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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 1/2
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Schmidt, Paul Ferdinand: Georg Wilhelm Kolbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0029

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GEORG WILHELM KOLBE

auch erft nach [einer Umfattelung fchöpferifch tätig wurde. Der Fürft von Deffau
berief ihn als Lehrer im Zeichnen und Franzöfifchen an [eine Haupt[chule, wo er bis
zu [einer Pensionierung im Jahre 1829 wirkte; am 13. Januar 1835 i[t er geftorbem
Mit grammatikalijehen Studien hatte er [ich [chon [eit [einer Gymna[ia[tenzeit befchäf-
tigt, und zwar völlig autodidakti[ch, da [eine Erziehung ja franzö[i[ch gewe[en war;
angeregt durch die aufblühende deutfehe Literatur der Sturm- und Drangperiode und
den allgemeinen Geift der Zeit, der das unerträgliche Joch der franzö[i[chen Kultur
abzufchütteln trachtete. Ganz in jenem Geifte übte er [ich, in die Tiefen der deutfehen
Grammatik einzudringen. Und [o erftaunlich war die Kraft der nationalen Bewegung,
daß diefer Zögling des Gymnafe, in Oppofition zu der Verachtung der deutfehen
Sprache, die im Gefolge der franzöfifchen Revolution unter den Gelehrten einriß, und
durch eine hochmütige Schrift von Villers zugunften der romanifchen Sprachherrfchaft
gereizt, im Schickfalsjahre Preußens 1806 ein Werk „Über den Wortreichtum der deut-
fehen und franzöfifchen Sprache“ in zwei Bänden herausgab, worin er die Überlegen-
heit und den koftbaren Reichtum der deutfehen Sprache gegenüber der eng abgegrenzten
franzöfifchen mit Leidenfchaft verfocht. Eine vermehrte Auflage in drei Bänden erfchien
1818 —1820; dazwifchen kleinere Schriften von gleicher Tendenz. 1810 wurde ihm
verdientermaßen von der Univerfität Halle der Titel des Dr. phil. verliehen.

Kolbe berichtet ausführlich auch über feine Kunftübung; daß er, wie in der Philo-
logie, durchaus „für einen Selbftgelehrten gelten könne“ und vor allem in der Land-
fchaft [ich ohne Lehrer, durch Selbftbeobachtung, ausgebildet habe. Doch habe er nie-
mals die Natur felber nachgeahmt, jondern ftets nur auf feinen täglichen Spaziergängen
alles treu und fcharf dem Gedächtnis ein-
geprägt, um es daheim „in eigener Erfin-
dung und Zufammenftellung wiederholend
anzubringen“. Die Radierungen arbeitete er
ganz mit der Nadel; nur wo eine Stelle
beim Algen mißlang, gebrauchte er den Grab-
ftichel zum Verftärken. Er arbeitete meift
[ehr rafch, und folche Blätter gehörten zu
feinen beften, nach ßüchtigen Skizzen. Wirk-
liche genauere Vorftudien machte er nur zu
feinen „Kräuterblättern“; und doch waren
felbft diefe „im ganzen wie in ihren Einzel-
heiten, meiner alt eingewurzelten Sitte ge-
mäß, bloß aus dem Kopfe gezogen“.
Nach alledem erwartet man einen der
ßüchtigen Landfehafter des 18. Jahrhunderts,
der entweder nach Waterloo und Everdingen
oder in dem anmutigen Ungefähr Salomon
Geßners „Landfchäftgen“ aus der Tiefe des
Gemüts fchöpft und auf Kupfer kritgelt. Aber
wie [ehr täufcht man [ich!
Landfchaften im Maßftabe von Großfolio
und Tierftücke bilden den Haupteil feines
 
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