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Badische Post: Heidelberger Zeitung (gegr. 1858) u. Handelsblatt — 1923 (Januar bis Juni)

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Nr. 149 - 178 (1. Juni 1923 - 30. Juni 1923)
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https://doi.org/10.11588/diglit.15611#1109

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SllAstag. 30. Juni 1923.

B.ihcatt der Badischen Pojt

Aus der Stadt.

Nemokraiie uni> SffeutüKe Moral.

.Arbeitsteilung eine Einrichtung, leren Lor- und Nach-
'Me allgemein bekannt sind. Arbeitsersparnis aus Ler
^rnen, E i n je i t ig l e i t in der UusüiLung Ler Fähigkeitcn auf
^er anderen Seite. Es würde heis;en leereS r-troh -reschen, wollte
^an ftch lange Lei der Erörterung d-.eser Dinge auishaltcn. Aier zu
^^uchtet ist noch immer dleselbe Ericheinung,au.f mora-
's lche m Eebiet. Hcißt es Loch immer, daß aus .iesem alle Menschen
rinander gleich seien und zumal die ooppelte Moral, die eine sür
^se männliche Hälste, die andere für die weibliche, ist Höch-Uch ver-
7°ut. Und doch ist auch La eine Verjchiedcnheit. die praktisch höchst
aedLutungsvoll ist und bis in das politische Eebiet hinüinragt.

Gewih gibt es eine allgemeine Moral, stir welche die Verpflich-
«ung eine für aste Individuen gleiche ist. Alle Religionen betonen
a>es spgar ausdrücklich oder gestatten nur ganz ipcnige Ausnahmen,
«i-e sich aiif Las geschiechiliche Ecbiet beziehen. Und Loch, wenn man
saaher zusieht, ist die Sache ganz anders. -Lchon Ler Ehrbegriff,

ia mit dem Moralischen enge verslochten ist, ist für den Kauf-
niann ein wesentlich anderer als für r«n SoUatcn. Für jenen ist
uie Zahlungsfähigkeit, für dlesen die Mannhaitig.keit oberster Erund-
mg des Ghrenkodex. Pünitlichteit ist die HösUchkeit Lec Eroszen.
Die Masse muß sich der allgemein vorgeschrieb'En Höflichkeit de-
ileißigen. ^ „Noblesie oblige" ist eine Vorschrift, die nur für jcne
gut. Diese tut besser, sich der Zuvcrlässigie.t zu beslciszigen. Das
Imd alles Beispiele für eine Leginnen.e Listerenzierung der mora-
Uschen Eigenschasten nach den verschiedenen Sckstchten üer mensch-
Uchen Eesellschaft. Aber die Erschemung geht v.cl weiter und hat,
wie wir sehen werden, großes pralti-sches Evwicht.

Eine jeoe menschliche Tätigkeit färüt nümlich ab auf den Lharak-
wr, nicht bloß auf Körper und Ausfehen.. Der Maurer gewimit
Plumpe Hände, Ler Weber ein fiaches Eefäß, der Ech.ffer einen
oreiten Eang. Das sind Autzerlichieiten. Man kann auch Lehaftet
wit Plumpheit oder schlottriger Haltung ein guter oder schlechter
-Nensch sein. Schon tiesergreifeuder ist die Tatsache, datz der Lehrer
üur Pedanteri«, zur Besserwisserei netgt, datz der Bauer langfamer
Lenkt als der Städter, datz der Beamte zum Formenmenfchen, zum
-oürokraten wird ufw.

Wie wenig aber denkt man daran, Latz die politüs-che TLtigkeit
üur Han-dhabung des Worts, res gejprochen-en -und namentlich Les
Mruckten, als Waf-f-e zwingt und in der Folge Ler Wahrheitsliebe,
b-e im bürgerlichen und zmnal im Famil-ienleben -so hoch in Ehren
Wht, ja als ein Zeichen wahrer Kultur g-elten kann, Eintrag tut!
Daher denn „d-iplomatisch" Leinahe ein Sch.impf>wort für eine ge-
Wisse heuch-lerische Handhabung zurechtg-estutzter Argum-nte im ge-
wöhnlichen Vcrkchr von Mensch zu Mensch geworden ist. Aber die
Uchtigen Konfequenzen haben erst die Enzländer, die ja auf allen
webjeten der Kultur, in guter wie auch in weniger guter Richtung,
voranschreiten, gezogen, indem sie Lcm Berufe eines sührenden Poli-
tikers wohl gute, ja gerade wegen des Odiösen, w-as daran
hastet, sogar extra gute Bezahlung zuiom-men lassen, aber dems-elben
'«ineswe-gs eine seinen Machtbefugnissen entsprechend hohe Ghrung
üuteil werden lassen. Diese gilt in England dem Eelehrten als
luächtigsiem Kulturförderer und dem im allen Besitz Stehenden, auf
w-elchem Lie Verpflichtung der Ausbildung -seines ganzen Wesens in
o«r Richtung des ewig Menschlichen ruht. Und ganz analog bei
dem andern westl-ichen Kulturvoll, dem in allen seinen doch auch vor«
handenen Tugenden gerecht zu wer-den, uns jetzt s-o schwer gemacht
wird, dem Franzosen, bei welchem sich die höchsten Ehrungen, den
Vsrtreter der Kunst zuwenden. Dem erfolgreichen Siaatsmann
llebt bei diesen wetsMchen KulturvM-ern schon leich-t «in Od-ium an,
das stch daher schreibt, datz dteser gezwungen ist, schwarze Wäsch«
ffu waschen. Gewitz, dies-e Wäsch-e mutz gewaschen werden, und das
steht nicht ohn« Seifenischaum, den man aber gleichwohl in dsr
»igentl-ichen guten Eesellschast nicht erbaulich findet, und von dem
wan stoh ist, ketne Spritzer abzitbekommen.

Darin scheint «ine llngerechtigkeit zu liegen saber es ist dieselb«
«ache wie mit dem Gewerbe eines Fleischers. Wie alle essen gerne
Fleisch, ja Fleischesien ist bis zu einem gewisien Erade für die Kultur
notwendig. Aber dennoch: Wer lätzt, wenn er d-ie Wahl hat, se-inen
Coh-n gerne Fleischer werden? Ja, die meisten feinfühlenden Seelen
würden auf den Eenutz desselben verzichien, wenn ste selber die
Ochsen schlachten mützten, von de-nen sie den Braten mit Appeti-t
verzehren. Es gibt derlei Ungerechtigkeiten im praktischen Leben
w-ehr und es ist schülerhaft, diesetben zu leugnen, und schutmeister-
haft, die Lehre der Moral in ein Schema zu presien, das auf prak-
tifch« Depflogenheit der beften Menschen nicht xassen will.

Michin: Politik, ein un-sa-uberes Eefchäft, und die Konfequenz?
Veschränkung derfelben auf eine mügl-ichst kleine, von DoLtrinaris-
Wus freien Votksgruppe, auf eine dazu geeignste, aber an Köpfen
! wöglichst wenig zahlreiche Regiernng. Man beachte, datz das
demokrati-sche Prinzip damit in direktem Wi-derfpruche steht. Durch
ste wird ein jeder, auch die Frauen, die uns doch nach dem Worte
ves Dichters himmlifche Kränge ins irdifche Leben flechten sollten,
i-Ns politifche Treiben hineingezogen, und so-gar die Iugend, die ü-och
erst lernen sollte -und so lange wi« möglirh erziehcrisch wirkende
Jllusionen festhalten, der leidigen NotwendiMeit andere belügen zu
Wüsien ausgesetzt.

Datz aber d-iese Konsequenz heutzutage besonders l-ebhaft emp
furrden wird, dies rührt 'daher, datz ehedem die Politik noch mehr
wit der blanken Waffe gemacht wurde, und das Tragsn der Waffe
den Menischen wohl gelegentlich verroht, aber nicht so hosfnungs-los
drrgiftet, wie das heutzutage Ler Fall ist, wo Lug und Trug an
deren Stelle getreten stnd. Heute entscheidet ja d-ie öjfentliche
Dkelnung Sieg und Niederlage, und man weih, nun wisien auch die
Plum-pen Deutschen, mit welchen Mi-tteln die ostentare Meinung
gemacht wird. A-ber auch Lie Vergangenhei-t, d-ie es sch-on wieder-
holt mit dem gleichen Systeme versuchte, ist nicht srei von Lhnlichen
Ersahrungen. Man denke an das Sykophantenwefen der alten
Sriechischen Demokratien, die nicht viel anderes gewesen zu sein
scheinen wi« di« mod-erne Eesinnungsschnüffelei, nur zu einem ge
winnbringen-den Eeschäft« ausgebildet. Ä- bl.

- Don der Universttät. Profesior Dr. Karl Drinkmann,

Privatdozent an der Universität Verlin, wurde mit Wirkung vom
l. Oktcber 1923 an zum planmätzigen autzerordentlichen Prosesior
j der Nationalökonomie an der Universität Heidelüerg ernannt
wit der Amtsbezeichnung und den akademischen Rechten eines
ordentlichen Prosesiors.

* Personalnachrichte«. Kriminalsekretär Iakob Schindler in
Veidelberg wurde zum Kriminalobersekretär ernannt. — Schul-
«nspsktor Anton Gärtner beim Kreisschulamt Heidelberg
wurde zum Kreisschulrat für den Schulkreis Mosbach ernannt.

* Sonntagsdienst in den Apotheken. Am Sonntag sind geöffnet:
Hirschapotheke, Löwenapotheke und Rosenapotheke.

' Eültigkeit der Sonntagsrücksahrtkarten. Die am Sonntag. den
89. Iuni zum alten Preis sam 1. Juli tritt bekanntlich eine bedeu-
tende Tari rholuNi ei") g^ollen Srnniagsriick,ährtkarten gelten
ohne Zuzahlung auch noch am -onnt.r,,, den 1. Juli. Die Kartsn
können zur Hinfahrt erst von Samstag mittag 12 Uhr ab oenützt
Werden.

* Neue Liegewagen dritter Klasie. Jm Laufe dlsseg Monats
wrrden, wie die „Reichszentrale für Deutsche Verkehrswerbung" er-
fährt, weitere 10 Schlafwagen dritter Klasse geliefert. die vorrus-
lichtlich am 1. Juli in Dienst gestellt werden, unv zwar auf den
Ctrecken Berlin—Frankfurt a. M., Berlin—Stuttgart, Berlin—
Ostpreutzen. Verlin—Oberjchlesien. Der Verkauf oon Platzkarten
für diese Liegewagen beginnt 14 Tage vor Abgang des Zuges in
ollen Vertretungen des Mitteleuropäischen Reisebüros.

* Die Ermätzigungen bcim Steuerabzug sind ab 1. Juli 1923
'"ie folgt festgesetzt bei Zahlung des Arbeitslohnes (Gehalt) für
volle Mpnate: I. Für den Steucrpflichtigen und für seine zu seiner
Haushaitung zählende Ehefrau auf je 6000 Mk. 2. Für jedcs zur
vaushaltuna des Steuerpflichtigen zählende mmderjährige KiNd im

Sinne des § 17 Abs. 2 E.-St.-E. auf 40 000 Mk. 3. Zur Abgeltung
Ler Werbungskosten nsw. auf 50 000 Mk. Auf Antrag ist eine Er-
höhung dieser Veträge zuzulasien, wenn der Steuerpslichtige nach-
weist, datz die ihm zustehcnden Äbzüge im Sinne des ^ 13 Abs. 1
Nr. 1—7 den Betrag von monatlich 500 000 Mk. um mindestens
50000 Mk. monatlich Lbersteigen. Ueber den Antrag entscheidct
das Finanzamt.

* Hilfeleistung bei UngWssällen. Es wird darauf Hingewiessn,
datz ab 5. Iuli jeweils Donnerstag, abends 7>4 llhr, im Saale
„Prinz Max", Marstallstratze, ein Ä u s b i l d u n g s k urs für erste
Kilfeleistung bei Unglücksfällen für männliche Perfonen unter ärzt-
licher Leitung von der Freiw. S an i t ä t s k o l o n n e adgehal-
ten wird. Anmeldungen werden an Len Uebungsabenden anze-
nommen.

* Die Nähgarnpreise. Die Vertrisbsgesellfchaft deutfcher Baum-
wolluahfadenfabriken, Sitz München, hat ihre Verkaufs- und Liefe-
rungsbedinpungcn dahin geändert, datz auf Zahlungen, die nicht
innsrhalb eincr Woche vom Tage dcr Rechnung ab geleistet werden,
die volle Eeldentwertung in Änrechnung zu bringen sei.

Erwifchte Friedhossmarder. Von Schutzpolizeibeamten wurden
Freitag morgen an der Hauptwache der hier wohnhafte Arbeiter
Peter Aeb und die eüenfalls hier ansässige Frau Anna Coller
festg-enommen. Beide haiten in der letzten Nacht den Friedhof in
Bad Homburg heimgesucht und von den Gräbern Metalle im
Werte von einer Million Mark entwendet. Das Metall führ-
ten fie bei ihrer Festnahme in einem Sack mit sich. Es wurde ve-
schlagnahmt und lann von den Geschädigten im Zimmer Nr. 381 des
Polizei-Prästdiums zwecks Anerkennung angesehen werden. — Eben-
salls rönnen dort vier grotze, offenLar zu einem Lastauto gehörende
Lagerschalen, di-e von einem Diebstahl herrühren, angesehen werden.
Das Eesamtgewicht der Schalen ist etwa 36 lrs.

* Cine Warnung für Dienstmädche». Dem deutschen Auslands-
iustitut wird ein Schreiben aus Aarau in der Schweiz von Ende
Acai zur Verfügung gestellt, in dem es heitzt: „Schweizer Frauen,
die durch Schweizer Büros keine Dienstboten mehr bekommen, weil
ihr Ch-araktcr bekannt ist, benutzen die L-anv-eitungen in Süddeutsch-
lond und suchen stch MLdchen. Vei der gegenivärtigen Sucht deut-
scher MLdchen, in die Schweiz zu kommen. bekommen ste sofort
Offerten. Die Mädchen kommen vertrauensselig hinein und schon
nach einigen Tagen sinü sie todunglücklich. Daher soll ein Mädchen
eine Stellung nie ohne Erkundigungen antreten. Die Erkundigun-
gen stnd üm so notwendiger, als auch der gebotene Lohn oft den
in d-er Schweiz üblichen Löhnen nicht entspricht. Ss kommt vor, datz
Mädchen drei Monate lang dienen müssen, bis sie ihre Einreise
mit Patz zurückzahlen können, und wenn ein Mädchsn die Nieder-
lasiungsbewilligung in der Schweiz selbst bezahlen mutz, so mutz
es selbst einen halben Monat Lafllr dienen. Wenn es fo wcitsr
geht, wie bisher, wird die Negierung zu Ausweisungen jchreiten
müsien, weil zu viele deutsche Mädchen stellenlos Lastehen.

Gin Aotschrei.

Man schreibt uns: Nach dem neuen Versorgungsgesetz von 1920
besteht die Rente einer gefallenen Militärperson des Beurlaubten-
standes vom Soldaten Lis einschl. Hauptmann aus Erundrente,
Ausgleichszulage und Ortszulage. Dte Grundrente beträgt ca. 2400
Mark jährlich, die Ausgleichszulage wird nach dem lZivilstand des
Gefallenen berechnet, Ortszulage nach der Erötze des Wohnortes.
Die Eleichstellung der Militärpersonen im Soldatenrang ist Degra-
dation nach dem Tode. Jm Kriegsrecht ist Degradation die Strafe
der Herabsetzung eines Offiziers zum Gemeinen. Wer hat das
Recht, «inem Toten, der mit Begeisterung sein Leben fürs Vater-
land opferte, das zu «ehmen, was er sich als höchstes Ziel seines
Leb«ns errang. „Gleiches Recht sür Alle" ist heute die Parole. So
ist's rechtl Jeder Mensch soll, wie alle anderen Erdenbürger, durch
Tüchtigkeit die höchsten Stellen erreichen können- Da find manche,
die vor dem Krieg den ehrsamen Handwerkerstand vertraten und
durch die Umwandlung der kaiserlichen Regierung in eine demo-
kratische Volksvertreter, Minister oder Reichsprästdent wurden.
Es wird wohl niemand zu sagen wagen, diese Männer erhalten
später die Rente eine» einfachen Schreibers. Das wäre Unrecht.
Jedem das Seine! Die Hinterbliebenen erhalten heute also nicht
nach dem Militärrang des Eefallenen, sondern nach dem Zivtlberuf
die entsprechende Rente, die in drei Klassen eingsteilt ist. Ein-
jenderin kam in die erste Klasse. Sie ist die erwerbsunfähige
Witwe eines Vollstudierten, eines Hochschullehrers, der als Haupt-
mann d. R. im Kriege fiel. Sie erhielt bis Mai 1920 Rente sür
stch und ein Kind nach dem Offizierspensionsgesetz im Betrage von
390 Mark monatlich, während die Witwe eines Soldaten für sich
und Kind 81 Mark bekam. Nach Mai 1920 wurde sie nach dem
neuen Reichsverjorgungsgesetz abgefunden, weil sie sich angeblich
danach besser stände- Die Dame erhielt von nun ab 434 Mark
monatlich, wie jede Soldatenwitwe 1. Klasse. Augenblicklich stand
fie sich um 44 Mark besser, die anderen Hinterbliebenen dagegen
bekamen einen Rentenaufjchlag von 81 Mark aus 331 Aiart. Die
Rentenerhöhung für die Militärpersonen war unbedingt notwendig,
dte durch Lie Teuerung 1920 bedingt war. Nach den Erkundigungen,
die man Lei einsm Versorgungsamt einzog, wurde der Dame gesagt:
„FLr Sie ist das Osf.-P.-E. erledigt, Sie tönnen nur noch nach dem
neucn Eesetz versorgt werden, weil Sie sich danach besser stehen."
Man hat dadurch die Offizierswitwe nebst Kindern einfach vor die
Tür gcsetzt, man gibt ihnen das nicht, ivas ihnen zukommt. Jedes
Vorwürtskommen ist ausgeschlossen, die Rente dem Stande gemätz
viel zu niedrig.

Die Witwe erhielt nun im Juni 1923 für sich und Tochter
5214 Mark Rente, 86 000 Mark Teuerungszujchlag und 184 000 Mark
Vorschutz auf die Rentenerhöhung, rückwirkend bis 1. Januar 1923.
Die Witwe eines Soldaten im gleichen Ort wohnend, auch erwerbs-
unfähig, der Mann war Handwerker, erhislt 4356 Mark und die
gleichen Zuschüsje nebst Vorjchutz wie die Hochschullehrerswitwe. Der
ganze Unterschied besteht also in baren 856 Mark. So ehrt das
Vaterland seine ehemaligen Offiziere. Nochmal: Eleiches Recht für
alle! Die einzig richtige Lösung für die Eesallenen des Beurlaubten-
standes wäre: Kriegspension nach dem Militärrang und Witwen-
vcnsion nach dem Zivilstand des Eefallenen. 2o käme jeder zu
seinem Recht. Es wird doch wohl niemand als Recht ansehen, wenn
die Rente nur zum Wohle derjenigen erhöht würde, die aus irgend
einem Erunde im Leben den Osfiziersrang nicht erreicht haben, jei
es durch Krankheit, Eeldnot oder Talentlosigkeit- Es lann wohl
einem Lebenden der Abschied gegeben werden, aber nicht einem
Toten. Ersterer kann sich verteidigen, oder er hat im Leben noch
immer Eelegenheit, durch Fleitz eine höhere Stelle zu erreichen. Ein
Toter ist tot, und die Hinterbliebenen können nur der Stellung des
Eefallenen entsprechend Anspruch auf Rente haben. Durch ein
körperliches Leiden nicht fähig, im öffentlichen Leben eine Stellung
zu finden, sucht die Witwe ihre wirtschaftliche Lage Lurch sogenannte
Heimarbeit zu verbessern und niutz heute, im Junt 1923, MKnaben-
yemdcn oder 26 Mädchenhemden oder 12 Mädchenkleider, alles
90 Zentimeter lang, arbeiten, um ein Pfund Schmalz für 18 000 Mk.
kauscn zu können. Der Höhexunkt in dieser Leistung wurde aller-
dings zeitweije übertroffen. So wurde tm September 1922 für ein
Kleid 29 Mk. bezahlt, während der Schmalzpreis 600 Mk. betrug,
also mutz man für ein Psund Schmalz 30 Kleider arbeiten — und
das alles sür Lie Allgemeinheit, sür die Kriegsfürsorge- — Die
Indexziffer für den Ledensunterhalt einer Familie mit zwei Kin-
dcrn betrug Ende Mai 181000 die Woche. Vom 1. Ianuar bis
30. Juni 1923 erhielt die Dame zusammen zirka 622 000 Mk- Rente
nebst Teuerungszuschlägen. Durch diese Zahlen wird bewiesen, datz
die Witwe und ihr Kind als Kriegsopfer der Stellung des Mannes
und Vaters entsprechend der Verelendung preisgegeben sind.

(Die vorstehenden Ausführungen werfen e!n solch grelles Licht
auf die Unzulänglichkeit der Kriegs-Hmteibliebensnfürsorge, datz es
dringend geboten erscheint, wenn sich unsere Abgcordneten der Reu-
regelung der Materie mit allem Nachdruck annehmen. D- Schristltg.j

seue 8

2?us Baden.

— Mannheim, 29. Juni. Der Güterverkebr der slektrikchen Nhcin-
Haarbtbabn, die von Ludwigsbaien nach Bad Dürkbeim verlehrt, mutzte
auf Beiebt der franrösiichen BesatzungSbehörde auf Grund dcr fran-
zöfifchen Ordonnanz 187 über den Stratzenbabnverkehr im befetzten Gebict
eingestellt w:rden.

— Psorzhrim, 29. Juni. Jn einem hiesige» Hotel erfchotz slch vvr
einigen Wochen ein Unbekannter. Jetzt hat man dte Perfönlichkeit des
Toten feftgestellt. EL handelt stch um den in den 20er Jahren st-cbendsn
lebigen Eisenbabnanwärt:r Paul Malronowsky aus Leipzig, der
wegcn Slmtsunterschlagung g-esucht wurbe. Wie man noch erfährt, trieb
Makronowskb den in letzter Zeit mehrfach verluchten Trick von E.senbabn»
angcstellten, die vor ein-cr Tariserböhung Fahrkarten für stch selbst aus-
kaufen, um sie nachher zu „verbilligten" Preilm mit er-ebltchem Gewmn
für sich rn verkaufen. Jn die Ilngelegenhcit stnd noch etnige andere An-
gestellte verwickelt.

— Badcn-Baden, 29. Juni. Der Stabtrat beichlotz vor längerer Zeit.
eine Ehrendankvlakette ansertigen zu lasten, die bcsonders ver-
dienten Gönnern Badcn-Badens verlieben werden soll. Als erste Träger
dieser Nusznchnung wurüen Lrou Klara Sielcken-Schwarz und
Lis Herren Albert Keller und William Stursberg. sämtltch tn
Ncw Nork, in Aussicht gcnommen, die zu wicderholten Malen und in
grotzzügiger Weise ihr Jntereflc v»L ibre Anhänglichteit an Baden-Baden
bekundetcn. Veriertiger ist Bildhauer R ü m e l i n « München.

0 Wolkach. 29. Jüni. Dcr Historische Berein für Mittelbaden tzielt
bier seine achte ordentliche Hauvtversammlung ab. Gutsbesitzer Rötzler
(Nemveter), der Vorsttzenbe bes Hauptvcretns, eröfsnete die Sitzung. Den
Bcricht des Borstandes erstattete der Schristfübrer Prof. Batzer-Offen-
burg! im Januar dieses Jabres waren cs 19M Mitglicder, seitdem stnd
wieder neue Mitglieder gewonnen worden. Untversttätsvrvfcstor Dr.
S a u c r - Freibu''g, der bcr Taguna als Bertreter der Regierung an-
wohnte, wurd: in Anbctracht setner grohcn Verdtenste um den Veretn
znm Ehrenmitglied ernannt. Bürgcrscbulvorstand DiIch svrach über
„Aus vergangencn Tagen Wolsachs".

0 Osfenburg, 29. Juni. Das Lebr- und ErziebungS-Jnstitut foiert«
am 29. Juni fein 1ülljäbria:s Bestehen.

? Freihurg, 28. Juni. Die Wucherabtetlung der Polizeidirektion bat
in den letzten zwei Wocheu 38 Neue Wucherfälle anfgegrifsen, darunter
28 Fäll« wcgen unerlaubten Handels und 8 wegen Preistreiberet. Jn der
gleichen Zett wurd:n 27 Wnchersülle der Staatsanwaltschaft mttgeteilt.

? Frciburs, 29. I-uni. Wegen unerlaubien Handels mit Holz.
Stosfen und Nt-otorrädern wurde der 25jährige Manrer P-aul Soder
auö St. G-eorgen zn sech-s Monaten Gefängnis und «iner Million M-ark
Geldstvafe verurtcilt. Seine Geldgebcrin, Frau Mtn-a Sieder in Fr:t-
burg, erhlelt 1,5 Milltoncn Mark Geldstrafe und autzerdem wurdc -d«r
Gewinn mit 2,7 Millionen M-ark eingezogen.

ll Konstanz, 29. Juni. Etn gewohirbeitsmätziger Einbrecher stanb
in der Pevson des SSjäürigen Taglühners B. Manch aus Kavvcl vor
der Strafkammer. Der Angeklagte. der schon mcbrere Dutzend Male vor-
bestraft tst, batte in etwa 70 Fällen im badtschen Obcrland EmbrnchS-
biebstähle verübt. Er wurde zu 10 Jahren Zuchtbaus ver-
urteilt.

Kirchlrche Nachrichten.

Sonntag, ben 1. IulI l». Sonntag n. TrinttatiSs.

Evangelische Gemeinde-Goitesdicnfte.

Heiltggeiftkirche. 9.80 Ubr: Stadtvikar Dill.

Providcnzkirche. 8 'Ubr: Stadtvikar Dill: S.30 Ubr: Dtadtvi.kar
Becker. Kinderkirche: Bei gutem Wetter Waldgottesdienst. Abmarsch
morgens 8 Ubr von dcr Kirche aus. Dekan Schlier.

Cvristnskirche. 9.30 Mr: Stadtvikar Ltc. Knevels 10.45 Ubr:
Chrtstenlebrc, Stadtviarrer Weitz: 11.80 Uür: Kindcrkirche, Gtadtvikar
Lic. Knevels.

»ergkirche lStadtleil Schlierbach). 9.80 Ubr: Kandidat Ziegler.

Akadem. Krankeuhaus. Abends 7.30 Uhr: Eröffnungsscier der
nenen Kavelle.

Ortboväbtsche Kltaik lSchlierbachl. 11 Ubr: Kandibat Siegler.

Fobannesb'.rch« lStadtteil Neuenbetm). 8.30 Ubr: GotteSdtensy
Dtabtpfarrer Schmith: ii.lv Ubr: KinderkirKe, Gtadtvfarrer Schmitü.

Evangrl. Kirch« lStabtteU Wteblingen). 9.80 Ubr: Predtgt: 1 Ubrr
Lbrtstenilebre, Stadtviarrer O. Neu. — Sonntag 8.80 Uür: Zusammen-
knnft LeS Dsntsch-cvangel. Frauenbundes tm Gcmetndesaal.

Evangel. Kirche Kirch-eim. 8 Ubr: Gottesdtenst. Stadtvfarrer Di«
Mertz: S.M Ubr: Gottesdienst, Stadtvikar Pfefserle; 10.30 Ubr: Kind:S-
g-ottssdienst: 1 Ubr: Ebrtstenlebre für Knaben, Staülpfarrer Dr. Mertz.

Dlakonisteubauö-Kavell«.

Svnntag, 9.80 Ubr: Fäger: 11 Ubr: Jugendgottesdienst: 8 Ubtt
Mbelstunde. — Donnerstag. 8.15 Ubr: Gem. Btbelstunde. Plöck 18.

Svaugel. Gemrinschast. Ladenvurgerstratze 2S.

Vorm. 9.80 Ubr: Prebigt, Prcdiger Leonbardt: Sonntagsschule fälv
aus. — Dienstag aüend 8.15 USr: Jugendverein. — Donnerstag abeu»
8.1V Ubr: Btbel- und Gebetstunde. Gegenhetmer.

Blaukreuzverei», Untere Neckarstratze 116.

Sonntag aben-d 8.1S Ubr: Predigt, Pred. Leonbardt. — Mittwoch
abend 8.15 UHr: Bibel- und Gebctstunde, Gegenheimer.

Wt-katb»lisch« Kircheugemeiud«.

Hetltggeistchorkirche. — Marktvlatz.

Sonntag vorm. 9.80 Ubr: Deutsches Amt mtt Predtgt. Stadtvfarrer
Hütwobl. — Montag abend 8 Ubr: Ktrchenchorvrobe. — DonnerStag
abend 7.30 Ubr: Jugcndabend, Grabengast« 11.

Ladenburg. N-achm. 2 Ubr: Gottesbienst und Gemeinüe-Bcre
sammlung.

GeschDliche Mtteilung.

Etue gemütllch« Hiiusltchkett gebt übrr alles! Ste bilft unS bie Not

der Zeit ertragen. Aber wer gcnießt sic bcute noch? Kohlennot, Gas«
rechnungen, Dienstbvtenärger, angebranntes Esteu. lauwarme Snvve. iagc»
die Gernütlichkeit zur Tür hinaus. Jndes, es gibt einen Zauberer. der
alle diese Luälgeistcr verschcucht, cinen Zaubcrcr. der ein Paradies auf
Erden schäfft. Das ist Rteschels Patent-Grudeberd mit vatenticrter Well»
fiebfeuerung. Beachten Ste die Anzetge der Ftrma Tb. U l l m e k, HauS»
und KLchengeräte, Hetdelberg-Neucnbeim, Brückenstratze 28, tn der vor-
liegenden Nummer.

5pokt- ^setii'lctitsn.

vis unisnbsclisoksn t.sioblstiiistilc.IVIslstel'soiisftsn

IVisäsr »tslit äsn Lleiäslbersor SpartLukünssrn oio Oreisni- bs-
vor, äa» saur besooäere» Intereses in ^nsprucd nsbmen äürkte. -luk
äsnr klstr äer Lurnseweiuäe 1878 e. V. Lsiäslbsrs untsrkolb äsr
Lcklittsokukbakn Lnäen am 1. llvli 1923 äis lelckt Llkletisckeo
Llsistersckskten äe« Lsäiscken I-Lnäesverbsnäe« kür äen 8s-
rirst vlltsrbLäsn »tstt. Kur äis Lssfen vvn Nnnnksim. läeiäslbsrs unck
äen umlisseoäen Ortsn rveräen kier um äen dleistertitsl kümpken unck
es sinä bseonäer« in äeu IVurlstonkurrenrsn Oeistunsev ru srn-Lrten,
äis kier »sltsn ru seken »inä. Vorwittasa 8.30 Mir bsrinnsu äi«
Vorkümpks, »ovis sis OnteckeiäunsskLwpks kür äen 10 000-L1ster-I,Llik,
äsn Stsbkockspruns unä äs» LuselstoLcn kür Oamsn. Oios prak-
tisck snsslests überäsckts Dribllns s>dt sinissn buuäerl 2uscksusrn äi«
OsveLkr. suck bei uickt bssonäsrs sünstixem Wsttsr äsn LLmpken ru-
scdsuen ru könuen. Oie Ont»cksiäuns»kkmpks besionso
nsckmittsss um 8 Okr.

Mn IslaktLtkIstisoderLsrirksvesttkLmpk rvisoksu
Outsrbsäsn (dlannkeim, Heiäelbsrs- Lruckssl) unä äsr L k s I »
(OuävieskLksu, dieustsät. OsoüLu, Spexsr) ist kür äen ^.usust xeplant.

vis neus Sportplatssnlsss äss b'. 6. Lkönir kcsri»-
ruke im lxassnensLrtsn wirä am 15. ckuli eiorswsikt rvsräsn. .11»
0ssner kat sick Lkönir äsn Lamburser Lportvsrein unä äso V k. kt.
dlaonksim vsrpüioktst.

ver I. O. 0. Äürvdsrs wirä am kommenäsn Lonntas iv
Lsrlsruks als (Zast bsim Karlsrubsr k'uLballvsrein vsilsn, äs,
mit äissem Lpiel «sinen nsu ksrserioktotsn Lportplatr kintsr äs,
Dslesrapkenkassrns erökknst.

vsr Lsrlrkstas clss Rksinbsrirkes im 8Uääeutsckev
OuLballvsrbanä Lnäet Lw Lonntas vormittas 9 Okr im b'risärickspard
in -Llauukeim statt.

I'. 6. Lkönix Hsiäslksrs spielt »m Lamstas sksnä aul
ckem dfsckaivorlanä xesen äen dlannkeimer L. 0. Llickers.

vie 4 0. Obsrrksiniscks kssatta inriannksim wir«
am Lonntas nackmittas auk äem dieckar aussekakren. vis ^.u»
soksiäunssküwpks Lnäsn bereits am LamstasnackmittLS statt.

Oe « odnsr unä 8 üSsI. äer Llittellüuksr unä Dorn'Lrt äss V' 6
Lkönix Llannkeim kabsn sick beim Vsreiu kür Lassnspieie Llaollii - n
anssmeiäst.
 
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