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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

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Nr. 59 - 89 (1. März 1923 - 31. März 1923)
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https://doi.org/10.11588/diglit.15611#0476

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fondern nu? eknen Tcil Eurer Pflicht. Wenn Zhr n:cht helst, is!
»ns ZndustrieAebiet verloren unv Lamit ist nicht nur Euer persön-
liches, soneern auch DeutschlanLs Tchitlsal Lesiegelt. Helft Ihr un?.
können wir Euch wieder helfen. Treu« um Treue!

Ihr liebe Eltern kennt das Industriegebiet und sein Kindcr-
elend. Helft mit an Deutschlands Zukunft, indem Ihr dort für die
Kineerhilfe werbt und auch selbst in Eurem He m sin ader mchrere
KinLer aufnehmt. ALer vor allem eins die Kin'er, die oorth'n
kommen, find w rklich erholungSbedürftig. Sie müsten also nslsn
gesunder Kost Licht und Luft haben, sie dürfen auch nicht als
Arbeitstiere ausgenutzt werden. Dagegen sollen die ' Kinöer Land
und Leute kennen lernen, damit sie einen Gewinn für ihr Leben
mit heimbr'ngcn, wenn wir den Fran;mann abgeschiittelt haben.
Uekerhaupt metne ich, dasi gerade w r Deutschen auch in gliicklichercn
Zeiten d !cn Austausch der Kinder systematisch vor-
nehmen sollten, damit endlich der Deutschs den Deutschen
verstehen lernt und nicht der eine sich als Verliner, der andere als
Bayer, der Lritte als Mestfale usw. fühlt. Ich würde m ch srs >en,
bald etwas über diesen Punkt von Euch zu hö-en. bald! Die Not
ist grotz; wartet nicht. bis die Arbeitslosigkeit
hier wächst. Dann könnte eg zu spät sein."

Ein Mchrer deuischer -flichttreur.

Dle Eerichtsverhandlung gegen den OberbLrgernrcister Tau.r.

Esscn, 18. März.

Es wird angestchts der sich täglich häufenden Ereignisse nahezu
unmöglich, alle einzelnen Fälle von V rurteilungen deutschcr Ve-
amter durch die französischen Kriegsgerichte zu registrieren. Abcr
man wird doch nicht darauf verzichten können wen'gstens die charak-
teristischsten Fälle herauszunehmen und zu beleuchten. Zu diesen
gehört ohne Frage der Fall des Bottrooer Oberbürgermeisters
Dr- Vaüer, Ler kürzlich vor dem Kriegsgericht in SteriEe zu
einem Iahr Gefängnis verurteilt wurde. Der Fall ist be-
sonders charakteristisch Ladurch, Lasi im Gegensatz zu der üblichen
Praxis diesmal der Gerichtshof weit über den Antrag
des Staatsanwalts hinüusging und eine ungewöhn-
lich hohe Strafe festsetzte. Die Anklage gegen den in Ler üblich-n
brutalen Form verhafteten und abgeführten OSerüürgermelster
lautet Lahin,

1. dasi er stch geweigert haüe, die geforderte Anzahl von Vetten zu
liefern,

2. Lasi er der Vorladung vor Las Kriegsgericht nicht Folge ge-
leistet habe,

8. Lasi er bei seiner Verhaftung Widerstand geleistet, das Rathaus
alarmiert und durch Len Ruf „Hoch lebe unser geliebtes Vater-
land!" die Menge aufgereizt und zu Gewalttätigkeiten gnge-
spornt habe.

Dr. Tauer führte seine Verteidigung selber, La die Perhaftnng
zu plötzl-ch erfolgt war, als Lafz man noch rechtzeitig einen V-r-
teidiger hätte schaffen lönnen, und äusierte sich zu Len einzelnen
Punkten Ler Anllaqe mit e'ner geistigen Uehcrlegenheit
und mannhaften Würde, die höchst« VewunLerung verdient.
H nsichtlich Ler Lieserung Ler Betten erklärte cr. es sei ihm un-
möglich gewssen, die Veiten aufzutreiben. La Hunderte von
Familien in Bottrop nicht im Bssitze von Betten
se'en und weiter w'es er Larauf hin, Latz cr auch nicht in Lcr Lage
gewesen sei, zur Herstellung der Betten Holz a"fzukaufen, Lenn
Bottrop hätte nichteinmal aenügend Holz. um die
notwendigen Wohnungen fllr seine Bevölkerung
einzurichten, ja nicht einmal soviel, um Särge zum an-
ständigen Vegräbnis der Toten zu stellen. Zuden
Lbrigsn Punkten Ler Anklageschrift erwiderte er, Lah

er sich nicht als Angeklagter fählen könne und aus dem Erunde
auch nicht erschienen sei, weil sür ihn nur die deutschen Gerichte
und Eesetze gelten.

Eegen die Anklage, Latz er durch den Ruf ,.Hoch lebe unser geliebtes
deutsches Vaterland!" die Menge aufgereizt hätte, legte er ener-
gische Verwahrung ein und betonte, er ha^e im Augenblick Ler
Verhaftung durch belgische Besatzungstruppen im
rein deutschen Eebiet einzig und allein seiner Treue und
seiner Liebe zum deutschen VatcrlanLe Ausdruck gegelen. Die Be-
schuldigung, Latz er Las Nathaus alarmiert hätte, bezeichnete er als
lächerlich und wurde Larin durch Len zu Ler Verbandlung aus
Dottrop berbeigceilten unu im Zuschauerraum anwestnden Bei"e-
orLneten Dr. Mihm unterstützt, dsr aussagte, der Oberbürgsrmeister
hätte nur von dem Büro aus in das Vorzimmer' geklingelt. Nach
«rregten Zeugenvernehmungen, in Lenen ein belgischer Leutnant
und ein belgisrh»r Polizeiinsrektor dem Vcigeordnetcn Dr. Mihm
gegenüberstanden, begann der Auditeur leine Anklagcrede und be-
antraate fllr die erste Tat acht Tagc Eefängnis, für die zweite Tat
zwei Tage Eeföngnis, im ganzen zehn Tage Eesängnis. Die Stra-
fen solltcn durch die erlittene llntersuchungshaft als verüützt gelten.
Nach kurzer Beratung verkündete das Kriegsger'cht aber sein Ur-
teil Lahin, datz der Oberbürgermeister für die V-rweigerung der
Vetten drei Monate Eefängnis, kür das Nichterscheinen vor
dem Kriegsgericht in Sterlrade ebenfalls drei Monate Ee-
fängnis und sür den Ausrus „Hoch lebe unser geliebtes deutschss

Daterland!". wodurch er d?e Menge aufgereizt habe. sechs Mo-
nate Cefängnis. älso im ganzen ein Iahr Gefängn 'ls
erhalte. Während der Verhandlung wurde der Beigeoronete
Dr. Mlhm von belgischen Polizeibeamten verhaftet.

Krefelb, 19. März. Das belgische Kriegsgerichi ver-
handelte ge>tern in einer längercn bis in die ALendstunLen Lauern-
den S'.tzäng gegen eine Reihe von Zoll- und Eisenbahn-
beamten, die an der Kundgebung am Tahnhof Kaltenkirchen
anlatzlich Ler Verhaftung des Zol'rats Deichmann und der Ab-
führunz der Oberzolllnspertoren Morel und Ufer teilgenommen
halen. Es wurLen nach Ler „Köln. Volkszeitung^ folgene« Sira'en
verhängt: Zollinspekto- Petersen: oier Monate EefSngnis und
200 009 Mar? Geldslrafe: Oberzollinspektor Elickmann: zwei
Monate Eefängnis unü 100 000 Mark EelLstrafe: Oberzoll ns-sktor
Strauch: ein Monat Eefängnis und 100000 Mark Eeldstrgfe:
die Zoll'nspeltoren Schmidt und Sommer und d'.e Zollwacht-
me'ster Vossen und Ginditzki: zwei Monate Gemngnis und
100 000 Mark Eeldstra'o. In Abwejenheit wurLen verurts lt:
die Oberöollsckreiäre Klug-Damm und Senony sowie Ler
Angestellte Schröder zu Lrei Monatcn Eefängn s und 100000 M.
Eeld^rafe: Eisenbahn'.nspektor Nlssen zu 100000 Mark und Ler
Elsenlahn-Supernumerar Delissen zu 50000 Mart Geldstra'e.

Sentt an Sderschlesjen!

Zum Iahrestag der Volksaüstimmang iu Oberschlefien.

Die Vereinigten Verbände heimattreuer Oberschlesier schrsiben

uns:

Wir können Len 20. März, den Jahrestag der Volksabstimmung
in Oberschlej.en, nicht vorllbsrgehen lassen, oyne im ganzen oeu schcn
Volke Len Protest wachzurufen, Len nach dem E-nser Schandszruch
Regierung und Parlament gegen die Zerreihung unserer oüerschle-
sischen He.mat unü gegen Len Raub des weitaus wichtigsten Teiles
Oberschlesiens erhoben haben. NachLem die Abtrsnnung ganz Oäer-
schlesiens, die auf Erund Ler xolnischen und sranzösischen Lügen im
erstcn Verlrag:en:wurs oon Versailles vollzogen war, an den macht-
vollen Demonstrationen Les Deutschtums in Oberschlesien gescheitert
und uns Las Selbstbestimmungsr-cht Ler Völker zuerlannt war,
nachLem die Volksabstimmung e'ne LberwiegenL« Leußsche Mshrheit
in Lem als unteilbares Eanze im Verirag von Ver'ailles betrach-
teten LanLe ergeben hatte, bedeutet Ler Fehlspruch des VölkerüunLS-
rates in Genf ein in der Eeschichte einzig dastehenoes V-rürech-n
am cberschlesischen Volke und an Deutschland, Wider Recht und Ge-
rechtigkeit sind uns die wertvollsten Jndustriegüter Oberschlesien;
entrissen worLen, während die in Ost-Ooerschlesien lebencen deutschen
Brüder, die Lort sichsrlich ohne den polnischcn Terror die Mehr-
heit behalten hätten, in polnrscher Knschtschaft l-ben müsscn. Der
polnische Imperialismus ist mit Ler durch den Eenfer
Schanljpruch geschaffenen Lage immer noch nicht zufiieden.
W.r weisen auf die Talsache hin, datz am Sonntaq, den 25. Feüruar,
in Kattowitz e'.ne Parade von über 50 000 ehemaligen Jnsurgenren
ftattgefunLen hat, wobei Resolutionen angenommen wurden, in
Lenen unzweiLeutig der baldige Ueberfall auf Deutsch-
Obsrschlesien angekündigt wird.

Am Iahrestage Ler Vollsabstimmung werden die an unserer Hei-
mat begangenen himmelschreiendcn Verbrrchen wieder in der Erinne-
rung lebenüig. llnter den blutigenMethoLen einesKorfanty wurden mit
Unterstützung der Franzosen Tausende unserer BrüLer und Schwsstcrn
hingeschläch-et; Haü und i-lut ron ungezi'hlt.n Deutsch n ern.. tet
und TaujenLe aus Lem LanLe rertrieb.n. Noch reute ha. Obe>
schlesien unter den Fotgcn dieser Kata'trophen zu l iten. -auei e
von Flüchtlingen müsscn ncch zusammenae, fe cht in Schu cn uni
Kellern hauscn, währcnd die obersch.ef.sche Ju, end zu den vie en
Nachwchen des Krieges auch noch unter den bitleren Folgcn der Anf-
stände zu leidcn hat und noch heu e seit Iahren ohne die Erz ehung
durch dle Lchule aufwiichst. In O b e r s ch le s i e n hat dle Pol, ti:
der Franzosenbegonnen, die heute durch Poincar.-
im Ruhrgebiet und im Rhe n and- zur Reife getr ebcn w-r^en soll,
mit dcm Zieleder Zertrümmerung Dcutschlands
Leider wiro weder die politische noch die wir schaftl.che Vedeut ng
Ler Zcrreitzung Oberschlesi ns vom deulschen Vocke richtig gewürd a .
Sollte doch Polen durch Len Naub unserer In ustrie mil tärisch
und xolit.sch d-rart gestärkt wcrden, datz es dr Angelpun.t
der französischen Ostpolitik wer cn lonn.e, m t Ler n
Hilfe die Franzosen >hre Vorh.-rrschaft über Europa au'üben woben,
zu der sie als alleinstehendes Volk wedcr stark genug sino, noch das
Recht haben.

Diese Eedanken im deutschen Volke wachiuruf n, bietet uns der
Jahrestag Ler Abstimmung die erwünfchte Eelc en e t. Als na h
Lem SchanLspruch von Eens die Regierung und die deu schen - arta-
mente flammeKden Protest einleg en gegen Las an OberMesirn ver-
übte Verbr-chen, erklärte der damalice Reichskanzler, dieser Pro -st
müsse im Leuischen Volke wach-rhal en werLcn. Mi e La- deu sch-
Volk niemals Las unier Lem tläglichen Sch-in des Völkcrüundes »n
Oberschlcsien becangcne Unrecht rerges'en. Mögs es immer me v,
die hohe politische und wirlscha tlich- Bedeuiun; d-s ob rsch efisch-n
Landes würdigen lernen und dadurch das Zi?l der Ver.-inigten V-r-
bände heimatireuer O-erschlesier unterstützen: Das ungeteilte
Oberschlesien mutz wieder deutsch werden!

LetzteNachrichtttl

Sohkotlstlmmmg!n Sesterreich.

v-r'
stehenA

öffentlichter Au'fruf der im natiönalen Lager ste^
gewerk s ch a ftllchen O r g a n i s a tst o n e n bezelchuene.

scher Angestellter, der Verkand deutsckier weibl'cher Anae."-»
Pharmazsutische Reichsverkand für Oesterre'ck, und /ii
Soz'alverstchsrungsgewerkschaft fordern in einem geme n.am
rufe gegen Warenbezug aus Frankreich uns Velgien auf-

Das franzosWe Vudget.

datz

Lcr

Parks, 19. März. (Eig. Drahtm.s Da es schon seststelst.

Senat Las Bu.dget nicht mehr vor Ostern wlrs »» tzrn'w-sti

können, so wird die Reg-ierung der Kammer ein-n

^ ' - -- - BuLgetzwomei > re-

e'nbringen, nach welchem diese zwei neue__ ,

Monate April und Mai bewilligcn soll, sowie ein 'a
Budgetzwölftcl, das durch Deutschland l
sein soll. vsri«^

Der franzöMe Finanzminister kestreitet die »»», "j'c tz » "

ilsirl' P. c

Len n Pariser Zeitungcn reröifentlichte Höhe der xan -
kosten des Ruhrgeüietes. Der Fmanzminister

Ruhr'esetzung für dic ersten vier Monate .nur" M H-,

19 6 Milli 0 nen Francsk 0 ste . davon müssten je iach'f

lionen Francs abgezo-'en wer^en die der Un'erhalt d-r ei§ ,i
Trupxen im Innern Franlreichs sow'eso kosten wür'e. ch- ^ a"
lichcn Kosten für Lie Ruhrbesetzung würLen sich also »»^
rund 169 Millionen Francs belaufen.

Sle amerlkmischen VesoKuiigSkoßeii

Paris, 19. März. (Eig. Drahtm.) Die Alliiertc ^i^ n i! ^ öb-
..... . - 'tkk-sn-'

sion, die sich mit Ler R ü ck e r st a t t u n g ter a m e r
Desatzungskosten zu beschästiqen hat. hielt eine Lbr -
Der stellveriretende amcrikanische Staatsselretär teilte 0
Delegier'en die Instruktionen seiner Regierung >»>'>sn^o
herrorgeht, Latz die a m e r i k a n i s ch e Ne g i e r u n g ^^ t -
der beschlagnahmten deutschen Schiffe

0"

.....^

der Eesamtsumme der amerikanischen
kosten abziehen lassen will. Die amerikanstwe , lvemih,
sei jeLoch mit LeN alliierlen Vorschlägen einverstanden, »»'jt>.?^.
di« amerikanischcn Besatzungslosten durch die l u k u ^ ^

deP

alle

otS»-^»


deutschen Reparationszahlungen zu..

Dieser Vorschlag könnte zugleich als Erundlage f»^.,.»n
Beratungcn dienen. Die nichtamerikanischen Deleg'er' z"..Dc
morgen eine gemeinsame Sitzuna akhalten in welcger ' ,,a«

amerik-anischen Bemerkungen Stellung nehmen wollen-
Sitzung der Kommission findet am Freitag statt.

den


Me „bedrohte" Sefahung. ..

Bottrop, 19. März. Die französischen Besatzungotr»^zjNds.^
Prozessionsweg, der Eigentum der Ki-rche"3 - ^

durch Drahtverhau gesperrt. Auf den Eins ruch ^vsr^sp»'"
oorstandes wurde ein wsiterer, noch stärkerer DE^sl ^
dem Kirchplatz bis zur vorderen Kirchentür angelegt ,ha»e
manLant teilte auf den Protest mit, Latz diese Drah'"

Schutze der sranzösischen Truppen notwendig seien!

Gegen dr'e Vergewaltigung des Mnrella^^

Berli», 18. März. Per Äeut>ctz-titauische Men
staltete im Sitzungssaal des ehema.izen Herr nhauses ° K

Der Dentsch-litauische
des ehema.i^en He:
die Verge^walt

Mewe

deS

Kundgebnn
l a n d e s.

Ernst Sam.... ..

Lanctageabgeordneten für Ostpreu'en, Eraf Sto
nigerode und der früheren Abgeordneten Frau
die in glüyenden Worien die Ber-ewal'igi ng ' '

,r Vl'

s,

S"dcs

bung aegen die Vergewaltigung "^-4 B
Nach Ansprachen des erstcn Dorsitzenden » xs t,
nel, des zweiten Vorsitz nden, Dr, B 0 r W ^ ^, uc e r-
meordneten kür OstvreuLvn nz,-! ^t01 .»n'-»s


schilderten, wurde eln'timmig eine "(ln scklie ung an! »^ Pr»öl.


-r

gegen die zwe.fache Vergewalt'gung Les M m.lgeb/
erhebt und eine Selbstregierung und üelv'^
tung fur Las Memelland auch untcr li'tanischer Oberk° ^rS
langt und dcr Hosfnung auf eine k!'n'tige Wiedsk Aps
gung mit den Volksgenosien nördlich des Memelstr-lN-
gibt.

Veherrscher aller Verhaltnisie aufzusxielen. Der

vorlaufig ein provisorischer. Wir sind erst im Wa" b-st

Ietzt erst wird mit den Verhandlungen begonnew linv

Fri«Lens>chlutz lann man sagen. w:e alles enLgllltlg

an-ders wird-." ple^H

Der Xavier lachte uberlegen auf: „Schäfle, was.srUöcht A siä
zose nach Abmachunge! I,g, foros sst!a clroit! (d-e ^er ',7:1-^
Recht). Druben in Deutschland ischt alles kavut. D»s ^ «tzs r
auf. Der Kaiser ist gestürzt. An der Leutschen Regisr'N»» M
neu« Männer. die Las Regiere srst lerne mllsse. binil'L'öÄ^

Deulschland-", er lehnte sich jetzt über Len Tljch ^» dcb

seinsn Worten mehr Nachdruck zu verleihen, und l» >s

in den gesxreizlen Fingern, „wer in Deutschland dr>^scho"?
Franzosen hier jetzt verwehren, wenn sis das Elsatz
zurecht mache, wi« sie es beim Friedensschlutz habe

„Aber ein Unrecht wärs doch, wenn man jetzt
rausjagen tät!"- schar! sjik

Da hob der Vater Len Kopf und sah seine
Ihre steigend« Empörung, ihr WiLersp'-uch, ihre fl'» >n h"
die Deutsche? Ich hab vor ein paar Tagen gedentt, ,^jnes 77 ,'»>
ins Gesicht. Seine Rechle legte sich schwer um Len el^LyMi »> --,«
glases. „Loonie, ich glaub gar, du hast noch immsr hä>>^
die Deutsche? Zch hab vor ein paar Pagen gsbs»t>- ^er noa>
dem Punkte Raison angenomme. Hängst am E»d >

- - -- - - -»H

Der fchwingende Klang.

Eine Stratzburger Novelle oon Erica Grupe-Lörcher (Hamburg).
», Kortlevuns StaLdruck verdolen.

Aber Ler göttvolle Eeruch der fettviefenden Eans, der ste beide
nun in Ler Wohnung empfing, nahm seine Aufmerlsamkeit in Anspruch.

Er schotz sosort in die Küche. Die alte Babette, die geraLe mit
liebevoller Lznbrunst die hochrandige Bratpfanne aus dem Backofen
gezogen hatte, um die gebräunte Eans in ihrem eigenen Fett zu
begietzen, wandte sich um und rief ihm entgegen: „Sind Sle wieder
zurllck? Wie wars, Monsieur Denger? Haben Sie mit Mamsell
Löonie tapfer vjve la lcravoe gebrüllt?"

Er bejahte. ALer Lann zeigte er gleich den interessierten Haus-
herrn, der er wie die meisten ggten elsässischen Ehemänner nttlr.
!lnd ia er jeden Freitag persönlich zum Einlauf mit seinem grotzen
Netze auf Len Wochenmarkt Lribbelte, lietz er sich auf nun näher
liegende und wichtige Ftagen ein: ob man von der Eans viel gutes
Schmalz erwarten üürfe? llnd ob Babette den Rappoltsweiler lalt
aestellt? llnd ob die Kastan'en, die er selbst zur Füllung vom
Markte mitgebracht, auch weich geworben seien?

Und La er auf alles eine befriedigende Anlwort erhielt, stellte
er sich iin Etzzimmer ans Fenster, um nach seinem Xavier aus-
zuspähen. Pünktlich zur festgesetzten Zei-t steckle di« greise Babette
den Kopf ins Zimmer und r.ef: „Monsieur! Mamsell Löonie!
Vou8 stes 8ervi<-8!" Monsicur Denger sckinalzte vor Vergnügen
Lber die zu erwnrtenden Eenllsse mit der Zunge und antwortete:
„Ia, Babette, jetzt hat diese verfluchte Hungerei unter den Preutzen
«in Enü'! Jetzt sind die Franzose' im Land. Und jetzt kriege wir
auck, von dem schönen französtschen Weihbrot und dem öilligen fran-
zösisckien Rotwein. -1 la dcmkeur!"

Der Xaoier fand sich auch ein und war in gehobener Stimmung.
Erotzartig höslich waren alle auf d«r Tribüne gegen ihn gewesen!
Jetzt kam die Zeit, da auch er ein gcachteter, ein einflutzreicher. ein
wichtiger Mann wurde! Einer der Herren hatte ihn sogar bei Seit'
genommen und ihn gefragt: ob der Xavier mit einrgen anderen
Herren ein wichtiges Amt übernehmen wolle?

Monsieur Denger ritz die Augen auf. Sein Xavier «in wichtiges
Amt? llnd selbst wenn ihm dies« Ehre wieder einige tausend Francs
kosten würd«,-die opferte er!

Während sie nun zu Lritt um den Tisch satzen und die Suppe
köffelten. miitzte der Tavier Einzelheiten über dies Angebot berich-ten.
In kurzer Zeit mutzten sämtliche Einwohner Straßburg. im Elsah
nberhaupt. sich einem neuen Polizeierlatz der Franzosen untrr-
werfen. Eine Anmeldunz zur Wohn- und Ausenthaltsliste wurd«
fedem zur haargenausn Beantwortung vorgelegt, Alles orutzte auf

ihr beantwortet werLen! Wer die Eltern. und wer die Großeltern
gewefen waren. Und wo diese gslsbt, wslche Staatsangehörigkeit
dies« erworben hatten, und wodurch. So Lekamen di« französischen
Behörden eine ganz genaue Aufstellung Larüber, wer vor Lem
Jahre 1870 im Elsatz gelebt und mit seinen Nachkommen noch im
Elsaß satz, oder — wer erst mit Lem deutschen Zustrom nach 1870 ins
Land gekommen war.

Die einen wurden Altelsässer genannt, galten in ihrer Eesinnulig
als zuoerlässige und als hier wohnungsberechtizt. Dic anLeru aber
galten als Deutsckie als unzuverlässig, und hatten keine Wohnuugs-
berechtigung im Elsatz.

„Und was soll Las alles? Und was sollst du da mittun?" fragte
Löonie plötzlich in seincn Redeschwall herein.

Der Xavier stopste sich gerare ein grotzes Stück Brot in den
Mund. Las nach guter Elsäsicrart immer in elnem grotzen Laib auf
dem Etztische laq, und von dem er ueben den Eerichtea immer Scheibe
auf Scheib« absäbelte.

„Ich soll dabei mitt-un, weil ich als Sekretär auf der msirie
(Bürgermeisteraml) Einblick in all die Listen hab, die von den E n-
wohnern dort liegen. Ich b-in ja uicht Larauf eingearbeitet. aber
als eingesesiener Stratzburger bin ich doch über alle Familirn hier
zut unlerrichtet. Wenn man diese Listen einmal vollständig hat,
wird man den Deutschen zu Leibe gehen —

Das junge Mädchen lietz Las Besteck sinken. „Man will den
Deutschen hier zu Leibe gehen? Warum? Mit welchem Recht? Aus
welchsm ErunLe?"

Der BruLer lachte auf. Er fühlt« sich jetzt endlich auch einmal
seiner Schwester iiberlegen. Deswegen schlürste «r «rst elnen grotzen
Zug des golLaclben Rappoltsweilers, ehe er antwortete: „Meinst
Lli, d:e Französe täte jetzt hier nicht ganz gehörig aufräume? ZeZt
ist's endlich an der Zeit, Latz alle dieje Preutzen, diese steifen Kerle,
Lber Len Rhein hinüber müsien. Allejamt womäglich. Denri nun
wollen wir endlich auch mal evtre nous sein! Jetzt wird hier auf-
gerävmt!" —

Vater und Sohn waren zu sehr mit ihrem wuudervollen Stück
ELnsekeule beschäftigt, um das jähs Erblassen von Löonie zu ke-
merken. Zuletzt aber konnte si« ihre Empörung nicht mehr be-
herrschen:

„Das wäre eine ganz grotz« Eemeinheit! llnd wenn du Lazu

mit helfen tätst-Xavier? —. In Len Bedingunzen vom Maifen-

stillstand ist ausdrücklich von Frankreich der Schutz des Lebens und
Eigentums der Bewohner Ler zu besetzenden Eebiete gewährleistet!"

Der BruLer stopste sich die Serviette inncn um den Kragenrand
»nd begann, mit gesxreizten Fingern einen fetten Knochen abzunagen.
Er aniwortete nicht.

„Ueberhaupt, — was wollsn die Franzosen hier^" suhr sir sort,
„sie haben noch gar nicht Las Recht, stch hier volllommcn als Lie

Leinem Leutschen Prosessor?"

Si« atmete schwer auf. „Und wenns so wär. hast- sjiA
mir heut die Franzosen angesehe, — wie du's §?>»», geww- pü
eg ist mir klar geworde, datz ich für die Franzofe 8»'-'^;, Ds' v-.-l
mehr Symrathie hab wie sür die Deutsche! 3>» ^n §
Deutschen haben wir gewutzt, was wir haben. pei ^

aber wisien wir noch gar nichts. Und — so >st
kleinen Schicksal auch!" ^ vsn'>-t

Der Dater sah zum Xavler hinüber. Er ""^„rnt iibrr chs
ihn. Denn sichtlich war Ler Xavier gle'chfalls
Worie. DerwegeN hob Ler Vater Lrohend se ne ^ ^^,;sche»

Verdirb' mir nicht dics exzellente Esse Megs.jdeinem ^

fesior'! Aber ich sage dir nur eines: Du lägt oon - ^ lhk.z-

Si« starrte dcm Vater ins Gsficht. Noch »>° >jesem
alltägl'ch, so materiell, so engherzig erschienen, w-e > jctzi s

blick, La cr mit seinem elwas auigedunsenen weg>> - .^>»'>'^>7

guten Tropfen Wein rot Lkerhaucht war. drohens ^ un»^^-
hielt jetzt Messer und Eabel lampfbereit >».?^» a!c» ,7 ^
mehr e'nem leckermüuligrn Schlemmcr. Ler !e>n K

EänssLraten verleidigte, als einem Va:er, „ng

Lebensglück abspiach.
 
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