeiamt (Abteilung Wuchcr- ienii) weist Larauf hin, daz P iblilum
und Behörden zufammenarLsitcn müffen bei der ErMi.te.unz nnd
Bekämpfung derariiger Schädlinge, dersn Täiigle t n chts zn tun
hat mit der wichtigen Aufgaie der rcguiären Versorg nz >es
besetzien Gsüiets. Eine verfchärfte Kontrolle des unlau-
teren und des unsrlaubten Handcls tzat allent.alb n begcnnen.
Sie wird umso erfolgreicher aroeiten, wenn in jedem Einze.nsn La;
Bewutztseln sich festigt, datz diese Mastnahmcn dem bedrohten
Eemeinwohl dieyen.

* Zn-iahme der Feilerbeftaktmtgen. Da die Einäscherung von
Leichen zurzeit erheblich wen'ger Kosten ver rsachi, als die Lr -

Kleine Geschichten.

Von Richard Rieh.

hiz^Niilie musikalische Nachbar.

-'^s?°!58ein E???''chler hatte einen musikalischsn Nachbar. Tag-
der. Und immer Lasselbe Stück, immer die
e- ^is zebn d°°"«rab". Er spielte es auf Lem Klavier, mit
?>IS, .nuch ' nst,A^?.8ern, einhändig, zweihändjg. Bisweilen pfiff
<>ie np hätje er eine Pauke beseffen, er wllrde es sicher

^?in>ii^B. haben. — Solch einsn musikalischen Nachbar hatte
ü°r ^°tcr ZjÄbbichler.

8?rtze ^^bbichie^ c.
t>ich^Utter

rs>r?°.cht«

rchler kannte einen Fluch, der mit jedem Tag län-
3irbbichier glaubte an jedem Tage, fie überlebte es
^iilest s§alten^^^b°* wutzte nnn, warum fie keinen Mann be-

^ BÄ" ZirbbistÄ Muükstücke zu hören sind . .

^ch ?'°r sjE, "U°r aber war damit zufrieden. Denn nun konnte
mehr wundern, datz er das „Ziel der Klasss"
iedock,'? "reicht hätte.

h>6^^°hnun„ A' °er Paxagei, hatte den Fluch des Vaters und die
^°r j°b°? Cohn»-, ."tter, die Wehklage der Tochter und das Froh-
'l anch üch aufgenommen. Und er bewies das. Es

?'cht^i„?i°rhli^ °>cht ggnz angenehm, Zirbbichlers Nachbar zn sein-
-Urtb?Tstic!l tch„l^iommt vor. datz mustkalische Leute ihre Miete
>. Und es ist manchmal ein Segen, datz es auch

*'chler^r haEherren gibt.

Endi- 'ueit °rej Jahre gedauert, bis es im Falle Zirb-

erstea^i°8 er, sndlich nämlick mutzte er ziehen!
^'vpen^b kein^-?s 5>ieder hiclt Vater Zirbbichler seincn Mittags-
°. Z,,T "'uch verunzierte seine sonst so gottesfürchtigen

ubcrlcbei^^^ boffte dre Frau Zirbbichler, den heu-

l,^> "urr Fräulein Zirbbichlers Miene, und der

"bb ob»i> st- La i°ff.,ungestört über Ler lateinischen Erammatik.

so trn,^'8 um die Hand einer Tochter an, wenn an-
ft-aurlae ... r.x_)

?°1i

'Mk,

de

°>enn

riisF"Nchmal

i°den si^s,ssE°nte plötzlich von der Ecke her eine Stimms,
„Deff '°ut war zu vcrnchmen:

Tag jsj ?.-'En Piah den ich auf Erden hab',

" °l° Nasenbank am Elterngrab. . ."

?uerrte den Schnabel auf und sang

s>Ani^^°^tftch^?.u Möhlen:

und

unaufhörlich.

ermordet hat, dann singt er es heute noch.
'ind ^mKabarett.

° das Lebcn. beffere Pointen als alle Schreiber-

Ulanib,?k.-Ä8°u°- tagein
°u mcht crmordet bat

>d!°'°.uni st'-.^°s MäLÜi A ützt ein Herr emem Pärchsn

tz?.sie „?5°u erfchx.;,ist schwarz und hat Augen. die zu feurig
^'°iie: Laim ein ^br Kavalier ist jung, schwarz

Vabbir^. 'u dunkelgrunes Hsmd mit Kragen aus «leichem


„Halbseide", denkt auch der Herr. Das Mädel gefällt ihm-
Dicse Augen! Diese leuchtenden Stcrne (s. o.)! Er sucht nach einem
Anlnüpfungswort, nachdem die Blicke schon hinlänglich angeknüvst
baLen. Er sucht ein-e geistreiche Bemerkung. Das Spiel Ler pfutz-
spitzsn und Knie, Las er bisher — nicht erfolglos — betrieben hat,
ist zu eindeutig, und unser Hcrr hält auf Niveau.

Endlrch wagte er es: „Jch haLe,das gnädige Fräukein ficherlich
schon einmal auf deiy Brettl bewundert. Und wenn ich nur wützte,
rvo . . fragte Ler Herr mit dem unschuldigsten Lächeln von der
Wclt. Und er wendet sich Labei halb an die Elutäugige, halb an
ihren Begleiter. Man kann ja nicht wiffen . . .

Man kann wirklich nicht wiffem Denn der junge Fremdling
antwortet für fein MäL-ch-en: „Ob Sie sich nicht irren, mein Herr?
Vielleicht haben Sie m i ch eimnal auf der BLHne gesehen. Jch
bin nämlich — Preisboxer . . ."

Er hatte sich wirklich geirrt, der gute Mann. Und er hat sei-
ncn Irrtum eingefehen. Vergeblich trafen ihn Elutülicke: velgeülich
dic Anfragen eines sehr schlanken Knies.

Ich bitte euch: ein Mann von soli-Ven Gruichsätzen wird doch
auf so eiwas nicht reagieren. . .

Sprichwörter.

Ich hatte einmal einen alten Oukel. Der hietz Iohn.

Der alts Onkel Iohn war ein reicher Mann, und er besatz ein
Engrosgeschäft.

Ich habe den alten Onkel John oft in seinem Engrosgeschäfts-
kvntor besucht-

Man kann ein Engrosgeschäft habsn und doch ein kleinlicher
Menfch sein-

Onkel Iohn hatte autzer seinem Engrosgeschäft eine riesige
Vorlisbe für Sprichwörter. Er fützrte aüch Zitate. Er fllhrte auch
Sentenzen.

Nicht in seinem Emrrosgeschäft. sondern im Munde.

Immer, wenn wir Zeuqnisse bekommen hatten, gingen wrr zu
Onkel Iohn. Er gab uns jedesmal fünf Pfennig.

Iedem, obwohl wir drei Geschwister waren.

Und zu den fünf Pfennigen sagte er: „Wer den Sechser nicht
ehrt. ist des Talers nicht wert!"

Irrtum, Irrtumü

Wir haben Len Sechser geehrt, haben ihn sogar so gsehrt, datz
wir ihn nicht ausgegeben haben. Denn beim Konditor Eiacin
kostete die billigste Portion zehn Pfennige.

Aber des Tialers sind wir — was Onkel John betraf — nie-
nials weri geworden.

So sshr können Sprichwörtsr sich irren. . . .

Neue Bücher.

Alrxa«b«r Connrdo: Dic Nbeinlanbe tn der Franzosen-
zett tt7Sv—I8I8I. »Tie Rbeinlandc in Gcsabr," so kann man beute
überall lesen und börcn. Jedcr Deutscbe weitz jetzt. wie Krankreich an
Leur Ziele scftbäit. das eS beim Kriegscndc nicht crrcichen konnte unö
datz wir militärifch obnmächtig dcm Feinde aeaenüberskehen. Drefer wird
jedoch seine Absichten niemals durchsetzen können.-nicht etwa darum, wcil
ibm ctiva anderc Mächtc in dcn Arm sallen wttrben. Ten Köblerglaubcn
lollle» ntir Dentsche» eudlich autsebe». Unlere Hofknuna. «»ser Ver»

Sette L.

bestattung, ist die Zahl ter Feuerbestattungen in S'u'tgart erhebl ch
in die Höhe gegangenj sie beträgt zurzeit 40 der E.samtsterbe;äll>
gegen 12—15 ^ in der Vorkriegszeit.

»

k. Nntzloch, 12. März. Der Turn- und Fcchtklnb veranstab
tcte gestcrn nachmittag ctncn woülgcliingcncn S o m m e r t a g s z u g. Db
Brczcln sicllte der gcnanntc Vcrcin dcn Kindern ebcnfalls unentacltlick
zur Vcrfttgnng. Der Zng wurde von dcr Feuciwehrkavclle erössnct uni
bcwegte fich bci berrlichst-cm Sonnenschcin durch di« Hauvtftratzeii det
Dorfcs. Es folgten danii auf kleinen Wagcn. gezogcn von Kindern, dr,

4 JaürcSzcitcn, dcr Wintcr mit Scbncemann und Kncckt Nnvrccht. EI
folgtcn Holzkaucr mit Sägen und Artcn nnd Nodlcr. Auf cincm andcrei
Ldägclchcn iatz cinc Svinnerin »nd einc Grotzmiittcr. dic sirickic. Eii
vrächtigcs Bild bvt dcr Friibling mit dcn wcitzgeslcidctcn blnmcn, -
gcschmiicktcn Mä'Lchcn, acfolgt vom Snmann. dcr Frucht fätc. Prächtig ge,
schmiickt war dcr Ernteivagen. bcgicitct von singendcu Schniücrinncn nni
Scknittcrn mit Sicheln. Senicn. Stroübändern und Acbrcn. Dcr Hcrbsd
waacn wurdc von visr gciüimitcktc» Kttücn gezogcn. aciolgt vvn Winzsi
mid. Winzerinnc» mit gcsckmiicktcn Kübcln und Eimcrn. Nach becndigte»
Zngc tand untcr Mniilbcglcituna ans dcm Lindcnplatz ein Vtettkamvi
Swischcu Sviiiiiicr nnd Wintcr statt, dcr mi! dcm Sicgc dcs Sommcr!
endigtc. Dic Strgtzcnsammlurig, dic cincn anlcbiilichcn Bctrag crsab
war fur dic Sckiwcstcrn beidcr Konfcssioncn bcskimint.

k Nukloch. 12. März. Bci dcr am F-reitag abend stattgefnndcne»
Bürgeransschutzi i tz ung stan'.cn drci Punlte zur Bcrätnng. Ein,
ftimmig gcncbmigte wurde «in aiibcrordciitlicher Holzbicb von 8tk1 Fcfb
metcrn, dcr inncrbalb 1<r Jaürcn wicdcr cinsvart werdcn soll. Nn dü
Schn-citcrn beidcr Koilfcfsioncn wurde cinc Bcrgi'ituna vo» jc Mart

mi! 42 Stimmcn gegcn 14 Stimmen dcr Sozialdemokratcn und Kominunb
stcn scncbmigi. die ie I.AMO Mark bcaniragt battc». Von den bürgcv
lichen Parteicn wurde gcltend gemacht, üatz ja die monatlichen Bciträgi
für bic Schweftcrn erhöbt werden könnten. Beim 3. Punkt: Aendcrnnz
der B e i o l d u n g s o r b n u n g. wurüe der 8 16 cinstiinmig d-ahin abgs
ändert. batz L-as Gebalt an bie Gemeindcbeamtcn unö -beLicnstctcn nichi
mcbr monatlich, sendern vom 1. April ab vicrtcljälirlich anSbczablt wer>
dcn svll. Die Kommumftrn btltcn beantragt. datz tas Bestattnngs.
weseu von der Gcmeinde nbernommen werden solltc. mas abcr von
Gcincinderat mit 8 gegen 1 Stimmc «bgclebnt wurde. Auf Wunsch dei
Partei fand iedoch im Bürgeiausschutz cinc Anssprackic dariibcr ftatt. Eini
vrobeweise Abstimmung ergab jedoch. datz der Antraa mit 4l gcgcn U
Stimmen der Kommunisten und Sozialdemekratcn abgclcbnt wurdc. Alli
warcu aber Larin einig. datz etwas in dicicr Sache gctchcbcn müssc. Et
i-oll LeShalb eine Kvmmission nacki dcr Stü'rkc der Partcicn ernaimt wer-
Len. die sich mit biescr Angclcgcnbcit bcfasicn soll. Die Kcmcinde bai
schon «Torlcn fällcn lasscn, di« zu Brcitern fttr dic Särgc gcichnitten wer,
dcn sollcn. Ebcnio abgclcbnt wurdc ancki mit 41 gcgcn 13 Stimmcn Lei
weitcre Nntrag dcr Kommuniftcii. datz dic Eemcinde eincn Zuschlag vv«
206 v. H. fttr die Erwcrbsloscn b.-willigcn solle.

r. Wicsloch, 12. März. Dic Bcschlagnaümc von 47 Sack Mcb!
bei cincm Backofenb-aucr aus Wicslocki-, iibcr die wir Endc vorigcr 'Wvch,
in ci»cr Notiz aus Mannbeim bcrichictcn. wnrdc, wic uns von brtciligtci
Scite mitgctcilt wird, von dcr St-iatSanwaltschafl iofort wicdcr auf-
acboben, da keine Ler VorunSietznngcn zutras, dic dic Bcschlagnabmi
dcs MehlS durch Lie Wnüiervolizci gerccki-tfcrtigt bätte. Dcr Sach-verball
ist kurz folgcnder: Ein BLckermcistcr in Mainibciin lictz sich von dcm bctr
Backofcnbauer ciucn neucn Damvfbackoicn crstellcn — beute cin ObjeS
von mindcstenK 15 Millionen Mark — nnd machtc dabci zur Dedingung.
datz er den Kauspreis nicht in bar. sondcrn in Mebl crleacn diirfe, eint
Ncgulicrung, dic bcntc in dcn bctciligtcn Krciien scbr häufia eingcgangc«
wird. Dcr Vcrlä'ufcr ging auf dicses dlngcbot auch anftandSloS ein, de
er ailtzcrdem die bcbördlich!: Gcncbmignng zum McblHaadcl bcsitzt, unl
liefertc seincrseits Las Pteül au einen Bäckcrmeiitcr in Badcn-Badcn z«
cincm wcsentlich villigcren Preis äls «r cs an ZablungLftatt übcruommc,
batte, da inzwiichcn der Dollarft-and, wie belannt. crücblicki gcfaüen ist
Er machte svmit nicht nur kein Gcschäft mit dcm Meb-l, fonüci.u batt: cinc,
sehr erk'eblichen Verlust bei ber TranSaltion. so datz, wie obcn schon ge>
sagt. iedc Voraussetzung fttr eine Bcbandlung dcr Sacbe dnrch dic Staats,
auwaltichaft feblte. Die Wuchcrvolizei battc anch in dicsem Falla wicdcr
cinmal zu srctzcn Ucücrciscr gczeiat und lcinc Lorbccrcn gecrntct. Dat
DeLauerlichc ift nnr. batz dic bcteiligten Keschästslcnte burch dic vorzcitig,
Vekanntgase der IlngclcLcnbeit in öer Preiie unnötigcrweiic einer ftras,
üaren Handlung gczicbcn wurden.

k. Dosicnbcim, 11. März. Das Kirchenovfer sür die notleidcnd«
Rubrüevölkerung am Schluh des evanaeliichen Gottcöücnstes a»

4. MLrz ergab den nambaftcn Bctrag von 08 102 Ptark. Kommcnbe»
Sonntgg sindet dabier bie Prttfung der Konfirmandcn statt und a»
daranfsolgcnbcn Sonnta.g. dic Euisegnniig. Kvnfcrmicrt w-erdcn 18 Knabc, -
und 16 Mädchcn. zuiammen 20 Kiubcr. cine vcrbältuismätzig kleine ZaL
gcgen frttbcrc Fahrc.

c>. McckeSbcim, 12. MLrz. Aüs dcm Gcmcindcwald wiirdc am 7. F-e»
brnar. nachts, von zwci Burscheu «in K i r s cki ba u m st a m m cntw « >v
dc t. Durch cincn anolniincn Vriei a» die Obcrförftcrci Ncckargcmiinl
kam man dcn TLtcrn unö ibrcn Hclsern anf die Svur: lctzctrc ichcinc,
sedoch unschuldrg zu scin. Sie wurdcn von ibren Kamcraden zu cinci
Schlillenvailic mitgenommcn, wobci dic Tat vollbracht wnrde. Der
Stamur iaud man in bcm Znzcnbanscr Sägewerk. Der Vuüenftrcrck
dürftc dic Bcteiligten tcucr zu stcbcn kommcu.

bsi- Mcckesbrim, 12. März. Die bieftge Gcndarmerkc verbastctc einer
gewisicn G.olc tz aus Hridclberg, dcr sich bicr als N u b t s l tt ch l l i n <
auSgab. Bci lei-chtgläubigen Mcnschcn crftbwindcltc er sich Eier uni
Buttcr, die cr anicheincnd wiedcr vcrkäuscn molltc. um sie in Alkoyoi
umzuictzen. — Dcr als von den F-ranzolcn in Ludmigsbafcn vcrhaftei
gcmeldcte Eüenbahner Reck stammt nicht von hier, svndern von Meckeui
bcim in dcr Pfalz.

trauen auf den guten Ausgang berubt vielmchr ausschlietzlich anf dej
H.iltung der Nbcinländer iclbst. Dic Einbcitsiront. dic wir in autzem
politischen Fragen sonst io schmcrzlick, vcrliiiffcn. ist anaesichts bcS Geg>
ncrs im besctzten Gebict zur Wirklichkeit geworden. Dort bestebt keis
Untcrschied zwischen rcchts und links — die Kommunisten allenfalls ausgei
nommen —. wenn es sich um die Zurückweisuug französischer Ansvrüche,
um die Erhaltung dcs deutschen Cbaraktcrs dcs linken Users, vor alle«
aber. wenn cs sich um seine Zugc.hvrigkeit zum D-utsckien Rciche bandelt
Es machcn sick, aber, von ben Acutzerungcn in bcn Parlamcntcn abge-
icbcn, auck, Slnzcichen bcmcrkbar, datz sich im Jnncrn Dcutschlands eiy,
ähnliche Entwicklung vollzrcht, tatz insbeionbcre die Sozialdemokratic.
wenn cs sich um Rbeinlalidssragcn handclt, von allcm Jntcrnationalis-
mus srei, den deutschen Standvunkt zu wahrcn suckit. Ein Bewcis hieriüi
ist auch das Erscheinen von Conradvs Buch: „Die RScinlanöe in dei
Franzoicnzeit l1750—1818)." Dcr Derfasier ist als „iozialiitifcher Hiftoriker'
bekannt, cbenio wie öer Dietzsche Vcrlag in Stuttxart. bei dem es er.
ichicnen, als Herausgeber fozialistischer Literatur. Man ift umso freubrge,
ttbcrrascht, wenu man iu dicsem Werke den natronalen Gedankc« s»
warm und dock, ovne Uebcrichwung verteidigt sindet. D-r Vcriaffcr gebi
zumal der französischen Geschichtsklitterimg. die so gerne dic begeistcrt«
Auinabme dcr Hcere der grotzen Revolution und die Slnhänglichkeit dei
Rhcinländer an die Erobercr schilbert, scharf zu Leibe. suckit überall daS
richtige Matz zu sinb-n. Conradn ist abcr andercrscits als dcr Mann
der Wissenschaft ehrlicki gcnug, ebcnso die guten Seiten des ReeimcntS
mancher damals durck, dic Frcmdhcrrschast beseitigter absoluter Rexie.
rung alizuerkcimcn, wie auch dic Lcistungcu, vor allem öer Navoleonischen
Berwaltung, auf manchen Gebietcn. Dic Fragcn öcr wirtschaftlichen
Entwickelung wic die der dcs Gcifteslebcns werden dabci von ibm m!t
gleichcr Grttnblichkcit bebandelt und zwar nickit nur sür das linke Nbein-
ufcr selbft. sondern auch für die angrenzendcn Gebiete. dio bamals untcr
beionders starkem fianzösischen Einflutz standrn. wie Berg und F-rank-
fiirt. Conradv lst anscheincnd nicht in dcr Lagc gewcscn. ungedrucktc
Qucllcn bcranzuzicben. Seinc Behauptunx.cn wttrden Nchcr, wenn er
diese benutzt hätte, noch bewciskräftiger ersckiicne» scin. Er hat anderer-
seits attch nrckit dic gerade für die Wirtschaftslagc ber Psalz und Nhein-
Lesscns ber navolconiichen Zeit grundlcxendcn Werke, dic Statiftifchcn
Almanache Vodmanns und ähnlichc auch i» andercn Devartemcnts cr-
schicnene Uebersickitcn benutzt. Conrady hat jcboch sonst fast alles wichtige
bisher erschieneirc gcdrückte Matcrial gründlick, durihgearb:itct, gut. zn
verarbciten xcwutzt und vor allem in slüsftger Form daraeftcllt. Man
kann dahcr die Anschafsung ieines Merkes nicht nur dcnen emvscblen.. di-
sich bcsönders für die Vcrgangenheit deS linkcn RbeinuscrS intcressicren,
londern überhanvt iebcm. der sich gern bistorikchcr Lekittre widmtt. Er
wird bci Conradn eine Fttllc intcresiantcr Tatsachen vcrzeichnet finben.
dis cr anderwärts sich mttbsam znsammensuck-eii snutz, lautsr Bcivcisc
dazu — weim cs ttberbauvt solchcr bcdürfe —. wie wcnig vortcilhait für
bas Rhcinland die F-remdherrichaft in jcdcr Beziebung war und wie es
unter der äutzercn Httlle in dcr Franzoscnzeit von 1750 bczw. 1702 bis
1813 burchaus seinen deutschen Charakter bewahrt bat.

vr. jur. at pliil. Llsx LprinZ-er.

Georg P. M. Rvosc: Wie Mickiel Deutich dic sicbcn
Reitcr f.a n d. Roman. Nerlag Grctblcin L Co.. Lcivzig- Das Werk
eines Dichters aus ber Not öer 3ett. Mit elcmentarer Leidenfchaft hat
ec Eindrttcke aliisciiommen imd st« in Bildern schwerfter Demiitiguiig.
tiessten Seelenschmerzes un-d visionärcr Hoffnung answirten s-äsien. Rtichcl.
Deutich ist das de»xft"c Volk in einsältiger Gröze. stillem Dusdermut. hoherü'
Littiickkcit, unstcrblichem Glauben, unerschtttterlichcr Hoffuttng anf Recht
und Gercchtigteit unö mi Bcwutztsein seiner geballten Volkskmkt. Mit
cincr ethischen Lcidcnsckast, di« flammt unb zttndet, schafft Ncose Bildcr
dcr Zcit nnd Visionen der Zukuntt. Es ift nicht das Bncü ciner Pavtci.
nickft ciner Gruvve: cs ift das Buck, oincS Bolkes, das FurchtbareS «>-
lcbte, d-as abcr trotz allem lebcn »nd Leben gcsta-ltsn will in Freiheit
und cigeuer Vcrantwortuna. Es tst <» Quc-lle von Kv-fft, Mut irnd
stttltcher Erne»er»»g.
 
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